Titel:
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
Normenkette:
BV Art. 91 Abs. 1
Leitsätze:
Aufhebung einer zivilgerichtlichen Entscheidung wegen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV). (Rn. 1)
Verletzungen der Aufklärungspflicht stellen als solche nicht stets eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, können aber insbesondere dann zu einem Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV führen, wenn das Gericht einen vor seiner Entscheidung überhaupt nicht erörterten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und dadurch dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Parteien nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnten. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
rechtliches Gehör, Verletzung, Verstoß, Aufklärungspflicht, Rechtsausführungen, Parteien, Kenntnisnahme, überraschende Wendung
Vorinstanzen:
AG Nürnberg, Beschluss vom 13.04.2022 – 21 C 6578/21
AG Nürnberg, Endurteil vom 28.03.2022 – 21 C 6578/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 37995
Tenor
1. Das Endurteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 Az. 21 C 6578/21 verstößt gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV). Es wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Nürnberg zurückverwiesen.
2. Der Beschwerdeführerin sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.
Entscheidungsgründe
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 Az. 21 C 6578/21, mit dem die Beschwerdeführerin zur Zahlung von 389,94 € nebst Zinsen sowie weiterer 90,96 € für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten verurteilt wurde, sowie gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 13. April 2022, mit dem die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurückgewiesen wurde.
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1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist Betreiberin eines Fitnessstudios. Die Beschwerdeführerin und Beklagte des Ausgangsverfahrens schloss am 14. Juni 2018 einen Fitnessstudiovertrag („Mitgliedschaft“) mit der Klägerin ab. Vertragsbeginn war der 1. Januar 2019; die Erstlaufzeit betrug sechs Monate, die Kündigungsfrist drei Monate zum Vertragsende, wobei sich der Vertrag bei Ausbleiben einer fristgerechten Kündigung jeweils um die gewählte Erstlaufzeit verlängern sollte. Der Halbjahresbeitrag belief sich auf 353,99 € zuzüglich einer Trainerjahrespauschale von 29,95 €. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 erklärte die Beschwerdeführerin, den Vertrag „fristgerecht zum Laufzeitende im März“ zu kündigen.
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Nach vorangegangenem Mahnverfahren nahm die Klägerin die Beschwerdeführerin mit Anspruchsbegründung vom 19. Januar 2022 auf Zahlung von 389,99 € Mitgliedsbeiträge für die Zeit von Januar bis Juni 2021 nebst Verzugszinsen und weiterer 90,96 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Die Klägerin trug vor, die Kündigung habe den Vertrag zum 30. Juni 2021 beendet. Den bereits abgebuchten Halbjahresbeitrag habe die Beschwerdeführerin zurückbuchen lassen. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin einwenden sollte, dass das Fitnessstudio in der betroffenen Zeit pandemiebedingt geschlossen gewesen sei, trug die Klägerin vor, zum Ausgleich der coronabedingten Schließung sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gegeben worden, das Studio bis 31. Dezember 2021 beitragsfrei in Anspruch zu nehmen. Weiterer Vortrag bezog sich auf Beitreibungsmaßnahmen der Klägerin im Vorfeld des streitigen Verfahrens.
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Mit Klageerwiderung vom 23. Februar 2022 trug die Beschwerdeführerin insbesondere vor, die Klägerin habe am 4. September 2020 den Halbjahresbeitrag für den Zeitraum September 2020 bis einschließlich Februar 2021 abgebucht; die Beschwerdeführerin habe somit im September 2020 für 6 Monate bezahlt, d. h. bis 28. Februar 2021. Eine Rückbuchung habe es nicht gegeben. Das Studio sei zudem von November 2020 bis 7. Juni 2021 geschlossen gewesen, sodass der Klägerin für diesen Zeitraum kein Beitrag zustehe. Die Behauptung, der Beschwerdeführerin sei angeboten worden, ab Wiedereröffnung (7. Juni 2021) bis 31. Dezember 2021 das Fitnessstudio beitragsfrei in Anspruch zu nehmen, werde bestritten. In der Klageerwiderung wurde auf eine als Anlage beigefügte E-Mail vom 17. Januar 2021 Bezug genommen, in der die Klägerin u.a. erklärte, dass die Beklagte alle Monate der Schließung „als Gratismonate hinten an die Laufzeit gutgeschrieben“ bekomme. Der nächste Beitrag sei zum 1. März 2021 für 6 Monate fällig. Sie werde aber erst am 1. Juni 2021 abbuchen, sodass die Beschwerdeführerin hier schon mal drei Monate gutgeschrieben bekommen habe.
