Titel:
Fristwahrung bei Nachweis einer Prüfungsbehinderung
Normenkette:
JAPO § 13
Leitsätze:
1. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 JAPO ist spätestens sechs Wochen vor Beginn der Prüfung einzureichen. Maßgeblich für den Fristenlauf ist allein das tatsächliche Vorliegen einer Prüfungsbehinderung und nicht deren amtsärztliche Bestätigung. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. War es dem Antragsteller möglich, innerhalb der Frist einen Antrag auf Gewährung des Nachteilsausgleichs zu stellen, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fristwahrung des § 13 Abs. 2 JAPO, Nachweis der Prüfungsbehinderung, Nachteilsausgleich, Schreibzeitverlängerung, Wiedereinsetzung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 14393
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 EUR.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Nachteilsausgleich für den schriftlichen Teil ihrer Zweiten Juristischen Staatsprüfung.
2
Mit Bescheid vom 17. März 2023 ließ der Antragsgegner die Antragstellerin zum schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung vom 13. Juni bis 23. Juni 2023 zu. Es handelt sich um eine Wiederholungsprüfung.
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Für die Prüfung beantragte die Antragstellerin mit E-Mail vom 3. Mai 2023 sowie Schreiben vom 3. Mai 2023, letzteres eingegangen beim Antragsgegner am 5. Mai 2023, Nachteilsausgleich. Zur Begründung führte sie sinngemäß im Wesentlichen aus, die Leistungsfähigkeit ihrer rechten Hand (Schreibhand) sei sehr stark eingeschränkt. Aufgrund der Schmerzen und gelegentlichen Taubheitsgefühls könne sie nicht so schnell schreiben wie vorher und daher in der regulären Prüfungszeit keine vollständige Leistung erbringen. Am 25. April 2023 sei bei einer neurologischen Untersuchung ein Karpaltunnelsyndrom festgestellt worden. Sie bitte, dies mit einer Schreibzeitverlängerung auszugleichen.
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Am Vormittag des 3. Mai 2023 legte die Antragstellerin ein Attest des gerichtsärztlichen Dienstes bei dem Oberlandesgericht … vom 3. Mai 2023 vor, ausgestellt von Medizinaloberrat …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Darin führt … sinngemäß im Wesentlichen aus, er habe die Antragstellerin am 3. Mai 2023 persönlich amtsärztlich untersucht. Zusätzlich sei ein Arztbrief und ein Rezept eines Facharztes für Neurologie vom 25. April 2023 ausgewertet worden. In Übereinstimmung mit den Inhalten der vorgelegten Unterlagen habe die Antragstellerin klinisch nachvollziehbar über Funktionseinschränkungen im Bereich der rechten Hand bei vermehrter Schreibtätigkeit berichtet. Neben länger bestehender Missempfindungen seien seit ca. einem Monat Schmerzen in der Schreibhand aufgetreten und am 25. April 2023 eine fachärztliche neurologische Konsultation erfolgt. Die Belastbarkeit der Schreibhand sei dadurch erheblich eingeschränkt. Aus amtsärztlicher Sicht sei für die vom 13. bis 23. Juni 2023 anstehenden schriftlichen Prüfungen folgender Nachteilsausgleich erforderlich:
„Schreibzeitverlängerung von einer Stunde Dauer pro Prüfungstag für den gesamten Zeitraum der 2. Juristischen Staatsprüfung (13.6.-23.6.2023).“
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Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 8. Mai 2023 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Nachteilsausgleich ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen und sinngemäß aus, ein Nachteilsausgleich könne nicht mehr gewährt werden, da nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO Anträge auf Nachteilsausgleich bei nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigungen spätestens sechs Wochen vor Beginn der schriftlichen Prüfungen einzureichen seien. Da der Antrag erst nach diesem Zeitpunkt eingegangen sei, könne dieser nicht berücksichtigt werden. Nach dem Attest des gerichtsärztlichen Dienstes vom 3. Mai 2023 bestünden bei der Antragstellerin Funktionseinschränkungen in der rechten Hand. Da es sich um länger bestehende Missempfindungen bzw. Schmerzen in der Schreibhand handle, die seit ca. einem Monat aufgetreten seien, weshalb die Antragstellerin nach eigenen Angaben am 25. April 2023 einen Facharzt aufgesucht habe, sei ihr die gesundheitliche Beeinträchtigung vor Ablauf der Antragsfrist (1. Mai 2023) bekannt gewesen. Sie hätte für eine fristgerechte Antragstellung sorgen können und müssen.
