Titel:
Kosten der Ersatzvornahme
Normenkette:
VwZVG Art. 32
Schlagwort:
Kosten der Ersatzvornahme
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13019
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kostenbescheids für eine Ersatzvornahme zur Bekämpfung der Nadelborkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher auf seinem Grundstück.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung V. … der Gemeinde Vo. …
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Mit Bescheid vom 12. Mai 2017 wurde der Kläger unter Fristsetzung zur sachgemäßen und wirksamen Bekämpfung des Borkenkäferbefalls des o.g. Grundstücks aufgefordert und die Ersatzvornahme unter Nennung der voraussichtlichen Kosten je Festmeter angedroht. Nach Fristablauf ist die Ersatzvornahme am 30. Mai 2017 (Fällen, Spritzen, Abfuhr des gefällten Holzes), 31. Mai 2017 (Hacken, Transport), 6. Juli 2017 (Umlagerung des Holzes von Vo. … nach M. …), 30./31. Oktober 2018 (Umlagerung des Holzes von M. … auf Privatgrundstück) durchgeführt worden.
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Die gegen die Androhung der Ersatzvornahme vom 12. Mai 2017 am 12. Juni 2017 erhobene Klage ist am 7. Juni 2018 zurückgenommen worden (Az. M 12 K 17.2609).
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Mit Bescheid vom 29. April 2019 wurde der Kläger verpflichtet, die im Rahmen der mit Bescheid vom 12. Mai 2017 angedrohten Ersatzvornahme angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 4.979,23 Euro zu tragen. Der Kostenforderung wurde folgende Aufstellung zu Grunde gelegt (siehe zu den einzelnen Rechnungen Bl. 149 ff., 305 der Behördenakte):
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1. Leistungen der Fa. W. … am 30.5.2017
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(Fällen, Spritzen, Abfuhr des Holzes): 3.250,60 Euro,
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2. Leistungen der Fa. H. … am 31.5.2017
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(Hacken, Transport): 710,43 Euro,
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3. Lagerungskosten gefälltes Holz in Vo. …: 209,00 Euro,
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4. Leistungen der Fa. M. … am 6.7.2017
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(Umlagerung des Holzes von Vo. … nach M. ….): 380,80 Euro,
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5. Leistungen der Fa. S. … am 30./31.10.2018
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(Umlagerung des Holzes von M. … auf Privatgrundstück): 428,40 Euro,
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6. Gesamt: 4.979,23 Euro.
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Auf die Bescheidsbegründung wird verwiesen.
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Gegen den Bescheid vom 29. April 2019 erhob der damalige Bevollmächtigte des Klägers am 31. Mai 2019 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, die er am 7. August 2021 begründete; darauf wird verwiesen (Bl. 25 d.A.).
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Im Winter 2017/2018 wurde erneut ein starker Borkenkäferbefall des o.g. Grundstücks in Verbindung mit Windwurf festgestellt und der Kläger daraufhin mit Schreiben vom 2. Januar 2018 aufgefordert, das Käfer- bzw. Schadholz im Lauf der Wintermonate 2017/2018 waldschutzwirksam aufzuarbeiten, um weiteren Neubefall ab Frühjahr 2018 zu verhindern und behördliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Aufarbeitungspflicht zu vermeiden.
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Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde ihm letztlich mit Bescheid vom 5. Juni 2018 die Ersatzvornahme unter Nennung der voraussichtlichen Kosten je Festmeter für den Fall angedroht, dass er bis spätestens zum 20. Juni 2018 seine Pflicht zur sachgemäßen und wirksamen Bekämpfung von schädlichen Insekten auf seinem Grundstück nicht erfülle. Aufgrund der Dringlichkeit der Bekämpfungsmaßnahmen würde die vorherige Androhung eines Zwangsgelds den Erfolg der Maßnahme gefährden.
