Titel:
Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Geschäftsleitender Beamter, Psychische Erkrankung, Zweifel an Dienstfähigkeit, Gefährdung des Dienstbetriebs
Normenketten:
BayBG Art. 6 Abs. 4
BeamtStG § 39
VwGO § 80 Abs. 5
Schlagworte:
Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Geschäftsleitender Beamter, Psychische Erkrankung, Zweifel an Dienstfähigkeit, Gefährdung des Dienstbetriebs
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 14.09.2022 – 3 CS 22.1637
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25375
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller ist Beamter der Verwaltungsgemeinschaft … im Statusamt eines Verwaltungsamtsrates, wobei ihm die Aufgaben des Geschäftsstellenleiters der Verwaltungsgemeinschaft sowie die Funktion und Aufgaben als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt übertragen waren. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.02.2022 wurde der Antragsteller von den Aufgaben als Geschäftsstellenleiter entbunden. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.03.2022 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.02.2022 erhoben, die unter dem Az. B 5 K 22.235 beim Verwaltungsgericht Bayreuth anhängig ist. Der gleichzeitig gestellte Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 08.04.2022 - B 5 S 22.234 abgelehnt; die Beschwerde des Antragstellers zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 2.6.2022 - 3 CE 22.1051).
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Fach-/amtsärztlich wurde beim Antragsteller eine bipolare affektive Störung diagnostiziert. Aufgrund dessen war er seit 2015 wiederholt längere Zeiträume ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Im Jahr 2018 erfolgte eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt des Landkreises …, wobei insoweit die (wiedererlangte) Dienstfähigkeit des Antragstellers festgestellt wurde. In der Folge nahm der Antragsteller seine Diensttätigkeit wieder auf. Im Jahr 2021 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Antragstellers sukzessive, so dass er seit August 2021 insgesamt 36 Wochentage dienstunfähig erkrankt war und im Jahr 2022 bereits an 46 Wochentagen krankheitsbedingt ausfiel, somit mehr oder weniger im Jahr 2022 bislang krankheitsbedingt seine Tätigkeit nicht mehr ausgeübt hatte. Hinzu kamen 32 Arztbesuche bzw. Behandlungen während der Dienstzeit im Jahr 2021.
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Mit Verfügung vom 29.03.2022 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte verboten (Ziffer I). Weiter wurde ihm untersagt, die Geschäftsräume der Verwaltungsgemeinschaft … ohne vorherige Genehmigung durch den Gemeinschaftsvorsitzenden zu betreten (Ziffer II). Die sofortige Vollziehung der vorgenannten Entscheidungen wurde angeordnet (Ziffer III).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Arbeitsleistung des Antragstellers kontinuierlich abgesunken sei. Die Arbeitsqualität sei stark fehleranfällig. Diese Fehler hätten zum Teil erhebliche finanzielle Auswirkungen für die der Verwaltungsgemeinschaft angehörenden Gemeinden gehabt. Beispielhaft sei der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht beachtet (Abwicklung der Kleinkläranlagen) und ein erforderlicher Antrag auf höhere Einleitung von Fremdwasser nicht gestellt worden, so dass gegenüber dem Abwasserzweckverband ein Niederschlagsabwasser-Abgabebescheid über 23.500,00 Euro ergangen sei. Zudem habe die Arbeitsleistung des Antragstellers hinsichtlich der Quantität sukzessive nachgelassen, so dass zum augenblicklichen Zeitpunkt eine selbsttätige Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben nicht mehr feststellbar sei. Vielmehr binde der Antragsteller bei dem Versuch der Aufgabenwahrnehmung andere Mitarbeiter, was für diese zu einer erheblichen Mehrbelastung führe. Hinzu komme, dass eine adäquate Arbeitsorganisation nicht mehr gewährleistet sei. Am Arbeitsplatz des Antragstellers sei mittlerweile eine in irgendeiner Art und Weise erkennbare Ordnungsstruktur überhaupt nicht mehr gegeben. Dies führe dazu, dass aufgrund der erheblichen Fehlzeiten des Antragstellers Unterlagen und Informationen oft nur mit erheblichem Aufwand auffindbar seien. Der Grund für die dargestellten Defizite hinsichtlich Arbeitsqualität, -quantität und -organsiation werde in der Erkrankung des Antragstellers gesehen. Aufgrund dieser Umstände bestünden Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers. Infolgedessen werde seitens der Antragsgegnerin umgehend eine amtsärztliche Untersuchung initiiert werden. Hinzu komme, dass sich das Verhalten des Antragstellers sowohl gegenüber dem übrigen Personal der Verwaltungsgemeinschaft … als auch gegenüber den Bürgern als nicht mehr berechenbar darstelle. Gespräche mit dem Antragsteller innerhalb der Verwaltung könnten so gut wie nie allein auf sachlicher Ebene geführt werden. Der Antragsteller werde in derartigen Gesprächen regelmäßig laut und aggressiv. Der Grund für dieses Verhalten werde wiederum in der Erkrankung des Antragstellers gesehen. Zu alledem sei nunmehr im Geschäftszimmer des Antragstellers eine Axt gefunden worden. Ein nachvollziehbarer Grund, weshalb sich die Axt im Dienstzimmer des Antragstellers befinde, sei nicht ersichtlich. Aufgrund dessen und in Zusammenhang mit dem bisherigen Verhalten des Antragstellers fühlten sich sämtliche in der Verwaltungsgemeinschaft … tätigen Personen durch den Antragsteller konkret bedroht. Eine Anhörung gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) sei vorliegend nicht erforderlich gewesen, da die Gründe für die Verfügung in der Erkrankung des Antragstellers lägen, somit in einem von ihm nicht steuerbaren Verhalten.
