Titel:
Kürzung der Dienstbezüge wegen des Konsums pornographischer Inhalte während des Dienstes
Normenketten:
BeamtStG § 34 S. 3, § 35 S. 2, § 47 Abs. 1
BayDG Art. 9, Art. 12, Art. 14 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 S. 3, Art. 23 Abs. 3, Art. 58 Abs. 3
Leitsätze:
1. Ein Beamter, der pornographische und erotische Inhalte während der Dienstzeit im dienstlichen Internet konsumiert, verletzt seine Wohlverhaltens- und Gehorsamspflicht. (Rn. 59 – 60) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für solches Dienstvergehen kann nach der erforderlichen Betrachtung des Einzelfalls die Kürzung von Dienstbezügen nach Art. 9 BayDG ausgesprochen werden. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Landesdisziplinarrecht, Klage gegen Disziplinarverfügung, Konsum pornographischer bzw. erotischer Inhalte während des Dienstes im dienstlichen Internet, Disziplinarverfügung, Klage, Konsum, pornographische Inhalte, erotische Inhalte, während Dienst, Dienstzeit, dienstliches Internet, Kürzung, Dienstbezüge, Äußerungsrecht, Schweigerecht, Dienstvergehen, Belehrung, Unterrichtungspflicht, Verwertungsverbot, Geständnis, Verwertbarkeit, Protokollauswertung, Absicht, Wohlverhaltenspflicht, Gehorsamspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42984
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung der ihm gegenüber ergangenen Disziplinarverfügung der Kürzung von Dienstbezügen.
2
Der am … in … geborene Kläger besuchte nach der Volksschule ab 1970 das Gymnasium in … Seine Schulausbildung schloss er dort nach der 10. Klasse mit der Mittleren Reife ab. Nach bestandener Einstellungsprüfung im … trat er am …unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Steueranwärter bei dem Finanzamt … in die Bayerische Finanzverwaltung ein. Nach erfolgreich abgelegter Anstellungsprüfung wurde er mit Wirkung zum … zum Steuerassistenten zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. Mit Wirkung zum … wurde er zum Steuerassistenten sowie mit Wirkung zum … zum Steuersekretär ernannt. In der Folge wurde er am … in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen.
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Mit Schreiben vom … wurde dem Kläger eine Leistungsprämie in Höhe von 500,00 EUR mit der Begründung zuerkannt, er habe mit seinem verstärkten und vorbildlichen Arbeitseinsatz Personalausfälle über längere Zeit wettgemacht. Mit Schreiben vom … wurde ihm eine weitere Leistungsprämie in Höhe von 300,00 EUR mit der Begründung zuerkannt, er habe überdurchschnittlichen Einsatz bei der zusätzlichen Vertretung der Bearbeiterin der … erbracht. Zudem wurde dem Kläger mit Schreiben vom … mit der Begründung überdurchschnittlichen Einsatzes und Übernahme von Mehrarbeit wegen Personalmangels in der … eine weitere Leistungsprämie in Höhe von 300,00 EUR zuerkannt. Schließlich erhielt er mit Schreiben vom … mit Blick auf eine längerfristige Vertretung eine weitere Leistungsprämie in Höhe von 300,00 EUR.
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Während seiner beruflichen Laufbahn war der Kläger in verschiedenen Arbeitsgebieten bei dem Finanzamt … als Mitarbeiter bzw. Sachbearbeiter eingesetzt. Zudem wurde er mehrmals befördert, zuletzt mit Wirkung zum … zum Steuerinspektor mit Amtszulage (2. Qualifikationsebene, Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage). Seit dem … ist der Kläger als Sachbearbeiter in der … eingesetzt. Zuletzt – für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2015 bis 31. Mai 2018 – lautete die dienstliche Beurteilung des Klägers auf insgesamt 10 Punkte. Der Kläger ist bislang weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
5
Unter dem … gab der Kläger gegenüber dem Finanzamt … eine Einwilligungserklärung zur geringfügigen Privatnutzung des dienstlichen Internet ab. Darin ist insbesondere sinngemäß ausgeführt, er wolle von dem Angebot seiner Dienststelle Gebrauch machen, Web-Dienste im geringen Umfang auch für private Zwecke zu nutzen, z.B. zur Internetrecherche. Ihm sei bekannt, dass jede Nutzung unzulässig sei, die den Interessen der Dienststelle oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit schaden könne. Insbesondere gelte dies für den Abruf pornografischer Inhalte. Er willige ein, dass auch seine privaten Internetzugriffe protokolliert und die Protokolldaten im Einzelfall bei konkretem Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung überprüft werden könnten. Nach § 6 Abs. 3 Gliederungspunkt 3 der Dienstvereinbarung zwischen dem Bayerischen Landesamt für Steuern und dem Bezirkspersonalrat Nord im Bayerischen Landesamt für Steuern über die Nutzung der UNIFA – Internetdienste in den nordbayerischen Finanzämtern vom 26. September 2007 (künftig: Dienstvereinbarung) werden einem von der Behördenleitung beauftragten Mitarbeiter zentral und standardisiert nicht personenbezogene Protokollauswertungen zur Verfügung gestellt. Nach der bezeichneten Regelung der Dienstvereinbarung umfassen diese insbesondere eine Aufzeichnung von 150 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten, innerhalb eines Monats aufgerufenen Websites.
6
Eine Zusammenstellung 150 zufällig ausgewählter Internetseiten, die im Oktober 2018 von dem Finanzamt … aus aufgerufen wurden, enthielt insgesamt fünf Internetadressen, die aufgrund des Namens der Internetadressen deutlich auf pornografische Inhalte hindeuteten. In der Folge wurde festgestellt, dass die fraglichen Internetseiten von der Benutzerkennung des Klägers aufgerufen wurden.
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Mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 gab das Bayerische Landesamt für Steuern dem Kläger bekannt, es habe gegen ihn disziplinarrechtliche Ermittlungen aufgenommen. Zur Begründung wurde sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis einer ersten stichprobenhaften Überprüfung sei im Monat Oktober 2018 über den dienstlichen Internetzugang bei dem Finanzamt … unter der Benutzerkennung des Klägers auf sieben – ausdrücklich benannte – Internetseiten zugegriffen worden, die sexuell anstößige und pornographische Äußerungen und Abbildungen enthalten hätten. Es bestehe der Verdacht, dass der Kläger durch sein Verhalten Dienstpflichten nach §§ 34 Satz 1 und 3 BeamtStG und § 35 Satz 2 BeamtStG schuldhaft verletzt und dadurch ein Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen habe. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, außerdem wurde er darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen könne.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 8. Januar 2019 ließ der Kläger Akteneinsicht beantragen. In diesem Zusammenhang teilte der Beklagte der Bevollmächtigten des Klägers in einem Telefonat vom 9. Januar 2019 mit, zwischenzeitlich lägen auch die protokollierten Internetdaten von September bis Dezember 2019 vor, wobei nach einer ersten Sichtung davon auszugehen sei, dass der Kläger in einer weit höheren Anzahl von Fällen als bisher angelastet auf unzulässige Inhalte zugegriffen habe. In dem Telefonat kamen die Beteiligten überein, das Auswertungsergebnis unter gleichzeitiger Gewährung von Akteneinsicht zu übersenden.
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In der Folge ermittelte das Bayerische Landesamt für Steuern Zugriffe des Klägers auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt im September 2018 in 735 Fällen, im Oktober 2018 in 627 Fällen, im November 2018 in 1.622 Fällen und im Dezember 2018 in 421 Fällen. Außerdem habe der Kläger in den Monaten September, Oktober, November und Dezember 2018 das dienstliche Internet an insgesamt 48 Arbeitstagen über den zulässigen Umfang hinaus privat genutzt. Nach der Dienstvereinbarung sei eine private Nutzung des dienstlichen Internetzugangs am Arbeitsplatz nur in geringfügigem Umfang zulässig.
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Diesen Stand der Ermittlungen teilte der Beklagte der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 5. Mai 2020 unter Gewährung von Akteneinsicht mit. Das Disziplinarverfahren werde auf den Sachverhalt der unzulässigen Nutzung des dienstlichen Internet in den Monaten Oktober bis Dezember 2018 ausgedehnt. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt und darauf hingewiesen, es stehe dem Kläger frei, sich mündlich oder schriftlich zu äußeren oder keine Angaben zur Sache zu machen.
