Titel:
Kostenerstattungsanspruch für die Ersatzvornahme von Schornsteinfegerarbeiten – erfolglose Klage
Normenketten:
SchfHwG § 25 Abs. 2 S. 1, § 26 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
KG Art. 6 Abs. 1 S. 1, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5, Art. 16 Abs. 5
VwZVG Art. 18, Art. 19, Art. 25 Abs. 2 S. 2, Art. 32, Art. 36, Art. 41 Abs. 1 S. 1
KÜO § 6 Abs. 3 S. 1
Leitsatz:
Die Rechtmäßigkeit der (inzwischen) bestandskräftigen Grundverfügung, also des Zweitbescheids, ist im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen; es kommt ausschließlich auf die Wirksamkeit und Vollziehbarkeit der der Vollstreckung zugrundeliegenden Maßnahme an. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ersatzvornahme, Schornsteinfegerarbeiten, Kostenerstattungsanspruch, Zweitbescheid, Gebühren, Auslagen, Grundverfügung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.10.2022 – 22 ZB 22.2062
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31593
Tenor
I. Ziffer 1. des Bescheids vom 14. März 2022 wird aufgehoben, soweit der Klägerin Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Ersatzvornahme vom 17. Februar 2022 auferlegt werden, die einen Betrag in Höhe von 527,68 EUR übersteigen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen vom Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) festgesetzte Kosten für eine Ersatzvornahme von Schornsteinfegerarbeiten.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks, ... Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut.
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Mit Feuerstättenbescheid des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers für den Kehrbezirk ... vom 2. Dezember 2018 an die damalige Grundstückseigentümerin, die Mutter der Klägerin, wurde für das oben bezeichnete Anwesen festgelegt, welche Arbeiten an den Feuerstätten dieses Anwesens innerhalb welcher Fristen durchzuführen sind.
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Aus der Behördenakte ergibt sich, dass die Klägerin laut Eintragung im Grundbuch seit 21. November 2019 Eigentümerin des Anwesens sei.
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Nachdem der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger dem Landratsamt ... am 17. November 2021 mitteilte, dass der Nachweis für die mit Bescheid vom 2. Dezember 2018 festgesetzten Arbeiten fehle, wurde am 25. November 2021 nochmals ein auf die Klägerin lautender Feuerstättenbescheid ausgestellt.
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Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 bzw. - in korrigierter Fassung - vom 6. Dezember 2021 wurde die Klägerin zum Erlass eines Zweitbescheids angehört und ihr wurde Gelegenheit gegeben, die im Feuerstättenbescheid aufgeführten Arbeiten bis spätestens 21. Dezember 2021 durchführen zu lassen und den entsprechenden Nachweis vorzulegen. Das korrigierte Schreiben vom 6. Dezember 2021 wurde der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 7. Dezember 2021 zugestellt.
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Mit Schreiben vom 14. Dezember 2021 übersandte das Landratsamt der Klägerin nochmals die Feuerstättenbescheide vom 2. Dezember 2018 sowie vom 25. November 2021 und forderte die Klägerin dazu auf, die darin festgesetzten Arbeiten bis spätestens 17. Januar 2022 durchführen zu lassen.
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Mit Zweitbescheid vom 27. Januar 2022 (Gz. ...), der Klägerin zugestellt am 29. Januar 2022, wurde die Klägerin aufgefordert, im Anwesen, ... die im Feuerstättenbescheid vom 2. Dezember 2018 bzw. 25. November 2021 genannten Kehr-, Überprüfungs- und Messarbeiten durch einen zugelassenen Schornsteinfegerbetrieb durchführen zu lassen und dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und dem Landratsamt mittels des gesetzlich vorgeschriebenem Formblatts die Durchführung der Arbeiten bis spätestens 14. Februar 2022 nachzuweisen (Ziffer 1 des Bescheids). Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung wurde der Klägerin angedroht, am 17. Februar 2022 in der Zeit von 9.00 bis ca. 10.30 Uhr die Ersatzvornahme durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf ihre Kosten durchführen zu lassen (Ziffer 2 des Bescheids). Für die Durchführung der Ersatzvornahme wurden als voraussichtliche Kosten 228,48 EUR zzgl. eventuell anfallender Auslagen veranschlagt (Ziffer 3 des Bescheids). Die Klägerin wurde für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung verpflichtet, dem beauftragten Bezirksschornsteinfeger Zugang zum Grundstück zu verschaffen und die Durchführung der Arbeiten zu gestatten (Ziffer 4 des Bescheids).