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Mit Schreiben vom 13. Juni 2018 legte der damalige Bevollmächtigte des Klägers gegen die mit Bescheid vom 5. Juni 2018 erfolgte Androhung der Ersatzvornahme Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, sein Mandant habe den „weiteren – nicht erneuten“ Käferbefall nicht zu vertreten. Die 2017 angedrohte (erste) Ersatzvornahme sei „bis heute nicht abgeschlossen“. Einerseits seien „käferbefallene Bäume nicht in die Maßnahme einbezogen“ worden, andererseits sei „übermäßig auch in nicht (mehr) befallenen Bestand eingegriffen“ worden. Abgesehen davon sei eine Käferbekämpfung durch manuelles Fällen mit Motorsäge und anschließender Behandlung des so gefällten Holzes an Ort und Stelle im Wald mit Insektizid geeignet und ausreichend. Weiterhin wurde vorgetragen, dass das im Waldgrundstück des Klägers liegende Windwurf-Holz käferfrei sei und keiner Behandlung zur Käferbekämpfung bedürfe. Im Übrigen seien die für die Ersatzvornahme angegebenen voraussichtlichen Kosten zu hoch angesetzt worden.
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Da die geforderten Waldschutzarbeiten bis zum Fristablauf nicht durchgeführt wurden, erfolgte vom 21. Juni 2018 bis zum 22. Juni 2018 die mit Bescheid vom 5. Juni 2018 angedrohte (zweite) Ersatzvornahme. Insgesamt sind für diese Ersatzvornahme folgende Kosten angefallen:
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An- und Abfahrt Holztransport 690,20 Euro
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Fahrten zum Lagerplatz 761,60 Euro
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Holzsägearbeiten 2.521,61 Euro
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Personalkosten 8 Std. A12 531,12 Euro
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Personalkosten 8 Std. A14 568,64 Euro
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Umlagerung auf Privatgrundstück des Klägers 848,23 Euro
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Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2018 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 5. Juni 2018 zurück.
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Mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 wurde für den Kläger Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 15. November 2018 erhoben (Az. M 32 K 18.6117). Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 15. Februar 2019 im Wesentlichen ausgeführt, für die 2017 durchgeführte Ersatzvornahme seien vom Beklagten „dieselben privatwirtschaftlichen Dienstleister beauftragt“ und von ihnen „annähernd identische Rechnungen“ gestellt worden wie für die 2018 durchgeführte Ersatzvornahme. Die Ersatzvornahme von 2017 sei nicht abgeschlossen, der Werkvertrag noch nicht erfüllt worden. Es seien 2017 nicht alle befallenen Bäume gefällt sowie nicht alles befallenes liegendes Holz/Material unverzüglich abgefahren oder unschädlich gemacht worden. Im Übrigen seien die angesetzten Kosten für die Ersatzvornahme „übermäßig“. Es seien weniger aufwendige Maßnahmen möglich gewesen. Die Umlagerung des Holzes sei nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen seien die Abrechnungen für das Lohnhacken und den Abtransport von Kronenmaterial und Resthölzern weder sachangemessen noch ortsüblich. Mit Urteil vom 24. März 2023 wurde die Klage gegen den Bescheid vom 5. Juni 2018 – (zweite) Androhung der Ersatzvornahme – vom Bayerischen Verwaltungsgericht München abgewiesen (Az. M 32 K 18.6117).
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Mit Bescheid vom 23. Juli 2019 wurde der Kläger verpflichtet, die im Rahmen der Durchführung der mit Bescheid vom 5. Juni 2018 angedrohten (zweiten) Ersatzvornahme zur Borkenkäferbekämpfung entstandenen Kosten in Höhe von 5.921,40 Euro zu tragen. Mit Schreiben vom 20. August 2019 wurde für den Kläger gegen den Bescheid vom 23. Juli 2019 Klage erhoben (Az. M 32 K 19.4222). Zur Begründung wurde wiederum ausgeführt, die (erste) Ersatzvornahme von 2017 sei nicht abgeschlossen, der Werkvertrag noch nicht erfüllt worden. Der Kläger sei „nicht verantwortlich für die behördlich veranlassten Ersatzvornahmen und schon gar nicht für die Folgen aus den behördlichen Durchführungen“. Mit Urteil vom 24. März 2023 wurde die gegen den Bescheid vom 23. Juli 2019 erhobene Klage vom Bayerischen Verwaltungsgericht München abgewiesen (Az. M 32 K 19.4222).
