Inhalt

VG München, Urteil v. 31.03.2022 – M 17 K 21.2129
Titel:

Zur Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen anlässlich eines stationären Klinikaufenthaltes

Normenketten:
BayBG Art. 96
BayBhV § 7 Abs. 2 S. 2
BayBhV (idF v. 1.1.2019) § 28 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 lit. a, Nr. 2 lit. a, Abs. 2 S. 5
KHEntgG § 17 Abs. 2
BGB § 126
Leitsätze:
1. Nach § 17 Abs. 2 S. 1 KHEntgG ist eine Wahlleistung vor Erbringung schriftlich iSd § 126 Abs. 2 S. 1 BGB zu vereinbaren, sodass alle die Wahlleistungen betreffenden Erklärungen in derselben Urkunde niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sein müssen. Eine alleinige Unterschrift des Patienten ist nicht ausreichend. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine gesondert berechnete Unterkunft setzt voraus, dass es sich um eine Wahlleistung und nicht um eine Standardleistung handelt. Gehört die Unterbringung in einem Doppelzimmer zum Regelstandard, sind die hierfür anfallenden Aufwendungen bereits durch den Basispflegesatz gem. § 28 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 lit. a BayBhV aF beihilfefähig. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine wahlärztliche Leistungen setzt nach § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG ein eigenes Liquidationsrecht des Arztes voraus. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beihilfe, Stationärer Aufenthalt in einem Hellipkrankenhaus, Beihilfefähiger Tagessatz, Wahlleistung Unterkunft, Wahlärztliche Leistungen, Krankenhausleistungen, wahlärztliche Leistungen, Tagessatz, Eigenbeteiligung, Ein-Bett-Zimmer, Wahlleistung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.01.2023 – 24 ZB 22.1225
Fundstelle:
BeckRS 2022, 7180

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für Aufwendungen anlässlich eines stationären Klinikaufenthalts. Die Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin dem Grunde nach beihilfeberechtigt. Der Bemessungssatz zu krankheitsbedingten Aufwendungen der Klägerin beträgt 70 v.H.
2
Die Klägerin befand sich vom … … … bis … … … wegen einer Angst- und Panikstörung, mittelgradig depressiven Störung sowie anhaltender Schmerzstörung in stationärer Behandlung in der … … für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.
3
Mit Formblatt vom 13. November 2020 (Bl. 1 f. d. Behördenakte - BA) beantragte die Klägerin die Gewährung von Beihilfe für zwei Rechnungen der … … vom … … … über einen Betrag von 55.018,80 € bzw. 5.027,08 €. Dem Antrag beigefügt war eine Wahlleistungsvereinbarung zwischen der … … und der Klägerin vom … … …, die von der Klägerin unterschrieben war (Bl. 4 d. BA). Angekreuzt wurde hierbei „Unterbringung im Standard Einbett-Zimmer“. In der Rechnung über 55.018,80 € (Bl. 5 d. BA) wurden der Tagessatz der Klinik (630,00 € x 62 = 39.060,00 €) sowie der Zimmerzuschlag (135,00 € x 62 = 8.370,00 €) zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 7.588,80 € abgerechnet. Die in Rechnung gestellten 5.027,08 € (Bl. 6 ff. d. BA) betreffen Abrechnungen nach der Gebührenordnung für Ärzte i.H.v. 4.333,69 € zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 693,39 €.
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Auf Nachfrage des Beklagten gab die … … gegenüber dem Beklagten an, dass die aufgrund einer Wahlleistungsvereinbarung für ärztlichen Leistungen nach der GOÄ liquidierten Honorare der Klinik zufließen und die Klinik diese nicht Inkasso für die jeweiligen Ärzte einzieht (Bl. 15 d. BA).
