Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 12.09.2022 – Au 9 K 21.1644
Titel:

Bodenschutzrechtliche Anordnung von Untersuchungsmaßnahmen im Bereich einer ehemaligen gemeindlichen Hausmülldeponie

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 114
BBodSchG § 4 Abs. 3, § 9 Abs. 2
KrWG § 40 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Wurde eine Deponie von mehreren Inhabern betrieben, so treffen die Nachsorgepflichten denjenigen, der die Deponie als Letzter betreibt oder bei Bekundung der Stilllegungsabsicht oder im Zeitpunkt der faktischen Stilllegung betrieben hat. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Altfällen, in denen für den damaligen Deponiebetreiber keine Möglichkeit bestand, durch Verwaltungsakt die endgültige Stilllegung bzw. den Abschluss der Nachsorgephase behördlich feststellen zu lassen, bedarf es einer Entscheidung der zuständigen Behörde, die Deponie aus der abfallrechtlichen Nachsorge zu entlassen. Dies kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Adressat einer Anordnung nach § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG ist insbesondere bei mehreren möglichen Verursachern und unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen durch eine rechtlich wertende Betrachtung zu bestimmen. Bei mehreren möglichen Verursachern mit unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen bedarf es einer wertenden Zurechnung der im Boden vorgefundenen Kontamination. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Frage einer eventuellen Kostenerstattung ist von der auf der Primärebene zu treffenden Entscheidung über die Heranziehung eines Verantwortlichen zu einer bodenschutzrechtlichen Maßnahme zu trennen und würde dem § 9 Abs. 2 BBodSchG zugrundeliegenden Prinzip der effektiven Gefahrenabwehr zuwiderlaufen. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtung zur Erstellung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung, Endgültig stillgelegte Deponie, Konkurrenzverhältnis zwischen Abfall- und Bodenschutzrecht, Entlassung aus der abfallrechtlichen Nachsorge, Störerauswahl, Ermessen, Verhältnismäßigkeit, Theorie der unmittelbaren Verursachung, Gefahrenschwelle, Kostenerstattung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.04.2023 – 24 ZB 22.2208
Fundstelle:
BeckRS 2022, 35152

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Der Beigeladenen trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine ihr vom Beklagten auferlegte Pflicht zur Erstellung einer Detailuntersuchung im Bereich der ehemaligen gemeindlichen Hausmülldeponie auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … sowie einer Gefährdungsabschätzung für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser durch ein fachlich geeignetes Ingenieurbüro.
2
Die Klägerin hat gemäß ihrer Anzeige vom 16. November 1966 seit dem Jahr 1958 auf den Grundstücken Fl.Nrn. …, … sowie Teilflächen der Grundstücke, … und …, jeweils Gemarkung …, im Bereich einer erweiterten Kiesgrube eine gemeindliche Hausmülldeponie betrieben. Abgelagert wurden neben Hausmüll, Sperrmüll und Bauschutt auch Gewerbemüll der Papierfabrik …, …, sowie Fäkalienschlamm der Firma …, …, und der Firma …, … In den Jahren 1963 bis 1974 wurde die Hausmülldeponie der Klägerin gemäß ihrer Anzeige aus dem Jahr 1967 für die Ablagerung von Müll erweitert.
3
Das Wasserwirtschaftsamt … stellte bereits unter dem 1. August 1974 fest, dass Müll teilweise im Grundwasser lagert. Die Sohle der Kiesgrube lag laut den Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts ungefähr bei 2,5 m unter der Geländeoberkante. In einem Teil der Grube stand 1 m unter der Grubensohle auf einer Fläche von ungefähr 500 m2 das Grundwasser offen an. Bei einer weiteren Ortseinsicht im Jahr 1976 wurde vom Wasserwirtschaftsamt … festgestellt, dass der Müll teilweise direkt in das Grundwasser eingebracht wurde bzw. der bereits vorhandene Müllkörper bei hohen Grundwasserständen mit dem Grundwasser in Berührung kommt. Seit dem Jahr 1974 seien auch Abfälle der Papierfabrikation … abgelagert worden. Das Grundwasser sei dunkel gefärbt. Zum Teil würden Metallgebinde und Kunststoffkanister auf dem Grundwasser schwimmen. Nach den Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts habe die Klägerin in den Jahren zwischen 1974 und 1976 ca. 5.000 m3 in der ehemaligen Kiesgrube abgelagert. Durch die starke Durchlässigkeit des aufgeschütteten Materials sei eine starke Gefährdung des Grundwassers vorhanden.
4
Mit Anordnung des Landratsamts vom 22. September 1976 wurde die Klägerin verpflichtet, den von ihr betriebenen Müllablagerungsplatz bis zum 15. November 1976 mit gewässerunschädlichem Material (Bauschutt und Erdaushub) 1 Meter hoch über den derzeitigen Grundwasserstand aufzufüllen und das Einbringen von Abfällen in den Müllablagerungsplatz zu überwachen.
5
Das Wasserwirtschaftsamt … stellte am 1. Dezember 1976 fest, dass das freigelegte Grundwasser durch Auffüllung auf die vorgeschriebene Höhe abgedeckt worden war. Rund um den Müllplatz wurde ein 2 Meter hoher Maschendrahtzaun mit verschließbarem Tor errichtet.
6
Unter dem 10. Mai 1077 bzw. dem 19. September 1977 schlossen die Klägerin und der Landkreis … die Vereinbarung, dass die Klägerin dem Landkreis … den Müllplatz auf den damaligen Fl.Nrn. …, … und …, Gemarkung …, zur Nutzung als Kreisbauschuttdeponie überlässt. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages dient der Müllplatz zur Ablagerung von Bauschutt, Abraum, Kies und Erde aus dem gesamten Gebiet des Landkreises …, soweit diese Abfälle durch Selbstanfahrer oder deren Beauftragte angeliefert werden. Nach § 2 Abs. 1 der Vereinbarung wird der Ablagerungsplatz durch die Gemeinde … eingerichtet. § 3 Abs. 1 der Vereinbarung bestimmt weiter, dass die Gemeinde den Ablagerungsplatz im Auftrag des Landkreises … betreibt. Nach § 5 verpflichtet sich die Klägerin zur Rekultivierung des Deponiegeländes.
7
Ab dem 1. Juni 1977 wurde die Deponie ausschließlich zur Ablagerung von Bodenaushub und Bauschutt genutzt. Das bis Ende des Jahres 1977 verfüllte Volumen der Deponie betrug 22.000 m³. Das noch zu verfüllende Restvolumen wurde mit 15.000 m³ angegeben.
8
Im Jahr 1983 kam es zum Abschluss der Verfüllung der ehemaligen Hausmülldeponie. Bis 2014 fanden nach vollständiger Auffüllung keine weiteren Aktivitäten in der ehemaligen Kiesgrube statt. Für den Neubau der Kläranlage der Klägerin auf Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, fand ein teilweiser Aushub des abgelagerten Bauschutts unter Belassung der Restauffüllung statt.
9
Im Rahmen einer vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt angeordneten einzelfallbezogenen Überprüfung von Altablagerungen im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts … stellte der Beklagte am 1. Dezember 2008 fest, dass die Nachsorgephase der streitgegenständlichen Flächen bereits in der Vergangenheit und vor dem 3. August 2001 abgeschlossen wurde. Gegenüber dem Deponiebetreiber würden keine weiteren Maßnahmen gefordert. Die Fläche unterliege fortan dem Bodenschutzrecht.
10
Für die ehemalige Hausmülldeponie der Klägerin wurde im Jahr 2014 durch die Fa. … + … GmbH eine orientierende Untersuchung durchgeführt. Diese ergab das Vorliegen eines Anfangsverdachts für eine schädliche Bodenveränderung mit einer für erforderlich erachteten Detailuntersuchung auf dem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung … Auf den Untersuchungsbericht der Fa. … + … GmbH vom 30. Dezember 2014 wird ergänzend verwiesen.
11
Zur vorgenannten orientierenden Untersuchung nahm das Wasserwirtschaftsamt … (…) mit Schreiben vom 5. August 2015 Stellung. In seiner Gefährdungsabschätzung kommt das Wasserwirtschaftsamt zum Ergebnis, dass die durchgeführten Bodenuntersuchungen ein lokal erhöhtes Emissionspotential durch die anorganischen Leitparameter Arsen, Barium, Chrom und Zink sowie durch die organischen Stoffgruppen MKW und PAK erkennen lassen. Die Schadstoffanreicherungen lägen schwerpunktmäßig im Süden des Flurstücks Nr., Gemarkung … Die ermittelten PAK- und Schwermetallverunreinigungen seien allesamt immobil und vertikal abgegrenzt. Für das Halbmetall Arsen habe an einer Probeentnahmestelle im Süden des betreffenden Grundstücks eine erhöhte Mobilität nachgewiesen werden können. Die MKW-Belastungen zeigten teilweise eine fehlende Tiefenabgrenzung. Aufgrund des bereichsweise hohen Immissionspotentials des Ablagerungsgutes bis in die tiefen Auffüllhorizonte bzw. bis an die Deponiesohle, der zum Teil erheblichen Wasserlöslichkeit des Halbmetalls Arsen sowie unter Berücksichtigung der lokalen geologischen und hydrogeologischen Standortverhältnisse (geringer Abstand zwischen Deponiesohle und Grundwasserspiegel, Deponat im Grundwasserschwankungsbereich, keine schützende und sorptionsfähige Grundwasserüberdeckung, Oberfläche der Altdeponie überwiegend nicht versiegelt, hohe Sickerwasserrate) sei am Ort der Beurteilung (Übergangsbereich von der ungesättigten zur wassergesättigten Bodenzone) zumindest für den anorganischen Leitparameter Arsen eine Prüfwertüberschreitung nach Anhang 2 Nr. 3 Punkt 1 der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) zu erwarten. Auch beim organischen Summenparameter MKW könne eine Prüfwertüberschreitung nicht zur Gänze ausgeschlossen werden. Folglich lägen konkrete Anhaltspunkte für eine Grundwassergefährdung vor. Für die sonstigen untersuchten Deponieteilflächen könne nach § 4 Abs. 2 BBodSchG der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung bzw. Altlast ausgeräumt werden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die fachliche Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts … (…) vom 5. August 2015 Bezug genommen.
12
Die Klägerin wurde mit Schreiben des Landratsamts … vom 26. August 2015 aufgefordert, die fachlich notwendige Detailuntersuchung zu beauftragen, und zum Erlass eines entsprechenden Bescheids angehört.
13
Die Klägerin stellte unter dem 28. September 2016 bei der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses für Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen bei stillgelegten gemeindeeigenen Hausmülldeponien, der mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 abgelehnt wurde. Eine Förderung komme nur in Betracht, soweit die Hausmülldeponie ausschließlich als gemeindeeigene Hausmülldeponie von einer kreisangehörigen Gemeinde in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe der Abfallentsorgung betrieben worden sei und sofern nicht ein Landkreis als entsorgungspflichtige Körperschaft im Sinne des Art. 3 Abs. 1 des Bayerischen Abfallwirtschaftsgesetzes die Inhaberstellung übernommen habe. Nach Auffassung der GAB habe der Landkreis … aufgrund der im Jahr 1977 geschlossenen Vereinbarung die Inhaberstellung der Deponie … übernommen.
14
Mit Bescheid des Landratsamts … vom 7. Juli 2021 wurde die Klägerin in Nr. 1.1 verpflichtet, Detailuntersuchungen im Bereich der ehemaligen gemeindlichen Hausmülldeponie auf dem Grundstück Fl.Nr. … gemäß den Vorschlägen des Gutachters … + … GmbH,, vom 30. Dezember 2014 sowie gemäß der ergänzenden Fachvorgaben des Wasserwirtschaftsamts … (…) vom 15. August 2015 durchzuführen. Nach Nr. 1.2 des Bescheids ist weiter eine Gefährdungsabschätzung für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser auf den Ergebnissen der Detailuntersuchungen aufbauend vorzunehmen. In Nr. 2 des Bescheids wird die Klägerin verpflichtet, die unter Nr. 1 angeordneten Maßnahmen durch ein fachlich geeignetes Ingenieurbüro in Auftrag zu geben. Die in Nr. 1 des Bescheids festgelegte Verpflichtung ist sechs Monate nach Bestandskraft des Bescheides vollständig zu erfüllen (Nr. 3 des Bescheids). Nr. 4 verpflichtet die Klägerin dazu, die unter Nr. 1 angeordneten Maßnahmen zu dokumentieren und dem Landratsamt den zusammenfassenden Untersuchungs- und Ergebnisbericht binnen zweier Monate nach Beendigung der Untersuchungen vorzulegen.
15
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landratsamt aus, Rechtsgrundlage für die Anordnung der Maßnahmen unter Nrn. 1 bis 4 des Bescheides sei § 9 Abs. 2 Satz 1 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG. Danach könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast bestehe. Auf den betroffenen Flurstücken sei zunächst eine historische Erkundung durchgeführt worden. Die im Jahr 2014 erfolgten orientierenden Untersuchungen der Fa. … + … GmbH bestätigten den hinreichenden Verdacht auf das Vorliegen von schädlichen Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … Die Verpflichtung in Nr. 1 des Bescheides werde in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erlassen, um sicherzustellen, dass die aus fachlicher Sicht erforderlichen nächsten Bearbeitungsschritte - Detailuntersuchungen mit abschließender Gefährdungsabschätzung - durchgeführt werden. Die Maßnahmen seien angemessen, da das Allgemeininteresse am Schutz von unbelasteten Untergrund-Grundwasserverhältnissen aufgrund der Art und des Umfangs der Verunreinigung als sehr hoch zu gewichten sei. Mildere bzw. weniger kostenintensive Maßnahmen mit der gleichen Effektivität würden nicht gesehen. Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG könnten in Bezug auf die festgesetzten Maßnahmen grundsätzlich sowohl der Verursacher als auch dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt verpflichtet werden. Die Auswahl zwischen den verschiedenen Verpflichteten sei von der Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Bei der Adressatenauswahl gebe es keine vorgeschriebene Rangfolge. Mögliche Adressaten stünden gleichrangig nebeneinander zur Auswahl. Maßgebende Kriterien für die Auswahl seien vor allem der Grad der Verantwortlichkeit, die Sachnähe, die Effektivität der Gefahrenabwehr, die Eilbedürftigkeit sowie etwaige rechtliche Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme. Als Adressaten seien sowohl die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … und Betreiberin der ehemaligen Hausmülldeponie sowie der Landkreis … als möglicher Mitbetreiber der Bauschuttdeponie durch den Überlassungsvertrag aus dem Jahr 1977 ermittelt worden. Im Sinne der schnellen effektiven Gefahrenabwehr sehe es das Landratsamt als ermessensgerecht an, die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Grundstücks als Zustandsstörerin sowie als Betreiberin der ehemaligen Hausmülldeponie als Handlungsverantwortliche zur Durchführung der erforderlichen Detailerkundungsmaßnahmen heranzuziehen. Aufgrund der bereits vor dem Jahr 1977 getroffenen Feststellungen, die bereits zu diesem Zeitpunkt auf eine starke Gefährdung des Grundwassers schließen ließen, sei davon auszugehen, dass die schädlichen Bodenveränderungen insbesondere durch den Betrieb der Hausmülldeponie verursacht wurden. Die Klägerin besitze als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück die größte Sachnähe, habe keine rechtlichen Schwierigkeiten auf das Grundstück zuzugreifen und sei insbesondere zu den angeordneten Maßnahmen schnell und effektiv in der Lage. Die Verpflichtung der Gemeinde sei auch hinsichtlich der zu erwartenden Kosten zumutbar. Diese würden auf 15.000 bis 30.000 EUR geschätzt. Die Entscheidung der GAB, die Maßnahme nicht zu fördern, habe keine Auswirkung auf die Adressatenauswahl, zumal die zu erwartenden Kosten den Eigenanteil nach Art. 13a Abs. 4 Sätze 3 bis 5 Bayerisches Bodenschutzgesetz (BayBodSchG) voraussichtlich nicht überschreiten würden. Dieser liege laut Information der GAB im Jahr 2021 bei 51.525,00 EUR. Unabhängig hiervon könnten zwischen mehreren Verpflichteten zivilrechtliche Ausgleichsansprüche unabhängig von einer Heranziehung bestehen (§ 24 Abs. 2 BBodSchG). Sollte die Detailuntersuchung im Ergebnis eine Sanierungspflicht zur Folge haben, so sei erneut über die Adressatenauswahl, auch unter dem Aspekt der finanziellen Leistungsfähigkeit, zu entscheiden. Der Landkreis … werde nicht zur Durchführung der Detailuntersuchung herangezogen. Es sei davon auszugehen, dass von einer ab dem Jahr 1977 ordnungsgemäß betriebenen Bauschuttdeponie keine bzw. nur geringe Gefahren für den Boden und das Grundwasser ausgingen. Auch sei der Landkreis … nicht Zustandsverantwortlicher.
16
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts … vom 7. Juli 2021 wird ergänzend verwiesen.
17
Die Klägerin hat aufgrund Gemeinderatsbeschlusses vom 26. Juli 2021 gegen den Bescheid mit Schriftsatz vom 2. August 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und zuletzt beantragt,
18
den Bescheid des Beklagten vom 7. Juli 2021 aufzuheben.
19
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin sich gegen die präjudizierende, alleinige Auswahl und Bestimmung der Gemeinde, als für die Deponie Verantwortliche, wendet. Die Aufhebung des Bescheids werde begehrt, da das staatliche Landratsamt einen Begünstigten verpflichten könne und die Gemeinde ein größeres Risiko durch die alleinige Verpflichtung zu tragen habe. Dieser Umstand habe keine Berücksichtigung beim Erlass des belastenden Verwaltungsaktes gefunden. Der getroffenen Aussage, dass Bauschuttdeponien keine Gefahren entfalten würden, könne nicht gefolgt werden, da sie einer objektiven Bewertung entgegenstehe und nicht geeignet sei, die alleinige Verantwortlichkeit der Gemeinde festzustellen und Folgelasten auf die Gemeinde zu übertragen.
20
Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 2. August 2021 wird ergänzend verwiesen.
21
Das Landratsamt … ist der Klage für den Beklagten mit Schriftsatz vom 26. August 2021 entgegengetreten und beantragt,
22
die Klage abzuweisen.
23
Die zulässige Klage sei unbegründet, da die Verpflichtung der Klägerin durch das Landratsamt … rechtmäßig sei. Zuschussempfänger der Förderung der GAB seien ausschließlich die kreisangehörigen Gemeinden in Bayern, nicht hingegen Landkreise. Die Prüfung einer Ablehnung des Förderantrags der Gemeinde … durch die GAB auf ihre Richtigkeit könne nicht im Rahmen eines bodenschutzrechtlichen Verwaltungsverfahrens erfolgen und sei dort auch nicht erforderlich. Während zur Anordnung nach Abfallrecht der letzte Deponiebetreiber heranzuziehen sei, sei im Bodenschutzrecht eine behördliche Auswahlentscheidung zwischen den möglichen Adressaten des § 4 Abs. 3 BBodSchG durchzuführen. Die Adressatenauswahl sei in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Hierzu werde auf die Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes des Landratsamts vom 26. August 2021 Bezug genommen.
25
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. August 2021 wurde der Landkreis … zum Verfahren beigeladen. Ein Antrag wurde im Verfahren nicht gestellt.
26
Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 2. September 2022 weiter begründet. Sie führt aus, dass der Beklagte Angaben zu dem möglichen Betreiber der Deponie übergehe. Es fehlten Angaben, ob die gemeindliche Grube etwa eingezäunt war, wer die Aufsicht geführt habe, wer Gebühren eingezogen habe. Der Beklagte hebe weiter nicht hervor, dass sowohl die historische Erkundung wie auch die GAB in ihren Schreiben vom 21. Oktober 2019 und 29. Mai 2020 davon ausgegangen seien, dass der letzte Betreiber der gemeindlichen Grube der Beigeladene gewesen sei. Weiter übergehe der Beklagte den schwierigen Streit der Abgrenzung von Abfall- und Bodenschutzrecht bei der Benennung der Ermächtigungsgrundlage. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) seien bei einer endgültig stillgelegten Deponie die Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetztes anzuwenden. Das Bodenschutzrecht sei grundsätzlich gegenüber den Spezialregelungen des KrWG subsidiär. Bei der Abfallbeseitigung dürfe auch das Schutzgut Boden nicht schädlich beeinflusst werden (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 KrWG). Die Stilllegung von Deponien richte sich somit in allen Phasen ausschließlich nach § 40 KrWG. Das Bundesverwaltungsgericht sehe § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG nicht als Rechtsgrund-, sondern als Rechtsfolgenverweisung mit der Folge, dass das KrWG als Ermächtigungsgrundlage auch für die Störerauswahl ausschlaggebend sei. Folge hiervon sei, dass zwingend der Deponiebetreiber, mithin der Beigeladene, herangezogen werden müsse. Sollte jedoch Bodenschutzrecht einschlägig sein, so sei zumindest die Ermessensauswahl bei der Heranziehung der Klägerin und des Beigeladenen näher zu hinterfragen. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene rund sechs Jahre lang die Deponie ausschließlich betrieben habe. Auch der Hinweis auf den bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruch des § 24 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG führe nicht weiter, weil die Klägerin die gesamte Ermittlungs- und Heranziehungslast hinsichtlich anderer Störer und deren Insolvenzrisiko zu tragen habe.
27
Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 2. September 2022 wird ergänzend verwiesen.
28
Der Beklagte hat auf den vorbezeichneten Schriftsatz am 7. September 2022 repliziert. Er führt aus, dass nach dem Inkrafttreten des Bodenschutzrechts im Jahre 1999 für die betroffene Fläche zu klären gewesen sei, ob sie dem Anwendungsbereich des Abfallrechts oder des Bodenschutzrechts zuzuordnen sei. Das Ergebnis der Abgrenzungsprüfung für die streitgegenständliche Altablagerung sei im Aktenvermerk vom 1. Dezember 2008 dokumentiert worden und sei der Klägerin auch spätestens seit dem 2. Juni 2014 bekannt. Die Klägerin selbst gebe in ihrem Antrag auf Zuschussgewährung an die GAB vom 28. September 2016 an, dass die Nachsorgephase der ehemaligen Deponie bereits beendet und die Klägerin nach § 4 BBodSchG pflichtig sei.
29
Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes des Beklagten vom 7. September 2022 wird ergänzend verwiesen.
30
Am 12. September 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Beklagten vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Landratsamts … vom 7. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
33
1. Die Klage ist mit dem zuletzt ausschließlich gestellten Antrag, den streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom 7. Juli 2021 aufzuheben, als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere liegt ein die Klageerhebung durch den 1. Bürgermeister mit Schriftsatz vom 4. August 2021 legitimierender Gemeinderatsbeschluss der Klägerin vom 26. Juli 2021 vor.
34
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die der Klägerin in Nrn. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids auferlegte Verpflichtung zur Vorlage einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … ist rechtmäßig.
35
Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten vom 17. März 1998 (BBodSchG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021 (BGBl I S.306). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 4 und 5 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast besteht.
36
a) Nach Auffassung der Kammer kann der Bescheid auf die Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 2 BBodSchG für die Anordnung der bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung gestützt werden. Das Bundesbodenschutzgesetz ist vorliegend anwendbar.
37
aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG kommt den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Vorrang vor dem Bundesbodenschutzgesetz zu, soweit sie in Bezug auf die Stilllegung von Deponien auch Einwirkungen auf den Boden regeln. Das gilt jedoch nur, solange sich eine Deponie zumindest noch in der Nachsorgephase befindet.
38
§ 40 Abs. 2 Satz 2 des KrWG in der Fassung seit dem 1. Juni 2012, der als weitgehend deckungsgleiche Nachfolgeregelung zu § 36 KrW-/AbfG a. F. die Stilllegung von Deponien zum Gegenstand hat, bestimmt, dass für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung die Vorschriften des BBodSchG anzuwenden sind, wenn der Verdacht besteht, dass von einer endgültig stillgelegten Deponie nach § 40 Abs. 3 KrWG schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen. Die Bestimmung des § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG schafft nach überwiegender Rechtsauffassung eine Rechtsfolgenverweisung auf die Bestimmungen des BBodSchG. Mit der Verweisung in das Bodenschutzrecht soll damit aber - jedenfalls bis zum Abschluss der Nachsorgephase - lediglich der Handlungsspielraum der zuständigen Abfallbehörde erweitert, nicht jedoch ein Regimewechsel vom Abfallzum Bodenschutzrecht bewirkt werden (BVerwG, U.v. 17.11.2018 - 7 C 18.18 - juris Rn. 17). § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG erfasst dabei grundsätzlich Deponien, die nach Inkrafttreten des Abfallgesetzes (AbfG) 1972 in den alten Bundesländern errichtet und/oder betrieben wurden (vgl. Attendorn im Jarass / Petersen KrWG, 1. Aufl. 2014, § 40 Rn. 64). Da die streitgegenständliche Deponie im Zeitraum zwischen den Jahren 1958 und 1983 zunächst als Hausmülldeponie und ab 1977 als Bauschuttdeponie betrieben wurde, findet die Bestimmung des § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG auf die streitgegenständlichen Ablagerungen Anwendung.
39
Bei der zu treffenden Abgrenzung zwischen Abfallrecht und Bodenschutzrecht ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Wurde eine Deponie - wie hier - von mehreren Inhabern betrieben, so treffen die Nachsorgepflichten denjenigen, der die Deponie als Letzter betreibt oder bei Bekundung der Stilllegungsabsicht oder im Zeitpunkt der faktischen Stilllegung betrieben hat. Die Verantwortlichkeit des letzten Betreibers für die Erfüllung der Nachsorgepflichten beruht darauf, dass der Gesetzgeber die Pflichten des Betreibers nicht mit der Einstellung des Betriebs enden lässt. Die Grundpflicht, nicht zu verwertende Abfälle gemeinwohlverträglich zu beseitigen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG) ist erst erfüllt, wenn durch Maßnahmen der Langzeitsicherung und Kontrollen des Deponieverhaltens sichergestellt ist, dass eine von der Deponie ausgehende Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit praktisch ausgeschlossen ist. Die zu diesem Zweck zu erlassenden Nachsorgeanordnungen richten sich an den letzten Betreiber der Deponie, weil er durch die Bekundung der Stilllegungsabsicht oder die faktische Stilllegung der Deponie die Ursache dafür gesetzt hat, dass die Pflicht zur Nachsorge entsteht. Die Nachsorgepflicht des Deponieinhabers knüpft damit an seine Betriebsführung an und stellt sich infolgedessen aus ordnungsrechtlicher Sicht als Verhaltenshaftung des Betreibers dar (vgl. BVerwG, U.v. 31.8.2006 - 7 C 3.06 - juris; VG Neustadt (Weinstraße), U.v. 11.7.2019 - 4 K 1504/18.NW - juris Rn. 31).
40
Bei ehemaligen Deponiestandorten musste bereits vor dem Inkrafttreten des KrWG im Jahr 2001 gemäß § 10 Abs. 1 AbfG bzw. § 36 Abs. 1 KrW-/AbfG 1994 die beabsichtigte Stilllegung der Deponie der zuständigen Behörde angezeigt werden. Diese Anzeige sollte die Behörde in den Stand setzen, das erforderliche Nachsorgeverfahren einzuleiten. In diesem Nachsorgeverfahren sollte sie dann gemäß § 10 Abs. 2 AbfG bzw. § 36 Abs. 2 KrW-/ AbfG 1994 den Deponieinhaber verpflichten, auf seine Kosten das Gelände, das für die Deponie verwendet worden war, zu rekultivieren und sonstige Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten. Erst mit Beendigung der abfallrechtlichen Nachsorge und einer behördlichen Feststellungsentscheidung nach § 40 Abs. 5 KrWG beurteilt sich die zu treffende Störerauswahl nach § 4 Abs. 3 BBodSchG (vgl. VG Augsburg, U.v. 29.3.2021 - Au 9 K 18.491 - juris Rn. 28). Der Abschluss dieses Nachsorgeverfahrens beendet für die betreffende Deponie das Regime des Abfallrechts und unterstellt diese auch im Rechtsgrund den Bestimmungen des Bodenschutzrechts (vgl. BVerwG, B.v. 6. 5.1997 - 7 B 142.97 - juris).
41
bb) Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der streitgegenständlichen Deponie auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung, um eine endgültig stillgelegte Deponie, auf die nach zumindest konkludentem Abschluss der Nachsorgephase die Bestimmungen des BBodSchG vollumfänglich anwendbar sind.
42
Vorliegend ist unter den Beteiligten unstreitig, dass der Deponiebetrieb - ab dem 1. Mai 1977 in der Form einer Bauschuttdeponie des zu diesem Zeitpunkt entsorgungspflichtigen Landkreises … - im Jahr 1983 abgeschlossen und die Rekultivierung der Grube, die nach § 5 der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen abgeschlossenen Vereinbarung aus dem Jahr 1977 der Klägerin oblag, im Jahr 1985 abgeschlossen wurde. Da nach vollständiger Verfüllung der ehemaligen Hausmülldeponie und anschließender Rekultivierung bis 2014 keine weiteren Aktivitäten an der ehemaligen Kiesgrube festgestellt werden konnten, ist davon auszugehen, dass es mit Abschluss der Rekultivierung im Jahr 1985 zur endgültigen Stilllegung der ehemaligen Hausmülldeponie und späteren Bauschuttdeponie auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung, gekommen ist.
43
Mit der am 1. Dezember 2008 durch das Landratsamt als zuständige Behörde erfolgten Feststellung ist die Nachsorgephase abgeschlossen, so dass die Deponie vollumfänglich den Bestimmungen des BBodSchG unterfällt. Hierbei ist unschädlich, dass die Feststellung nicht durch förmlichen Verwaltungsakt ausgesprochen wurde.
44
Zur Entlassung einer Deponie aus der Nachsorgephase als dritter Stufe der Stilllegung einer Deponie (Stilllegung, endgültige Stilllegung und Abschluss der Nachsorgephase) war nach § 36 Abs. 5 KrW-/AbfG i.d.F. vom 27.7.2001 entsprechend der heutigen Rechtslage in § 40 Abs. 5 KrWG der Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes auf Antrag des Deponiebetreibers erforderlich. An einem solchen Antrag der Klägerin fehlt es vorliegend. Damit konnte aber auch keine nach außen gerichtete behördliche Feststellung des Abschlusses der Nachsorgephase nach § 36 KrW-/ AbfG bzw. § 40 Abs. 5 KrWG erfolgen. Da ohne einen entsprechenden Antrag aber auch kein Bedürfnis für den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes i.S.d. § 40 Abs. 5 KrWG besteht und ein fehlender Antrag auf Feststellung zur Folge hätte, dass ein förmlicher Abschluss der Nachsorgephase begrifflich ausgeschlossen wäre, bedarf es an dieser Stelle einer modifizierenden Betrachtung (so auch VG Regensburg, U.v. 2.8.2021 - RO 8 K 19.301 - juris Rn. 51).
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Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass erstmals mit der Neufassung des § 36 KrW-/AbG durch Gesetz vom 27. Juli 2001 eine bestimmte zeitliche Abfolge der Stilllegung einer Deponie mit den Phasen Stilllegung, endgültige Stilllegung und Abschluss der Nachsorgephase und insbesondere die Möglichkeit einer förmlichen behördlichen Feststellung der Stilllegung in § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG a.F. eingeführt wurde. In den Fällen, in denen die endgültige Stilllegung vor Inkrafttreten des § 36 KrW-/AbfG durch Gesetz vom 27. Juli 2001 erfolgte, bestand für den damaligen Deponiebetreiber keine Möglichkeit, durch Verwaltungsakt die endgültige Stilllegung (§ 40 Abs. 3 KrWG) bzw. den Abschluss der Nachsorgephase (§ 40 Abs. 5 KrW-/AbfG) behördlich feststellen zu lassen. Es bedarf in diesen Fällen, ohne dass dies zwingend durch feststellenden Verwaltungsakt zu erfolgen hat, einer Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde, die streitgegenständliche Deponie aus der abfallrechtlichen Nachsorge zu entlassen. Dies kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. VG Augsburg, U.v. 29.3.2021 - Au 9 K 18.491 - juris Rn. 29). Die Behörde muss in derartigen Altfällen nach Auffassung der Kammer lediglich zum Ausdruck bringen, dass sie den (letzten) Betreiber aus der abfallrechtlichen Kontinuität seiner Verantwortlichkeit für die Deponie entlässt. Es bedarf demnach der behördlichen Überprüfung, ob gegenüber dem letzten Deponiebetreiber noch Maßnahmen betreffend der Stilllegung der ehemaligen Deponie veranlasst sind bzw. die zuständige Behörde aufgrund des tatsächlichen Zustandes des ehemaligen Ablagerungsortes davon ausgeht, dass der Deponieinhaber bzw. der zur Rekultivierung Verpflichtete seinen abfallrechtlichen Stilllegungsverpflichtungen umfassend nachgekommen ist.
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Eine solche zumindest konkludente Feststellung der endgültigen Stilllegung und des Abschlusses der Nachsorgephase wurde im hier zu entscheidenden Fall von Seiten des Beklagten am 1. Dezember 2008 vorgenommen. Vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt aufgefordert, hat der Beklagte festgestellt, dass betreffend der streitgegenständlichen Deponie die Nachsorgephase bereits vor dem 3. August 2001 abgeschlossen wurde. Es seien gegenüber dem damaligen Deponiebetreiber keine weiteren Maßnahmen gefordert worden. Die Fläche unterliege aufgrund der getroffenen Feststellung fortan dem Bodenschutzrecht.
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Nach alldem ist in modifizierender Betrachtung der Erfordernisse in § 40 Abs. 3 bzw. Abs. 5 KrWG davon auszugehen, dass vorliegend das BBodSchG in Bezug auf Rechtsgrundlage und Störerauswahl Anwendung finden kann.
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Überdies spricht einiges dafür, dass die Klägerin aufgrund der von ihr in der Vereinbarung aus dem Jahr 1977 übernommenen Verpflichtung zur Rekultivierung der Deponie nach Abschluss der Verfüllung (§ 5 der Vereinbarung) selbst bei angenommener Fortdauer der Nachsorgephase vom Beklagten nach abfallrechtlichen Grundsätzen als Verantwortliche für die angeordneten Maßnahmen hätte in Anspruch genommen werden können. Mit der von ihr übernommenen Verpflichtung war die Klägerin in der Phase nach Abschluss der Verfüllung im Jahr 1983 auch nach den Kriterien des Abfallrechts letzter verantwortlicher Deponieinhaber.
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b) Dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG vorliegend erfüllt sind, ist unter den Beteiligten unstreitig. Die von der Fa. … + … GmbH durchgeführte orientierende Untersuchung im Jahr 2014 hat auf der ehemaligen Hausmülldeponie ein lokal erhöhtes Emissionspotential durch die anorganischen Leitparameter Arsen, Barium, Chrom und Zink sowie durch die organischen Stoffgruppen MKW und PAK festgestellt. Weiter wurde ermittelt, dass die Schadstoffanreicherungen schwerpunktmäßig im Süden des streitgegenständlichen Flurgrundstücks Nr., Gemarkung, liegen. Für den Parameter Arsen habe an einer Probeentnahmestelle im Süden des Grundstücks eine erhöhte Mobilität nachgewiesen werden können. Die MKW-Belastungen hätten teilweise eine fehlende Tiefenabgrenzung gezeigt. Aufgrund der bereichsweise hohen Emissionspotentiale des Ablagerungsgutes bis in die tiefen Auffüllhorizonte bzw. bis an die Deponiesohle, der Wasserlöslichkeit des Halbmetalls Arsen sowie unter Berücksichtigung der lokalen geologischen und hydrogeologischen Standortverhältnisse - geringer Abstand zwischen Deponiesohle und Grundwasserspiegel, Deponat im Grundwasserschwankungsbereich, hohe Sickerwasserrate - sei am Ort der Beurteilung zumindest für den Leitparameter Arsen eine Prüfwertüberschreitung nach Anhang 2 Nr. 3.1 der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) zu erwarten. Auch beim organischen Summenparameter MKW könne eine Prüfwertüberschreitung nicht zur Gänze ausgeschlossen werden. Das Wasserwirtschaftsamt … (…) war daher in seiner Stellungnahme vom 5. August 2015 zum Ergebnis gekommen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Grundwassergefährdung vorliegen. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Da der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung i.S.d. § 2 Abs. 3 BBodSchG nach den Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts … (…) vom 5. August 2015 besteht, liegt die Eingriffsermächtigungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG zur Erstellung eines Untersuchungskonzeptes tatbestandlich vor.
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b) Auch die Ermessensentscheidung des Beklagten, gerade die Klägerin zur Vorlage einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung durch ein Fachbüro (§ 18 BBodSchG) mit einer Gefährdungsabschätzung für den Pfad Boden-Grundwasser zu verpflichten, ist nicht zu beanstanden. Die Beschränkung der Adressatenauswahl zwischen der Klägerin als Grundstückseigentümerin und Betreiberin der Deponie in den Jahren 1958 bis 1977 und dem Beigeladenen als Verantwortlichen für den Betrieb der Bauschuttdeponie in den Jahren 1977 bis 1983 weist keine Ermessensfehler auf.
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aa) Eine bodenschutzrechtliche Anordnung nach § 9 BBodSchG ist dann rechtmäßig, wenn sie an eine solche natürliche oder juristische Person gerichtet ist, die nach dem Gesetz für die jeweilige bodenschutzrechtliche Maßnahme in Anspruch genommen werden darf, und wenn unter gegebenenfalls mehreren möglichen Verpflichteten eine nach dem Maßstab von Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) und § 114 Satz 1 VwGO ermessensfehlerfreie Auswahl getroffen worden ist. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG kann die Anordnung dabei an eine der in § 4 Abs. 3, 5 u. 6 BBodSchG genannten Personen gerichtet werden, die Pflichten zur Gefahrenabwehr haben. Dies sind u.a. der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück. Verursacher ist jede natürliche oder juristische Person, die an einer Bodenkontamination zumindest als Teilverantwortliche mitgewirkt hat.
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Jedoch reicht nicht jeder Kausalbeitrag im naturwissenschaftlichen Sinne für eine Verursachung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG aus. Wer Verursacher ist, richtet sich entsprechend dem Hintergrund des Bundesbodenschutzgesetzes maßgeblich nach dem allgemeinen Sicherheits- und Polizeirecht (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2022 - 24 CS 22.390 - noch nicht veröffentlicht; BayVGH, B.v. 15.5.2018 - 22 CS 18.566 - juris Rn. 22; OVG RhPf U.v. 26.1.2012 - 8 A 11081/11 - juris Rn. 82). Nach der herrschenden Theorie der unmittelbaren Verursachung ist erforderlich, dass der Verursacher, von dem das für die Gefahr kausale Verhalten stammt, die maßgebliche Gefahrenschwelle durch ein unmittelbar gefahrbegründendes Verhalten überschritten hat und eine Nähe zum späteren Schadenseintritt besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2004 - 22 CS 04.1048 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 17.3.2004 - 22 CS 04.362 - juris Rn. 9). Der Adressat einer Anordnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG ist somit insbesondere bei mehreren möglichen Verursachern und unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen durch eine rechtlich wertende Betrachtung zu bestimmen. Bei mehreren möglichen Verursachern mit unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen bedarf es einer wertenden Zurechnung der im Boden vorgefundenen Kontamination. Zwischen Verhaltensverantwortlichem und Zustandsstörer aufgrund Eigentums bzw. der Inhaberschaft der tatsächlichen Verfügungsgewalt besteht darüber hinaus kein Rangverhältnis, sodass die Auswahlentscheidung auch insoweit dem behördlichen Ermessen unterliegt.
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Verhaltensverantwortlicher ist demnach derjenige, der bei wertender Betrachtung und unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt der sich nachfolgend verwirklichten Gefahr gesetzt hat. Dabei kommt es entscheidend auf das Vorliegen eines hinreichend engen Wirkungs- und Ursachenzusammenhangs zwischen dem Überschreiten der Gefahrengrenze und dem Verhalten einer Person an, der es gerechtfertigt erscheinen lässt, die Pflichtigkeit dieser Person zu bejahen (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 7 B 12.08 - NVwZ 2008, 684; OVG NW, U.v. 20.5.2015 - 16 A 1686/09 - juris Rn. 96).
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bb) Diesen Grundsätzen folgend ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Beklagten zur alleinigen Inanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerhaft i. S. v. Art. 40 BayVwVfG bzw. § 114 Satz 1 VwGO wäre. Die vom Beklagten vorgenommene Störerauswahl ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
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Seitens des Beklagten war es nicht ermessensfehlerhaft, vormalige in die Hausmülldeponie einbringende Firmen wie beispielsweise die Papierfabrik,, die Fa., … bzw. die Fa.,, als vormalige Abfallbesitzer nicht in die Störerauswahl miteinzubeziehen. Ausgehend von den Begriffen der erforderlichen Verantwortlichkeit in § 4 Abs. 3 BBodSchG und dem Kriterium der Schadensnähe können diese vormaligen Abfallbesitzer nicht als Verantwortliche i.S.d. Bodenschutzrechts begriffen werden. Die vorbezeichneten Firmen sind ihrer abfallrechtlichen Entsorgungspflicht mit der Entsorgung in die damals von der Klägerin betriebene Hausmülldeponie in ausreichendem Maße nachgekommen. Der jeweilige Abfallbesitzer ist unabhängig vom Andauern seines Besitzes so lange entsorgungspflichtig, bis diese Pflicht abschließend gesetzeskonform erfüllt ist (VG Augsburg, U.v. 19.10.2020 - Au 9 K 20.554 - juris Rn. 41; Jacobj in Versteyl/Mann/Schomerus KrWG, 4. Aufl. 2006, § 3 Rn. 65). Die abfallrechtliche Überlassungspflicht besteht daher lediglich bis zu Inbesitznahme durch den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Schomerus in Versteyl/Mann/Schomerus, a.a.O., § 17 Rn. 12). Mit der Andienung eventuell schadstoffhaltigen Materials an die ehemalige Hausdeponie der Klägerin sind die vorbezeichneten Firmen jedenfalls ihrer abfallrechtlichen Grundpflicht zu Abfallbeseitigung nachgekommen, da eine Deponierung derartiger Abfälle zumindest nach der damals gültigen Rechtslage ein zulässiger Entsorgungsweg war. Aus Sicht des maßgeblichen Bodenschutzrechts endet damit die Verantwortlichkeit vormaliger Abfallbesitzer.
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Die Störerauswahl wurde demnach von Seiten des Beklagten zutreffend auf die Klägerin und den Beigeladenen beschränkt. Das Gericht vermag keinen beachtlichen Ermessensfehler zu Lasten der Klägerin bei der vorgenommenen Störerauswahl und der alleinigen Heranziehung der Klägerin erkennen, auf dessen Vorliegen sich die gerichtliche Überprüfung zu beschränken hat (§ 114 VwGO).
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Es bestanden hier für den Beklagten beachtliche Anhaltspunkte dafür, die Klägerin sowohl als derzeitige Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr., Gemarkung, im Wege der Zustandsstörerhaftung als auch als Verhaltensverantwortliche für den Betrieb der streitgegenständlichen Hausmülldeponie in den Jahren 1958 bis Mai 1977 zu der erforderlichen Detailuntersuchung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG heranzuziehen. Letzteres ergibt sich insbesondere aus den Ergebnissen der im Jahr 2014 durchgeführten orientierenden Untersuchung der Fa. … + … GmbH mit den darin festgestellten Belastungen durch die anorganischen Leitparameter Arsen, Barium, Chrom und Zink sowie durch die organischen Stoffgruppen MKW und PAK. Die Untersuchung hat erhebliche PAK- und Schwermetallverunreinigungen insbesondere im Süden des streitgegenständlichen Flurgrundstücks Nr. …, Gemarkung …, ergeben, auf denen die Klägerin in den Jahren 1958 bis 1977 als zu diesem Zeitpunkt entsorgungspflichtige Körperschaft eine Hausmülldeponie betrieben hat. Die Schadstoffbelastung, aus der die Sanierungsnotwendigkeit vorliegend resultiert, liegt dabei innerhalb der Spannbreite von Befunden, die bei nach damaligem Stand betriebenen Hausmülldeponien zu erwarten sind (vgl. OLG SH, U.v. 20.12.2007 - 5 U 98/04 - juris Rn. 60-63). All dies legt für die erkennende Kammer nahe, dass die Klägerin mit dem verantwortlichen Betrieb der Hausmülldeponie in den Jahren 1958 bis 1977 Verhaltensverantwortliche i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG ist. Untermauert wird dies durch die Feststellungen des damaligen Wasserwirtschaftsamts … aus den Jahren 1974 und 1976. Damals wurde von Seiten des Wasserwirtschaftsamts festgestellt, dass während des Betriebs der Deponie durch die Klägerin Müll teilweise direkt in das offenliegende Grundwasser eingebracht wurde bzw. der bereits vorhandene Müllkörper bei hohen Grundwasserständen unmittelbar mit dem Grundwasser in Berührung gekommen ist. Nach der Feststellung des Wasserwirtschaftsamts … hat die Klägerin insbesondere in den Jahren 1974 und 1976 ca. 5.000 m³ gemischten Müll in der ehemaligen Kiesgrube abgelagert. Bereits zum damaligen Zeitpunkt wurde durch die wasserwirtschaftliche Fachbehörde festgestellt, dass mit der starken Durchlässigkeit des aufgeschütteten Materials eine starke Gefährdung des Grundwassers einhergehe.
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Dass die im Jahr 2014 gutachterlich festgestellten Kontaminationen maßgeblich auf den Betrieb der Bauschuttdeponie, die ab dem 1. Mai 1977 in Verantwortung des nunmehr entsorgungspflichtigen Beigeladenen betrieben wurde, zurückzuführen sind, drängt sich für die Kammer hingegen nicht auf. Die Art der festgestellten Kontaminationen im Boden und an Orten, an denen diese festgestellt wurden, lassen nicht den Schluss zu, dass maßgeblich ursächlich für die befürchteten schädlichen Bodenveränderungen der Betrieb der Bauschuttdeponie ab dem 1. Mai 1977 durch den Beigeladenen ist. Jedenfalls ist die alleinige Heranziehung der Klägerin zur geforderten Detailuntersuchung mit Gefährdungsabschätzung für den Pfad Boden-Grundwasser unter Würdigung der Historie der ehemaligen Kiesgrube der Klägerin nachvollziehbar und nicht willkürlich oder sachfremd. Einen beachtlichen Ermessensfehler i.S.d. § 114 VwGO, der zur Aufhebung des Bescheids vom 7. Juli 2021 führen könnte, vermag die Kammer nicht zu erkennen, zumal die Klägerin kumulativ als Handlungs- und als Zustandsverantwortliche i.S.d. § 4 Abs. 3 BBodSchG zu der geforderten Maßnahme herangezogen werden kann.
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Kein taugliches Kriterium bei der Störerauswahl ist die von der Klägerin ins Feld geführte voraussichtlich fehlende Förderfähigkeit für die mit der Maßnahme der Klägerin entstehenden Kosten. Die entsprechenden Anträge der Klägerin sind sämtlich von Seiten der GAB abgelehnt worden. Dieser Umstand muss, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, bei der Störerauswahl unberücksichtigt bleiben. Die Verantwortlichkeit i.S.d. § 4 Abs. 3 BBodSchG ist unabhängig von der Erstattung der mit den geforderten bodenschutzrechtlichen Maßnahmen verbundenen Kosten vorzunehmen. Würde sich die zutreffende Auswahlentscheidung am Kriterium der Erstattungsfähigkeit von den Kosten bodenschutzrechtlicher Maßnahmen orientieren, so würde es sich dabei um ein sachfremdes Kriterium handeln. Die Frage einer eventuellen Kostenerstattung ist wie der Ausgleich unter mehreren Verantwortlichen nach § 24 BBodSchG von der auf der Primärebene zu treffenden Heranziehung eines Verantwortlichen zu einer bodenschutzrechtlichen Maßnahme zu trennen und würde dem der Bestimmung in § 9 Abs. 2 BBodSchG zugrundeliegenden Prinzip der effektiven Gefahrenabwehr im Bereich des Schutzguts Boden zuwiderlaufen. Dafür, dass die für die angeordneten Maßnahmen zu erwartenden Kosten, die nach unbestrittenen Angaben des Beklagten zwischen 15.000 und 30.000 EUR anzusetzen sind, die Leistungsfähigkeit der Klägerin übersteigen würden, bestehen keine Anhaltspunkte.
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Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die mit der Erfüllung der vom Beklagten geforderten Untersuchungsmaßnahmen verbundenen Kosten außer Verhältnis zum aktuellen Wert des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … stehen würden. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme muss diesem zumutbar sein, wobei als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dient. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt i.d.R. das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützlichen Gebrauch des Grundstücks und er kann noch nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu halten (BVerfG, B.v. 16.2.2000 - 1 BvR 242/91 - juris Rn. 54 ff.). Hiervon ist in Bezug auf die lediglich geforderte Detailuntersuchung zur Gefährdungsabschätzung durch einen nach § 18 BBodSchG zugelassenen Sachverständigen nicht auszugehen.
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Auch die der Klägerin in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids gesetzte Frist zur Pflichterfüllung innerhalb von sechs Monaten nach Bestandskraft des Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Frist ist angemessen und lässt der Klägerin ausreichend Zeit, die ihr auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen.
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3. Nach allem war die Klage der Klägerin daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Da der Beigeladene im Verfahren keinen Antrag gestellt und sich mithin auch keinem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlich entstandenen Kosten selbst zu tragen hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167
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Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).