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Hierauf führte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Mai 2023, eingegangen beim Antragsgegner am 22. Mai 2023, im Wesentlichen und sinngemäß aus, sie habe erst am 3. Mai 2023 Kenntnis darüber erlangt, dass bei ihr eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO vorliege. Sie habe am gleichen Tag unverzüglich einen Antrag gestellt. Es treffe zu, dass bei ihr schon länger Missempfindungen an der rechten Hand bestanden hätten. Bloße Missempfindungen könnten jedoch keinesfalls eine Prüfungsbehinderung darstellen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass in der Vorbereitungsphase auf das Staatsexamen die Hand durch stundenlanges Schreiben belastet werde und danach Missempfindungen entstünden. Dies gehe fast allen Examenskandidaten so. Als sie Schmerzen verspürt habe, habe sie sich unverzüglich an den Arzt gewandt, um die Ursache zu klären. Zu diesem Zeitpunkt habe sie gar nicht an den Nachteilsausgleich gedacht, da sie voller Hoffnung gewesen sei, dass die Schmerzen nur vorübergehender Natur seien und, dass der Arzt ihr helfen werde, das Problem mithilfe von z.B. Medikamenten oder Übungen zu beheben. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr gar nicht bewusst gewesen, dass die Schmerzen für die Fertigung der Examensarbeiten relevant sein könnten. Als der Neurologe am 25. April 2023 zu dem Schluss gekommen sei, dass es sich um ein Karpaltunnelsyndrom handle, habe sie sich entschieden, die Diagnose beim gerichtsärztlichen Dienst überprüfen zu lassen. Entscheidend sei gewesen, ob dieser die Diagnose des Neurologen bestätigen könne und diese als eine Prüfungsbehinderung werte. Da gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO nur das ärztliche Attest des Arztes des gerichtsärztlichen Dienstes als Nachweis für eine Prüfungsbehinderung anerkannt werde, stelle die Diagnose des Neurologen lediglich einen Hinweis für eine weitere nähere Untersuchung beim Amtsarzt dar. Es hätte auch sein können, dass der Amtsarzt keine Prüfungsbehinderung festgestellt hätte. Nachdem der gerichtsärztliche Amtsarzt die Diagnose des Neurologen als Prüfungsbehinderung anerkannt und ein Attest ausgestellt habe, habe sie unverzüglich einen Antrag beim Landesjustizprüfungsamt gestellt. Deshalb sei ihr die Prüfungsbehinderung am 1. Mai 2023 gar nicht bekannt gewesen. Sie treffe kein Verschulden. Die Nichtberücksichtigung des Antrags auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs stelle sich als unverhältnismäßig dar. Der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO, den Verwaltungsbetrieb hinsichtlich des Nachteilsausgleichs in einem zeitlich überschaubaren Umfang zu halten und dem Prüfungsamt einen zuverlässigen Überblick darüber zu verschaffen, für wie viele Prüflinge und unter welchen Bedingungen es die Staatsprüfung organisieren und durchführen müsse, sei auch nicht beeinträchtigt, zumal der Antrag am 1. Mai 2023 noch hätte berücksichtigt werden müssen. Ein zwei Tage später gestellter Antrag gefährde diesen Zweck nicht. Sie bitte zu berücksichtigen, dass bei ihr kein mit den vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid zitierten Gerichtsentscheidungen vergleichbarer Sachverhalt vorliege. Denn sie habe keine Kenntnis von ihrer Behinderung gehabt und habe sich somit nicht früher darauf einstellen können. Sie habe ihre Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten vollumfänglich erfüllt, da sie nach dem Aufsuchen des Facharztes unverzüglich weitere Maßnahmen für die Klärung der Frage, ob eine Prüfungsbehinderung vorliege, veranlasst habe. Im Zeitpunkt der Antragstellung müsse einem Examenskandidaten bewusst und er müsse sicher sein, dass eine relevante Prüfungsbehinderung vorliege. Eine bloße Vermutung sei für eine Antragstellung nicht ausreichend. Sie beantrage hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass ein einfaches Attest für die Antragstellung ausgereicht hätte. Auf der offiziellen Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums – insbesondere des Landesjustizprüfungsamtes – habe sie keinen Hinweis gefunden, dass der Antrag ohne Nachweis gestellt werden dürfe. Nachdem ihre Suche auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz erfolglos geblieben sei, habe sie auf die Homepage der …-Universität zurückgegriffen. Sie habe an dieser Universität ihr Jurastudium absolviert, sodass sie auf diese Informationen habe vertrauen können. Auf der Seite sei zum Thema Nachteilsausgleich unter anderem Folgendes gestanden:
„Studierende müssen den Nachteilsausgleich mindestens vier Wochen vor der ersten Prüfung unter Vorlage von Nachweisen beim Prüfungsamt der … beantragen. Studierende sollten sich zuvor vom Behindertenbeauftragten der … beraten lassen.“
„Antrag an Prüfungsausschuss über Prüfungsamt Ärztliches Attest/Nachweis (Art und Dauer der Behinderung/Erkrankung; mögliche Kompensation des Nachteils)
Eigene Begründung/Erklärung zur Auswirkung der Behinderung/Erkrankung auf die Bewältigung von Studien- und Prüfungsanforderungen“
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Diese Information habe sie durch das Merkblatt zum Nachteilsausgleich (tu- …de) auch bestätigen können:
„Es obliegt Ihrer Mitwirkungspflicht, alle erforderlichen Unterlagen und Nachweise frist- und formgerecht zu erbringen. Unvollständige Anträge können nicht bearbeitet werden. Sollten Sie in Ihrem Antrag nicht oder nicht ausreichend die Auswirkungen der Beeinträchtigung(en) auf die abzulegende Prüfungsleistung belegen, kann ihr Antrag auf Nachteilsausgleich nicht oder nicht vollständig berücksichtigt werden.“
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Sie habe gar nicht daran gedacht, dass es bei der Antragstellung für einen Nachteilsausgleich im Rahmen des Staatsexamens anders und eine nachgewiesene Prüfungsbehinderung keine Voraussetzung des Antrags sein solle. Die Ablehnung ihres Antrags habe schwerwiegende Folgen für ihre Leistungserbringung während des Staatsexamens, da durch die Schmerzen die Leistungsfähigkeit ihrer Hand sehr stark eingeschränkt sei und sie die Prüfungsleistung wegen einer physischen, gesundheitlichen Beeinträchtigung in der regulären Zeit nicht vollumfänglich erbringen könne.
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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 16. Mai 2023, eingegangen bei Gericht am 19. Mai 2023, den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
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Sie trägt über ihr bisheriges Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus sinngemäß im Wesentlichen weiter vor, der Anordnungsanspruch ergebe sich aus ihrem Anspruch auf Nachteilsausgleich in Form einer Schreibzeitverlängerung. Insoweit entspricht ihr diesbezüglicher Vortrag im Wesentlichen ihren Ausführungen im Verwaltungsverfahren. Darüber hinaus trägt sie vor, es läge auch ein Anordnungsgrund vor, da sie mit der Erfüllung des Anspruchs auf Nachteilsausgleich nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens warten könne. Es käme eine Vorwegnahme der Hauptsache in Betracht, da die drohenden irreparablen Nachteile bei Ablegung der Prüfungen ohne Gewährung eines angemessenen Nachteilsausgleichs nicht mehr durch die Entscheidung in der Hauptsache beseitigt werden könnten.
