Inhalt

VGH München, Beschluss v. 15.05.2023 – 2 CS 22.2688
Titel:

Einstweiliger Rechtsschutz gegen eine Dreifeldsporthalle mit Parkplatz und Freisportplatz wegen einer Abstandsflächenunterschreitung

Normenketten:
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3 und S. 6
BayBO Art. 6 Abs. 5 S. 1, Art. 28 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Das Beschwerdegericht muss die Beschwerde auch dann zurückweisen, wenn die nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO dargelegten Gründe zwar sachlich zutreffend Kritik an den Gründen des angefochtenen Beschlusses üben, eine darüber hinausgehende Prüfung der Sache aber ergibt, dass der angefochtene Beschluss im Ergebnis richtig wäre. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es spricht grundsätzlich keine Vermutung für die nachbarschützende Wirkung der Festsetzung überbaubarer Grundstücksflächen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarrechtsbehelf, erfolgreiche Beschwerde, Tekturgenehmigung, Abstandsfläche, örtliche Bauvorschrift, Geländeoberkante, natürliches Gelände, überbaubare Grundstücksfläche, Bestimmtheit, Immissionen, Brandschutz
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 14.12.2022 – Au 4 S 22.2014
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12069

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Dezember 2022 wird dahingehend geändert, dass dessen Ziffer I folgende Fassung erhält: Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 1 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022 wird hinsichtlich der genehmigten Nutzung der Dreifeldsporthalle für den Turnierbetrieb am Sonn- und Feiertagen angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers zu 1 abgelehnt.
Der Antrag des Antragstellers zu 2 wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller zu 2 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Dreifeldsporthalle. Die Beigeladene plant, auf den Grundstücken FlNr. ... und … der Gemarkung S. … eine Dreifeldsporthalle mit zugehörigem Parkplatz sowie Freisportplatz zu errichten. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Antragsteller mit der FlNr. … liegt im unbeplanten Innenbereich nordöstlich des geplanten Vorhabenstandorts und wird von diesem durch den K. …weg (Fuß- und Radweg) getrennt. Das Grundstück FlNr. … des Antragstellers zu 2 wird landwirtschaftlich genutzt und grenzt unmittelbar an das Baugrundstück an.
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Am 14. Dezember 2021 beschloss die Beigeladene den Bebauungsplan „3-fach-Turnhalle am Schulzentrum“ als Satzung. Die Bekanntmachung erfolgte am 8. November 2022. Gegen den Bebauungsplan sind ein Normenkontrollverfahren (Az. 2 N 22.2455) sowie ein dazu gehöriges Eilverfahren (2 NE 23.284) beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
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Mit Bescheid vom 23. August 2022 genehmigte der Antragsgegner das Bauvorhaben „Neubau einer Dreifeldsporthalle“ mit Auflagen. Gegen den Bescheid ließen die Antragsteller mit Schriftsatz vom 23. September 2022 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beschloss das Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 1 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022 hinsichtlich der genehmigten Nutzung der Dreifeldsporthalle für den Turnierbetrieb an Sonn- und Feiertagen anzuordnen und im Übrigen den Antrag des Antragstellers zu 1 abzulehnen. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 2 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022 wurde angeordnet. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der angegriffene Bescheid im Hinblick auf die Bestimmtheit keinen durchgreifenden Bedenken begegne. Die Erfolgsaussichten der Klage seien in Bezug auf das Bauplanungsrecht im Hinblick auf die Immissionsbelastung der Antragsteller teilweise als offen zu bewerten. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs sei nicht gegeben. Soweit sich die Antragsteller auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots beriefen, bedürfe es in Bezug auf die Immissionen während des Turnierbetriebs an Sonn- und Feiertagen der Klärung offener Fragen im Hauptsacheverfahren. Im Übrigen erweise sich das Vorhaben den Antragstellern gegenüber voraussichtlich als nicht rücksichtslos. Jedoch halte das Vorhaben hinsichtlich des Antragstellers zu 2 als Eigentümer des Grundstücks FlNr. … nach dem Stand der Akten die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO i.V.m. der gemeindlichen Abstandsflächensatzung nicht ein, so dass überwiegende Erfolgsaussichten für seine Klage bestünden und daher die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausfalle.