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Zwingende dienstliche Gründe i.S.v. § 39 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG), dem Antragsteller die Führung seiner Dienstgeschäfte zu verbieten, lägen vor. Es bestünden erhebliche Zweifel an seiner Dienstfähigkeit. Die für die Zweifel dargelegten Umstände führten dazu, dass die Funktionsfähigkeit der Verwaltung in der Verwaltungsgemeinschaft … gefährdet sei und zwar dadurch, dass zum einen die sachgerechte Wahrnehmung der dem Antragsteller obliegenden Aufgaben nicht mehr sichergestellt sei. Zum anderen bestehe ohne das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte eine erhebliche Mehrbelastung des Personals. Schließlich würden zwingende dienstliche Gründe infolge der bestehenden Fürsorgepflicht sowohl dem Antragsteller gegenüber als auch gegenüber dem übrigen Personal der Verwaltungsgemeinschaft … begründet. Aus den dargelegten Gründen sei es der Verwaltungsgemeinschaft … nicht zuzumuten, den Antragsteller bis zur endgültigen Abklärung der bestehenden Zweifel an seiner Dienstfähigkeit mit der Erledigung seiner Dienstgeschäfte zu betrauen. Zwar bedeute die ausgesprochene Verfügung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte für den Antragsteller eine erhebliche Härte. Gleichwohl könne das Individualinteresse des Antragstellers an der Fortführung seiner Dienstgeschäfte nicht das zwingende dienstliche Interesse am Sofortvollzug überwiegen. Insbesondere auch deshalb, da dem Antragsteller mit der getroffenen Entscheidung hinsichtlich seines Dienstverhältnisses - abgesehen von der untersagten Wahrnehmung der Dienstgeschäfte - keine Rechtsnachteile entstünden.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 02.05.2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.03.2022 erhoben, die diesseits unter dem Az. B 5 K 22.458 anhängig ist.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 02.05.2022, hier eingegangen am selben Tag, beantragt der Bevollmächtigte des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.03.2022 anzuordnen.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 13.05.2022 ausgeführt, dass beim Antragsteller zwar eine bipolare affektive Störung diagnostiziert worden sei, jedoch sei er in 2021 im Zeitraum vom 19.08.2021 bis 25.10.2021 infolge einer Erkrankung im Bereich seines Rückens, die erstmalig aufgetreten sei, arbeitsunfähig gewesen. In den Jahren 2016 bis 2021 habe der Antragsteller die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle wegen seines seelischen Leidens deutlich reduzieren können, wozu jedoch Arztbesuche während der mit den jeweiligen Praxisöffnungszeiten kollidierenden Dienstzeit erforderlich gewesen seien. Anfang 2022 sei nach unberechtigten Vorwürfen des Vorsitzenden der Antragsgegnerin das seelische Leiden des Antragstellers wieder massiv aufgetreten. Dem amtsärztlichen Gutachten des Landratsamtes …, Gesundheitsamt vom 07.02.2018 seien jedoch keine gesundheitlichen Einschränkungen des Antragstellers bezüglich seiner Dienstfähigkeit zu entnehmen. Der Gesundheitszustand des Antragstellers habe sich seither nicht verändert, vielmehr gebe es eine leichte Besserungstendenz. Somit sei er in vollem Umfang dienstfähig. Die Arbeitsleistungen des Antragstellers seien in vollem Umfang gegeben und völlig ausreichend. Der Wahrheit zuwider sei weiterhin, dass die Arbeitsqualität des Antragstellers stark fehleranfällig sei. Vielmehr halte es der Vorsitzende der Antragsgegnerin für erforderlich, sich täglich die gesamte Post zu nehmen und diese nach Gutdünken jedem einzelnen Bediensteten auf den Tisch zu legen. An organisatorische Arbeitsabläufe halte sich der Vorsitzende der Antragsgegnerin nicht. Er erachte es noch nicht einmal für erforderlich, den Antragsteller als Verwaltungsleiter darüber zu informieren, an wen die Post verteilt werde. Der Arbeitsstil des Vorsitzenden der Antragsgegnerin habe im Bereich der Niederschlagswasserabgabe zu völlig unübersichtlichen Verhältnissen geführt, die nun unzutreffenderweise dem Antragsteller angelastet würden. Erstmals am 03.05.2021 habe der Vorsitzende der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller angesprochen, dass es an einem Antrag über eine Erhöhung des Fremdwassers von einem Anteil von 25% auf 50% fehle. Derartige Anträge setzten jedoch voraus, dass der Antragsteller von den Klärwärtern laufend über die Fremdwasseranteile informiert werde und eine zutreffende Berechnung der Wassermengen erhalte. Diese würden bei der Antragsgegnerin durch externe Ingenieurbüros erstellt. Bis zum 03.05.2021 sei dem Antragsteller unbekannt gewesen, dass der Vorsitzende der Antragsgegnerin das Ingenieurbüro … beauftragt habe, das die erforderlichen Berechnungen erstellt und direkt an das Landratsamt … übermittelt habe. Eine Abschrift der Mitteilungen sei einzig an den Vorsitzenden der Antragsgegnerin ergangen.
