Inhalt

VG München, Beschluss v. 20.01.2023 – M 7 E 23.132
Titel:

Einstweilige Anordnung – Schonzeitverkürzung für Rehwild

Normenketten:
BayJG Art. 33 Abs. 5 Nr. 2
BJagdG § 22 Abs. 1
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Begehrt ein Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Regelung des Gerichts, welche - hier: Schonzeitverkürzung für Rehwild - auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache hinausläuft, sind besonders strenge Anforderungen an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu stellen (hier: bejaht). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wildschäden kommt das Gewicht eines besonderen Grundes nach dem Wortlaut der Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 S. 3 BJagdG nur zu, wenn übermäßige Wildschäden zu befürchten sind und diese durch die Verkürzung der Schonzeit vermieden werden können. Von einem übermäßigen Wildschaden ist auszugehen, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Umstand, dass auch eine 80% Abschusserfüllung im Hinblick auf die einen Dreijahreszeitraum umfassende Abschussplanung für das einzelne Jagdjahr als ausreichend erachtet werden kann, lässt nicht den Rückschluss zu, dass ab einer Abschussquote von 80% die Erforderlichkeit weiterer Abschüsse im Hinblick auf die bestmögliche Vermeidung übermäßigen Wildschadens entfiele. Das Abschlussplanwesen reguliert den Wildbestand nur in Art und Menge. Es regelt hingegen nicht den konkreten Zeitpunkt des Abschusses während des Planungszeitraums. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schonzeitverkürzung, Rehwild, einstweilige Anordnung, Wildschäden, übermäßiger Wildschaden, Abschusserfüllung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1086

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, im Eigenjagdrevier des Antragstellers, EJR von …, Nr. 412 der Hegegemeinschaft P., die Schonzeit für weibliches Rehwild bis 31. Januar 2023 sowie für Kitze bis 15. Februar 2023 aufzuheben.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufhebung der Schonzeit für weibliches Rehwild und Kitze in der Zeit vom 16. Januar bis zum 15. Februar 2023, welche ihm vom Landratsamt L. … (im Folgenden: Landratsamt) mit Bescheid vom 20. Dezember 2022 versagt wurde.
2
Der Antragsteller ist Inhaber des im Bereich der Hegegemeinschaft … belegenen Eigenjagdreviers von … - Revier-Nr. 412 (im Folgenden: EJR v. …). In diesem Eigenjagdrevier übt er die Jagd eigenverantwortlich aus und betreibt auf den Flächen des Eigenjagdreviers einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.
3
Bereits im Januar 2019 und erneut im Januar 2021 hatte der Antragsteller eine Jagdzeitverlängerung für weibliches Rehwild und Kitze bis zum 31. Januar des jeweiligen Jagdjahres beantragt, da aus Gründen des Klimawandels und des hohen Freizeitdrucks der Abschuss von Rehwild im jeweiligen Jagdjahr noch nicht habe erfüllt werden können. In einem reinen Waldrevier sei die Bejagung trotz hervorragenden Verbissgutachtens sehr schwierig, vor allem, wenn die Jagdpächter der angrenzenden Reviere ihren Abschuss zu niedrig hielten. Das Revier fülle sich daher regelmäßig im Winter durch Zuzug von außen. Er sei gezwungen, den gesetzlichen Abschuss zu erfüllen, da sich die Verbisssituation im Winter verschärfe. Zudem seien Neuaufforstungen mit standortgerechten Laubbäumen mit staatlichem Zuschuss gepflanzt worden. Um eine weitere vorbildhafte Verbisssituation für die nächsten Jahre zu gewährleisten, werde die Abschussverlängerung beantragt. Die Anträge waren mit Bescheiden des Landratsamts vom 22. Januar 2019 und vom 21. Januar 2021 abgelehnt worden, da jagdliche und forstliche Aspekte, die einen besonderen Grund für die Schonzeitaufhebung darstellen könnten, nicht ersichtlich gewesen seien. Gegen die Ablehnungsbescheide hatte der Antragsteller jeweils Klage erhoben (M 7 K 19.790 und M 7 K 21.847) und am 10. Januar 2022 beim Landratsamt erneut einen Antrag (mündlich ergänzt bei der Ortseinsicht am 21. Januar 2022) auf entsprechende Schonzeitaufhebungen gestellt. In der Folge hatte das Landratsamt mit Bescheid vom 21. Januar 2022 u.a. im Eigenjagdrevier des Antragstellers die Schonzeit für weibliches Rehwild bis 31. Januar 2022 und für Kitze bis 15. Februar 2022 aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass mittlerweile Verschlechterungen der Verbisssituation eingetreten seien. Die aktuellen ergänzenden Revierweisen Aussagen des Forstlichen Gutachtens 2021 bestätigten dies (bislang Einwertung günstig, nunmehr nur noch tragbar). Beispielsweise die europäische Lärche und Douglasien müssten überwiegend geschützt werden. In Teilen sei erheblicher Verbiss an naturverjüngten Laubhölzern festzustellen. In den vergangenen Jahren sei die Jagdzeitverlängerung mit Begründung auf die günstige Verbisssituation abgelehnt worden. Die dagegen gerichteten Klagen seien vor dem Verwaltungsgericht anhängig. In der Verhandlung am 1. Dezember 2021 habe die zuständige Kammer den Beteiligten den Hinweis gegeben, dass nicht lediglich auf die Situation im betroffenen Revier abzustellen sein dürfte, sondern auch auf einen weiteren Umgriff. Zudem seien die konkreten Feld-/Waldverhältnisse zu berücksichtigen sowie die Schonzeitverkürzungen als Präventivmaßnahme in Betracht zu ziehen. Schäden müssten nicht bereits eingetreten sein. Die Untere Jagdbehörde habe deshalb den neuen Antrag im größeren Umgriff geprüft und nunmehr auch die forstliche Situation in den mit dem Revier des Antragstellers im Zusammenhang stehenden Bereichen in der Hegegemeinschaft … sowie in den angrenzenden Bereichen im Landkreis A.-F. (Hegegemeinschaft …) und im Landkreis F. (Hegegemeinschaft …) berücksichtigt. Die Stellungnahmen bescheinigten den Revieren in den angrenzenden Bereichen eine zu hohe oder deutlich zu hohe Verbissbelastung und befürworteten grundsätzlich die Jagdzeitverlängerung. Die Untere Jagdbehörde habe sich deshalb für das „Modellprojekt Jagdzeitverlängerung Rehwild … Wälder“ (im Folgenden: „… Modell“) entschlossen. Aus Sicht des Kreisjagdberaters und der Unteren Jagdbehörde mache die Jagdzeitverlängerung im Revier des Antragstellers nur Sinn, wenn auch die Reviere im Umgriff ebenfalls eine Jagdzeitverlängerung erhielten, um den Zustrom in die Reviere des Antragstellers zu begrenzen. Unter dem 11. Juli 2022 hatte das Landratsamt dem Gericht zu den Verfahren M 7 K 19.790 und M 7 K 21.847 die Erfahrungsberichte zu den Schonzeitverkürzungen im Januar und April 2022 vorgelegt. Aus dem EJR v. … und dem GJR … sei für Januar gemeldet worden, dass drei sehr erfolgreiche Drückjagden durchgeführt worden seien. Es hätten 15 Stück Rehwild zur Strecke gebracht werden können. Im Februar seien keine Drückjagden mehr gemacht worden. Da nur noch Kitze hätten erlegt werden dürften, sei die Gefahr von Fehlabschüssen zu groß gewesen. Es werde angeregt, auch Geißen im Februar erlegen zu lassen. Es habe sich gezeigt, dass der Zuzug von Rehwild im Januar und Februar massiv stattfinde. Aus diesem Bericht und den aus den weiteren Revieren mitgeteilten Erfahrungsberichten für Januar, die nach eigenen Angaben jeweils keinen nennenswerten Jagderfolg während der Jagdzeitverlängerung hätten feststellen können, ergebe sich für das Landratsamt zusammenfassend folgendes Bild: Im EJR v. … und GJR … habe ein großer Jagderfolg realisiert werden können. Der Geißenabschuss im Januar werde, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Föten im Mutterleib, kritisch gesehen (auf die Brunft im Juli und August folge eine Eiruhe bis zum Jahresende; erst dann entwickle sich die befruchtete Eizelle weiter, bis im Mai oder Juni i.d.R. zwei Kitze gesetzt würden). Die Gemeinschaftsjagdreviere …, …-Nord und … b. … hätten keinerlei positive Aspekte oder Verbesserung in der Jagd durch dieses Modellprojekt erkennen und realisieren können. In der gemeinsamen mündlichen Verhandlung der Verfahren M 7 K 19.790 und M 7 K 21.847 am 13. Juli 2022 hatte der Antragsteller die gegen die Bescheide aus den Jahren 2019 und 2021 jeweils erhobenen Klagen zurückgenommen.
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Mit E-Mail vom 11. April 2022 beantragte der Antragsteller beim Landratsamt, für die nächsten Jahre das „… Modell“ wie im Bescheid vom 26. Januar 2022 für die dort aufgeführten Reviere stattgegeben, beizubehalten sowie ergänzend für die nächsten Jahre für diese Reviere die Schonzeit für Schmalrehe und Rehböcke vom 1. April 2023 bis 30. April 2023 und der folgenden Jahre aufzuheben. Der Erfolg in Bezug auf die Naturverjüngung in den Modellrevieren könne nur nach ein paar Jahren und vor allem durch körperlichen Nachweis (zwei Fotos) kontrolliert werden - in Übereinstimmung mit den Abschussmeldungen. Außerdem könnten die Jagdmethoden dahingehend geändert werden, dass durch mehr Drückjagden, wenn das Wild im Wald und nicht auf den Feldern sei, der Abschuss erfüllt werden könne. Mit E-Mail vom 7. Juli 2022 wurde der Antrag dahingehend konkretisiert, dass für die Reviere Gemeinschaftsjagdrevier …, Revier-Nr. 129 (im Folgenden: GJR …- …), und EJR v. … eine Jagdzeitverlängerung für das Jagdjahr 2022/2023 - weibliches Rehwild und Kitze bis 15. Februar 2023 sowie ab 1. April 2023 Bock und Schmalreh - beantragt werde. Die Verbisssituation in beiden Revieren habe sich nicht verändert, wie beim Begang mit der Regierung erkannt worden sei. In der Landwirtschaft werde weiter Gründüngung bis in den Februar stehengelassen, sodass das Rehwild hauptsächlich auf der Feldflur lebe. Eine Bejagung sei dort aus Sicherheitsgründen (Flachland - kein Kugelfang) unmöglich im Hinblick auf Spaziergänger. Um den Abschuss erfüllen zu können, sei die Abschussverlängerung notwendig, wie die Erfahrung gezeigt habe, da das Rehwild im Januar/Februar je nach Witterung und der landwirtschaftlichen Bearbeitung der Grünflächen sich in den Wald umstelle. Dann entstünden Verbissschäden an den Forstpflanzen. Wegen der Klimaerwärmung fingen die Böcke schon Ende März an zu verfegen. Deswegen sei es dringend notwendig, ab April Böcke und Schmalrehe zu bejagen.