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Dieser Bescheid ist nachfolgend bestandskräftig geworden.
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Nachdem weder beim Landratsamt noch beim bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ein Nachweis über die Durchführung der Arbeiten eingegangen war, wurden am 17. Februar 2022 die angeordneten Schornsteinfegerarbeiten im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt.
11
Aus einem Aktenvermerk des Landratsamts vom 17. Februar 2022 ergibt sich, dass bei der Ersatzvornahme zwei Polizeibeamte in Zivil, der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger, ein Schlüsseldienst sowie die Sachbearbeiterin des Landratsamts vor Ort waren.
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Mit Leistungsbescheid des Landratsamts vom 14. März 2022 (Gz. ...) wurden die Kosten (Gebühren und Auslagen) der durchgeführten Ersatzvornahme für das Anwesen ..., ... auf 545,53 EUR festgesetzt (Ziffer 1 des Bescheids). Ferner wurde angeordnet, dass die Klägerin die Kosten der Ersatzvornahme und des Bescheids zu tragen hat (Ziffer 2 des Bescheids). Für den Bescheid wurde eine Gebühr i.H.v. 80,00 EUR und Auslagen i.H.v. 2,76 EUR festgesetzt (Ziffer 3 des Bescheids).
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Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Gegen diesen ihr mit Postzustellungsurkunde am 19. März 2022 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 29. März 2022 unter dem Betreff „Leistungsbescheid v. 14. März 2022“, Klage erhoben und beantragt sinngemäß,
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den Bescheid des Landratsamts vom 14. März 2022 (Gz. ...) aufzuheben.
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Zur Begründung der Klage wird ausgeführt, dass zunächst alle in dem Bescheid vorkommenden Punkte bestritten würden.
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Am 17. Juni 2022 ging bei Gericht ein Schreiben der Klägerin ein, in dem sie ausführt, dass der für das Gebiet zuständige und einzig autorisierte Schornsteinfeger, Herr ..., mehrfach seit November 2021 aufgefordert worden sei, alle anfallenden Tätigkeiten am Objekt auszuführen. Dieser habe sich bisher nicht dazu erklärt, warum er der Anforderung der Klägerin nicht nachgekommen sei. Von Kollegen aus der Umgebung und der Innung sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass Herr ... die Arbeit ausführen müsse.
18
Auf die weiteren Schreiben der Klägerin wird ergänzend Bezug genommen.
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Das Landratsamt hat mit Schriftsatz vom 1. Juli 2022 beantragt,
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin seit 21. November 2019 neue Eigentümerin des streitgegenständlichen Anwesens sei. Der Eigentümerwechsel sei dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger entgegen § 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG ) nicht rechtzeitig angezeigt worden. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 sei die Klägerin als neue Eigentümerin dazu aufgefordert worden, die Kehr-, Überprüfungs- und Messarbeiten entsprechend dem Feuerstättenbescheid vom 2. Dezember 2018 durchführen zu lassen. Am 25. November 2021 sei der Klägerin ein auf sie als neue Eigentümerin lautender Feuerstättenbescheid zugesandt worden. Mit Bescheid vom 27. Januar 2022 sei die Klägerin im Rahmen eines Zweitbescheids aufgefordert worden, die erforderlichen Kehr-, Überprüfungs- und Messarbeiten bis spätestens 14. Februar 2022 durchführen zu lassen. Gleichzeitig sei die Ersatzvornahme auf Kosten der Klägerin zum 17. Februar 2022 angedroht worden. Gegen diesen Bescheid sei keine Klage erhoben worden, weshalb er rechtswirksam sei. Die Ersatzvornahme sei sodann am 17. Februar 2022 durchgeführt worden. Die Klägerin habe als Pflichtige nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen. Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) seien für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren Kosten nach dem Bayerischen Kostengesetz (KG) zu erheben. Die Gebühren und Auslagen der Ersatzvornahme seien entsprechend Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 , Art. 5, Art. 6 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.IV.8/9 und Tarif-Nr. 1.I.8/2 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (KVz) festgesetzt worden. Die einschlägigen Tarif-Nrn. ermöglichten jeweils Gebühren in Höhe von 50,00 bis 2.500,00 EUR. Die Gebühren in Höhe von 155,80 EUR und 80,00 EUR seien daher angemessen. Die Auslagen für den Schlüsseldienst (107,10 EUR) und die Arbeiten des Bezirksschornsteinfegers (246,33 EUR) seien zulässigerweise erhoben worden. Die Rechnungen lägen dem Landratsamt jeweils vor. Im Umkehrschluss aus § 13 SchfHwG könne der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger, Herr ..., im Rahmen des freien Wettbewerbs die Durchführung der Kehr- und Überprüfungsarbeiten versagen.
