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VG München, Urteil v. 26.07.2022 – M 5 K 21.50300
Titel:

Dublin, Zielstaat Italien, Ablauf der Überstellungsfrist, Einmaliges Nichtantreffen, Flüchtigsein (hier verneint), Keine Verlängerung der Überstellungsfrist

Normenkette:
Dublin III-VO Art. 29 Abs. 2
Schlagworte:
Dublin, Zielstaat Italien, Ablauf der Überstellungsfrist, Einmaliges Nichtantreffen, Flüchtigsein (hier verneint), Keine Verlängerung der Überstellungsfrist
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19338

Tenor

I.Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom *** April 2021 wird aufgehoben.
II.Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Die Klage wendet sich gegen einen Rücküberstellungsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Italien vom … April 2021.
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Am 28. April 2021 hat die Klagepartei beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag:
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1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … April 2021 wird aufgehoben.
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2. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG vorliegen.
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Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Mai 2021 den ebenfalls am 28. April 2021 gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der in Nr. 3 des Bescheids enthaltenen Abschiebungsanordnung abgelehnt (M 5 S 21.50301). Mit Beschluss vom 11. Juni 2021 (M 5 S7 21.50398) wurde ein Antrag abgelehnt, unter Abänderung des Beschlusses vom 10. Mai 2021 (M 5 S 21.50301) die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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Mit Schreiben vom 23. August 2021 wurde der Kläger aufgefordert, sich am 22. Oktober 2021 ab 3:00 Uhr in dem ihm zugewiesenen Zimmer in seiner Unterkunft bereitzuhalten, damit er von der Polizei abgeholt und zum Flughafen gebracht werden könne. Tatsächlich traf ihn die Polizei in seinem Zimmer am 22. Oktober 2021 nicht an.
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An diesem Tag habe sich der Kläger nach Angaben seiner Bevollmächtigten aber von 4:40 Uhr bis ca. 8:00 Uhr im zweiten Stock des Unterkunftsgebäudes bei einem Freund befunden, um Deutsch zu lernen. Beim Frühstück sei er darauf hingewiesen worden, dass man ihn habe abholen wollen.
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Auf Nachfrage des Gerichts teilte das Bundesamt mit, dass sich der Ausländer am Tag der geplanten Überstellung nicht in seinem Zimmer befunden habe. Er habe sich damit bewusst einer Überstellung entzogen. Es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass der Kläger unbekannt verzogen sei.
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Mit Beschluss vom 6. Dezember 2021 (M 5 S7 21.50732) ordnete das Gericht unter Abänderung des Beschlusses vom 10. Mai 2021 (M 5 S 21.50301) auf Antrag der Klagepartei die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids des Bundesamtes vom … April 2021 an.
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Das Bundesamt hat für die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte beharrt mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2021 auf dem Standpunkt, dass sich die Überstellungsfrist auf den 10. November 2022 verlängert habe. Denn es sei vorliegend von einem Flüchtigsein auszugehen, da sich der Betroffene durch seine Abwesenheit bewusst der angekündigten Überstellung habe entziehen wollen.
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Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2022 (M 5 K 21.50300) hat das Gericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte beantragte mündliche Verhandlung. Am 30. Juni 2022 fand mündliche Verhandlung statt. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten, den Beschluss vom 6. Dezember 2021 (M 5 S7 21. 50732) und den Gerichtsbescheid vom 15. März 2022 (M 5 K 21.50300) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Da die Beklagte nach Zustellung des Gerichtsbescheids am 15. März 2022 fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt hat, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen (§ 84 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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Über die Streitsache kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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1. Die zulässige Klage ist begründet, weil sich der Bescheid vom … April 2021 zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses dieses Urteils (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) als rechtswidrig erweist und die Klagepartei in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Beklagte ist zwischenzeitlich für die Durchführung des Asylverfahrens der Klagepartei zuständig geworden, da gem. Art. 29 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO) die Überstellungsfrist abgelaufen ist.
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a) Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses sowie des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO war Italien für die Prüfung des Asylantrags i.S.v. § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG zuständig.
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Gemäß Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Ausländers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat.
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Die Überstellungsfrist lief vorliegend daher mit der ablehnenden Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 10. Mai 2021 an und endete sechs Monate später mit Ablauf des 10. November 2021 (zur Berechnung der Frist vgl. Art. 42 Buchst. b) der Dublin-III-VO). Innerhalb dieser Frist erfolgte keine Rücküberstellung der Klagepartei nach Italien.