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Es sei dem Antragsteller nicht möglich, jede Verwaltungstätigkeit der Antragsgegnerin im Einzelnen nachzuvollziehen, da dies seine gesamte Dienstzeit in Anspruch nehmen würde. Als Geschäftsleiter der Antragsgegnerin beziehe der Antragsteller nahezu alle anderen Mitarbeiter der Antragsgegnerin in Arbeiten ein. Es sei die Organisationsentscheidung des Vorsitzenden der Antragsgegnerin gewesen, den Antragsteller im Bereich des Bauamtes mehr oder minder als Sachbearbeiter einzusetzen. Selbstverständlich sei dann nahezu die gesamte Arbeitskraft und Dienstzeit des Antragstellers mit der Bearbeitung der Angelegenheiten des Bauamtes ausgefüllt gewesen. Falsch sei, dass es am Arbeitsplatz des Antragstellers an einer erkennbaren Ordnungsstruktur fehle, zumal es insoweit keine Vorgaben von Antragsgegnerseite gebe. Auch habe der Antragsteller an seinem Arbeitsplatz eine Ordnung, in der jeder Vorgang, der von ihm zu bearbeiten sei, zusammenfassend geordnet in einem Ordner oder einer sonstigen Mappe liege, die hinreichend bezeichnet seien. Es sei falsch, dass die von Antragsgegnerseite behaupteten Probleme bei Arbeitsqualität, Quantität und Organisation auf die Erkrankung des Antragstellers zurückzuführen seien. Zwar befinde sich im Dienstzimmer des Antragstellers eine Axt. Darüber sei die Antragsgegnerin jedoch informiert gewesen. Als die Amtszeit des Vorgängers des gegenwärtigen Vorsitzenden der Antragsgegnerin im Jahr 2014 geendet habe, habe der Antragsteller dessen Dienstzimmer aufgeräumt und dabei die Axt vorgefunden. Daraufhin habe sich der Antragsteller an den gegenwärtigen Vorsitzenden der Antragsgegnerin gewandt und gefragt, was mit der Axt zu tun sei; dieser habe daraufhin geantwortet, dass er dies auch nicht wisse. Daher habe der Antragsteller entschieden, die Axt in seinem Dienstzimmer zu verwahren, bis sie ggf. vom früheren Vorsitzenden abgeholt werde. Der Antragsteller habe die Axt nie benutzt. Es sei falsch, dass beim Antragsteller ein nicht steuerbares Verhalten vorliege, insbesondere nicht wegen seiner Erkrankung. Es gebe keinen Rechtsgrundsatz, der besage, dass eine Anhörung im verwaltungsrechtlichen Sinne wegen eines nicht steuerbaren Verhaltens unterbleiben könne. Weder einzeln noch in der Summe seien die von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 29.03.2022 vorgebrachten Umstände geeignet, eine objektive Gefährdung des Dienstes bei der Antragsgegnerin zu begründen. Die Antragsgegnerin beschränke sich auf schlagwortartige Ausführungen; konkrete Einzelheiten würden nicht vorgetragen. Die Antragsgegnerin habe es unterlassen, ein Gespräch mit dem Antragsteller zu führen. Aus den vorstehenden Gründen sei auch das ausgesprochene Hausverbot weder notwendig noch erforderlich.
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Der Bevollmächtigte des Antragstellers übermittelt diverse Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, das Amtsärztliche Gutachten des Landratsamtes … - Gesundheitsamt vom 16.01.2018 sowie zwei privatärztliche Atteste (Dr. med. … vom 13.04.2022 und Dr. med. … vom 20.04.2022).
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Mit Schriftsatz vom 01.06.2022 beantragt der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die bestehenden Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers trotz der vorlegten privatärztlichen Atteste vollumfänglich weiter bestünden. Wie im angefochtenen Bescheid bereits angekündigt, sei zwischenzeitlich mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 11.04.2022 ein entsprechender Antrag an das Landratsamt … - Gesundheitsamt zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers gestellt worden. Zudem seien die Ausführungen des Antragstellers zu den Kleineinleiterabgaben nicht zutreffend. Der Antragsteller sei der Letztverantwortliche für die Bearbeitung der Anträge im Zusammenhang mit der Kleineinleiterabwasserabgabe. Dabei sei auf Anweisung des Antragstellers eine Excel-Liste über die vorhandenen Kleineinleiter erstellt und regelmäßig aktualisiert worden. Fortlaufend habe der Antragsteller dem für die Kleineinleiterbescheide zuständigen Sachbearbeiter mitgeteilt, welche Kleineinleiter aufgrund von Änderungen keinen Kleineinleiterbescheid mehr erhalten sollten. An dieser Zuständigkeit habe sich bis zuletzt nichts geändert. Mit an den Antragsteller gerichteter E-Mail vom 29.06.2021 sei seitens des Landratsamtes … erneut Frist bis zum 31.07.2021 gesetzt worden, um die erforderlichen Informationen und notwendigen Unterlagen vorzulegen. Die sehr detaillierten Ausführungen des Landratsamtes in der E-Mail vom 31.12.2021 zeigten anschaulich, dass es dem Antragsteller als für die Aufgabenerledigung Verantwortlichen nicht gelungen sei, entweder die Aufgaben selbst wahrzunehmen oder entsprechend zu delegieren.