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23. November 2020 wurde seitens des Beklagten ein Betrag von 24.460,75 € (20.127,06 € zzgl. 4.333,69 €) als beihilfefähig anerkannt und der Klägerin unter Berücksichtigung eines Eigenbehalts i.H.v. 1.550,00 € eine Beihilfe i.H.v. 15.572,52 € ([70 v.H. von 24.460,75 €] abzgl. 1.550,00 €) gewährt (Bl. 10 f. d. BA). Der Eigenbehalt i.H.v. 1.550,00 € (25,00 € x 62) sei nach Art. 96 Abs. 2 Satz 7 Nr. 1 BayBG aufgrund der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen abzuziehen gewesen. Nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BayBhV seien täglich 324,63 € beihilfefähig. Hinsichtlich der Rechnung über 5.027,08 € wurde die erhobene Umsatzsteuer nicht als beihilfefähig anerkannt.
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Mit Schreiben vom 2. Dezember 2020 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein (Bl. 12 d. BA). Sie begründete ihren Widerspruch mit Schreiben vom 3. März 2021 (Bl. 13 d. BA) hinsichtlich des 2-Bett-Zimmer-Zuschlags damit, dass die … … nicht nur Einzelzimmer im Bestand habe und begehrte die (hypothetische) Kostenerstattung für ein Zweibettzimmer. Hinsichtlich der Umsatzsteuer führte sie aus, dass die Klinik von der Finanzverwaltung gezwungen werde, die Umsatzsteuer auszuweisen.
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Der Widerspruch gegen den Beihilfebescheid vom 23. November 2020 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2021 zurückgewiesen. Es wurde erneut auf § 28 Abs. 2 Satz 3 BayBhV hingewiesen sowie ausgeführt, dass die Unterbringung in einem Zwei-Bett-Zimmer angesichts der möglichen Belegungsarten (Einzel- und Doppelzimmer; drei Suiten mit Doppel-Belegungsmöglichkeit) keine Wahlleistung darstelle.
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Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben.
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Der Klägerbevollmächtigte beantragte sinngemäß zuletzt,
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den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 23. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2021 zu verpflichten
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I. die beihilfefähigen Aufwendungen für die stationäre Behandlung der Klägerin gemäß der Rechnung der … … … vom … … … auf 55.018,80 € festzusetzen und der Klägerin unter Berücksichtigung der ihr hierauf bereits geleisteten Beihilfe in Höhe von 12.538,94 €, der Eigenbeteiligung von 1.550,00 € und des Beihilfebemessungssatzes der Klägerin in Höhe von 70% eine weitere Beihilfe in Höhe von 24.424,22 € zu gewähren
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II. die beihilfefähigen Aufwendungen für die stationäre Behandlung der Klägerin gemäß der Rechnung der … … … vom … … … auf 5.027,08 € festzusetzen und der Klägerin unter Berücksichtigung der ihr bereits insoweit gewährten Beihilfe in Höhe von 3.3033,58 € und des Beihilfebemessungssatzes der Klägerin eine weitere Beihilfe in Höhe von 485,38 € zu gewähren.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Unterbringung der Klägerin in einem Doppelzimmer, welches nur aufgrund der Corona-Pandemie einzeln belegt war, eine Wahlleistung darstelle. Die Suiten der Klinik könnten mindestens als Zwei-Bett-Zimmer genutzt werden und auch eine Belegung mit drei oder vier Personen sei ohne weiteres möglich. Der Beklagte habe sich mit der Argumentation der Klägerin bezüglich der Umsatzsteuer überhaupt nicht auseinandergesetzt. Schließlich habe die private Krankenversicherung der Klägerin den entsprechenden Kostenteil ohne Beanstandungen erstattet.
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Der Beklagte beantragte,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Höchstbetrag der beihilfefähigen Aufwendungen für die Krankenhausleistungen aus § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayBhV ergebe. Die … … sei kein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus und die abgerechnete Indikation falle nicht unter eine DRG-Fallpauschale. Ausweislich der Angaben der Klinik im Internet gebe es nur Einzel- und Doppelzimmer sowie Suiten zur Doppelbelegung. Die Unterbringung in einem Doppelzimmer sei daher Regelleistung und nicht als Wahlleistung zu verstehen. Hinsichtlich der abgerechneten wahlärztlichen Leistungen sei ausweislich der vorgelegten Wahlleistungsvereinbarung schon fraglich, ob überhaupt die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen vereinbart wurde. Jedenfalls seien diese nicht beihilfefähig, da Voraussetzung hierfür ein eigenes Liquidationsrecht der Ärzte sei. Ausweislich der Wahlleistungsvereinbarung würden die ärztlichen Wahlleistungen durch die … … abgerechnet werden und würden dieser laut Auskunft der Klinik auch zufließen.