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Auf entsprechende Anfragen des Landratsamts an die Fachbehörden teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden: AELF) … mit E-Mail vom 27. September 2022 mit, dass die Revierweisen Aussagen zur Situation der Waldverjüngung von der Forstbehörde nur alle drei Jahre im Rahmen des Forstlichen Gutachtens erstellt würden. Das nächste Forstliche Gutachten stehe im Jahr 2024 an. In jüngerer Zeit hätten außerplanmäßige Revierbegänge mit Beteiligung der Forstbehörde in den betroffenen Jagdrevieren nicht stattgefunden. Die Schonzeitverkürzung im Rahmen des „… Modells“ sei erstmals zu Beginn dieses Jagdjahres praktiziert worden. Es sei kaum anzunehmen, dass der dadurch eventuell getätigte Mehrabschuss sich bereits ein knappes halbes Jahr später sichtbar auf die Waldverjüngung auswirke. Im günstigsten Fall könnten nach Ablauf eines Jagdjahres erste Veränderungen beobachtet werden. Die Untere Naturschutzbehörde teilte mit E-Mail an das Landratsamt vom 10. Oktober 2022 mit, dass aus naturschutzfachlicher Sicht nichts gegen die Jagdzeitverlängerung in den Gebieten GJR … und EJR v. … spreche. Auf telefonische Rückfrage des Landratsamts vom 13. Oktober 2022 wurde von dort mitgeteilt, dass auch nichts für die Jagdzeitverlängerung spreche. Das AELF … teilte mit E-Mail vom 21. Oktober 2022 mit, dass sich in den angrenzenden Jagdrevieren des eigenen Zuständigkeitsbereichs die Verbisssituation nicht merklich verändert, insbesondere nicht verbessert habe.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom 28. Oktober 2022 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag insgesamt abzulehnen. Am Verfahren seien das AELF in … und …, die Untere Naturschutzbehörde und die Kreisjagdberater beteiligt worden. Darüber hinaus habe sich der Jagdbeirat beim Landratsamt in seiner Sitzung am 27. September 2022 eingehend mit der Thematik befasst. Eine Beteiligung der Hegegemeinschaft sei mangels Vertreters nicht möglich, solle aber nach Neuwahl nachgeholt werden. Beide AELF hätten in ihren Stellungnahmen übereinstimmend mitgeteilt, dass sich eine Veränderung der Verbisssituation durch die Verlängerung der Jagdzeiten im „… Modell“ noch nicht eingestellt habe. Die Untere Naturschutzbehörde habe mitgeteilt, dass aus naturfachlicher Sicht nichts für oder gegen die Verlängerung der Jagdzeiten spreche. Die Kreisjagdberater und der Jagdbeirat seien einstimmig der Ansicht, dass dem Wild die Ruhezeit in den Wintermonaten nicht weggenommen werden sollte. Die Drückjagden im Dezember und Anfang Januar seien jeweils sehr erfolgreich, jedoch sollte das Wild danach seine Ruhe haben. Einhellig bestehe dort auch die Auffassung, dass das Abschuss-Soll bis zum 15. Januar zu erreichen sei, soweit während des vorhergehenden Jagdjahres ordnungsgemäß vorgegangen worden sei. Die Schonzeit ab dem 15. Januar werde daher als zwingend erforderlich angesehen und deshalb sei eine Verlängerung der Jagdzeit nicht angezeigt. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Hierzu nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 3. November 2022 im Wesentlichen dahingehend Stellung, es sei - zumindest in den Revieren des Antragstellers - schlicht falsch, dass im November und Dezember effektive Drückjagden durchgeführt werden könnten. Der Freizeitdruck sei nach wie vor so hoch, dass die Drückjagden geringe Strecken hervorbrächten. Diese würden durchgeführt werden, doch mit bereits zu erwartendem mäßigem Erfolg. Die angemeldeten Wildschäden und die Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens dokumentierten den Handlungsbedarf. Das AELF sehe ebenfalls noch keinen Rückgang der Schäden. Der Einfluss der Landwirtschaft mit den zunehmenden Gründungsflächen bis in den Februar hinein oder auch der lange stehende Körnermais halte das Wild in der Feldflur. Erst im Spätwinter/Vorfrühling ziehe es in die Wälder bzw. nehme im Wald wieder den regelmäßigen Einstand. Das sei die sensibelste Zeit, da die Pflanzen im Wald gerade jetzt ihre Knospen schöben - ein „gefundenes Fressen“ für das Rehwild und ein massiver Schaden für den Wald und Waldbesitzer. In diesem Moment sei es wichtig, die ersten verbissschutzwirksamen Abschüsse zu tätigen. Auch die klimatischen Verhältnisse hätten sich nicht weiter verändert. Ein früher Laubaustrieb sei zu erwarten, weshalb ab Mai und der regulären Jagdzeit im Wald sich die Jagdbedingungen wieder verschlechtern würden. Das „… Modell“ sei wegweisend gewesen aus jagdlicher und forstlicher Sicht. Selbstverständlich könnten nach lediglich einem Jahr Laufzeit keine sichtbaren Ergebnisse vorliegen. Nicht ohne Grund erfolge die Aufnahme bzw. Erstellung des Forstlichen Gutachtens in einem Turnus von drei Jahren. So sei das „… Modell“ zu Beginn auch angelegt gewesen, um belastbare Ergebnisse zu erzielen und auch die Beteiligten in der Sache zu befrieden. Dieses sei über mehrere Jahre durchzuführen, da die Reduzierung von Rehwild und der Rückgang des Verbisses nicht in einem Jagdjahr zu erreichen seien. Das Gegenteil sei jetzt der Fall. Ohne Not werde der parallele Referenzzeitraum des Modells zum Vegetationsgutachten aufgegeben und die einmalige Chance vertan, belastbare Ergebnisse für die Zukunft zu generieren und dem Wald konkret zu helfen. Die vom Antragsteller angemeldeten Verbisschäden in …-Nord und …-Süd beliefen sich bis 1. Oktober 2022 auf mehr als 4.000,- Euro.
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Mit Schreiben des Landratsamts an den Antragsteller vom 17. November 2022 wurde u.a. mitgeteilt, dass die Auswertung der Streckenlisten 2020/2021 und 2021/2022 ergeben habe, dass in den anderen Revieren des „… Modells“ im Jagdjahr 2020/2021 die monatlichen Erlegungen in der Zeit vom 1. September bis zum 15. Januar zahlenmäßig ähnlich wie in den Revieren des Antragstellers erfolgt seien. Im Jagdjahr 2021/2022 seien die Zahlen aus den anderen Revieren hingegen deutlich abweichend von den monatsbezogenen Strecken des Antragstellers und mit Ausnahme von …-Nord vergleichbar den Vorjahreszahlen. Um feststellen zu können, was genau zu der zeitlichen Verschiebung der Abschüsse in den Revieren EJR v. … und GJR … geführt habe, werde eine Aufstellung der durchgeführten Jagden im Winter in den beiden Revieren und den jeweiligen Ergebnissen benötigt. Zudem werde um Ausführung gebeten, warum aus Sicht des Antragstellers der Freizeitdruck im Zeitraum vom 1. November bis 15. Januar in dessen Revieren vom Freizeitdruck in den anderen Revieren abweiche und was sich nach dem 15. Januar diesbezüglich ändere. Unklar bleibe in den Ausführungen des Antragstellers zudem, weshalb eine Bejagung der Rehe in der Feldflur, wo sie sich nach dessen Angaben aufhielten, nicht den gleichen Effekt wie eine Jagdzeitverlängerung erzielen könne. Auch könnten sich die Mitarbeiter des AELF, die sich fortlaufend in der Fläche befänden, durchaus ein Bild von der Lage machen. Die Kreisjagdberater seien auch bereits mehrfach, zuletzt im Dezember 2021, beim Antragsteller gewesen. Der Antragsteller führe selbst aus, dass sich an der Situation gegenüber dem Vorjahr nichts grundlegend verändert habe. Es werde konkret um die Angabe gebeten, welche Stellen in den Revieren zu besichtigen wären, die einen grundlegend anderen Eindruck der Situation zu den bisherigen Begängen in den letzten Jahren ergäben. Darüber hinaus werde um Vorlage der aktuellen Streckenlisten A für die beiden Reviere EJR v. … und GJR … gebeten.
