Titel:
Beiladungsbeschluß, Beiladung Dritter, Abhängige Beschäftigung, Verwaltungsverfahren, Sozialversicherungsrechtliche, Nießbrauchsrecht, Geschäftsanteil Abtretung, Gesellschaftsvertrag, Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, Rückforderungsrecht, Arbeitsförderung, Nießbrauchbestellung, notarielle Urkunden, Stimmrechtsvereinbarung, Gesellschafterbeschluss, Versicherungspflicht, Widerspruchsbescheid, Fremdgeschäftsführer, Gesellschafterliste, Gesellschafterkonten
Schlagworte:
Sozialgericht Augsburg, Beitragsnachforderung, Sozialversicherungspflicht, Abhängige Beschäftigung, Nießbrauchsrecht, Geschäftsführer, Klageabweisung
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Beschluss vom 06.12.2023 – L 6 BA 123/22
BSG Kassel, Beschluss vom 22.04.2025 – B 12 BA 2/24 B
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61183
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 22. Juli 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2021 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 41.505,60 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen in Höhe von 41.505,60 € für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 30.04.2020 aufgrund einer Betriebsprüfung.
2
Die Klägerin ist eine GmbH, die Grundbesitz an- und verkauft sowie Grundbesitz und eigenes Vermögen verwaltet.
3
Der Beigeladene wurde am 25.03.2015 zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführer der Klägerin bestellt. In der Satzung der Klägerin vom 25.03.2015 wurde in § 5 Abs. 3 festgelegt, dass der Beigeladene, auch wenn er nicht mehr Gesellschafter ist, nur aus wichtigem Grund als Geschäftsführer abberufen werden kann.
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Im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 25.03.2015 wurde für die Zeit vom 25.03.2015 bis 31.12.2015 ein festes Monatsgehalt von 1.000 Euro und für die Zeit ab 01.01.2016 von 4.000 € vereinbart. Ab 01.01.2019 wurde die Vergütung auf 5.000 € und ab 01.01.2020 auf 6.000 € monatlich erhöht. Im Anstellungsvertrag wurde ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen und die Fortzahlung der Bezüge im Falle einer Erkrankung oder sonstigen unverschuldeten Verhinderung für die Dauer eines Jahres festgelegt. Weiter wurde auch hier festgehalten, dass dem Geschäftsführer von der Klägerin nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden kann.
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Vom Stammkapital der Klägerin in Höhe von 25.000 € hielt zunächst der Beigeladene 100%. In § 6 Abs. 3 der Satzung der Klägerin vom 25.03.2015 wurde festgelegt, dass jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt und Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht Gesetz oder Satzung eine andere Mehrheit vorschreiben. Der Beigeladene gewährte der Klägerin Darlehen in Höhe von 1.792.500 €.
6
Mit notarieller Urkunde vom 19.05.2015 überließ der Beigeladene seinem Sohn und seiner Tochter unentgeltlich im Wege einer Schenkung jeweils die Hälfte der Geschäftsanteile an der Klägerin (jeweils 12.500 €) und trat die Anteile seinem Sohn und seiner Tochter mit sofortiger Wirkung ab. Gleichzeitig wurde dem Beigeladenen ein Nießbrauchsrecht bezüglich sämtlicher Nutzungen an den Geschäftsanteilen eingeräumt (§ 2 der Überlassung und Geschäftsanteilsabtretung vom 19.05.2015). Es wurde festgelegt, dass dem Beigeladenen für die Dauer der Nießbrauchsbestellung sämtliche auf die Geschäftsanteile entfallenden entnahmefähigen Gewinnanteile sowie die auf die Gesellschafterkonten entfallenden entnahmefähigen Zinsen zustehen. Weiter wurde der Verbleib der Stimm- und Verwaltungsrechte aus dem jeweiligen Geschäftsanteil beim jeweiligen Gesellschafter geregelt. Der Beigeladene wurde von den Erwerbern bevollmächtigt, die jeweiligen Stimmund Mitverwaltungsrechte für die Dauer der Nießbrauchsbestellung auszuüben. Das Recht der Erwerber, diese Stimm- und Mitverwaltungsrechte selbst auszuüben, wurde unberührt gelassen.