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Der Klägervertreter hat mit Schreiben vom 19. Juli 2021 und 23. März 2022, der Beklagte mit Schreiben vom 17. August 2021 auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
18
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 17. November 2021, der Klägervertreter mit Schreiben vom 29. November 2021 das Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten durch die Berichterstatterin und im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
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I. Die Klage ist insgesamt zulässig. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (bzgl. Wahlleistung Unterkunft sowie Umsatzsteuer) bzw. in Form der Untätigkeitsklage (bzgl. Tagessatz)
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1. Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 18. April 2021 Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage hinsichtlich des Bescheids vom 23. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 17. März 2021 bezüglich der Wahlleistung Unterkunft sowie der Umsatzsteuer, § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO.
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Die Klägerin bezog sich ausdrücklich auf den Widerspruchsbescheid vom 17. März 2021, der sich allein mit diesen beiden Themen beschäftigte.
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Dass die Klägerin ausdrücklich nur die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2021 beantragte, führt nicht zur der Annahme, dass die Klägerin lediglich Anfechtungsklage erheben wollte. Vielmehr wird bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) der zu diesem Zeitpunkt anwaltlich nicht vertretenen Klägerin deutlich, dass sie die Gewährung weiterer Beihilfe im Bereich der Wahlleistung Unterkunft sowie der Umsatzsteuer begehrt. Insofern sind die Klageanträge des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 19. Juli 2021, nunmehr formuliert als Versagungsgegenklageanträge, als Konkretisierung des klägerischen Begehrens zu werten.
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2. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2021 erweiterte der Klägerbevollmächtigte die Klage um eine Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage bezüglich des Tagessatzes, § 42 Abs. 1 Var. 3 VwGO.
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Diese Klageänderung im Sinne einer nachträglichen objektiven Klagehäufung ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie ist sachdienlich, da mit der geänderten Klage die endgültige Beilegung des Streits um die Rechnungen vom … … … hinsichtlich des Klinikaufenthalts der Klägerin gefördert wird (vgl. Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 91 Rn. 61b). Auch die Voraussetzungen des § 44 VwGO liegen vor.
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Der Klage steht insbesondere nicht eine (teilweise) Bestandskraft des Bescheids vom 23. November 2020 bzgl. des Tagessatzes entgegen. Der Widerspruch der Klägerin mit Schreiben vom 2. Dezember 2020 wurde unbeschränkt eingelegt. Dass die - damals anwaltlich nicht vertretene - Klägerin in der Widerspruchsbegründung vom 3. März 2021 lediglich zum „Zuschlag für 2-Bett-Zimmer“ sowie zur Umsatzsteuer ausführte, führt nicht zur Annahme eines beschränkten Widerspruchs. Da sich der Widerspruchsbescheid vom 17. März 2021 nur mit der Wahlleistung Unterkunft sowie der Umsatzsteuer und nicht mit dem Thema Differenz von Tagessatz der Klinik und § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 a) BayBhV auseinandersetzte, ist insofern eine Untätigkeitsklage statthaft.
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Auch die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des § 75 VwGO liegen vor. Insbesondere ist seit Widerspruchseinlegung am 2. Dezember 2020 bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine erhebliche Zeit verstrichen, ohne dass der Beklagte über den Widerspruch hinsichtlich des Tagessatzes entschieden hat.
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II. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. statt aller BVerwG, U.v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 - NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Die Aufwendungen gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Bei der erfolgten Krankenhausbehandlung entstehen Aufwendungen mit jeder ärztlichen Behandlung bzw. mit jedem Krankenhaustag (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand September 2021, Bd. 2 Anm. 12 zu § 7 Absatz 2 BayBhV).
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Für die streitgegenständliche Krankenhausbehandlung im Zeitraum … … … bis … … … bestimmt sich die Beihilfefähigkeit daher nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl. S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2019 (GVBl. S. 724), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl. S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 12. Oktober 2018 (GVBl. S. 794).
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III. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 24.909,60 €.