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Mit Verfügung vom 24. Februar 2022 wies das Amtsgericht darauf hin, dass es beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden; Schriftsätze, die bis 16. März 2022 eingingen, würden berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin sei für die behauptete Zahlung der Mitgliedsbeiträge bis Februar 2021 beweispflichtig, die Klägerseite dagegen dafür, dass sie der Beschwerdeführerin angeboten habe, ab 7. Juni 2021 zu trainieren, um die Monate nachzuholen, in denen das Fitnessstudio wegen der Corona-Pandemie geschlossen war. Es schlug als Vergleich vor, dass die Beschwerdeführerin 260 € und somit zwei Drittel der Klageforderung bezahlen solle.
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Beide Seiten lehnten den Vergleichsvorschlag ab. Die Klägerin trug mit Schriftsatz vom 10. März 2022 ergänzend vor, der Beschwerdeführerin sei mit (als Anlagen beigefügten und in Bezug genommenen) E-Mails vom 3. März 2021 und 18. Juni 2021 mitgeteilt worden, dass die Zeit, in der das Studio geschlossen gewesen sei, ab 1. September 2021 gratis nachgeholt werden könnte, wobei bereits zwei Monate an das Vertragsende „herangehängt“ gewesen seien. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, dass bis Februar 2021 gezahlt worden sei, würden „Zahlungszeitraum und Vertragszeitraum vermischt“. Die Zahlung der Beschwerdeführerin sei bis 31. Dezember 2020 erfolgt. Aufgrund der Schließung des Studios im November und Dezember 2020 hätte die Beklagte im Januar und Februar 2021 bereits gratis trainieren können, wenn das Vertragsverhältnis tatsächlich zum 31. Dezember 2020 hätte beendet werden können, was aber nicht der Fall gewesen sei. In der E-Mail vom 3. März 2021 hatte die Klägerin erklärt, dass sie anstatt zum 1. März 2021 am 1. Juni 2021 383,99 € für sechs Monate Laufzeit abbuchen werde und die Beschwerdeführerin somit schon mal drei Monate (November, Dezember, Januar) gratis erhalten hätte sowie den Rest der Zeit der Schließung (gerechnet ab 1. Februar 2021) am Ende ihrer Laufzeit gutgeschrieben bekäme; ab 1. September 2021 könne sie dann gratis die Zeit im Training nachholen. In der weiteren E-Mail vom 18. Juni 2021 hatte die Klägerin insbesondere einleitend darauf hingewiesen, dass anscheinend ein Missverständnis vorliege. Die Beschwerdeführerin habe am 1. September 2020 eine neue Mitgliedschaft für sechs Monate Vorauskasse geschlossen, sie verstehe nicht, wie die Beschwerdeführerin auf 1. Januar 2019 komme. Dies sei nicht mehr gültig, da die Beschwerdeführerin sich am 1. September 2020 entschieden habe, wieder zu starten, und von da an die Laufzeit beginne.
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Das Gericht teilte unter dem 15. März 2022 mit, dass im Rahmen des Verfahrens nach § 495 a ZPO weiter schriftlich verhandelt werde und bis zum 25. März 2022 eingehende Schriftsätze berücksichtigt würden.