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Hierauf erwiderte der Antragsteller mit Schreiben vom 1. Dezember 2022 und führte im Wesentlichen aus, in der EJ … (150 ha nur Wald) und dem GJR … (77 ha Wald, 500 ha Feld) sei seit Jahren ein Abschuss von 60 Stück nach Abschussplan zu erbringen. Durch die Klimaerwärmung sei man gezwungen, den Fichtenwald durch standortgerechte, tiefwurzelnde Baumarten zu ersetzen. Die hohen Abschusszahlen würden von der JG … und vom AELF unterstützt. Die Abschusszahlen in den angrenzenden Revieren …-Nord und …-Süd stelle man in Frage, da die Jagdreviere des Antragstellers sich jedes Jahr durch Zuzug von Rehwild aus den angrenzenden Revieren …, …, …-Nord und …-Süd wieder auffüllten. Deshalb werde beantragt, das „… Modell“ mit körperlichem Nachweis für weitere Jahre mit Jagdbeginn zum 1. April und Jagdverlängerung bis 15. Februar fortzuführen. In der Gemeindejagd … habe man dieses Jahr bei Neupflanzungen der Hauptbaumarten über 4.000,- Euro Schaden feststellen müssen. Zum Abschuss der Böcke in der EJ … (körperlicher Nachweis) im April - um Schaden an den gepflanzten Forstkulturen und an der Naturverjüngung zu verhindern - werde festgestellt, dass dieser ausschließlich im April möglich gewesen sei. Denn ab Mai sei das Rehwild bereits in die schon blühenden Rapsfelder in der Feldflur (frühe Blüte aufgrund der Klimaerwärmung) gezogen. Dennoch sei erheblicher Schaden im vierstelligen Bereich festzustellen gewesen. Dies alles sei dokumentiert durch den Begang der Obersten Jagdbehörde am 21. März 2022. Im GR … und in der EJ … müssten in den nächsten Jahren auf den in diesem Jahr entstandenen Kalamitätsflächen wieder teure Aufforstungen und Nachbesserungen vorgenommen werden. 25% des Abschusses habe während der Jagdzeitverlängerung bis 15. Februar im Jagdjahr 2021/2022 durch Drückjagden erfüllt werden können. Der körperliche Nachweis liege durch Fotos vor. Der Stand der Abschusszahlen sei für die EJ … 13 Stück, für das GJR … 7 Stück. Das Ergebnis der Drückjagden im Herbst 2022 im Wald belaufe sich auf 2 Stück Rehwild am 14. Oktober 2022 und 3 Stück Rehwild am 20. November 2022. Insgesamt stehe sehr wenig Rehwild im Revier. Aus Sicherheitsgründen könne auf den flachen Feldern um den Wald herum das Rehwild nicht beschossen werden, da sich zu jeder Tageszeit Menschen dort aufhielten und bewegten. Nachts seien auf der Wärmebildkamera das Rehwild und die Wildschweine in den Gründüngungen zu erkennen. Der Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids werde bis spätestens 12. Dezember 2022 beantragt.
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Mit Schreiben an das Landratsamt vom 20. Dezember 2022 bestellte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers und führte ergänzend aus, seit der letzten Klage hätten verschiedene Ortstermine stattgefunden, u.a. mit der Regierung von Oberbayern am 21. März 2022. Dabei und bei weiteren Außenaufnahmen seien massive Schäden in den Forstkulturen des Antragstellers festgestellt worden. Jagdliches Handeln sei daher dringend geboten, um die Kulturen zu retten und den Wildbestand auf einem erträglichen Maß zu halten. Dies müsse in der sensiblen Jahreszeit, bei der das Wild in den Wäldern stehe und dort zur Nahrungsaufnahme Knospen verbeiße, geschehen. Das Landratsamt wurde aufgefordert, nunmehr unverzüglich über die Anträge des Antragstellers zu entscheiden.
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Mit Bescheid vom 20. Dezember 2022 wurde der Antrag auf Aufhebung der Schonzeit für weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze im Eigenjagdrevier von … für die Zeit vom 16. Januar 2023 bis zum 15. Februar 2023 abgelehnt (Nr. 1). Kosten wurden keine erhoben (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Jagd auf Geißen, Schmalrehe und Kitze dürfe nur bis zum 15. Januar des Jahres ausgeübt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes - AVBayJG). Außerhalb der Jagdzeit sei Wild mit der Jagd zu verschonen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BJagdG). Die Jagdbehörde könne Einzelfallanordnungen treffen, um gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdreviere aus besonderen Gründen, insbesondere zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, die Schonzeiten aufzuheben (Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 BayJG). Hierbei müsse noch kein Schaden entstanden sein. Die Aufhebung könne auch präventiv erfolgen. Weiterhin sei nicht auf das einzelne Revier abzustellen, sondern ein größerer Umgriff zu machen. In den beiden Jagdrevieren des Antragstellers sei aus der Auswertung der Streckenlisten klar ersichtlich, dass die Abschüsse, die in früheren Jahren in der regulären Jagdzeit erfolgt seien, im Jagdjahr 2021/2022 nunmehr in die Zeit der Schonzeitaufhebung fielen. Nicht zu klären sei, ob es tatsächlich daran liege, dass zur regulären Jagdzeit sich die Rehe auf der flachen Feldflur aufhielten oder ob die Jagdbemühungen sich zeitlich verlagert hätten. Die Nachfrage der Unteren Jagdbehörde hierzu sei nicht beantwortet worden. Jedoch sei festzuhalten, dass sowohl die landwirtschaftlichen Begebenheiten wie auch die Problematik einer flachen Topographie und einer hohen Belastung der freien Natur durch Freizeitaktivitäten im Landkreis … … … nicht nur in den beiden Jagdrevieren des Antragstellers vorlägen. Sowohl im kompletten Bereich des eiszeitlichen Flussbettes des Lechs sowie auf dem gesamten Lechfeld nördlich von … finde sich dieselbe Problematik. Dort sei es trotzdem möglich, die Rehe zu bejagen und den Abschussplan zu erfüllen, ohne dass es eines Zuwartens bedürfe bis das Rehwild sich in den Forst zurückziehe. Darüber hinaus führe der Antragsteller aus, dass das Rehwild nach Ende der regulären Jagdzeit, die in anderen Revieren genutzt werde, um insbesondere im Rahmen von Drückjagden den Abschuss zu erzielen, bei ihm zuwandere und sich im Forst niederlasse. Eine dann weitergehende Bejagung würde dazu führen, dass die Tiere, welche ihren Aktivitätszyklus herabgefahren hätten und mit der Entwicklung ihrer i.d.R. zwei Föten beschäftigt seien, aus dieser Ruhe hochgescheucht würden und die Aktivität wieder hochgefahren werde und damit auch ein erhöhter Nahrungsbedarf bestehe. Dies zeigten bspw. die Erkenntnisse des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Im Winter würden Rehe weniger fressen, die Darmpassage verlängere sich. Das Pansenvolumen verringere sich um 20%, die Leber verkleinere sich um 1/3. Der Energiebedarf sinke im Vergleich zum Sommer um 50%. Daher sei es aus wildbiologischer Sicht erforderlich, dass die Geißen bis 1. September und die zu Schmalrehen werdenden Kitze bis 1. Mai von der Jagd verschont würden. Im Monat Mai habe das Schmalreh in allen Bundesländern Jagdzeit. Der 1. Mai sei der traditionelle Beginn der Rehwildjagd. Der Schmalreh- und Jährlingsabschuss zu diesem frühen Zeitpunkt könne ein gutes Mittel zur raschen und effektiven Abschussplanerfüllung sein. Das Schmalwild werde Ende April/Anfang Mai von den Ricken „weggebissen“, sodass die relativ unerfahrenen Stücke gut sichtbar an allen möglichen Stellen des Reviers auftauchten. Der Aufwand, um den nötigen Abschuss in der Altersklasse der Schmalrehe und Jährlinge zu erfüllen, sei im Mai also relativ gering. Außerdem ließen sich Schmalrehe im Mai noch sauber ansprechen und somit gezielt bejagen. Im Herbst und Winter, wenn ihr Körperbau fast vollständig dem einer Ricke gleiche, sei eine klare Unterscheidung häufig schwer. Vor allem für Jäger, denen die Kitzbejagung aus emotionalen oder Gründen der geringeren Verwertbarkeit schwerfalle, sei die Schmalrehbejagung im Mai daher das Mittel der Wahl, um beim weiblichen Rehwild ordentlich Strecke zu machen. Die Behauptung, dass in den umliegenden Jagdrevieren die Rehwildabschüsse, z.B. von November bis Mitte Januar hauptsächlich nur „auf dem Papier“ erfolgten, sei nicht nachgewiesen und daher ebenfalls nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu begründen. Die Aufhebung der Schonzeit vom 16. Januar bis 15. Februar sei somit weder angemessen noch erforderlich, um übermäßige Wildschäden zu vermeiden. Somit lägen keine besonderen Gründe i.S.d. Gesetzes für eine Aufhebung der Schonzeit vor.
12
Am 11. Januar 2023 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers im Hinblick auf die begehrte Schonzeitverkürzung für weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze im EJR v. … einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Unter dem Aktenzeichen M 7 K 23.131 ist zudem versehentlich ein Klageverfahren angelegt worden. Tatsächlich ist eine Klage in der Hauptsache bislang noch nicht erhoben worden.
