Titel:
Erfolglose baurechtliche Nachbarklage gegen Baugenehmigung zum Neubau eines Hotels mit Wellness und Therapie
Normenketten:
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
UmwRG § 6
VwGO § 84 Abs. 2, 3, 4
TA-Lärm Nr. 6.7
Leitsatz:
Das Gericht kommt unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse vor Ort und der Genehmigungslage zur Auffassung, dass die ursprünglich zugrunde gelegte Annahme von bis zu 10 gleichzeitig laut sprechenden Personen auf dem Balkon/Terrasse eines Chalets mit zwei Doppelzimmern weit über eine Worst-Case Betrachtung hinausgeht und ein schon bisher nicht existierender Lärm als gegeben betrachtet wurde. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Gemengelage Wohnen und Fremdenverkehr, Bezugnahme auf Gerichtsbescheid, baurechtliche Nachbarklage, reines Wohngebiet, Gebot der Rücksichtnahme, Lärmimmissionen, Worst Case, Schallausbreitung, Wellnesshotel
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.09.2022 – 2 ZB 22.1230
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25938
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) zu tragen. Die Beigeladene zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1) (Bauherr) erteilte Bauge nehmigung zum Neubau eines Hotels mit Wellness und Therapie „… …“. Der Bauherr ist Eigentümer des Baugrundstücks FlNr. 984, das in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet Fremdenverkehr liegt, aktuell im Geltungsbereichs des vorhabensbezogenen Bebauungsplans Nr. 52 „…hof“, der am 5. Juni 2020 in Kraft getreten ist. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks 984/1, das östlich des Baugrundstücks in einem durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet liegt, mit einem Wohnhaus bebaut ist und von dem Baugrundstück durch einen Fußweg getrennt wird.
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Vor dem Hintergrund zahlreicher früherer Verwaltungsgerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem ursprünglich geplanten Umbau des Bestandshotels und zweier Augenscheine hat das Verwaltungsgericht München mit Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2021 die Klage abgewiesen. Das Gericht folgt zunächst der Begründung des Gerichtsbescheids und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung des Tatbestands ab, § 84 Abs. 4 VwGO.
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Der Bevollmächtigte des Klägers hat fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt und eine lärmtechnische Begutachtung und Plausibilitätsprüfung vom 7. Februar 2022 der I* … … mbH (im Folgenden: I***), über die im Zuge des Bauleitplanverfahrens sowie des Bauantrags vorgelegten schalltechnische Untersuchung der Ingenieurgesellschaft G* … vorgelegt. Das Gutachten I* … kam zu dem Ergebnis, dass die dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 52 zugrundeliegende, in der schalltechnischen Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros G* … vom 11. April 2019 am Grundstück der Klägerin, dem IO3, festgestellten Beurteilungspegel von 41 dB(A) tags und 27 dB(A) nachts deutlich überschritten würden. Die von I* … ermittelten 47 dB(A) tags würden die Emissionsgrenzwerte für ein reines Wohngebiet, das hier vorläge, gerade noch einhalten. Nachts würden am IO3 mit 46 dB(A) die Werte für ein reines Wohngebiet sowie ein allgemeines Wohngebiet überschritten; auch die Emissionsgrenzwerte für ein Mischgebiet seien nachts nicht eingehalten, wenn alle Annahmen aus dem eigenen Gutachten berücksichtigt würden. Am IO3, dem klägerischen Grundstück, läge aus fachtechnischer Sicht keine Gemengelage vor, sondern es handele sich um ein reines Wohngebiet, wie bereits die Baugenehmigung für die Freischankfläche im Jahre 2009 und die schalltechnische Untersuchung zu dem (früheren) Bebauungsplan im Jahre 2013 angenommen habe. Die fachtechnische Berechnung und Ermittlung der Schallausbreitung auf der Basis eines Höhenrasters mit 1,00 m Auflösung der Bayerischen