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Mit Schreiben vom 16. März 2022 übermittelte die Beschwerdeführerin dem Gericht einen Kontoauszug, aus dem die Abbuchung von 383,99 € vom 4. September 2020 hervorging und in deren Buchungstext insbesondere die Passage „383,99 01.09.20 - 28.02.21“ enthalten war. Sie führte dazu aus, die Klägerin habe aufgrund des ihr erteilten SEPA-Mandats am 4. September 2020 den Halbjahresbeitrag für den Zeitraum September 2020 bis einschließlich Februar 2021 abgebucht. Mit weiterem Schriftsatz vom 25. März 2022 erklärte die Beschwerdeführerin, der E-Mail vom 3. März 2021 sei nicht zu entnehmen, dass sie ab 1. Juni 2021 trainieren könne.
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2. Mit Endurteil vom 28. März 2022, den Prozessbevollmächtigten der Beschwer deführerin zugestellt am 29. März 2022, verurteilte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Hauptforderung gemäß Tenor zur Zahlung von 389,94 €. Beim zugrundeliegenden Anspruch der Klägerin handle es sich um den vereinbarten Mitgliedsbeitrag für ein halbes Jahr (353,99 €) sowie die jährliche Trainer-Jahrespauschale (29,95 €) für die Monate 1. Januar bis 30. Juni 2021, (rechnerisch also 383,94 €). Am 21. Dezember 2020 sei eine Kündigung zum März 2021 nicht möglich gewesen, sondern nur zum nächsten Ende der Vertragslaufzeit, also zum 30. Juni 2021, sodass der Klägerin die Beiträge für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 zuzüglich der Jahrestrainerpauschale zustünden. Eine vorzeitige Kündigung aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Schließung des Fitnessstudios sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin gemäß den Vorschriften über die Anpassung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) berechtigt gewesen sei, den Vertrag anzupassen und diesen um den Zeitraum der behördlich angeordneten Schließung zu verlängern. Die Beschwerdeführerin habe die Leistungen der Klägerin zwar von November 2020 bis unstreitig 7. Juni 2021 nicht wahrnehmen und nicht im Studio trainieren können. Danach seien die Fitnessstudios wieder geöffnet gewesen, sodass die Klägerin berechtigt gewesen sei, die nicht erbrachte Trainingszeit von sieben Monaten und sieben Tagen an diesen Zeitpunkt anzuhängen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sei den Parteien eine Vertragsanpassung, wie sie die Klägerin vorgenommen habe, zumutbar. Ein entsprechendes Angebot habe die Klägerin der Beschwerdeführerin mit E-Mails vom 3. März und auch bereits vom 17. Januar 2021 übermittelt und damit diese Vertragsanpassung auch kommuniziert.
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Ausführungen zur von der Beschwerdeführerin behaupteten Bezahlung der Beiträge bis 28. Februar 2021 durch die Abbuchung vom 4. September 2020 enthält das Urteil nicht.
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3. Die Beschwerdeführerin erhob am 12. April 2022 eine Anhörungsrüge („Gehörs rüge nach § 321 a ZPO“), die sie damit begründete, dass das Gericht bei der Verurteilung zur Zahlung der Beiträge für den Zeitraum Januar 2021 bis 30. Juni 2021 - soweit ersichtlich - unberücksichtigt gelassen habe, dass die Beschwerdeführerin die Beiträge bis einschließlich Februar 2021 bezahlt hätte.
