Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 25.05.2023 – Au 8 S 23.755
Titel:

Jagdrecht, Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Interessensabwägung, Schutzwald, Schonzeitverkürzung für Rotwild

Normenketten:
VwGO §§ 80a, 80 Abs. 5
§ 22 Abs. 1 S. 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BayJG
BayJG Art. 49 Abs. 1 S. 3 und 4
Schlagworte:
Jagdrecht, Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Interessensabwägung, Schutzwald, Schonzeitverkürzung für Rotwild
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16635

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine Allgemeinverfügung des Antragsgegners über die Schonzeitverkürzung für einjähriges Rotwild (Schmaltiere und Schmalspießer) um einen Monat. Der Antragsteller, ein eingetragener Verein, ist eine gem. § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannte, in Bayern landesweit tätige Naturschutzvereinigung.
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Die gesetzliche Schonzeit für das betreffende Rotwild gilt vom 1. Februar bis zum 31. Mai. Im März und April diesen Jahres gingen mehrere Anträge auf Schonzeitverkürzung für das Jagdjahr 2023/2024 für das betreffende Rotwild für eine größere Zahl von Jagdrevieren bei der Unteren Jagdbehörde ein.
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Mit Allgemeinverfügung vom 27. April 2023 ordnete der Antragsgegner an, dass die Jagd abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten für Schmaltiere und Schmalspießer vom 1. Mai bis 31. Mai 2023 ausgeübt werden kann (Ziffer 1) und legte namentlich die betreffenden Gebiete fest (Ziffer 2). Die Allgemeinverfügung steht unter dem Vorbehalt des Widerrufs (Ziffer 3 Nr. 1) und kann nachträglich mit Auflagen versehen werden (Ziffer 3 Nr. 2). Darüber hinaus wurde in Ziffer 3 Nr.3 die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 2, und 3 Nr. 2 angeordnet.
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Als Anlage wurde eine Karte über die Lage der Gebiete im Landkreis * als Bestandteil der Allgemeinverfügung veröffentlicht.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Verkürzung der Schonzeit nach § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BayJG vorlägen. In den genannten Gebieten bestehe die Gefahr eines übermäßigen Wildschadens. Rotwild sei im Gebiet vorhanden und hierdurch auch für Schadenseintritte an den Wäldern relevant. Eine Verletzung von tierschutzrechtlichen Belangen sei nicht feststellbar. Des Weiteren sei ein Zuwachs des Rotwildbestandes im streitgegenständlichen Bereich in unerwünschtem Ausmaß feststellbar, wodurch die Gefahr erheblicher Wildschäden steige. Zudem müsse eine Erweiterung der Jagdzeit aufgrund der Umsetzung des Schutzwaldsanierungsprogrammes erfolgen. Im Falle von Schutzwäldern im Hochgebirge solle die Möglichkeit einer laufenden Verjüngung der Bewaldung erfolgen. Die Schaffung der Voraussetzungen hierfür erfordere die Bejagung von Rotwild über die übliche Jagdzeit hinaus. Hierfür bedürfe es der Möglichkeit, das Rotwild in kritischen Zeiträumen vom Schutzwald fern zu halten. Die in der Allgemeinverfügung enthaltenen Gebiete seien für die Jagdausübungsberechtigten durch natürliche Grenzlinien zu identifizieren. Die Gebiete seien auf die sensiblen Objektschutzwaldflächen beschränkt worden.
6
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Erhalt der Schutzfunktion des Schutzwaldes, welcher sich überwiegend im betreffenden Gebiet befinde, das Aussetzungsinteresse überwiege. Der Schutzwald diene dem Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum. Dem Wald sei eine höhere Priorität als dem Wild einzuräumen. Die Schutzwaldflächen seien ansonsten in besonders empfindlichen Monaten dem Schalenwildverbiss durch das Rotwild preisgegeben. 
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Auf die Begründung der Allgemeinverfügung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Der Antragsteller ließ am 17. Mai 2023 Klage (Au 8 K 23.754) erheben, über die noch nicht entschieden ist.