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Mit Schreiben vom 19. November 2019 hatte die Prozessvertretung des Beklagten zur Klage vom 20. August 2019 Stellung genommen. Die 2017 und 2018 angedrohten Ersatzvornahmen seien sachgemäß durchgeführt worden. Dies würden auch die dem Schreiben beigefügten, für das Landgericht Traunstein unter dem Az. 7 OH 1800/18 erstellten Sachverständigengutachten belegen. Zudem seien die einzelnen Rechnungen der an der Ersatzvornahme bzw. dem Holztransport 2018 beteiligten Firmen auf ihre Richtigkeit hin überprüft worden.
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In der in den Behördenakten befindlichen Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim vom 24. Oktober 2018 ist zu den im Lauf der Verfahren vorgebrachten Einwendungen des Klägers folgendes ausgeführt (Bl. 175 der Behördenakte):
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„Eine Behandlung des Holzes im Sinne einer Beregnung stellt keine wirksame Maßnahme zur Borkenkäferbekämpfung dar. Die Bewässerung von eingeschlagenem Holz etwa auf einem Nasslagerplatz dient ausschließlich dessen Konservierung und Werterhaltung bis zur weiteren Verwendung. Das fängische Restholz aus dem verbleibenden Kronenmaterial wurde waldschutzwirksam gehackt.
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Aufgrund der Lage des Borkenkäferbefalls im Wasserschutzgebiet in Verbindung mit einem zur Verfügung stehenden Lagerplatz, der weniger als 500 m vom nächsten Nadelwald entfernt lag, musste das Holz sowohl aus dem Wasserschutzgebiet verbracht als auch zusätzlich gegen den Ausflug von Borkenkäfern behandelt werden. Ansonsten wäre die Maßnahme forstfachlich nicht waldschutzwirksam gewesen.
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Dem integrierten Pflanzenschutz in Verbindung mit dem Grundwasserschutz wurde in Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt Rosenheim eine vorrangige Rolle in Abwägung der vorliegenden Rechtsgüter zuerkannt – eine Begiftung im Wasserschutzgebiet somit ausgeschlossen.
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Eine alternative Entfremdung des Holzes im Wasserschutzgebiet hätte die Kosten für Herrn G. deutlich erhöht. Dies sollte vermieden werden. Zudem sollte Herrn G. durch die zunächst ortsnahe Lagerung in V. eine rasche und unkomplizierte Weiterverwertung seines Holzes ermöglicht werden und der Wertverlust durch lange Lagerung dadurch minimiert werden.
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Die mehrfache Umlagerung des Holzes wurde notwendig, da sich Herr G. trotz wiederholter schriftlicher Aufforderung durch die Behörden nach wie vor weigert, das Holz in seinem Eigentum aus den beiden Ersatzvornahmen 2017 und 2018 abzufahren bzw. weiter zu verwerten und damit auch den Wertverfall seines Holzes billigend in Kauf nimmt.
39
Sowohl der zunächst von der Gemeinde V. bereitgestellte Lagerplatz wurde inzwischen anderweitig benötigt als auch der von der WBV Rosenheim gepachtete Holzlagerplatz in Sch., der zum Zwecke eines Wertholzverkaufs benötigt wird. Herr G. wurde über diese Umstände jeweils rechtzeitig informiert.
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Selbst nach der inzwischen abgeschlossenen Beweisaufnahme im Zuge des selbstständigen Beweisverfahrens und entgegen der Empfehlung seines Anwalts weigert sich der Waldbesitzer weiterhin das Holz abzufahren. Anstelle einer Holzverwertung fordert er die Rücklagerung auf seinen Grund und Boden auf Kosten des Landratsamts.
41
Im Zuge einer Ersatzvornahme zum Zwecke der Borkenkäferholzaufarbeitung obliegt die Auswahl des Aufarbeitungsverfahrens und der eingesetzten Arbeitskräfte den Behörden.
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Für die Auswahl eines Forstunternehmers stehen dabei die fachliche Eignung und sachgerechte, waldschutzwirksame Aufarbeitung im Vordergrund. Eine Ausschreibung o. ä. muss nicht durchgeführt werden, da im Rahmen der Ersatzvornahme regelmäßig bereits Gefahr im Verzug ist, um benachbarte Wälder (fremdes Eigentum) zu schützen. Zudem muss der Unternehmer zuverlässig Terminarbeit erledigen.
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Neben der fachlichen Eignung der Firma W., das Holz so gut und waldwirksam wie möglich aufzuarbeiten, spielte für die Auswahl auch eine Rolle, dass diese Firma bereits 2015 erfolgreich für Herrn G. Borkenkäferholz im selben Wald aufgearbeitet hatte. Insofern wurde zumindest versucht, den Absichten von Herrn G. zu entsprechen.