7
Für den Fall der Ausübung des jeweiligen Stimmrechtes durch die Erwerber wurde festgelegt, dass diese an die Weisungen des Beigeladenen gebunden sind und dessen Zustimmung benötigen, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die die Rechtsstellung des Beigeladenen beeinträchtigen können. Es wurde vereinbart, dass das Stimm- und Verwaltungsrecht für solche Maßnahmen bei dem Beigeladenen und den Erwerbern gemeinsam liegt. Weiter wurde geregelt, dass sich die Erwerber bezüglich des jeweils überlassenen Geschäftsanteils ihres Stimmrechts enthalten, wenn der Beigeladene von seinem Weisungsrecht keinen Gebrauch macht. Für den Fall, dass ohne Zustimmung des Beigeladenen über den Vertragsgegenstand verfügt wird, ein Antrag auf Scheidung der Ehe des Beigeladenen gestellt wird, der Erwerber vor dem Beigeladenen stirbt, eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Erwerbers eintritt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Vertragsgegenstand eingeleitet werden oder der Erwerber gegen die im Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung getroffenen Vereinbarungen verstößt, wurde ein Rückforderungsrecht des Beigeladenen vereinbart und eine durch die berechtigte Geltendmachung der Rückforderungsrechte aufschiebend bedingte Rückabtretung verfügt. Eine Aufnahme der Änderungen in das Handelsregister erfolgte am 28.07.2015.
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Die Beklagte führte vom 24.03.2020 bis 24.06.2020 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch und hörte die Klägerin mit an diese, vertreten durch den Beigeladenen, gerichteten Schreiben vom 15.05.2020 zu einer Nachforderung von 44.313,60 € für die Zeit ab 01.01.2016 an. Für den Beigeladenen bestehe seit 28.07.2015 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als Fremdgeschäftsführer gegen Arbeitsentgelt und infolgedessen Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Beigeladene verfüge seit der Geschäftsanteilsabtretung über keinen Anteil am Stammkapital. Beschlüsse der Klägerin würden mit einfacher Mehrheit gefasst. Kraft seines fehlenden Anteils am Stammkapital könne der Beigeladene keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin ausüben. Der Beigeladene sei in einer nicht von ihm selbst vorgegebenen Ordnung des Betriebes eingegliedert und dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln. Er unterliege der Überwachung durch die Gesellschafter. Ihm fehle zudem das eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko.
9
Die Stimmrechtsvereinbarung vom 19.05.2015 habe für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung keine Bedeutung. Auch im Falle der Einräumung eines Nießbrauchsrechts an einem Geschäftsanteil habe das Gesellschaftsrecht den Vorrang mit der Folge, dass Inhalt des Nießbrauchs nur sein könne, was gesellschaftsrechtlich zulässig sei. Da nach dem GmbH-Recht eine Abspaltung von Mitgliedschaftsrechten als unzulässig betrachtet werde, beinhalte ein eingeräumtes Nießbrauchsrecht jedenfalls nicht das Stimmrecht. Eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags geschlossene Stimmrechtsvereinbarung sei nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht wirkungslos werden zu lassen. Eine Stimmrechtsvereinbarung sei stets unter Beachtung der sich vorrangig aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Regelungen zur Beschlussfassung und zum Stimmrecht zu betrachten. Der Stimmrechtsvertrag habe nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien und bewirke bei Verstoß hiergegen keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. Im Konfliktfall seien Weisungen entgegen der Stimmrechtsvereinbarung zulässig. Auch die im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag festgelegte feste monatliche Vergütung, die Regelungen zum Urlaubsanspruch, die Kündigungsregelungen sowie die Regelungen über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit würden Indizien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung darstellen. Aus der Gewährung eines Darlehens folge kein wesentliches Unternehmerrisiko.