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Die vorgenommenen Kürzungen der beihilfefähigen Aufwendungen hinsichtlich der Rechnungen vom … … … erfolgten zurecht.
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1. Die Beurteilung der Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen richtet sich vorliegend nach § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1a) und Nr. 2 a.F. sowie Satz 5 a.F.
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Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig (Nr. 1), der Höhe nach angemessen (Nr. 2) sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (Nr. 3). Bei Krankenhausleistungen konkretisiert die BayBhV diese Grundsätze weiter in § 28 BayBhV und differenziert für die Beihilfefähigkeit zwischen Krankenhausleistungen in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern (Abs. 1) und solchen in allen anderen Krankenhäusern (Abs. 2).
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Da es sich bei der … … nicht um ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus handelt, richtet sich die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen grundsätzlich nach § 28 Abs. 2 BayBhV. Konkret finden § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1a) und Nr. 2 a.F. sowie Satz 5 a.F. Anwendung, da sich die Klägerin nicht aufgrund einer Indikation, die bei einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus vom DRG-Fallpauschalenkatalog wäre (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1), in Behandlung begab, sondern aufgrund einer anderen Indikation. Dem setzt auch die Klagepartei nichts entgegen.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe bezüglich des von der Klinik in Rechnung gestellten Tagessatzes von 630,00 € zzgl. 16,00% Umsatzsteuer.
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Der Beklagte erkannte einen Betrag von täglich 324,63 € als beihilfefähig an und gewährte der Klägerin insoweit unter Berücksichtigung des Beihilfebemessungssatzes der Klägerin und unter Abzug eines Eigenbehalts für die als beihilfefähig anerkannten Wahlarztleistungen (vgl. hierzu unter 4.) eine Beihilfe i.H.v. 12.538,94 €. Dies ist aus gerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
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Rechtsgrundlage für die Beihilfefähigkeit der als „Tagessatz“ abgerechneten Aufwendungen ist § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 a) BayBhV a.F. Demnach ist der Gesamtbetrag des Basis- und des Abteilungspflegesatzes des behandelnden Krankenhauses bei der Untersuchung und Behandlung von Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, vollstationär bis zu 324,63 € beihilfefähig. Bei dem Krankenhausaufenthalt der volljährigen Klägerin führt dies zu einem beihilfefähigen Betrag von 20.127,06 € (324,63 € x 62). Unter Berücksichtigung des klägerischen Beihilfebemessungssatzes i.H.v. 70 v.H. führt dies zu einer Beihilfe i.H.v. 14.088,94 €.
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Von dieser zunächst errechneten Beihilfe durfte der Beklagte einen Betrag i.H.v. 1.550,00 € abziehen. Dieser Betrag ist die Eigenbeteiligung, die sich bei Anwendung des Art. 96 Abs. 2 Satz 7 Nr. 1 BayBG ergibt. Demnach sind bei Inanspruchnahme von wahlärztlichen Leistungen im Krankenhaus 25,00 € pro Aufenthaltstag im Krankenhaus nach Anwendung der persönlichen Bemessungssätze abzuziehen. Der Beklagte erkannte im streitgegenständlichen Bescheid die Rechnung vom … … … über 5.027,08 € als Wahlarztleistung und beihilfefähig an. Dies führt zu einer Eigenbeteiligung i.H.v. 1.550,00 € (25,00 € x 62). Nicht zu beanstanden ist das Vorgehen des Beklagten, die Eigenbeteiligung nicht bei der Rechnung über die Wahlarztleistungen, sondern von der Krankenhausabrechnung abzuziehen, vgl. Nr. 10 Satz 1 zu § 28 BayBhV der Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung (VV-BayBhV).
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Ein Beihilfeanspruch über diesen Betrag i.H.v. 12.538,94 € (14.088,94 € abzgl. 1.550,00 €) hinaus, besteht nicht. Konkrete Einwände gegen die Anwendung von § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 a) BayBhV a.F. und Art. 96 Abs. 2 Satz 7 Nr. 1 BayBG brachte die Klagepartei - auch nach richterlichem Hinweis - nicht vor.
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3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen, die ihr aufgrund ihrer Unterbringung im Ein-Bett-Zimmer entstanden sind.