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Durch Beschluss vom 13. April 2022, der an die Parteien am 19. April 2022 formlos hinausgegeben wurde, wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Das Gericht habe den gesamten Tatsachenvortrag im Urteil berücksichtigt. Der im September 2020 eingezogene Beitrag habe die Laufzeit bis Dezember 2020 betroffen und sei durch das Gericht auf das Laufzeitende bis Ende Dezember 2020 angerechnet worden. Mangels fristgerechter Kündigung sei der Beschwerdeführerin die Kündigung erst zum 30. Juni 2021 möglich gewesen. Für das nunmehr erneut laufende halbe Jahr Vertragslaufzeit habe die Beschwerdeführerin den halben Jahresbeitrag noch bezahlen müssen. Unabhängig davon sei die Schließung des Studios bis 7. Juni 2021 berücksichtigt worden; der Beschwerdeführerin sei insoweit die Möglichkeit gegeben worden, die noch ausstehende Trainingszeit an die Vertragslaufzeit anzuhängen. Da die Beschwerdeführerin unstreitig nur den Vertrag bis zur Kündigungszeit Dezember 2020 bezahlt habe, sei sie zu verpflichten gewesen, für die Vertragsverlängerung aufgrund der nicht fristgerechten Kündigung auch diese sechs Monate zu bezahlen. Die Beitragszahlung sei „von den Trainingszeiten zu unterscheiden, da aufgrund der Schließung des Fitnessstudios die noch verbleibende Trainingszeit hinten angehängt werden konnte.“
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1. Mit der am 14. Juni 2022 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Be schwerdeführerin Verstöße gegen Art. 91 Abs. 1 (Anspruch auf rechtliches Gehör) und 118 Abs. 1 BV (willkürliche Verletzung des Anspruchs auf Gleichbehandlung und Gleichberechtigung). Sie ist insbesondere der Auffassung, das Amtsgericht habe ihren Schreiben nach dem 24. Februar 2022 keine Beachtung geschenkt und sich zudem willkürlich nur auf die Ausführungen der Klägerseite gestützt. Weder im Urteil vom 28. März 2022 noch in dem Beschluss vom 3. April 2022 über die Anhörungsrüge würden ihr Schreiben vom 16. März 2022 und der damit vorgelegte Kontoauszug, der - entsprechend dem Hinweis des Gerichts vom 24. Februar 2022 - die Zahlung der Monate September 2020 bis einschließlich Februar 2021 bewiesen habe, erwähnt. Das Gericht übernehme zudem in dem Beschluss willkürlich den Vortrag der Klägerseite, nach dem sie bereits im Januar und Februar 2021 habe trainieren können. Es ignoriere ihren Vortrag im Schreiben vom 25. März 2022, wonach das Studio von September 2020 bis Februar 2021 geschlossen gewesen sei und die Klägerin ihr nur angeboten habe, ab 1. September 2021 wieder zu trainieren. Infolgedessen sei sie verurteilt worden, die Beiträge für Januar und Februar 2021 doppelt zu bezahlen.
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2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und die Klägerin des Ausgangs verfahrens haben keine Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgegeben.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig.
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1. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Be schluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 13. April 2022 richtet. Eine Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Entscheidung über die Zurückweisung einer Anhörungsrüge unzulässig, weil die eine Nachholung des rechtlichen Gehörs ablehnende Entscheidung (hier: § 321 a ZPO) keine eigenständige Beschwer schafft, sondern allenfalls eine durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung des rechtlichen Gehörs fortbestehen lässt, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 17.5.2022 - Vf. 63-VI-19 - juris Rn. 26; vom 20.9.2022 - Vf. 1 -VI-22 - juris Rn. 27, jeweils m. w. N.). Der Beschluss über die Anhörungsrüge wird allerdings gegenstandslos, wenn die zugrunde liegende Entscheidung aufgehoben wird (VerfGH vom 7.4.2022 - Vf. 66-VI-19 - juris Rn. 41).
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2. Im Hinblick auf das Urteil vom 28. März 2022 ist die Verfassungsbeschwerde in soweit zulässig, als die Beschwerdeführerin geltend macht, ihr Vortrag und Beweisantritt zur Zahlung vom 4. September 2020 sei in der Entscheidung nicht berücksichtigt worden.
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a) Die Verfassungsbeschwerde wurde am 14. Juni 2022 innerhalb von zwei Monaten ab der formlosen Bekanntgabe des Beschlusses vom 13. April 2022, der am 19. April 2022 an die Parteien hinausgegeben wurde, eingelegt (Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG). Der Beschluss vom 13. April 2022 ist maßgeblich, weil erst mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO der Rechtsweg für die Beschwerdeführerin erschöpft war (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG).
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b) Die Beschwerdeführerin hat ferner ausreichend substanziiert dargelegt, dass das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 - unter Berücksichtigung des nachfolgenden Beschlusses vom 13. April 2022 - sie in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 91 Abs. 1 BV (rechtliches Gehör) und Art. 118 Abs. 1 BV (Willkürverbot) verletzen könnte, soweit das Amtsgericht darin den Vortrag der Beschwerdeführerin, sie habe am 4. September 2020 ihre Beiträge zum Fitnessstudio der Klägerin bis einschließlich Februar 2021 bezahlt, nicht ausreichend berücksichtigt und sich insoweit ausschließlich auf Vorbringen der Klägerin gestützt habe.