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Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2020 ließ der Kläger sinngemäß im Wesentlichen ausführen, der geschilderte Sachverhalt werde vollumfänglich eingeräumt. Er bedaure sein Verhalten zutiefst und entschuldige sich hiermit in aller Form. Die private Nutzung des dienstlichen Internet mit pornographischen Inhalt habe allerdings einen krankheitsbedingten Hintergrund. Er leide seit mehreren Jahren unter einer … Nach Aussage seines Hausarztes könne seine Erkrankung Vorbote eines Herzinfarkts sein. Eine medikamentöse Behandlung komme wegen seines Bluthochdrucks nicht in Betracht. Stattdessen habe sein Hausarzt vorgeschlagen, alternativ eine Verbesserung der Beeinträchtigung durch die Zuhilfenahme visueller Reize vorzunehmen. Konkret sei er auf entsprechende Angebote im Internet verwiesen worden. Da er allerdings weder über ein Mobiltelefon verfüge noch einen eigenen Computer besitze, nutze er den dienstlichen Internetzugang im bekannten Umfang. Darauf hinzuweisen sei, dass es sich ausschließlich um entsprechende Bilder, nicht jedoch um – technisch bedingt nicht zugängliche – Videos gehandelt habe. Die alternative Behandlungsmethode habe schließlich auch Erfolg gezeigt. Eingeräumt werde, dass die Nutzung des dienstlichen Internetzugangs in der vorliegenden Art und Weise und in dem Umfang gegen seine Pflicht verstoßen habe, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen. Allerdings habe er nicht gegen seine Pflicht verstoßen, sich mit vollem persönlichen Einsatz im Beruf zu widmen. Vorwiegend sei die Nutzung zwar während der Arbeitszeit, allerdings in sog. Leerlaufzeiten erfolgt. Schließlich sei auch zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er stets eine gute Arbeitsleistung abgeliefert habe und abliefere, immer gut beurteilt worden sei und kaum krankheitsbedingte Fehltage aufweise. Auch sei es zu keinen vergleichbaren Verfehlungen gekommen. Seit der Konfrontation mit der unzulässigen Nutzung des Internet verhalte er sich völlig dienstpflichtkonform und es sei zu keinen weiteren negativen Vorkommnissen gekommen.
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Mit Schreiben vom 23. Juli 2020 teilte der Leiter des Finanzamts … auf entsprechende Nachfrage sinngemäß im Wesentlichen mit, der Kläger zeichne sich seit Jahren als zuverlässiger Beamter der Qualifikationsebene 2 mit hoher Arbeitserledigung aus. Bereits zu Beginn seines Einsatzes 2015 in der … habe er zeitnah hohe Rückstände zurückgeführt. Auch in der Folgezeit habe er, besonders bei Krankheitsausfällen, bereitwillig Vertretungs- und Aushilfsarbeiten deutlich über das normale Maß hinaus vorgenommen. Wegen seines hohen Arbeitseinsatzes habe er in diesem Zusammenhang 2015 eine Leistungsprämie erhalten. In seinem Arbeitsbereich träten keine Rückstände auf, er sei mit seinem Arbeitspensum auf dem Laufenden. Dies betreffe ebenfalls den Zeitraum seines Fehlverhaltens. Die vorgeworfenen unzulässigen Internetaktivitäten hätten seine Arbeitsleistung nicht negativ beeinflusst.
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Mit Schreiben vom 18. August 2020, der Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 21. August 2020, teilte das Bayerische Landesamt für Steuern dem Kläger das Ergebnis der disziplinarrechtlichen Ermittlungen insbesondere unter Angabe aller fraglichen Internetadressen jeweils mit Datum und Uhrzeit der Abrufe sowie unter Zusammenfassung der Anzahl der Aufrufe nach Monaten und in zeitlicher Hinsicht mit. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, sich zu dem Ergebnis Ermittlungen abschließend zu äußern. Der Beklagte wies darauf hin, dass es dem Kläger freistehe, sich mündlich oder schriftlich zur äußern oder keine Angaben zur Sache zu machen. Dass Ergebnis der Ermittlungen begründe vorbehaltlich einer Stellungnahme des Klägers den Verdacht auf ein Dienstvergehen i.S.d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i.V.m. §§ 34 Satz 2, 35 Abs. 1 Satz 2 BeamStG. Die Mitwirkung der Personalvertretung könne beantragt werden.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 14. Oktober 2020 ließ der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus sinngemäß im Kern vortragen, ein Verstoß gegen eine sog. beamtenrechtliche Kernpflicht liege nicht vor. Vielmehr handele es sich vorliegend allenfalls um eine Pflichtverletzung, die nur den Randbereich der Berufsausübung betreffe. Die Vielzahl der Verstöße erklärten sich ebenfalls durch den krankheitsbedingten Hintergrund und den therapeutischen Erfolg. Kein Einverständnis bestehe mit der Feststellung, sein Verhalten sei geeignet gewesen, Interessen oder Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit Schaden zuzufügen. Denn die Öffentlichkeit habe von der Pflichtverletzung keine Kenntnis erhalten und werde diese auch nicht erhalten. Stattdessen pflege er ein ausgezeichnetes Verhalten gegenüber dem Publikum des Finanzamts. Er sei bislang disziplinarrechtlichen nicht in Erscheinung getreten. Sein überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz und Engagement seien bereits dargelegt und von dem Dienstherrn bestätigt. Seit der Einleitung des Disziplinarverfahrens habe er zur Wiedergutmachung weniger Urlaub genommen und stattdessen freiwillig Mehrarbeit geleistet und hierdurch zur Abarbeitung von Rückständen in anderen Abteilungen zum Vorteil des Dienstherrn beigetragen.
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Mit der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung vom 28. Oktober 2020, der Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 5. November 2020, verhängte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von einem Zwanzigstel auf die Dauer von 18 Monaten (Ziff. 1 der Verfügung). Die Verfahrenskosten wurden dem Kläger auferlegt (Ziff. 2 der Verfügung).
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Mit der Disziplinarverfügung legte der Beklagte dem Kläger folgenden Sachverhalt zur Last:
„Nach der Dienstvereinbarung zwischen dem Bayerischen Landesamt für Steuern und dem Bezirkspersonalrat Nord im Bayerischen Landesamt für Steuern über die Nutzung der UNIFA – Internetdienste in den nordbayerischen Finanzämtern vom 26.09.2007 ist eine private Nutzung des dienstlichen Internetzugangs am Arbeitsplatz durch die Beschäftigten in geringfügigem Umfang unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich zulässig. Unzulässig ist jede absichtliche oder wissentliche Nutzung des Internets, die geeignet ist, den Interessen oder dem Ansehen der Dienststelle oder des Freistaats Bayern in der Öffentlichkeit zu schaden, die Sicherheit des Behördennetzes zu beeinträchtigen oder die gegen geltende Rechtsvorschriften verstößt. Dies gilt vor allem für
- das Abrufen, Speichern oder Verbreiten von beleidigenden, verleumderischen, verfassungsfeindlichen, rassistischen, sexistischen, gewaltverherrlichenden oder pornographischen Äußerungen oder Abbildungen,
Mit Einwilligungserklärung zur geringfügigen Privatnutzung des dienstlichen Internets vom 02.04.2007 teilten Sie dem Bayerischen Landesamt für Steuern mit, dass Sie von dem Angebot Ihrer Dienststelle Gebrauch machen wollen, das dienstliche Internet in geringfügigem Umfang auch für private Zwecke zu nutzen. Sie erklärten, dass Ihnen bekannt ist, dass jede Nutzung unzulässig ist, durch die gewerbliche oder geschäftsmäßige Interessen verfolgt werden oder die den Interessen der Dienststelle oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit schaden oder die Sicherheit des Behördennetzes beeinträchtigen kann. Zu den Inhalten, deren Abruf und Verbreitung als unzulässig gelten, enthält die Einwilligungserklärung eine beispielhafte Aufzählung entsprechend der Dienstvereinbarung vom 26.09.2007. U.a. wird als unzulässige Nutzung der Abruf von sexistischen und pornographischen Inhalten genannt.
Gegen die Bestimmungen zur privaten Nutzung des dienstlichen Internets haben Sie wie folgt verstoßen: Im Zeitraum 03.09.2018 bis 14.12.2018 haben Sie an insgesamt 26 Arbeitstagen über das dienstliche Internet beim Finanzamt … im Monat September 2018 in 735 Fällen, im Monat Oktober 2018 in 627 Fällen, im Monat November 2018 in 1.622 Fällen und im Monat Dezember 2018 in 421 Fällen auf Internetadressen mit pornographischem Inhalt zugegriffen.“
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Im Folgenden enthält die Disziplinarverfügung eine tabellarische Zusammenstellung der protokollierten Internetadressen und den jeweils protokollierten Zeitpunkten des Abrufs nach Datum und Uhrzeit. Die Tabelle enthält 3.405 Einträge.