13
Zur Begründung wird auf die Schreiben des Antragstellers an das Landratsamt vom 11. April 2022, 7. Juli 2022 und 3. November 2022 sowie auf das Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 20. Dezember 2022 verwiesen und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, bereits in den Jahren 2019 und 2021 seien vor dem Verwaltungsgericht München Klagen wegen einer Schonzeitverkürzung in den Revieren des Antragstellers geführt worden (Az. M 7 K 19.790 und M 7 K 21.847). Nach mehreren Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht seien diese Klagen im Juli 2022 zurückgenommen worden. Als Ergebnis während der laufenden Prozesse zu o.g. Aktenzeichen sei durch das Landratsamt das sog. „… Modell“ für verschiedene Gemeinschaftsjagdreviere und das Eigenjagdrevier des Antragstellers erlassen worden. Entsprechend sei mit Bescheid des Landratsamts vom 26. Januar 2022 (richtig wohl: 21. Januar 2022) in den genannten Revieren die Schonzeit für weibliches Rehwild bis 31. Januar 2022 und für Kitze zum 15. Februar 2022 aufgehoben worden. Dieses „… Modell“ sei in der Folge evaluiert worden. Auf das diesbezügliche Schreiben des Landratsamts an das Bayerische Verwaltungsgericht vom 11. Juli 2022 werde Bezug genommen. In seinem Ablehnungsbescheid teile das Landratsamt u.a. mit, beide AELF gingen in ihren Stellungnahmen übereinstimmend davon aus, dass sich eine Veränderung der Verbisssituation durch die Verlängerung der Jagdzeiten i.S.d. „… Modells“ noch nicht eingestellt habe. Dies sei der springende Punkt. Wie solle sich eine Verbesserung der Verbisssituation einstellen, wenn am 26. Januar 2022 für knapp drei Wochen eine Jagdzeitverlängerung gewährt werde - und dies lediglich für weibliches Rehwild bis zum 31. Januar 2022 und für Kitze bis 15. Februar 2022. Ernsthafte Schlussfolgerungen wären aus diesem „… Modell“ zu ziehen gewesen, wenn dieses für einen längeren Zeitraum, mindestens drei Jahre, beschieden worden wäre. Dies sei auch der Tenor der verwaltungsgerichtlichen Verhandlung im Juli 2022 zu o.g. Aktenzeichen gewesen. Denn innerhalb von 21 Tagen (26. Januar bis 15. Februar 2022) könnten nicht die Versäumnisse der zurückliegenden Jahre aufgeholt werden. Es bedürfe jagdlicher Vorbereitungen und Planungen. Allein hier lasse die Entscheidung des Landratsamts ein pflichtgemäßes Ermessen vermissen, da sie sich auf unzureichende Sachverhaltsermittlung aufgrund der zu kurzen Dauer des „… Modells“ stütze. Jedenfalls habe sodann am 21. März 2022 ein Ortstermin mit dem Jagdbeirat bei der Regierung von Oberbayern auf den Flächen des Antragstellers stattgefunden. Der dem Ortstermin zugezogene Forstsachverständige habe auf den begutachteten Flächen anlässlich des Ortstermins einen eingetretenen Schaden i.H.v. von 2.000,- bis 3.000,- Euro an den Forstkulturen aufgrund Wildverbisses bestätigt. Somit seien weitere und massive Verbissschäden festgestellt worden. Bis heute lägen dem Antragsteller allerdings weder eine Auskunft, Informationen noch ein Protokoll mit Empfehlungen von diesem Ortstermin vor. Vom Hörensagen sei bekannt, dass die Regierung von Oberbayern Empfehlungen im Sinne des Antragstellers an die Untere Jagdbehörde, also den Antragsgegner, geäußert habe. Zeitgleich mit dem Antrag dieser einstweiligen Verfügung werde ein Antrag auf Akteneinsicht bei der Regierung von Oberbayern gestellt. Mit Stand heute habe der Antragsteller den vorgesehenen Abschuss für das Jagdjahr 2022/2023 noch nicht erfüllt. Laut Abschussplan seien 40 Stück Rehwild zu erlegen. Tatsächlich habe er 33 Stück erlegen können. In der regulären Jagdzeit bis zum 15. Januar 2023 seien noch 7 Stück Rehwild zu erlegen. In der Zeit davor sei dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich gewesen: 1. hohe Beunruhigung im Revier durch Erholungssuchende, 2. warme Witterung ohne Frost und Schneeauflage aufgrund der Klimaveränderungen, was die Bejagung des Rehwilds im Winter erschwere, 3. die Situation in der Landwirtschaft mit umfangreichen Flächen zur Gründüngung und Zwischenfrucht (Auflage der EU-Agrarpolitik mit u.a. Förderprogrammen), die das Wild in die Offenlandschaft ziehen ließen und dort hielten; erst meist nach Ende der Jagdzeit ziehe das Wild dann wieder in die Waldbestände des Antragstellers und gehe dort zu Schaden. Insbesondere das Zusammenspiel von Klimamit Vegetationsveränderungen und die aktuellen Bestellungen in der Landwirtschaft mit den Verhältnissen in seinem Eigenjagrevier führten zu dem Effekt, dass der Antragsteller hohen Verbissdruck feststellen müsse, wenn das Wild nach Ende der Jagdzeit wieder hauptsächlich in seinen Waldflächen stehe. Denn das Revier verfüge über eine Jagdfläche von 146 ha, wovon 95% ausschließlich Waldflächen seien. Das Wild halte sich zur Jagdzeit überwiegend außerhalb des Reviers auf den äsungsreichen landwirtschaftlichen Flächen auf. Biete sich dort keine Äsung mehr, ziehe es wieder vermehrt in die Waldflächen des Antragstellers und dies meist in der Schonzeit ab 16. Januar. Dort weide es dann die ersten Sprößlinge der Forstkulturen und der Naturverjüngung ab. Aus diesen Gründen sei eine Verlängerung der Jagdzeit bzw. Verkürzung der Schonzeit dringend geboten. So seien im Revier des Antragstellers massive Verbissschäden bereits seit langer Zeit festzustellen. Außerdem weise eine Übersicht zu den ergänzenden Revierweisen Aussagen eine Verschlechterung in der Tendenz der Verbisssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers aus. Zwar werde die Verbisssituation als tragbar eingewertet, aber das sei und könne nicht im Interesse des Waldbesitzers und der Forstverwaltung sein. Die Situation bzw. die Rahmenbedingungen seien zu verbessern, um den Verbiss zurückzudrängen. Nichts anderes verfolge der Antragsteller. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG fordere, einen „standortgemäßen und möglichst naturnahen Zustand des Waldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ zu bewahren oder herzustellen“. Hilfsmittel und Weiser hierfür seien aufwendige Erhebungen durch das „Forstliche Gutachten“ mit Revierweisen Aufnahmen im dreijährigen Turnus. Reaktionsmittel zum Hinwirken auf einen angepassten Wildbestand und zum Erreichen des Abschusssolls seien deshalb Ausnahmeregelungen bei den Jagdzeiten, wie beantragt. In der Gesamtschau der Argumente müsse zur Abwehr von Wildschäden auch präventiv eine Aufhebung der Schonzeit für das Eigenjagdrevier des Antragstellers erfolgen. Wie das Landratsamt selbst in dem angefochtenen Bescheid erkennen lasse, sei nicht lediglich auf das einzelne Revier abzustellen, sondern ein größerer Umgriff zu machen. Dies sei der Kern des „… Modells“, in dem in verschiedenen Jagdrevieren mit einer Verlängerung der Jagdzeit die Verbisssituation verbessert habe werden sollen. Naturgemäß sei allerdings hierfür ein längerer zeitlicher Rahmen notwendig. Da der Antragsteller die Behörde nicht zur Verlängerung des „… Modells“ verpflichten könne, wolle er nun wenigstens in seinem Eigentum akzeptable Verhältnisse schaffen, den Verbissdruck senken und die Verbisssituation verbessern. Eine Verlängerung der Jagdzeit bzw. Verkürzung der Schonzeit auf weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze im Eigenjagdrevier von … für die Zeit vom 16. Januar bis zum 15. Februar 2023 sei somit sachgerecht und geboten. Denn im Vergleich zu einem gemeinschaftlichen Jagdrevier sei es dem Antragsteller als Eigentümer der Eigenjagd nicht möglich, Wildschaden geltend zu machen. Er sei Jagdausübungsberechtigter und Eigentümer in einer Person. Das Substitut des Wildschadenersatzes durch einen Jagdpächter stehe ihm nicht zur Verfügung. Im Ergebnis stünde der Waldbesitzer in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk besser, da er Wildschaden vom Jagdausübungsberechtigten ersetzt verlangen könne. Dies sei dem Eigentümer, der selbst Jagdausübungsberechtigter sei, wie hier der Antragsteller, verwehrt. Dies habe das Landratsamt in seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der wildbiologischen Argumente des Landratsamts werde allein auf die in anderen Bundesländern bestehenden Jagdzeiten auf Rehwild verwiesen. Danach sei grundsätzlich in fast allen Bundesländern (bis auf Bayern, Brandenburg und Thüringen) die Jagd auf Rehwild, wie hier in Rede stehend auf Geißen, Kitze und Schmalrehe, im gesamten Januar möglich. Darüber hinaus sei die Schonzeitverkürzung auf den 15. Februar 2023 aufgrund der anhaltenden Verbissschäden und deren Vermeidung geboten.
14
Der Antragsteller beantragt,
Die Schonzeit auf weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze endet in dem Eigenjagdrevier von … am 15.02.2023.
15
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
16
Zur Begründung wird zunächst auf die Verwaltungsakte, den Bescheid vom 20. Dezember 2022 sowie die vom Antragsteller vorgelegten Dokumente verwiesen und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei in der gestellten Form nicht zulässig. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Erlass einer Gerichtsentscheidung in der von ihm beantragten Form. § 22 Abs. 1 BJagdG räume der zuständigen Behörde Ermessen ein. Es bestehe somit „nur“ ein Anspruch des Antragstellers auf eine fehlerfreie, pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde. Ein „direkter“ Anspruch des Antragstellers auf Schonzeitaufhebung bestehe nicht. Dieses Recht der Behörde auf eigene Ermessensentscheidung sei grundsätzlich auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz durch das Gericht zu beachten. Bis auf wenige, im vorliegenden Fall jedoch nicht gegebene Ausnahmekonstellationen, dürfe auch das Gericht die Ermessensentscheidung der Jagdbehörde nicht durch eine eigene ersetzen. Der Antrag sei auch unbegründet, da eine einstweilige Anordnung nicht notwendig sei. Der Antragsteller trage zur Begründung seines Antrags vor, dass die Schonzeitaufhebung auch notwendig sei, um den Abschlussplan für das laufende Jagdjahr 2022/2023 zu erfüllen. Der Abschussplan für die Jagdjahre 2022/2023 bis 2024/2025 sehe für das Eigenjagdrevier des Antragstellers folgende Festsetzungen vor: Rehbock 11, Reh-Geiß/Schmalreh 62, Kitze 47, Gesamt 120. Dies ergebe rechnerisch (bzw. 80% im Rahmen der Flexibilisierung) folgendes Abschuss-Soll pro Jagdjahr: Rehbock 4 (3), Reh-Geiß/Schmalreh 21 (17), Kitze 16 (13), Gesamt 41 (33). Wie der Antragsteller selbst vortrage, habe er bereits 33 Stück Rehwild im laufenden Jagdjahr erlegt. Das entspreche 80% seines Abschuss-Solls für das Jagdjahr 2022/2023. Damit habe er nach der Flexibilisierungsregelung (80% bis 120%) das Abschuss-Soll für das laufende Jagdjahr bereits erfüllt. Für eine Aufhebung der Schonzeit bestehe aktuell somit kein Bedarf. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei ferner nicht notwendig, weil die Hauptsacheklage ganz offensichtlich keine Erfolgsaussichten habe. Das Landratsamt habe das „… Modell“, welches Schonzeitaufhebungen im Januar und im April zum Inhalt gehabt habe, nicht beendet. Jedoch habe die Evaluierung nach dem Ende des Jagdjahres 2021/2022 keine Tatsachen ergeben, die zur Überzeugung des Landratsamts geführt hätten, dass die Schonzeitaufhebung im Januar zur Reduzierung des Wildverbisses notwendig sei. Das Landratsamt sei der Auffassung, dass die Schonzeiten nur ausnahmsweise aufgehoben werden dürften. Die Auswertung des „… Modells“ habe ergeben, dass die anderen Teilnehmer überwiegend der Meinung seien, dass die Verkürzung der Schonzeit im Januar für die Erfüllung des Abschusses nicht unbedingt notwendig sei. Die vom Antragsteller vorgetragenen wild- und waldbiologischen Umstände im Zusammenhang mit den Klima- und Vegetationsveränderungen träfen alle Beteiligten am „… Modell“, wenn nicht sogar alle Jagdreviere, und nicht nur den Antragsteller und seien deshalb aus Sicht des Landratsamts kein Grund, eine Ausnahme von den Schonzeiten im Januar zu gewähren. Außerdem habe der Antragsteller - trotz mehrfacher Nachfragen des Landratsamts - nicht nachgewiesen, dass die ihm im Jagdjahr 2021/2022 erteilte Ausnahmegenehmigung dafür ursächlich gewesen sei, dass er sein Abschuss-Soll erfüllen habe können. Eine Ausnahme von den Schonzeiten sei auch aus wildbiologischen Gründen nicht vertretbar. Zur Verstärkung der Argumentation im Ablehnungsbescheid würden zwei aktuelle Artikel aus Fachzeitschriften vorgelegt. Prof. Dr. med. vet. R. … R. H. … fordere in seinem Artikel in der Zeitschrift „Jagd“, Ausgabe1/2023, S. 22 ff. ein Ende der Jagdzeit auf Rehwild am 31. Dezember. Er führe auch aus, dass derjenige Jäger, der seine Strecke bis zum 31. Dezember nicht erreicht habe, seine Jagdstrategie gründlich überdenken sollte. Der Autor sei Gründungsdirektor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung Berlin und Fachexperte für das Heintges-System. Dies sei ein Standardwerk für Jagdschüler zur Erlangung des Jagdscheins. Er sei damit durchaus als Kapazität auf diesem Gebiet zu bezeichnen. Prof. Dr. H.-D. P. setze sich in seinem Artikel in der Zeitschrift „P1.“, Ausgabe 01/23, www.p1..de/jagdpraxis/faktencheck-rehwildbejagung-imJanuar-36479, mit der Rehwildbejagung im Januar aufgrund von Fakten auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die Einhaltung der Jagdruhe ab Ende Dezember bis Mai dazu beitrage, dass trotz des Vorhandenseins von im Vergleich mehr Rehwild Wildschäden im Wald geringer würden. Der Antrag sei letztlich deswegen unbegründet, weil er das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache verletze. Eine einstweilige Anordnung im Rahmen der Verpflichtungsklage komme nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, z.B. dann, wenn der gebotene Rechtsschutz ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ermöglicht werden könne. Eine solche Ausnahme könne vorliegend schon deswegen nicht gegeben sein, weil eine einstweilige Anordnung bereits - wie ausgeführt - nicht notwendig sei.