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Ebenso unzutreffend seien die Ausführungen des Antragstellers zur Niederschlagswasserabgabe. Der entsprechende Grundlagenbescheid existiere seit 2003. Ein Antrag auf Billigkeitserlass der Niederschlagswasserabgabe nach § 163 der Abgabenordnung (AO) hätte bereits für die Jahre 2011 bis 2014 spätestens im Jahr 2017 gestellt werden können und stehe mithin in keinem Zusammenhang mit etwaigen Änderungen innerhalb der Verwaltungsorganisation bei der Antragsgegnerin durch den Amtsantritt des jetzigen Vorsitzenden im Mai 2014. Zur Glaubhaftmachung werde ein Schreiben des Landratsamtes … vom 14.11.2017 in Bezug auf eine anderweitige Verwaltungsgemeinschaft im Landkreis … vorgelegt. Es sei nicht zutreffend, dass der Antragsteller mehr oder minder als Sachbearbeiter im Bauamt der Antragsgegnerin eingesetzt worden sei und nahezu seine gesamte Arbeitskraft und Dienstzeit mit der Bearbeitung von Angelegenheiten des Bauamtes verbracht habe. Der Antragsteller habe lediglich innerhalb des Bauamtes Herstellungsbeiträge für Wasser und Kanal abgerechnet. Dies seien laut Kassenrechnungsbuch für die Gemeinde … im Jahr 2021 drei Bescheide, im Jahr 2020 22 Bescheide und im Jahr 2019 14 Bescheide sowie für die Gemeinde … 2021 kein Bescheid, im Jahr 2020 fünf Bescheide und im Jahr 2019 sechs Bescheide gewesen. Für den Abwasserzweckverband … habe der Antragsteller im Jahr 2021 zwei Bescheide, im Jahr 2020 18 Bescheide und im Jahr 2019 14 Bescheide erstellt. Bei diesen Bescheiden hätten entsprechende Muster-Vorlagen verwendet werden können, die vom zuständigen Sachbearbeiter des Bauamtes und dem damaligen Ersten Bürgermeister der Gemeinde … erarbeitet und dem Antragsteller zum Bearbeiten/Ausfüllen zur Verfügung gestellt worden seien. Allerdings habe der Antragsteller bei der Erstellung der Bescheide zunächst übersehen, dass sich zwischenzeitlich die zu berücksichtigende Mehrwertsteuer wieder von 5% auf 7% erhöht habe. Ferner sei der Antragsteller innerhalb des Standesamtes in die Bearbeitung von Sterbefällen, Kirchenaustritten, Beglaubigungen und Monatsabschlüssen eingearbeitet worden. Gleichwohl habe der Antragsteller derartige Fälle an die sonstigen Sachbearbeiter weitergegeben, anstatt diese selbst zu bearbeiten. Schließlich sei es auch nicht zutreffend, dass die Eingangspost durch den Vorsitzenden der Antragsgegnerin nach „Gutdünken“ verteilt worden sei. Vielmehr sei der Antragsteller vom 15.04.2014 bis 07.05.2014 erkrankt gewesen, so dass der Vorsitzende der Antragsgegnerin bei seinem Amtsantritt im Mai 2014 faktisch gezwungen gewesen sei, die Eingangspost selbstständig zu sichten und die Post an die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben. Diese gezwungenermaßen eingeführte Arbeitsweise habe sich dann bewährt und sei beibehalten worden. In dem vorgelegten Aktenvorgang seien aktuelle Fotografien vom Arbeitsplatz des Antragstellers enthalten. Der Zustand in seinem Dienstzimmer sei chaotisch. Dienstliche Unterlagen seien mit - teilweise sehr sensiblen - privaten Unterlagen des Antragstellers vermischt. Hinsichtlich des Verhaltens des Antragstellers seien in dem vorgelegten Aktenvorgang beispielhaft das Schreiben des Hauptzollamtes … vom 31.08.2018 samt Anlagen sowie das Schreiben von Herrn … vom 28.08.2019 enthalten. Zur Veranschaulichung des Verhaltens des Antragstellers gegenüber dem Vorsitzenden der Antragsgegnerin bzw. sonstigen Mitarbeitern würden eine Stellungnahme des Gemeindemitarbeiters und Gemeinderates … und der - zwischenzeitlich auf eigenen Wunsch ausgeschiedenen - Mitarbeiterin … vorgelegt. Darüber hinaus seien auch die Ausführungen des Antragstellers zur aufgefundenen Axt nicht zutreffend. Da sich der Antragsteller vom 15.04.2014 bis 07.05.2014 nicht in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin aufgehalten habe, sei höchst fraglich, wann und wie er das Dienstzimmer des damaligen Vorsitzenden der Antragsgegnerin ausgeräumt habe. Ein Gespräch zwischen dem jetzigen Vorsitzenden der Antragsgegnerin und dem Antragsteller in Bezug auf vermeintlich aufgefundene Gegenstände habe nicht stattgefunden.
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In Erwiderung hierauf führt der Antragstellerbevollmächtigte mit Schriftsätzen vom 29.06.2022 und vom 05.07.2022 ergänzend aus, dass keine Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers bestünden. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 11.04.2022 (Untersuchungsauftrag an das Gesundheitsamt) stelle eine substanzlose Aneinanderreihung haltloser Vorwürfe dar, die jeder sachlichen Grundlage entbehrten. Zudem würden die genannten Anlagen nicht vorgelegt. Zwar mögen verbale Entgleisungen auf Seiten des Antragstellers vorgekommen seien, sie seien aber ebenso gängige Praxis des Vorsitzenden der Antragsgegnerin. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die von Antragsgegnerseite behaupteten Ängste berechtigt seien. Nicht im Ansatz werde glaubhaft gemacht, dass irgendeine Gewalttat des Antragstellers nach rationalen Kriterien zu erwarten sei. Der Antragsteller habe sich im Zeitraum vom 31.05.2022 bis 08.06.2022 infolge des Schreibens vom 11.04.2022 stationär in die psychiatrische Abteilung des Universitätsklinikums … zur Durchführungen von Untersuchungen begeben müssen. Im Rahmen des vorläufigen Arztbriefs vom 08.06.2022 würden kognitive Defizite des Antragstellers ausgeschlossen. Zudem werde attestiert, dass sich der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entlassung glaubhaft von Eigen- und Fremdgefährdung distanziert habe. Weiterhin sei der Sachvortrag der Antragsgegnerin zur Kleineinleiterabwasserabgabe unzutreffend. Die Antragsgegnerin rekurriere auf Geschäftsverteilungspläne, ohne diese vorzulegen. Auch seien diese dem Antragsteller nie zur Verfügung gestellt worden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Antragsgegnerin über