Inhalt

VG München, Urteil v. 11.05.2022 – M 29 K 20.6439
Titel:

Beseitigungsanordnung für Schwimmbecken

Normenketten:
BayBO Art. 76
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 15
BNatSchG § 44
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Festsetzung einer privaten Grünfläche schließt eine Bebaubarkeit der Fläche nicht grundsätzlich aus. Bauliche Anlagen sind im Rahmen der jeweiligen Zweckbestimmung der Grünfläche nicht ausgeschlossen, wenn sie eine nur untergeordnete Bedeutung haben. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, darf jedenfalls nicht aus Gründen befreit werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wenn in einem Gebiet, in dem sich bauordnungswidrige Zustände häufen, Ordnung geschaffen werden soll, so sind Zeit, Art und Maß der bauaufsichtlichen Maßnahmen so zu bestimmen, dass dem Einschreiten im Einzelfall ein der Sachlage angemessenes System zugrunde liegt und dass dieses System durchgeführt wird. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn es dem Einschreiten an jedem System fehlt, für die Art des auch zeitlichen Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und deshalb die Handhabung als willkürlich angesehen werden muss. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Festsetzung einer privaten Grünfläche, dienende Nebenanlagen untergeordneter Bedeutung, naturschutzrechtliches Zugriffsverbot, Schwimmbecken, Grundzüge der Planung, Befreiung, Gleichheitssatz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 02.03.2023 – 1 ZB 22.1858
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44717

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Beseitigungsanordnung des Beklagten.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks mit der Fl.Nr. …/6, Gemarkung … Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „ … – … …“ vom 12. November 1997. Für das Grundstück des Klägers ist darin im südlichen Grundstücksteil eine private Grünfläche festgesetzt.
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In den weiteren Festsetzungen des Bebauungsplanes heißt es:
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5. Bauliche Gestaltung
(…)
5
c) Werden außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche Nebengebäude als untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen i.S. des Art. 14 Abs. 1 BauNVO errichtet, darf ihre Grundfläche insgesamt nicht mehr als 16 m² je Baugrundstück betragen. Die Höhe dieser Nebenanlagen darf 2,50 m nicht überschreiten. Sie sind grundsätzlich in Holzbauweise mit Pult- oder Satteldach auszuführen. Für die Dacheindeckung gelten die Vorschriften in Festsetzung 5.a).
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d) (…) Stützmauern sind nur in einer Höhe von höchstens 0,50 m zulässig.
(…)
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8. Grünordnung
8
8 a) Die Straßenbegleitgrünfläche und die private Grünfläche außerhalb der Baugrundstücke ist, soweit nicht durch Festsetzung 8.c) und d) besondere Pflanzgebote festgesetzt sind, als 2- bis 3-schürige, ungedüngte Wiese mit Einsaat von Landschaftsrasen zu gestalten.
(…)
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9. Vermaßung (…)
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c) Veränderungen des natürlichen, in der Planzeichnung kenntlich gemachten Geländes sind auf eine 3 mZone um die Neubauten und auf die Anlage von Treppen, Zugangsrampen und Terrassen zu beschränken. Abgrabungen und Aufschüttungen dürfen dabei eine Höhe von 0,50 m nicht überschreiten.
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Bei einer Baukontrolle des Landratsamtes am 2. Oktober 2018 wurde festgestellt, dass der Kläger im südlichen Bereich seines Grundstücks einen Teich nebst einer Holzhütte, einem Nebengebäude aus Beton und einer Betonwand an der südlichen Grundstücksgrenze errichtet hat. Daraufhin wurde noch vor Ort mündlich die Einstellung der Bauarbeiten verfügt. Ein entsprechender schriftlicher Bescheid des Landratsamtes erging am 5. Oktober 2018. Zur Begründung heißt es dort, das Bauvorhaben des Klägers sei genehmigungspflichtig. Für die Nebengebäude sei nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 6g BayBO eine isolierte Befreiung erforderlich.