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Die Klägerin trug daraufhin vor, dass kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen bestehe. Der Beigeladene habe sich in der notariellen Urkunde vom 19.05.2015 nicht nur die Nutzungsrechte im Wege des Nießbrauchs vorbehalten, sondern auch eine notariell beurkundete Stimmbindungsvereinbarung mit seinen Kindern getroffen und für den Fall des Verstoßes gegen die Stimmrechtsbindung bereits eine dingliche Rückübertragung beurkundet. Damit könnten den Erwerbern durch eine einseitige dingliche Erklärung die Geschäftsanteile wieder entzogen werden und beeinträchtigende Weisungen sofort rückgängig gemacht werden. Weitere Erklärungen seitens der Erwerber bedürfe es hierzu nicht, da die dingliche Rückübertragung bereits aufschiebend beurkundet sei. Insofern habe die notariell getroffene Stimmrechtsvereinbarung auch sozialversicherungsrechtlich maßgebliche Bedeutung und der Beigeladene sei einem beherrschenden GmbH-Gesellschafter gleichzustellen. Er unterliege nicht den Weisungen der mit dem Nießbrauch belasteten Gesellschafter. Die Erwerber könnten auch nicht gegen den Willen des Beigeladenen über Geschäftsanteile verfügen.
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Mit an die Klägerin, vertreten durch den Beigeladenen, gerichteten Bescheid vom 22.07.2020 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2016 bis 30.04.2020 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge in Höhe von 41.505,60 € nach. Aufgrund eines seit 28.07.2015 (Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister) bestehenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen als Fremdgeschäftsführer gegen Arbeitsentgelt bestehe bis 31.03.2019 (Erreichen der Regelaltersgrenze) Versicherungs- und Beitragspflicht des Beigeladenen in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Ab 01.04.2019 seien für den Beigeladenen Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung zu entrichten. Unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist würden Beiträge erst ab 01.01.2016 nachberechnet. Ergänzend zu der in der Anhörung vom 15.05.2020 niedergelegten Argumentation wurde ausgeführt, dass die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht zum Bestimmen der Geschicke der Gesellschaft oder zumindest zur Verhinderung nicht genehmer Weisungen der Gesellschafterversammlung gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein müsse. Die notariell beurkundete Stimmbindungsvereinbarung sei unbeachtlich, da sie nicht durch Gesellschaftsvertrag zustande gekommen sei. Dasselbe gelte für die aufschiebend bedingte Rückübertragung der Geschäftsanteile an den Beigeladenen.
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Die Beklagte stellte auch dem Beigeladenen gegenüber mit Bescheid vom 22.07.2020 fest, dass seit 28.07.2015 eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt bei der Klägerin ausgeübt werde, in der Versicherungsfreiheit bestehe und bis 31.03.2019 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
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Am 14.08.2020 erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten unter Hinweis darauf, dass eine für die Dauer des Nießbrauchsrecht nicht entziehbare Stimmrechtsbindung vorliege, Widerspruch. Wirtschaftlich und tatsächlich habe der Beigeladene eine einem Alleingesellschafter entsprechende Rechtsmacht, da er in einer unentziehbaren Position über die wirtschaftlichen Geschicke der Gesellschaft entscheide. Als Nießbraucher trage er die wirtschaftlichen Risiken und Chancen der Gesellschaft. Mit der unkündbaren Stimmrechtsbindung und Einräumung des Nießbrauchsrecht habe der Beigeladene Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen, um zumindest ihm nicht genehme Weisungen verhindern zu können. Er unterliege nicht den Weisungen der Gesellschafter. Jede andere Auslegung stelle eine verfassungswidrige Rechtsfortbildung dar.
14
Die Beklagte wies den Widerspruch mit an die Klägerin, vertreten durch den Beigeladenen, gerichteten Widerspruchsbescheid vom 09.02.2021 zurück. Für die versicherungsrechtliche Beurteilung eines GmbH-Geschäftsführers sei die dingliche Ebene entscheidend. Die eingeräumten befristeten Nießbrauchsrechte an den übertragenen Gesellschaftsanteilen seien der schuldrechtlichen Ebene zuzurechnen und für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unbeachtlich. Ein eingeräumtes Nießbrauchsrecht beinhalte jedenfalls nicht das Stimmrecht, da eine Abspaltung von Mitgliedschaftsrechten unzulässig sei. Der Beigeladene sei seit 28.07.2015 Fremdgeschäftsführer, sodass eine selbstständige Tätigkeit ausscheide.