Geschäftsverteilungspläne verfüge. Zwar habe der Antragsteller versucht, Geschäftsverteilungspläne zu erstellen; dies sei jedoch seitens des Vorsitzenden der Antragsgegnerin mit Auslachen quittiert worden. Dem Antragsteller sei erstmals im Frühsommer 2021 von Herrn …, dem zuständigen Sachbearbeiter für Angelegenheiten nach Art. 7 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes (BayAbwAG) im Amtsbereich des Vorsitzenden der Antragsgegnerin, kommentarlos der Aktenordner betreffend die Vorgänge zur Kleineinleiterabgabe übergeben worden, wobei Herr … vielsagend gelacht und auf eine Anordnung des Vorsitzenden der Antragsgegnerin verwiesen habe. Dies sei in einer kürzeren Arbeitsphase des Herrn … geschehen, der zu dieser Zeit ca. ein Jahr lang krankheitsbedingt abwesend gewesen sei. In dem übergebenen Ordner hätten Anschreiben an die Betreiber der Kleineinleiterabwasseranlagen gefehlt, obwohl Kleineinleiterabwassererklärungen, die beim Landratsamt … eingereicht worden seien, vorhanden gewesen seien. Die vorgelegten E-Mails des Landratsamtes … vom 29.06.2021 und vom 30.12.2021 enthielten lediglich rechtliche Ausführungen zur Kleineinleiterabwasserabgabe, jedoch nichts zu den vom Vorsitzenden der Antragsgegnerin verursachten Verhältnissen bei der Antragsgegnerin. Das Schreiben des Landratsamtes … vom 14.11.2017 zeige lediglich, dass bei der Antragsgegnerin kein fester Ansprechpartner für die Fragen der Niederschlagswasserabgabe vorhanden sei, wobei dies auf die mangelnde Organisation des Vorsitzenden der Antragsgegnerin zurückzuführen sei. Das Schreiben des Landratsamtes … vom 14.11.2017 habe der Antragsteller erstmals mit Übersendung des Schriftsatzes vom 01.06.2022 erhalten. Der Sachvortrag der Antragsgegnerin über die angebliche Untätigkeit des Antragstellers einerseits und die Erstellung von 18 Bescheiden in 2019, 40 Bescheiden in 2020 und fünf Bescheiden in 2021 sei offensichtlich widersprüchlich. Die erforderliche Subsumtion des jeweiligen Sachverhalts unter die den Bescheid tragenden Normen bedürfe aufwendiger Sachverhaltsermittlung und Ausformulierung der Begründung. Zwar habe es Mustervorlagen gegeben, diese hätten jedoch - u.a. vom Antragsteller - erstellt werden müssen. Zu den Tätigkeiten des Antragstellers im Bauamt zählten die Bauantragsentgegennahme, die Eintragung im Bautenbuch, die Sitzungsvorlage für die Behandlung im Gremium sowie die gemeindlichen Stellungnahmen zum Bauantrag. Weiterhin habe der Antragsteller vielfach auch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, Grundstücksverkehr, Vorkaufsrechtsbescheinigungen und allerlei weitere Angelegenheiten im Bauamt bearbeitet. Die Stellungnahme des Herrn … ohne Datumsangabe belege lediglich, dass eine geordnete Verwaltung unter dem Vorsitzenden der Antragsgegnerin nicht gegeben sei. Zudem sei sie offenkundig nach dem 04.03.2022 in Reaktion auf den Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 04.03.2022 erstellt worden. Auch werde nicht ausgeführt, dass versucht worden sei, ein Gespräch mit dem Antragsteller zu führen. Es sei falsch und werde bestritten, dass der Antragsteller als Mitarbeiter des Standesamtes eingesetzt worden sei. Insoweit habe es lediglich eine Vertretungstätigkeit des Antragstellers gegeben, im Rahmen derer er Sterbefälle gelegentlich selbstständig bearbeitet habe; die behauptete Regeldelegation habe nicht stattgefunden. Zwar habe der Antragsteller in der Kommunikation mit dem Hauptzollamt … und mit Herrn … verbal falsch reagiert. Hierfür wolle er sich auch entschuldigen. Es sei jedoch klarzustellen, dass diese Vorfälle lange zurücklägen, nie Gegenstand eines Gespräches mit dem Antragsteller gewesen seien und mit dem aktuellen Leistungs- und Arbeitsvermögen des Antragstellers nichts zu tun hätten. Die Aktennotiz des Herrn … vom 30.04.2021 habe ebenfalls nicht zu einer zeitnahen Rücksprache mit dem Antragsteller geführt. Stattdessen habe die Antragsgegnerin alles gesammelt, um Jahre später die angeblich unzureichende Arbeitsleistung und -fähigkeit des Antragstellers zu belegen. Auch passe ins Bild, dass die Duz-Freundin des Vorsitzenden der Antragsgegnerin nach Ausspruch ihrer Kündigung dem Antragsteller die Verantwortung für ihre Entscheidung zuschiebe. Die vorgelegten Lichtbilder des Arbeitsplatzes des Antragstellers gäben die Situation nur teilweise zutreffend wieder. Die Antragsgegnerin habe zusätzlich drei gelbe und einen roten Ordner hinzugefügt. Auch zeigten die Bilder nicht, dass der Antragsteller seinen Arbeitsbereich stets freigehalten habe. Ein Zugriff anderer Verwaltungsmitarbeiter auf die Akten des Antragstellers sei nicht erforderlich, da dieser seine Vorgänge vorwiegend allein zu bearbeiten habe. Ferner stamme ein Großteil der Akten aus Aktenschränken eines benachbarten Arbeitszimmers. Dort hätten sie nicht länger gelagert werden können. Da der Antragsteller über keine Aktenschränke verfüge, habe er die hinzugekommenen Akten auf dem Boden lagern müssen. Ursache für die Vielzahl von Akten sei auch, dass der Vorsitzende der Antragsgegnerin den Antragsteller völlig sachwidrig in der Finanzverwaltung zum Einscannen von Belegen sowie zum Hinausstellen und Zurückbringen der Mülltonnen und -container eingesetzt habe. Zudem habe der Antragteller einmal jährlich nicht mehr benötigte oder zur Archivierung vorgesehene Akten aus seinem Dienstzimmer verbracht. Eine Kommunikation des Vorsitzenden der Antragsgegnerin mit Antragsteller hinsichtlich der Aktenaufbewahrung habe nicht stattgefunden.
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Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
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Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die Behörde darf die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Dieses besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes ist nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen.