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c) Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, auch ihr Vortrag im Schriftsatz vom 25. März 2022 - der die Frage einer Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage und damit die Klageforderung selbst betraf - sei nicht berücksichtigt worden. Denn die Beschwerdeführerin hat ihre Anhörungsrüge vom 12. April 2022 nur darauf gestützt, das Gericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Beschwerdeführerin Beiträge bis einschließlich Februar 2021 bezahlt habe.
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Die Verfassungsbeschwerde ist ein letzter außerordentlicher Rechtsbehelf mit subsidiärem Charakter. Über die formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus verlangt deshalb der in Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG zum Ausdruck kommende Grundsatz der materiellen Subsidiarität, dass ein Beschwerdeführer bereits in dem nach der einschlägigen Prozessordnung offenstehenden Rechtsmittelverfahren formgerecht und substanziiert diejenigen Beanstandungen vorgetragen hat, die er nunmehr im Verfassungsbeschwerdeverfahren geltend machen will; hat er dies versäumt, ist es ihm verwehrt, sie nachträglich im Weg der Verfassungsbeschwerde zu erheben (vgl. VerfGH vom 13.1.2022 - Vf. 61-VI-19 - juris Rn. 39; vom 24.10.2017 - Vf. 9-VI-17 - juris Rn. 42 m. w. N.). Dieser Grundsatz erfordert weiter, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde jede tatsächliche und prozessuale Möglichkeit ausschöpft, um eine Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte abzuwenden. Er muss das ihm Mögliche tun, damit eine Grundrechtsverletzung im fachgerichtlichen Instanzenzug unterbleibt oder beseitigt wird, und alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden und zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (VerfGH vom 13.1.2022 - Vf. 61-VI-19 - juris Rn. 39 m. w. N.; vom 1.6.2012 - Vf. 102-VI-11 - juris Rn. 18).
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In ihrer Gehörsrüge vom 12. April 2022 hat die Beschwerdeführerin aber nur vorgebracht, das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass sie bis Februar 2021 Beiträge bezahlt habe; erst in der Begründung der Verfassungsbeschwerde beanstandet sie außerdem, auch ihr Vortrag aus dem Schriftsatz vom 25. März 2022 sei unberücksichtigt geblieben. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde auf diesen, über die Anrechnung der Zahlung vom 4. September 2020 auf die Monate Januar und Februar 2021 hinausgehenden Einwand stützt, ist sie daher unzulässig, weil die Beschwerdeführerin diesen weiteren Gesichtspunkt in der Gehörsrüge hätte geltend machen und eine Beseitigung eines etwaigen Verstoßes gegen ihr rechtliches Gehör in dem anhängigen Zivilrechtsstreit hätte erreichen können. Die Unzulässigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Rügen einer Verletzung anderer Grundrechte als des Art. 91 Abs. 1 BV, hier auf die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) (vgl. grundsätzlich VerfGH vom 4.2.2019 NJW 2019, 2297/2298).
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Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie begründet.
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Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).
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1. Wird Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung eingelegt, so kann diese nur in engen Grenzen überprüft werden. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Rechtsmittelgericht. Es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Vielmehr hat er nur zu prüfen, ob das Gericht gegen die vom Beschwerdeführer bezeichneten subjektiven Rechte der Bayerischen Verfassung verstoßen hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 24.8.2022 - Vf. 9-VI-21 - juris Rn. 49 m. w. N.). Ist die angefochtene Entscheidung unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie zum Beispiel der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.9.2015 VerfGHE 68, 180 Rn. 30 ff.; vom 24.8.2022 - Vf. 9-VI-21 - juris Rn. 49 m. w. N.). Die Tatsachenfeststellungen und Subsumtionsvorgänge innerhalb des einfachen Rechts sind der Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof so lange entzogen, als nicht Mängel der Sachverhaltsermittlung oder Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des verfassungsmäßigen Rechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. VerfGHE 68, 180 Rn. 32; vom 8.7.2021 BayVBl 2021, 658 Rn. 25)
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2. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 verletzt die Be schwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), soweit darin der Vortrag und Beweisantritt der Beschwerdeführerin zur Erfüllungswirkung der Abbuchung vom 4. September 2020 in Höhe von 383,99 € auch für die Monate Januar und Februar 2021 nicht berücksichtigt wurden.