15
Am 26.02.2021 hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit im Wesentlichen der Widerspruchsbegründung entsprechender Argumentation Klage erhoben. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass der Beigeladene durch die persönliche Gewährung von Darlehen ein wesentliches unternehmerisches Risiko trage. Zudem habe der Beigeladene zugunsten der Klägerin Bürgschaften in Höhe von insgesamt 24.122.520 € übernommen. Ohne die Darlehen und die Bürgschaften des Beigeladenen habe die Klägerin keine Geschäfte tätigen und keinen Gewinn erwirtschaften können. Sämtliche Gewinne, die die Klägerin erwirtschafte, würden dem Beigeladenen zustehen. Wenn die Klägerin nicht erfolgreich gewesen wäre, hätte der Beigeladene aufgrund der Bürgschaften die Verluste tragen müssen. Während des Nießbrauchs partizipiere ausschließlich der Beigeladene an dem wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin. Somit habe der Beigeladene das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit getragen. Da die Rechtsposition des Beigeladenen unentziehbar sei, stehe eine Verneinung von abhängiger Beschäftigung auch mit der von der Rechtsprechung geforderten Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände in Einklang. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag sei geschlossen worden, als der Beigeladene noch alleiniger Gesellschafter der Klägerin war und könne deshalb nicht als Indiz für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden.
16
Die Beklagte hat entgegnet, dass die Nießbrauchbesteller vollberechtigte Gesellschafter bleiben würden. Ihnen würden die Verwaltungsrechte und insbesondere das Stimmrecht vorbehalten bleiben. Durch die Begründung des Nießbrauchs übertrage der Eigentümer das Recht zur Nutzung und zur Ertragsgewinnung an einen Dritten und behalte nur das Verfügungsrecht für sich. Dem Nießbraucher würden nur die Vermögensrechte zufallen, während die Herrschafts- und Mitverwaltungsrechte beim Gesellschafter verbleiben. Einem Übergang der Mitverwaltungsrechte stehe der gesellschaftsrechtliche Grundsatz entgegen, dass diese Rechte wegen ihres sozialrechtlichen Charakters nicht von der Person des Gesellschafters getrennt werden könnten (Abspaltungsverbot). Es sei ohne Bedeutung, dass ein Widerruf der Ausübung von Stimmrechten in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde. Mit einer Bürgschaftsübernahme setze der Bürge kein eigenes Kapital ein, dessen wirtschaftlicher Erfolg ungewiss sei. Er trage kein echtes Unternehmerrisiko.
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Der Beigeladene hat sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen. Er macht zudem geltend, dass der angegriffene Bescheid bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig sei. Die Beklagte habe ihn und die betroffenen Fremdversicherungsträger nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt. Die rechtlich gebotene Beteiligung werde nicht dadurch ersetzt, dass der Bescheid vom 22.07.2020 auch dem Beigeladenen bekannt gegeben und er zum gerichtlichen Verfahren beigeladen wurde. Dasselbe gelte hinsichtlich der Fremdversicherungsträger.
18
Die Beklagte hat entgegnet, dass der Beigeladene entgegen seinen Ausführungen am Verwaltungsverfahren beteiligt worden sei. Es sei ihm der Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern überreicht und dieser sei von ihm ausgefüllt worden. Weiter sei der Beigeladene als Geschäftsführer der Klägerin Adressat der Anhörung zu den Feststellungen der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung gewesen. Eine zusätzliche Beteiligung des Beigeladenen sei nicht erforderlich gewesen, da der Beigeladene bereits als Organwalter der Klägerin beteiligt gewesen sei. Es sei nicht notwendig gewesen, die betroffenen Fremdversicherungsträger an der Entscheidung der Beklagten zu beteiligen.