18
a) Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist in aller Regel zu bejahen, sofern dieses nicht offensichtlich rechtswidrig ist (Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenstatusgesetz, Stand: Oktober 2021, § 39 BeamtStG, Rn. 68). Beim Vorliegen von Gründen, die ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erforderlich machen, ist dieses regelmäßig auch unaufschiebbar, um überhaupt den Zweck eines solchen Verbots erfüllen zu können. Für die Begründung der sofortigen Vollziehung sind deshalb grundsätzlich keine weiteren Gründe erforderlich als für die Anordnung des Verbots (vgl. VG München, B.v. 7.5.2013 - M 5 S 13.1380; B.v. 20.6.2016 - M 5 S 16.1250 - juris Rn. 18). Die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.03.2022 gegebene Begründung genügt diesen formalen Anforderungen. Die Antragsgegnerin hat nicht bloß den Gesetzeswortlaut wiederholt, vielmehr lassen die Ausführungen erkennen, dass eine Einzelfallprüfung erfolgte und die unterschiedlichen, einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen wurden. Die Antragsgegnerin bewertet die Funktionsfähigkeit des Dienstbetriebes der Verwaltungsgemeinschaft höher als die mit dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte für den Antragsteller verbundenen Konsequenzen und hält die Maßnahme zur Abwendung von Gefährdungslagen für geboten. Hiermit wird dem (formellen) Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Inwieweit diese Begründung inhaltlich tragfähig ist, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich.
19
b) Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist daher nur möglich, wenn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung grundlegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung bestehen (vgl. VG München, B. v. 20.6.2016 - M 5 S 16.1250 - juris Rn. 19; VG Augsburg, B. v. 14.6.2017 - Au 2 S 17.491 - juris Rn. 22). Ergibt sich hingegen, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein werden, scheidet eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aus. Hiervon ausgehend ergibt die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des für sofort vollziehbar erklärten Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte vom 29.03.2022 bestehen.
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Gemäß § 39 BeamtStG i.V.m. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBG kann die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Diese vorläufige und zeitlich befristete Maßnahme dient dazu, ein weiteres dienstliches Tätigwerden des Beamten bis zur Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder eines sonstigen auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichteten Verfahrens zu unterbinden.
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aa) Durchgreifende formelle Mängel des Bescheides vom 29.03.2022 vermag die Kammer nicht festzustellen. Zwar soll der Beamte nach Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBG vor Erlass des Verbots gehört werden. Auch wenn die Anhörung als Sollvorschrift und nicht als zwingende Norm ausgestaltet ist, so binden auch Sollvorschriften die Verwaltung, soweit kein triftiger Grund für eine Ausnahme vorliegt (vgl. VG München, B.v. 20.6.2016 - M 5 S 16.1250 - juris Rn. 21 m.w.N.). Eine Anhörung des Antragstellers hat vor Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheides nicht stattgefunden. Nach den Ausführungen der Suspendierungsverfügung sei eine Anhörung vorliegend nicht erforderlich gewesen, da die Gründe für die Verfügung in der Erkrankung des Antragstellers und damit in einem von ihm nicht steuerbaren Verhalten lägen. Ob diese Erwägungen eine Anhörung tatsächlich entbehrlich machen, kann letztlich dahinstehen. Denn der Antragsteller hatte jedenfalls im hier vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren hinreichend Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hiervon hat er auch Gebrauch gemacht, so dass ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) geheilt ist.
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bb) Die Verbotsverfügung begegnet auch materiell-rechtlich keinen durchgreifenden Bedenken.
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Nach § 39 Satz 1 BeamtStG kann einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten werden. Bei den „zwingenden dienstlichen Gründen“ handelt es sich um einen der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff. Derartige Gründe liegen vor, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Ein vorwerfbares Fehlverhalten des betroffenen Beamten setzt das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.4.1978 - I WB 159.76 - BVerwGE 63, 32; B.v. 19.11.1998 - 1 WB 36.98 - DVBl. 1999, 326 zu der gleichartigen Vorschrift des § 22 des Soldatengesetzes; OVG NW, U.v. 16.7.1974 - XII A 572/72 - ZBR 1975, 319; B.v. 8.5.2012 - 6 B 280/12; B.v. 17.6.2014 - 6 A 2586/12 - jeweils juris; OVG SH, B.v. 11.6.1997 - B 3 S 357/96 - ZBR 1998, 321; Kohde in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Update Oktober 2021, § 39 BeamtStG, Rn. 28f.).
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Die Antragsgegnerin hat das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte damit begründet, dass Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers bestünden. Fach- bzw. amtsärztlich sei beim Antragsteller eine bipolare affektive Störung diagnostiziert worden, wobei sich sein Gesundheitszustand zuletzt wiederum sukzessive verschlechtert habe, so dass er seit August 2021 insgesamt 36 Wochentage dienstunfähig erkrankt gewesen sei und im Jahr 2022 seine Tätigkeit bislang praktisch nicht ausgeübt habe. Die Arbeitsleistung des Antragstellers sei kontinuierlich abgesunken und seine Arbeitsqualität stark fehleranfällig. Diese Fehler hätten zum Teil erhebliche finanzielle Auswirkungen für die der Verwaltungsgemeinschaft angehörenden Gemeinden gehabt. Zum augenblicklichen Zeitpunkt sei weiterhin eine selbsttätige Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben nicht mehr feststellbar. Vielmehr würden andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Aufgabenwahrnehmung eingebunden, was zu einer erheblichen Mehrbelastung geführt habe. Hinzu komme, dass eine adäquate Arbeitsorganisation nicht mehr gewährleistet sei. Darüber hinaus stelle sich das Verhalten des Antragsstellers gegenüber dem Personal der Verwaltungsgemeinschaft als auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern als nicht mehr berechenbar dar. Gespräche könnten meist nicht auf sachlicher Ebene geführt werden, vielmehr werde der Antragsteller regelmäßig laut und aggressiv. Ferner sei in seinem Geschäftszimmer eine Axt aufgefunden worden, ohne dass ein nachvollziehbarer Grund für das Vorhandensein dieses Gegenstandes ersichtlich gewesen sei. Nach alledem sehe sich die Antragsgegnerin aus Fürsorgegründen sowohl gegenüber dem Antragsteller als auch gegenüber der übrigen Belegschaft gezwungen, eine Suspendierungsverfügung auszusprechen, bis eine entsprechende Klärung seines Gesundheitszustandes erfolgt sei. Durch die vorgenannten Umstände sei die Funktionsfähigkeit der Verwaltung der Antragsgegnerin gefährdet. Zum einen sei eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung der ihm obliegenden dienstlichen Aufgaben durch den Antragsteller nicht mehr sichergestellt. Zum anderen bestehe eine erhebliche Mehrbelastung des Personals der Antragsgegnerin.