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Weiter führt die Disziplinarverfügung hinsichtlich des dem Kläger zur Last gelegten Vorwurfs aus:
„Für den Abruf der o.g. unzulässigen Seiten über das dienstliche Internet haben Sie folgende Zeit aufgewendet:
Im Monat September 2018: 101 Minuten im Monat Oktober 2018: 77 Minuten im Monat November 2018: 230 Minuten im Monat Oktober 2018: 51 Minuten Außerdem hat die Dauer der privaten Nutzung des dienstlichen Internets durch Sie im Zeitraum 03.09.2018 bis 14.12.2018 an folgenden 48 Arbeitstagen den zulässigen geringfügigen Umfang erheblich überschritten:
Arbeitstag private Nutzungsdauer des Internets
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Weiter ist in der Disziplinarverfügung sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe seine Dienstpflichten vorsätzlich verletzt. Die Bestimmungen zur privaten Nutzung des dienstlichen Internet seien ihm spätestens mit Unterzeichnung der Einwilligungserklärung für die geringfügige Privatnutzung des dienstlichen Internet vom 2. April 2007 bekannt gewesen. Ihm sei deshalb über die gesamte Nutzungsdauer jederzeit bewusst gewesen, dass der Abruf sexuell anstößiger und pornographischer Inhalte über den dienstlichen Internetzugang unzulässig sei. Ebenso sei bekannt gewesen, dass ihm eine private Nutzung des dienstlichen Internet nur in geringfügigen Umfang gestattet sei. Für ihn sei auch leicht ersichtlich gewesen, dass sein Fehlverhalten geeignet gewesen sei, den Interessen und dem Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit Schaden zuzufügen sowie das ihm in der Dienststelle entgegengebrachte Vertrauen erheblich zu beschädigen. Dennoch habe der Kläger im fraglichen Zeitraum regelmäßig in einer Vielzahl von Fällen gegen die Bestimmungen zur privaten Nutzung des dienstlichen Internet verstoßen. Seine Einlassung, der Aufruf von Seiten mit pornographischen Inhalt habe einen krankheitsbedingten Hintergrund und hätte quasi therapeutischen Zwecken gedient, entschuldige sein Verhalten nicht. Es sei dem Kläger in dem fraglichen Zeitraum möglich und zumutbar gewesen, etwaigen Empfehlungen seines Hausarztes außerhalb des Dienstes nachzukommen.
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Durch sein Fehlverhalten habe der Kläger zum einen schuldhaft die ihm obliegende Dienstpflichten verletzt, dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen. Zum anderen habe er schuldhaft die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verletzt. Der Kläger habe deswegen ein Dienstvergehen begangen.
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Die Verfehlungen stellten ein ernst zu nehmende Dienstvergehen dar. Das Ansehen des Klägers und das seitens des Dienstherrn in den Kläger gesetzte Vertrauen seien erheblich beeinträchtigt. Der vom Dienstherrn gewährte Vertrauensvorschuss dahingehend, dass der Kläger das Internet lediglich gemäß der abgegebenen Einwilligungserklärung gebrauche, sei missbraucht worden. Darüber hinaus sei das Aufrufen und Ansehen pornographischer Inhalte durch einen Beamten in den Diensträumen einer Behörde mit dem dienstlich zur Verfügung gestellten und aus Steuermitteln finanzierten Computer geeignet, das Ansehen des Beamten und die Beamtenschaft im Auge des Bürgers zu beeinträchtigen. Es liege auf der Hand, dass das Ansehen des Beamtentums darunter leide, würde in der Allgemeinheit der Eindruck erweckt, Angehörige einer Behörde würden sich statt mit Dienstaufgaben mit dem Konsum von Pornographie beschäftigen.
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Ohne Belang sei, dass das Fehlverhalten – wie eingewendet – bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden sei. Entscheidungserheblich sei, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könne, sofern ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde. Auf ein zufälliges Bekanntwerden der Verfehlungen in der Öffentlichkeit komme es dagegen nicht an. Es genüge, wenn das Fehlverhalten seiner Natur nach geeignet sei, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft zu beeinträchtigen.
23
Es sei daher erforderlich, eine fühlbare Disziplinarmaßnahme zu verhängen, um dem Kläger das Pflichtwidrige seines Verhaltens deutlich vor Augen zu führen und ihn mit dem gebotenen Nachdruck anzuhalten, künftig Pflichtverletzungen zu unterlassen. Für die Bemessung der Schwere des Dienstvergehens sei insbesondere auf Anzahl und Dauer der zur Last gelegten Pflichtverstöße abzustellen. Im Zeitraum vom 3. September bis 14. Dezember 2018 habe der Kläger beinahe täglich den dienstlichen Internetzugang vorschriftswidrig zur Befriedigung privater Neigungen und Bedürfnisse missbraucht und damit fortwährend gegen die Interessen des Dienstherrn gehandelt. In einem Zeitraum von dreieinhalb Monaten seien unter der Benutzerkennung des Klägers insgesamt 3.405 Abrufe pornographischer Inhalte über den dienstlichen Internetzugang protokolliert. Hinzu trete, dass der Kläger den dienstlichen Internetzugang im fraglichen Zeitraum an 48 Arbeitstagen erheblich über den erlaubten geringfügigen Umfang hinaus privat genutzt habe, davon an 23 Arbeitstagen zwischen 60 und 120 Minuten, an fünf Arbeitstagen sogar zwischen 121 und 160 Minuten. Diese Zeit habe dem Kläger nicht zur Erledigung seiner dienstlichen Aufgaben zur Verfügung gestanden.
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Demgegenüber stehe nach Auskunft des Dienstvorgesetzten die Feststellung, das Fehlverhalten habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine erkennbar negativen Auswirkungen auf das klägerseits erledigte Arbeitspensum gehabt. Vielmehr habe sich der Kläger in der … seit Jahren als zuverlässiger Bearbeiter mit hoher Arbeitserledigung ausgezeichnet. Dies könne mildernd zugunsten des Klägers gewürdigt werden.
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Im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens, dem damit verbundenen Ansehens- und Vertrauensverlust sowie nach Berücksichtigung der Erschwernis- und Milderungsgründe erscheine die Verhängung der Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von 18 Monaten erforderlich und auch angemessen. Der Kürzungsbruchteil betrage bei einem Beamten der 2. Qualifikationsebene regelmäßig ein Zwanzigstel. Umstände, die es begründeten, von dieser Regel abzuweichen, seien nach Aktenlage nicht gegeben.
26
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Dezember 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
27
Zur Begründung lässt er mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 25. März 2021 sinngemäß im Wesentlichen vorbringen, die Disziplinarverfügung sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßname seien weder alle mildernden Umstände noch ausreichend sein Persönlichkeitsbild und sein bisheriges dienstliches Verhalten eingeflossen. Zunächst sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er den geschilderten Sachverhalt bereits mit Schriftsatz vom 23. Juni 2020 vollumfänglich eingeräumt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe er zudem erklärt, sein Verhalten zutiefst zu bedauern. Er habe sich in aller Form entschuldigt. Auch dies sei in der Disziplinarverfügung nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt worden.
28
Unberücksichtigt geblieben sei ferner der ebenfalls mit Schriftsatz vom 23. Juni 2020 mitgeteilte Umstand, dass er sich nach der Konfrontation mit der unzulässigen Internetnutzung gänzlich dienstpflichtkonform verhalten habe, es zu keinen weiteren negativen Vorkommnissen gekommen sei und auch künftig nicht kommen werde.
29
Unzureichend gewürdigt worden sei auch seine Motivation hinsichtlich der unerlaubten Internetnutzung. Es sei ihm gerade nicht möglich gewesen, den Empfehlungen seines Hausarztes auch außerhalb des Dienstes nachzukommen. Denn er habe weder über ein Mobiltelefon noch über einen eigenen Computer verfügt. Die Nutzung des Internet zu therapeutischen Zwecken habe im Übrigen auf lange Sicht gesehen auch der Erhaltung seiner Dienstfähigkeit gedient, nachdem seine Erkrankung nach Aussage seines Hausarztes auch Vorbote eines Herzinfarktes sein könne. Auch dies solle zu seinen Gunsten bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden. Die alternative Behandlungsmethode habe schließlich auch Erfolg gezeigt, was sein Hausarzt jederzeit bestätigen könne.
30
Unzureichend seien ferner sein Persönlichkeitsbild und sein bisheriges dienstliches Verhalten gewürdigt worden. Es sei nicht nur so gewesen, dass sein Fehlverhalten keine erkennbaren negativen Auswirkungen auf das erledigte Arbeitspensum gehabt habe. Vielmehr habe er im vergangenen Zeitraum ein Arbeitspensum erledigt, das über das durchschnittliche Arbeitspensum seines Amts hinausgehe. Zur Wiedergutmachung habe er bereits weniger Urlaub genommen als ihm zustehe und auch freiwillig Mehrarbeit geleistet und somit zur Abarbeitung von Rückständen anderer Abteilungen maßgeblich beigetragen. Hierin sei gewissermaßen bereits eine Art Wiedergutmachung zu sehen.