17
Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2023 ergänzte der Bevollmächtigte des Antragstellers seinen Sachvortrag betreffend den Ortstermin am 21. März 2022 im EJR v. … und legte diesbezüglich die Stellungnahme des Regierungsjagdberaters vom 23. März 2022 sowie die Stellungnahme des überregionalen Jagdsachbearbeiters des AELF … vom 4. April 2022 vor. Laut dem Regierungsjagdberater sei eine alleinige Betrachtung des gestellten Antrages über den Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG mit Sicherheit nicht ausreichend und zielführend gewesen. Die gesetzliche Wertung aus dem Bayerischen Waldgesetz „Wald vor Wild“ hätte beachtet werden müssen. Schließlich sei durch die Entscheidung des Landratsamts auch nicht der Vorrang des Schutzes des Waldbesitzers gewahrt i.S.v. §§ 1, 21 BJagdG. Zusammenfassend befürworte auch der überregionale Jagdsachbearbeiter vom AELF … den Antrag des Antragstellers. Nach Auskunft der Regierung von Oberbayern seien diese beiden Stellungnahmen nicht an das Landratsamt weitergeleitet worden und hätten nur der internen Meinungsbildung gedient. Allerdings müsse beachtet werden, dass die Vertreter der Antragsgegnerin bei dem Ortstermin im März 2022 anwesend gewesen seien und die Aussagen vor Ort ebenfalls wahrgenommen hätten. Jedenfalls wären diese Ermittlungsergebnisse auf der Fläche in eine Beurteilung zur Entscheidung über den Antrag des Antragstellers einzubeziehen gewesen.
18
Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2023 erwiderte der Antragsgegner hierauf, eine Schonzeitaufhebung könne insbesondere zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden erfolgen. Es sei unbestritten, dass es im Revier des Antragstellers Wildschäden gebe. Diese seien umfassend dargelegt worden. Man sei jedoch aus wissenschaftlich nachvollziehbaren, wildbiologischen Gründen zu dem Ergebnis gelangt, dass die beantragte Schonzeitaufhebung nicht geeignet sei, übermäßige Wildschäden zu vermeiden. Vielmehr sei die Schonzeitaufhebung für die Jagd auf weibliches Rehwild und Kitze bis zum 15. Februar 2023 dagegen sogar geeignet, in Folge zu vermehrten Wildschäden beizutragen. In der Stellungnahme des AELF … werde insbesondere im Fazit auf den Lebensrhythmus des Rehwilds nach … verwiesen. Dieser weise für Geißen und Kitze ein Aktivitätsminimum von Dezember bis Ende Februar des Jahres aus. Hierzu werde aus dem bereits übersandten Aufsatz von Herrn Prof. Dr. P. … zitiert, wonach insbesondere Wildbiologen seit jeher forderten, die Jagd auf Wiederkäuer Ende Dezember zu beenden. Beherzige man Jagdruhe ab Ende Dezember und Jagdbeginn nicht vor Mai, gönne man also dem Wild die Winterruhe, dann würden auch trotz des Vorhandenseins von im Vergleich mehr Rehwild Wildschäden im Wald geringer. Diesbezüglich werde auch aus dem „Rehjagdkalender - altes Wissen aufgefrischt“ (https://jagd1.de/magazin/der-rehjagdkalender) zitiert, wonach der Morgenansitz in den Monaten November, Dezember und Januar deutlich erfolgversprechender sei. Abends kämen die Rehe erst sehr spät und seien damit nach den aktuellen jagdrechtlichen Möglichkeiten nicht bejagbar. Ausnahme bilde Schnee und Frost im Revier, wo auch an der Kirrung abends gute Erfolge erzielt werden könnten. Insgesamt sollte aber das Bestreben sein, spätestens Ende Dezember den Abschuss erfüllt zu haben, um dann die nötige Ruhe zu geben. Im Ergebnis komme der Antragsgegner daher, auch unter Betrachtung des Lebensrhythmus des Rehwilds nach …, aus wildbiologischer Sicht zu dem Ergebnis, dass die beantragte Schonzeitaufhebung gerade nicht geeignet sei, übermäßige Wildschäden zu vermeiden. Vielmehr bestünden begründete Tatsachen, die den Schluss zuließen, dass die Gewährung einer Schonzeitaufhebung zu einer Mehrung von Wildschäden führen könne. Daher bestehe kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Schonzeitaufhebung.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte in diesem Verfahren sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren M 7 K 19.790 und M 7 K 21.847 Bezug genommen.
II.
20
Der Antrag nach § 123 VwGO ist nach dem Rechtsschutzbegehren (vgl. § 88 VwGO) im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers dahin auszulegen, dass er die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Aufhebung der Schonzeit für weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze im beantragten Zeitraum in seinem Eigenjagdrevier begehrt.
21
Der so verstandene Antrag ist zulässig und überwiegend begründet.
22
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die Unzulässigkeit des Antrags auf Erlass der begehrten Regelungsanordnung i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht, wie der Antragsgegner meint, aus dem Umstand, dass die Entscheidung über Ausnahmen von der Schonzeit i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 2 BJagdG gemäß Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 BayJG in das Ermessen der Behörde gestellt ist. Dies steht dem Erlass einer Regelungsanordnung nicht per se und in einer bereits die Zulässigkeit des Antrags ausschließenden Weise entgegen. Zwar verhindert § 114 VwGO bei der Regelungsanordnung regelmäßig, dass das Gericht im vorläufigen Rechtsschutz das Verwaltungsermessen überspielt. Sind die Voraussetzungen für eine Hauptsachevorwegnahme aber ausnahmsweise erfüllt, so kann das Gericht nicht einfach mit Blick auf das Ermessen der Behörde den Antrag ablehnen. Denn dem Ermessen korrespondiert der Anspruch des Betroffenen auf eine fehlerfreie Ausübung des Ermessens, dessen vorläufige Regelung dringlich sein kann. In solchen Fällen einer zulässigen Vorwegnahme der Hauptsache muss das Gericht selbst die erforderliche und bisher unterlassene oder nicht fehlerfrei vorgenommene Abwägung vornehmen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66 m.w.N.).
23
Der Antrag ist im tenorierten Umfang begründet. Soweit der Antrag darüberhinausgehend auch auf eine Aufhebung der Schonzeit für weibliches Rehwild (Schmalrehe und Geißen) bis zum 15. Februar 2023 gerichtet ist, ist er unbegründet.
24
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2007 - 21 CE 07.1224 - juris Rn. 3). Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2010 - 11 CE 10.262 - juris Rn. 20 m.w.N.).
25
Das Antragsbegehren richtet sich vorliegend auf eine Regelung, die die Hauptsache - jedenfalls für eine beschränkte Zeit - vorwegnehmen würde. Denn der Antragsteller begehrt mit der einstweiligen Anordnung bereits die Verpflichtung des Antragsgegners, im EJR v. … die Schonzeit für weibliches Rehwild, Schmalrehe und Kitze im beantragten Zeitraum aufzuheben.
26
Begehrt ein Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Regelung des Gerichts, welche - wie hier - auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache hinausläuft, sind besonders strenge Anforderungen an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu stellen. Das Gericht kann nämlich grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Der Grundsatz des sog. Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache steht einer stattgebenden Entscheidung jedoch dann nicht entgegen, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung des grundrechtlich verbürgten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig ist. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dies gilt sowohl für Anfechtungswie für Vornahmesachen. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Beschwerdeführer mit seinen Begehren verfolgt. Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - juris Rn. 23 ff.). Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist mithin ausnahmsweise dann möglich, wenn der Anordnungsanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht, d.h. ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, oder - im Falle nicht abschließend zu beurteilender Erfolgsaussichten - die Folgenabwägung zu seinen Gunsten ausfällt. Zum anderen muss die einstweilige Anordnung notwendig sein, um schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile zu verhindern, welche auch durch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 123 Rn. 14; BVerwG in st. Rspr., z.B. B.v. 26.11.2013 - 6 VR 3.13 - juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 18.9.2018 - 21 CE 18.1100 - juris Rn. 20; B.v. 12.4.2018 - 21 CE 18.136 - juris Rn. 12; B.v. 27.11.2015 - 21 CE 15.2183 - juris Rn. 13, 16; B.v. 29.6.2007 - 21 CE 07.1224 - juris Rn. 5).