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Mit Schreiben vom 2. Mai 2019 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten Beseitigungsanordnung angehört. Danach sollte die Beseitigung eines Schwimmbeckens im Rohbauzustand (20 m x 10 m), eines Gebäudes aus Holz mit Walmdach (3 m x 3 m), eines betonierten Gebäudes, einer Stützmauer sowie erfolgter Aufschüttungen und Abgrabungen angeordnet werden.
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Bei einer Besprechung im Landratsamt am 4. Juli 2019 brachte der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger vor, er wolle einen Naturschwimmteich mit Klärbereich und Wiedereingrünung errichten. Die hierfür gefällten Bäume seien bereits abgestorben gewesen. Er sei zu Ersatzpflanzungen bereit. Er überlege zudem, einen Bauantrag einzureichen und wolle mit der Gemeinde wegen einer Änderung des Bebauungsplanes in Verbindung treten.
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Die weiteren Bemühungen des Klägers, eine Änderung der ihn betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes zu erreichen, scheiterten in der Folgezeit.
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Mit E-Mail vom … November 2019 wandte sich der Klägerbevollmächtigte an das Landratsamt und führte aus, der Schwimmteich widerspreche nicht den Festsetzungen einer privaten Grünfläche, da Teiche regelmäßig zur Gartengestaltung zählten. Auch die Nebengebäude seien zulässig. Die Festsetzung in Ziffer 5.c) des Bebauungsplanes sei so verstehen, dass Nebengebäude auch auf privaten Grünflächen zulässig seien. Die festgelegte Grundfläche beziehe sich dabei auf das Baugrundstück und nicht auf die private Grünfläche. Hinsichtlich der an der Südgrenze des Grundstücks errichteten Stützmauer sei fraglich, ob insoweit nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung gegeben seien. Die Festsetzung könne nur ortsgestalterische Ziele verfolgen. Durch die Begrünung der Stützmauer sei diese jedoch nicht erkennbar, sodass sich ortsgestalterische Auswirkungen nicht ergäben. Gleiches gelte für die vorgenommenen Aufschüttungen und Abgrabungen. Insgesamt stelle sich im Rahmen einer Beseitigungsanordnung auch die Frage der Verhältnismäßigkeit.
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Mit Bescheid des Landratsamtes vom 3. November 2020, zugestellt am 9. November 2020, wurde der Kläger zur Beseitigung der sich auf seinem Grundstück befindenden baulichen Anlagen verpflichtet, nämlich
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a) einem Schwimmbecken inkl. Flachwasserzonen (ca. Länge 24 m x Breite 13,5 m)
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b) eines sechseckigen Gebäudes mit Walmdach (ca. Fläche 10,3 m, Seitenlängen des Sechseck ca. 2 m, Traufhöhe 1,4 m, Firsthöhe 3,4 m)
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c) einer baulichen Anlage aus Beton zur voraussichtlichen Unterbringung von technischen Einrichtungen (ca. Länge 2,5 m x Breite 1, 8 m x Höhe 1,6 m)
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d) einer Geländestützmauer aus L-Betonsteinen entlang der südlichen Grundstücksgrenze (ca. Höhe 1,2 bis 2,0 m über der natürlichen Geländeoberfläche der Nachbargrundstücke Fl.Nrn. 158 und 160 bei einer Länge von über 35 m)
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e) Aufschüttungen und Abgrabungen, so dass auf dem Grundstück Fl.Nr. 164/6 das natürliche Geländeniveau wiederhergestellt ist
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Zugleich wurden Zwangsgelder in Höhe von 1.000,- bis 2.500,- € für die unterschiedlichen Beseitigungsanordnungen angedroht.