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Die Beschwerde der Beigeladenen richtet sich gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers zu 2 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022. Die Beigeladene habe nämlich mittlerweile eine abgeänderte Tekturplanung eingereicht, die mit Bescheid des Antragsgegners vom 12. Januar 2023 genehmigt worden sei. Diese halte die Abstandsflächen aufgrund der entsprechend reduzierten Wandhöhe unter Berücksichtigung von Art. 6 BayBO i.V.m. der gemeindlichen Abstandsflächensatzung gegenüber dem Grundstück des Antragstellers zu 2 FlNr. … ein.
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Die Beigeladene beantragt,
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1. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Dezember 2022, Az. AU 4 S 22.2014 wird geändert.
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2. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 1 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022 wird hinsichtlich der genehmigten Nutzung der Dreifeldsporthalle für den Turnierbetrieb an Sonn- und Feiertagen angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers zu 1 abgelehnt.
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3. Der Antrag des Antragstellers zu 2 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dessen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. August 2022 (nunmehr in Gestalt des Bescheids vom 12.1.2023) wird abgelehnt.
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Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
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Die Antragsteller beantragen,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie wenden sich gegen die Tektur. Wenn die Attika reduziert werde, sei eine Anpassung der Berechnung des Regenrückhaltes und des Hochwasserschutzkonzepts der Planung erforderlich. Außerdem könnten bei Unwetter und Stürmen ohne eine ausreichend hohe Attika die Dacheindeckung oder Kiesschüttung davongeweht oder weggespült werden und die Attika solle bei einem Brand das Überschlagen von Flammen auf andere Gebäude und Grundstücke verhindern. Zudem diene sie dazu, Lichtimmissionen der Oberlichter zu der Umgebung zu reduzieren. Soweit der Bescheid vom 12. Januar 2023 auf der kritischen Gebäudenordseite von einer Wandhöhe von 8,52 m an der östlichen Ecke bezogen auf das natürliche Gelände ausgehe, sei dies nicht nachvollziehbar. Die Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller zu 2 in seinen Rechten, weil es sich bei den Festsetzungen im Bebauungsplan hinsichtlich der Baugrenze um nachbarschützende Festsetzungen handle. Gründe für die Festsetzung der Baugrenze seien der Schutz der landwirtschaftlichen Fläche des Antragstellers zu 2 gegen Beschattung, die ungehinderte Nutzung und Befahrung durch landwirtschaftliche Maschinen durch überschwenkende Teile an der Grundstücksgrenze sowie die Ertragssicherung gewesen. Außerdem sei das Verwaltungsgericht fehlerhaft zu der Annahme gelangt, dass die Mängel der Baugenehmigung hinsichtlich der Bestimmtheit nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage führten. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Das streitgegenständliche Vorhaben lasse hinsichtlich der Immissionsbelastungen eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausschließen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts führe sowohl die Mehrbelastung durch den Verkehrslärm als auch durch den Verkehr selbst zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Antragsteller. Das Verwaltungsgericht habe auch fehlerhaft ausgeführt, dass die Verschattung von Nachbargrundstücken und Photovoltaikanlagen pauschal nicht geschützt sei. Es käme zu einer erheblichen Ertragseinbuße von 20% durch die Dreifeldsporthalle bei der Photovoltaikanlage. Das Erstgericht habe weiter irrig angenommen, dass Gründe des Hochwasserschutzes oder Überschwemmungsgefahren nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führen könnten. Gemäß der Versammlungsstättenverordnung hätten sämtliche Baustoffe an den Wänden mindestens schwer entflammbar sein müssen. In der Baugenehmigung würden jedoch normal entflammbare Teile zugelassen. Dies führe zu einer Gefährdung der angrenzenden Wohnhäuser.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie des Verwaltungsgerichtshofs und der beigezogenen Bauakten der Antragsgegnerin sowie der Bebauungsplanakten verwiesen.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist erfolgreich. Die von der Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe rechtfertigen eine Änderung der angefochtenen Entscheidung, weil nunmehr kein Abstandsflächenverstoß mehr vorliegt und die Baugenehmigung im tenorierten Umfang voraussichtlich keine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt.