27
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller vorliegend im Hinblick auf eine Aufhebung der Schonzeiten für weibliches Rehwild (Schmaltiere und Geißen) bis zum 31. Januar 2023 sowie für Kitze bis zum 15. Februar 2023 - wie ihm bereits im Vorjahr i.R.d. sog. „… Modells“ durch das Landratsamt gewährt - sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch in einer den Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache genügenden Weise hinreichend glaubhaft gemacht.
28
Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hinreichend glaubhaft gemacht. Es wurde vom Antragsteller glaubhaft dargelegt, dass ein Abwarten einer Hauptsacheentscheidung für ihn schwere, unzumutbare und nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte.
29
Da die Schonzeit für Kitze und weibliches Rehwild in Bayern - von welcher der Antragsteller eine Ausnahme für das laufende Jagdjahr erreichen will - gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AVBayJG bereits am 16. Januar 2023 begonnen hat und eine Bejagung dieser Wildtiere mithin gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 BJagdG seit diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich ist, käme ein Hauptsacherechtsschutz im Hinblick auf den zeitlichen Horizont der beantragten Jagdzeitverlängerung von wenigen Wochen auch bei größter Beschleunigung zu spät. Dem Antragsteller bliebe eine weitere Reduzierung des Rehwildbestands im aktuellen Jagdjahr als Maßnahme zur Minimierung auftretender Verbissschäden ohne die Schonzeitverkürzung ohne den Eilrechtsbehelf letztlich versagt.
30
Dies hätte für den Antragsteller, der auf den Flächen seines Eigenjagdreviers einen forstwirtschaftlichen Betrieb führt, auch die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigende schwere, unzumutbare und nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge. Der Antragsteller macht insoweit glaubhaft geltend, dass aufgrund von revierspezifischen Besonderheiten das Rehwild vermehrt in der Schonzeit ab 16. Januar in seine Waldflächen zieht und dort die ersten Sprösslinge der Forstkulturen und der Naturverjüngung abweidet. Die durch übermäßigen Wildverbiss beschädigten Pflanzungen stellen dabei einen unwiederbringlichen Schaden dar, der allenfalls durch weitere Neupflanzungen mitigiert werden kann. Der dem Antragsteller daraus entstehende finanzielle Schaden ist auch von erheblichem Gewicht. So belaufe sich nach Angaben des AELF … im Revier des Antragstellers der Anteil an durch Schalenwild verbissenen Pflanzen nach Erhebungen des bei der Ortsbegehung am 21. März 2022 anwesenden Forstsachverständigen auf zwischen rund zwei Dritteln und rund 85%. Daraus ergebe sich ein wirtschaftlicher Schaden in erheblicher Höhe, der bei, durchaus im Bereich des Möglichen liegendem, Totalausfall die vom Sachverständigen errechneten rund 10.000,- Euro je Hektar erreichen könne. Dabei ist es dem Antragsteller auch nicht zumutbar, eine weitere Verschlechterung der Verbisssituation abzuwarten. Dem Antragsteller sind seit seinem ersten Antrag auf Schonzeitverkürzung im Jahr 2019 bereits erhebliche Schäden entstanden, mit der Folge, dass auch in der ergänzenden Revierweisen Aussage zum Forstlichen Gutachten 2021 eine Verschlechterung der Verbisssituation festgestellt wurde. Auch laut Stellungnahme des Regierungsjagdberaters vom 23. März 2023 sei anhand der gut erkennbaren und zeitlich zuordenbaren Sachereignisse deutlich geworden, wie weit der Waldumbau im Eigenjagdrevier des Antragstellers gestört und durch Rehwildverbiss unterbunden werde, insbesondere auf den so wichtigen Flächen mit Naturverjüngung mit jetzt schon zu erkennendem Totalausfall der Baumarten Eiche, Buche und Ahorn. Der o.g. Stellungnahme des AELF … zufolge, müsse festgestellt werden, dass die im letzten Jahr vom Antragsteller eingebrachten und sich natürlich verjüngenden Mischbaumarten an erheblichem, das forstlich tolerierbare Maß bei weitem übersteigenden Schalenwildverbiss litten. Auch infolge der Gewährung der Schonzeitverlängerung nach dem sog. „… Modell“ im Vorjahr ist nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien eine Verbesserung der Schadenssituation noch nicht feststellbar, sodass in Bezug auf das Eigenjagdrevier des Antragstellers noch immer von einer Unzumutbarkeit weiterer Schädigungen auszugehen ist. Der Antragsteller hat im aktuellen Jagdjahr noch nicht einmal das sich rechnerisch aus dem Dreijahresabschussplan ergebende jährliche Abschuss-Soll ausgeschöpft. Er hat aktuell 33 von 41 rechnerisch auf das Jagdjahr 2022/2023 entfallenden Stück Rehwild geschossen, mithin erst einen diesbezüglich anteiligen Abschuss von 80% erfüllt, sodass eine aktuelle weitere Reduzierung des Rehwildbestandes in seinem Revier auch vor diesem Hintergrund angezeigt ist.
31
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
32
Vorliegend spricht vieles dafür, dass auch die Hauptsacheklage im tenorierten Umfang Erfolg hätte, weil das Landratsamt nach dem derzeitigen Sachstand, wie er sich im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und der in diesem Verfahren begrenzten Sachaufklärungsmöglichkeiten darstellt, zu Unrecht davon ausgegangen sein dürfte, dass die Voraussetzungen für eine Schonzeitaufhebung im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht vorliegen. Es bestehen daher gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller einen Anspruch auf eine positive Verbescheidung seines Antrags durch die Behörde im tenorierten Umfang haben dürfte.
33
Gemäß Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG kann die Jagdbehörde durch Einzelanordnung für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdreviere aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken und kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen Zwecken, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege die Schonzeiten aufheben.
34
Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG ergibt, können die Schonzeiten nur aus besonderen Gründen aufgehoben werden. Es dürfte im Ergebnis dabei auch nicht entscheidungserheblich darauf ankommen, ob § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG bzw. Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG als Ausnahmebestimmung eng auszulegen ist mit der Folge, dass bei der Frage, ob ein besonderer Grund im Sinne der genannten Normen vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. OVG NW, U.v. 30.3.2015 - 16 A 1610/13 - juris Rn. 65, 67; VG Ansbach, B.v. 1.2.2021 - An 16 E 21.00520 - juris Rn. 16; B.v. 30.4.1998 - AN 15 E 98.00625 - juris Rn. 15; VG München, B.v. 24.1.2012 - M 7 SE 12.166 - juris Rn. 17) oder es genügen soll, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist und die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von Brut- und Setzzeit dienende) Schonzeitregelung (vgl. VG Neustadt/Weinstraße, U. v. 25.2.2021 - 5 K 384/20.NW - juris Rn. 41 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 96 und U.v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 - juris Rn. 108).
35
Wildschäden kommt das Gewicht eines besonderen Grundes nach dem Wortlaut der Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG nur zu, wenn übermäßige Wildschäden zu befürchten sind und diese durch die Verkürzung der Schonzeit vermieden werden können. Von einem übermäßigen Wildschaden ist auszugehen, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. OVG NW, U.v. 30.3.2015 - 16 A 1610/13 - juris Rn. 62 m.w.N.).
36
Dass den im Eigenjagdrevier des Antragstellers zu verzeichnenden Wildschäden vorliegend das Gewicht eines besonderen Grundes i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG zukommt, dürfte unstreitig sein.