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Der Beigeladene hat vorgetragen, dass der Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern von ihm gerade nicht als in eigener Person Beteiligter ausgefüllt worden sei. Dasselbe gelte für die durchgeführte Anhörung. Der angegriffene Bescheid sei dem Beigeladenen als weiteren Betroffenen ohnehin zwingend bekanntzugeben gewesen. Der Umstand, dass der Beigeladene Adressat des bestandskräftigen weiteren Bescheides vom 22.07.2020 sei, bleibe ohne Auswirkung auf die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens bezüglich des vorliegend streitgegenständlichen Bescheides. Dass der Beigeladene als deren Geschäftsführer die Klägerin vertrete, mache seine eigenständige Beteiligung als natürliche Person nicht überflüssig. Aufgrund der verfassungsrechtlich zwingend gebotenen Unterscheidung der Rechtssubjekte werde der Beigeladene, wenn er ausdrücklich und allein in seiner Funktion als Organ der Klägerin adressiert werde, nicht gleichzeitig als natürliche Person und in eigenen Rechten betroffen. Die ständige obergerichtliche Rechtsprechung behandle die fehlende Beteiligung als Anhörungsfehler.
20
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2021 aufzuheben.
21
Die Beklagte beantragt,
22
Der Beigeladene hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen.
23
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
24
Die form- und fristgerecht zum zuständigen Sozialgericht Augsburg erhobene Klage ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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1. Der angegriffene Bescheid ist nicht formell rechtswidrig, weil der beigeladene und die Bundesagentur für Arbeit von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens nicht benachrichtigt wurden und sich am Verwaltungsverfahren nicht beteiligen konnten.
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§ 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X bestimmt, dass ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen ist, wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für ihn hat. Soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.
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Zwar hat die im streitgegenständlichen Bescheid getroffene Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen für ihn und die Bundesagentur für Arbeit rechtsgestaltende Wirkung. Jedoch konnte die Beklagte von einer Benachrichtigung des Beigeladenen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB X vom Verwaltungsverfahren absehen, da der Beigeladene bereits Kenntnis hiervon hatte (zur Entbehrlichkeit der Benachrichtigung eines Dritten vom Verwaltungsverfahren bei bestehender Kenntnis hiervon siehe Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.06.1993, Az. 12 RK 48/91 und in einem dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 19.03.2015, Az. L 6 KR 41/11, jeweils juris). Denn die im streitgegenständlichen Verwaltungsverfahren durchgeführte Anhörung der Klägerin – und später auch der streitgegenständliche Bescheid – war an den Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin adressiert. Auch der Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung wurde vom Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin ausgefüllt. Hinzu kommt, dass die Beklagte am 22.07.2020 auch gegenüber dem Beigeladenen als natürliche Person einen Bescheid erlassen hat, mit dem sie feststellte, dass seine Tätigkeit für die Klägerin eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt mit bis 31.03.2019 bestehender Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung darstellt.
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Zudem kann nach § 42 Satz 1 SGB X die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Vorliegend kann aufgrund dessen, dass der Beigeladene als Organ der Klägerin im Verwaltungsverfahren sämtliche aus seiner Sicht relevanten Angaben machen konnte, davon ausgegangen werden, dass eine Beteiligung des Beigeladenen im Verwaltungsverfahren keine weiteren Erkenntnisse erbracht hätte und der streitgegenständliche Bescheid auch bei einer Beteiligung des Beigeladenen am Verwaltungsverfahren mit demselben Inhalt ergangen wäre. Die fehlende Benachrichtigung vom Verwaltungsverfahren hat die Entscheidung der Beklagten vorliegend nicht beeinflusst.
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§ 42 Satz 2 SGB X, wonach Satz 1 nicht gilt, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben ist, ist nach Ansicht des Gerichts nicht anwendbar, da nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur einem Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist. Ob ein Dritter am Verwaltungsverfahren zu beteiligen ist, stellt eine Vorfrage und § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X eine gesonderte Verfahrensvorschrift dar.