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Die Antragstellerin beantragt wörtlich, zu erkennen:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin hinsichtlich der Fristversäumung für den Antrag auf Nachteilsausgleich vom 3. Mai 2023 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin als Nachteilsausgleich im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2023/1 eine Schreibzeitverlängerung von 60 Minuten pro Prüfungstag für den gesamten Zeitraum der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2023/1 zu gewähren.
13
Der Antragsgegner beantragt,
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Er führt sinngemäß im Wesentlichen aus, es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die Antragstellerin den Antrag auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs nicht innerhalb der Frist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO beim Landesjustizprüfungsamt eingereicht habe und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht komme. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO seien Anträge auf Nachteilsausgleich spätestens sechs Wochen vor Beginn der schriftlichen Prüfung einzureichen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die den Nachteilsausgleich rechtfertigende Prüfungsbehinderung erst nach Ablauf dieser Frist auftrete. In diesem Fall sei der Antrag nach § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO unverzüglich nach auftretender Behinderung einzureichen. Dabei entspreche es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass für die Feststellung der Prüfungsbehinderung in erster Linie der Prüfling selbst verantwortlich sei. Er habe sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt sei und er habe bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen. Dies ergebe sich aus der auf dem Prüfungsverhältnis beruhenden Obliegenheit des Prüflings, im Prüfungsverfahren mitzuwirken, die ihren Rechtsgrund in dem auch im Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben habe. Die Antragstellerin habe ihren Antrag nicht innerhalb der Sechswochenfrist, die vorliegend am 2. Mai 2023 abgelaufen sei, gestellt. Ihr Antrag sei erst am 3. Mai 2023 eingegangen. Es liege auch kein Fall einer erst nach Ablauf der Frist aufgetretenen akuten Prüfungsbehinderung im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO vor. Vielmehr habe das diagnostizierte Karpaltunnelsyndrom spätestens am 25. April 2023 vorgelegen, als die Antragstellerin wegen der hierdurch verursachten Beschwerden den Facharzt für Neurologie aufgesucht habe. Der Antragstellerin könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, da sie die Antragsfrist schuldhaft versäumt habe. Es treffe nicht zu, dass ihr die gesundheitliche Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Fristablaufs nicht bekannt gewesen, sondern ihr erst durch das amtsärztliche Attest vom 3. Mai 2023 bewusst geworden sei. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die Antragstellerin bereits aufgrund der Missempfindungen an der rechten Hand auf eine bei ihr vorliegende Prüfungsbehinderung habe schließen müssen. Spätestens am 25. April 2023 hätten die gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Ausmaß angenommen, das sie veranlasst habe, den Facharzt für Neurologie aufzusuchen. Mit der Diagnose eines Karpaltunnelsyndroms habe die Antragstellerin spätestens am 25. April 2023 Kenntnis von ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung erlangt und es sei ihr ab diesem Zeitpunkt ohne weiteres möglich gewesen, einen Antrag auf Gewährung des Nachteilsausgleichs innerhalb der Frist zu stellen. Dass der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt noch kein amtsärztliches Attest vorgelegen habe, sei unerheblich. Zwar verlange § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO als Nachweis für die Prüfungsbehinderung die Vorlage eines Zeugnisses eines gerichtsärztlichen Dienstes oder eines Gesundheitsamtes. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Antragstellerin den Antrag auf Nachteilsausgleich erst dann hätte stellen können, als ihr das amtsärztliches Attest vorgelegen habe. § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO schreibe nicht vor, dass der Antrag bereits begründet einzureichen sei. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass bereits mit dem Antrag der Nachweis in Form des amtsärztlichen Attests eingereicht werde. Es entspreche vielmehr gängiger Praxis, dass Anträge zur Fristwahrung vorab eingereicht werden könnten und der Nachweis anschließend gesondert erbracht werde. Die formale Antragstellung und der inhaltliche Nachweis einer Prüfungsbehinderung seien nicht deckungsgleich, sondern verfahrensrechtlich voneinander zu trennen. Während die Antragstellung eine Frist von spätestens sechs Wochen vor Beginn der schriftlichen Prüfung vorsehe, kenne die hinsichtlich des Nachweises der Prüfungsbehinderung einschlägige Vorschrift des § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO keine Frist. Die Antragstellerin habe daher auch ohne Vorlage einer amtsärztlichen Bestätigung zunächst fristgerecht den Antrag auf Nachteilsausgleich stellen und im Laufe des behördlichen Verfahrens den für die Prüfungsbehinderung erforderlichen Nachweis führen können. Sofern der Amtsarzt im Nachhinein in der gesundheitlichen Beeinträchtigung keine für einen Nachteilsausgleich ausreichende Prüfungsbehinderung gesehen hätte, wäre ihr durch die bereits zuvor erfolgte Antragstellung kein Nachteil entstanden. Soweit die Antragstellerin vortrage, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie bereits aufgrund der privatärztlichen Diagnose den Antrag auf Nachteilsausgleich habe stellen können, entlaste sie dies nicht vom Vorwurf des Verschuldens. Die Antragstellerin habe den Rechtsirrtum zu vertreten. Bereits aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 JAPO ergebe sich, dass die Vorschrift nur für die Antragstellung eine Frist vorsehe, nicht aber für die Beibringung des amtsärztlichen Attests. Zumindest habe es der Antragstellerin im eigenen Interesse oblegen, sich insoweit an das Landesjustizprüfungsamt zu wenden und nachzufragen. Dies wäre ihr gerade aufgrund der Bedeutung der Prüfung zumutbar gewesen. Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf die von ihr zitierten Angaben auf der Homepage der Universität … berufe, vermöge auch dies ein fehlendes Verschulden nicht zu begründen. Die zitierten Passagen bezögen sich nach ihrem klaren Wortlaut nicht auf die Beantragung eines Nachteilsausgleichs für die Juristische Staatsprüfung beim Landesjustizprüfungsamt, sondern auf einen beim Prüfungsamt der Universität zu stellenden Antrag hinsichtlich universitärer Prüfungen. Dass die Voraussetzungen für die Beantragung eines Nachteilsausgleichs bei unterschiedlichen Prüfungen unterschiedlich geregelt sein können, habe sich der Antragstellerin aufdrängen müssen. Gerade dann, wenn sie, wie sie vortrage, auf der Homepage des Landesjustizprüfungsamts keine näheren Informationen zur Antragstellung gefunden habe, hätte sie beim Landesjustizprüfungsamt telefonisch oder per E-Mail nachfragen müssen und habe sich nicht ohne weiteres darauf verlassen dürfen, dass die Regelungen hinsichtlich des Nachteilsausgleichs in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung derjenigen der Universität … entspreche. Die Ablehnung des Antrags sei auch nicht unverhältnismäßig. Insoweit werde vollumfänglich auf die überzeugenden Ausführungen in dem zu einem vergleichbaren Fall ergangenen Beschluss des VG Augsburg vom 6. Juni 2019 – AU 8 E 19.822 – Bezug genommen.