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Sein Dienstherr habe hierzu in der Stellungnahme vom 23. Juli 2020 ausgeführt, die unzulässigen Internetaktivitäten hätten seine Arbeitsleistung nicht negativ beeinflusst. Er zeichne sich vielmehr auch in dem Zeitraum des Fehlverhaltens als zuverlässiger Bearbeiter der Qualifikationsebene 2 mit hoher Arbeitserledigung aus. Er habe im Zeitraum seines Fehlverhaltens besonders bei Krankheitsausfällen bereitwillig die Vertretung sowie Aushilfsarbeiten deutlich über das normale Maß hinaus übernommen.
32
Schließlich habe er kaum krankheitsbedingte Fehltage aufzuweisen und sich keinerlei vergleichbare Verfehlungen zuschulden kommen lassen. Er habe durch sein Fehlverhalten nicht gegen die Dienstpflicht verstoßen, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen. Es liege somit kein Verstoß gegen eine sog. beamtenrechtliche Kernpflicht vor. Vielmehr handele es sich vorliegend allenfalls um eine Pflichtverletzung, die nur den Randbereich der Berufsausübung betreffe, nämlich den Verstoß gegen innerdienstliche Verhaltensbestimmungen, die durch behördeninterne Dienstanweisung geregelt seien. Die Vielzahl der Verstöße erkläre sich ebenfalls durch den krankheitsbedingten Hintergrund und den therapeutischen Erfolg der Behandlungsmaßnahmen. Kein Einverständnis bestehe mit der Feststellung, sein Verhalten sei geeignet gewesen, den Interessen oder dem Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit Schaden zuzufügen. Sein Verhalten wirke sich vielmehr allenfalls innerdienstlich aus, da die Öffentlichkeit von der Pflichtverletzung keine Kenntnis erhalten habe und auch nicht erhalten werde, sodass ein Ansehensverlust des Beamtentums durch die Pflichtverletzung nicht eintreten könne und somit das Vertrauen der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt werde. Stattdessen pflege er ein ausgezeichnetes Verhalten gegenüber dem Publikum des Finanzamts, was auch in seinen Beurteilungen Niederschlag gefunden habe.
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Eine Disziplinarmaßnahme solle daher im untersten Bereich angesiedelt werden. Ein Verweis wäre vorliegend angebracht aber auch ausreichend, nachdem er sich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens durchaus bewusst sei und bereits deutlich gemacht habe, künftig jegliche Pflichtverletzungen zu unterlassen. Die Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von 18 Monaten sei damit weder erforderlich noch angemessen.
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Der Kläger beantragt wörtlich, zu erkennen, den Bescheid des Beklagten vom 28.10.2020 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt
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Er trägt sinngemäß im Wesentlichen vor, es sei zwar richtig, dass sich der Kläger für sein Verhalten entschuldigt und davon gesprochen habe, er bedaure dieses zutiefst. Die nachfolgenden Einlassungen des Klägers gäben jedoch Anlass, an der Ernsthaftigkeit dieser Äußerung zu zweifeln. So habe der Kläger in der Folge versucht, sein Fehlverhalten zu verharmlosen und mit einer medizinischen Therapie zu rechtfertigen. Er begegne der Feststellung mit Unverständnis, sein Fehlverhalten sei geeignet, sein Ansehen und das der Verwaltung in der Öffentlichkeit im Allgemeinen zu beeinträchtigen. Insgesamt habe er sich im Disziplinarverfahren wenig einsichtig in das Unrecht seines Fehlverhaltens gezeigt.
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Der Einwand des Klägers, er habe auf Anraten seines Hausarztes gehandelt, sei nicht belegt. Die bloße Vorlage einer Arztrechnung vom 8. Oktober 2014 u.a. mit der Diagnose „…“ genüge nicht. Es könne aber dahingestellt bleiben, ob dem Kläger seitens des Hausarztes „… durch Zuhilfenahme visueller Reize“ vorgeschlagen worden sei. Denn eine solche ärztliche Empfehlung beinhalte sicher nicht, dass der Kläger zu diesem Zweck die ihm vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten dienstlichen Arbeitsmittel während der Dienstzeit zu benutzen habe. Dem Kläger sei es leicht möglich und zumutbar gewesen, etwaigen Empfehlungen seines Hausarztes außerhalb des Dienstes und seiner Dienststelle nachzukommen. Der Einwand, dies sei ihm nicht möglich gewesen, da er weder über ein Mobiltelefon noch über einen eigenen Computer verfügt habe, sei nicht nachvollziehbar. Dem Kläger habe es freigestanden, notwendige Gerätschaften privat anzuschaffen. Pornographische Schriften könnten von Erwachsenen zudem auch leicht in analoger Form beschafft werden. In keinem denkbaren Fall sei es notwendig gewesen, während der Dienstzeit auf Arbeitsmittel zurückzugreifen – davon abgesehen, dass der Gebrauch des dienstlichen Internet zu diesem Zweck seitens des Dienstherrn ausdrücklich verboten gewesen sei. Deswegen entschuldige die Einlassung des Klägers hinsichtlich eines „krankheitsbedingten Hintergrunds“ nicht sein Fehlverhalten und sei bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme auch nicht mildernd zu berücksichtigen. Daran ändere auch die (unbelegte) Einlassung des Klägers nichts, wonach die missbräuchliche Nutzung des Internet auf lange Sicht zum Erhalt seiner Dienstfähigkeit beigetragen habe.
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Ebenso wenig sei mildernd zu berücksichtigen, dass sich der Kläger nach eigenen Angaben seit der Konfrontation mit der unzulässigen Internetnutzung diesbezüglich „völlig dienstpflichtkonform“ verhalten habe. Der Kläger sei wie jeder Beamte verpflichtet, den allgemeinen Anordnungen und Richtlinien seines Dienstherrn Folge zu leisten. Ein pflichtgemäßes Verhalten könne deshalb wie von allen anderen Beamten auch vom Kläger verlangt werden und stelle keinen besonderen Milderungsgrund dar. Vielmehr läge ein erheblicher Erschwernisgrund vor, würde ein Beamter auch nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens das verfahrensgegenständliche Fehlverhalten fortführen.
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Auch sei dem Vorbringen zu widersprechen, es habe sich allenfalls um eine Pflichtverletzung gehandelt, die nur den Randbereich der Berufsausübung betreffe. Der Kläger habe innerdienstlich gegen seine Gehorsamspflicht und gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Die gesetzlich normierte, auf dem Dienst- und Treueverhältnis beruhende Weisungsgebundenheit (Gehorsamspflicht) gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Die Pflicht zur Befolgung dienstlicher Weisungen stelle die Grundlage für eine effektive Erfüllung der der öffentlichen Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit überantworteten Aufgaben dar. Wäre die Befolgung dienstlicher Anordnungen in das Belieben des einzelnen Beamten gestellt, wäre die Aufgabenerfüllung ernstlich gefährdet. Die Gehorsamspflicht gehöre mithin zu den Kernpflichten eines Beamten. Die Nichtbefolgung dienstlicher Anweisungen sei deshalb grundsätzlich von erheblichem Gewicht. Für die verbotene Internetnutzung im Dienst existiere jedoch keine disziplinarrechtliche Regeleinstufung. Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens seien deshalb die besonderen Umstände der Tatbegehung, insbesondere auch die Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens maßgebend. Insoweit wiederholt der Beklagte sein Vorbringen hinsichtlich Zeitraum, Intensität, Dauer und Schuldform des klägerischen Verhaltens.
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Die Disziplinarmaßnahme des Verweises erscheine vor dem Hintergrund der Vielzahl und Dauer der Verfehlungen nicht im Geringsten ausreichend. Vielmehr habe nach Auffassung der Disziplinarbehörde aufgrund des Ausmaßes der Verfehlungen eine noch strengere Disziplinarmaßnahme im Raum gestanden, sofern nicht das Fehlverhalten des Klägers nach Auskunft des Dienstvorgesetzten keine erkennbar negativen Auswirkungen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben gehabt hätte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten – insbesondere auf die nach Zeit und Datum ermittelten Aufrufe der in Frage stehenden Internetseiten – sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Februar 2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von einem Zwanzigstel auf die Dauer von 18 Monaten ist formell und materiell rechtmäßig – insbesondere zweckmäßig – und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (Art. 3 BayDG i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
43
a) Die verhängte Disziplinarmaßnahme ist formell rechtmäßig. Insbesondere war das Bayerische Landesamt für Steuern zuständige Disziplinarbehörde gemäß Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayDG i.V.m. § 30 Zuständigkeitsverordnung (ZustV) vom 16. Juni 2015 (GVBl. S. 184, BayRS 2015-1-1-V). Auch wurde dem Kläger gemäß Art. 32 BayDG die Möglichkeit eingeräumt, sich abschließend zu äußern. Zudem wurde er Kläger mit Blick auf Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPVG darauf hingewiesen, er könne die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen.