Vermessungsverwaltung und der Planzeichnungen zum Hotelneubau bei stark bewegtem Gelände ergäbe im Vergleich zu der Berechnung des Gutachtens G* … nach dem zugrunde liegenden digitalen Geländemodells auf der Grundlage eines rechtwinkligen Koordinatensystems, berechnet mit EDVUnterstützung für Gewerbegeräusche, eine Differenz von 5 bis 7 dB(A) bei der Schallausbreitungsberechnung für die Terrassen des Chalets 1 und für die drei Stellplätze am Hoteleingang. Von dem hier maßgeblichen Chalets 1, das dem IO3 nächstgelegene, bestehe nach 22.00 Uhr bei der Annahme gehobener Sprechweise von 10 Personen auf der Terrasse, von denen fünf gleichzeitig sprechen, einen Beurteilungs-Teilpegel von 43 dB(A) tags und nachts, der den Beurteilungs-Teilpegel von 32,8 dB(A) tags im Gutachten G* …, das als Maßstab Freibadlärm und zwei in Normallautstärke sprechende Personen pro Terrasse zugrunde gelegt habe, deutlich überschreite. Das Gutachten G* … habe die Nutzung der Terrasse bei Nacht überhaupt nicht berücksichtigt. Der KFZ-Verkehr durch Parkbewegungen und Fahrweg sei vom Grundachten G* … zu niedrig angesetzt. Nach der Parkplatzlärmstudie müssten wegen der Gastronomie unter Berücksichtigung eines Abschlags für Hotelgäste 100 Parkbewegungen nachts zur lautesten Stunde angenommen werden anstelle der 40 Parkbewegungen nachts, die im Gutachten G* … nach der Parkplatzlärmstudie zugrunde gelegt worden seien. Für die drei Stellplätze am Haupteingang seien 50 Parkbewegungen nachts pro Stunde wegen der Zahl der An- und Abreisenden zugrunde zu legen, statt der vom Gutachten G* … angenommen zwei Parkbewegungen. Dies führe zu einer deutlich höheren Lärmbelastung am IO3 von 42 dB(A) nachts. Das Spitzenpegelkriterium für ein reines Wohngebiet sei nicht eingehalten. Die Kommunikationsgeräusche durch lautes Schreien auf der Terrasse des Chalets 1, die nur 30 m vom klägerischen Grundstück entfernt sei, führe zu dieser Überschreitung. Zu Unrecht nicht berücksichtigt sei im Gutachten G* …, das für die drei Busse auf dem Busparkplatz ein Zuschlag von 4 und für Erdgas von 3 dB(A) zu machen sei. Der Ansatz für den Lieferverkehr pro Tag sei mit 5 LKW und 6 Lieferwagen zu niedrig. Wegen der Feiern, z. B. Hochzeiten am Wochenende und Live-Musik nach 22.00 Uhr, sei für die Außengastronomie die Annahme „Leiser Biergarten“ falsch. Nicht berücksichtig seien auch die Menschen und Maschinen auf den Wiesen und dem Gelände in der Nähe des klägerischen Grundstücks, z.B. Rasenmäher. Die Annahme, dass in dem Saal die Fenster nachts geschlossen seien, sei unrealistisch und das festgesetzte Schalldämmmaß von 40 dB(A) werde bei Musik mit Bässen wegen der Frequenzabhängigkeit zu seinem Schalldämmmaß von 20 bis 25 dB. Die Schallleistungspegel der technischen Anlagen seien voraussichtlich zu niedrig angesetzt. Das Schneeräumen sei nicht berücksichtigt worden. Dies gelte auch für Ort und Lärm der Raucherbereiche. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
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Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Äußerung und haben Stellung genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2022 haben beide Gutachter ihre lärmtechnischen Begutachtungen erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die beigezogenen Behördenakten, die schalltechnischen Begutachtungen, die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München vom 23.11.2018 in den Verfahren M 9 K 15.4601, M 9 K 15.4614 und M 9 K 15.4561, den Gerichtsbescheid in diesem Verfahren vom 31.5.2021 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28.6.2012 (2 B 10.788) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Der Gerichtsbescheid vom 31.5.2021 gilt gem. § 84 Abs. 3 VwGO als nicht ergangen, da rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wurde. Das Gericht folgt zunächst der Begründung des Gerichtsbescheids und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 84 Abs. 4 VwGO.