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Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 1. Juli 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
23
Am 25. August 2022 wurde in der Sache mündlich verhandelt. Auf das hierzu gefertigte Protokoll wird ergänzend verwiesen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist im Wesentlichen unbegründet.
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1. Die Klage ist zulässig.
26
Die Klägerin ist als Adressatin eines belastenden Verwaltungsakts klagebefugt (§ 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
27
Die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist gewahrt.
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2. Die Klage ist jedoch größtenteils unbegründet.
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Die Klägerin wird durch den Bescheid des Landratsamts vom 14. März 2022 nur soweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als dass ihr in Ziffer 1. Kosten (Gebühren und Auslagen) auferlegt werden, die den Betrag in Höhe von 527,68 EUR übersteigen. Die Auferlegung von Kosten (Gebühren und Auslagen) in Höhe von 527,68 EUR ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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a) Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG kann die Behörde für die Ausführung der Ersatzvornahme von dem betroffenen Eigentümer Gebühren und Auslagen erheben.
31
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG setzt die zuständige Behörde in einem Zweitbescheid gegenüber dem Eigentümer fest, welche Reinigungen oder Überprüfungen nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchfHwG oder wiederkehrende Messungen nach § 15 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen innerhalb welchen Zeitraums durchzuführen sind. Für den Fall der Nichtvornahme ist nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen anzudrohen. Nach § 26 Abs. 1 SchfHwG hat die zuständige Behörde den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger unverzüglich mit der Vornahme der Handlungen im Wege der Ersatzvornahme zu beauftragen, wenn die Verpflichtung, die in dem Zweitbescheid nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu lassen, nicht oder nicht fristgemäß erfüllt wird.
32
b) Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des vom Landratsamt geltend gemach ten Kostenerstattungsanspruchs ist zunächst die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme.
33
Dies ergibt sich aus Art. 16 Abs. 5 KG, nach dem Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben werden. Für die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ist erforderlich, dass zum einen ein unanfechtbarer oder vollziehbarer, auf Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt (Art. 18 und 19 VwZVG) und zum anderen eine wirksame Androhung (Art. 36 VwZVG) vorliegen und zudem bei der Ersatzvornahme selbst keine Rechtsfehler passiert sind.
34
aa) Zum Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahme lag ein vollziehbarer, auf Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt (Art. 18 und 19 VwZVG) vor.
35
Mit Zweitbescheid vom 27. Januar 2022, der Klägerin zugegangen am 29. Januar 2022, wurde die Klägerin verpflichtet,
- Kehrarbeiten an der Abgasanlage Einzelfeuerstätte mit festem Brennstoff vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Überprüf- / Kehrarbeiten an der Abgasanlage offener Kamin mit festem Brennstoff vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Überprüfung und notwendige Kehrung des Rauchfangs des offenen Kamins vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Reinigung und Überprüfung des Abgaskanals vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Überprüfungsarbeiten an der Abgasanlage für die zentrale Feuerstätte mit Öl vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Abgaswegeüberprüfung Heizkessel mit flüssigem Brennstoff (HL) K Keller vom 1. August - 31. Oktober jährlich
- Emissionsmessung des Heizkessels mit flüssigem Brennstoff (HK) K Keller vom 1. August - 31. Oktober 2021 zweijährig von einem zugelassenen Schornsteinfegerbetrieb durchführen zu lassen und dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und dem Landratsamt die Durchführung der Arbeiten bis spätestens Montag, den 14. Februar 2022 nachzuweisen.
36
Die Vollziehbarkeit dieser Grundverfügung ergibt sich aus Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG i.V.m. § 25 Abs. 4 SchfHwG, da der Zweitbescheid von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist.
