Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 30.05.2023 – W 3 K 21.336
Titel:

Rundfunkbeitrag im nicht-privaten Bereich, Gasthaus und Pension, Inhaber einer Betriebsstätte, Betriebsunterbrechung, keine Freistellung, kein Fernsehgerät, kein Radiogerät, Internetzugang

Normenketten:
VwGO § 88
RBStV § 5
RBStV § 6
RBStV § 7
Schlagworte:
Rundfunkbeitrag im nicht-privaten Bereich, Gasthaus und Pension, Inhaber einer Betriebsstätte, Betriebsunterbrechung, keine Freistellung, kein Fernsehgerät, kein Radiogerät, Internetzugang
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13814

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor-her Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen im nicht privaten Bereich.
2
Der Beklagte führt unter der Beitragsnummer … … … ein Beitragskonto für die private Wohnung des Klägers in der R* …, … W* … a* M* … Unter der Beitragsnummer … … … führt der Beklagte des Weiteren ein Beitragskonto für eine Betriebsstätte (Gasthof und Pension) des Klägers.
3
Mit Bescheid vom 11. Januar 2021 lehnte der Beklagte einen im Dezember 2020 gestellten Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht unter der Beitragsnummer … … … ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Daraufhin erläuterte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Februar 2021, weshalb aus seiner Sicht die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich nicht vorlägen.
4
Mit Bescheid vom 1. März 2021 setzte der Beklagte gegen den Kläger als Inhaber einer Betriebsstätte unter der Beitragsnummer … … … Rundfunkbeiträge und einen Säumniszuschlag für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020 in Höhe von insgesamt 217,88 EUR fest.
5
Mit seiner am 9. März 2021 erhobenen Klage (Az. W 3 K 21.332) hat der Kläger die Aufhebung des Festsetzungsbescheids vom 1. März 2021 (Beitragsnummer … … …*) und des „Widerspruchbescheids“ (Beitragsnummer … … …*) beantragt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Gericht das Begehren des Klägers, den Festsetzungsbescheid vom 1. März 2021 (Beitragsnummer … … …*) aufzuheben, vom Verfahren W 3 K 21.332 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen W 3 K 21.336 fortgeführt.
6
Im vorliegenden Verfahren beantragt der Kläger, den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. März 2021 aufzuheben.
7
Er meint, er sei mangels Einkommens von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Sein Betrieb ruhe. Zudem seien die Zimmer ohne TV-Radio ausgestattet.
8
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
9
Er führt aus, dass der Festsetzungsbescheid rechtmäßig sei und den Kläger nicht in dessen Rechten verletze. Dieser sei Inhaber der Betriebsstätte „G* … und P* … A* …“ mit mehr als drei Gästezimmern. Ausweislich der Angaben auf der Internetseite der Pension werde den Gästen WLAN kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass die Möglichkeit der Nutzung des Angebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestehe. Im Übrigen werde bestritten, dass die Zimmer weder über Radiogeräte noch über Fernsehgeräte verfügten.
10
Eine Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht liege nicht vor. Der Kläger habe eine solche auch nicht beantragt. Er habe im Dezember 2020 lediglich eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht unter anderem für sein nicht privates Beitragskonto beantragt. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht sehe der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag im nicht privaten Bereich indes nicht vor. Der Antrag auf Befreiung im nicht privaten Bereich sei daher wegen offensichtlich fehlender Rechtsgrundlage nicht verbeschieden worden. Um die Möglichkeiten einer Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht prüfen zu können, habe der Beklagte den Kläger um die Benennung des Schließungszeitraums bzw. um einen Nachweis über die tatsächliche Schließung der Betriebsstätte gebeten. Der Kläger habe im Verwaltungsverfahren angegeben, seine Betriebsstätte sei nicht geschlossen, sondern ruhe nur. Nachweise, dass die Betriebsstätte tatsächlich stillgelegt sei bzw. „ruhe“, seien nicht erbracht worden und es sei nach wie vor eine Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht nicht beantragt worden.