42
Der Beklagte ging davon aus, dass die Unterbringung in einem Zwei-Bett-Zimmer in der … … die Regelunterbringung darstellt und demnach Kosten für die Wahlleistung Unterkunft (Unterbringung in einem Einzelzimmer) nicht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBhV a.F. als gesondert berechnete Wahlleistung beihilfefähig sind. Dies ist aus gerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
43
a) Es erscheint schon fraglich, ob die Klägerin die Wahlleistung Unterkunft überhaupt wirksam vereinbart hat. Über § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBhV a.F. wird auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayBhV und damit § 17 KHEntgG verwiesen. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG sind Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren. Dem Schriftformerfordernis für die Vereinbarung ist nach § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann genügt, wenn alle die Wahlleistungen betreffenden Erklärungen in derselben Urkunde niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sind. Eine alleinige Unterschrift des Patienten ist nicht ausreichend (Böhnke in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Aufl. 2018, § 17 KHEntgG Rn. 24). Bei der von der Klagepartei vorgelegten Wahlleistungsvereinbarung fehlt es an der Unterschrift der … … Die Vereinbarung wurde lediglich von der Klägerin unterschrieben. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dass die … … durch Abrechnung der Wahlleistung mit Rechnung vom … … … der Wahlleistungsvereinbarung konkludent zugestimmt hat, liegt hierin keine schriftliche Vereinbarung vor Erbringung der Leistung.
44
b) Jedenfalls stellt die Unterbringung der Klägerin keine gesondert berechnete Wahlleistung i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV a.F. dar. Die Vorschrift verweist auf § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBhV a.F. Demnach sind gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayBhV bis zur Höhe von 1,5 v. H. der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG abzüglich der Eigenbeteiligung gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 7 BayBhV beihilfefähig.
45
Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für eine gesondert berechnete Unterkunft setzt zunächst voraus, dass es sich um eine Wahlleistung handelt. Eine solche liegt begrifflich nur dann vor, wenn der Patient tatsächlich die Möglichkeit hat, zwischen verschiedenen Unterbringungsformen (Ein-, Zwei- oder Mehrbettzimmer) frei zu wählen; sieht der Standard des betreffenden Krankenhauses ohnehin eine Unterbringung in Einzel- oder Zweibettzimmern vor, kommt hingegen eine gesonderte Abrechnung der Unterkunftskosten nicht in Betracht (VG Ansbach, U.v. 26.7.2021 - AN 18 K 18.00711 - juris Rn. 42). Entscheidend für die Qualifikation als Wahlleistung ist also, dass es sich tatsächlich um eine Wahlleistung und nicht um eine Standardleistung handelt, d.h. der Patient entscheidet darüber, ob er diese zusätzliche Leistung in Anspruch nehmen möchte oder nicht (Mildenberger, Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand September 2021, Bd. 2 Anm. 6 (14) zu § 28 Abs. 1 BayBhV). Gehört die Unterbringung in einem Doppelzimmer zum Regelstandard, sind die hierfür anfallenden Aufwendungen bereits durch den Basispflegesatz gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1a) BayBhV a.F. beihilfefähig (vgl. zu § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV VG München, U.v. 9.7.2015 - M 17 K 14.2779 - juris Rn. 38).
46
Am Vorliegen einer Wahlleistung fehlt es hier. Die Unterbringung in einem Doppelzimmer ist Standard in der …- … Zwar führt die Wahlleistungsvereinbarung aus, dass „im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen die Unterbringung in einem Drei-Bett-Zimmer erfolgt“, allerdings ist die Unterbringung in einem Drei-Bett-Zimmer tatsächlich nicht Standard in der …- … Auf der Website der Klinik unter „Ausstattung & Service“ (https://www. …clinic/ …-ausstattung.php, zuletzt abgerufen am 29.3.2022) findet sich der Hinweis auf „21 Einzel-/Doppelzimmer in gehobener Ausstattung sowie 3 Suiten mit Doppel- bzw. Mehrfachbelegungsmöglichkeiten“. Nichts anderes ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag. Soweit die Klagepartei ohne Nachweis schlicht behauptet, dass die …- … Belegungen der Doppelzimmer mit drei oder vier Personen, vornimmt, ergibt sich hieraus noch keine Standardunterbringung. Wenn die …- … standardmäßig drei oder vier Personen in einem Zimmer unterbringen würde, würde sie ihre Ausstattung nicht mit „Einzel-/Doppelzimmer“ anpreisen. Insofern eine Mehrfachbelegung in den Suiten möglich ist, erschließt sich aus gerichtlicher Sicht nicht, dass die Unterbringung in einer „Suite“ im Vergleich zu einer Unterbringung in einem „Zimmer mit gehobener Ausstattung“ die Standardunterbringung sein sollte. Auch trägt die Klagepartei nicht vor, dass sie ohne Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung in einer solchen „Drei- oder Vierbett-Suite“ untergebracht worden wäre.