37
Die Rechtmäßigkeit der (inzwischen) bestandskräftigen Grundverfügung, also des Zweitbescheids, ist im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen (BVerwG, U.v. 25.9.2008 - 7 C 5/08 - juris Rn. 12). Es kommt ausschließlich auf die Wirksamkeit und Vollziehbarkeit der der Vollstreckung zugrundeliegenden Maßnahme an. Für eine Nichtigkeit der Zweitbescheids, die nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG zu dessen Unwirksamkeit führen würde, ist weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Da der Zweitbescheid Vollstreckungsgrundlage für die Ersatzvornahme ist (§ 26 Abs. 1 SchfhwG), sind etwaige Einwendungen gegen den wiederum dem Zweitbescheid zugrundeliegende Feuerstättenbescheid vom 2. Dezember 2018 bzw. vom 25. November 2021 im hiesigen Verfahren unerheblich.
38
bb) Die Durchführung der Ersatzvornahme wurde wirksam angedroht und sonstige Rechtsfehler im Zusammenhang mit deren Durchführung sind nicht erkennbar.
39
Von dem Grundsatz in Art. 32 Satz 2 VwZVG, dass die Ersatzvornahme nur zulässig ist, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt, macht § 25 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG eine Einschränkung dahingehend, dass im Falle der Nichtvornahme der im Zweitbescheid festgelegten Pflichten zwingend das Zwangsmittel der Ersatzvornahme vorgesehen ist.
40
Die Ersatzvornahme wurde in Ziffer II. des Zweitbescheids vom 27. Januar 2022 angedroht und die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Ziffer III. des Zweitbescheids angegeben (Art. 36 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 VwZVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG). Dass letztendlich höhere Kosten entstanden sind als ursprünglich angenommen, ist unschädlich und macht die Androhung nicht etwa fehlerhaft. Ein solches Überschreiten ist von Art. 36 Abs. 4 Satz 3 VwZVG gedeckt.
41
Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung, die im Zweitbescheid festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu lassen und nachzuweisen, nicht binnen der ihr bis zum 14. Februar 2022 gesetzten Frist nachgekommen. Nach der gesetzlichen Regelung in § 26 Abs. 1 SchfHwG war der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger daher unverzüglich mit der Vornahme der Handlungen im Wege der Ersatzvornahme zu beauftragen. Der Behörde stand insofern kein Entschließungsermessen zu, sondern die Durchführung der Ersatzvornahme ist gesetzlich vorgeschrieben. Dass sich diese nicht im Rahmen der im Zweitbescheid angeordneten Verpflichtung gehalten hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
42
c) Die Inanspruchnahme der Klägerin ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Be scheid richtet sich an die richtige Adressatin und Ermessensfehler der Behörde sind nicht erkennbar.
43
Dass sich der Kostenerstattungsanspruch für die Ersatzvornahme an die Klägerin als in das Grundbuch eingetragene Eigentümerin des Anwesens, ... zu richten hat, folgt unmittelbar aus § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG, wonach „von dem betroffenen Eigentümer“ (§ 1 Abs. 1 SchfHwG) Gebühren und Auslagen erhoben werden. Dass die Klägerin Kostenschuldnerin ist, ergibt sich letztlich auch aus den allgemeinen Vorschriften der Art. 32 Abs. 1 Satz 1 VwZVG sowie Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG.
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Die Entscheidung des Landratsamts, die Klägerin zur Kostenerstattung heranzuziehen, ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Das in § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG der Behörde eingeräumte Ermessen („kann“) ist dergestalt intendiert, dass der Pflichtige bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift in der Regel auch zur Erstattung der Kosten heranzuziehen ist (OVG Saarland, U.v. 25.4.2019 - 2 A 802/17 - juris Rn. 40). Ein atypischer Ausnahmefall, der aufgrund besonderer Einzelfallumstände eine abweichende Entscheidung geboten hätte, ist hier nicht gegeben.
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d) Von der Klägerin können Gebühren und Auslagen jedoch nur in Höhe von 527,60 EUR - und nicht wie in Ziffer 1. des Bescheids festgesetzt in Höhe von 545,53 EUR - erhoben werden.
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Wie bereits ausgeführt, kann die zuständige Behörde nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG für die Ausführung der Ersatzvornahme Gebühren und Auslagen erheben. Für die Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren werden dabei nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 VwZVG Kosten nach dem Kostengesetz (KG) erhoben. Gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG erheben die Behörden des Freistaats Bayern für Amtshandlungen Kosten (Gebühren und Auslagen) nach den Vorschriften dieses Abschnitts.