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Zur Konkretisierung der vorstehenden Ausführungen führte die Antragsgegnerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens einige Vorkommnisse detailliert aus und legte die diese betreffenden Unterlagen im Rahmen des Verwaltungsvorgangs vor. So wurde beispielsweise der Schriftverkehr des Antragstellers mit dem Hauptzollamt … aus dem Jahr 2018 übermittelt, im Rahmen dessen er ein Fax mit dem Inhalt versandte: „Euer Fax geht nicht und telefonisch seit Ihr nie erreichbar! Demnächst schmeißen wir Eure Aufenthaltsermittlungsanfragen einfach weg!! Ihr …“. Darüber hinaus wurde ein Fax des Antragstellers an einen Jagdpächter vom 27.08.2019 übermittelt, das folgende Passage enthielt: „Sind Sie so unzuverlässig im Geschäftsverkehr, dass man Ihnen noch nicht einmal eine Faxnachricht zukommen lassen kann?? (Unglaublich!!).!“. Ferner befanden sich in der übermittelten Vorgangsheftung diverse Lichtbilder des Amtszimmers des Antragstellers sowie der dort aufgefundenen Axt.
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Zwar ist der Antragsteller den in der Verbotsverfügung näher bezeichneten Begebenheiten entgegengetreten. Er verkennt aber, dass eine detaillierte Aufklärung der einzelnen Vorfälle in diesem Stadium nicht angezeigt ist. Denn nach den rechtlichen Maßstäben ist es nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Amtsführungsverbot dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für weitere dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen. Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten, woraus zugleich folgt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte weder eine erschöpfende Aufklärung bzw. ein „Beweis“ noch erforderlich ist, dass Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs bereits eingetreten sind oder das Verhalten des Beamten sich letztlich als strafrechtlich relevant erweist (vgl. OVG NW, B.v. 17.6.2013 - 6 A 2586/12 - juris).
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Solche hinreichenden Anhaltspunkte liegen im vorliegenden Fall vor. Unstreitig besteht beim Antragsteller eine bipolare affektive Störung, derentwegen der Antragsteller jedenfalls im Jahr 2022 über einen längeren Zeitraum dienstunfähig erkrankt war. Zwar macht der Antragsteller geltend, dass er sich ausweislich eines vorläufigen Arztbriefes des Universitätsklinikums … vom 08.06.2022 im Entlasszeitpunkt glaubhaft von Eigen- und Fremdgefährdung distanziert habe und keine kognitiven Beeinträchtigungen vorgelegen hätten. Bei diesen Feststellungen handelt es sich jedoch ersichtlich um Momentaufnahmen, zumal der Antragsteller selbst erklärte, dass die jüngsten Vorfälle mit der Antragsgegnerin eine neuerliche Verschlechterung seines seelischen Leidens zur Folge gehabt hätten. Auch wurde dem Antragsteller im Jahr 2022 von Seiten einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Arbeitsunfähigkeit attestiert. Darüber hinaus legte die Antragsgegnerin bereits im Rahmen der Verbotsverfügung detailliert zunehmende Schwächen in der dienstlichen Aufgabenwahrnehmung des Antragstellers dar. Hinsichtlich der Vorgänge im Zusammenhang mit der Kleineinleiter-Abwasserabgabe sowie der Niederschlagswasserabgabe wurde der E-Mail- bzw. Schriftverkehr mit dem Landratsamt … übermittelt, aus dem sich jedenfalls eine erheblich verzögerte Aufgabenerledigung ergibt, bezüglich derer der Antragsteller in seiner damaligen Funktion als geschäftsleitender Beamter der Verwaltungsgemeinschaft jedenfalls eine Mitverantwortung tragen dürfte. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass er für diese Geschäftsbereiche keine Verantwortung getragen habe, erscheint dies angesichts seines innegehabten Funktionsamtes unwahrscheinlich. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es aufgrund der oben dargestellten rechtlichen Maßstäbe im Rahmen des Suspendierungsverfahrens einer erschöpfenden Aufklärung nicht bedarf.