11
Mit Erklärung des Klägers vom 21. Februar 2022 und Schreiben des Beklagten vom 1. März 2022 haben die Verfahrensbeteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
12
Mit Beschluss vom 19. April 2023 ist der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren W 3 K 21.332 und auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
15
Zudem hat die Kammer nach entsprechender Anhörung der Parteien gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, da die Sache keinen besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
16
Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers, den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. März 2021 aufzuheben.
17
Nicht Streitgegenstand ist die Frage, ob der Kläger Anspruch auf eine Freistellung (§ 5 Abs. 4 RBStV) von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich hat. Denn das Gericht darf nach § 88 VwGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen. Klagebegehren ist das in der Klage bezeichnete Rechtsschutzziel. Dies ist im vorliegenden Verfahren allein die Aufhebung des Festsetzungsbescheids des Beklagten vom 1. März 2021. Die Frage, ob der Kläger von der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich zu befreien ist, ist Gegenstand des Verfahrens W 3 K 21.332. Die Frage einer Freistellung des Klägers von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich ist hingegen überhaupt nicht rechtshängig. Denn einen Verpflichtungsantrag im Hinblick auf einen Anspruch auf Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich hat der Kläger nicht gestellt.
18
Ein solcher Verpflichtungsantrag ergibt sich auch nicht (konkludent) daraus, dass der Kläger in seinem Befreiungsantrag vom 16. Dezember 2020 neben der Beitragsnummer … … …, unter welcher das Beitragskonto für seine Privatwohnung geführt wird, auch die Beitragsnummer … … …, unter welcher das Beitragskonto für seine Betriebsstätte geführt wird, angab. Denn in der Klageschrift vom 8. März 2021 wird allein auf die Beitragsnummer … … … und den hierzu ergangenen Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2021 sowie den Festsetzungsbescheid vom 1. März 2021 Bezug genommen. Ein Klageantrag, welcher auf eine Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht als Inhaber einer Betriebsstätte zielt, ist weder ausdrücklich noch konkludent gestellt worden. Auf einen Hinweis des Gerichts auf dieses Verständnis des klägerischen Begehrens hat der Kläger nicht reagiert; insbesondere hat er keine Einwände erhoben. Für eine inzidente Prüfung der materiellen Freistellungsvoraussetzungen ist im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Gebühren- bzw. Beitragspflicht des Klägers indes kein Raum. Insoweit gilt für die Prüfung der materiellen Freistellungsvoraussetzungen im nicht privaten Bereich nichts anderes als für die Prüfung der materiellen Befreiungsvoraussetzungen im privaten Bereich gem. § 4 RBStV (zu Letzterem BVerwG, U.v. 9.12.2019 – 6 C 20.18 – juris Rn. 19).
19
Da das Gericht wie bereits ausgeführt nach § 88 VwGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen darf, hat es daher weder über einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich nach § 5 Abs. 4 RBStV zu entscheiden noch über die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob der beim Beklagte gestellte Antrag des Klägers vom 16. Dezember 2020 in entsprechender Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) als Freistellungsantrag auszulegen sein könnte.
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Die so verstandene Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).
21
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Festsetzungsbescheid vom 1. März 2021 erweist sich als rechtmäßig; jedenfalls verletzt er den Kläger nicht in dessen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22
Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Rundfunkbeiträge ist § 5 RBStV. Nach dessen Absatz 1 ist im nicht privaten Bereich für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten, dessen Höhe in Satz 2 der Vorschrift in Abhängigkeit von der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten geregelt wird. Unbeschadet der Beitragspflicht nach Absatz 1 ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags vom Inhaber einer Betriebsstätte für jedes darin befindliche Hotel- und Gästezimmer und für jede Ferienwohnung zur vorübergehenden entgeltlichen Beherbergung Dritter ab der zweiten Raumeinheit zu entrichten. § 5 Abs. 3, 5 und 6 RBStV regeln die Ermäßigung des Rundfunkbeitrags und die Beitragsfreiheit für bestimmte Einrichtungen. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 ist auf Antrag ein Rundfunkbeitrag nach Absatz 1 und 2 insoweit nicht zu entrichten, als der Inhaber glaubhaft macht und auf Verlangen nachweist, dass die Betriebsstätte mindestens drei zusammenhängende volle Kalendermonate vorübergehend stillgelegt ist.