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b) Diese Frist hat sich nicht dadurch verlängert (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO), dass sich der Kläger entgegen der im Schreiben vom 23. August 2021 festgelegten Verpflichtung am 22. Oktober 2021 nicht zur Abholung zum Flughafen bereitgehalten hat. Das einmalige Nichtantreffen des Ausländers nach einer solchen Verpflichtung reicht für die Annahme des „Flüchtigseins“ im Sinn von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO nicht aus (BVerwG, U.v. 17.8.2021 - 1 C 26.20 - InfAuslR 2022, 36, juris Rn. 19 ff.; U.v. 17.8.2021 - 1 C 38/20 - juris Rn. 19 ff.; U.v. 17.8.2021 - 1 C 51/20 - juris Rn. 19 ff.). Wie aus der Verwendung der Zeitform des Präsens in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO („flüchtig ist“) folgt, muss der Antragsteller im Zeitpunkt der Verlängerung der Dublin-Überstellungsfrist noch (aktuell) flüchtig sein, das Flüchtigsein also noch fortbestehen (BVerwG, a.a.O., Rn. 21; U.v. 26.1.2021 - 1 C 42.20 - NVwZ 2021, 875, juris Rn. 27). Wie die Beklagte auf Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 mitgeteilt hat, gebe es keine Hinweise darauf, dass der Kläger derzeit unbekannt verzogen sei.
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Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagten nach dem 22. Oktober 2021 eine Überstellung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht möglich gewesen wäre. Nach Aktenlage wurde vielmehr kein erneuter Überstellungsversuch unternommen.
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aa) Nach den Umständen des Einzelfalls kann nicht von einem gezielten Ab- und Wiederauftauchen des Klägers in der ihm zugewiesenen Unterkunft ausgegangen werden (BVerwG, U.v. 17.8.2021 - 1 C 38.20 - juris Rn. 30). Denn der Ausländer hielt sich in der Unterkunft auf, lediglich in einem anderen Zimmer und war ab 8:00 Uhr wohl im Kantinenbereich. Ein Nachfragen durch die Vollzugskräfte, wo sich der Kläger aufgehalten haben könnte oder Nachschau in Gemeinschaftsräumen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei einer kurzen und vorübergehenden Abwesenheit ist der Staat weder rechtlich noch tatsächlich an der Durchführung einer (zwangsweisen) Überstellung gehindert. Dies gilt auch bei gelegentlicher nächtlicher Abwesenheit. Gewisse zeitliche Verzögerungen wegen vorübergehender Nichterreichbarkeit des Ausländers sind von der Vollzugsbehörde bei der Organisation einer zwangsweisen Überstellung einzuplanen und begründen keine Nichtdurchführbarkeit (so ausdrücklich BVerwG, a.a.O., juris Rn. 30). Allein eine Verletzung von Mitwirkungspflichten rechtfertigt jedenfalls bei einer zwangsweisen Überstellung im Dublin-Verfahren grundsätzlich nicht die Annahme eines Flüchtigseins im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO, solange der zuständigen Behörde der Aufenthalt des Antragstellers bekannt ist und sie die objektive Möglichkeit einer Überstellung - gegebenenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs - hat (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 21).
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Selbst im Fall der Nichtbefolgung einer Selbstgestellung kann nicht von einem „Flüchtigsein“ im Sinn von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ausgegangen werden, da der Aufenthaltsort des Ausländers dem Staat grundsätzlich bekannt ist und eine lediglich vorübergehende Nichtüberstellbarkeit nicht kausal für die Unmöglichkeit der Abschiebung. Bei einem den zuständigen Behörden bekannten Aufenthalt des Klägers reicht grundsätzlich weder dessen Flugunwilligkeit, ein Aufenthalt im offenen Kirchenasyl (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2021 - 1 C 42.20 - NVwZ 2021, 875, juris Rn. 26 m.w.N.), ein einmaliges Nichtantreffen in der Wohnung oder Unterkunft noch das Nichtbefolgen einer Selbstgestellungsaufforderung für die Annahme, er sei im unionsrechtlichen Sinne flüchtig (vgl. zum Ganzen ausdrücklich: BVerwG, U.v. 17.8.2021 - 1 C 26/20 - ZAR 2022, 167, juris Rn. 23). Da der Ausländer nicht aktiv an seiner Abschiebung mitwirken muss, ist das Nichtbefolgen einer Selbstgestellungsaufforderung durch den Ausländer (objektiv) nicht im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs kausal für seine (zumindest vorübergehende) Nichtüberstellbarkeit, weil er auch ohne Selbstgestellung zwangsweise überstellt werden kann. Damit ist er nicht flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (BVerwG, U.v. 17.8.2021 - 1 C 26/20 - ZAR 2022, 167, juris Rn. 33).
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bb) Nichts Anderes kann für den vorliegenden Fall gelten, in dem sich der Kläger zum angeordneten Zeitpunkt zwar nicht in seinem zugewiesenen Zimmer, aber in der Unterkunft aufhält. Auch in dieser Konstellation mag der Ausländer zwar zur festgesetzten Uhrzeit nicht in seinem Zimmer angetroffen worden sein. Er war aber generell für die Behörden lokalisierbar, sodass die objektive Möglichkeit für dessen Abschiebung besteht. In einem solchen Fall ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass nicht versucht wird, den Ausländer zu einem späteren Zeitpunkt am selben Tag anzutreffen (vgl. auch VG München, B.v. 15.1.2020 - M 9 S7 19.50622 - juris Rn. 14 ff.).