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Eine Ersatzvornahme ist nicht mit einem planmäßigen Holzeinschlag vergleichbar. Eine im Regelfall übliche Abrechnung des Forstunternehmers nach Holzmenge daher für eine Behörde im Rahmen einer Ersatzvornahme nicht vorgeschrieben. Ein an Herrn G. gescheiterter Kommunikationsversuch unmittelbar vor der Ersatzvornahme 2017 sowie das unangekündigte Erscheinen des Waldbesitzers während der Maßnahme im Gefahrenbereich hat unter anderem zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen im Rahmen der Holzaufarbeitung geführt.
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Zudem musste der Forstunternehmer am Tag der Ersatzvornahme vor Ort eingewiesen werden. Entfernt werden durfte nur erkennbar fängisches Käferholz (Altbefall und Frischbefall). Zur Wahrung der Eigentumsrechte von Herrn G. musste der Borkenkäferbefall einzelstammweise ausgewiesen und auch aufgearbeitet werden.
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Herrn G. wurde eine angemessene Aufarbeitungsfrist in der Androhung der Ersatzvornahme durch das Landratsamt Rosenheim eingeräumt. Während dieser Frist hätte Herr G. den Holzeinschlag nach seinen Vorstellungen auch hinsichtlich der Holzaushaltung und der Unternehmerkosten selbst gestalten können, wie er dies auch im Jahr 2015 bereits getan hatte. Dies wurde 2017 bewusst unterlassen. Zu keinem Zeitpunkt hat der Waldbesitzer gegenüber den beteiligten Behörden auch nur ansatzweise erkennen lassen, dass er beabsichtigt, die inzwischen dringend notwendige Käferholzbekämpfung zum Schutz der benachbarten Fichtenwälder zu organisieren. Ein umfangreicher Schriftverkehr aus E-Mails von Herrn G. an die Behörden dokumentiert dies zweifelsfrei.
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Der mit Postzustellungsurkunde zugestellte Bescheid zur Androhung der Ersatzvornahme wurde nach der eigenen Aussage von Herrn G. ungeöffnet wieder am Postkasten des Landratsamts Rosenheim eingeworfen.
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Zweck der Ersatzvornahme durch die Behörden ist ausschließlich die waldschutzwirksame Borkenkäferholzaufarbeitung und die dafür zwingend notwendigen Arbeitsschritte.
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Eine Ermittlung von Holzmengen, Holzaufnahme und jegliche sonstige Weiterverwertung liegt weiterhin in der Verantwortung des Waldbesitzers als Eigentümer des Holzes. Ein für die Abrechnung zulässiges Verkaufsmaß bei Rundholz liegt im Regelfall ohnehin erst nach einer sogenannten Werksvermessung durch ein Sägewerk vor.
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Nachdem der tatsächliche Kostenaufwand mit nachvollziehbaren und ortsüblichen Stundensätzen abgerechnet wurde, erübrigt sich eine Holzmassenermittlung von behördlicher Seite für die Erstellung eines ordnungsgemäßen Kostenbescheids. Bei den angegebenen Holzmengen handelt es sich nur um sehr grobe optische Schätzungen, die nicht für nachträgliche Vergleichsrechnungen herangezogen werden können.
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Für eine bessere und flexiblere Verwertung des Hackgutes aus der Ersatzvornahme aus 2017 zugunsten von Herrn G. wurde das Material zunächst durch die Firma H. nach vorheriger Absprache abtransportiert.
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Im Anschluss daran wurde Herr G. dazu aufgefordert, Kontakt mit der Firma H. aufzunehmen, um die weitere Verwendung bzw. Verrechnung des Hackgutes abzuklären. Ob dies jemals erfolgt ist, kann nicht beurteilt werden. Insgesamt erhärtet sich aber der Verdacht, dass Herr G trotz aller behördlicher Bemühungen nicht glaubhaft an einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung seines Holzes interessiert ist.
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Gegen den Abtransport des Hackgutes wurden in der Anhörung zum Kostenbescheid Einwendungen erhoben. Dagegen wurden im Rahmen der Ersatzvornahme 2018 Einwendungen erhoben, dass das Hackgut vor Ort abgelagert wurde. Auch hier hat die Behörde wiederum nur versucht, den Wünschen von Herrn G zu entsprechen.
