Titel:
Umsetzung eines Beamten wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
GG Art 3 Abs. 3 S. 2
BayPVG Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 6
Leitsätze:
1. Ein Beamter muss eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder vergleichbare andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens hinnehmen, selbst wenn eine eindeutige Aussage über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht möglich ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Fällt ein Beamter in einer für das Funktionieren der Verwaltung zentralen Position wiederholt und länger aus, ist ein sachlicher Grund für die Umsetzung auf einen anderen Dienstposten gegeben. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Dienstherr kann aufgrund der in der Vergangenheit festgestellten Krankheitstage reagieren, ohne eine Zukunftsprognose anstellen zu müssen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Einem Beamten steht ein Anspruch auf eine seinem statusrechtlichen Amt entsprechende Verwendung zu. Der Verlust einer Vorgesetztenfunktion bedingt keinen Eingriff in das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entbindung von der Aufgabe als Geschäftsleiter, Umsetzung, krankheitsbedingte Fehlzeiten, Beamter, Teilaufgaben, gesundheitliche Einschränkung, Krankheit, Fehlzeiten, sachlicher Grund, dienstliches Bedürfnis, Prognose, Leitungsaufgaben, amtsangemessene Beschäftigung, Vorgesetzter, Fürsorgepflicht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 02.06.2022 – 3 CE 22.1051
Fundstelle:
BeckRS 2022, 15396
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen seine Entbindung als Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft (VG) … Der Antragsteller steht seit 01.06.2001 in der Funktion des Geschäftsstellenleiters im Dienst der Antragsgegnerin. Er wurde zuletzt mit Wirkung vom 01.07.2013 zum Verwaltungsamtsrat befördert.
2
Mit Schreiben vom 16.01.2018 beauftragte die Antragsgegnerin das Landratsamt … - Gesundheitsamt mit einer amtsärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers. Ausweislich des Amtsärztlichen Gutachtens vom 16.01.2018 sei der Antragsteller im Jahr 2015 wegen eines rezidivierend aufgetretenen seelischen Leidens und mehrmonatiger Behandlung in einer Fachklinik dienstunfähig gewesen und habe anschließend ein Wiedereingliederungsverfahren absolviert, das erfolgreich verlaufen war, weil er danach wieder voll dienstfähig gewesen sei. Im Jahr 2016 sei der Antragsteller 32 Tage dienstunfähig gewesen, weil sich ein medikamentös gut behandelbares Leiden einer inneren Drüse erstmanifestiert habe und ein stationärer Aufenthalt in einer internistischen Fachklinik erforderlich gewesen sei. Aktuell sei der Antragsteller seit 16.10.2017 unausgesetzt dienstunfähig. Ursache hierfür sei ein Wiederauftreten des seelischen Leidens, welches vorrangig mit negativer Stimmung, Konzentrationsstörungen, Antriebsminderung, Energielosigkeit, eingeschränkter Entscheidungsfähigkeit, Durchschlafstörungen etc. einhergegangen und in einer Fachklinik behandelt worden sei. Einem danach fachärztlich verordneten Wiedereingliederungsverfahren habe die Antragsgegnerin nicht zugestimmt. Nach den weiteren Ausführungen sei der Antragsteller durch die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen soweit wiederhergestellt gewesen, dass die dienstliche Leistungsfähigkeit aus fachärztlicher und amtsärztlicher Sicht nach Abschluss der beruflichen Wiedereingliederung wieder gegeben gewesen sei. Die Prognose gemäß fachärztlicher Beurteilung sei als gut einzuschätzen gewesen; es hätten aus ärztlicher Sicht auch keine Bedenken gegen einen Einsatz als geschäftsleitender Beamter bestanden. In der Folge der Gutachtenerstattung kam es zu einem Schriftwechsel zwischen Antragsgegnerin und begutachtender Amtsärztin, in dessen Verlauf die Antragsgegnerin das vorliegende amtsärztliche Gutachten als nicht nachvollziehbar und unschlüssig bewertete und um Neuerstellung der Begutachtung bat. Dieses Begehren wurde schließlich unter ausführlicher Stellungnahme von Seiten der Amtsärztin des Landratsamtes … - Gesundheitsamt mit Schreiben vom 24.02.2018 zurückgewiesen, die an ihrer ursprünglichen Einschätzung festhielt.