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Ergänzend zur Begründung des Gerichtsbescheids liegt auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Lärmschutzgutachten I* … keine Präklusion und keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch das Bauvorhaben vor. Die Gründe dafür sind folgende:
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1. Es besteht keine Präklusion nach § 6 Satz 2 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) wegen eines verspäteten Vorbringens. Nach § 6 UmwRG hat die Klägerseite innerhalb einer Frist von 10 Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Nach Ablauf dieser Frist vorgebrachte Beweismittel sind nach § 6 Satz 2 UmwRG nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, genügende Entschuldigung der Verspätung, erfüllt sind. Im vorliegenden Fall wurde die Klage vom 13.7.2020 erst nach Akteneinsicht am 30.12.2020 begründet und mitgeteilt, dass die Kläger eine schalltechnische Untersuchung in Auftrag gegeben hätten, um die Fehlerhaftigkeit der Schalluntersuchung des Ingenieurbüros G* … vom 11.4.2019 im Detail aufzuzeigen; diese werde dem Gericht und den Beteiligten unmittelbar nach ihrem Abschluss vorgelegt werden (Blatt 79 Gerichtsakte - GA). Die bereits im Klageschriftsatz vom 13.7.2020 beantragte Akteneinsicht wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27.10.2020 gewährt und die Frist von vier Wochen ab Akteneinsicht antragsgemäß bis 30.12.2020 verlängert.
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Losgelöst von der Rechtsfrage, ob das Umweltrechtsbehelfsgesetz auf Baugenehmigungen Anwendung findet, die unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften zugelassen werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UmwRG) ist im vorliegenden Fall die Verspätung entschuldigt im Sinne des § 87b Abs. 3 VwGO. Die TA-Lärm gehört zum materiellen Umweltrecht im Sinne des § 1 Abs. 4 UmwRG (Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Kommentar Umweltrecht, Stand September 2021, § 1 Rn. 158 f.), so dass grundsätzlich § 6 UmwRG Anwendung findet. Im vorliegenden Fall liegt die Voraussetzung des § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO vor, weshalb die Klagebegründung und das I* …-Gutachten gem. § 6 Abs. 2 UmwRG zuzulassen sind. Die Frist von 10 Wochen ab Klageerhebung ist regelmäßig dann nicht ausreichend, wenn vorab Akteneinsicht zur Begründung der Klage erbeten wurde und diese erst nach Ablauf der 10- Wochen-Frist möglich ist. Wenn wie hier bei der Erstzustellung durch das Gericht verfügt wird, dass die Klagebegründungsfrist von 4 Wochen erst ab Akteneinsicht beginnt und wenn diese Frist nach Akteneinsicht durch das Gericht nochmals verlängert wird, liegt kein Verschulden der Klägerseite vor, wenn diese Fristen ausgeschöpft werden. Die Versäumung der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG ist damit genügend entschuldigt im Sinne des § 87b Abs. 3 Nr. 2 VwGO, da es kein Verschulden bedeutet, wenn gerichtliche Fristen eingehalten werden. Da in der Klagebegründung vom 30.12.2020 die Vorlage eines Lärmschutzgutachtens der Klägerseite angekündigt wurde, ist auch insoweit keine Präklusion eingetreten.