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a) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen untersagt er dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Zum anderen gibt er den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 20.4.2021 BayVBl 2021, 516 Rn. 32; vom 8.7.2021 BayVBl 2021, 658 Rn. 27, jeweils m. w. N). Hat das Gericht die Ausführungen eines Beteiligten entgegengenommen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie bei der Entscheidung erwogen worden sind. Das Gericht wird durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nämlich nicht verpflichtet, auf alle Ausführungen oder Anliegen eines Beteiligten einzugehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 - Vf. 93-VI-19 - juris Rn. 35; BayVBl 2021, 658 Rn. 27, jeweils m. w. N.). Geht das Gericht etwa auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern es nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war (VerfGH vom 8.7.2020 - Vf. 93-VI-19 - juris Rn. 35; BayVBl 2021, 658 Rn. 27 m. w. N.). Entsprechendes gilt für die wesentlichen Rechtsausführungen einer Partei (VerfGH vom 20.12.2021 - Vf. 18-VI-21 - juris Rn. 29). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 - Vf. 93-VI-19 - juris Rn. 35 m. w. N.; BayVBl 2021, 658 Rn. 27; vom 7.4.2022 - Vf. 66-VI-19 - juris Rn. 27;).
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Verletzungen der Aufklärungspflicht stellen als solche nicht stets eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, können aber insbesondere dann zu einem Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV führen, wenn das Gericht einen vor seiner Entscheidung überhaupt nicht erörterten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und dadurch dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Parteien nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnten. In einem solchen Fall legt das Gericht seiner Entscheidung letztlich einen Sachverhalt zugrunde, zu dem sich die Parteien nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.1.2014 BayVBl 2014, 448 Rn. 35; vom 7.4.2022 - Vf. 66-VI-19 - juris Rn. 30).
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b) Nach diesen Maßstäben hat das Amtsgericht den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin verletzt.
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aa) Das Amtsgericht äußert sich in seinem Urteil nicht zur Zahlung der Beschwerdeführerin vom 4. September 2020, obwohl die Abbuchung als solche unstreitig und für die Entscheidung erheblich war. Es führt aus, dass die Beschwerdeführerin Beiträge für die Zeit von Januar bis Juni 2021 schulde; die behauptete und im weiteren Verfahren durch den Kontoauszug belegte Zahlung wird in den Urteilsgründen weder erwähnt noch einem Zeitraum zugeordnet. Ein Eingehen darauf wäre zu erwarten gewesen, weil es sich um eine für die Entscheidung wesentliche Frage handelte. Wenn das Gericht - wie es das getan hat - davon ausging, eine Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin bestehe über den 31. Dezember 2020 hinaus, stellte sich die Frage, ob und für welchen Zeitraum die Zahlung der Beschwerdeführerin zur Erfüllung der Klageforderung geführt hatte (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Klageerwiderung vom 23. Februar 2022 und nochmals mit Schriftsatz vom 16. März 2022 ausdrücklich darauf berufen, dass sie im September 2020 Beiträge bis Februar 2021 bezahlt habe. Das Gericht hatte in seiner Verfügung vom 24. Februar 2022 auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin insoweit beweisbelastet sei. Den entsprechenden Beweis hat die Beschwerdeführerin durch Vorlage des Kontoauszugs angetreten, der eine Abbuchung mit dem Betreff „01.09.20 - 28.2.21“ ausweist.