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Gleichzeitig beantragt der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtschutzes,
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die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Allgemeinverfügung des Landratsamtes * vom 27. April 2023 (Gz. *) über die Aufhebung der Schonzeit für Rotwild (Schmaltiere und Schmalspießer) vom 1. Mai 2023 bis 31. Mai 2023 in Gebieten des Landkreises * wiederherzustellen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Allgemeinverfügung nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden sei, die von ihr umfassten Gebiete nicht klar abgrenzbar und erkennbar seien und daher unbestimmt sei. Die Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde sei zwar behauptet, jedoch aus den Gründen nicht erkennbar. Insbesondere sei die Entscheidung der Unteren Naturschutzbehörde im Hinblick auf Raufußhühner nicht erkennbar. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unzureichend begründet und stütze sich auf allgemeine Ausführungen. Eine Begründung, weshalb gerade im Mai die Bejagung geeignet, angemessen und verhältnismäßig sein solle, insbesondere eine sofortige Vollziehbarkeit gerechtfertigt sein solle, sei nicht erfolgt. Zudem überwiege das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse aufgrund der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Die genannten Gründe würden keine hinreichende Begründung für einen besonderen Grund im Sinne von Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG darstellen. Es würden lediglich allgemeine Ausführungen zur Verbiss-Situation behauptet werden. Zudem werde eingeräumt, dass die Verbiss-Situation in der Hochwild Hegegemeinschaft * laut dem Forstlichen Gutachten 2021 insgesamt als noch tragbar bewertet worden sei. Es werde nicht thematisiert, ob und inwieweit Flächen mit Schutzwaldcharakter bzw. Sanierungsflächen in der Allgemeinverfügung konkret enthalten seien. Darüber hinaus liege diesbezüglich ein Ermessensausfall vor. Es bestehe keine Notwendigkeit einer Vorverlagerung der Jagdzeit. Im Falle eines offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Tiere seien als Umweltbestandteile irreversibel verloren, wohingegen die waldbaulichen Interessen durch die reguläre Jagdzeit ausreichend sichergestellt werden würden. Im Übrigen sei der Bescheid sehr kurzfristig erlassen und dann mit einer sofortigen Vollziehbarkeit verfügt worden. Es bestehe der Verdacht, dass hierdurch das Recht zur gerichtlichen Überprüfung faktisch ausgehöhlt werden solle. Sofern die Schonzeitverkürzung der letzten Jahre Erfolg gehabt habe, so hätte die Schonzeitverkürzung deutlich früher bekanntgemacht werden können. Das planmäßige Aufhalten von Rotwild im streitgegenständlichen Gebiet sei im Rahmen der Abwägung nicht berücksichtigt worden. Eine mögliche Kollision mit „Schutzwaldgebieten“ wäre durch den Gesetzgeber bzw. den Verordnungsgeber zu klären und nicht durch die Untere Jagdbehörde.
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Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Allgemeinverfügung sei formell und materiell rechtmäßig. Das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiege hier das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die Allgemeinverfügung sei wirksam bekannt gegeben worden. Sie sei bereits am 28. April 2023 an die betroffenen Jagdausübungsberechtigten nebst Kartenmaterial übersandt worden. Darüber hinaus sei die Allgemeinverfügung am 9. Mai 2023 im Amtsblatt veröffentlicht worden. Die Untere Naturschutzbehörde sei beteiligt worden. Nach Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde seien Schonzeitaufhebungen bei einer zeitlichen Überschneidung von Jagdzeiten anderer Schalenwildarten nicht mit zusätzlichen Störungen verbunden. Schutzwaldflächen würden als besonderen Grund eine Verkürzung der Schonzeit für Schalenwild rechtfertigen. Diesbezüglich habe auch eine Ermessensabwägung stattgefunden. Auch nach Aussage des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) würden im Gebiet der Hochwild Hegegemeinschaft * viele Schutzwaldsanierungsgebiete und -flächen liegen, welche von der Kulisse der Allgemeinverfügung umfasst seien. Übermäßige Wildschäden in Schutzwaldflächen, die durch Schalenwildverbiss, Schlagen, Fegen und Schälen verursacht würden, würden sich ökologisch und wirtschaftlich besonders nachteilig auswirken. Der festgestellte hohe Rotwildbestand werde durch die bei der Jagdbehörde tätige Wildbiologin bestätigt. Die Allgemeinverfügung sei zudem bestimmt genug. Die Gemarkungen der Reviere seien benannt und entsprechendes Kartenmaterial digital an den bestimmbaren Personenkreis versendet worden.