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b) Auch in der Sache ist die angegriffene Disziplinarmaßnahme rechtmäßig. Auf Grundlage des von der Kammer festgestellten Sachverhalts (aa), wie er zur ihrer vollen Überzeugung feststeht (bb), hat der Kläger ein einheitliches Dienstvergehen begangen (cc), wobei sich die verhängte Disziplinarmaßname dem Grunde und der Höhe nach als zweckmäßig erweist (dd).
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aa) Der dem Kläger in der angegriffenen Disziplinarverfügung zur Last gelegte Sachverhalt steht zur vollen Überzeugung der Kammer mit der Maßgabe fest, dass die Inhalte der abgerufenen Internetseiten – soweit dem Kläger der Aufruf pornografischer Internetseiten vorgeworfen wurde – ganz überwiegend pornographischer Natur war und es sich lediglich im Übrigen um erotische, nicht-pornographische Inhalte gehandelt hat, es sich hinsichtlich pornographischer oder erotischer Inhalte stets um Fotos und nicht um Videos gehandelt hat und die in der Disziplinarverfügung angegebenen Zeiten der Internetnutzung – sowohl was pornografische bzw. erotische als auch was den Abruf sonstiger nicht-dienstlicher Inhalte angeht – lediglich in etwa die Dauer der Nutzung darstellen, wobei der Kläger hinsichtlich der Aufrufe aller Internetseiten absichtlich sowie hinsichtlich der Dauer der Internetnutzung jedenfalls mit dolus eventualis handelte und das Verhalten des Klägers nicht gerechtfertigt und schuldhaft war. Soweit in der Disziplinarverfügung auf Seite 85 erneut für „Oktober 2018“ 51 Minuten ausgewiesen sind, ist die Kammer angesichts der Aufstellung der einzelnen Monate an der genannten Textstelle von einem offensichtlichen Schreibversehen überzeugt, und ist stattdessen insoweit von „Dezember 2018“ ausgegangen, zumal dies auch so im abschließenden Aktenvermerk gemäß Bl. 34 der Disziplinarakte vermerkt ist.
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bb) Die Kammer hat ihre volle Überzeugung von dem festgestellten Sachverhalt aufgrund der Angaben des Klägers, soweit ihnen gefolgt werden konnte, sowie auf Grundlage der Disziplinarakte und des Termins zur mündlichen Verhandlung gewonnen.
47
(1) Der Kläger hat sich im Verwaltungsverfahren wie dargestellt eingelassen. Mit seiner ersten Einlassung zur Sache mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Juni 2020 hat er insbesondere ausführen lassen, der geschilderte Sachverhalt werde vollumfänglich eingeräumt. Er bedaure sein Verhalten zutiefst und entschuldige sich hiermit in aller Form. Auch mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. Oktober 2020 hat der Kläger seine bis dahin in vollem Umfang geständige Einlassung nicht in Frage gestellt, sondern allein den – in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellten Sachverhalt – aus seiner Sicht bewertet. Schließlich hat der Kläger mit der Klageschrift seine vollumfängliche geständige Einlassung in der Sache wiederholen lassen, indem er sinngemäß hat erklären lassen, zu seinen Gunsten sei zu berücksichtigen, dass er den in der Disziplinarverfügung geschilderten Sachverhalt bereits mit Schriftsatz vom 23. Juni 2020 vollumfänglich eingeräumt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe er zudem erklärt, sein Verhalten zutiefst zu bedauern. Er habe sich in aller Form entschuldigt. Erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2022 hat der Kläger seine Einlassung sinngemäß dahingehend relativiert, nicht alle der abgerufenen Internetseiten hätten pornographische Inhalte aufgewiesen, vielmehr seien die Inhalte oftmals auch lediglich erotischer Natur gewesen, wie sie etwa auch in der Bildzeitung veröffentlichen würden. Zudem seien die ihm vorgeworfenen Zeiten der Internetnutzung unrichtig. Vielfach seien Internetseiten lediglich im Hintergrund geöffnet gewesen, ohne dass er diese genutzt hätte.
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Auch zum Nachteil des Klägers ist jedenfalls verwertbar die vorgerichtliche Einlassung des Klägers vom 14. Oktober 2020, in der er seine zuvor ausdrücklich abgegebene, vollumfängliche geständige Einlassung nicht in Frage stellt und damit der Sache nach bestätigt. Gleiches gilt mit Blick auf die Ausführungen in der Klageschrift, in der der Kläger sein vollumfängliches Geständnis nochmals bestätigt hat, indem er ausführt, er habe bereits mit Schriftsatz vom 23. Juni 2020 den Sachverhalt vollumfänglich eingeräumt und erklärt, sein Verhalten zutiefst zu bedauern. In jedem Fall verwertbar ist zudem die teilweise geständige Einlassung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung. Denn jedenfalls in den Zeitpunkten der bezeichneten Einlassungen war der Kläger ordnungsgemäß nach Art. 22 Abs. 1 BayDG belehrt und unterrichtet.
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Zwar spricht vieles dafür, dass auch die (erstmalige) geständige Einlassung des Klägers vom 23. Juni 2020 zu dessen Nachteil verwertbar ist. Dies kann angesichts der übrigen, in jedem Fall verwertbaren geständigen Angaben des Klägers aber offenbleiben. So wurde der Kläger zwar im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung unter dem 6. Dezember 2018 gemäß Art. 22 Abs. 1 BayDG über sein Äußerungs- bzw. Schweigerrecht sowie über sein Recht belehrt, sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen zu können. Außerdem wurde er über das ihm vorgeworfene Dienstvergehen unterrichtet. Auch mit Gewährung von Akteneinsicht und Bekanntgabe der weiteren Ermittlungen unter dem 5. Mai 2020 – beklagtenseits als Ausdehnung des Verfahrens bezeichnet – wurde der Kläger über sein Äußerungs- und Schweigerecht belehrt, wohingegen aber die Unterrichtung über das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen ausgeblieben ist. Allerdings entsteht die neuerliche Unterrichtungspflicht nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG lediglich, sofern tatsächlich eine Verfahrensausdehnung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 BayDG vorliegt. Eine solche wiederum setzt nach Art. 21 Abs. 1 BayDG den Verdacht einer „neuen Handlung“ voraus, die nur dann vorliegen soll, sofern ein neues Dienstvergehen im Raum steht, nicht dagegen, sofern – wie hier – der Verdacht neuer Tathandlungen in Bezug auf ein Dienstvergehen entsteht, über das der Beamte bereits unterrichtet ist (vgl. Findeisen in PdK Bay C-13, BayDG, Stand 2020, Art. 21 Ziff. 2.1). Darüber hinaus knüpft das Verwertungsverbot aus § 23 Abs. 3 BayDG – jedenfalls dem Wortlaut nach – lediglich an die unterbliebene oder fehlerhafte Belehrung (über das Schweigerecht), nicht aber an eine ggf. unterbliebene oder fehlerhafte Unterrichtung über den Vorwurf des Dienstvergehens an.
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All dies kann hier aber dahinstehen, da jedenfalls die oben genannten (teilweise) geständigen Einlassungen des Klägers verwertbar sind. Denn jedenfalls ist anerkannt, dass hinsichtlich der Verwertbarkeit keine Einschränkungen bestehen, sofern eine zunächst fehlerhafte Belehrung ordnungsgemäß nachgeholt wird und der Beamte seine früheren Angaben wiederholt oder bestätigt (vgl. Findeisen in PdK Bay C-13, BayDG, Stand 2020, Art. 21 Ziff. 5). So liegt der Fall hier mit Blick auf die oben angeführten Angaben des Klägers mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2020 sowie im Rahmen der Klageschrift und im Termin zur mündlichen Verhandlung. Denn jedenfalls war der Kläger zuvor, im Rahmen seiner abschließenden Anhörung mit Schreiben des Beklagten vom 18. August 2020 – mit Blick auf alle ihm vorgeworfenen Internetabrufe – nicht nur über sein Äußerungs- bzw. Schweigerecht belehrt, sondern auch über die ihm vorgeworfene Dienstvergehen unterrichtet. Da der Kläger in diesem Zeitpunkt bereits anwaltlich vertreten war, war der (nochmalige) Hinweis nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG gegenstandslos, wonach er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen könne.