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Hierauf führt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. Mai 2023, eingegangen bei Gericht am 31. Mai 2023, über ihren bisherigen Vortrag hinaus im Wesentlichen und sinngemäß aus, sie habe mit E-Mail vom 16. Mai 2023 sowie mit Brief per Einwurfeinschreiben am 17. Mai 2023 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, der bislang noch nicht entschieden worden sei. Sie sei ihrer Mitwirkungsobliegenheit im Prüfungsverfahren nachgekommen. Sie habe am 25. April 2023 einen Neurologen aufgesucht, um die Ursache der Beschwerden zu erfahren und dagegen vorzugehen. Ziel dieses Arzttermins sei gewesen, sicherzustellen, dass ihre Prüfungsfähigkeit bestehe und in der Zukunft nicht eingeschränkt werde. Der Arzt habe ihr jedoch keine Auskunft hinsichtlich der Prüfungsbehinderung geben können. Nur der gerichtsärztliche Dienst oder das Gesundheitsamt könne beurteilen, ob eine Prüfungsbehinderung vorliege. Die Auffassung des Antragsgegners, die Antragstellung könne ohne den erforderlichen Nachweis erfolgen, sei hinsichtlich § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO widersprüchlich. Jedenfalls sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Vorbereitung für die Zweite Juristische Staatsprüfung stelle eine erhebliche geistige und körperliche Belastung dar. Das kurz vor dem Prüfungstermin noch eine Krankheit zu der ohnehin schon sehr belastenden Situation dazukomme, fordere den Prüfling umso mehr heraus. Sie habe sofort darauf reagiert und sei voller Hoffnung gewesen, dass der Neurologe ihr helfen könne, ihre, aus ihrer damaligen Sicht vorübergehende, gesundheitliche Störung zu beseitigen. An den Nachteilsausgleich habe sie gar nicht gedacht. Sie habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Antragstellung bereits aufgrund eines einfachen Attests erfolgen könne. Sie hätte sich nur beim Antragsgegner mit der Nachfrage hinsichtlich der Antragstellung erkundigen können, wenn ihr das Problem bewusst gewesen wäre. Wegen ihrer ständigen Angstzustände, ihrer Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsprobleme in der Examensvorbereitung könne von ihr nicht verlangt werden, sich beim Antragsgegner über jeden Anhaltspunkt zu erkundigen. Fehlende Hinweise auf der Homepage begründeten für sie die Annahme, dass diesbezüglich keine Besonderheiten zu beachten seien. Wie der Antragsgegner selbst vortrage, hätte der Antrag auf Nachteilsausgleich am 2. Mai 2023 noch berücksichtigt werden müssen. Faktisch bedeute dies, dass sie, obwohl die Antragsfrist nur organisatorischen Gründen diene und dieser Zweck wegen eines Tages der Verspätung offensichtlich nicht gefährdet sei, so behandelt werde, als sei keine Prüfungsbehinderung gegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, und auf die Behördenakte Bezug genommen.
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1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
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a) Die Antragstellerin begehrt nach Wortlaut und Auslegung ihres Antrags gemäß § 88 VwGO unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einen Nachteilsausgleich im Sinne einer Vorwegnahme der Hauptsache. So finden sich in dem gestellten Antrag keine Einschränkungen, insbesondere beantragt die Antragstellerin Nachteilsausgleich nicht etwa unter dem Vorbehalt des Ausgangs einer etwaigen Hauptsache. Im Übrigen stellt die Vorwegnahme der Hauptsache für die Antragstellerin den umfassenderen Rechtsschutz dar.
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b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung insbesondere zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft macht. Die einstweilige Anordnung dient im Grundsatz der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Nimmt der Erlass der einstweiligen Anordnung die Hauptsache – zumindest in zeitlicher Hinsicht – vorweg, so sind an die Prüfung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund qualifiziert hohe Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – BeckRS 2016, 44855 Rn. 4). Danach steht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache einer Anordnung nach § 123 VwGO dann nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v. 18. 4. 2013 – 10 C 9/12 – NVwZ 2013, 1344, Rn. 22; BayVGH, B.v. 19.08.2020 – 7 CE 20.1822 – BeckRS 2020, 20467 Rn. 12; vgl. mit diesen Fundstellen auch Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66a).
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c) Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, wonach der Antragsgegner verpflichtet wäre, ihr unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einen Nachteilsausgleich zu gewähren.
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aa) Von einem Anordnungsanspruch ist grundsätzlich auszugehen, sofern der Antragsteller nach dem einschlägigen materiellen Recht auf Grundlage des ermittelten bzw. glaubhaft gemachten Sachverhalts voraussichtlich in der Hauptsache Erfolg haben wird (vgl. Kuhla in Beckscher Online-Kommentar VwGO, 62. Edition Stand 1.7.2022, § 123 Rn. 77. ff.). Insoweit nimmt das Gericht grundsätzlich eine summarische Prüfung vor (Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2022, § 123 Rn. 122). Allerdings ist eine eingehendere Prüfung veranlasst, sofern erhebliche Grundrechtsverletzungen drohen bzw. die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führen würde (vgl. zu den entsprechenden Ansätzen des BVerfG m.w.N. Schoch a.a.O. Rn. 122b).