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Die Anordnung des Sofortvollzugs sei ausreichend begründet worden. Im Rahmen der Begründung wurde festgestellt, dass Schutzwald im Hochgebirge die Rechtsgüter Leben, Gesundheit sowie Eigentum schütze. Für das Schutzwaldsanierungsprogramm für den bayerischen Alpenraum, worunter die streitgegenständliche Kulisse falle, sei es erforderlich, dass die zu sanierenden Flächen möglichst ganzjährig vom Schalenwildverbiss verschont bleiben sollten. Auch im Monat Mai sollten die Voraussetzungen für eine Verjüngung des Waldes geschaffen werden. Dies könne durch entsprechende Schonzeiteinschränkungen erfüllt werden. Es habe sich hier insbesondere die Strategie der „letalen Vergrämung bzw. Lenkung“ bewährt. Im Mai bestehe die Chance, das betreffende Rotwild auch einzeln anzutreffen. Im Falle einer Interessenabwägung bei offenem Ausgang des Verfahrens seien die Rechtsgüter von Anwohnern oder Touristen zu schützen. Auch die wenn nur noch kurze Geltungsdauer der Allgemeinverfügung von einer Woche spreche für einen geringeren Eingriff als noch bei Erlass der Allgemeinverfügung.
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Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Verfahren Au 8 K 23.754, und der beigezogenen Behördenakte verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach §§ 80a, 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gegen die Allgemeinverfügung vom 27. April 2023 hinsichtlich einer Schonzeitverkürzung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Antragsteller ist klagebefugt, da es sich bei diesem um eine anerkannte Vereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UmwRG handelt und sich die Antragsbefugnis demnach nach den Regelungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes richtet (vgl. VG Augsburg, U.v. 22.2.2022 – Au 8 K 21.1895 – juris Rn. 59 f.).
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1. Nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht bei seiner Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das Interesse des Betroffenen, vom sofortigen Vollzug bis zur Entscheidung in der Hauptsache zunächst verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Hierbei hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen einer summarischen Prüfung zu berücksichtigen. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Vorstehenden BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369).
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a) Im Rahmen der summarischen Prüfung erweist sich die Anordnung des Sofortvollzugs im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO als formell rechtmäßig.
22
Ob die vorgetragene Begründung des Antragsgegners das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO trägt, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs grundsätzlich unerheblich. Vielmehr bedarf es einer Prüfung, ob sich die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als ausreichend erweist. Ist dies nicht der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 98). An die im Bescheid gegebene Begründung für die sofortige Vollziehung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen, soweit darin der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung für die Behörde erkennbar wird (Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff.).
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Die in den Gründen der Allgemeinverfügung II. Nr. 5 enthaltene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Es handelt sich um keine formelhafte Begründung. Vielmehr werden auf den konkreten Einzelfall bezogene Äußerungen getroffen. Die Begründung des Sofortvollzugs zeigt deutlich, dass der Unteren Jagdbehörde der Ausnahmecharakter der Vorschrift bewusst war. Aus der Begründung ergibt sich, weshalb ein Sofortvollzug angeordnet worden ist und dass sich der Antragsgegner mit den Folgen einer ansonsten grundsätzlich aufschiebenden Wirkung einer Klage auseinandergesetzt hat. Einige von dem Antragsteller vorgebrachten Einwände gegen die Anordnung des Sofortvollzugs betreffen materielle Einwände, welche im Rahmen einer Überprüfung der Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO nicht berücksichtigt werden können.