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(2) Die Kammer ist der Einlassung des Klägers gefolgt, soweit der Kläger der Sache nach eingeräumt hat, er selbst habe die in der Disziplinarverfügung aufgeführten Internetseiten von seinem Dienstcomputer in den Diensträumen des Finanzamts … aufgerufen. Zum einen hat der Beklagte ausweislich der Disziplinarakte auf Grundlage der entsprechenden Internetprotokolle die in Frage stehenden Aufrufe der Internetseiten unter der Kennung des Klägers ermittelt. Zum anderen wäre im Fall etwaiger (technischer) Fehler dieser Ermittlungen zu erwarten gewesen, dass der Kläger dem Vorwurf des Aufrufs der ihm gegenüber im Einzelnen dargestellten Internetseiten widersprochen hätte. Es liegt fern, dass sich der Kläger – der sein Geständnis im Termin zur mündlichen Verhandlung teilweise widerrufen hat – der Wahrheit zuwider selbst belasten würde. Schließlich bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der ermittelten Daten, insbesondere nicht in datenschutzrechtlicher Hinsicht. Denn die hier zunächst erfolgte Protokollauswertung von 150 nach dem Zufallsprinzip ausgewählter Internetaufrufe entsprach zum einen der Dienstvereinbarung. Zum anderen handelte es sich hierbei – wiederum in Übereinstimmung mit der Dienstvereinbarung – um nicht personenbezogene, also anonyme Daten. Auch ist die Dienstvereinbarung nach den glaubhaften Angaben des Beklagtenvertreters im Termin zur mündlichen Verhandlung weiterhin in Kraft. Mit Blick auf die weiteren Ermittlungen hatte der Kläger unter dem 2. April 2007 ausdrücklich schriftlich erklärt, er willige ein, dass auch seine privaten Internetzugriffe protokolliert und die Protokolldaten im Einzelfall bei konkretem Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung überprüft werden könnten. Ein solcher, hinreichend konkreter Verdacht lag vor, nachdem in der Stichprobe aus 150 aufgerufenen Internetadressen im Oktober 2018 fünf Internetadressen enthalten waren, die auf pornografische Inhalte hindeuteten.
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(3) Ebenfalls gefolgt ist die Kammer der Einlassung des Klägers im Termin zu mündlichen Verhandlung, soweit er (teilweise) eingeräumt hat, die von ihm aufgerufenen Internetseiten hätten pornographische Inhalte aufgewiesen. Soweit der Kläger dies eingeräumt hat, handelt es sich in diesem Umfang um ein glaubhaftes Geständnis, nicht nur, weil auch hier keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, warum der Kläger sich der Wahrheit zuwider belasten sollte. Zudem wird die zuletzt teilweise geständige Einlassung des Klägers durch das klägerseits genannte Motiv bestätigt, wonach er – im Kern zusammengefasst – auf ärztlichen Rat seine sexuelle Gesundheit habe verbessern wollen.
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(4) Weitergehend ist die Kammer – entgegen der Darstellung des Klägers zuletzt im Termin zur mündlichen Verhandlung – davon überzeugt, dass die in Frage stehenden Internetseiten ganz überwiegend pornographische Inhalte aufgewiesen haben und lediglich im Übrigen erotischer, nicht-pornographischer Natur waren. So sprechen bereits vielfach die Namen der ermittelten Internetadressen wie etwa „www.pornoalarm.com“, „www.pornobilderr.com“ oder „pic.justporno.sex“ eine deutliche Sprache und lassen ohne weiteres unmittelbar auf pornografische Inhalte schließen. Darüber hinaus hat der Vertreter des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung sinngemäß erklärt, er habe alle ermittelten Internetadressen in eine Internetsuchmaschine eingegeben. Sofern das Ergebnis dieser Suche bereits auf die Darstellung bestimmter Sexualpraktiken hingedeutet habe, habe er es hierbei belassen und die fragliche Internetseite nicht mehr aufgerufen. Im Übrigen habe er die fraglichen Internetseiten aufgerufen und sich von deren Inhalt überzeugt. Nach seiner Erinnerung hätten jedenfalls 99% der untersuchten Internetadressen pornografische Inhalte aufgewiesen. Diese Ausführungen haben die Kammer überzeugt. So waren die Angaben zur vollen Überzeugung der Kammer glaubhaft, da der Vertreter des Beklagten ohne Vorbereitung – eine Relativierung des Geständnisses des Klägers hatte sich vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung nicht angedeutet – vergleichsweise detailreich erläutern konnte, wie er bei seinen Ermittlungen vorgegangen ist und zudem lebensnah eingeräumt hat, ganz genau könne er es nicht mehr sagen. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht erläutert hat, warum es erst im Termin zur mündlichen Verhandlung zu der Relativierung seiner geständigen Einlassung gekommen ist, obwohl ihm die ermittelten Internetabrufe und Internetadressen lange zuvor bekannt waren. Auch hat er seine Differenzierung zwischen pornografischen und erotischen Inhalten lediglich pauschal gehalten nicht konkret auf Grundlage der ermittelten Internetaufrufe und Internetadressen – ggf. exemplarisch – substantiiert.
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(5) Die Feststellungen zur Zeitdauer des Internetabrufs, die der Kläger zuletzt in Frage gestellt hatte, beruhen zunächst auf den Ermittlungen des Beklagten. Dieser ist hinsichtlich der Dauer der Internetabrufe pro aufgerufene Seite von höchstens drei Minuten ausgegangen, sofern sich aus den Internetprotokollen keine geringere Nutzungsdauer ergeben hat (vgl. Bl. 36 der Disziplinarakten). Die Kammer hält die Annahme einer Aufrufzeit von durchschnittlich höchstens drei Minuten, sofern sich aus den Protokolldaten – etwa aufgrund des Aufrufs einer neuen Internetseite binnen drei Minuten – keine kürzere Zeitdauer ergibt, für sachgerecht, sofern – wie es die Kammer festgestellt hat – hinsichtlich der ermittelten Gesamtseiten angenommen wird, dass diese lediglich in etwa die in Frage stehenden Zeiträume beschreiben. Im Rahmen dieser Feststellung ist auch der Einwand des Klägers berücksichtigt, er habe Internetseiten zum Teil lediglich im Hintergrund geöffnet gehabt, ohne diese aktiv zu nutzen.
55
(6) Die Feststellung, der Kläger habe hinsichtlich des Aufrufs der Internetseiten absichtlich gehandelt, ergibt sich daraus, dass Internetseiten allgemein etwa vermittelt durch Suchmaschinen zielgerichtet aufgesucht werden, da auf ihnen gesuchte Informationen welcher Art auch immer zumindest vermutet werden. Auch vorliegend ist es dem Kläger zur vollen Überzeugung der Kammer darauf angekommen, zweckgerichtet entweder pornographische bzw. erotische Inhalte aufzurufen, oder aber, das dienstliche Internet zweckgerichtet betreffend zulässiger Inhalte privat zu nutzen. Hinsichtlich der festgestellten Dauer der Internetnutzung, ist die Kammer jedenfalls von dolus eventualis überzeugt. Insoweit mag das fehleranfällige, individuelle Zeitgefühl bisweilen einer wissentlichen Vorstellung über die Dauer der Internetnutzung entgegenstehen. Auf der anderen Seite nimmt derjenige, der Internetinhalte absichtlich bzw. zweckgerichtet aufruft und sodann zur Kenntnis den damit verbundenen Zeitaufwand zumindest billigend in Kauf.
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(6) Rechtfertigungsgründe waren weder ersichtlich noch vorgebracht. Zudem handelte der Kläger zur vollen Überzeugung des Gerichts schuldhaft. Dem steht es auch nicht entgegen, soweit der Kläger geltend gemacht hat, er habe das dienstlichen Internet mit Blick auf pornographische oder erotische Inhalte krankheitsbedingt genutzt. Denn insoweit hat der Kläger gerade nicht geltend gemacht, dass – etwa krankheitsbedingt – seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit eingeschränkt oder gar aufgehoben gewesen wäre. Vielmehr hat er im Kern sinngemäß erklärt, ihm sei ärztlicherseits für seine sexuelle Gesundheit empfohlen worden, entsprechende Inhalte zu konsumieren. Danach stellt sich die entsprechende Internetnutzung auf Grundlage des klägerischen Vortrags allenfalls als bewusst veranlasste, eigentherapeutische Maßnahme dar, also gerade nicht als gesundheitliche Einschränkung, die die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit beeinträchtigen könnte. Für eine solche Annahme haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben.