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Hinsichtlich des Verhaltens des Antragstellers gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltungsgemeinschaft wurden Stellungnahmen zweier (ehemaliger) Gemeindemitarbeiter übermittelt, denen zu entnehmen ist, dass der Antragsteller während des Dienstbetriebs eine fehlende Impulskontrolle an den Tag legte und Auseinandersetzungen häufig lautstark eskalieren ließ. Darüber hinaus wurde der Schriftverkehr des Antragstellers mit dem Hauptzollamt … (August 2018) sowie ein Fax des Antragstellers an den zuständigen Jagdpächter vom 27.08.2019 vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass sich der Antragsteller auch Dritten gegenüber im anzulegenden Ton vergriff. Eigenanteile an den dienstlichen Konflikten sieht der Antragsteller ausweislich seines Einlassungsverhaltens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht. Im Gegenteil neigt er dazu, von ihm an den Tag gelegtes Verhalten zu rechtfertigen bzw. zu beschwichtigen. So verwies er bezüglich der in seinem Dienstzimmer vorgefunden Axt darauf, diese beim Amtswechsel im Büro des vormaligen Gemeinschaftsvorsitzenden vorgefunden und seither verwahrt zu haben. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Einlassung bestehen nicht. Im Gegenteil führte die Antragsgegnerin aus, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Amtswechsels nicht anwesend gewesen sei und ein Gespräch über das Vorhandensein der Axt mit dem nunmehrigen Gemeinschaftsvorsitzenden nicht stattgefunden habe. Dass die Stellungnahmen der (ehemaligen) Verwaltungsmitarbeiter zum dienstlichen Verhalten des Antragstellers - wie von Antragstellerseite geltend gemacht - mit Belastungseifer verfasst worden seien, ist jedenfalls nicht ohne Weiteres ersichtlich. Hinsichtlich des Schriftverkehrs mit dem Hauptzollamt … sowie dem Jagdpächter räumt der Antragsteller zwar eigenes Fehlverhalten ein, stellt jedoch gleichzeitig ausführlich dar, dass sich auch der Vorsitzende der Antragsgegnerin häufig im Ton vergreife, um sein eigenes Fehlverhalten auf diese Weise zu rechtfertigen. Dem Antragsteller ist insoweit zuzugeben, dass die aufgeführten Vorfälle bereits einige Jahre zurückliegen. In Zusammenschau mit den beiden aktuellen Stellungnahmen der (ehemaligen) Verwaltungsmitarbeiter liefern sie aber jedenfalls zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die weitere Ermittlungen der Antragsgegnerin erforderlich machen.
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Schließlich lassen die von Antragsgegnerseite vorgelegten Lichtbilder des Arbeitsplatzes des Antragstellers nachvollziehbar erscheinen, dass ein Auffinden von Aktenvorgängen in dessen Geschäftszimmer für Vertreter/innen nicht unproblematisch möglich ist. Soweit die Antragstellerseite darauf verweist, dass der Antragsteller seine Vorgänge überwiegend allein zu bearbeiten habe und ein Aufsuchen seines Dienstzimmers durch Kolleginnen und Kollegen nicht erforderlich sei, ist auch insoweit an den o.g. rechtlichen Maßstab zu erinnern, der eine abschließende Sachverhaltsaufklärung gerade nicht erfordert.
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Dass hinsichtlich der vorgenannten Umstände vorgeblich keine Mitarbeitergespräche mit dem Antragsteller geführt wurden, ist im Rahmen des Suspendierungsverfahrens unschädlich. Denn ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten ist zum Erlass eines Dienstgeschäfteführungsverbotes, das gerade kein Sanktionsinstrument darstellt, nicht erforderlich. Es kommt nicht auf ein etwaiges Verschulden des Antragstellers an, sondern nur auf das Vorliegen einer objektiven Gefährdungs- oder Beeinträchtigungslage des Dienstbetriebs (vgl. BVerwG, B.v. 12.4.1978 - 1 WB 159/76, 5/77 - BeckRS 1978, 108558).
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Nach alledem bestand ein auf hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten beruhender Verdacht einer Gefahrenlage für den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin aufgrund der Arbeitsweise sowie des Verhaltens des Antragstellers. Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG bestanden mithin. Ob diese in ihrer dargelegten Reichweite zutreffend sind, ist im weiteren Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers zu klären. Das Verbot nach § 39 BeamtStG dient als Notmaßname nur zur Überbrückung der Zeit, bis eine gesicherte Aufklärung erzielt werden kann und setzt gerade keine konkrete Aufklärung voraus. Aus diesem Grund fordert § 39 Satz 2 BeamtStG auch, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht länger als drei Monate bestehen soll, wenn kein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet wird (vgl. VG Augsburg, B.v. 14.6.2017 - Au 2 S 17.491 - juris Rn. 32). Dies ist vorliegend bereits geschehen, da die Antragsgegnerin parallel zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte in einem gesonderten Schritt ein Verfahren im Sinne von § 39 Satz 2 BeamtStG eingeleitet hat, in dem sie gegenüber dem Landratsamt … - Gesundheitsamt mit Schreiben vom 11.04.2022 um amtsärztliche Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers bat.
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Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erweist sich auch weder als ermessensfehlerhaft (vgl. zur Frage, ob § 39 Satz 1 BeamtStG die Ausübung von Ermessen verlangt z.B. BayVGH, B.v. 20.3.2017 - 3 ZB 16.921 - juris Rn. 13) noch als unverhältnismäßig. Die Schwere der im Raum stehenden Gefahrenlage lässt hier eine weitere Tätigkeit des Antragstellers derzeit als unvertretbar erscheinen. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass ihm durch das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte angesichts der Fortzahlung der Bezüge keine erheblichen finanziellen Nachteile entstehen. Dem Interesse des Antragstellers an einer Weiterbeschäftigung steht hier das Interesse des Dienstherrn gegenüber, keinen Beamten einzusetzen, der durch seine Arbeitsweise sowie das an den Tag gelegte Verhalten den Dienstbetrieb der Verwaltung nachhaltig beeinträchtigen könnte.
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Schließlich stand der Antragsgegnerin auch kein milderes Mittel zur Verfügung. Nach den obigen Ausführungen steht die Dienstfähigkeit des Antragstellers gänzlich in Frage, so dass es der Antragsgegnerin auch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung nicht zuzumuten ist, den Antragsteller nur von einzelnen Tätigkeiten auszuschließen, ihn im Übrigen aber weiter zu beschäftigen. Die Gründe, die für das Verbot sprechen, betreffen die gesamte dienstliche Tätigkeit des Antragstellers. Auch das Hausverbot ist als flankierende Maßnahme nicht zu beanstanden. Schließlich hat der Antragsteller kein berechtigtes Interesse an einem Betreten der Diensträume, solange er keine Dienstgeschäfte führen darf (vgl. VG München, B.v. 20.6.2016 - M 5 S 16.1250 - juris Rn. 33).
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2. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).