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2. Auszugehen ist im vorliegenden Fall, wie wiederholt von der Kammer entschieden und durch den BayVGH im Ergebnis bestätigt, von einer Gemengelage, weshalb hier durch den Beklagten zutreffend die Emissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts unter Anwendung von Nr. 6.7. TA-Lärm zugrunde gelegt wurden. Der Imissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet ist ein geeigneter Zwischenwert, wenn wie hier ein durch Bebauungsplan festgesetztes Sondergebiet Fremdenverkehr und damit eine gewerbliche Nutzung an ein durch Bebauungsplan festgesetztes reines Wohngebiet, getrennt durch einen Weg, angrenzt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 14. Oktober 2009 (M 9 K 09.1738), wonach eine Gemengelage im Sinne der Nr. 6.7. TA-Lärm vorliege, im Grundsatz bestätigt; die damalige Baugenehmigung für eine kleine Freischankfläche in 100 m Entfernung zu den Klägern hatte abweichend von der TA-Lärm und von der ursprünglichen Baugenehmigung für den Hotelbetrieb Immissionsrichtwerte für ein reines Wohngebiet festgesetzt (BayVGH U. v. 28.6.2012 - 2 B 10.788 Rn. 3). Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich eine Gemengelage angenommen hat, ist dies nach dem Wortlaut richtig, aber deshalb unerheblich. Ungeachtet dessen bestand und besteht damals wie heute zwischen dem Sondergebiet Hotel und dem nur durch einen Fußweg getrennten reinen Wohngebiet rechtlich wie fachlich eine Gemengelage i. S. der Nr. 6.7. TA-Lärm. Soweit das Gutachten I* … für die angrenzende Wohnbebauung die Schutzbedürftigkeit eines reinen Wohngebiets annimmt, wird übersehen, dass bereits der Bestand auf dem Vorhabensgrundstück ein Hotel ist und es dort noch nie eine reine Wohnnutzung gab.
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3. Die Baugenehmigung verstößt nicht wegen Lärmimmissionen gegen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, § 15 BauNVO.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, der umfangreichen Erörterung sowie den ausführlichen Stellungnahmen beider Gutachter steht fest, dass innerhalb eines auf ungefähren Schätzungen beruhenden Schwankungsbereichs von 1 bis 2 dB(A) die lärmtechnische Begutachtung des Ingenieurbüros G* … vom 11. April 2019 auch der fachlichen Einschätzung des Gutachters der Ingenieurgesellschaft I* … entspricht. Es hat sich herausgestellt, dass die um bis zu 20 dB(A) voneinander abweichenden Ergebnisse in den beiden schriftlichen Gutachten danach im Wesentlichen darauf beruhten, dass die Plausibilitätsprüfung von I* … nicht berücksichtigt hatte, dass der lärmtechnischen Begutachtung G* … die Betriebsbeschreibung und baurechtlich vorgesehenen Lärmschutzauflagen zugrunde lagen. Im Einzelnen:
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a) Beide Gutachter haben übereinstimmend ebenso wie der Umweltingenieur des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung ausführlich begründet und abschließend erläutert, dass für eine Lärmbelastung des klägerischen Wohnhauses, dem IO3, im Hinblick auf die Lage nur die Kommunikationsgeräusche des Chalets 1 und die Schallemissionen durch die drei Stellplätze am Haupteingang entscheidend seien. Die übrigen Lärmquellen seien zu weit entfernt. Der Gutachter I* … erklärte abschließend ausdrücklich, dass die fachlichen Annahmen im Gutachten G* … zuträfen, wenn die erteilte Baugenehmigung zugrunde gelegt werde.