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Die Anrechnung der Zahlung war dabei nicht deshalb unerheblich, weil die Kündigung vom 21. Dezember 2020 wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nach Auffassung des Amtsgerichts erst zum 30. Juni 2021 wirksam geworden wäre und weil die Beschwerdeführerin selbst „zum Laufzeitende im März“ gekündigt hatte. Auch dann war von Bedeutung, ob die Beiträge teilweise bezahlt waren. Unabhängig davon stellte sich die Frage, ob die Schließung des Fitnessstudios vom 1. November 2020 bis 7. Juni 2021 zum Wegfall der Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin für diesen Zeitraum geführt hatte, weil der Klägerin ihre Leistung unmöglich geworden war (§ 275, § 326 Abs. 1 und 4 BGB) und die Klägerin keine Vertragsanpassung nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verlangen konnte. Das Amtsgericht hat eine Berechtigung zur Vertragsanpassung bejaht mit dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum der Schließung - und damit auch für Januar und Februar 2021 - Beiträge zu zahlen hatte. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 2022 (NJW 2022, 2024), mit der ein Wegfall der Zahlungspflicht für den Zeitraum der Schließung bejaht, eine Möglichkeit zur Anpassung nach § 313 BGB aber verneint wurde, ist erst nach den Entscheidungen des Amtsgerichts ergangen. Legt man aber die Rechtsauffassung des Amtsgerichts zugrunde, war damit zu klären, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Abbuchung vom 4. September 2020 zur Erfüllung der Beitragspflicht für diese Monate geführt hatte.
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bb) Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht durch den Beschluss vom 13. April 2022 geheilt worden.
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Zwar geht das Amtsgericht in seinem Beschluss auf die Zahlung ein, rechnet diese aber auf den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 an. Diese Verrechnung ist überraschend und nimmt den Vortrag der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis. Soweit das Gericht davon spricht, die Beschwerdeführerin habe unstreitig nur den Vertrag bis zum Kündigungszeitpunkt Dezember 2020 bezahlt, widerspricht dies dem ausdrücklichen Vortrag der Beschwerdeführerin, sie habe Beiträge bis einschließlich Februar 2021 bezahlt. Die Anrechnung auf den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 steht ferner in Widerspruch zu dem vorgelegten Kontoauszug, nach dem die Abbuchung ausdrücklich für „01.09.20 - 28.2.21“ erfolgt ist, zu der von der Beschwerdeführerin vorgelegten E-Mail der Klägerin vom 17. Januar 2021 und den von der Klägerseite vorgelegten E-Mails der Klägerin vom 3. März 2021 und vom 18. Juni 2021, in denen es jeweils heißt, dass der nächste Beitrag zum 1. März 2021 fällig wäre. Offenbar ging danach auch die Klägerin davon aus, dass die Beiträge bis einschließlich Februar 2021 bezahlt seien.
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Gemäß § 366 Abs. 1 BGB wird eine Zahlung grundsätzlich auf die Schuld angerechnet, die bei der Zahlung bestimmt wird, wenn der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist und das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht. Die Bestimmung gilt auch bei einer Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis im weiteren Sinn, z. B. mehreren Mietraten (Fetzer in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 366 Rn. 2). Es liegt nahe, sie auch anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Gläubiger im Weg der Lastschrift vom Konto des Schuldners abbucht. Abweichend von § 366 Abs. 1 BGB können nämlich die Parteien ein Bestimmungsrecht des Gläubigers vereinbaren (Fetzer, a. a. O, § 366 Rn. 9 m. w. N.; BGH vom 20.6.1984 NJW 1984, 2404/2405; vom 13.12.1990 NJW-RR 1991, 562/565). Ebenso können die Beteiligten auch ausdrücklich oder stillschweigend eine Vereinbarung über eine von § 366 BGB abweichende Anrechnung schließen, wofür es genügen kann, dass der Schuldner eine Anrechnungserklärung des Gläubigers widerspruchslos hinnimmt (Fetzer, a. a. O, § 366 Rn. 9; BGH vom 27.6.1995 NJW-RR 1995, 1257 f.). Eine stillschweigende Übertragung des Bestimmungsrechts auf den Gläubiger liegt im Allgemeinen auch vor, wenn die Zahlung - wie hier - durch Einzug im Lastschriftverfahren erfolgen soll (vgl. Looschelders in BeckOGK BGB, § 366 Rn. 51). Eine durch die Klägerin des Ausgangsverfahrens getroffene, sich auf die Beiträge für Januar und Februar 2021 erstreckende Tilgungsbestimmung liegt angesichts des Betreffs „01.09.20 - 28.2.21“ des am 4. September 2020 erfolgten Lastschrifteinzugs nahe.