37
Gemäß der ergänzenden Revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2021 wird die Verbisssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nur noch als tragbar eingewertet. Schalenwildverbiss - im Revier sei allein Rehwild vorhanden - komme an allen Baumarten vor. Insbesondere das erfolgreiche Aufwachsen von Pflanzungen bzw. Saaten (Forstkulturen) der Baumartengruppen Douglasie und Tanne sei im Jagdrevier im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen gegen Schalenwildeinfluss nicht möglich. Die Verbisssituation habe sich gegenüber der vorangegangenen ergänzenden Revierweisen Aussage tendenziell verschlechtert. Es ist davon auszugehen, dass die Forstlichen Gutachten eine objektive und hinreichend umfassende Ermittlung der Schadenssituation bieten (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 96; U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 56). Das System, die Methodik und die Durchführung der Forstlichen Gutachten sind nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 - 19 ZB 17.1602 - juris Rn. 29 ff.). Entsprechend ist das Landratsamt auch in seinem Bescheid vom 21. Januar 2022 unter Berücksichtigung des näheren Umgriffs - in den angrenzenden Revieren der Hegegemeinschaft … sowie der angrenzenden Bereiche im Landkreis … (Hegegemeinschaft …) und im Landkreis … (Hegegeminschaft …) war eine zu hohe oder deutlich zu hohe Verbissbelastung festgestellt worden - davon ausgegangen, dass aufgrund der eingetretenen Verschlechterung der Verbisssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers die dort zu verzeichnenden Wildschäden vorliegend das Gewicht eines besonderen Grundes i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG erreicht haben. Die Parteien gehen nach ihrem jeweiligen Vortrag auch übereinstimmend davon aus, dass eine Verbesserung der dortigen Situation bislang noch nicht feststellbar ist. Diese Einschätzung deckt sich auch mit den Ausführungen des Regierungsjagdberaters und des überregionalen Jagdsachbearbeiters des AELF … im Nachgang zur Ortsbegehung im Revier des Antragstellers am 21. März 2022. Laut Stellungnahme des Regierungsjagdberaters mit E-Mail vom 23. März 2022 habe der Antragsteller im Rahmen der Ortsbegehung vier ausgewählte Flächen vorgestellt, an welchen sich die forstliche Entwicklung des Zeitraumes seit der ersten Antragstellung vom 16. Januar 2019 erkennen lasse. Der Verlauf der Schädigung der gepflanzten wie auch der naturverjüngten Baumarten, verursacht durch Rehwildverbiss, sei sehr gut zu erkennen gewesen. Laut dem anwesenden Forstsachverständigen bewegten sich die Schadensprozente auf den vorgestellten Flächen von 70 bis 86%. Es sei anhand der gut erkennbaren und zeitlich zuordenbaren Sachereignisse deutlich geworden, wie weit der Waldumbau im Eigenjagdrevier des Antragstellers gestört und durch Rehwildverbiss unterbunden werde, insbesondere auf den so wichtigen Flächen mit Naturverjüngung mit jetzt schon zu erkennendem Totalausfall der Baumarten Eiche, Buche und Ahorn. Der wirtschaftliche Schaden lasse sich in einem solchen Fall pro Hektar mit rund 10.000,- Euro annehmen. Aus der Stellungnahme des überregionalen Jagdsachbearbeiters des AELF … vom 4. April 2022 sei festzustellen, dass in den zurückliegenden drei Jahren die von Fichtenbeständen dominierten Waldflächen von mehreren Sturmereignissen betroffen gewesen seien, die zu massiven Schadholzanfällen geführt hätten. In der Folge der Stürme seien starke Borkenkäferschäden hinzugekommen, die ebenfalls zu hohen Schadholzanfällen geführt hätten. Ergebnis dieser Kalamitäten seien viele aufgelichtete und angerissene Fichtenbestände, die so schnell wie möglich mit standortgemäßen Baumarten verjüngt werden müssten. Hinzu kämen zahlreiche Kahlflächen, die ebenfalls schnellstmöglich mit standortgemäßen Baumarten wieder in Bestockung gebracht werden müssten, bevor die sich überall einstellende Konkurrenzflora dies übermäßig verteuere bzw. sogar unmöglich mache. Erschwerend komme hinzu, dass die Kalamitätsflächen eine massive Lebensraumverbesserung für das Rehwild darstellten und so zu einer Erhöhung des Rehwildbestandes beitrügen. Die Vorausverjüngung der noch regulär bewirtschaftbaren Fichtenbestände mit standortgemäßen Schattbaumarten, u.a. der Tanne, müsse weiter betrieben werden, wenn der angestrebte Wechsel zu Mischbeständen gelingen solle. Der Antragsteller habe die notwendigen Verjüngungsmaßnahmen ergriffen. Allerdings müsse festgestellt werden, dass die im letzten Jahr eingebrachten und sich natürlich verjüngenden Mischbaumarten an erheblichem, das forstlich tolerierbare Maß bei weitem übersteigenden Schalenwildverbiss litten. Der Anteil an durch Schalenwild verbissenen Pflanzen belaufe sich nach Erhebungen des Forstsachverständigen auf zwischen rund zwei Dritteln und rund 85%. Daraus ergebe sich ein wirtschaftlicher Schaden in erheblicher Höhe, der bei, durchaus im Bereich des Möglichen liegendem, Totalausfall die vom Sachverständigen errechneten rund 10.000,- Euro je Hektar erreichen könne. Die Ortseinsicht habe diese Ergebnisse bestätigt.
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Eine Verkürzung der Schonzeit dürfte, entgegen den Ausführungen des Antragsgegners auch geeignet und erforderlich sein, (weiteren) übermäßigen Wildschaden im Revier des Antragstellers zu vermeiden.
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Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Reduzierung des vorhandenen Rehwilds im Rahmen der dem Antragsteller durch den Abschussplan eingeräumten Möglichkeiten geeignet und erforderlich ist, übermäßigen Wildschaden in seinem Revier zu vermeiden und der Abschuss aufgrund der örtlichen Besonderheiten des Reviers teilweise erst ab Beginn der Schonzeit erfolgen kann. Der Antragsteller hat insoweit glaubhaft vorgetragen, dass insbesondere das Zusammenspiel von Klimamit Vegetationsveränderungen und die aktuellen Bestellungen in der Landwirtschaft mit den Verhältnissen in seinem Eigenjagrevier zu dem Effekt führten, dass er einen hohen Verbissdruck feststellen müsse, wenn das Wild nach Ende der Jagdzeit wieder hauptsächlich in seinen Waldflächen stehe. Denn das Revier verfüge über eine Jagdfläche von 146 ha, wovon 95% ausschließlich Waldflächen seien. Das Wild halte sich zur Jagdzeit überwiegend außerhalb des Reviers auf den äsungsreichen landwirtschaftlichen Flächen auf. Biete sich dort keine Äsung mehr, ziehe es wieder vermehrt in die Waldflächen des Antragstellers und dies meist in der Schonzeit ab 16. Januar. Dort weide es dann die ersten Sprößlinge der Forstkulturen und der Naturverjüngung ab. Entsprechend heißt es auch in der Stellungnahme des überregionalen Jagdsachbearbeiters des AELF … vom 4. April 2022, die Waldflächen im Revier des Antragstellers seien eingebettet in weitgehend ausgeräumte, überwiegend ackerbaulich genutzte, landwirtschaftliche Flächen. Diese böten dem Rehwild bis zum Abernten Deckung und Äsung, danach konzentriere sich das Wild in den Waldungen. Dies geschehe häufig erst im Spätwinter, wenn die zum Bodenschutz, als Gründüngung oder extra zur Erhöhung der Strukturvielfalt für das Wild angebauten Zwischenfrüchte eingearbeitet würden oder zugefroren seien. Während der regulären Jagdzeit sei ein großer Teil dieses Rehwilds damit für den Antragsteller nicht bejagbar, auch weil ein großer Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen in angrenzenden Jagdrevieren liege. Für die Erforderlichkeit der Schonzeitverkürzung spricht zudem die Einschätzung des AELF, der Antragsteller habe überzeugend dargelegt, dass er in der Vergangenheit sämtliche ihm zur Verfügung stehenden jagdlichen Möglichkeiten genutzt und verschiedenste Methoden angewandt habe, um den Rehwildbestand auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Niveau zu halten. Rehwildpopulationen reagierten erfahrungsgemäß sehr schnell auf sich verbessernde Lebensraumbedingungen, wie sie im Revier des Antragstellers gegeben seien. Sie zeigten i.d.R. eine verbesserte Konstitution der einzelnen Individuen, die sich in der Folge in einer erhöhten Reproduktion und draus resultierend in erhöhtem Verbissdruck niederschlage. Erfahrungsgemäß reichten bereits kurze Zeiträume mit zu starker Verbissbelastung aus, ursprünglich standortgemäße, gemischte Verjüngungen um Jahre zurückzuwerfen. Es komme zu qualitativer Verschlechterung, Wuchsverzögerungen und Entmischung der Verjüngungen. Es sei nicht zielführend in einer derartigen Situation erst darauf zu warten, bis die entstehenden Schäden jedem in Auge stächen. Rasches, entschlossenes Handeln bei den ersten Anzeichen sei im Sinne einer Gefahrenabwehr dringend erforderlich.
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Dem ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Dass im Gegenteil auch das Landratsamt grundsätzlich von einer Geeignetheit ausgeht, kommt in der mit Bescheid vom 21. Januar 2022 für das Revier des Antragstellers (i.R.d. „… Modells“) gewährten Schonzeitverkürzung zum Ausdruck. Aus dem Umstand, dass sich die Verbisssituation nach einmaliger Schonzeitverkürzung nach dem „… Modell“ noch nicht merklich verbessert hat, dürfte hingegen nicht auf die Ungeeignetheit der Maßnahme geschlossen werden können. Insoweit dürfte der Betrachtungszeitraum der Maßnahme deutlich zu kurz bemessen sein. Entsprechend führt auch das AELF … aus, das kaum anzunehmen sei, dass der durch die einmalige Schonzeitverkürzung eventuell getätigte Mehrabschuss sich bereits ein knappes halbes Jahr später sichtbar auf die Waldverjüngung auswirke. Im günstigsten Fall könnten nach Ablauf eines Jagdjahres erste Veränderungen beobachtet werden. Soweit antragsgegnerseits erstmals im gerichtlichen Verfahren eingewendet wurde, dass eine Schonzeitverkürzung aus wildbiologischen Gründen ungeeignet sei, übermäßige Wildschäden zu vermeiden, greift dieser Einwand nicht durch. Auch wenn wildbiologische Belange durch eine Verlängerung der Jagdzeit in die nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Jagdgesetzausführungsverordnung - AVBayJG - in Bayern grundsätzlich geltende Schonzeit hinein berührt sein können, bestehen im Hinblick auf die Wertung des Bundesgesetzgebers - gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Verordnung über Jagdzeiten - JagdZV darf bei Rehwild die Jagd auf Kitze bis zum 28. Februar, die Jagd auf Schmaltiere und Ricken bis zum 31. Januar eines Jagdjahres ausgeübt werden - keine grundsätzlichen wildbiologischen Bedenken gegen die Geeignetheit der Jagdausübung zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden in der Zeit vom 15. bis zum 31. Januar eine Jagdjahres hinsichtlich weiblichen Rehwilds (Geißen und Schmaltiere) bzw. bis zum 15. Februar hinsichtlich der Kitze. Hierfür spricht ebenfalls die Regelung in der Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 22. Februar 2019 gemäß deren § 1 abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten die Jagd auf Schmalrehe und Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar und die Jagd auf Kitze vom 16. Januar bis 31. März ausgeübt werden darf. Mit Ausnahme von Bayern, Brandenburg und Thüringen sehen auch die übrigen Bundesländer eine Bejagung von weiblichem Rehwild bis zum 31. Januar vor (vgl. Anlage K8). Schließlich kann auch im Hinblick auf den durch die fortdauernde Jagdausübung entstehenden Vergrämungseffekt im Bereich von insbesondere im Spätwinter besonders verbissgefährdeten Verjüngungsflächen eine Geeignetheit nicht ernstlich bezweifelt werden. Die Aufenthaltsmeidung entspricht dem natürlichen Fluchtverhalten von Wildtieren im Fall von Störungen einschließlich Abschüssen von Artgenossen (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 - juris Rn. 138).