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aa) Zu den Kosten nach dem KG gehören somit zunächst die Gebühren gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG. Diese bemessen sich nach dem Kostenverzeichnis (Art. 5 KG). Im Kostenverzeichnis (KVz) ist die Höhe der Gebühr nach dem Verwaltungsaufwand aller an den Amtshandlungen beteiligten Behörden festgelegt (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KG). Nach Tarif-Nr. 2.IV.8/9 KVz ist bei Anwendung des Zwangsmittels Ersatzvornahme nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG eine Gebühr wie zu Tarif-Nr. 1.I.8 vorgesehen. Neben der Gebühr wird der von der Behörde geleistete Aufwendungsersatz als Auslagen erhoben. In Tarif-Nr. 1.I.8 sind die Gebührenhöhen für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren geregelt. Für die Anwendung von Zwangsmitteln der Ersatzvornahme und des unmittelbaren Zwangs werden nach Tarif-Nr. 1.I.8/2 KVz Gebühren in Höhe von 50,00 bis 2.500,00 EUR erhoben. Hierunter fallen sowohl die vom Landratsamt festgesetzte Gebühr für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids i.H.v. 80,00 EUR (Ziffer 3 des Bescheids) als auch die Personalkosten für die die Ersatzvornahme überwachenden Verwaltungskräfte (BayVGH, B.v. 21.12.1999 - 20 B 99.2073 - juris Rn. 17) sowie die der unterstützend tätigen Polizeibeamten i.H.v. insgesamt EUR 175,80 EUR. Dass in dem Bescheid vom 14. März 2022 in der Auflistung der einzelnen Posten als „Kosten der Ersatzvornahme für die Bediensteten der Behörden öffentlicher Dienst“ ein Betrag von 155,80 EUR angegeben ist, ist unerheblich. Wie die Vertreterin des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, handelt es sich hierbei um einen Schreibfehler. Nach Auffassung des Gerichts kommt es in Ziffer 1 des Bescheidstenors hinreichend zum Ausdruck, dass von der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 545,33 EUR erhoben werden sollen und nicht - wie sich bei Aufaddierung der Einzelposten ergäbe - nur in Höhe von 525,33 EUR. Insofern ist eine Unbestimmtheit des angefochtenen Bescheids fernliegend und die Klarstellung in der mündlichen Verhandlung ausreichend.
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Die vom Landratsamt insgesamt festgesetzte Gebührenhöhe liegt im unteren Bereich der Rahmengebühr. Die festgesetzte Gebühr ist nicht überhöht, sondern der Sachlage - insbesondere angesichts der der Behördenakte zu entnehmenden, vorangegangen Historie und der Tatsache, dass sich im Anwesen Waffen befinden - angemessen und ist auch gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG im Hinblick auf den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten nicht zu beanstanden.
49
bb) Nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG werden an Auslagen der an der Amtshandlung beteiligten Behörden und Stellen, soweit im Kostenverzeichnis nicht Ausnahmen vorgesehen sind, die anderen Behörden oder anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehenden Beträge erhoben.
50
(1) Für die Durchführung der Schornsteinfegerarbeiten durch den bevollmäch tigten Bezirksschornsteinfeger ergibt sich im Hinblick auf die erhebungsfähigen Auslagen des Landratsamts Folgendes:
51
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) sind für eine Ersatzvornahme nach § 26 SchfHwG Gebühren zu entrichten. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KÜO richten sich die Gebührensätze nach den in Anlage 3 festgesetzten Arbeitswerten. Der Arbeitswert beträgt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 KÜO 1,20 EUR zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer. Ziffer 5 von Anlage 3 sieht für die Ersatzvornahme wiederum einen Grundwert von 60 Arbeitswerten vor (Ziffer. 5.1) und einen Arbeitswert von 1,0 je Arbeitsminute, wobei hier der Zeitaufwand die Tätigkeiten und Wartezeiten vor Ort umfasst (Ziffer 5.2).