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b) Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
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Die Kammer kommt nach summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Allgemeinverfügung formell rechtmäßig ergangen ist. Zutreffend ging die Untere Jagdbehörde davon aus, dass nach Art. 49 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayJG eine Beteiligung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) – sofern wesentliche Belange der Land- und Forstwirtschaft berührt sind – sowie der Unteren Naturschutzbehörde – für die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege – erforderlich ist. Sowohl die Untere Naturschutzbehörde, als auch das AELF wurden seitens der Unteren Jagdbehörde beteiligt. Während das AELF die Schonzeitverkürzung sogar ausdrücklich befürwortet hat, hat die Untere Naturschutzbehörde mitgeteilt, dass im Falle einer zeitlichen Überlagerung mit regulären Jagdzeiten anderer Schalenwildarten nicht von zusätzlichen Störungen ausgegangen wird, weshalb wesentliche Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege nicht berührt werden. Aus den Behördenakten ergibt sich die Beteiligung beider Behörden.
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c) Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich einer Aufhebung der Allgemeinverfügung vom 27. April 2023 ist nach summarischer Prüfung der Kammer als offen anzusehen. Die Möglichkeit einer Schonzeitverkürzung ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BayJG. Eine Verkürzung von Schonzeiten aufgrund einer Schutzwaldsanierung kann als besonderer Grund im Sinne von Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG angesehen werden (vgl. ausführlich BayVGH, U.v. 16.9.2022 – 19 N 19.1368 – juris Rn. 245 f.). Angesichts der Kürze der Zeit zwischen der Antragstellung im vorliegenden Verfahren, der Notwendigkeit einer Entscheidung vor dem Ablauf der Allgemeinverfügung – Ablauf am 31. Mai 2023 – und dem Beginn der regulären Jagdzeit für das betreffende Rotwild, ist der Kammer jedoch aufgrund der hierfür notwendigen ausführlichen Auswertung des Kartenmaterials eine eindeutige Entscheidung in dieser Hinsicht vor Ablauf dieser Frist im vorliegenden Verfahren nicht möglich.
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d) Die unabhängig von den Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung ergibt jedoch das Überwiegen des Vollzugsinteresses des Antragsgegners im Gegensatz zum Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Im Rahmen der Interessenabwägung wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass die Allgemeinverfügung nicht zu einer Erhöhung der bereits festgelegten Abschusszahlen für das betreffende Rotwild führt, sondern lediglich der Zeitraum, in welchem ein Abschuss möglich ist, um einen Monat erweitert wurde. In Teilen findet daher lediglich eine Vorverlagerung von Abschüssen im Rahmen des bereits festgelegten Abschussplanes statt. Hierbei war auch die Tatsache miteinzubeziehen, dass die daher hierdurch möglicherweise verursachten Störungen aufgrund des nahenden Ablaufs der Allgemeinverfügung in sechs Tagen gering sein werden (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 28.3.2023 – 19 CS 23.101 – juris Rn. 47 f.).
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Auch im Rahmen der Abwägung hinsichtlich der Folgen einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage und der Ablehnung eines solchen Antrags überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hätte zur Folge, dass die betreffenden Gebiete (nur) noch sechs Tage geringeren Störungen ausgesetzt wären. Störungen wären jedoch auch in diesem Fall nicht völlig ausgeschlossen, da die reguläre Jagdzeit für andere Schalenwildarten bereits begonnen hat. Dagegen müssten die jeweiligen Jagdberechtigten mit dem Beginn des plangeregelten Abschusses noch zuwarten. Somit könnte ein Fernhalten des Schalenwildes von den Schutzwäldern nicht erfolgen, wodurch möglicherweise erhebliche Verbissschäden entstehen können (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2023 – 19 CS 23.101 – juris Rn. 46).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Für das Eilverfahren war in Anwendung von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des Regelstreitwerts anzusetzen.