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Das Hackmaterial wurde soweit möglich für den Hacker vorkonzentriert. Parallel zum Hackvorgang wurde noch Restholz aus dem Wald gerückt. Die Aufarbeitungsprozesse wurden vom Arbeitsfortschritt her bestmöglich aufeinander abgestimmt.
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Dies gilt auch für die Holzaufarbeitung durch den Harvester in Verbindung mit dem Rückezug. Die Holzerntemaßnahmen aus den Ersatzvornahmen 2017 und 2018 sind nicht 1 : 1 vergleichbar. Herstellerangaben über Maschinenleistungen in Verbindung mit groben Schätzwerten bei den Holzmengen sind keinesfalls für die angestellten Vergleichsrechnungen geeignet.
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Bei den beiden Ersatzvornahmen aus den Jahren 2017 und 2018 wurde das gesamte anfallende Holz bestmöglich zu folgenden vermarktungsfähigen Sortimenten ausgehalten: Rundholz als Standardlängen, Brennholz und Hackgut (Restholz).
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Alle Maßnahmen wurden vom Forstrevier Griesstätt vor Ort dauerhaft überwacht. Es wird bestätigt, dass die eingesetzten Maschinen und Arbeitskräfte ordnungsgemäß, bestmöglich aufeinander abgestimmt und unter stetiger Auslastung gearbeitet haben, um vermeidbare Kosten so gering wie möglich zu halten.
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Die Forstarbeiten wurden zu erheblichen Teilen in zum Teil steiler Hanglage ausgeführt. Vor Beginn des Maschineneinsatzes wurden zur Schonung des Waldbodens im Zuge der Befahrung Traktionsbänder montiert.
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Deutliche Unterschiede zwischen den Maßnahmen 2017 und 2018 ergeben sich auf jeden Fall durch die Behandlung des Holzes mit einem Insektizid in 2017. Dafür sind zusätzliche Lohn – und Maschinenkosten sowie Arbeitsmittel angefallen.
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Nachdem die Behörden in der Ersatzvornahme 2018 davon ausgehen mussten, dass Herr G. auch dieses Holz nicht abfahren wird, wurde auf eine erneute ortsnahe Lagerung in V. in Kombination mit einer Behandlung mit Holzspritzung verzichtet und das Holz unbehandelt auf einen anerkannten Lagerplatz für Käferholz in M. verbracht.
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Die Anlieferung des Harvesters erfolgte entgegen der Darstellung ebenfalls per Tieflader. Dieser wurde jedoch bereits in V. abgeladen und bewegte sich aus eigenem Antrieb das letzte Wegstück zum Hiebsort. Der Rückezug wurde dagegen direkt am Hiebsort vom Tieflader abgeladen.“
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Mit E-Mail vom 2. November 2022 wiederholte der Kläger im Verfahren Az. M 32 K 19.4222 sein Vorbringen, dass er nicht verantwortlich sei „für die behördliche veranlassten Ersatzvornahmen und schon gar nicht für die Folgen aus den behördlichen Durchführungen“.
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Am 24. März 2023 fand die mündliche Verhandlung zu den drei zu gemeinsamer Verhandlung verbundenen Klageverfahren Az. M 32 K 18.6117, M 32 K 19.4222 und M 32 K 19.2636 statt. Der Kläger verließ während der Erörterung der Sach- und Rechtslage ohne Angabe von Gründen die Verhandlung. Der Vertreter des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten der drei verbundenen Klageverfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte am 24. März 2023 über die Sache (weiter-)verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger die mündliche Verhandlung während der Erörterung der Sach- und Rechtslage verlassen hat, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden war, dass auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Kostenbescheid vom 29. April 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid vom 29. April 2019 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
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Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Beklagten ist Art. 32 Satz 1 sowie Art. 41 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Diese Vorschriften ermächtigen das Landratsamt als Vollstreckungsbehörde, die der Behörde entstandenen Aufwendungen für die Durchführung der dem Pflichtigen obliegenden Handlung sowie die Kosten für die mit der Anwendung der Ersatzvornahme verbundene Verwaltungstätigkeit vom Pflichtigen durch Leistungsbescheid (Art. 23 Abs. 1 VwZVG) zu fordern. Nach Art. 32 VwZVG gilt Folgendes: Wird die Pflicht zu einer Handlung, die auch ein anderer vornehmen kann (vertretbare Handlung), nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen vornehmen lassen. Die Ersatzvornahme ist nur zulässig, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt. Gem. Art. 41 Abs. 1 VwZVG werden für die Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren Kosten nach dem Kostengesetz erhoben. Kostenschuldner ist der Vollstreckungsschuldner.