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b) Die Erörterung der technischen Berechnung und Ermittlung der Schallausbreitung in beiden Gutachten, bei denen eine Differenz von 5 bis 7 dB(A) wegen des Geländeverlaufs ausgehend von den Terrassen des Chalets 1 (Kommunikationsgeräusche) und den drei Stellplätzen am Hoteleingang (Park- und Anfahrtsgeräusche) vorlag, hat zu dem Ergebnis geführt, dass beide Ingenieurbüros zertifizierte Berechnungsprogramme benutzt haben, die fachlich auf dem neuesten Stand sind. Beide haben die Hanglage berücksichtigt und die Software Cadna A zur Berechnung benutzt. Im Ergebnis wurde unter Berücksichtigung der erteilten Baugenehmigung in der Verhandlung von beiden Gutachtern übereinstimmend festgestellt, dass nach der Berechnung I* … auf der Basis eines Höhenrasters mit 1,00 m Auflösung anders als nach der Berechnung G* … auf der Grundlage eines rechtwinkligen Koordinatensystems die Differenz geschätzt 1 bis 2 dB(A) für den Tagwert beträgt. Die Erörterung des KFZVerkehrs, der Parkbewegungen und des Fahrwegs ergab, dass die Gutachter beide die Parkplatzlärmstudie zugrunde gelegt hatten. Die beiden Gutachter haben übereinstimmend erklärt, dass unter Zugrundelegung der Baugenehmigung und ihrer Auflagen der Fahrverkehr für die drei Stellplätze am Haupteingang regelmäßig Null betrage, da die Anfahrt dort nur bis 22.00 Uhr zulässig sei. Beide Gutachter erklärten ebenfalls übereinstimmend, dass am Grundstück der Kläger, dem IO3, die Tiefgarage und ihre Zufahrt wegen der Entfernung irrelevant sei. Der Gutachter I* … erläuterte, dass seiner Berechnung sowohl hinsichtlich der Tiefgarage als auch hinsichtlich der 3 Stellplätze unter Außerachtlassung der Genehmigungslage wesentlich mehr Fahrverkehr bei Nacht zugrunde gelegen habe. Seine Annahme von 100 Parkbewegungen nachts zur lautesten Stunde gelte fachlich nur für die auswärtigen Besucher der Gastronomie in der 1. Stunde nach 22.00 Uhr; die Baugenehmigung, wonach die Gastronomie nur Hotelgästen zur Verfügung stehe, habe er dabei nicht berücksichtigt.
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c) Die Erörterung des anlagebezogenen Verkehrs auf der öffentlichen Straße, Nr. 7.4 TA-Lärm, ergab, dass beide Gutachter die Verkehrsermittlung durch den Verkehrsgutachter für fachlich zutreffend halten und ihrer Begutachtung zugrunde gelegt haben. Die Emissionen seien anders zu bewerten und führten zu einer Differenz von 1 bis 2 dB, wenn die Zufahrt zur Tiefgarage nicht als öffentlich gewidmeter Eigentümerweg, sondern wie genehmigt als Teil der Anlage bewertet würde. Der Gutachter I* … stellte klar, dass seine Annahme eines An- und Abfahrtverkehrs von 100 Fahrzeugen die Stunde für die Tiefgarage ebenso wie die Annahme von 50 Fahrzeugen die Stunde für die Hotelzufahrt lediglich eine fachliche Bewertung bei einer externen Nutzung darstellten und nur die lauteste Nachtstunde nach der TA-Lärm, nämlich die Zeit von 22.00 Uhr bis 23.00 Uhr beträfe.
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d) Die Erörterung der Kommunikationsgeräusche von den Terrassen der Chalets 1 und 2 ergab, dass aus Sicht beider Gutachter maßgeblich nur das nördlichere der beiden, das Chalet 1, ausschlaggebend sei, da es sich dabei um das dem IO3 nächstgelegene handele. Beide Gutachter erklärten übereinstimmend, dass die Begutachtung G* … eine Nutzung der Terrassen, die zu den Gästezimmern gehörten, nach 22.00 Uhr nicht geprüft habe. Auf der Grundlage der genehmigten Pläne, wonach sich in jedem Chalet zwei Doppelzimmer befinden und die Balkone umlaufend sind, sei von vier Personen auf dem Balkon/Terrasse des Chalet 1 auszugehen. Als Worst-Case Szenario sind deshalb zuletzt beide Gutachter von vier gleichzeitig Sprechenden ausgegangen. Bei Annahme einer gehobenen Sprechweise, dh. einer Sprechlautstärke wie bei einem großen Biergarten (mehr als 300 Personen), läge ein Beurteilungspegel von 41 dB(A) nachts vor (I***). Bei Annahme einer Normallautstärke mit einem Sprachschalleistungspegel von 65 dB(A) sowie einen Zuschlag von 3 dB(A) für Informationshaltigkeit, dh. der Sprechlautstärke in einem kleinen Biergarten (unter 300 Personen) werde dieser Beurteilungspegel unterschritten und die Immissionsgrenzwerte von 40 dB(A) am IO3 eingehalten (G* …*). Diese Einschätzung der Gutachter hat auch der Umweltingenieur des Landratsamts bestätigt, so dass für das Gericht keine Zweifel an der fachlichen Richtigkeit dieses Ergebnisses bestehen.