52
Die Rechnung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers vom 20. Februar 2022 in Höhe von 246,33 EUR (Bl. 93 d. Akte), in der die durchgeführten Arbeiten einzeln aufgelistet und eingepreist wurden, entspricht dieser gesetzlich geregelten Gebührenbemessung nicht und kann dem Kostenerstattungsanspruch des Landratsamts demzufolge nicht zugrundegelegt werden.
53
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 i.V.m. Ziffer 5 von Anlage 3 berechnen sich die Gebühren für die Ersatzvornahme durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, die das Landratsamt als Auslagen erheben kann, vorliegend wie folgt:
54
- Grundwert gemäß Ziffer 5.1 der Anlage 3 = 72,00 netto (Grund wert von 60 Arbeitswerten und je Arbeitswert 1,20 nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KÜO)
55
- Arbeitsminuten gemäß Ziffer 5.2 der Anlage 3 = 120,00 EUR
netto (100 Arbeitswerte und je Arbeitswert 1,20 nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KÜO)
56
Hieraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 192,00 EUR netto, was einem Betrag in Höhe von 228,48 EUR brutto entspricht. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KÜO ist die gesetzliche Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Dies entspricht auch der in der mündlichen Verhandlung übergebenen, korrigierten Rechnung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers vom 12. August 2022.
57
Dass der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger für die Durchführung der Ersatzvornahme 100 Arbeitsminuten i.S.d. Ziffer 5.2 der Anlage 3 benötigt hat, wird vom Gericht nicht in Zweifel gezogen. Nach den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Vertreterin des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung sowie des im Gerichtssaal anwesenden Bezirksschornsteinfegers ... haben die im Wege der Ersatzvornahme durchzuführenden Arbeiten am 17. Februar 2022 diese Zeit in Anspruch genommen. Zunächst habe man auf die Polizei warten müssen und es habe gedauert, bis die Heizung wieder in Gang gekommen sei, um erforderliche Messungen durchführen zu können. Insgesamt seien die Arbeiten sehr umfangreich gewesen, da sich in dem großen Anwesen mehrere Feuerstätten befänden und niemand anwesend gewesen sei, weswegen man sich nur relativ langsam habe vorantasten können. Wie oben bereits erwähnt, umfasst der Zeitaufwand sowohl die Tätigkeiten als auch die Wartezeiten vor Ort, sodass die erforderlichen Wartezeiten Berücksichtigung finden können.
58
(2) Zu den nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG erstattungsfähigen Auslagen gehört auch der vom Schlüsseldient in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von 107,10 EUR brutto. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Rechnung unverhältnismäßig hoch wäre. Auch ist es nicht zu beanstanden, dass der Schlüsseldienst von vornherein involviert wurde. Dies ist bei Ersatzvornahmen dieser Art durchaus üblich, da es nicht selten vorkommt, dass die Betroffenen sich gegen eine Ersatzvornahme zu weigern versuchen.
59
cc) Die Erhebung der Fahrtkosten in Höhe von 6,30 EUR entspricht Art. 10 Abs. 1 Nr. 4 KG.
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dd) Die Erhebung der Telefonkosten in Höhe von 10,00 EUR ist von Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG gedeckt und nicht zu beanstanden.
61
ee) Aus dem vorstehend Ausgeführtem folgt, dass das Landratsamt gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG von der Klägerin für die Ausführung der Ersatzvornahme am 17. Februar 2022 Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 527,68 EUR erheben kann.
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Unschädlich ist, dass die letztendlich veranschlagten Kosten die im Zweitbe scheid vom 27. Januar 2022 angedrohten Kosten übersteigen. Eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs auf einen Betrag unterhalb der tatsächlich entstandenen Kosten der Ersatzvornahme lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes entnehmen. Vielmehr sieht Art. 36 Abs. 4 Satz 3 VwZVG vor, dass das Recht auf Nachforderung unberührt bleibt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht. Der Zweck dieser Vorschrift besteht (auch) darin, die Bindung an den im Kostenvoranschlag angegebenen Betrag auszuschließen (BVerwG, U.v. 13.4.1984 - 4 C 31/81 - NJW 1984, 2591 - juris Rn. 15).
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3. Nach alldem ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO Ziffer 1. des Bescheids vom 14. März 2022 aufzuheben, soweit der Klägerin Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Ersatzvornahme vom 17. Februar 2022 auferlegt werden, die einen Betrag in Höhe von 527,68 EUR übersteigen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, wonach einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
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5. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentschei dung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).