23
Die Beitragspflicht beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Betriebsstätte innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Sie endet mit dem Ablauf des Monats, in dem das Innehaben der Betriebsstätte durch den Beitragsschuldner endet, jedoch nicht vor dem Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RBStV). Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV). Rückständige Beiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt; die Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 RBStV).
24
Gemessen hieran ist der Kläger als Inhaber einer Betriebsstätte im nicht privaten Bereich nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 RBStV rundfunkbeitragspflichtig. Er ist unstreitig Inhaber eines Gasthofs und einer Pension, welche über mindestens drei Raumeinheiten verfügt. Da es, soweit ersichtlich, neben dem Kläger keine Beschäftigten in dieser Betriebsstätte gibt, schuldete der Kläger nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV monatlich ein Drittel des Rundfunkbeitrags. Des Weiteren hatte der Kläger nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV monatlich jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags für jedes in der Pension befindliche Gästezimmer ab der zweiten Raumeinheit zu entrichten. Die festgesetzten Beiträge waren im Zeitpunkt ihrer Festsetzung zudem rückständig (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV).
25
Soweit der Kläger behauptet, seine Gästezimmer verfügten weder über Fernseh- noch über Radiogeräte, spielt dieser Umstand für die Beitragspflicht des Klägers keine Rolle und bedurfte daher keiner weiteren Aufklärung. Denn die Beitragspflicht besteht auch dann, wenn die Gästezimmer nicht mit einem Fernseh- oder einem Radiogerät, aber mit einem Internetzugang ausgestattet sind (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2017 – 6 C 32.16 – GewArch 2018, 76 Rn. 23; U.v. 21.3.2018 – 6 C 53/16 – NVwZ-RR 2018, 867 Rn. 18, 33, 38). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Kläger bot im streitgegenständlichen Zeitraum in den Gästezimmern jedenfalls einen Internetzugang an, der die Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ermöglicht. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Ausdruck der Internetseite des Klägers, welchen der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2021 vorgelegt hat (Bl. 43 der Gerichtsakte). Darin wird angegeben, dass WLAN kostenlos zur Verfügung stehe. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angabe unrichtig sein könnte, sind nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können gerade auch Internetauftritte eines Inhabers von Hotel- oder Gästezimmern als Nachweis der Ausstattung der Raumeinheiten mit Empfangsgeräten bzw. einem Internetzugang herangezogen werden (BVerwG, U.v. 21.3.2018 – 6 C 53/16 – NVwZ-RR 2018, 867 Rn. 35). Der Ausdruck stammt zwar nach Angaben des Beklagten vom 20. Mai 2021; es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Internetzugang nicht schon im streitgegenständlichen Zeitraum, dem Jahr 2020, existierte. Vielmehr trägt der Ausdruck der Internetseite als Stand das Datum „25.02.2012“. Dass seine Gästezimmer über einen Internetzugang verfügten, hat der Kläger im Übrigen auch nicht bestritten. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 hat er vielmehr angegeben, der Inhalt der Internetseite sei „der letzte stand, noch zu Betriebszeiten Lange vor der Forderung BR 2020“. Seit wann genau in der Pension WLAN angeboten werde, wisse er nicht mehr.
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Darauf, dass die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als verfassungswidrig anzusehen ist, soweit danach auch diejenigen Betriebsstätteninhaber beitragspflichtig sind, die ihren Gästen keine Möglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkempfangs in den Zimmern und Ferienwohnungen zur Verfügung stellen (BVerwG, U.v. 21.3.2018 – 6 C 53/16 – NVwZ-RR 2018, 867 Rn. 36), kommt es demnach im streitgegenständlichen Fall nicht an. Denn der festgestellte Verfassungsverstoß beschränkt sich auf die Fallgruppe derjenigen Inhaber, die ihre Zimmer und Ferienwohnungen nicht mit einer Rundfunkempfangsmöglichkeit (Empfangsgerät oder Internetzugang) ausstatten. Der Verfassungsverstoß betrifft die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV jedoch nicht in ihrem Kern und erfasst nicht ihren gesamten Anwendungsbereich. Die zusätzliche Beitragspflicht ist sachlich gerechtfertigt, soweit die Inhaber von Betriebsstätten den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit in individuell zurechenbarer Weise nutzen, indem sie die Zimmer und Ferienwohnungen für ihre Gäste mit Empfangsgeräten oder – wie hier – einem Internetzugang ausstatten und so die Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ermöglichen. Für diese Fälle behält die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV einen selbstständigen Anwendungsbereich und erweist sich ihr Vollzug als praktikabel. Denn der Verfassungsverstoß lässt die Beitragspflicht dieser Betriebsstätteninhaber unberührt. Angesichts der vom Gesetzgeber zu wahrenden Finanzierungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist davon auszugehen, dass es von seinem Willen gedeckt ist, diese Gruppe von Betriebsstätteninhabern zur Zahlung des Beherbergungsbeitrags heranzuziehen (BVerwG, U.v. 21.3.2018 – 6 C 53/16 – NVwZ-RR 2018, 867 Rn. 38).