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cc) Durch sein Verhalten hat der Kläger vorsätzlich ein einheitliches Dienstvergehen nach § 34 Satz 3 und § 35 Satz 2 BeamtStG jeweils i.V.m. § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Da die festgestellten Handlungen des Klägers in den Zeitraum September bis Dezember 2018 fallen, ist auf die Fassungen des BeamtStG in diesem Zeitraum abzustellen, also auf die hinsichtlich der genannten Vorschriften relevanten Fassungen vom 15. Juni 2017 und vom 7. Dezember 2018. Denn auch im Disziplinarrecht gilt das absolute Rückwirkungsverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG (BVerwG, U.v. 24.10.1973 – II WD 42/73 – NJW 1974, 330).
58
Nach § 34 Satz 3 BeamtStG in der Fassung bis 6. Dezember 2018 musste das Verhalten des Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Mit der Fassung der Vorschrift ab dem 7. Dezember 2018 hat der Gesetzgeber lediglich klargestellt, dass insoweit das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes relevant ist, so dass sich im Rahmen der genannten Fassungen materiell dieselben Anforderungen an das inner- bzw. außerdienstliche Verhalten des Beamten ergeben (vgl. Werres in Beckscher Online-Kommentar, Beamtenrecht Bund, 14. Edition Stand 1.2.2019, § 34 Rn. 1).
59
Die Wohlverhaltenspflicht hat Kläger verletzt, indem er während des Dienstes pornographische bzw. erotische Inhalte konsumiert hat. Ein Finanzbeamter wird der ihm entgegengebrachten Achtung und dem ihm entgegengebrachten Vertrauen nicht gerecht, sofern er im Dienst (ohne jede dienstliche Veranlassung) pornographische oder erotische Inhalte konsumiert. So beruhen Achtung und Vertrauen der Allgemeinheit insbesondere gegenüber Finanzbeamten auch darauf, dass allgemein angenommen wird, dass diese während des Dienstes grundsätzlich ihren dienstlichen Aufgaben, jedenfalls aber keinen eindeutig außerdienstlichen Aktivitäten nachgehen, zumal gesellschaftlich dem Konsum pornographischer oder erotischer Inhalte etwa im Internet allgemeinbekannt jedenfalls ein zweifelhafter Ruf anhaftet und sich ein solcher Konsum – auch ungeachtet von Verboten – jedenfalls im Dienst nicht als sozialadäquat darstellt. Aus diesem Grund bedeutet es entgegen der Auffassung des Klägers jedenfalls in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit ersichtlich einen Unterschied, ob – mit dem Beispiel des Klägers – im Dienst Kochrezepte ausgetauscht werden, oder aber pornographische oder erotische Inhalte konsumiert werden.
60
Des Weiteren sahen im Zeitpunkt der festgestellten Internetabrufe des Klägers bis einschließlich 6. Dezember 2018 § 35 Satz 2 BeamtStG und in der Folge wortgleich § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG in der Fassung ab 7. Dezember 2018 vor, dass Beamtinnen und Beamte verpflichtet sind, dienstliche Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeinen Richtlinien zu befolgen. Diese Pflicht hat der Kläger verletzt, indem er entgegen der Dienstvereinbarung sowie entgegen seiner Einwilligungserklärung zur geringfügigen Privatnutzung des dienstlichen Internet zum einen pornographische bzw. erotische Inhalte aufgerufen hat und zum anderen das dienstliche Internet hinsichtlich zulässiger Inhalte über die Geringfügigkeitsschwelle hinaus privat genutzt hat. Hinsichtlich des Aufrufs pornographische Inhalte ergibt sich dies unmittelbar aus der Dienstvereinbarung sowie der von dem Kläger unterzeichneten Einwilligungserklärung, die – als Beispiel – ausdrücklich aufführt, der Abruf pornographischer Inhalte sei unzulässig. Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf erotische Inhalte, da sowohl Dienstvereinbarung als auch Einwilligungserklärung ausführen, jede Nutzung sei unzulässig, die den Interessen der Dienststelle oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit schaden könne. Dies ist auch mit Blick auf nicht-pornografische, sondern erotische Inhalte der Fall. So ist bereits ausgeführt, dass jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung zu Recht die Erwartung besteht, dass Beamten im Dienst ihren dienstlichen Aufgaben, nicht aber dem Konsum erotischer Inhalte nachgehen, zumal gesellschaftlich dem Konsum auch erotischer Inhalte jedenfalls ein zweifelhafter Ruf anhaftet und sich dieser im Dienst nicht als sozialadäquat darstellt. Entsprechend kann das Verhalten des Klägers im Sinne der Dienstvereinbarung dem Interesse und Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit schaden. Dass eine solche Schädigung tatsächlich eintritt, verlangt die Dienstvereinbarung nicht. Vielmehr reicht es nach dem unmissverständlichen Wortlaut aus, dass dies – wie hier – der Fall sein kann. Vorliegend hätte das Verhalten des Klägers etwa dadurch Außenwirkung entfalten können, dass im Termin zur mündlichen Verhandlung Mitglieder der Öffentlichkeit oder gar Pressevertreter anwesend gewesen wären.
61
dd) Die verhängte Disziplinarmaßname erweist sich dem Grunde und der Höhe nach als als zweckmäßig. Die verhängte Disziplinarmaßnahme ist angemessen, sodass die Verhängung einer milderen Maßnahme ausscheidet.
62
(1) Nach Art. 58 Abs. 3 BayDG überprüft das Gericht im Fall der Klage gegen eine Disziplinarverfügung auch die Zweckmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung. Damit ist das Gericht nicht darauf beschränkt, die Zweckmäßigkeit der Entscheidung auf etwaige Ermessensfehler nachzuprüfen (vgl. § 114 VwGO). Vielmehr erweitert Art. 58 Abs. 3 BayDG die Prüfungskompetenz des Gerichts, sodass ggf. durch das Gericht selbst die zweckmäßige Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann, wobei wegen des Verbots der reformatio in peius eine Verschärfung der Disziplinarmaßnahme ausscheidet (vgl. zum Ganzen Findeisen in Pdk Bay C-13, BayDG, Stand 2020, Art. 58 Ziff. 4.1). Entsprechend trifft das Gericht in Anwendung der Grundsätze nach Art. 14 BayDG innerhalb der durch die Disziplinarverfügung vorgegebene Maßnahmeobergrenze eine eigene Ermessensentscheidung (BayVGH, B.v. 11.8.2010 – 16a DZ 09.568 – BeckRS 2010, 31578 Rn. 37). In diesem Rahmen über das Gericht die Disziplinarbefugnis selbst aus (so zur wortgleichen Vorschrift des § 60 Abs. 3 BDG BayVGH, B.v. 20.7.2015 – 16b DZ 15.542 – BeckRS 2015, 49729 Rn. 8).
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(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die angegriffene Disziplinarmaßnahme angemessen.
64
(a) Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Zu bemessen ist die Disziplinarmaßnahme gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten. Dabei stellt das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens ein wesentliches Kriterium für die Verhängung und Bemessung einer Disziplinarmaßnahme dar (vgl. Zängl, BayDG, Stand August 2021, Art. 14 Rn. 9).
65
(b) Danach stellt sich die Maßnahme der Kürzung von Dienstbezügen nach Art. 9 BayDG als angemessen dar.
66
Mit Blick auf die Schwere des Dienstvergehens ist zu berücksichtigen, dass der Kläger vielfach und über einen längeren Zeitraum sowie hinsichtlich des Abrufs der fraglichen Internetseiten absichtlich gehandelt hat. Zudem liegt ein Verstoß gegen zwei Dienstpflichten vor. Dagegen ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er sich für das Dienstvergehen entschuldigt hat und dieses – bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Verfahren – zunächst vollumfänglich und zuletzt teilweise eingeräumt hat. Erschwerend ist indes davon auszugehen, dass die Handlungen des Klägers dessen dienstlichen Bereich betrafen, schon weil sie während der Dienstzeit in den Diensträumen und an dem dienstlich zur Verfügung gestellten Computer erfolgt sind. Dieser Umstand wird jedoch dadurch relativiert, dass die Handlungen keine Außenwirkung entfalteten und auch der Kernbereich der dienstlichen Aufgaben nicht betroffen war, etwa in der Sachbearbeitung oder im Kontakt mit dem Bürger, zumal die Handlungen des Klägers nicht zu einer Einschränkung seiner Arbeitsleistung geführt haben. Dem Umstand, dass der Kläger pornographische oder erotische Inhalte aufgerufen hat, um – im Unterschied zum alleinigen sexuellen Vergnügen – seine sexuelle Gesundheit zu fördern, hat die Kammer indes keine besondere Bedeutung beigemessen. Denn zum einen handelt es sich hierbei in der Wahrnehmung der (potenziellen) Öffentlichkeit um keine maßgebliche Differenzierung. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass es sich dem Kläger ohne weiteres geradezu aufdrängen musste, pornographische oder erotische Inhalte außerhalb der Dienstzeiten online, offline, digital oder analog zu konsumieren. Zu denken ist etwa an Smartphones, sonstige (mobile) Computer mit Internetzugang oder einschlägige Zeitschriften o.Ä. Danach ist es zur vollen Überzeugung der Kammer offensichtlich sachlich unrichtig, soweit der Kläger argumentiert hat, es sei ihm unmöglich gewesen, die Therapie anderweitig durchzuführen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er habe auch gehandelt, um seine Dienstfähigkeit zu erhalten, gilt dasselbe. Auch insoweit wäre es dem Kläger ein ohne weiteres möglich gewesen, seine Gesundheit außerhalb des Dienstes zu fördern.