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a) In der Tekturgenehmigung vom 12. Januar 2023 ist die Oberkante der Attika (OK AT) von 7,90 m auf 7,30 m reduziert worden. Damit hält die Tekturplanung die Abstandsflächen aufgrund der entsprechend reduzierten Wandhöhe und auch unter Berücksichtigung von Art. 6 BayBO in Verbindung mit der gemeindlichen Abstandsflächensatzung gegenüber dem Grundstück des Antragstellers zu 2 FlNr. … ein. Aus den dem Senat vorliegenden Bauvorlagen (Lageplan-Deckblatt M 1 : 500 vom 23.12.2023) wird in der Abstandsflächenermittlung auf der Nordseite an deren östlicher Ecke eine Wandhöhe von 8,32 m zugrunde gelegt. Dieses Maß ergibt sich aus dem Abstand zwischen Oberkante/Außenwand und der Oberkante des geplanten (angefüllten) Geländes an der Außenwand im fraglichen Bereich. Das maßgebliche natürliche Gelände in diesem Bereich liegt aber tiefer als das geplante Gebäude, so dass für die Ermittlung der Abstandsflächen das ungünstigere natürliche Gelände als unterer Bezugspunkt heranzuziehen ist. In der dem Senat vorliegenden maßgeblichen Planansicht (Nord M 1 : 100 vom 9.1.2023) ist die Oberkante Fertigfußboden (OK FFB) als Nullpunkt +/- 0,00 m mit einer Meereshöhe von 493,6 m üNN definiert. Die Höhe des bestehenden (natürlichen) Geländes an der Gebäude-Nord-Ost-Ecke ist mit 492,38 m üNN angegeben. Die Höhendifferenz zwischen OK FFB und unterem Bezugspunkt beträgt damit 1,22 m (493,6 m üNN – 492,38 m üNN). Diese Höhendifferenz ist zur Wandhöhe zwischen OK FFB und OK Attika, die im Plan mit 7,30 m angegeben ist, zu addieren. Das sich so ergebende Maß beträgt 8,52 m (7,30 m + 1,22 m) und ist die Wandhöhe, die der Abstandsflächenberechnung zugrunde zu legen ist. Nach § 2 der Satzung über die abweichenden Maße der Abstandsflächentiefe der Beigeladenen beträgt abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO die Abstandsfläche im Bereich des Vorhabens 0,7 H. Die Tiefe der Abstandsfläche nach Norden beträgt damit an der Gebäude-Nord-Ost-Ecke 5,96 m. Tatsächlich vorhanden sind laut Darstellung im Lageplan-Deckblatt 6,20 m.
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An der Gebäude-Nord-West-Ecke wurde die Abstandsfläche ebenfalls korrekt ermittelt. Die Oberkante des abgegrabenen Geländes an der Gebäudeaußenwand liegt hier nach Darstellung im Planansicht Nord bei – 0,70 m unter OK FFB. Auch hier muss wieder die Wandhöhe zwischen OK FFB und Oberkante Attika (7,30 m) hinzuaddiert werden, um die der Abstandsflächenermittlung zugrunde zu legende Wandhöhe zu erhalten. Diese liegt bei 8,0 m (7,30 m + 0,70 m), was nach der Satzung über die abweichenden Maße der Abstandsflächentiefe der Beigeladenen eine Abstandsflächentiefe von 5,60 m an der Gebäude-Nord-West-Ecke auslöst (8,0 m x 0,7). Tatsächlich vorhanden sind hier laut Darstellung im Lageplan-Deckblatt 5,60 m.
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Für den Senat ist nicht hinreichend ersichtlich, inwiefern die Höhe der Attika Auswirkungen auf die Berechnung des Regenrückhalts und des Hochwasserschutzkonzepts haben soll. Nachdem eine Attika errichtet werden soll, ist auch nicht schlüssig, wieso Kiesel von der Kiesschüttung herunterfallen sollten. Die Antragsteller haben auch nicht hinreichend dargelegt, inwiefern die Höhe der Attika auf die von den Oberlichtern ausgehenden Lichtimmissionen einen solchen Einfluss haben sollte, dass sie unzumutbar beeinträchtigt wären. Dem Senat erschließt sich weiter nicht, inwiefern die Höhe der Attika Einfluss auf das Brandverhalten haben soll.