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bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht hier auch bei eingehender Betrachtung kein Anspruch auf den begehrten Nachteilsausgleich.
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(1) Nach § 13 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 13. Oktober 2003 (GVBl. S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung vom 17. November 2022 (GVBl. S. 680), erhält auf Antrag einen angemessenen Nachteilsausgleich, wer wegen einer nachgewiesenen Behinderung bei der Fertigung der Prüfungsarbeiten oder der Ablegung der mündlichen Prüfung erheblich beeinträchtigt ist, soweit die Beeinträchtigung nicht das abgeprüfte Leistungsbild betrifft und der Nachteilsausgleich den Wettbewerb nicht beeinträchtigt. Danach setzt § 13 Abs. 1 Satz 1 JAPO im Tatbestand eine nachgewiesene Behinderung etwa bei der Fertigung von Prüfungsarbeiten voraus, die kausal („wegen“) zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Prüflings führen muss. Insoweit ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Prüflings gemeint, sein wahres Leistungsvermögen in der Prüfung darzustellen. Als Rechtsfolge sieht § 13 Abs. 1 Satz 1 JAPO – ohne dass der Prüfungsbehörde Ermessen eingeräumt wäre – einen angemessenen Nachteilsausgleich vor. Die Frage der Angemessenheit des Nachteilsausgleichs ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar, insbesondere ist der Prüfungsbehörde insoweit kein Beurteilungs- oder sonstiger Entscheidungsspielraum eingeräumt (vgl. BayVGH, U.v. 2.6.2022 – 7 B 21.349 – BeckRS 2022, 22282 Rn. 32). Die Regelung des Nachteilsausgleichs gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 JAPO beruht unmittelbar auf dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG. Die zitierten Grundrechte begründen einen Anspruch des Prüflings auf Änderung der einheitlichen Prüfungsbedingungen im jeweiligen Einzelfall, sofern die Fähigkeit des Prüflings erheblich beeinträchtigt ist, ihr bzw. sein vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen (vgl. Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 301g m.w.N.). Danach stellt sich § 13 Abs. 1 Satz 1 JAPO letztlich als konkretisiertes Verfassungsrecht dar. Sichergestellt werden soll, dass Prüflinge möglichst gleiche Chancen erhalten, die an sie gestellten Leistungsanforderungen zu erfüllen (vgl. BayVGH, U.v. 2.6.2022 – 7 B 21.349 – BeckRS 2022, 22282 Rn. 29 m.w.N.).
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(2) Verfahrensrechtlich ist ein Antrag auf Nachteilsausgleich gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO spätestens sechs Wochen vor Beginn des jeweiligen Prüfungsteils beim Landesjustizprüfungsamt einzureichen. Tritt eine Prüfungsbehinderung später auf, ist der Antrag gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO unverzüglich nach deren Auftreten einzureichen. Der Nachweis der Prüfungsbehinderung sowie im Fall von Satz 2 der Unverzüglichkeit der Antragstellung sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 JAPO durch ein Zeugnis eines gerichtsärztlichen Dienstes oder eines Gesundheitsamts zu führen.
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(3) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besitzt die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner keinen Anspruch auf den beantragten Nachteilsausgleich, da sie die hier maßgebliche Antragsfrist des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO nicht eingehalten hat (i), die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 BayVwVfG nicht vorliegen (ii), die Vorschrift des § 13 Abs. 2 JAPO verhältnismäßig ist (iii) und sich die Nichtberücksichtigung des Antrags auch im Einzelfall nicht als unverhältnismäßig darstellt (iv).
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(i) Die einzuhaltende und hier versäumte Antragsfrist richtet sich im vorliegenden Fall nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO, da die Prüfungsbehinderung der Antragstellerin spätestens am 25. April 2023 bestand und damit vor Ablauf der Sechswochenfrist. Es liegt kein Fall des § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO vor.
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Die Antragstellerin hat die Sechswochenfrist aus § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO nicht eingehalten. Insoweit kann offen bleiben, ob der Antrag gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO spätestens am 1. Mai 2023, 24 Uhr, oder am 2. Mai 2023, 24 Uhr, hätte eingereicht werden müssen. Fristbeginn der Rückwärtsfrist ist hier gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung der 12. Juni 2023, 24 Uhr. Fristende ist gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB in entsprechender Anwendung der 2. Mai 2023, 0:00 Uhr, sodass der Antrag grundsätzlich bis spätestens 1. Mai 2023, 24 Uhr hätte gestellt werden müssen. Bei dem 1. Mai handelt es sich allerdings um einen gesetzlichen Feiertag. Da nach dem Schutzzweck des Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG bzw. des § 193 BGB an einem Feiertag keine Rechtshandlungen vorgenommen werden müssen, hätte die Antragstellerin bei entsprechender Anwendung des Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG bzw. des inhaltsgleichen § 193 BGB den Antrag bis zum 2. Mai 2023, 24 Uhr stellen dürfen. Ob eine solche Fristverkürzung in entsprechender Anwendung des § 193 BGB bei Rückwärtsfristen zu erfolgen hat, ist umstritten (vgl. zu § 193 BGB Fervers in Beckscher Online-Kommentar BGB, 66. Edition Stand 1.2.2022, § 193 Rn. 54 ff.). Diese Frage kann im hier vorliegenden Fall jedoch offen bleiben, da die Antragstellerin ihren Antrag jedenfalls – von den Beteiligten auch nicht bestritten – erst am 3. Mai 2023 bei dem Antragsgegner eingereicht hat.
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Vorliegend ist die Sechswochenfrist aus § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO maßgeblich.