47
4. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe i.H.v. 485,38 € (Umsatzsteuer) hinsichtlich der Rechnung vom … … … über einen Betrag i.H.v. 5.027,08 €.
48
Der Beklagte erkannte hinsichtlich dieser Rechnung einen Betrag von 4.333,69 € als beihilfefähig an, da er die in Rechnung gestellten Aufwendungen als wahlärztliche Leistungen i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 5 BayBhV a.F. i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBhV a.F. i.V.m. § 17 KHEntgG ansah. Nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt ist die Frage, ob diese erfolgte Anerkennung als beihilfefähig zu Recht erfolgte, § 88 VwGO.
49
Streitgegenständlich ist allein die Frage, ob die in der Rechnung vom … … … ausgewiesene Umsatzsteuer i.H.v. 693,39 € als beihilfefähig anzuerkennen und der Klägerin dementsprechend eine weitere Beihilfe i.H.v. 485,38 € (693,39 € x 70 v.H.) zu gewähren ist.
50
Der Beklagte erkannte den Betrag von 693,39 € zu Recht als nicht beihilfefähig an. Rechtsgrundlage ist insoweit § 28 Abs. 2 Satz 5 BayBhV a.F. i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBhV a.F. i.V.m. § 17 KHEntgG. Demnach sind gesondert berechnete wahlärztliche Leistungen (§ 17 KHEntgG) beihilfefähig. Bei der Umsatzsteuer i.H.v. 693,39 € handelt es sich nicht um eine solche.
51
Zum einen liegt hinsichtlich der wahlärztlichen Leistungen/Umsatzsteuer schon keine Wahlleistungsvereinbarung i.S.v. § 17 Abs. 2 KHEntgG vor. Demnach sind Wahlleistungen schriftlich zu vereinbaren. Unabhängig von der Problematik, dass die vorgelegte Wahlleistungsvereinbarung seitens der … … nicht unterschrieben wurde (vgl. hierzu Textziffer 3 a)), ist in dieser lediglich hinsichtlich der Art der Unterbringung ein Kreuz gesetzt. Auf Seite 1 der Wahlleistungsvereinbarung vom … … …, auf der sich Ausführungen zur Wahlarztvereinbarung und wahlärztlichen Leistungen befinden, ist gerade nichts angekreuzt. Nicht einmal die Klägerin hat die Wahlleistung vor Erbringung schriftlich „einseitig“ vereinbart.
52
Zum anderen liegen hinsichtlich der wahlärztlichen Leistungen/Umsatzsteuer die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG nicht vor. Ausweislich der Angaben der … … fließen die aufgrund einer Wahlleistungsvereinbarung nach der GOÄ liquidierten Honorare nicht dem jeweiligen Arzt, sondern der … … zu. Das entspricht nicht § 17 Abs. 3 KHEntgG, wonach ein eigenes Liquidationsrecht des Arztes Voraussetzung ist, § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG. Bei einer Abrechnung durch das Krankenhaus selbst muss die gesondert vereinbarte Vergütung an den berechtigten Arzt weitergeleitet werden, § 17 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG.
53
5. Schließlich ergibt sich ein weitergehender Beihilfeanspruch auch nicht aus dem Erstattungsverhalten der privaten Krankenversicherung der Klägerin. Die private Krankenversicherung leistet nach privatvertraglich vereinbarten Vorschriften, wohingegen sich die Beihilfefähigkeit allein nach der BayBhV bemisst.
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IV. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.