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Die unterbliebene Benachrichtigung der Bundesagentur für Arbeit hat ebenfalls nicht die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids zur Folge. Denn wenn der beigeladene Dritte nicht zu erkennen gibt, ob und gegebenenfalls inwieweit er an der Aufhebung oder Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes Interesse hat, kann unterstellt werden, dass er auf die Wiederholung des Verwaltungsverfahrens unter seiner Beteiligung verzichtet (Urteil des BSG vom 09.08.2006, Az. B 12 KR 30/06 R, juris). Vorliegend hat die Bundesagentur für Arbeit zunächst die Beiladung zum Gerichtsverfahren beantragt, später aber mitgeteilt, dass der Antrag auf Beiladung versehentlich gestellt wurde und gebeten, den Beiladungsbeschluss wieder aufzuheben. Damit hat die Bundesagentur für Arbeit von ihrer Möglichkeit, im Gerichtsverfahren selbstständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen, keinen Gebrauch gemacht und nicht zu erkennen gegeben, ob und gegebenenfalls inwieweit sie an der Aufhebung oder Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes Interesse hat, und es kann unterstellt werden, dass sie auf die Wiederholung des Verwaltungsverfahrens verzichtet.
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Dem vom Beigeladenen gestellten Antrag auf Aussetzung des Rechtsstreits nach § 114 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Nachholung der Beteiligung des Beigeladenen und des Fremdversicherungsträgers hat das Gericht deshalb nicht entsprochen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 41 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 SGB X eine erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann. Bei Annahme eines Verfahrensfehlers könnte deshalb auch in einem eventuellen Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht noch eine entsprechende Heilung erfolgen.
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2. Der streitgegenständliche Bescheid kann auch materiell-rechtlich nicht beanstandet werden. Die Beklagte hat zu Recht Beitragsnachforderungen gegen die Klägerin festgesetzt. Der Beigeladene unterlag vom 01.01.2016 bis 31.03.2019 als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und vom 01.04.2019 bis 30.04.2020 waren für den Beigeladenen Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung zu entrichten.
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Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber.
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Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Verpflichtung zur Tragung des Arbeitgeberanteils der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung knüpft an die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt an (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III –, §§ 1 Satz 1 Nr. 1, 172 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI –). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung ist von einer selbständigen Tätigkeit abzugrenzen. Die selbständige Tätigkeit ist insbesondere durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte sowie die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und -zeit gekennzeichnet.
35
Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei einem Geschäftsführer einer GmbH aber vor allem nach dem Umfang seiner Kapitalbeteiligung und dem Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft. Der Geschäftsführer einer GmbH muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, am Gesellschaftskapital beteiligt (Gesellschafter-Geschäftsführer) sein und über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50% der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende (echte oder qualifizierte), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe z.B. Urteil vom 01.02.2022, Az. B 12 KR 37/19 R m.w.N., juris).
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Nach diesen Maßstäben war der Beigeladene im streitigen Zeitraum bei der Klägerin als Geschäftsführer abhängig beschäftigt. Er hielt im streitigen Zeitraum weder jeweils mindestens 50% der Anteile am Stammkapital noch verfügte er über eine umfassende Sperrminorität.
37
Das dem Beigeladenen mit notarieller Urkunde vom 19.05.2015 eingeräumte Nießbrauchsrecht bezüglich sämtlicher Nutzungen an den Geschäftsanteilen verleiht ihm nicht die Rechtsmacht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können (vgl. das zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangene, in der Gerichtsakte enthaltene und den Beteiligten übermittelte Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.02.2019, Az. L 14 R 5114/17, bezüglich dessen die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluss des BSG vom 29.07.2019, Az. B 12 R 16/19 B, juris, zurückgewiesen wurde). Denn in der Nießbrauchsabrede wurde ausdrücklich vereinbart, dass die Stimm- und Verwaltungsrechte bei dem jeweiligen Gesellschafter verbleiben.
38
Auch in Verbindung mit den weiteren, in der notariellen Urkunde vom 19.05.2015 getroffenen Vereinbarungen zur Stimmrechtsausübung ist dem Beigeladenen keine Rechtsmacht zur Bestimmung der Geschicke der Klägerin verliehen worden. Denn außerhalb des Gesellschaftsvertrags zustande gekommene, sich auf die Stimmverteilung auswirkende Abreden sind für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe z.B. Urteil vom 14.03.2018, Az. B 12 KR 13/17 R, juris). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Vetorechte sind nicht zu berücksichtigen. Sie genügen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände.