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Zur Begründung des Bescheides heißt es, die Errichtung eines Schwimmteiches sei genehmigungspflichtig, da dieser ein Volumen von mehr als 100 m³ aufweise. Die baulichen Anlagen widersprächen den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Die private Grünfläche sei mit Ausnahme der Einfriedungen, deren Ausgestaltung in Ziffer 5.d) geregelt sei, grundsätzlich der Bebauung entzogen. Die Festsetzung in Ziffer 8.a) regele, dass die private Grünfläche als ungedüngte Wiese mit Einsaat von Landschaftsrasen zu gestalten sei. Zwar seien kleinere, untergeordnete Wasserflächen möglich, soweit sie naturnah gestaltet seien. Ein Gebäude zur Freizeitgestaltung und ein über 300 m² großer Schwimmteich erfüllten diese Voraussetzungen aber nicht. Einfriedungen seien nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur bis 1,20 m und Stützmauern bis 0,50 m zulässig. Die Geländeveränderung und die massive, von weitem sichtbare Stützmauer stellten zudem einen erheblichen Eingriff in das natürliche Gelände dar. Die erfolgten Abgrabungen und Aufschüttungen lägen außerhalb der 3mNeubau-Zone innerhalb der privaten Grünfläche. Überdies sei die festgesetzte private Grünfläche nicht mit den üblichen Gartenbereichen vergleichbar, da für letztere die Festsetzung von Baugrenzen ausgereicht haben würde. Befreiungen seien nicht möglich, da die Grundzüge der Planung berührt seien. Überdies seien sie auch städtebaulich nicht vertretbar, da insbesondere die Stützmauer bereits aus weiter Ferne sichtbar sei. Die vom Kläger benannten Bezugsfälle von Schwimmbecken in der näheren Umgebung seien erheblich kleiner. Im Übrigen würden auch dort Beseitigungsverfahren geprüft.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am ... Dezember 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenen Klage.
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Er ist der Auffassung, der Bebauungsplan setze zwar Teile der privaten Grundstücke als private Grünfläche fest, nehme diesen Bereichen aber nicht ihre Eigenschaft als Privatgärten und deren Bebaubarkeit. Namentlich fehle eine Festsetzung dergestalt, dass diese Flächen von Bebauung freizuhalten seien. Bauliche Anlagen seien jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn sie nur eine untergeordnete Bedeutung hätten und ihrerseits nicht für die festgesetzte Grünfläche prägend seien. Zur Nutzung eines Privatgartens gehöre eben auch die Einrichtung von Gartenteichen, Gartenhütten und sonstigen Anlagen. Würde die Festsetzung in Ziffer 8.a) des Bebauungsplanes so zu verstehen sein, dass die gesamte Grünfläche mit einer ungedüngten Wiese anzulegen sei, würde dies erkennbar der Zweckbestimmung als Garten zuwiderlaufen. Zudem sei das Grundstück des Klägers sehr groß und vertrage einen so großen Teich. Dass Technik verwendet werde, sei ebenfalls unerheblich, weil sonst ja auch kleine Wasserspiele unzulässig sein würden. Die Festsetzung in Ziffer 5.c) lasse auch Nebenanlagen im Bereich der privaten Grünfläche zu. Die Stützmauer an der südlichen Grundstücksgrenze sei auch keine Einfriedung im Sinne der Festsetzungen des Bebauungsplanes. Soweit für das Vorhaben des Klägers Befreiungen erforderlich seien, könnten diese erteilt werden. Die Festsetzung der Grünfläche bliebe hiervon unberührt. Die Festsetzungen zu Einfriedungen und Geländeveränderungen stellten keine Grundzüge der Planung dar. Im Übrigen werde der Teich völlig natürlich wirken und die Stützmauer derart begrünt und bepflanzt sein, dass sie als reiner Geländeversprung wahrgenommen werde. Die Umhausung der Technikanlage werde ebenfalls begrünt. Die Hütte trete lediglich als Gartenpavillon in Erscheinung. Schließlich widerspreche eine Beseitigung des Gartenteiches auch dem Bundesnaturschutzgesetz, da dort mittlerweile ein Biotop entstanden sei. Die Beseitigungsanordnung verstoße ferner gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Nachbarn des Klägers keine Beseitigungsverfügung erhalten hätten. Zudem habe das Landratsamt kein hinreichendes Sanierungskonzept.