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b) Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass es ohne Relevanz sei, soweit sich die Antragsteller im Übrigen gegen die Begründung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss wenden. Der Antragsteller zu 2 sei vollständig und der Antragsteller zu 1 zumindest teilweise erfolgreich gewesen. Deshalb seien die entsprechenden Ausführungen jedenfalls im vorliegenden Beschwerdeverfahren, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf den Vortrag der allein rechtsmittelführenden Beigeladenen beschränkt sei, ohne Relevanz. Jedoch muss das Beschwerdegericht die Beschwerde auch dann zurückweisen, wenn die nach § 146 Satz 3 VwGO dargelegten Gründe zwar sachlich zutreffend Kritik an den Gründen des angefochtenen Beschlusses üben, eine darüber hinausgehende Prüfung der Sache aber ergibt, dass der angefochtene Beschluss im Ergebnis richtig wäre (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 146 Rn. 29b). Für den Senat ist auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vortrags der Antragsteller nicht ersichtlich, dass die Interessenabwägung hinsichtlich der Baugenehmigung im Übrigen ergibt, dass sie zu ihren Gunsten ausfallen würde.
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c) Die Antragsteller behaupten, dass die Festsetzungen im Bebauungsplan in Bezug auf Baugrenzen nachbarschützend seien. Der Senat geht mit dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass grundsätzlich keine Vermutung für die nachbarschützende Wirkung der Festsetzung überbaubarer Grundstücksflächen spricht. Vielmehr bedarf es insoweit einer einzelfallbezogenen Auslegung (vgl. bereits BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8.84 – juris). Denn die Festlegung überbaubarer Grundstücksflächen kann allein städtebaulichen und damit objektiv rechtlichen Zielsetzungen dienen. Es müsste sich aus dem Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung ergeben, dass der Nachbar geschützt sein soll. Nur in diesen Fällen können Baugrenzen als nachbarschützend angesehen werden (vgl. BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 2 ZB 13.2011 – juris). Die Antragsteller behaupten, dass es bei der Festsetzung der Baugrenze um den Schutz der landwirtschaftlichen Fläche gegen Beschattung, die ungehinderte Nutzung und Befahrung durch landwirtschaftliche Maschinen, sowie die Ertragssicherung gehe. Für den Senat ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit sich diese Zielsetzungen aus dem Bebauungsplan selbst oder aus der Begründung des Bebauungsplans ergeben sollen, so dass die Festsetzung auch zum Schutz eines bestimmbaren und sich von der Allgemeinheit abgrenzenden Personenkreises gedacht sein soll.
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d) Hinsichtlich der Bestimmtheit der immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen der Baugenehmigung ist auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 14. Dezember 2022 zu verweisen. Bei der Frage, welche Richtwerte an welchen im einzelnen genannten Immissionsorten zulässig sind, kann auf ein schalltechnisches Gutachten und dort enthaltenen Werte Bezug genommen werden. Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, dass der Antragsgegner den Bedenken der Antragsteller bis zur Entscheidung der Hauptsache durch eine Bestimmung von Immissionsrichtwerten in der Baugenehmigung nachkommen kann.
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e) Die Bedenken der Antragsteller hinsichtlich der Bestimmtheit der Auflage 1.9.3 führen nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Nach dieser Bestimmung bedürfen zusätzliche schallemittierende Anlagenteile der vorherigen schallimmissionsschutzfachlichen Überprüfung und sind nur zulässig, sofern im Rahmen dessen die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden kann. Dabei handelt es sich um keine Auflage im Rechtssinn. Durch eine Auflage wird dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben (Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG). Die Bestimmung enthält letztlich nur einen klarstellenden Hinweis und stellt daher keine selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnung dar.