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Entgegen des Vortrags der Antragstellerin liegt eine Prüfungsbehinderung nicht erst dann vor, wenn diese amtsärztlich bestätigt ist oder gar ein bestimmter Nachteilsausgleich amtsärztlich empfohlen wird. Auch kann bzw. muss der Antrag auf Nachteilsausgleich nicht erst dann gestellt werden, wenn die Prüfungsbehinderung amtsärztlich bestätigt worden ist. Maßgeblich für den Fristenlauf ist vielmehr allein das tatsächliche Vorliegen einer Prüfungsbehinderung. Zwar ist für die Gewährung des Nachteilsausgleichs gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 JAPO notwendig, dass die Prüfungsbehinderung auch nachgewiesen wird. Der Nachweis ist jedoch eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Nachteilsausgleich, da es der Prüfungsbehörde oftmals mangels eigener Sachkenntnis selbst nicht möglich ist, ohne weiteres festzustellen, ob eine solche vorliegt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 2 JAPO wird zwischen dem Vorliegen einer Prüfungsbehinderung und dem Nachweis derselben unterschieden. So enthalten die Sätze 1 und 2 Regelungen zur Antragsfrist. Satz 3 dagegen trifft Regelungen zum konkreten Nachweis der Prüfungsbehinderung bzw. im Fall des Satz 2 der Unverzüglichkeit der Antragstellung und sieht hierfür gerade keine Fristen vor (vgl. zur früheren Fassung des § 13 JAPO: VG Augsburg B.v. 6.6.2019 – 8 E 19.822 – juris Rn. 30). Für eine solche Unterscheidung spricht auch der Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO, der (lediglich) auf das spätere Auftreten einer Prüfungsbehinderung abstellt und nicht auf eine „nachgewiesene“ Prüfungsbehinderung. Weiterhin kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 2 JAPO für den Fristenlauf entgegen des Einwands der Antragstellerin auch nicht darauf an, ob der Prüfling Gewissheit darüber hat, dass der Amtsarzt eine Prüfungsbehinderung auch tatsächlich bestätigt bzw. ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht. Eine solche Gewissheit wird der Prüfling jedenfalls in nicht völlig offensichtlichen Fällen auch zumeist erst nach Prüfung durch die Behörde, die die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen hat, haben. Dem Prüfling erwachsen insoweit auch keinerlei Nachteile, sollte sein Antrag letztendlich abgelehnt werden, weil die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs doch nicht vorliegen. Hat der Prüfling Kenntnis von einer Behinderung, die ihn in seiner Leistungsfähigkeit einschränkt, so obliegt ihm die Mitwirkungspflicht, einen Antrag auf Nachteilsausgleich fristgemäß vor Ablauf der sechswöchigen Frist zu stellen. Schließlich obliegt es nicht dem (Amts-)Arzt, sondern allein dem Prüfling, im Fall krankheitsbedingter Einschränkungen in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie bzw. er Nachteilsausgleich beantragen möchte oder nicht (so für den ähnlich gelagerten Rücktritt von der Prüfung Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 270). Denn regelmäßig „fühlt“ allein der Prüfling Art und Ausmaß seiner gesundheitlichen Einschränkungen, sodass es ihm auf dieser Grundlage obliegt, eine Entscheidung betreffend eines Antrags auf Nachteilsausgleich zu stellen.
30
Die einzuhaltende Frist richtet sich damit im vorliegenden Fall nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO und nicht nach Satz 2, denn die Prüfungsbehinderung (diagnostiziertes Karpaltunnelsyndrom und die darauf beruhende, erhebliche Leistungseinschränkung) lag spätestens am 25. April 2023 vor, als die Antragstellerin wegen ihrer Beschwerden den Neurologen aufsuchte, mithin vor Ablauf der Sechswochenfrist. Sowohl dem amtsärztlichen Attest als auch den eigenen Angaben der Antragstellerin lässt sich zur Überzeugung der Kammer entnehmen, dass sie objektiv bei der amtsärztlichen Untersuchung am 3. Mai 2023 schon seit ca. einem Monat Beschwerden hatte, wodurch sie in der Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war bzw. ist. Aufgrund dieser Beschwerden suchte sie nach eigenem Vortrag den Neurologen auf, auch wenn sie zunächst noch darauf gehofft haben mag, die Beschwerden seien ggf. nur vorübergehend und könnten behandelt werden. Die Antragstellerin ging zur Überzeugung der Kammer jedenfalls nach Aufsuchen des Neurologen auch selbst von einer Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit in der Prüfung aus und hielt einen Anspruch auf Nachteilsausgleich zumindest für möglich, denn sonst hätte sie sich nach der Diagnose des Neurologen nicht um eine amtsärztliche Untersuchung bemüht. Auf dieser Grundlage hätte es allein der Antragstellerin oblegen, eine Entscheidung darüber zu treffen, ggf. (rechtzeitig) einen Antrag auf Nachteilsausgleich zu stellen.
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Nach alledem hat die Antragstellerin die am 1. bzw. 2. Mai 2023 abgelaufene Antragsfrist nicht gewahrt.
32
(ii) Auch die Voraussetzungen des Art. 32 BayVwVfG liegen nach eingehender Prüfung nicht vor.