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Im Übrigen ist das Gericht unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Verhältnisse vor Ort und der Genehmigungslage der Auffassung, dass die ursprünglich von I* … zugrunde gelegte Annahme von bis zu 10 gleichzeitig laut sprechenden Personen auf dem Balkon/Terrasse eines Chalets mit zwei Doppelzimmern weit über eine Worst-Case Betrachtung hinausgeht und ein schon bisher nicht existierender Lärm als gegeben betrachtet wurde. Auch die Annahme einer gehobenen Sprechweise von vier Personen gleichzeitig ist unter Berücksichtigung dessen, dass es sich um eine Unterhaltung auf dem eigenen Balkon handelt, nicht schlüssig. Die Plausibilität der ergänzenden Berechnung der Immissionswerte nachts durch den Gutachter G* …, wonach schlimmstenfalls vier Personen in normaler Lautstärke gleichzeitig reden, wurde fachlich durch den Umweltingenieur des Landratsamts und im Ergebnis durch den Ingenieur von I* … bestätigt.
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Ungeachtet dessen kommt es hierauf nicht entscheidungserheblich an, da Sprechgeräusche auf der eigenen Terrasse nach 22.00 Uhr wohntypisch sind und deshalb das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzen. Unabhängig davon, ob der Lärmberechnung eine normale oder eine gehobene Sprechweise zugrunde gelegt wird ist die Benutzung der Terrasse vor dem eigenen Zimmer als sozial üblich hinzunehmen. Die Kammer geht davon aus, dass sich auch die Kläger und andere Nachbarn nach 22.00 Uhr noch auf ihren eigenen Terrassen unterhalten und dies gelegentlich auch in gehobener Lautstärke tun. Gespräche im Freien nach 22 Uhr sind auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen iS Nr.2.1 TA-Lärm. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Unterhaltung in einer Entfernung von 30,00 m durch max. 4 Personen gleichzeitig unzumutbar sein sollte. Unter Berücksichtigung der Höhenlage, der Wetterverhältnisse und des nach dem Betriebskonzept des Hotels zu erwartende Publikum, ist, dass die von den Klägern befürchteten Partys auf der Chalet-Terrasse stattfinden. Die Rechtsauffassung, in einem Wohngebiet am Stadtrand vor dem Geräusch von menschlichen Stimmen nach 22.00 Uhr verschont zu bleiben, ist falsch und die bereits seit Jahren von den Klägern vertretene Behauptung, es handele sich um einen Party-Hotspot am Berg, verkennt die baurechtliche Genehmigungslage sowie die tatsächlichen Gegebenheiten.
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3. Sonstige Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, § 15 BauNVO, bestehen weder nach Aktenlage noch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung. Wenn, wie hier, fachlich übereinstimmend am klägerischen Wohnhaus Lärmimissionen angenommen werden, die auch unter Berücksichtigung einer Differenz von 1 bis 2 dB(A) die maßgeblichen Imissionswerte unterschreiten, liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, § 15 BauNVO vor. Da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung der Gutachter der Klägerin (I***) die Annahmen im Gutachten des Bauherrn (G* …*) unter Zugrundelegung der Genehmigungslage und der Betriebsbeschreibung in lärmtechnischer Hinsicht bestätigt hat, gibt es nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung für das Gericht auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Lärmberechnungen.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO abzu weisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) trägt, da dieser einen Antrag gestellt hat. Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt und trägt daher ihre außergerichtlichen selbst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 f. ZPO.