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„Flüchtigsein“ ist mehr als eine vorübergehende kurze Unerreichbarkeit. Solange ein Ausreisepflichtiger in seiner Wohnung oder Unterkunft tatsächlich wohnt, dort also seinen Lebensmittelpunkt hat, und nur gelegentlich für kurze Zeit abwesend ist, muss er dies der Ausländerbehörde nicht anzeigen. Bei einer kurzen und vorübergehenden Abwesenheit ist der Staat weder rechtlich noch tatsächlich an der Durchführung einer (zwangsweisen) Überstellung gehindert. Dies gilt auch bei gelegentlicher nächtlicher Abwesenheit. Gewisse zeitliche Verzögerungen wegen vorübergehender Nichterreichbarkeit des Ausländers sind von der Vollzugsbehörde bei der Organisation einer zwangsweisen Überstellung einzuplanen und begründen keine Nichtdurchführbarkeit. Dies gilt jedenfalls, solange keine Anhaltspunkte für ein gezieltes Entziehen vorliegen, etwa wenn der Betroffene in Kenntnis einer konkret bevorstehenden Überstellung oder generell zu den üblichen Abholzeiten in der ihm zugewiesenen Wohnung oder Unterkunft im Sinne eines gezielten Ab- und Wiederauftauchens nicht anwesend oder auffindbar ist (so ausdrücklich: BVerwG, U.v. 17.8.2021 - 1 C 38/20 - InfAuslR 2022, 74, juris Rn. 30). Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger entgegen der ihm auferlegten „Bereithalteanordnung“ zu den üblichen Abholzeiten bewusst nicht in seinem Zimmer aufhalten würde, sodass von einem gezielten Ab- und Wiederauftauchen ausgegangen werden könnte, das ein einer fortdauernden Flucht gleichstehendes Verhalten darstellen würde (BVerwG, a.a.O., Rn. 30 f.) sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte hat nur einen Abschiebungsversuch unternommen, bei dem der Ausländer punktuell zur festgesetzten Uhrzeit der Bereithalteanordnung nicht anwesend war. Dieses festgestellte Verhalten begründet noch kein „Flüchtigsein“, dem eine gewisse Dauerhaftigkeit (auch im Sinn eines wiederholten Verhaltens) zukommen muss.
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cc) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. September 2021 (RO 15 S 21.50331, S. 11 soweit ersichtlich nicht veröffentlicht) die Auffassung vertritt, dass von einem „Flüchtigsein“ ausgegangen werden könne, wenn ein Ausländer an seinem Wohnort zum angekündigten Termin der Abschiebung nicht anzutreffen sei, trifft die in Bezug genommene Entscheidung schon vom Sachverhalt her nicht auf den vorliegenden Fall zu. Denn der Kläger war am 22. Oktober 2021 in der Unterkunft anwesend, nur in einem anderen Zimmer. Ab 8:00 Uhr befand er sich im Speisesaal zum Frühstück. Er wäre für die Behörden anzutreffen gewesen, wenn diese einige Stunden später nochmals nachgesehen hätten. Daher kann auch nicht angenommen werden, dass hier eine Ortsveränderung mit Entziehungsabsicht vorlag, da er von den Behörden nach wie vor in der Unterkunft grundsätzlich „greifbar“ war. Schließlich war dieses Verhalten auch nicht kausal, da ein Antreffen und eine Abschiebung des Ausländers wenige Stunden bzw. einige Tage später ohne weiteres möglich gewesen wäre.
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Auch der Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. August 2019 (An 17 K 17.50899 - juris Rn. 26 ff.) geht an der Sache vorbei. Denn dort geht es um den Fall eines sog. „offenen“ Kirchenasyls, in dem der Aufenthaltsort des ausreisepflichtigen Ausländers den Behörden bekannt und ein behördlicher Zugriff grundsätzlich möglich ist. Auch das führt zu keiner Verlängerung der Überstellungsfrist.
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Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 22. Juli 2022 angeführte Beschluss des VG Osnabrück (5 B 14/22 - verfügbar über das Informationssystem MILo der Beklagten) befasst sich mit der Bestimmtheit der angeordneten Duldungspflicht einer durch die Ausländerbehörde festzulegenden ärztlichen Untersuchung. Das ist für den vorliegenden Fall rechtlich unergiebig. Gegen die Bestimmtheit der Pflicht, sich am 22. Oktober 2021 ab 3:00 Uhr in seinem Zimmer bereitzuhalten, ist nichts vorbracht worden. Soweit die Beklagte auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. August 2021 (1 C 38/20 - InfAuslR 2022, 74, juris Rn. 19 ff., 30) verweist, stützen die dortigen Ausführungen die hier vertretene Rechtsansicht ausdrücklich. Diese Entscheidung wurde oben auch bereits mehrfach zitiert. Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich unerheblich, ob die ausschließlich in deutscher Sprache abgefasste Bereithalteaufforderung für den Kläger vom Inhalt her erkennbar war.
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c) Angesichts der gebotenen Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung können auch die übrigen Regelungen des Bescheides keinen Bestand haben. Die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, nebst der Abschiebungsanordnung sind jedenfalls verfrüht ergangen (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4.16 - juris Rn. 21).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
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3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.