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Landratsamtes vom 3. November 2020 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf die Gründe des angefochtenen Bescheides und trägt ergänzend vor, die Errichtung eines massiven Holzgebäudes sowie eines über 300 m² großen Schwimmteichs, dessen ordnungsgemäßer Betrieb der Errichtung einer technischen Anlage bedürfe, zur intensiven Freizeitgestaltung könne nicht mehr als satzungskonformes Gestaltungselement einer naturbelassenen Wiese gewertet werden. Das errichtete Nebengebäude sei ferner zu hoch und mit einem Walmdach versehen. Seitens der unteren Naturschutzbehörde gebe es keine Anhaltspunkte für geschützte Arten im Schwimmteich. Ein Rückbau der Anlage sei ferner nicht ausreichend, um den Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften auszuräumen. Auch sei nicht erkennbar, ob ein solcher bautechnisch sinnvoll sei. Der Kläger habe jedenfalls keine Rückbauvorschläge unterbreitet. Hinsichtlich der sich in der näheren Umgebung befindenden Teiche der Nachbarn habe das Landratsamt Verfahren zur Beseitigung eingeleitet. Man wolle vor dem Erlass von weiteren Beseitigungsanordnungen das hiesige Verfahren abwarten. Die weitere Bearbeitungspriorisierung erfolge nach der Größe der jeweiligen Teichflächen und den personellen Möglichkeiten der Behörde.
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Das Gericht hat am 11. Mai 2022 über die örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheines erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2022, in der die Beteiligten ihre Anträge stellten, wird auf das Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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Die Beseitigungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Voraussetzung einer Beseitigungsanordnung ist sowohl die formelle als auch die materielle Baurechtswidrigkeit des zu beseitigenden Bauvorhabens.
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I. Die formelle Illegalität des streitgegenständlichen Bauvorhabens folgt aus dem Fehlen der erforderlichen Baugenehmigung. Zwar sind Schwimmbecken als Anlagen in Gärten und zur Freizeitgestaltung nicht grundsätzlich genehmigungspflichtig. Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 a) BayBO gilt die Verfahrensfreiheit jedoch nur bis zu einem Beckeninhalt von 100 m³. Der Schwimmteich des Klägers weist demgegenüber ein Volumen von mehr als 300 m³ auf und ist damit nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Da die weiteren Anlagen, wie die Holzhütte, die Technikumhausung oder die Stützmauer, ein einheitliches Bauvorhaben darstellen, unterfallen auch diese Anlagen der Genehmigungspflicht, sodass das Bauvorhaben insgesamt formell baurechtswidrig ist (vgl. Decker, in Busse/Kraus, BayBO, Stand: September 2021, Art. 55 Rn. 33).
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II. Das Bauvorhaben steht hinsichtlich des Schwimmteiches (hierzu unter 1.), der Holzhütte (hierzu unter 2.), der Technikumhausung (hierzu unter 3.), der Geländestützmauer (hierzu unter 4.) sowie der Aufschüttungen und Abgrabungen (hierzu unter 5.) in Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplanes und ist damit materiell baurechtswidrig. Die Voraussetzung der Erteilung von Befreiungen liegen überdies nicht vor (hierzu unter 6.)