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Unter diesen Umständen hat das Amtsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin zu der Abbuchung vom 4. September 2020 (auch) bei der Entscheidung über die Anhörungsrüge entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls in seinem wesentlichen Kern nicht berücksichtigt. Das Amtsgericht verkennt bereits den Vortrag der Beschwerdeführerin, wenn es im Widerspruch dazu die Abbuchung vom 4. September 2020 ohne weitere Begründung - und sogar als unstreitig - auf den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 anrechnet; um das Vorbringen angesichts der für eine Erfüllung für die Monate Januar und Februar 2021 sprechenden Anhaltspunkte in Erwägung zu ziehen, hätte sich das Amtsgericht näher damit auseinandersetzen müssen, weshalb es die Zahlung anders als auf September 2020 bis Februar 2021 verrechnen wollte. Gegebenenfalls hätte es spätestens vor der Entscheidung über die Anhörungsrüge auf seine Auffassung hinweisen und der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Mit der vorgenommenen Anrechnung hat das Gericht dem Verfahren dagegen eine Wendung gegeben, mit der die Beschwerdeführerin nicht rechnen musste.
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cc) Urteil und Beschluss beruhen auch auf der dargelegten Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör. Es ist ersichtlich nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht, gegebenenfalls nach Fortführung des Verfahrens aufgrund der Anhörungsrüge (§ 321 a Abs. 5 ZPO), zu einer anderen Beurteilung - nämlich zur Anrechnung eines Teils der Zahlung auf die Monate Januar und Februar 2021 - gelangt wäre, wenn es den Vortrag und Beweisantritt der Beschwerdeführerin in seinem wesentlichen Kern berücksichtigt beziehungsweise den Parteien Gelegenheit gegeben hätte, zu seiner Auffassung über die Anrechnung der Zahlung Stellung zu nehmen.
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4. Da das Urteil vom 28. März 2022, soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, bereits aus den angeführten Gründen aufzuheben ist, kann insoweit offenbleiben, ob darüber hinaus weitere Grundrechtsverletzungen (Verstoß gegen das Willkürverbot, Art. 118 Abs. 1 BV) vorliegen.
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5. Gemäß Art. 54 Satz 2 VfGHG bestimmt der Verfassungsgerichtshof, in welcher Weise der Beschwerde abzuhelfen ist. Im vorliegenden Fall betrifft der festgestellte Verfassungsverstoß zwar nur einen Teil der Entscheidung, nämlich die Frage, inwieweit der Klageanspruch wegen Erfüllung hinsichtlich der Monate Januar und Februar 2021 abzuweisen gewesen wäre. Der Anspruch für diese Mo nate bildet aber keinen eigenen Streitgegenstand, da es sich bei dem vereinbarten Beitrag nicht um einen monatlichen, sondern um einen halbjährlichen handelt und in der Abbuchung vom 4. September 2020 zudem eine „Trainerjahrespauschale“ enthalten ist. Es erscheint deshalb sachgerecht, die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. März 2022 insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch hinsichtlich des Bestehens des Klageanspruchs - an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
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Mit der Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts vom 28. März 2022 wird der Beschluss über die Zurückweisung der Anhörungsrüge vom 13. April 2022 gegenstandslos (vgl. VerfGH vom 14.7.2014 VerfGHE 67, 175 Rn. 26; vom 5.3.2020 - Vf. 65-VI-18 - juris Rn. 32). Eine gesonderte Aufhebung ist nicht geboten.
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Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Der Beschwerdeführerin sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten (Art. 27 Abs. 4 Satz 1 VfGHG).