27
Die Beitragspflicht des Klägers endete auch nicht vor oder im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020. Dies würde zum einen eine Beendigung des Innehabens der Betriebsstätte (§ 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 RBStV) voraussetzen und zum anderen deren Anzeige beim Beklagten (§ 7 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 2 RBStV).
28
Im streitgegenständlichen Fall fehlt es bereits an einer Beendigung des Innehabens der Betriebsstätte. Als Beendigungstatbestände kommen allein das vom Kläger behauptete Ruhen des Betriebs und eine mögliche Verpachtung in Betracht. Beides genügt jedoch aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht für die Annahme einer Beendigung der Betriebsstätteninhaberschaft, von welcher letztlich auch der Kläger nicht auszugehen scheint.
29
Die Betriebsstätteninhaberschaft des Klägers endete nicht dadurch, dass der Betrieb durch das vom Kläger behauptete Ruhen des Betriebs aufgegeben worden wäre und somit im streitgegenständlichen Zeitraum kein Betrieb, den der Kläger hätte innehaben können, mehr existierte. Dabei kann dahinstehen, wann der Kläger dem Beklagten erstmals anzeigte, dass der Betrieb ruhte. Denn das Ruhen des Betriebs stellt sich so, wie es im streitgegenständlichen Fall ausgestaltet ist, nicht als Ende des Innehabens einer Betriebsstätte im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 RBStV dar. Vielmehr ist der Kläger während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums als Betriebsstätteninhaber anzusehen.
30
Soweit der Kläger vorträgt, dass sein Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum ruhte, hat er selbst deutlich gemacht, dass er damit nicht den Betrieb als solchen und die Betriebsstätteninhaberschaft aufgeben wollte. So hat er im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz an den Beklagten vom 10. November 2020 ausgeführt, dass sich sein Betrieb in einer Ruhepause befinde. Von einer Schließung sei aber nie die Rede gewesen. Sobald er irgendwann aktiv seinem Gewerbe wieder nachgehen sollte, zahle er gerne Beiträge. Momentan sei eine Aktivität jedoch nicht geplant. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 hat der Kläger im Klageverfahren vorgetragen, dass er die Internetseite seines Betriebs „passiv“, als „Platzhalter“ für einen Nachfolger beibehalte, weil er beabsichtige, den Betrieb zu verpachten. Auch wenn der Kläger die Möglichkeit einer Verpachtung als Wunschdenken bezeichnete, wird aus all dem deutlich, dass der Kläger die Absicht hatte, den Betrieb nur zu unterbrechen und währenddessen in einem Zustand zu belassen, der es ihm oder einem Pächter erlauben würde, den eingestellten Betrieb als solchen im Wesentlichen jederzeit wiederaufzunehmen und fortzuführen.
