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AG Ingolstadt, Endurteil v. 25.07.2022 – 13 C 70/22
Titel:

Mitverschulden, Zahlung, Kostenentscheidung, Forderung, Anspruch, Angemessenheit, Vollstreckbarkeit, Darlegungslast, Inanspruchnahme, Klage, Zinsen, Stellungnahme, Ingenieur, Beklagte

Schlagworte:
Mitverschulden, Zahlung, Kostenentscheidung, Forderung, Anspruch, Angemessenheit, Vollstreckbarkeit, Darlegungslast, Inanspruchnahme, Klage, Zinsen, Stellungnahme, Ingenieur, Beklagte
Fundstelle:
BeckRS 2022, 49741

Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 443,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.12.2021 sowie weitere 76,44 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.12.2021 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 443,20 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
2
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 443,20 € und 76,44 € vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren jeweils nebst Zinsen verlangen.
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1. Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
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2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 443,20 € Sachverständigenkosten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, 249 ff. BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S.1 Nr.1 VVG, § 1 PflVG, §§ 398 ff. BGB.
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Die Beklagte ist der geschädigten Zedentin unstreitig aus einem Verkehrsunfall vom 12.03.2021 in Adelschlag/Pietenfeld zum Schadensersatz dem Grunde nach verpflichtet.
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a) Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte vorgehen. Die Geschädigte hat ihre Forderung gegen die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten.
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Soweit die Beklagte unter Verweis auf BGH, Az. VI ZR 135/19 die Wirksamkeit der Abtretung bestreitet, ist die vom BGH entschiedene Fallgestaltung mit der hiesigen schon nicht vergleichbar. Der BGH hatte über eine formularmäßige Abtretungsklausel zu entscheiden, in der gleichzeitig Regelungen für die Inanspruchnahme des Geschädigten durch den Sachverständigen bei Nicht- oder Teilzahlung der Sachverständigenkosten durch den Unfallgegner enthalten waren. Derartige formularmäßige Zusatzregelungen enthält die streitgegenständliche Abtretungserklärung jedoch nicht. Dies muss auch nicht geregelt werden, da hierfür die allgemeinen Vorschriften des BGB zur Anwendung kommen können.
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b) Zu den zu erstattenden Kosten zählen in diesem Fall auch die Kosten für die ergänzende Stellungnahme durch einen Sachverständigen.
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Die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten setzt voraus, dass die Maßnahme jedenfalls aus der Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung erforderlich war, § 249 Abs. 2 BGB. Der Schädiger hat grundsätzlich für alle durch das Schadensereignis verursachten Kosten einzustehen, an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 1995, 446).
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Auch die Beklagte stellt insoweit die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit derartiger Kosten dem Grunde nach nicht in Frage. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass es sich bei der Geschädigten nicht um einen technischen Laien handelt, der überdies über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, so dass die Geschädigte ohne erneute Hinzuziehung des Sachverständigen ohne weiteres zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage gewesen wäre, handelt es sich um einen auf das Mitverschulden zielenden Einwand. Dieser ist jedoch streitgegenständlich nicht zielführend. Auch bei der Inanspruchnahme „hausinterner Experten“ wären nach allgemeinen wirtschaftlichen Verständnis Kosten angefallen. Die Geschädigte hätte für die technischen Fragen und die rechtliche Frage jeweils Fachkräfte einschalten müssen, deren Einsatz ebenfalls mit Kosten für die Geschädigte verbunden wäre. Unter diesem Aspekt ist schon nicht ersichtlich, dass hierdurch geringere Kosten angefallen wären. In dem Fall hätten sich zwei weitere Fachkräfte – vermutlich ein Ingenieur und ein Rechtsanwalt – einarbeiten und die Sache bearbeiten müssen, wohingegen der Sachverständige mit der Fallgestaltung bereits vorbefasst war und die nötige Fachkompetenz quasi „bündelt“.
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c) Die Schadenshöhe ist mit 443,20 € zu bemessen.
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Die Klägerin hatte ihrer Darlegungslast durch Vortrag der konkret erbrachten Arbeitsleistungen, des hierfür eingesetzten Zeitaufwandes und des angesetzten Stundensatzes genügt. Die Beklagte bestreitet insoweit ohne nähere Begründung die Angemessenheit und Ortsüblichkeit der abgerechneten Kosten. Dieses einfache Bestreiten ist unbehelflich, § 138 Abs. 3 ZPO. Es hätte der Beklagten oblegen, die von ihr nicht für erforderlich gehaltenen Positionen substantiiert zu bestreiten. Die Schadenshöhe ist daher als unstreitig zu behandeln, § 138 Abs. 3 ZPO.
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3. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind als Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 249 BGB ebenfalls ersatzfähig. Sie berechnen sich entsprechend dem Gegenstandswert des ersatzfähigen Schadens. Es ist eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 RVG Nr.2300 VV RVG zuzüglich Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr.7002 VV RVG zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 19% ersatzfähig. Nachdem insgesamt ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 443,20 € vorliegt, ergeben sich vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 76,44 € netto.
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4. Die Klageforderung ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB wie tenoriert zu verzinsen. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 10.12.2021 den Ausgleich der Forderung nochmals, also endgültig abgelehnt.
II.
15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.