33
Gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist einem Antragsteller auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Zwar handelt es sich bei der Frist zur Beantragung des Nachteilsausgleichs nicht um eine materielle Ausschlussfrist (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2014 – 7 CE 14.2498 – juris Rn. 5 f.; VG München, B.v. 20.11.2014 – M 4 E 14.5152 – juris Rn. 26 ff.; VG Augsburg B.v. 6.6.2019 – 8 E 19.822 – juris Rn. 26), sodass kein Fall des Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG vorliegt. Allerdings war die Antragstellerin nicht ohne Verschulden daran gehindert, die Frist des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO einzuhalten. Verschulden liegt dann vor, wenn der Betroffene die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt nicht eingehalten hat, d. h. diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrenden Verfahrensbeteiligten geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten war. Das Maß an Achtsamkeit und Vorsorge, das die Einhaltung der der Rechtssicherheit dienenden Fristvorschriften erfordert, bestimmt sich nach den Umständen des einzelnen Falles (BVerwG, U.v. 9.6.1989 – 6 C 49/87 – juris Rn. 11; Michler in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 59. Edition Stand 1.4.2023, § 32 Rn. 9).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Antragstellerin nicht ohne Verschulden verhindert, fristgerecht einen Antrag auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs zu stellen. Vielmehr hat sie die Frist des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO schuldhaft nicht eingehalten. Es wäre der Antragstellerin ohne weiteres möglich gewesen, innerhalb der Frist einen Antrag auf Gewährung des Nachteilsausgleichs zu stellen. Zum einen schreibt § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO keine bestimmte Form vor, sodass die Antragstellerin auch formlos, beispielsweise per E-Mail, den Nachteilsausgleich hätte beantragen können, was sie am 3. Mai 2023 auch getan hat. Zum anderen war der Antragstellerin – wie oben dargestellt – spätestens am 25. April 2023 bewusst, dass bei ihr mit dem festgestellten Karpaltunnelsyndrom, welches ihr nach eigenen Angaben beim Amtsarzt seit ca. einem Monat Missempfindungen und Schmerzen bereitete, eine Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit vorliegt. Soweit die Antragstellerin sinngemäß vorträgt, sie habe nicht gewusst, ob ihre Beschwerden für eine Prüfungsbehinderung i.S.d. § 13 Abs. 1 JAPO ausreichten, weshalb sie auf das erforderliche amtsärztliche Attest habe warten müssen, um Gewissheit zu erlangen, begründet dies keine unverschuldete Fristversäumnis aufgrund fehlender Kenntnis der Prüfungsbehinderung. Denn insoweit hat der Prüfling – wie oben dargestellt – schon dann Kenntnis von einer Prüfungsbehinderung, wenn er Kenntnis von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung hat, die ihn in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Auf dieser Grundlage obliegt ihm sodann eigenverantwortlich die Entscheidung, ggf. auch vorsorglich Nachteilsausgleich zu beantragen.
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Soweit die Antragstellerin sinngemäß einwendet, sie sei davon ausgegangen, eine Prüfungsbehinderung liege erst vor, wenn diese amtsärztlich bestätigt sei und der Antrag auf Nachteilsausgleich könne und müsse deshalb nur zusammen mit dem amtsärztlichen Attest eingereicht werden, hat sie diesen Rechtsirrtum zu vertreten. Mangelnde Rechtskenntnis kann eine Fristversäumung in aller Regel nicht entschuldigen (vgl. Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 32 Rn. 23). Es sind keine Umstände vorgetragen und glaubhaft gemacht oder anderweitig ersichtlich, die im hier vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis führen, zumal der geltend gemachte Rechtsirrtum hier leicht vermeidbar gewesen wäre. Wie oben dargestellt, ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 2 JAPO, dass lediglich für die Antragstellung eine Frist vorgesehen ist, nicht jedoch für die Beibringung des amtsärztlichen Attests. Auch ist weder glaubhaft gemacht noch anderweitig ersichtlich, dass sich der Antragsgegner widersprüchlich verhalten und Anlass dazu gegeben hätte, dass die Antragstellerin davon hätte ausgehen können, eine Antragstellung sei erst bei Vorliegen des amtsärztlichen Attests möglich. Die von der Antragstellerin zitierten Auszüge aus Homepages von Universitäten betreffen schon ersichtlich andere Prüfungen und sind dem Antragsgegner darüber hinaus auch nicht zuzurechnen. Der Antragstellerin als Rechtsreferendarin hätte sich auch aufdrängen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Antragstellung auf Nachteilsausgleich bzw. einzuhaltende Fristen für unterschiedliche Prüfungen unterschiedlich geregelt sein können. Jedenfalls hätte es der Antragstellerin oblegen, sich insoweit zu informieren. Soweit sie vorträgt, sie habe zur Antragstellung auf der Seite des Antragsgegners keinen Hinweis gefunden, dass der Antrag ohne Nachweis gestellt werden dürfe, konnte sie aus diesem Umstand nicht unverschuldet den Schluss ziehen, dass eine Antragstellung nur zusammen mit dem amtsärztlichen Attest eingereicht werden kann. Insoweit hätte es der Antragstellerin oblegen, sich an das Landesjustizprüfungsamt zu wenden und dort über die Antragsvoraussetzungen bzw. einzureichenden Unterlagen zu informieren. Dies gilt umso mehr, als der Vortrag der Antragstellerin zu ihrer Internetrecherche zur Überzeugung der Kammer durchaus Problembewusstsein zu Fragen der Antragstellung belegt. Damit hätte sich der Antragstellerin auch angesichts der Tragweite der bevorstehenden Prüfung ein klärender Anruf bei dem bzw. eine klärende E-Mail an das Landesjustizprüfungsamt aufdrängen müssen. Auch der Umstand, dass sich die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben aufgrund des bevorstehenden Examens stark überfordert gefühlt habe, ihr die Dinge über den Kopf gewachsen seien und sie unter ständigen Angstzuständen, Schlaflosigkeit und Konzentrationsprobleme gelitten habe, begründet keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn bei Erkrankungen kommt es entscheidend darauf an, ob der Betroffene dadurch tatsächlich gehindert war, das Notwendige zu veranlassen (vgl. Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, Rn. 23). Insoweit ist zunächst festzustellen, dass alle Prüflinge vor dem Examen unter einem besonderen Druck und Anspannung stehen. Für eine unverschuldete Fristversäumnis reicht dies jedoch nicht aus, vielmehr müssen besondere Umstände hinzukommen, sonst liefe die Frist faktisch leer. Solche besonderen Umstände hat die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere legte sie keine Atteste o.Ä. vor. Vielmehr war die Antragstellerin nach eigenem Vortrag in der Lage, zu Fragen der Antragstellung im Internet zu recherchieren und einen Termin bei dem gerichtsärztlichen Dienst zu organisieren, sodass davon auszugehen ist, dass sie auch ein klärendes Telefongespräch mit Mitarbeitern des Landesjustizprüfungsamts hätte führen können.