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Soweit der Antragsgegner die Erforderlichkeit der Schonzeitverkürzung anzweifelt, da diese in den übrigen Revieren im vorangegangenen Jagdjahr nicht zu nennenswerten Jagderfolgen geführt habe und die übrigen Reviere der Hegegemeinschaft in der Lage seien, den Abschuss innerhalb der regulären Jagdzeit zu erfüllen, verkennt er, dass vorliegend nicht über die Fortführung des „… Modells“, sondern über den konkreten Antrag des Antragstellers für sein Eigenjagdrevier zu entscheiden ist. Für dieses Revier hat die Verlängerung der Jagdzeit nach dem „… Modell“ im vergangenen Jahr auch nach Einschätzung des Landratsamts zur Realisierung eines großen Jagderfolgs geführt. Zwar wendet das Landratsamt hiergegen ein, dass aus der Auswertung der Streckenlisten klar ersichtlich sei, dass die Abschüsse, die in früheren Jahren in der regulären Jagdzeit erfolgt seien, im Jagdjahr 2021/2022 in die Zeit der Schonzeitaufhebung gefallen seien und nicht zu klären sei, ob dies tatsächlich daran liege, dass zur regulären Jagdzeit sich die Rehe auf der flachen Feldflur aufhielten oder die Jagdbemühungen des Antragstellers sich zeitlich verlagert hätten. Dies ist jedoch nicht geeignet, die - wie ausgeführt - glaubhaften Angaben des Antragstellers in Zweifel zu ziehen. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller seine Jagdbemühungen im Vorjahr erst während der Schonzeit aufgenommen hätte, da ihm die Schonzeitverkürzung erst nach Ortsbegehung mit Bescheid vom 21. Januar 2022 bewilligt wurde, er bis zu diesem Zeitpunkt mithin nicht sicher davon ausgehen konnte, in der Schonzeit überhaupt noch jagen zu können.
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Der Erforderlichkeit der Schonzeitverkürzung kann insbesondere auch nicht der im aktuellen Jagdjahr bereits realisierte Rehwildabschuss des Antragstellers entgegengehalten werden. Zwar habe der Antragsteller nach Berechnungen des Antragsgegners bereits 80% des rechnerischen Abschuss-Solls für das laufende Jagdjahr erfüllt, was nach der Flexibilisierungsregelung (80% bis 120%) ausreichend sei. Der Umstand, dass auch eine 80% Abschusserfüllung im Hinblick auf die einen Dreijahreszeitraum umfassende Abschussplanung für das einzelne Jagdjahr als ausreichend erachtet werden kann, lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass ab einer Abschussquote von 80% die Erforderlichkeit weiterer Abschüsse im Hinblick auf die bestmögliche Vermeidung übermäßigen Wildschadens entfiele. Das Abschlussplanwesen reguliert den Wildbestand nur in Art und Menge. Es regelt hingegen nicht den konkreten Zeitpunkt des Abschusses während des Planungszeitraums. Die konkrete Verteilung der Abschüsse über den Dreijahreszeitraum liegt vielmehr allein im Ermessen des Jagdausübungsberechtigten. Dabei liegt es auf der Hand, dass eine möglichst frühzeitige Erfüllung des Abschusses, auch über den rechnerisch auf ein Jahr entfallenden Anteil hinaus, zur nachhaltigen Reduzierung übermäßigen Wildbestands in Betracht gezogen wird, da eine anfänglich stärkere Bestandsreduzierung zugleich eine Zuwachsreduzierung im Folgejahr zur Folge hat.
43
Auch gegen die Angemessenheit der Schonzeitverkürzung bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Wie ausgeführt, stehen insbesondere die vom Antragsgegner geäußerten wildbiologischen Bedenken während der bundesgesetzlich zugelassen Jagdzeiten einer Schonzeitverkürzung nicht entgegen. Im Übrigen wird diesbezüglich auf die untenstehenden Ausführungen zur Interessenabwägung verwiesen.
44
Da sich vor diesem Hintergrund die Aufhebung der Schonzeit im Eigenjagdrevier des Antragstellers voraussichtlich als zur Vermeidung übermäßiger, d.h. dem Antragsteller nicht zumutbarer Wildschäden geeignet, erforderlich und angemessen erweisen dürfte, dürfte vorliegend für eine Ablehnung des Antrags im Ermessenswege kein Raum verbleiben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies daraus folgt, dass jedenfalls bei übermäßigen Wildschäden, die nur durch eine Schonzeitaufhebung vermieden werden können, von einem intendierten Ermessen im Hinblick auf die Gewährung einer Schonzeitaufhebung auszugehen ist, oder eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist, weil sich die Ablehnung der Schonzeitverkürzung in einem solchen Fall als ermessensfehlerhaft erweist (vgl. OVG NW, U.v. 30.3.2015 - 16 A 1610/13 - juris Rn. 33 m.w.N.).
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Selbst bei der Annahme offener Erfolgsaussichten würde auch die im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG dann gebotene reine Folgenabwägung gegenwärtig zu Gunsten des Antragstellers ausfallen.
46
Vorliegend ist das Interesse des Antragstellers, einstweilen eine Verlängerung der in Bayern grundsätzlich vorgesehenen Jagdzeit auf weibliches Rehwild und Kitze zu erreichen zur Ausschöpfung des zulässigen Abschusskontingents mit dem Ziel der Minimierung von Verbissschäden auf seinen Waldflächen abzuwägen mit dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Schonzeiten für Rehwild, insbesondere, um dem Wild die aus wildbiologischer Sicht erforderliche Ruhe zur Regeneration zu gönnen. Würde der Antragsteller in der Hauptsache obsiegen, ihm die Schonzeitverkürzung jedoch im Wege der einstweiligen Anordnung nicht gewährt, hätte dies zur Folge, dass ihm eine weitere Reduzierung des Rehwildbestands im aktuellen Jagdjahr versagt bleibt und in der Folge mit einer weiteren Verschlechterung der Wildschadenssituation in seinem Eigenjagdrevier zu rechnen wäre. Dies dürfte mit weiteren nicht unerheblichen finanziellen Einbußen im Rahmen seines forstwirtschaftlichen Betriebs verbunden sein, da durch eine weitere Schädigung bzw. selbst bei einer Perpetuierung der aktuellen Schadenssituation insbesondere der im Hinblick auf den Klimawandel beabsichtigte Waldumbau langfristig und massiv beeinträchtigt sein dürfte. Demgegenüber wiegt der umgekehrte Fall, dass der Antragsteller in der Hauptsache erfolglos bleiben würde, tatsächlich also keinen Anspruch auf die begehrte Jagdzeitverlängerung hat, diese ihm aber im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gleichwohl gewährt würde, unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen weniger schwer. Zwar hätte dies eine Beeinträchtigung wildbiologischer Belange insoweit zur Folge, als das betroffene Rehwild während der Jagdzeitverlängerung im Revier des Antragstellers nicht von der Jagd verschont bleibt und dort entsprechend in seinen Regenerationsmöglichkeiten eingeschränkt ist. Jedoch ist davon auszugehen, dass das Rehwild sich aufgrund des mit der Bejagung einhergehenden Vergrämungseffekts auch in die umliegenden Reviere zurückziehen kann, um dem Jagddruck zu entgehen, wo zu diesem Zeitpunkt die Jagd bereits ruht und entsprechend den wildbiologischen Belangen des Rehwilds Rechnung getragen wird. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Antragsteller die Jagdzeitverlängerung lediglich für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum von wenigen Wochen gewährt wird, die sich zudem vollständig im Rahmen der bundesgesetzlich bestimmten Jagdzeiten auf Rehwild bewegt (vgl. auch § 1 der Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 22. Februar 2019, abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten darf danach in den Sanierungsgebieten die Jagd auf Schmalrehe und Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar und die Jagd auf Kitze vom 16. Januar bis 31. März ausgeübt werden). Eine dadurch erreichte Reduzierung des Rehwildbestands geht zudem auch nicht über das festgelegte Abschuss-Soll hinaus, sodass im Ergebnis nur eine Anzahl von Tieren entnommen würde, die bei Erfüllung des Abschussplans ohnehin zu entnehmen wäre. Hinzukommt, dass der Antragsteller mit der begehrten Anordnung letztlich die Bewahrung und Herstellung eines standortgemäßen und möglichst naturnahen Waldes erreichen will und damit nicht nur ein privates Interesse als Eigentümer und Unternehmer, sondern zugleich auch ein wichtiges forst- und jagdpolitisches Interesse (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG) verfolgt. In der Gesamtschau sind in diesem Fall mithin schwere und unwiederbringliche Nachteile auf Seiten des Antragsgegners nicht ersichtlich.
47
Dem Antrag ist daher im tenorierten Umfang stattzugeben. Der Antragsgegner hat mithin - ungeachtet eines möglichen Rechtsmittels (vgl. auch § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO) - entsprechend der durch das Gericht ausgesprochenen Verpflichtung dem Antragsteller zur Sicherstellung effektiven Rechtsschutzes die Jagdausübung auf weibliches Rehwild und Kitze mit sofortiger Wirkung zu ermöglichen.
48
Soweit der Antragsteller darüberhinausgehend für sein Eigenjagdrevier eine Aufhebung der Schonzeit bis zum 15. Februar 2023 auch für weibliches Rehwild (Geißen und Schmaltiere) begehrt, bleibt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Erfolg. Insoweit hat der Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weshalb zusätzlich zu der von ihm in den Vorjahren beantragten und so auch mit Bescheid vom 21. Januar 2022 gewährten Schonzeitaufhebung die Jagd auf weibliches Rehwild (Schmaltiere und Geißen) sogar über die bundesgesetzlich hierfür festgelegte Jagdzeit bis 31. Januar hinaus auch in der Zeit vom 1. bis 15. Februar 2023 in seinem Revier erforderlich sein sollte. Zwar hat der Antragsteller geltend gemacht, dass er im Februar 2022 keine Drückjagden mehr durchgeführt habe, da nur noch Kitze hätten erlegt werden dürfen und die Gefahr von Fehlabschüssen zu groß gewesen sei. Gleichwohl ist aber nichts dafür dargetan, dass gerade infolgedessen eine ausreichende und mit dem Abschussplan in Einklang stehende Reduzierung des Rehwildbestands unmöglich oder wesentlich erschwert wäre und ein ausreichender Abschuss von Geißen und Schmaltieren nicht bereits im Rahmen der Jagdzeitverlängerung bis zum 31. Januar 2023 erzielt werden könnte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Teil des Unterliegens ist im Verhältnis zum gesamten Verfahrensgegenstand als gering anzusehen, so dass es gerechtfertigt ist, die Kosten dem Antragsgegner ganz aufzuerlegen.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da die beantragte einstweilige Anordnung auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, besteht für die Herabsetzung des Streitwerts keine Veranlassung.