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1. Der errichtete Schwimmteich steht in Widerspruch zur Festsetzung einer privaten Grünfläche im südlichen Bereich des Grundstücks. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die Festsetzung einer privaten Grünfläche, die freilich nicht mit einem Privatgarten verwechselt werden darf, eine Bebaubarkeit der Fläche nicht grundsätzlich ausschließt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind bauliche Anlagen im Rahmen der jeweiligen Zweckbestimmung der Grünfläche nämlich dann nicht ausgeschlossen, wenn sie eine nur untergeordnete Bedeutung haben. Zum Merkmal der Unterordnung gehört dabei insbesondere, dass die Nebenanlagen und Einrichtungen nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch räumlich-gegenständlich dem primären Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Bebauung dienend zugeordnet und untergeordnet sind (vgl. BVerwG, B. v. 11.4.2017 – 4 B 11.17 – juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Von einer räumlich-gegenständlichen Unterordnung des Schwimmteiches kann angesichts seiner Größe von 24 m x 13,5 m keine Rede sein. Wenngleich das Grundstück des Klägers zweifelsohne eine nicht unerhebliche Größe aufweist, konnte sich die erkennende Kammer bei der Durchführung des Augenscheins davon überzeugen, dass der Schwimmteich das Grundstück wesentlich prägt. Das Grundstück des Klägers fällt nach Süden deutlich ab. Durch die Terrassierung im Bereich des Schwimmteiches ist dieser Teich der zentrale Punkt des rückwärtigen Grundstücksbereichs und damit nicht von untergeordneter Bedeutung. Auch erscheint der Schwimmteich nicht dem primären Nutzungszweck der privaten Grünfläche (gestaltet als naturnahe Wiese), sondern vielmehr eindeutig einer in den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorgesehenen Freizeitnutzung zugeordnet.
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2. Die errichtete Holzhütte mit Walmdach entspricht den Festsetzungen des Bebauungsplanes ebenfalls nicht. Auch insoweit lässt sich eine dem primären Nutzungszweck zugeordnete, untergeordnete Bebauung nicht feststellen, wobei auf obige Ausführungen verwiesen werden kann. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass nach Ziffer 5.c) des Bebauungsplanes Nebengebäude zulässig sind, verkennt er, dass dies nicht für die Bereiche der festgesetzten privaten Grünfläche gilt. In Ziffer 2.a) heißt es vielmehr zu dem mit WR bezeichneten, im Plan weiß dargestellten Bauland: Nebenanlagen und Einrichtungen i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO sind, soweit die nicht durch Festsetzung 3.a) und 5.c) bis d) eingeschränkt sind, allgemein zulässig. Hinsichtlich der in Ziffer 2.b) genannten privaten Grünflächen findet sich eine solche Festsetzung demgegenüber nicht. Soweit also Ziffer 5.c) für zulässige Nebengebäude auf eine Fläche „außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche“ Bezug nimmt, ist damit offenkundig diejenige Fläche gemeint, die sich zwar außerhalb der festgesetzten Bauräume, aber jedenfalls innerhalb des weiß dargestellten Baulandes befindet. Selbst wenn ein Nebengebäude im Bereich der privaten Grünfläche aber in dem durch Ziffer 3.a und 5.c) bis d) gesteckten Rahmen zulässig wäre, würde die vom Kläger errichtete Holzhütte den genannten Rahmen sprengen, denn mit einer Firsthöhe von 3,40m übersteigt sie die festgesetzte Höhe von 2,50 m. Überdies ist sie entgegen der Festsetzung des Bebauungsplanes nicht mit einem Pult- oder Satteldach, sondern mit einem Walmdach versehen.
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3. Die in Betonbauweise ausgeführte Technikumhausung widerspricht aus den bereits genannten Gründen ebenfalls den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Auch insoweit kann eine Zuordnung zum Zwecke der privaten Grünfläche nicht festgestellt werden. Die Höhe der baulichen Anlage entspricht zwar, anders als im Falle der Holzhütte, den Festsetzungen in Ziffer 5.c), allerdings fehlt es insoweit an einer Ausführung in Holzbauweise sowie – wiederum – einem Pult- oder Satteldach (vgl. Ziffer 5.c).
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4. In offensichtlichem Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans steht auch die an der südlichen Grundstücksgrenze errichteten Stützmauer. Nach Ziffer 5.d) sind Stützmauern nur in einer Höhe von höchstens 0,50 m zulässig. Die vom Kläger errichtete Stützmauer weist demgegenüber eine Höhe von 1,2 m bis 2 m über der natürlichen Geländeoberfläche auf.