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Der Leistungsbescheid setzt damit die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme voraus, die im Zusammenhang mit der Kostenerstattung regelmäßig bereits dann gegeben ist, wenn ein für sofort vollziehbar erklärter oder unanfechtbarer, auf die Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt und eine wirksame Androhung der Ersatzvornahme vorliegen und sich die Durchführung der Ersatzvornahme im Rahmen der im Grundverwaltungsakt angeordneten Verpflichtung hält (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2017 – 10 ZB 17.806 – juris Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 18.3.2019 – W 8 K 18.1161 – juris Rn. 42). Die Durchführung der Ersatzvornahme und die Erstattungsfähigkeit der dafür angefallenen Kosten setzt damit die Rechtmäßigkeit der ergangenen Grundverfügung nicht voraus; es kommt vielmehr nur auf deren Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit im Zeitpunkt der Ersatzvornahme an (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U.v. 27.4.2006 – 4 LB 23/04 – juris).
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Dies zugrunde gelegt begegnet der festgesetzte, zu erstattende Kostenbetrag keinen rechtlichen Bedenken.
71
Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gem. Art. 18, Art. 19 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 32 und Art. 36 Abs. 4 VwZVG lagen zum Zeitpunkt der mit Bescheid vom 12. Mai 2017 angedrohten Ersatzvornahme vor. Insbesondere ist der Kläger mit der für sofort vollziehbar erklärten und auch unanfechtbaren Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern und der Regierung von Schwaben zur Nadelholzborkenkäferbekämpfung vom 28. Februar 2013 (OABl. Nr. 6/2013, S. 35) verpflichtet worden, auf seinem Grundstück Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Anhaltspunkte dafür, dass die zu vollstreckende Grundverfügung nichtig oder offensichtlich rechtswidrig sein könnte, bestehen nicht (vgl. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24.3.2023, Az. M 32 K 19.6117). Für den Fall der Nichterfüllung oder nicht fristgerechten Erledigung wurde im durch Klagerücknahme bestandskräftigem Bescheid vom 12. Mai 2017 die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen angedroht, wofür ein Kostenbetrag von vorläufig 80,- Euro je Festmeter veranschlagt worden ist. Die vorherige Androhung eines Zwangsgelds ließ keinen Erfolg erwarten (Art. 32 Satz 2 VwZVG). Zum einen bestand angesichts der Vermehrung der waldschädlichen Insekten bereits von der Sache her keine Zeit mehr, um einen eventuellen Erfolg eines angedrohten oder nach Fälligkeit beigetriebenen Zwangsgeldes abzuwarten und bei eventuell ausbleibendem Erfolg dann unter erneuter Fristsetzung ein weiteres Zwangsmittel in Form der Ersatzvornahme anzudrohen (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.1990 – 19 B 90.154 – juris). Zum anderen war auch hinsichtlich der Person des Klägers kein Erfolg eines Zwangsgeldes zu erwarten. So wurde der Kläger bereits mehrfach in früheren Jahren sowie mit Schreiben vom 2. Januar 2018 zur Beseitigung der Borkenkäfergefahr unter Fristsetzung aufgefordert. Unter diesen Umständen wäre die Verhängung eines Zwangsgeldes als Beugemittel ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Innerhalb der gesetzten Frist sind die Bekämpfungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden; deshalb wurde die Durchführung der angedrohten Ersatzvornahme angeordnet und geeignete Unternehmer beauftragt.
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Auch die Durchführung der Ersatzvornahme gibt keinen Anlass zu rechtlicher Beanstandung. Nach Auffassung des Gerichts trifft die Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim vom 24. Oktober 2018 zu den bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten diesbezüglichen Einwendungen des Klägers in jeder Hinsicht zu.