31
Eine Beendigung der Inhaberschaft würde indes voraussetzen, dass der bisherige Inhaber die Nutzung der Betriebsstätte vollständig und endgültig einstellt oder an eine andere Person abgibt. Eine – hier nach klägerischen Angaben allenfalls vorliegende – Nutzungseinstellung ohne vollständige und endgültige Aufgabe der Betriebsstätte genügt hierfür nicht, wie die Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 RBStV zeigt. Fallkonstellationen, in denen eine Betriebsstätte mindestens drei Monate – ggf. auch auf unbestimmte Zeit – nicht betrieben wird, ohne jedoch endgültig aufgegeben zu werden, können über die Anwendung des § 5 Abs. 4 RBStV unter entsprechend weiter Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ angemessen gelöst werden. Es ist daher ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des Betriebs und dem Fortbestehen der Betriebsstätteninhaberschaft auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen. Dabei muss der Betriebsstätteninhaber die Betriebsfortführung nicht zwingend in eigener Person planen. Es reicht aus, wenn seinem Rechtsnachfolger – unter Berücksichtigung der zurückbehaltenen wesentlichen Betriebsgegenstände – objektiv die Möglichkeit verbleibt, den „vorübergehend“ eingestellten bzw. unterbrochenen Betrieb wiederaufzunehmen und fortzuführen. So lange der bisherige Betriebsstätteninhaber nicht klar und eindeutig erklärt, er gebe den Betrieb auf und nehme die gewerbliche Tätigkeit nicht wieder auf, ist auch in diesem Fall von einem Fortführungswillen auszugehen. Dies hat zur Folge, dass die Betriebsstätteninhaberschaft nicht erlöscht, sondern allein die Möglichkeit einer Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 5 Abs. 4 RBStV wegen der (faktischen) Nichtausübung der an sich fortbestehenden Betriebsstätteninhaberschaft besteht, welche wie ausgeführt als bloße Betriebsunterbrechung, nicht aber als Betriebsaufgabe zu betrachten ist. So liegt der Fall hier.
32
Soweit der Kläger vorgetragen hat, seinen Betrieb künftig verpachten zu wollen, ist eine Verpachtung noch nicht erfolgt. Eine Betriebsaufgabe bzw. ein Betriebsinhaberwechsel aufgrund von Verpachtung scheidet schon deshalb aus.
33
Der Kläger ist auch nicht für den streitgegenständlichen Zeitraum von der Beitragspflicht freigestellt. Soweit der Kläger einwendet, dass sein Betrieb ruhte, macht er in der Sache zwar das Vorliegen der materiellen Freistellungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 4 Satz 1 RBStV geltend. Eine Freistellungsentscheidung des Beklagten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 RBStV liegt indes nicht vor. Ob die materiellen Freistellungsvoraussetzungen im streitgegenständlichen Zeitraum vorliegen, kann dahinstehen. Denn diese werden im Rahmen der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit eines Bescheids, welcher Rundfunkbeiträge festsetzt, wie bereits ausgeführt nicht geprüft, auch nicht inzident. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge kann eine Freistellung nur dann Einfluss auf die Rechtmäßigkeit eines Festsetzungsbescheids haben, wenn der Beitragsschuldner zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die Festsetzung tatsächlich von der Beitragspflicht freigestellt ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10/18 – juris Rn. 12 f.; U.v. 9.12.2019 – 6 C 20.18 – juris Rn. 19 zu den Befreiungsvoraussetzungen nach § 4 RBStV; VG Göttingen, U.v. 28.1.2015 – 2 A 3/14 – juris Rn. 32 f.).
34
Sollte der Kläger zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt eine Freistellung von der Rundfunkbeitragspflicht durch den Beklagten erwirken und sich diese rückwirkend ganz oder teilweise auf den Zeitraum des streitgegenständlichen Beitragsfestsetzungsbescheids erstrecken, wird die ursprünglich rechtmäßige Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge unrichtig, weil eine Freistellung die Beitragspflicht für den von ihr erfassten Zeitraum entfallen lässt. Der Festsetzungsbescheid wird in diesem Fall im Umfang der zeitlichen Übereinstimmung von Festsetzung und Freistellung rechtswidrig, so dass er insoweit von der Rundfunkanstalt aufzuheben ist. Für die hier zu treffende Entscheidung des Gerichts spielt dies indes wie bereits ausgeführt keine Rolle.
35
Nachdem sämtliche Einwände des Klägers nicht durchgreifen und auch sonst keine gegen die Beitragspflicht des Klägers sprechenden Umstände ersichtlich sind, hat der Beklagte den Kläger dem Grunde nach zu Recht zu Rundfunkbeiträgen im nicht privaten Bereich für den streitgegenständlichen Festsetzungszeitraum herangezogen.