36
Im Übrigen würde im Ergebnis nichts anderes gelten, sofern ein unverschuldeter Rechtsirrtum unterstellt würde. So hat die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht, auch unter Hinweis auf den drohenden Fristablauf bei dem gerichtsärztlichen Dienst keinen Termin mehr vor dem 3. Mai 2023 erhalten zu haben. Entsprechend hat die Antragstellerin auch insoweit nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht, ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert gewesen zu sein.
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(iii) Die Frist des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO greift auch nicht unverhältnismäßig in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Die Vorschrift hat unstrittig den Zweck, den Verwaltungsbetrieb hinsichtlich des Nachteilsausgleichs in einem zeitlich überschaubaren Umfang zu halten und dem Prüfungsamt einen zuverlässigen Überblick darüber zu verschaffen, für wie viele Prüflinge und unter welchen Bedingungen es die Staatsprüfung organisieren und durchführen muss (vgl. VG München, B.v. 20.11.2014 – M 4 E 14.5152 – juris Rn. 27; VG Augsburg B.v. 6.6.2019 – 8 E 19.822 – juris Rn. 31). Ein Erlöschen des Anspruchs auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs vor der Prüfung aus rein organisatorischen Gründen lässt sich jedoch nur dann mit dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) vereinbaren, wenn die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben ist (vgl. VG München, B.v. 20.11.2014 – M 4 E 14.5152 – juris Rn. 31). Mit Art. 32 BayVwVfG ist eine solche Möglichkeit gegeben. Zudem sieht § 13 Abs. 2 Satz 2 JAPO vor, dass bei Auftreten einer Prüfungsbehinderung nach Ablauf der Sechswochenfrist, der Antrag unverzüglich nach deren Auftreten einzureichen ist. Der Umstand, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Vorschrift an sich.
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(iv) Auch die konkrete Entscheidung, den Antrag auf Nachteilsausgleich unberücksichtigt zu lassen, ist verhältnismäßig. Entsprechend kann hier offen bleiben, ob überhaupt – wie hier – im Fall einer gebundenen Entscheidung aufgrund Fristversäumnis eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zulässig ist (vgl. hierzu ausführlich, auch zum Streitstand Naumann DÖV 2011, 96; Mehde DÖV 2014, 541).
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Zwar trägt die Antragstellerin dahingehend vor, dass der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO durch die lediglich um einen Tag verfristete Antragstellung offensichtlich nicht gefährdet sei und sich die unterbliebene Berücksichtigung ihres Nachteilsausgleichs damit aufgrund des erheblichen Eingriffs in ihr Grundrecht der Berufsfreiheit und Verstoßes gegen die Chancengleichheit als unverhältnismäßig darstelle. Jedoch geht dieser Einwand insoweit fehl, als dass jeder Antragsteller, der die ursprüngliche Antragsfrist verpasst hat und mit seinem verspäteten Antrag alle für die Prüfung auf Nachteilsausgleich erforderlichen Nachweise einreicht, für seinen jeweiligen Einzelfall geltend machen könnte, die Prüfungsbehörde sei noch in der Lage, sich einen Überblick über die jeweiligen Prüfungsbedingungen und die Zahl der Teilnehmer zu verschaffen. Eine solche Betrachtungsweise würde in jedem Einzelfall dazu führen, dass der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO jeweils nicht berührt wäre und würde das Fristerfordernis komplett unterlaufen (vgl. VG Augsburg B.v. 6.6.2019 – 8 E 19.822 – juris Rn. 33). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des besonderen Umstands, dass die Antragstellerin ihren Antrag samt Nachweis nur einen bzw. zwei Tage nach Ablauf der Frist eingereicht hat. Denn einer Verfahrensfrist ist gerade immanent, dass das Verstreichenlassen schon um eine „juristischen Sekunde“ zur Nichtberücksichtigung führt. Dies gebietet schon die Rechtsklarheit. Denn sowohl Antragsteller als auch die Prüfungsbehörde müssen rechtssicher wissen, bis zu welchem Zeitpunkt Anträge gestellt werden können und berücksichtigt werden müssen. Insoweit gebietet es gerade der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 2 Satz 1 JAPO, dass die Prüfungsbehörde Anträge nach einem bestimmten Zeitpunkt grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen hat, damit ihr ein angemessener Zeitraum für die weiteren organisatorischen Prüfungsvorbereitungen verbleibt. Entsprechend ist auch die versagende Entscheidung im vorliegenden Einzelfall geeignet, den legitimen Organisationszweck zu erfüllen, wobei insoweit schon ausreichend ist, wenn zur Zweckerreichung ein Beitrag geleistet wird (vgl. Aschke in Beckscher Online-Kommentar VwVfG, 59. Edition Stand 1.1.2023, § 40 Rn. 55). So kann die Prüfungsbehörde nach Fristablauf ohne weiteres – insbesondere ohne Überlegungen, bei welchen verfristeten Anträgen der Organisationszweck ggf. (noch) nicht gefährdet ist – feststellen, wie viele Nachteilsausgleichsanträge zu bearbeiten sind und für wie viele Kandidatinnen und Kandidaten ggf. besondere Prüfungsbedingungen zu organisieren sind. Mildere und vergleichbar geeignete Mittel zur Zweckerreichung sind dagegen nicht ersichtlich. Weiter ist auch die hier in Frage stehende Versagung angemessen. Denn die berechtigten Interessen der Antragsteller hinsichtlich der Berücksichtigung (nachträglich) eingetretener Prüfungsbehinderungen oder unverschuldeter Versäumnis der Frist sind ausreichend durch die angemessenen Fristen des § 13 Abs. 1 Satz 1 sowie Satz 2 JAPO und die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 BayVwVfG berücksichtigt.
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Im Ergebnis hat die Antragstellerin keinen Anspruch gegenüber dem Antragsgegner, ihr unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einen Nachteilsausgleich zu gewähren.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog.