Titel:
Kosten des Zustandsstörers nach Feuerwehreinsatz (Ölaustritt und Grundwassergefärdung)
Normenketten:
BayLStVG Art. 7 Abs. 2, Abs. 3, Art. 9 Abs. 2
BayFwG Art. 4 Abs. 1 S. 1
BayKG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2, Art. 6 Abs. 2 S. 1, Art. 10, Art. 20 Abs. 1, Abs. 3
WHG § 62 Abs. 3
GG Art. 14 Abs. 2
BV Art. 103 Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine Berechnung der für eine Amtshandlung erhobenen Gebühr anhand der seitens der Behörde aufgewendeten Personalstunden und der zugehörigen Personal(voll) kosten findet keine Grundlage in der auf dem Kostengesetz beruhenden Kostensatzung und dem Kostenverzeichnis. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Wahl der vier verschiedenen Arten der Bestimmung einer Gebühr muss bei Erlass der des Kostenverzeichnisses getroffen werden und darf nicht von der Behörde im Einzelfall frei gewählt werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Bemessung einer Gebühr ist der Grundsatz der Ausgewogenheit im Einzelfall zu wahren. Darin kommt nach der Konzeption des Bayerischen Kostengesetzes der Gegenleistungscharakter der Gebühren zum Ausdruck (anders Kostendeckungsprinzip auf Bundesebene BGebG). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Feuerwehren leisten keinen umfassenden Rechtsgüterschutz und sind daher auch nicht zur vollständigen Beseitigung aller Arten von Gefahren berufen. Maßnahmen der Feuerwehr sind nur dann notwendig, wenn nicht abgewartet werden kann, bis Dritte, insbesondere die zuständigen Stellen – wie die Sicherheitsbehörden – oder der sicherheitsrechtlich Verpflichtete, tätig werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei Vorfällen mit wassergefährdenden Stoffen bedeutet dies, dass die Aufgaben der Feuerwehr nach der Durchführung von akut schadensbegrenzenden Sofortmaßnahmen wie dem Aufbringen von Streu-, Saug- und Dämmmitteln enden, gleichzeitig aber noch eine konkrete Gefahr vorliegen kann. Die anschließende und weitergehende Gefahrerforschung und Gefahrenabwehr – etwa in Form der Bewertung noch bestehender Gefahren beispielsweise einer Verunreinigung des Grundwassers, die Beseitigung kontaminierten Erdreichs, etc. – fallen nicht mehr in den Aufgabenbereich der Feuerwehr, sondern obliegen den Sicherheitsbehörden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
6. Dass dem Inhaber der Sachherrschaft bzw. dem Eigentümer diese – im Übrigen auch verschuldensunabhängige – Zustandsstörerhaftung auferlegt wird, ist Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG, Art. 103 Abs. 2 BV). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ölschaden, Kosten für Tatmaßnahme, Konkrete Gefahr auch nach Abschluss des Einsatzes der Feuerwehr, Berechnung von Gebühren, wassergefährdende Stoffe, schadensbegrenzende Sofortmaßnahme, Gefahrbegriff, Grundwasser, Feuerwehr, Zustandsstörer, Störerbegriff, Sicherheitsbehörde, Kostendeckungsprinzip, Äquivalenzprinzip, Gebührenbemessung, Rahmengebühr, Zeitgebühr, Kostengesetz, Kostensatzung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 32180
Tenor
I. Nummer 2 des Bescheids der Beklagten vom 30. September 2019 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 12/13 und die Beklagte 1/13.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. September 2019, mit dem diese Kosten für die Beseitigung eines Ölschadens erhebt. Diese setzen sich zusammen aus Auslagen i.H.v. 6.034,30 Euro und Gebühren i.H.v. 575,00 Euro.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl. Nr. …, Gemarkung …, in der … Straße in … Eine unbekannte Person entsorgte zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 2. Mai 2017 Altöl (Motoröl) in auf dem klägerischen Grundstück gelegene Sickerschächte. Dieses wurde in der Folge wegen starker Niederschläge aus dem Schacht herausgeschwemmt und verunreinigte sowohl das (befestigte) klägerische Grundstück als auch das (unbefestigte) Nachbargrundstück Fl. Nr. …, Gemarkung … (vgl. die Lichtbilder auf Bl. 409 ff. der Behördenakte). Dies wurde am Morgen des 2. Mai 2017 durch Dritte entdeckt. Die alarmierte Berufsfeuerwehr … ergriff Sofortmaßnahmen, indem sie ca. 100 l Altöl aus dem Sickerschacht abpumpte und Ölreste auf einer Asphaltfläche mit Bindemitteln sicherte. Die Kosten für den Einsatz der Feuerwehr in Höhe von 3.036,45 Euro beglich die Klägerin auf Bescheid der Beklagten hin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben später, dass drei Personen noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr Teile des Altöls von dem geteerten Bereich in den unbefestigten Bereich gekehrt hatten.
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Noch am Vormittag des 2. Mai 2017 stellte die Beklagte unter Einholung einer fachlichen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes … fest, dass auch nach Abschluss des Feuerwehreinsatzes weitere Reinigungsarbeiten noch am selben Tag notwendig waren, um eine tiefergehende Verunreinigung des Bodens und damit potentiell auch des Grundwassers zu verhindern. Deshalb beauftragte sie die (bereits auf dem Nachbargrundstück tätige) Firma … mit der Durchführung dieser Maßnahmen. Im Anschluss führte diese Firma die Arbeiten unter Inanspruchnahme von Subunternehmern aus.
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Mit E-Mail vom 3. Mai 2017, 12:16 Uhr, (Bl. 128 der Gerichtsakte) informierte die Beklagte die Klägerin über die durchgeführten Maßnahmen (jedoch ohne die Beauftragung der Firma … zu erwähnen) und teilte ihr mit, dass auch nach Durchführung der Maßnahmen am 2. Mai 2017 noch weitere Sanierungsschritte erforderlich seien, etwa das Abtragen belasteter Bodenschichten. Diese weiteren Maßnahmen wurden in der Folge durchgeführt, nach Aussage der Klägerin von dieser selbst, nach Aussage der Beklagten durch von der Klägerin bzw. der Eigentümerin des Nachbargrundstücks beauftrage Firmen.
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Die Beklagte verlangte von der Klägerin mit Schreiben vom 12. Juli 2017 (Bl. 129 der Gerichtsakte) Ersatz der vollständigen Kosten für das Tätigwerden der Firma … mit Subunternehmer am 2. Mai 2017, also bezogen auch auf das Nachbargrundstück. Die Beklagte trat gegenüber der beauftragten Firma für den vollen Betrag in Vorleistung. Dieser Betrag war durch die Beklagte zunächst durch eine mit dem Wort „Bescheid“ überschriebene rechnungsartige Aufstellung mit Rechtsbehelfsbelehrungam 11. März 2019 von der Klägerin gefordert worden. Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az. M 2 K 19.1696). Diesen Rechtsstreit erklärte die Klägerin jedoch für erledigt, nachdem die Beklagte durch Nummer 4 des nun gegenständlichen Bescheids den ursprünglichen „Bescheid“ aufhob.
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Mit Bescheid vom 30. September 2019 erhebt die Beklagte von der Klägerin Kosten für die Beseitigung des Ölschadens (hinsichtlich der am 2. Mai 2017 durchgeführten Arbeiten) in Form von Auslagen i.H.v. 6.034,30 Euro (Nummer 1) und Gebühren i.H.v. 575,00 Euro (Nummer 2).
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Zur Begründung führt die Beklagte insbesondere an, dass auch nach dem Einsatz der Berufsfeuerwehr … noch eine konkrete Gefahr im Rechtssinne bestand, da nach der fachbehördlichen Einschätzung ein weiteres Versickern des Öls in den Boden und potentiell auch das Grundwasser drohte. Insbesondere hätten sich auch nach den Sofortmaßnahmen der Feuerwehr noch größere Mengen Altöl auf dem Grundstück der Klägerin gefunden und seien auf dem Nachbargrundstück noch Ölpfützen vorhanden gewesen, da die Feuerwehr auf diesem Grundstück keine Maßnahmen durchgeführt hätte. Die Feuerwehr sei nur für die Beseitigung einer akuten Gefahr, hier das Abpumpen/Binden des größten Teils des Öls, zuständig. Zudem sei eine Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) möglich und nötig gewesen, da Anordnungen nach Absatz 2 der Norm nicht möglich bzw. nicht erfolgversprechend gewesen seien, da keine der beiden Grundstückseigentümerinnen am 2. Mai 2017 nach entsprechender Aufforderung durch die Beklagte die notwendigen Maßnahmen veranlasst habe. Auf Seiten der Klägerin sei die Beklagte mit Herrn … in Kontakt getreten. Man habe im Verlauf des 2. Mai 2017 mehrfach telefonischen Kontakt gehabt und unter Schilderung der Situation vor Ort mitgeteilt, dass Reinigungsarbeiten auf den beiden Grundstücken noch am selben Tag notwendig seien, um eine tiefergehende Verunreinigung des Bodens und damit potentiell auch des Grundwassers zu verhindern. Für die Beklagte sei nicht ersichtlich gewesen, dass Herr … gegebenenfalls nicht dazu autorisiert gewesen sei, die Aufforderung zur akuten Beseitigung des Schadens entgegenzunehmen bzw. wenigstens an die zuständigen Stellen innerhalb des Firmenverbundes weiterzuleiten. Die Klägerin sei als Zustandsstörerin verantwortlich, da ein vorrangig heranzuziehender leistungsfähiger Handlungsstörer nicht greifbar gewesen sei. Wer das Altöl in den Sickerschacht entsorgt habe, sei auch durch die Kriminalpolizei nicht zu ermitteln gewesen. Der Beitrag der von der Polizei ermittelten drei Personen, die das Öl auf die unbefestigte Fläche gekehrt hätten, sei als gering und nicht maßgeblich für den Schadensverlauf zu werten. Schließlich sie die Beauftragung der Firma … nötig und angemessen gewesen, da diese ohnehin auf dem Nachbargrundstück tätig gewesen sei und deshalb die Verhältnisse vor Ort gekannt habe. Ein zeitaufwendiges Einholen mehrerer Kostenvoranschläge sei nicht möglich gewesen, da durch Zeitablauf eine Verunreinigung des Bodens und des Grundwassers zu befürchten gewesen sei. Wenn die beauftragte Firma ihrerseits Subunternehmer heranziehe, sei dies ein üblicher Vorgang. Auch ein entsprechender Aufschlag auf die Kosten der Subunternehmer wegen eigener Tätigkeiten (sog. Allgemeine Geschäftskosten) sei üblich. Zuletzt bemesse sich die veranschlagte Gebühr unter Heranziehung der Bearbeitungszeiten der Beschäftigten der Beklagten, namentlich 7,5 Stunden durch einen Tarifbeschäftigten der Entgeltgruppe E 10 zu je 56,00 Euro Personalvollkosten und 2,5 Stunden durch eine Beamtin der Besoldungsgruppe A 11 zu je 62,00 Euro Personalvollkosten, insgesamt also 575,00 Euro.
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Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. Oktober 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage gegen diesen Bescheid erhoben und beantragt nach entsprechender Klarstellung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2022
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die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 30. September 2019 mit Ausnahme von dessen Nummer 4.
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Zur Begründung führt der Klägerbevollmächtigte in diesem und in seinen weiteren Schriftsätzen vom 28. September 2021 und 22. Juli 2022 insbesondere aus, dass nach Abschluss des Einsatzes der Berufsfeuerwehr keine Gefahr im Verzug mehr bestanden haben könne, da es gerade Aufgabe der Feuerwehr sei, sämtliche akuten Gefahren abzuwenden. Dass nach dem Feuerwehreinsatz noch eine Gefahr insbesondere für das Grundwasser bestanden haben solle, sei fernliegend. Insbesondere sei - selbst wenn noch Öl in einem Sickerschacht vorhanden gewesen sein sollte - eine akute Gefahr auszuschließen, da diese Schächte ohnehin vollständig verklaust gewesen seien. Zudem sei keine Aufforderung oder gar Anordnung nach Art. 7 Abs. 2 LStVG gegenüber der Klägerin erfolgt. Mit Herrn … sei die Beklagte am 2. Mai 2017 ebenfalls nicht in Kontakt getreten. Jedenfalls sei Herr … nicht für die Klägerin tätig, sondern für die … Verwaltungs- und Handelsgesellschaft mbH, die das betroffene Grundstück für die Klägerin nur verwalte. Deshalb sei er jedenfalls nicht im Rechtssinne Vertreter oder Bevollmächtigter für die Klägerin. Wäre die Beklagte am 2. Mai 2017 direkt an die Klägerin bzw. deren Komplementär herangetreten, hätte die Klägerin die notwendigen Arbeiten unverzüglich selbst durchgeführt. Dies wäre der Klägerin auch möglich gewesen, weil innerhalb des klägerischen Firmenverbundes auch eine Tiefbaufirma existiere, die die nötigen Fähigkeiten und technischen Voraussetzungen habe. Weiterhin müsse die Beklagte die Kosten vorrangig von dem Handlungsstörer, nicht der allenfalls als Zustandsstörerin einzuordnenden Klägerin, fordern. Dabei sei es unschädlich, dass die Person, die das Öl ursprünglich ausgebracht hatte, nicht habe ermittelt werden können, da die Kriminalpolizei drei Personen ermittelt habe, die das Öl von dem geteerten Bereich in den unbefestigten Bereich gekehrt hätten und deshalb ebenfalls als Handlungsstörer einzuordnen sein. Jedenfalls könne die Klägerin als Zustandsstörerin nicht für die Kosten der Arbeiten auf dem Nachbargrundstück herangezogen werden. Dies gelte umso mehr, als die auf dem Nachbargrundstück durchgeführten Abgrabungsarbeiten die Ausbreitung des Öls begünstigt hätten, weil die betroffene Fläche erst hierdurch tiefer liege als das klägerische Grundstück. Außerdem sei die Klägerin nicht Kostenschuldnerin im kostenrechtlichen Sinne, da die Maßnahmen der Beklagten nicht in ihrem Interesse erfolgt seien und sie erst recht nicht verlangt habe, dass diese ausgeführt würden. Schließlich sei die beauftragte Firma … von der Klägerin nur aus Bequemlichkeit ausgewählt worden. Diese Firma habe als Landschaftsbau- und Kompostierbetrieb keine hinreichende Sachkunde für die Beseitigung eines Ölschadens, weshalb auch ein großer Teil der Leistungen an Subunternehmen weiter vergeben worden sei. Dadurch seien unnötige Mehrkosten entstanden. Aus den vorgelegten Rechnungen ergebe sich zudem, dass ein Großteil der dort abgerechneten Maßnahmen erst nach dem 2. Mai 2017 durchgeführt worden seien. Zuletzt sei der für die Berechnung der Gebühren herangezogene Personaleinsatz der Beklagten nicht nachvollziehbar.
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Zugleich erhob die Klägerin einen Antrag im Eilrechtsschutzverfahren gegen den streitgegenständlichen Bescheid. Das zugehörige Verfahren M 2 S 19.5364 wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten mit Beschluss vom 31. Januar 2020 eingestellt.
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Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2019 beantragte die Beklagte
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Zur Begründung führt sie in diesem und in ihrem weiteren Schriftsatz vom 28. Juni 2022 insbesondere aus, dass für umfassende und gründliche Reinigungsmaßnahmen, die auch nach Abschluss des Feuerwehreinsatzes aus Gründen des Boden- und Grundwasserschutzes noch am selben Tag erforderlich sein könnten, die Feuerwehr nicht zuständig sei. Hierzu seien Fachunternehmen heranzuziehen, die entsprechend der von den Fachbehörden vorzunehmenden Beurteilung tätig würden. Jedenfalls seien hier nach dem Feuerwehreinsatz noch erhebliche Verunreinigungen vorhanden gewesen (vgl. Lichtbilder Bl. 409 ff. der Behördenakte). Eine konkrete Gefahr im sicherheitsrechtlichen Sinne habe daher auch nach dem Feuerwehreinsatz noch vorgelegen. Sie trägt weiterhin vor, dass die Klägerin am 2. Mai 2017 trotz der bereits in dem Bescheid dargelegten Kontaktaufnahme die noch am selben Tag erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen habe. Zudem sei der Mitarbeiter der Verwaltungsgesellschaft, Herr …, ausweislich des Tatortberichts der Polizei (Bl. 402 ff. der Behördenakte, dort S. 3 unten) im Laufe des 2. Mai 2017 auch vor Ort auf dem klägerischen Grundstück eingetroffen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2022, die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 2 S 19.5364, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat nur teilweise Erfolg, da sie zwar insgesamt zulässig, aber nur hinsichtlich Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheides begründet ist. Nur insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 30. September 2019 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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A. Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist aufzuheben, da der Bescheid insoweit rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Denn eine Berechnung der für eine Amtshandlung erhobenen Gebühr anhand der seitens der Behörde aufgewendeten Personalstunden und der zugehörigen Personal(voll) kosten findet keine Grundlage in der auf dem Kostengesetz beruhenden Kostensatzung und dem Kostenverzeichnis der Beklagten. Denn in einem Kostenverzeichnis können zwar im Grundsatz neben anderen Arten der Gebührenbemessung auch Zeitgebühren vorgesehen werden (I.), allerdings ist das vorliegend nicht der Fall, weshalb nicht nach Stundensätzen abgerechnet werden durfte (II.). Schließlich kann die vorliegende Gebührenbemessung auch nicht als Ausfüllung des richtigerweise heranzuziehenden Gebührenrahmens ausgelegt werden (III.).
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I. Gebühren für Amtshandlungen einer kommunalen Körperschaft wie der Beklagten können grundsätzlich auf verschiedene Arten bemessen werden, darunter auch nach dem verursachten Zeitaufwand. Denn die Erhebung von Kosten für Amtshandlungen durch die Beklagte als kommunale Körperschaft erfolgt nach Art. 20 Abs. 1 Halbs. 2 Kostengesetz (KG) auf Grundlage einer von der Beklagten zu erlassenden Kostensatzung. Die zum Zeitpunkt der Vornahme der Amtshandlung gültige Kostensatzung der Beklagten war die Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten für Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis der … … (Kostensatzung) vom 24. Juni 1971, zuletzt geändert am 22 Februar 2017 (MüABl. S. 116; im Folgenden: Kostensatzung). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 dieser Satzung bemisst sich die Höhe der Gebühren nach dem Kommunalen Kostenverzeichnis der Beklagten. Dieses erlässt ebenfalls die Beklagte. Dabei finden wegen des Verweises in § 2 Abs. 1 Satz 4 der Kostensatzung die Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 KG entsprechende Anwendung. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 KG eröffnet verschiedene Möglichkeiten der Gebührenbemessung, aus denen das staatliche Kostenverzeichnis bzw. - über den Verweis in der Kostensatzung der Beklagten - das Kommunale Kostenverzeichnis der Beklagten wählen kann. Demnach kann das Kostenverzeichnis neben Festgebühren (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KG) und Wertgebühren (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KG) auch Zeitgebühren (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KG) und Rahmengebühren (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KG) vorsehen. Zeitgebühren sind in der Norm legaldefiniert als nach dem durch die Amtshandlung verursachten Zeitaufwand zu bestimmende Gebühren, wohingegen Rahmengebühren legaldefiniert sind als innerhalb eines Rahmens zu bestimmende Gebühren. Dementsprechend sieht das Kommunale Kostenverzeichnis der Beklagten in der damals gültigen Fassung (identische Fundstelle wie die Kostensatzung; im Folgenden: Kostenverzeichnis) sowohl Zeitgebühren (z.B. Tarifnummer 006: Niederschriften, 7,50- 75 Euro für jede angefangene Stunde) als auch Rahmengebühren vor, wobei letztere die Regel sind.
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II. Die Gebühr für die vorliegende Amtshandlung kann nicht nach Stundensätzen abgerechnet werden, da für sie eine Rahmengebühr vorgesehen ist. Einschlägig ist hier die Rahmengebühr von 15 -750 Euro nach Tarifnummer 1202 („Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Sonstige Anordnungen, auch Ersatzvornahmen“) des Kommunalen Kostenverzeichnisses in der damaligen Fassung, da die vorliegend vorgenommene Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG unter diese Auffangvorschrift des Kostenverzeichnisses subsumiert werden kann. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Kostensatzung der Beklagten ist die entsprechende Tarifnummer anzuwenden, wenn eine Amtshandlung im Kostenverzeichnis vorgesehen ist; nur wenn die Amtshandlung im Kostenverzeichnis nicht enthalten ist, ist die Gebühr über abweichende Grundsätze (vergleichbare Amtshandlung bzw. bei deren Fehlen Bestimmung einer angemessenen Gebühr) zu bemessen, § 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Kostensatzung der Beklagten. Dementsprechend war hier - zwingend - die Rahmengebühr der Tarifnummer 1202 anzuwenden. Wenn wie hier eine Rahmengebühr vorgesehen ist, kann nicht im Einzelfall eine Zeitgebühr angewendet werden. Denn schon der Wortlaut („oder“) und die Systematik von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 KG (i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 4 der Kostensatzung) zeigen, dass die vier verschiedenen Arten der Bestimmung einer Gebühr in einem Alternativitätsverhältnis stehen. Die Wahl muss bei Erlass der des Kostenverzeichnisses getroffen werden. Dementsprechend steht es der Behörde nicht im Einzelfall frei, bei der konkreten Kostenerhebung die Art der Bestimmung der Gebühr neu zu wählen.
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III. Die vorliegend vorgenommene Berechnung nach Stundensätzen kann schließlich auch nicht als Gebührenbemessung innerhalb des Rahmens der Tarifnummer 1202 ausgelegt werden, obwohl sich das Endergebnis von 575 Euro innerhalb des Rahmens von 15-750 Euro bewegt. Zwar ist nach § 2 Abs. 1 Satz 4 der Kostensatzung der Beklagten bzw. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 KG bei der Ermittlung der konkreten Gebühr innerhalb eines Rahmens neben der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten auch der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen, wobei sich der Verwaltungsaufwand unter anderem nach dem notwendigen Personaleinsatz - i.e. unter Berücksichtigung der Dauer der Arbeitsleistung und der Besoldungs- bzw. Entgeltgruppe der Sachbearbeiter - bemisst (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht in Bayern, 120. EL Juni 2020, Art. 6 KG Rn. 4 Buchst. a). Allerdings kann - auch um eine fehlerfreie Ermessenausübung i.S.d. Art. 20 Abs. 1 KG zu gewährleisten - nicht der Personalaufwand allein herangezogen werden, da die Maßstäbe des Verwaltungsaufwandes und der Bedeutung der Angelegenheit nach (hier:) § 2 Abs. 1 Satz 4 der Kostensatzung der Beklagten bzw. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 KG gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht in Bayern, 120. EL Juni 2020, Art. 6 KG Rn. 3). Eine Bemessung der Gebühr innerhalb des Rahmens allein nach dem Personalaufwand widerspräche zudem dem Äquivalenzprinzip, das dem bayerischen Kostenrecht zugrunde liegt. Hiernach ist bei der Bemessung einer Gebühr der Grundsatz der Ausgewogenheit im Einzelfall zu wahren. Darin kommt nach der Konzeption des Kostengesetzes (und der insoweit vergleichbaren Kostensatzung der Beklagten) der Gegenleistungscharakter der Gebühren zum Ausdruck. Der Gegenentwurf wäre das Kostendeckungsprinzip, wonach sich die Gebühr aus den tatsächlich Aufwendungen (v.a. für den Personaleinsatz) ergibt (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht in Bayern, 120. EL Juni 2020, Art. 6 KG Rn. 3; vgl. zur st. Rspr. des BVerwG, wonach sich aus dem Gegenleistungscharakter der Gebühren im Kostenrecht, anders als im Beitragsrecht, nicht zwingend die Anwendung des Kostendeckungsprinzips ergibt, BVerwG, B.v. 6.2.1984 - 3 B 87.82 - juris Rn. 3 m.w.N.). Anders ist dies beispielsweise im Kostenrecht des Bundes, das das Kostendeckungsprinzip in den Vordergrund stellt, vgl. etwa § 9 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (BGebG). Entsprechend weist die die Allgemeine Gebührenverordnung des Bundes Personal(voll) kosten in Form von Stundensätzen als Berechnungsgrundlage aus.
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Vorliegend bemisst die Beklagte die Gebühr allein rechnerisch aus den aufgewendeten Stunden und den korrespondierenden Personalvollkosten. Diese Herangehensweise kann zwar zum Zwecke der Plausibilisierung bei der Festlegung der konkreten Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens herangezogen werden (vgl. VG Würzburg, U.v. 16.2.2017 - W 5 K 16.534 - juris Rn. 49). Allerdings kann sie nicht die in § 2 Abs. 1 Satz 4 der Kostensatzung der Beklagten bzw. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 KG vorgesehene umfassendere Betrachtung der Bedeutung der Angelegenheit und des entstandenen Verwaltungsaufwandes ersetzen. Erwägungen, die über die bloße rechnerische Ermittlung der Gebühr hinausgehen, fehlen jedoch in dem streitgegenständlichen Bescheid. Dieser erweist sich deshalb hinsichtlich der Gebührenfestsetzung in seiner Nummer 2 als rechtswidrig und ist daher aufzuheben.
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B. Im Übrigen ist der streitgegenständliche Bescheid jedoch rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Erhebung von Auslagen durch die Beklagte findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 LStVG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 10, Art. 20 KG i.V.m. § 1, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 4 der Kostensatzung der Beklagten. Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig, da insbesondere die Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG rechtmäßig war (I.), die Klägerin Kostenschuldnerin ist (II.) und die Höhe der geltend gemachten Auslagen nicht zu beanstanden ist (III.).
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I. Die im vorliegenden Fall ausgeführte Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG, deren Rechtmäßigkeit wegen des Konnexitätsprinzips zu prüfen ist (Art. 16 Abs. 5 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 KG), ist rechtmäßig.
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1. Eine konkrete Gefahr, die Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der fiktiven Grundverfügung nach Art. 7 Abs. 2 LStVG ist (Holzner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 7 LStVG Rn. 33), bestand vorliegend zum Zeitpunkt der Ausführung der Tatmaßnahme mit Blick auf die potentielle Verunreinigung des Grundwassers. Daran ändert auch der zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossene Einsatz der Berufsfeuerwehr nichts.
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a) Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn eine Sachlage besteht, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der Schutzgüter führt (vgl. nunmehr auch die Normierung in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 PAG; s.a. BVerfGE 115, 320 [364] - Rasterfahndung II; BayVGH, U.v. 25.11.2014 - 10 BV 13.1151 - juris Rn. 35). Ob eine solche Sachlage gegeben ist, ist eine Frage der Beurteilung des konkreten Einzelfalls und seiner tatsächlichen Umstände. Ungeachtet dessen legt das Beenden eines Feuerwehreinsatzes und damit der Abschluss der Tätigkeit der Feuerwehr im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht nahe, dass die konkrete Gefahr im sicherheitsrechtlichen Sinn beseitigt wurde. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG) ist Pflichtaufgabe der Feuerwehren neben dem abwehrenden Brandschutz auch der technische Hilfsdienst, zu dem ein Tätigwerden auch bei Unfällen und ähnlichen Vorfällen mit wassergefährdenden Stoffen zählt (Schulz in PdK Bayern K-16, Stand: September 2020, 4.2). Zur Abgrenzung der Aufgaben der Feuerwehr und der Sicherheitsbehörden ist dabei zu unterscheiden zwischen den Sofortmaßnahmen, die der Feuerwehr obliegen, und den sonstigen gefahrabwehrenden Maßnahmen zum Schutz von Rechtsgütern, die zum Aufgabenbereich der Sicherheitsbehörden gehören. Die Feuerwehren leisten keinen umfassenden Rechtsgüterschutz und sind daher auch nicht zur vollständigen Beseitigung aller Arten von Gefahren berufen (vgl. Tellenbröker, GSZ 2022, 53/54). Entsprechend legt Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayFwG fest, dass das Absichern, Abräumen und Säubern von Schadensstellen nur insoweit Aufgabe der Feuerwehr ist, als es zur Schadensbekämpfung oder Verhinderung weiterer unmittelbar drohender Gefahren notwendig ist. Darunter fallen jedenfalls nicht Maßnahmen der bloßen Folgenbeseitigung (Schulz in PdK Bayern K-16, Stand: September 2020, 4.6). Sonstige Maßnahmen müssen, um in den Aufgabenbereich der Feuerwehr zu fallen, den in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayFwG genannten Bezug zu einer unmittelbar drohenden Gefahr aufweisen. Denn zum einen sind Maßnahmen der Feuerwehr nur dann notwendig im Sinne dieser Vorschrift, wenn nicht abgewartet werden kann, bis Dritte, insbesondere die zuständigen Stellen - wie die Sicherheitsbehörden - oder der sicherheitsrechtlich Verpflichtete, tätig werden (vgl. Schulz in PdK Bayern K-16, Stand: September 2020, 4.6). Zum anderen fordert die Unmittelbarkeit der Gefahr im Sinne der Vorschrift - vergleichbar dem Polizeirecht - eine erhöhte zeitliche Nähe und einen erhöhten Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts; der Schaden muss nahezu sofort und fast mit Gewissheit zu erwarten sein (vgl. für das Polizeirecht Graulich in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Auflage 2021, Rn. 147). Die von der Feuerwehr zu bekämpfende unmittelbare Gefahr ist damit enger gefasst als die den Aufgabenbereich der Sicherheitsbehörde eröffnende konkrete Gefahr. Entsprechend leistet die Feuerwehr, anders als die zur umfassenden Gefahrenabwehr berufene Sicherheitsbehörde, nur die - besonders akuten - Sofortmaßnahmen. Dies findet seine Grundlage schließlich auch in Art. 1 Abs. 1 BayFwG, wonach die Feuerwehren den technischen Hilfsdienst nur im öffentlichen Interesse leisten. Dies ist nach Nr. 4.2 der Vollzugsbekanntmachungen zu Art. 4 BayFwG (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes [VollzBekBayFwG] vom 28. September 2020, BayMBl. Nr. 597) nur dann anzunehmen, wenn Selbsthilfe einschließlich gewerblicher Leistungen wegen Gefahr im Verzug oder wegen nur bei der Feuerwehr vorhandener technischer Hilfsmittel oder Fachkenntnisse nicht möglich ist.
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Konkret bei Vorfällen mit wassergefährdenden Stoffen bedeutet dies, dass die Aufgaben der Feuerwehr nach der Durchführung von akut schadensbegrenzenden Sofortmaßnahmen wie dem Aufbringen von Streu-, Saug- und Dämmmitteln enden, gleichzeitig aber noch eine konkrete Gefahr vorliegen kann. Die anschließende und weitergehende Gefahrerforschung und Gefahrenabwehr - etwa in Form der Bewertung noch bestehender Gefahren beispielsweise einer Verunreinigung des Grundwassers, die Beseitigung kontaminierten Erdreichs, etc. - fallen nicht mehr in den Aufgabenbereich der Feuerwehr, sondern obliegen den Sicherheitsbehörden (vgl. Schulz in PdK Bayern K-16, Stand: September 2020, 4.2; Tellenbröker, GSZ 2022, 53/58). Diese haben unter Heranziehung der Fachbehörden über das weitere Vorgehen zu entscheiden und die Tätigkeit gegebenenfalls heranzuziehender Spezialfirmen anzuleiten und zu überwachen.
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b) Vor diesem Hintergrund lag hier am 2. Mai 2017 nach Abschluss des Einsatzes der Berufsfeuerwehr noch immer eine konkrete Gefahr im sicherheitsrechtlichen Sinne vor, die die Grundlage für eine Tatmaßnahme der Beklagten bildete.
28
Altöl wie das hier eingebrachte Öl ist ein flüssiger wassergefährdender Stoff im Sinne des § 62 Abs. 3 WHG und weist erhebliches Schädigungspotenzial bezüglich des Grundwassers auf. Es ist nach Anlage 1 zur Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen als stark wassergefährdender Stoff mit Wassergefährdungsklasse 3 klassifiziert. Zugleich befanden sich vorliegend auch nach den Sofortmaßnahmen der Feuerwehr noch größere Mengen Altöl in dem Sickerschacht und als Ölpfützen auf dem Nachbargrundstück. Bei Teilen der betroffenen Flächen handelte es sich um stark durchlässige Kiesflächen, in die das Altöl schon teilweise eingesickert war. Auch mit Blick auf die für die Folgetage angekündigten Niederschläge waren deshalb weitere Einsickerungen in den Boden und auch in das Grundwasser sowie eine weitere Verteilung des Altöls zu befürchten. Dass aus diesem Grund nach den Sofortmaßnahmen durch die Feuerwehr und noch vor der weiteren Folgenbeseitigung im Laufe der Woche Maßnahmen noch am gleichen Tag notwendig waren, um eine Verunreinigung des Grundwassers auszuschließen, ergibt sich auch aus der Einschätzung des durch die Sicherheitsbehörde hinzugezogenen Wasserwirtschaftsamtes … Dieses stellte noch am 2. Mai 2017 bei einer Ortseinsicht fest, dass umgehend ein Auspumpen und Reinigen des Sickerschachtes auf dem klägerischen Grundstück notwendig sei, um eine Kontamination tieferer Bodenschichten unter dem Schacht und eine Gefährdung des Grundwassers zu verringern bzw. zu verhindern. Weiterhin stellte das Wasserwirtschaftsamt fest, dass auf dem Nachbargrundstück bis zur Umsetzung der weiteren Beseitigungsmaßnahmen (Absaugen des Öl-Wasser-Gemisches, Abtragen des verunreinigten Bodens, etc.) ein Abdecken der Bodenverunreinigung notwendig sei (s. Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes, Bl. 401 der Behördenakte). Der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes kommt wegen seiner Stellung als amtlicher Sachverständiger (Art. 63 Abs. 3 BayWG, 7.4.5.1.1 VVWas) und mit Blick auf seinen epistemischen Erkenntnis-, Erfahrungs- und Einschätzungsvorsprung besondere Bedeutung zu (vgl. VG München, U.v. 22.2.2022 - M 2 K 20.1975 - Rn. 20). Weiterhin ist auch aus den Lichtbildern (Bl. 409 ff. der Behördenakte), die nach dem Abschluss der Sofortmaßnahmen durch die Feuerwehr aufgenommen wurden, ersichtlich, dass sich auch nach Abschluss des Feuerwehreinsatzes noch erhebliche Mengen Öl auf beiden Grundstücken befanden. Jedenfalls aus der im Sicherheitsrecht relevanten ex-ante-Perspektive und nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes drohte damit eine (weitere) Verunreinigung von Boden und Grundwasser.
29
Soweit der Klägerbevollmächtigte hiergegen vorträgt, dass es sich nur noch um oberflächliche Ölreste gehandelt habe, ist dieser Vortrag nicht substantiiert genug, um die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes als amtlicher Sachverständiger zu entkräften. Auch mit dem Vortrag, der Sickerschacht sei ohnehin zu verschlammt gewesen, als dass das Öl weiter hätte versickern können, kann er nicht durchdringen. Wie durchlässig der Schacht noch war, konnte erst nach dem Abpumpen des Öl-Wasser-Gemischs festgestellt werden. Aus einer im Sicherheitsrecht maßgeblichen ex-ante-Perspektive konnte deshalb von einer Gefahr des weiteren Versickerns ausgegangen werden. Schließlich verfängt der Hinweis des Klägerbevollmächtigten auf den Vermerk der Beklagten vom 5. Mai 2017 (Bl. 43 der Behördenakte), wonach die gröbsten Verunreinigungen bereits beseitigt worden seien und keine Gefahr im Verzug mehr bestehe, nicht. Denn diese Beschreibung bezieht sich auf den Zustand nach Abschluss der Maßnahmen am 2. Mai 2017, also auch nach Ausführung der Arbeiten durch die Firma … mit Subunternehmen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Vermerks selbst, da der Vermerk ersichtlich von einer bereits erfolgten Durchführung der Arbeiten am 2. Mai 2017 ausgeht und nur über die weitere Reinigung als zukünftige Maßnahme spricht („Die gröbsten Verunreinigungen […] wurden bereits am 02.05.2017 beseitigt, sodass nach fachlicher Einschätzung durch das Wasserwirtschaftsamt … (WWA) keine Gefahr im Verzug mehr war. Die weitere Reinigung […] wird voraussichtlich am 08.05.2017 erfolgen“).
30
2. Weiterhin war auch eine Anordnung nach Art. 7 Abs. 2 LStVG jedenfalls nicht erfolgversprechend i.S.v. Art. 7 Abs. 3 Var. 3 LStVG. Eine Anordnung verspricht dann keinen Erfolg, wenn ein Störer, der eigentlich Adressat der Maßnahme wäre, zu Abwehr der Gefahr nicht bereit oder in der Lage ist (Holzner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 7 LStVG Rn. 68). Hier war die Klägerin nicht zur Abwehr der Gefahr bereit, obwohl sie vor Ausführung der Tatmaßnahme durch die Beklagte am 2. Mai 2017 mehrfach auf die Notwendigkeit der umgehenden Ausführung der Maßnahmen hingewiesen worden ist. Der Klägerin wurde durch die Beklagte die Möglichkeit geben, die notwendigen Arbeiten selbst oder durch einen Dritten ausführen zu lassen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Beklagte im Laufe des Vormittags und frühen Nachmittags des 2. Mai 2017 mehrfach mit Herrn … in Kontakt trat und die Situation schilderte (a). Ob Herr … die Klägerin zivilrechtlich wirksam vertreten konnte, ist für den hier maßgeblichen sicherheitsrechtlichen Zusammenhang nicht relevant (b).
31
a) Die Tatsache, dass die Beklagte mit Herrn … in Kontakt trat, ergibt sich aus einem Vermerk der Beklagten vom 4. Mai 2017 (Bl. 34 der Behördenakte). Wenn die Klägerin pauschal vorträgt, ein solcher Kontakt habe nicht stattgefunden, ist dies nicht hinreichend substantiiert, um diesen aktenkundigen Vorgang zu widerlegen. Zudem ergibt sich auch aus dem Tatortbericht der Polizei (Bl. 402 ff. der Behördenakte, dort S. 3 unten), dass Herr … im Laufe des 2. Mai 2017 vor Ort auf dem klägerischen Grundstück eingetroffen ist. Es steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Herr … umfassend über die Vorgänge informiert war.
32
b) Herr … ist der Klägerin auch im sicherheitsrechtlichen Sinn zuzurechnen. Es kommt nicht darauf an, ob er die Klägerin zivilrechtlich wirksam vertreten konnte. Deshalb ist es auch unschädlich, dass Herr … nicht für die Klägerin, sondern für die … Verwaltungs- und Handelsgesellschaft mbH, die das betroffene Grundstück für die Klägerin verwaltet, tätig war. Bei der Prüfung, ob Anordnungen gegenüber dem Störer nicht erfolgversprechend sind i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Var. 3 LStVG, kommt es auf die ex-ante-Sicht in der konkreten Situation an. Wie stets im Sicherheitsrecht muss die Sicherheitsbehörde auf der ihr zur Verfügung stehenden Tatsachengrundlage eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Dabei ist dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr Rechnung zu tragen, indem sie eine möglichst rasche, wirksame und nachhaltige Abwehr der Gefahr anstrebt (vgl. zum Begriff Lindner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 9 PAG Rn. 20). Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte vorliegend davon ausgehen, dass ein für die grundstücksverwaltende Gesellschaft nach außen auftretender Mitarbeiter die von der Behörde zu seiner Kenntnis gebrachten und als dringlich gekennzeichneten Informationen jedenfalls intern an eine entscheidungsbefugte Person weitergibt, falls er selbst nicht handlungsbefugt ist. Es obliegt der Klägerin, intern Organisationsstrukturen zu schaffen, die eine entsprechende Weitergabe solcher Informationen ermöglicht. Wenn sie sich zur Verwaltung des Grundstücks einer Verwaltungsgesellschaft bedient und Mitarbeiter für diese nach außen gegenüber der Behörde auftreten (vgl. neben dem Telefonkontakt am 2.5.2017 im Nachgang etwa auch die E-Mail von Herrn … an die Beklagte vom 10.5.2017, Bl. 52 der Behördenakte), muss sie sich das Verhalten dieser Mitarbeiter jedenfalls im sicherheitsrechtlich Sinne auch zurechnen lassen, da nur so eine effektive Gefahrenabwehr möglich ist. Auf die (zivilrechtliche) Vertretungsmacht kommt es hingegen schon deshalb nicht an, weil es vorliegend nicht um den Abschluss von Rechtsgeschäften, sondern darum geht, ob die Beklagte davon ausgehen durfte, dass sicherheitsrechtliche Anordnungen gegen die Klägerin keinen Erfolg versprachen. Um dies herauszufinden, hat die Beklagte alle vor dem Hintergrund des drohenden Zeitablaufs möglichen und zumutbaren Schritte unternommen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass die weiteren Maßnahmen noch im Laufe des 2. Mai 2017 erfolgen mussten (s. oben Rn. 28 f.) und für die Beklagte nicht ersichtlich war, dass sie sich noch an andere Ansprechpartner innerhalb des Firmenverbundes, dem die Klägerin angehört, wenden hätte können oder müssen.
33
3. Auch die Einordnung der Klägerin als Zustandsstörerin nach Art. 9 Abs. 2 LStVG begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
34
a) Macht das Verhalten oder der Zustand eines Tieres oder der Zustand einer anderen Sache Maßnahmen nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz notwendig, so sind diese Maßnahmen nach Art. 9 Abs. 2 LStVG gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (Sachherrschaft; Satz 1) bzw. den Eigentümer oder den sonst dinglich Verfügungsberechtigten (Satz 2) zu richten. Die Zustandsverantwortlichkeit oder Zustandsstörerhaftung nach dieser Bestimmung knüpft an die sich aus der tatsächlichen und rechtlichen Herrschaft über die Sache ergebenden Pflicht an, dafür zu sorgen, dass von der Sache keine Gefahr ausgeht (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.1998 - 1 B 229.97 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 4.4.2016 - 10 ZB 14.2380 - juris Rn. 10). Auf ein Verschulden des Betroffenen kommt es dabei nicht an, da die Norm schon ihrem Wortlaut nach und gestützt auf ihren Telos - die effektive Gefahrenabwehr -, die Zustandsstörerhaftung auf eine verschuldensunabhängige Garantenstellung des Eigentümers bzw. Inhabers der Sachherrschaft stützt (vgl. für den insoweit vergleichbaren Art. 8 PAG Steiner in Schmidbauer/Steiner, PAG, 5. Aufl. 2020, Art. 8 Rn. 3).
35
b) Die Klägerin ist hier als Eigentümerin und Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück, von dem die Kontamination des Bodens und potentiell des Grundwassers durch das Altöl ausging, Zustandsstörerin. Dabei liegt auch die erforderliche Unmittelbarkeit der Gefahrverursachung vor, da sich das Altöl auf dem Grundstück der Klägerin befand und somit der erforderliche enge Wirkungszusammenhang zwischen dem Grundstück und der Gefahr der Boden- und Grundwasserverunreinigung - auf beiden Grundstücken; deshalb beschränkt sich die Zustandsstörerhaftung, anders als die Klägerin vorträgt, auch nicht auf die Beseitigung der Gefahr auf dem eigenen Grundstück - gegeben war (vgl. zum Unmittelbarkeitserfordernis BayVGH, B.v. 11.6.2019 - 10 CS 19.684 - juris Rn. 8 f.). Dabei hebt auch die Tatsache, dass die Ausbreitung des Öls durch ein Unwetter begünstig wurde, die Zustandsstörereigenschaft der Klägerin nicht auf, da selbst unvorhergesehene Naturereignisse nichts an der der Zustandsstörerhaftung zugrunde liegenden Risikoneigung einer Sache ändern, sondern allenfalls zu einer Verwirklichung des der Sache immanenten Risikos beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.1998 - 1 B 229.97 - juris Rn. 5).
36
c) Die Einordnung der Klägerin als Zustandsstörerin entfällt auch nicht durch die vor dem Schadenseintritt auf dem Nachbargrundstück vorgenommenen Bauarbeiten. Selbst wenn im Rahmen dieser Arbeiten das Geländeniveau des Nachbargrundstücks tiefer gelegt wurde und dadurch ein Abfließen des Altöls vom klägerischen Grundstück auf dieses Grundstück erleichtert worden sein sollte, änderte dies nichts daran, dass der Ölschaden von dem klägerischen Grundstück ausging und die Klägerin deshalb als Zustandsstörerin einzuordnen ist. Denn die Bestimmung des Störers nach Art. 9 Abs. 2 LStVG richtet sich nur danach, von welcher Sache die Gefahr ausgeht. Dass dem Inhaber der Sachherrschaft bzw. dem Eigentümer diese - im Übrigen auch verschuldensunabhängige - Zustandsstörerhaftung auferlegt wird, ist Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG, Art. 103 Abs. 2 BV; vgl. Wollenschläger in Huber/Wollenschläger, Landesrecht Bayern, § 4 Rn. 230). Als Kehrseite der Privatnützigkeit hat der Inhaber der Sachherrschaft bzw. der Eigentümer auch für die von seiner Sache ausgehenden Gefahren einzustehen. Auf die Frage, wo und wie sich die von der Sache ausgehende Gefahr auswirkt, kommt es für die Bestimmung des Zustandsstörers hingegen nicht an. Deshalb sind auch beispielsweise rein faktische Gegebenheiten auf einem Nachbargrundstück, die die Schadensausbreitung begünstigen und damit zu einer gewissen „Gefahrgeneigtheit“ des betroffenen Nachbargrundstücks führen, irrelevant für die Bestimmung der Ursache der Gefahr und damit des Zustandsstörers. Anders fiele die Beurteilung nur aus, wenn die gefahrbegünstigenden Umstände dergestalt geschaffen worden wären, dass in dieser Schaffung ein eigener Verursachungsbeitrag hinsichtlich der Gefahr läge. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Bauarbeiten bereits einige Zeit vor der eigentlichen Herbeiführung der Gefahr erfolgten und ihnen jedenfalls im Vergleich zu dem Ausbringen des Altöls auf dem klägerischen Grundstück, wofür die Klägerin im Anschluss als Zustandsstörerin haftet, kein relevanter Verursachungsbeitrag beigemessen werden kann.
37
d) Auch ist kein gegenüber der Klägerin als Zustandsstörerin vorrangig in Anspruch zu nehmender Handlungsstörer greifbar, gegen den sich die fiktive Grundverfügung nach Art. 7 Abs. 2 LStVG hätte richten können oder den die Beklagte für die Kosten der Tatmaßnahme in Anspruch nehmen könnte. Die Eigenschaft als Handlungsstörer setzt die Verursachung der Gefahr durch ein Tun, Dulden oder Unterlassen voraus, wobei die Theorie der unmittelbaren Verursachung gilt. Mithin kommt es auf einen entsprechend gewichtigen Verursachungsbeitrag an (vgl. zum Ganzen Lindner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 9 LStVG Rn. 29 und Art. 7 PAG Rn. 20 ff.). Die Gefahr wurde vorliegend von der nicht ermittelnden Person verursacht, die das Altöl in die Sickerschächte auf dem klägerischen Grundstück verbracht hat. Diese konnte und kann jedoch nicht in Anspruch genommen werden, da ihre Identität nicht ermittelt werden konnte (vgl. den polizeilichen Schlussvermerk vom 21.11.2017, Bl. 130 ff. der Behördenakte). Nicht als Handlungsstörer eingeordnet werden können hingegen die von der Kriminalpolizei ermittelten Personen, die das Öl von dem geteerten Bereich in den unbefestigten Bereich gekehrt haben, da diese nicht maßgeblich zu einer Erhöhung der Gefahr beigetragen haben, da das Öl ohnehin schon durch die erheblichen Niederschläge aus den Sickerschächten geschwemmt und in der Umgebung verteilt wurde. Der Rückgriff auf die Klägerin als Zustandsstörerin ist daher nicht zu beanstanden.
38
4. Schließlich ist auch die Auswahl des Unternehmens, durch das die Beklagte im Wege der Beauftragung nach Art. 7 Abs. 3 LStVG handelte, nicht zu beanstanden. Es steht im sicherheitsbehördlichen Ermessen, wie die Behörde die Tatmaßnahme umsetzt. Entscheidet sie sich für die dritte von Art. 7 Abs. 3 LStVG eröffnete Umsetzungsvariante - Ausführung durch vertraglich Beauftragte - steht auch die Auswahlentscheidung hinsichtlich des Beauftragten im Ermessen der Behörde. Die Ermessensausübung muss sich dabei maßgeblich vom Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr leiten lassen (vgl. Holzner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 7 LStVG Rn. 72 ff.). Vor diesem Hintergrund sind hier keine Ermessensfehler bei der Auswahl der beauftragten Firma erkennbar. Der Behörde kommt bei der (ex-ante-)Beurteilung der Gefahrenlage und den daraus zu ziehenden Konsequenzen für das weitere Vorgehen ein Einschätzungsspielraum zu, der sich aus dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ergibt. Insbesondere muss die Behörde in kurzer Zeit die Situation einschätzen und für eine möglichst rasche, wirksame und nachhaltige Abwehr der Gefahr sorgen (vgl. zum Begriff Lindner in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 19. Edition 1.7.2022, Art. 7 PAG Rn. 20). Es erscheint daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte die ohnehin schon auf dem Nachbargrundstück bei Bauarbeiten tätige Firma mit der Beseitigung des Ölschadens beauftragt. Denn diese Firma war vor Ort ohne Weiteres greifbar, hatte die entsprechende und für die Einschätzung einer komplexen Situation wie dem hiesigen Ölschaden notwendige Ortskenntnis und verfügte zudem - wie sich auch an der erfolgreichen Ausführung der Arbeiten zeigt - über die notwendigen Mittel, um die Gefahr zu beseitigen. Dass sich die Firma dabei Subunternehmern bediente, ist unschädlich, da es im Baugewerbe und ähnlichen Branchen durchaus üblich ist, Maßnahmen an Dritte weiter zu vergeben. An der reibungslosen Ausführung der Maßnahmen im Laufe des 2. Mai 2017 zeigt sich, dass die Weitervergabe an Dritte der effektiven Gefahrenabwehr nicht im Wege stand. Schließlich ergibt sich schon aus der Konzeption des Art. 7 Abs. 3 LStVG selbst, dass die Behörde - in ihrem Ermessen - die Maßnahmen entweder selbst oder durch Dritte (Behörden wie Private) ausführen (lassen) kann. Die Norm schränkt nach ihrem Wortlaut und Telos die Behörde insoweit nicht ein, insbesondere nicht dahingehend, dass sie bestimmte (Koordinierungs-)Aufgaben selbst übernehmen müsste. Es steht vielmehr in ihrem pflichtgemäßen Ermessen, auch die Koordination (hier: der Subunternehmen) auf Dritte auszulagern. Ein Ermessenfehler ist insofern vorliegend nicht erkennbar.
39
II. Weiterhin ist die Klägerin Kostenschuldnerin i.S.d. Art. 2 Abs. 1 KG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 KG und § 4 der Kostensatzung der Beklagten. Die persönliche Kostenpflicht trifft nach dieser Vorschrift denjenigen, der die Amtshandlung veranlasst hat, und im Übrigen denjenigen, in dessen Interesse die Amtshandlung vorgenommen wird. Veranlasser im Sinne dieser Norm ist, wer durch sein Verhalten, Tun oder Unterlassen bzw. durch einen von ihm zu vertretenden Umstand die Amtshandlung auslöst (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 9 C 16.96 - juris Rn. 6; Roth in PdK Bayern, E-4b, Stand März 2016, Erl. 5.2.1). Letzteres beinhaltet insbesondere auch den Fall, dass die Amtshandlung durch den Zustand einer Sache ausgelöst wird. In diesem Fall trifft die persönliche Kostenpflicht den Eigentümer bzw. den Inhaber der tatsächlichen Gewalt, also insbesondere auch den Zustandsstörer im sicherheitsrechtlichen Sinn (vgl. Roth in PdK Bayern, E-4b, Stand März 2016, Erl. 5.2.1). Die Klägerin ist hier wie oben ausgeführt (vgl. Rn. 33 ff.) Zustandsstörerin, da die Gefahr von ihrem Grundstück ausging. Entsprechend trifft sie - entgegen dem klägerischen Vortrag - auch die persönliche Kostenpflicht.
40
III. Auch die Höhe der durch den streitgegenständlichen Bescheid von der Klägerin erhobenen Auslagen ist nicht zu beanstanden. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Kostensatzung der Beklagten werden die Beiträge, die anderen Behörden oder anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehen, als Auslagen erhoben. Dies betrifft Aufwendungen, die die Behörde anlässlich der konkreten Amtshandlung an Dritte - also an Einheiten außerhalb der kostenberechtigten Behörde selbst - zu leisten hat. Dabei werden die tatsächlichen Unkosten erhoben (vgl. zum inhaltsgleichen Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG Roth in PdK Bayern, E-4b, Stand März 2016, Erl. 10.1 und Erl. 10.2.6). Hier sind die Kosten i.H.v. 6.034,30 Euro, die von der Firma … mit Rechnung vom 7. Juli 2017 (Bl. 87 der Behördenakte) in Rechnung gestellt wurden, durch die Tatmaßnahme am 2. Mai 2017 entstanden und wurden von der Beklagten in Vorleistung beglichen. Die auf dieser Rechnung dargestellten Positionen betreffen ausnahmslos die am 2. Mai 2017 nach Beauftragung durch die Beklagte ausgeführten Arbeiten. Dies ergibt sich zwar noch nicht aus der Rechnung selbst, da diese nur den Leistungszeitraum „Mai 2017“ ausweist. Es folgt allerdings aus dem Gesamtzusammenhang, der sich in der Zusammenschau mit weiteren Unterlagen ergibt. Der Lieferschein der Firma … … Entsorgungstechnik vom 2. Mai 2017 (Bl. 81 der Behördenakte) weist als „Abholtermin“ bezogen auf die Leistungen „Absaugen, Transport und Entsorgung von Öl-Wasser-Gemisch aus einem Ölschaden“ den 2. Mai 2017, 12:12 Uhr aus. Ebenso weisen die Quittungen („Stundenzettel“) der Firma … (Bl. 76 und 77 der Behördenakte), die jeweils den Vermerk „Beauftragung RGU H. …“ und damit den Verweis auf die Beklagte und den dortigen Sachbearbeiter tragen, den 2. Mai 2017 als Datum der Ausführung aus. Auch in einer E-Mail einer der beteiligten Subunternehmen (Firma …*) vom 3. Mai 2017, 8:30 Uhr, an die Beklagte und das Wasserwirtschaftsamt … (Bl. 24 der Behördenakte) wird von dem erfolgreichen Abschluss der später in der Rechnung aufgeführten Arbeiten berichtet. Schließlich ist hinsichtlich der Abdeckarbeiten (Materialkosten Plane, Arbeitsleistung, etc.) auf den Lichtbildern, die dem Bericht des Wasserwirtschaftsamtes vom 3. Mai 2017 (Bl. 18 ff. der Behördenakte) beigefügt sind, erkennbar, dass die Plane zum Zeitpunkt der Aufnahme der Bilder und damit vor dem 3. Mai 2017 bereits aufgebracht war.
41
Schließlich ist die Erhebung der Auslagen auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, als auf einer der Rechnungspositionen ein Zuschlag für allgemeine Geschäftskosten der Firma … erhoben wird. Wie oben ausgeführt (s. Rn. 38), begegnet vorliegend die (Weiter-)Vergabe gewisser Maßnahmen an Subunternehmer keinen rechtlichen Bedenken, da auch Koordinierungsaufgaben durch Dritte ausgeführt werden können. Entsprechend sind auch die Kosten hierfür im Rahmen des Auslagenersatzes an die Kostenschuldnerin weiterzugeben, da § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Kostensatzung der Beklagten auf eine Deckung der tatsächlichen Unkosten zielt (vgl. zum inhaltsgleichen Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG Roth in PdK Bayern, E-4b, Stand März 2016, Erl. 10.1). Dafür, dass der hier in Ansatz gebrachte Aufschlag i.H.v. 15% nicht angemessen wäre, ist nichts substantiiert vorgetragen oder sonstwie ersichtlich. Vielmehr besteht auch insoweit Ermessen und hat die Sicherheitsbehörde einen Einschätzungs- und Handlungsspielraum vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Effektivität der Gefahrenabwehr. Die Behörde hat nach den Umständen das Mittel der möglichst raschen und effektiven Abwehr der Gefahr zu wählen und ist nicht zu einer kostenmäßigen Optimierung verpflichtet. Demnach ist vorliegend nicht erkennbar, dass der Aufschlag für die allgemeinen Geschäftskosten i.H.v. 15% auf den betroffenen Rechnungsposten nicht im Wege des Auslagenersatzes hätte weitergegeben werden dürfen.
42
C. Die Kostenfolge hinsichtlich der teilweise erfolgreichen Klage ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter Festlegung einer Quote, die das anteilige Obsiegen beziehungsweise Unterliegen der Beteiligten nach dem Ermessen des Gerichts widerspiegelt. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, da der eigenständigen Bedeutung der Aufhebung der Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids Rechnung zu tragen ist.
43
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.