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Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ist auch sonst der Höhe nach nicht zu beanstanden. Nach Art. 32 Satz 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen vornehmen lassen. Dabei umfasst der Begriff der Kosten der Ersatzvornahme alle Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme vorzunehmenden Handlungen. Bei der Beurteilung dessen, was erforderlich ist, steht der Behörde ein weiter Ermessensspielraum zu. Der Pflichtige muss grundsätzlich den Betrag erstatten, den die sachgerecht mit der Durchführung der Ersatzvornahme beauftragte Firma der Behörde in Rechnung stellt, sofern keine groben Fehler in der Preiskalkulation erkennbar sind und keine überflüssigen Maßnahmen durchgeführt wurden (vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 15.5.2005 – 2 L 785/03 – juris). Dafür ist hier nichts erkennbar. Die geltend gemachten Kosten erscheinen sowohl hinsichtlich der Art und der Höhe angemessen. Einwendungen hiergegen hat der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht hinreichend substantiiert geltend vorgebracht. Im Übrigen wird auch insoweit auf die hierzu erfolgten Ausführungen in der o.g. Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 24. Oktober 2018 verwiesen.
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Schließlich kann auch die vom Kläger ohne jegliche sachliche Grundlage vorgebrachte pauschale Behauptung, es ginge bei der im Bescheid vom 5. Juni 2018 angedrohten (zweiten) Ersatzvornahme nicht um die Bekämpfung eines erneuten Käferbefalls, sondern nach wie vor um den Käferbefall, der Gegenstand der mit Bescheid vom 12. Mai 2017 angedrohten (ersten) Ersatzvornahme gewesen sei, welche aber fehlerhafter Weise den ursprünglichen Käferbefall nicht vollständig beseitigt habe, nichts an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Kostenbescheids vom 29. April 2019 ändern. Zum einen gibt es keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptung; erst recht wurden vom Kläger für diese Behauptung keinerlei Beweise vorgelegt. Hinzu kommt, dass ein vom Kläger deswegen angestrengter Amtshaftungsprozess mit Klagerücknahme endete, nachdem das Landgericht Traunstein in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2022 (Az. 7 O 3596/21) folgenden Hinweis gegeben hatte: „Der Kläger wird nochmals darauf hingewiesen, dass es an einem Sachvortrag fehlt, der dem Gericht nachvollziehbar und plausibel erklärt, worin ein schuldhaftes Handeln durch den Beklagten im streitgegenständlichen Verfahren liegen sollte. Auch wenn vom Kläger angeführt wird, dass der Sachverständige festgestellt hat, dass in der Grube nicht alles entfernt wurde, so hat der Sachverständige dazu auch ausgeführt, dass das normal ist, der Kläger ist weiterhin für den Zustand auf seinem Grundstück verantwortlich, auch wenn der Beklagte eine Ersatzvornahme durchgeführt hat“. Abgesehen davon wäre eine einhundertprozentige Nadelholzborkenkäferbeseitigung ohnehin nicht von den mit der (ersten) Ersatzvornahme 2017 beauftragten Firmen geschuldet. Zum anderen ist es – wie vom OVG Berlin bereits im Urteil vom 30.1.1981 – Az. 2 B 75/78 – NJW 1981,2484 ausgeführt worden ist – dem Pflichtigen ohnehin „verwehrt, Rechte geltend zu machen, die der Behörde als Vertragspartner eines privaten Unternehmers zustehen mögen. Ein Recht auf vertragsgemäße Leistung steht nur dem Auftraggeber, nicht aber dem Kläger zu. Er hat auch gegenüber der Behörde keinen Anspruch darauf, dass diese die Ersatzvornahme mangelfrei vornehme. Einen Einwand der Schlechterfüllung oder eine Mängelrüge gibt es im Recht der Verwaltungsvollstreckung nicht. Dieser Grundsatz erleidet allerdings dann Durchbrechungen, wenn die Ersatzvornahme mangels Ungeeignetheit der angewandten Mittel nicht zum Erfolg der Gefahrenbeseitigung führt oder Schäden am Eigentum des Pflichtigen verursacht.“ Es spricht nichts dafür, dass im vorliegenden Fall eine derartige Ausnahme gegeben ist.
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Der streitgegenständliche Kostenbescheid vom 29. April 2019 ist somit insgesamt nicht zu beanstanden. Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.