36
Darüber hinaus begegnet auch die Höhe der vom Kläger insgesamt geforderten Rundfunkbeiträge keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV musste der Kläger für seine Betriebsstätte ein Drittel des Rundfunkbeitrags sowie zusätzlich nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV ab der zweiten Raumeinheit für jede Raumeinheit in der Pension jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags entrichten. Ausgehend von mehr als drei Gästezimmern in der Pension war somit vom Kläger für Gasthaus und Pension nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV ein Betrag von insgesamt mindestens dreimal ein Drittel des Rundfunkbeitrags pro Monat zu entrichten.
37
Die Höhe des Rundfunkbeitrags ergibt sich dabei aus § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Danach betrug die Höhe des Rundfunkbeitrags im streitgegenständlichen Zeitraum 17,50 EUR monatlich. Ein Drittel des Rundfunkbeitrags betrug demnach 5,83 EUR monatlich. Hieraus ergibt sich ein vom Kläger geschuldeter Gesamtbetrag von (mindestens) 209,88 EUR für den streitgegenständlichen Zeitraum (12 Monate x 5,83 EUR/Monat). Dies entspricht der Höhe der streitgegenständlichen festgesetzten Rundfunkbeiträge.
38
Das Gericht ist bei der vorstehenden Berechnung von drei Raumeinheiten in der Pension ausgegangen, wovon die erste Raumeinheit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV beitragsfrei ist. Hiervon ist auch der Beklagte bei der Beitragsfestsetzung ausgegangen, ohne dass dies vom Kläger beanstandet worden wäre. Ob die Pension – wie der Beklagte im Klageverfahren unter Hinweis auf den Internetauftritt der klägerischen Pension vorgetragen hat – über mehr als drei Raumeinheiten verfügt und daher ein höherer Rundfunkbeitrag festzusetzen gewesen wäre, kann dahinstehen. Die Pension verfügt jedenfalls über mindestens drei Gästezimmer und somit mindestens über die vom Beklagten bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigte Anzahl an Raumeinheiten. Hierfür spricht der vom Beklagten vorgelegte Ausdruck des Internetauftritts der klägerischen Pension (Bl. 43 der Gerichtsakte), welcher – allerdings ohne Bezifferung der konkreten Gesamtzahl an Zimmern – zumindest für das Vorhandensein mehrerer Zimmer spricht. Jedenfalls ergibt sich das Vorhandensein von mindestens drei Gästezimmern aus der vom Kläger vorgelegten Ablichtung eines Aushangs vor dem Gasthof, wonach die Pension über sechs Zimmer verfügt (Bl. 47 der Gerichtsakte). Der Beklagte hat bei der Beitragsfestsetzung somit allenfalls zu wenig Raumeinheiten berücksichtigt, was sich lediglich – in Form eines zu niedrig festgesetzten Beitrags – zugunsten des Klägers auswirken und ihn daher nicht in seinen subjektiven Rechten verletzen würde.
39
Auch der zusätzlich festgesetzte Säumniszuschlag wurde zu Recht erhoben. Die Erhebung eines Säumniszuschlags folgt aus § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) vom 5. Dezember 2016, in Kraft ab 1. Januar 2017 (StAnz Nr. 51-52/2016). Danach wird dann, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von 1% der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden. Mit der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV ist die Fälligkeit des Beitrags im Gesetz festgelegt, die Beiträge werden nicht etwa erst dann fällig, wenn eine Rechnung oder gar ein Bescheid ergeht. Die Säumnisfolgen nach § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung bauen in nicht zu beanstandender Weise auf dieser Systematik auf; es ist insoweit auch kein Rechtsschutzdefizit ersichtlich (VG Bayreuth, U.v. 28.9.2016 – B 3 K 15.828 – BeckRS 2016, 117821 Rn. 60). Der Säumniszuschlag ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Es war der Mindestbetrag von 8,00 EUR anzusetzen, da 1% der mit dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzten Rundfunkbeiträge in Höhe von insgesamt 209,88 EUR zu einem geringeren Betrag als 8,00 EUR führen würde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.