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Weiter wurde das Vertrauen des Dienstherrn durch die Handlungen des Klägers erheblich beeinträchtigt. Denn die Erlaubnis zur privaten Nutzung des dienstlichen Internet stellt gegenüber dem Beamten einen Vertrauensvorschuss in dem Sinne dar, dass die vereinbarten Regeln in Verbindung mit der privaten Internetnutzung respektiert werden. Dieses Vertrauen, dass der Dienstherr in den Kläger gesetzt hat, hat er gebrochen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Verhalten des Klägers geeignet war, das Vertrauen der Allgemeinheit in Finanzbeamten bzw. in das Berufsbeamtentum insgesamt erheblich zu beeinträchtigen. Denn der Allgemeinheit ist es wie bereits ausgeführt – zu Recht – nicht vermittelbar, dass (Finanz-)Beamten während der Dienstzeit an Dienstcomputern pornographische oder erotische Inhalte konsumieren, auch wenn dies durch die Absicht der Förderung der sexuellen Gesundheit motiviert sein mag. Der Umstand, dass das Verhalten des Klägers nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist, ändert zum einen nichts an der Eignung seines Verhaltens, das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Berufsbeamtentum erheblich zu beeinträchtigen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das fehlende Bekanntwerden in der Öffentlichkeit auch von bloßen Zufällen abhängt, etwa dass – wie ausgeführt – im öffentlichen Termin zur mündlichen Verhandlung keine Zuhörer oder gar Pressevertreter anwesend sind.
68
Hinsichtlich des Persönlichkeitsbild des Klägers hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich bei dem Kläger zu ihrer vollen Überzeugung um einen guten, mit Ausnahme der geahndeten Handlungen zuverlässigen sowie um einen engagierten Mitarbeiter handelt, der in der Vergangenheit – wie im Tatbestand dargestellt – verschiedene Leistungsprämien erhalten hat. Zudem war zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass die geahndeten Handlungen zu keiner Beeinträchtigung seiner Arbeitsleistung geführt haben. Darüber hinaus ist der Kläger bislang disziplinarrechtlich oder gar strafrechtlich nicht vorbelastet. Dass sich der Kläger nach den geahndeten Handlungen im Dienst rechtmäßig verhalten hat, hat die Kammer im Rahmen ihrer Abwägung nicht berücksichtigt. Denn insoweit ist der Kläger lediglich den Erwartungen nachgekommen, die an alle Beamten gestellt werden. Insbesondere folgt aus dem Umstand, dass die Begehung weiterer Dienstvergehen trotz der Warnfunktion einer vorausgegangenen Einleitungsverfügung (erheblich) zuungunsten eines Beamten sprechen kann, nicht umgekehrt, dass rechtmäßiges Verhalten, wie es von jedermann erwartet wird, zu einer Milderung führt. Unberücksichtigt geblieben ist das Vorbringen des Klägers, er habe zur Wiedergutmachung auch auf Urlaub verzichtet. Denn zum einen hat der Kläger in diesem Zusammenhang im Termin zur mündlichen Verhandlung klargestellt, der Urlaubsverzicht beziehe sich auf 17 Tage mit Blick auf die Vertretung einer Kollegin im Jahr 2015. Damit handelt es sich bei dem geltend gemachten Urlaubsverzicht bereits nicht um eine Reaktion auf die geahndeten Handlungen, die sich allesamt von September bis Dezember 2018 ereignet haben, also auch nicht um eine Wiedergutmachung. Darüber hinaus wäre auch der entsprechende Verzicht auf Urlaub grundsätzlich als Wiedergutmachung nicht im Sinne des Dienstherrn, da ein solcher Verzicht letztlich die Gesundheit und Dienstfähigkeit das Beamten gefährdet. Auch aus diesem Grund scheidet jedenfalls vorliegend eine mildernde Berücksichtigung aus. Soweit der Kläger schließlich geltend gemacht hat, er sei wenig im Krankenstand gewesen, hat die Kammer auch dies in ihrer Abwägung nicht berücksichtigt. Denn Krankheiten und Krankenstand sind grundsätzlich nicht willentlich oder gar schuldhaft verursacht. Aus diesem Grund ergibt sich aus dem Umstand, dass der Kläger grundsätzlich gesund ist und auch kein Dienstvergehen in Gestalt des „Krankfeierns“ begangen hat, keine Milderung o.Ä.
69
Darüber hinaus liegen keine anerkannten Milderungsgründe vor. Insbesondere ist hier noch nicht von einer übermäßig langen Verfahrensdauer auszugehen. So wurde dem Kläger die Einleitung des Disziplinarverfahrens erstmals Mitte Dezember 2018 bekannt gegeben, worauf Akteneinsicht im Januar 2019 beantragt wurde. Weitere Ermittlungen erstreckten sich bis Ende April 2020 mit einer weiteren Mitteilung hinsichtlich des Ermittlungsstand Anfang Mai 2020. Sodann bezog der Kläger erstmals mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Juni 2020 Stellung. Die abschließende Anhörung erfolgte im Juli 2020 mit einer Stellungnahme des Klägers im Oktober desselben Jahres. Sodann erging die streitgegenständliche Disziplinarverfügung im November 2020 mit anschließender Klageerhebung am 7. Dezember 2020. Schließlich wurde in der Sache im Februar 2022 mündlich verhandelt. Bei dieser zeitlichen Abfolge vermag allenfalls der Zeitraum zwischen beantragter Akteneinsicht im Januar 2019 und dem vorläufigen Ende weiterer Ermittlungen Ende April 2020 als problematisch in Betracht kommen. Jedoch liegt auch insoweit noch keine übermäßig lange Verfahrensdauer vor. Denn zu berücksichtigen ist, dass die Ermittlungen vorliegend äußerst umfangreich waren. So hat die Beklagtenseite im Termin zur mündlichen Verhandlung insbesondere erklärt, jede einzelne Internetseite mit mutmaßlich pornografischen Inhalten untersucht zu haben. Teilweise hätten diese Internetseiten aufgerufen, jedenfalls aber in eine Suchmaschine eingegeben werden müssen. Die Ermittlungen gestalteten sich in solchen Fällen außerordentlich aufwendig, auch zeitlich gesehen. Für drei Monate der Internetnutzung falle ein ganzer Leitzordner an. Die Internetadressen müssten zunächst nach dienstlichen und privaten Inhalten gefiltert werden. Auf Grundlage dieser glaubhaften, weil in jeder Weise nachvollziehbaren Angaben ist im vorliegenden Fall von einem ganz erheblichen Ermittlungsaufwand auszugehen, sodass im Rahmen einer Gesamtwürdigung der zeitlichen Abläufe noch keine so erhebliche Verfahrensdauer anzunehmen ist, die eine Milderung der Disziplinarmaßnahme rechtfertigen würde.
70
Nach alledem wäre die Disziplinarmaßnahme eines Verweises oder einer Geldbuße hier nicht mehr ausreichend oder angemessen. Vielmehr ist eine Kürzung der Dienstbezüge erforderlich.
71
(c) Auch sind Dauer und Bemessung der Kürzung der Dienstbezüge angemessen. Nach nochmaliger Würdigung der vorgenannten Umstände erscheint eine Kürzung der Dienstbezüge für den Zeitraum von 18 Monaten, also der Hälfte der Höchstdauer angemessen. Genauso sind keine Umstände geltend gemacht oder ersichtlich, die den Regelkürzungssatz in Höhe eines Bruchteils von einem Zwanzigstel bzw. 5% bei dem Kläger als Beamten des mittleren Dienstes in Frage stellen würden (vgl. zum Regelkürzungssatz BVerfG, U.v. 21.3.2001 – 1 D 29/00 – NVwZ-RR 2001, 768).
72
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
73
2. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 BayDG, § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtsgebührenfrei. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus Art. 3 BayDG i.V.m. § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.