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5. Aufschüttungen und Abgrabungen sind nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur in einem Bereich von 3 m um die Neubauten zulässig (Ziffer 9.c)), sodass die im hinteren Grundstücksbereich erfolgten Abgrabungen und Aufschüttungen, durch die die Terrassierung des Schwimmteiches erfolgt ist, bereits aus diesem Grund den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Überdies dürfen sie nach Ziffer 9.c) eine Höhe von 0,50 m nicht überschreiten, was vorliegend nach dem Ergebnis des Augenscheins offenkundig aber erfolgt ist.
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6. Die Voraussetzungen für eine Zulassung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen ebenfalls nicht vor. Zwingende Voraussetzung dafür ist, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Was hierzu zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Nur Abweichungen, die die Planungskonzeption im Wesentlichen unangetastet lassen, berühren die Grundzüge nicht. Von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, darf jedenfalls nicht aus Gründen befreit werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2005 – 1 ZB 04.2666 – juris).
44
Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet die Erteilung der beantragten Befreiung aus. Das Bauvorhaben berührt die Grundzüge der Planung, denn der Plangeber hat bei sämtlichen Grundstücken des Plangebiets in den von der Erschließungsstraße abgewandten Bereichen eine private Grünfläche, offenbar als Übergang zu dem sich daran anschließenden Außenbereich, festgesetzt. Bauliche Anlagen sollten nach der unzweifelhaften Festsetzung des Bebauungsplanes nur an den Erschließungsanlagen errichtet werden. Die rückwärtigen Grundstücksbereiche sollten von baulichen Anlagen frei, ohne Veränderung der Geländeoberfläche und allenfalls niedrigen Einfriedungen und Stützmauern verbleiben. Für diese Bereiche hat sich der Satzungsgeber sogar veranlasst gesehen, eine (natürliche) Gestaltung als 2- bis 3-schürige, ungedüngten Wiese mit Landschaftsrasen festzusetzen und so die Bedeutung der festgesetzten privaten Grünflächen weiter betont. Die Zulassung entsprechender Bauvorhaben in den rückwärtigen Grundstücksbereichen im Wege der Befreiungserteilung würde diesem klar zum Ausdruck gebrachten Willen der Gemeinde augenscheinlich zuwiderlaufen.
45
III. Der Beseitigungsanordnung stehen auch naturschutzrechtliche Erwägungen nicht entgegen. Soweit der Kläger geltend macht, eine Beseitigung des Schwimmteiches sei ihm aus naturschutzrechtlichen Gründen rechtlich unmöglich, kann offenbleiben, welche rechtlichen Folgen das Vorliegen der Voraussetzungen eines Zugriffsverbots nach § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) nach sich zieht, denn zum einen ist allein das Vorhandensein von Fröschen, Kröten und Ringelnattern für die Annahme eines Zugriffsverbots nach § 44 BNatSchG nicht ausreichend. Vielmehr müsste der Schwimmteich eine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten darstellen, wofür es nach Angabe der unteren Naturschutzbehörde keine Anhaltspunkte gibt. Zum anderen kommt insoweit auf der Grundlage von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG der Erlass einer Ausnahme von dem Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Betracht, wodurch im Falle eines bestehenden rechtlichen Hindernisses dieses beseitigt werden könnte (vgl. Fellenberg, in: Kerkmann/Fellenberg, Naturschutzrecht in der Praxis, 3. Aufl. 2021, § 10 Rn. 308). Hierdurch ist dem Kläger eine Möglichkeit eröffnet, der von ihm vorgetragenen Pflichtenkollision – Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes einerseits und Einhaltung seiner naturschutzrechtlichen Pflichten andererseits – zu entgehen und sich in jeder Hinsicht rechtstreu zu verhalten. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 45 Abs. 7 BNatSchG wäre ein Antrag des Klägers hierfür im Übrigen auch entbehrlich. Zwar wird in der Rechtsprechung bisweilen ein Antragserfordernis mit der Begründung bejaht, dass das Verfahren in erster Linie im Interesse des Einzelnen liege, weil dieser eine Genehmigung benötige oder eine Leistung erwarte und im Falle einer nicht ausdrücklichen Normierung des Antragserfordernisses durch Auslegung zu klären sei, ob ein Offizialverfahren oder ein Antragsverfahren durchzuführen sei (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 27.7.2018 – 2 M 61/18 – juris Rn. 7, aA Fellenberg, a.a.O.). Diese Argumentation verfängt jedoch für den vorliegenden Fall, in dem der Kläger möglicherweise angesichts der angeordneten Beseitigungsverfügung gerade kein Interesse an einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG hat, nicht. Überdies zeigt der Ausnahmetatbestand des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG deutlich, dass der Gesetzgeber nicht nur private, sondern auch öffentliche Interessen in den Blick genommen hat. Ohne die Möglichkeit, die naturschutzrechtliche Ausnahme aber gerade in diesen Fällen von Amts wegen zu erteilen, würde ein Anreiz geschaffen, bewusst die Voraussetzungen für Zielkonflikte zwischen Bau- und Naturschutzrecht zu schaffen.
46
IV. Der Erlass der Beseitigungsanordnung ist schließlich verhältnismäßig. Ermessensfehler der Behörde sind nicht ersichtlich. Auch der vom Kläger gerügte Gleichheitsverstoß liegt nicht vor. Gleichheitssatzwidrig ist eine Beseitigungsanordnung, wenn sie als systemlos oder willkürlich angesehen werden muss, weil die Behörde ohne vernünftigen, aus der Natur der Sache folgenden oder sonst wie einleuchtenden Grund im Wesentlichen gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Wenn in einem Gebiet, in dem sich bauordnungswidrige Zustände häufen, Ordnung geschaffen werden soll, so sind Zeit, Art und Maß der bauaufsichtlichen Maßnahmen so zu bestimmen, dass dem Einschreiten im Einzelfall ein der Sachlage angemessenes System zugrunde liegt und dass dieses System durchgeführt wird. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn es dem Einschreiten an jedem System fehlt, für die Art des auch zeitlichen Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und deshalb die Handhabung als willkürlich angesehen werden muss (BayVGH, U.v. 14.5.2021 – 1 B 19.2111 – BeckRS 2021, 12464; BVerwG, U. v. 2.3.1973 – 4 C 40.71 – DVBl. 1973, 636).
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Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, hinsichtlich sämtlicher im Plangebiet vorhandener, baurechtswidriger Teich- oder Schwimmbadanlagen Beseitigungsverfahren eingeleitet zu haben. Dass der Beklagte dabei gestaffelt nach der Teichgröße und im Rahmen seiner personellen Kapazitäten vorgeht, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für den Umstand, dass zunächst die gerichtliche Entscheidung im vorliegenden Verfahren abgewartet werden soll, um daraus gegebenenfalls Rückschlüsse für die künftigen Beseitigungsanordnungen zu ziehen.
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V. Auch die im angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 3. November 2020 enthaltene Zwangsgeldandrohung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde denjenigen, der eine Pflicht zu einer Handlung nicht erfüllt, durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG erforderliche Androhung des Zwangsmittels kann gemäß Art. 36 Abs. 2 Satz 1 ZVG mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird.
49
Wie bereits dargelegt, erweist sich die Grundverfügung, also die Verpflichtung zur Beseitigung der im Bescheid genannten baulichen Anlagen, als rechtmäßig. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Insbesondere ist das Zwangsgeld zulässiges Zwangsmittel zur Vollstreckung der bereits genannten Verfügungen (Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die Androhung des Zwangsgeldes ist geeignet, erforderlich und angemessen. Auch in der Höhe ist das angedrohte Zwangsgeld jeweils nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich.
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Nach alldem ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 BauGB abzuweisen.