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f) Das Vorhaben erweist sich im Hinblick auf die Immissionsbelastung den Antragstellern gegenüber voraussichtlich nicht als rücksichtslos. Auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller nicht aufgezeigt, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Antragsteller FlNr. … realistischerweise – erforderlichenfalls auch bei Erlass (weiterer) nachträglicher Auflagen bzw. Klarstellungen im Bescheid – nicht eingehalten werden könnten. Nachdem sich das Grundstück der Antragsteller in einer Randlage zum Außenbereich befindet, ist es nicht zu beanstanden, dass die immissionsschutzfachliche Bewertung auf der Grundlage der Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet ergangen ist. Dass im Regel- bzw. Trainingsbetrieb unter der Woche Überschreitungen der Richtwerte zu befürchten sind, ist auch im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich. Der vom Gutachter (S. 14 der Immissionsprognose) ermittelte höchste Pegel beträgt 44,5 dB(A) und liegt damit mehr als 10 dB(A) unter dem Richtwert von 55 dB(A). Der Senat teilt auch im Übrigen die Auffassung des Verwaltungsgerichts (BA S.18).
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Die übrigen von den Antragstellern bzw. des von ihnen eingeschalteten Sachverständigen geäußerten Kritikpunkte sind im Hauptsacheverfahren näher aufzuklären, so dass die Erfolgsaussichten der Klage insoweit als offen anzusehen sind. Auch im Beschwerdeverfahren ist die Nachholung der Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht im Rahmen des Verfahrens unzweckmäßig, denn sie erfordert längerdauernde Ermittlungen, deren Vorname dem Wesen eines Verfahrens nach §§ 146, 80 Abs. 5 VwGO, das dem Nachbarn vorläufigen Rechtsschutz gewähren soll, nicht entspricht. Der Senat verweist diesbezüglich auf die Hinweise des Erstgerichts (BA S. 19 ff.).
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g) Soweit die Antragsteller einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme unter dem Blickwinkel der Verschattung ihrer Photovoltaikanlage geltend machen, erweist sich das Vorhaben ihnen gegenüber voraussichtlich nicht als rücksichtslos. Sie behaupten eine Ertragseinbuße von bis zu 20%. Das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten (Verschattungsanalyse vom 25.4.2022) kommt zu wesentlich geringeren Ertragsminderungen von 4,1% pro Jahr. Eine Ertragsminderung in diesem Umfang ist nicht unzumutbar. Außerdem ging der Gutachter von einer Gesamthöhe von 9,5 m der Dreifachturnhalle aus. Angesichts der nunmehr reduzierten Gesamthöhe dürften sich die Ertragsminderungen nochmals reduzieren.
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h) Auch mit Blick auf das Niederschlagswasser ergeben die vorliegenden Stellungnahmen, dass sich das Vorhaben voraussichtlich nicht als rücksichtslos erweisen wird. Mit Blick auf das Hangwasser hat sich aus der Gefährdungsanalyse des IB Jellen ergeben, dass das Vorhaben nicht zu einer Verschärfung des Überflutungsrisikos der Nachbargrundstücke führt. Das Wasserwirtschaftsamt hat dies bestätigt (Stellungnahme vom 27.10.2022 (VGH-Akt 2 NE 23.284 S. 169). Der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) kommt besondere Bedeutung zu (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2023 – 9 BV 21.833 – juris m.w.N.). Das Niederschlagswasser von befestigten Flächen kann in einer Weise abgeleitet werden, die nicht zu einer Rücksichtslosigkeit gegenüber den Antragstellern führt.
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i) Soweit die Antragsteller geltend machen, die streitgegenständliche Genehmigung sei brandschutzrechtlich bedenklich, ist eine Verletzung einer nachbarschützenden Norm des Bauordnungsrechts nicht ersichtlich. Sie rügen, dass es sich bei dem Bau um eine Versammlungsstätte handle und dort die Anforderungen an den Brandschutz sowie die Berechnungskennzahlen höher und entsprechend zu berücksichtigen seien. Sie legen jedoch nicht dar, inwiefern die von ihnen zitierte Regelung (§ 5 VStättV) nachbarschützend sein könnte. Zwar enthält die Bayerische Bauordnung in ihrem Art. 28 (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO) besondere abstandsbezogene Regelungen zum Brandschutz, die unter Umständen nachbarschützend sein können. Für den Senat ist jedoch nicht ersichtlich, dass diesbezüglich die Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt. Angesichts des Abstands zwischen dem Vorhaben und dem Gebäude der Antragsteller (über 20 m) hält der Senat die Bedenken der Antragsteller mit Blick auf ihr Anwesen auch für eher fernliegend.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt insoweit der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).