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Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die schuldrechtlich vereinbarte Stimmrechtsvollmacht und Weisungsgebundenheit der Gesellschafter bzw. die vereinbarte Zustimmungspflicht des Beigeladenen in zulässiger Weise nur widerruflich vereinbart werden konnten (Urteil des BSG vom 11.11.2015, Az. B 12 R 2/14 R m.w.N., juris) und bereits deshalb nicht geeignet sind, die Rechtsmacht innerhalb der Klägerin zu verschieben. Hinzu kommt, dass auch eine zustimmungsfreie oder weisungswidrige Stimmabgabe durch die Gesellschafter gesellschaftsrechtlich wirksam ist.
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Auch aus dem in der notariellen Urkunde vom 19.05.2015 vereinbarten Rückforderungsrecht des Beigeladenen für den Fall des Verstoßes der Gesellschafter gegen die im Zusammenhang mit der Nießbrauchsbestellung getroffenen Stimmrechtsvereinbarungen in Verbindung mit der bereits verfügten, aufschiebend durch die berechtigte Geltendmachung des Rückforderungsrechts bedingten Rückabtretung, ergibt sich keine Änderung der Rechtsmacht innerhalb der Klägerin zu 1. Denn die Bedingung – die berechtigte Geltendmachung des Rückforderungsrechts – war nicht eingetreten. Es ist ausschließlich die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich verteilte, nicht aber eine nur nach weiteren Rechtshandlungen denkbare Rechtsmacht maßgebend. Selbst bei Eintritt der Bedingung würde der Beigeladene erst ab Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister als Gesellschafter der Klägerin und damit als in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt gelten. Bis zu diesem Zeitpunkt steht den Gesellschaftern der Klägerin das Stimmrecht zu (Urteil des BSG vom 12.05.2020, Az. B 12 R 11/19 R, juris).
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Die in § 5 Abs. 3 der Satzung der Klägerin festgelegte Beschränkung des Rechts zur Abberufung des Beigeladenen als Geschäftsführer auf wichtige Gründe ändert die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ebenfalls nicht. Auch wenn damit die Bestellung des Beigeladenen als Geschäftsführer nicht jederzeit widerruflich ist, resultiert daraus keine Rechtsmacht, die Geschicke der Klägerin zu bestimmen (Urteil des BSG vom 01.02.2022, a.a.O.).
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Ebenso wenig ergibt sich aus der Übernahme von Bürgschaften und der Gewährung von Darlehen eine Einflussmöglichkeit, die mit der eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers vergleichbar wäre und zu einer Änderung der Beurteilung führen würde (siehe z.B. Urteile des BSG vom 28.06.2022, Az. B 12 R 4/20 R, vom 29.07.2015, Az. B 12 KR 23/13 R und vom 11.11.2015, Az. B 12 R 2/14 R, juris).
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Für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen spricht auch der zwischen ihm und der Klägerin geschlossene Anstellungsvertrag, der typische Regelungen eines Arbeitsvertrages enthält. Denn dort wurde die Zahlung einer festen monatlichen Vergütung, ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen und die Fortzahlung der Bezüge im Falle einer Erkrankung festgelegt. Dass der Anstellungsvertrag bereits vor der Anteilsabtretung durch den Beigeladenen an seine Kinder geschlossen wurde, ist irrelevant, da – wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ausgeführt wurde – die Anteilsabtretung bereits zum Zeitpunkt der Gründung der GmbH geplant war und auch bereits knapp zwei Monate nach Gründung der GmbH durchgeführt wurde.
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Nach Auffassung des Gerichts stellt es keine unzulässige Rechtsfortbildung dar, wenn bezüglich Geschäftsführern einer GmbH entscheidend auf die Rechtsmacht innerhalb der Gesellschaft abgestellt wird. Vielmehr ermöglicht dies eine zulässige und erforderliche Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 7 Abs. 1 SGB IV, die praktikabel und für alle Beteiligten vorhersehbar ist.
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Fehler in den Berechnungen der Beklagten sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Klage war deshalb abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören und die Klägerin in dem Verfahren unterlegen ist. Der Beigeladene hat einen Antrag gestellt und das Verfahren durch eigenen Vortrag gefördert, sodass es der Billigkeit entspricht, seine Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
48
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Klage einen auf eine bezifferte Geldleistung bezogenen Verwaltungsakt betraf, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).