3
Der Personalakte des Antragstellers ist ein Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) vom 21.03.2018 zu entnehmen, wonach beim Antragsteller ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 bestand. Darüber hinaus liegt ein Änderungsbescheid des ZBFS vom 12.01.2022 vor, wonach ab dem Tag nach Bekanntgabe dieses Bescheids ein GdB von 40 beim Antragsteller festgestellt wird. Ausweislich einer in der Personalakte des Antragstellers befindlichen Übersicht über Krankheitstage und Arztbesuche während der Dienstzeit wies der Antragsteller folgende Fehlzeiten auf:
- 2022: 46 Wochentage krank bis laufend
- 2021: 36 Wochentage krank
32 Arztbesuche während der Dienstzeit
- 2020: 2 Wochentage krank
15 Arztbesuche während der Dienstzeit
- 2019: 0 Wochentage krank
24 Arztbesuche während der Dienstzeit
- 2018: 60 Wochentage krank
10 Arztbesuche während der Dienstzeit
- 2017: 62 Wochentage krank
19 Arztbesuche während der Dienstzeit
- 2016: 24 Wochentage krank
1. Arztbesuch während der Dienstzeit
- 2015: 193 Wochentage krank
4
Im Rahmen der Niederschrift über die Sitzung der Gemeinschaftsversammlung der VG … vom 02.02.2022 wurde festgestellt, dass der Antragsteller den Aufgaben eines Geschäftsstellenleiters nicht mehr gewachsen sei. Ausweislich eines in der Personalakte des Antragstellers befindlichen Schreibens der Antragsgegnerin an den Bayerischen Versorgungsverband vom 28.02.2022 beabsichtigt die Antragsgegnerin, den Antragsteller wegen eines ungewissen Krankheitsbildes erneut amtsärztlich untersuchen zu lassen; u.a. mit dem Auftrag, die Dienstfähigkeit mit einer neuropsychologischen Zusatzbeurteilung zu überprüfen. Die Krankheitstage hätten sich bis 2020 zwar verringert, eine Dienstfähigkeit bestehe aus Sicht der Antragsgegnerin jedoch nicht, wie auch eine Befragung der Sachgebietsleitungen innerhalb der VG-Versammlung bestätigt habe. Es liege eine dauerhafte Minderung der inneren Leistungsfähigkeit vor. Der Antragsteller sei den täglichen Aufgaben aufgrund seiner Krankheit nicht mehr gewachsen. Es bestünden erhebliche Zweifel an seiner Verwendung, insbesondere im Umgang mit Bürgern und Behörden. Im Jahr 2021 habe sich der Antragsteller 35 Tage im Krankenstand befunden. Seit 17.01.2022 sei der Antragsteller (mit Ausnahme von drei Tagen) von seiner Fachärztin für Psychiatrie bis vorerst 15.03.2022 krank geschrieben gewesen. Der Antragsteller leide zusätzlich zu seinen bekannten Krankheiten an einer bipolaren Störung mit Frust, Hass und Wut, was als Risiko für die VG-Führung und Mitarbeiterschaft gewertet werde.
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Mit „Bescheid“ vom 03.02.2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Gemeinschaftsversammlung der VG … in ihrer nicht öffentlichen Sitzung am 02.02.2022 beschlossen habe, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von den Aufgaben als Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft … zu entbinden. Die übrigen Funktionen und Aufgaben als Sachgebietsleiter für das Hauptamt und Ordnungsamt sollten hiervon unberührt bleiben.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.03.2022 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.02.2022 erhoben, die unter dem Az. B 5 K 22.235 beim Verwaltungsgericht Bayreuth anhängig ist.
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Mit weiterem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.03.2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, beantragt der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 04.03.2022 gegen den Bescheid über die Entbindung als Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft … vom 03.02.2022 anzuordnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller als Lebenszeitbeamter im statusrechtlichen Amt des Geschäftsstellenleiters bei der Antragsgegnerin tätig sei. Das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn sowie im konkret-funktionellen Sinn fielen beim Antragsteller zusammen, da die Antragsgegnerin nur einen Geschäftsstellenleiter habe. Der Bescheid über die Entbindung als Geschäftsstellenleiter vom 03.02.2022 sei offenkundig rechtswidrig. Ihm fehle jede Begründung. Auch sei der Antragsteller vor Erlass des Bescheides vom 03.02.2022 nicht angehört worden.
9
Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 18.03.2022, den Antrag abzulehnen.
10
Zunächst werde zur Begründung des Bescheides vom 03.02.2022 Folgendes vorgebracht: Beim Antragsteller bestehe ein chronisches Leiden. Aufgrund dessen sei der Antragsteller seit 2015 wiederholt längere Zeiträume ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Seit 2021 habe sich der Gesundheitszustand des Antragstellers wieder verschlechtert, so dass er seit August 2021 36 Wochentage dienstunfähig erkrankt gewesen und im Jahr 2022 bereits an 46 Wochentagen krankheitsbedingt ausgefallen sei, somit mehr oder weniger im Jahr 2022 bislang krankheitsbedingt seine Tätigkeit nicht mehr ausgeübt habe. Aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers sowie der Krankenvorgeschichte befürchte die Antragsgegnerin wiederum einen längeren Ausfall des Antragstellers und es bestünden zudem Zweifel an seiner Dienstfähigkeit. Dies werde im Beschluss damit umschrieben, dass der Antragsteller nach Ansicht der Antragsgegnerin den Aufgaben eines Geschäftsstellenleiters nicht mehr gewachsen sei. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Funktion des Geschäftsstellenleiters einer Verwaltungsgemeinschaft als einer Kernstelle der Verwaltung sei seitens der Antragsgegnerin beschlossen worden, die Aufgaben des Geschäftsstellenleiters der Verwaltungsgemeinschaft … mit sofortiger Wirkung auf den bisherigen Geschäftsstellenleiter, Herrn K. …, zu übertragen. Ferner sei vorgesehen, den Personaleinsatz bei der VG … neu zu organisieren und zwar dergestalt, dass die Geschäftsleitung als Doppelspitze Frau … und Frau … aufgrund deren Qualifikation für die Dritte Qualifikationsebene übertragen werde.
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Es liege bereits kein Anordnungsgrund vor, da der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Beamter eine Abänderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen müsse. Zudem sei auch ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich, da die Hauptsache keine hinreichende Erfolgsaussicht aufweise. Die hier erfolgte Entbindung des Antragstellers von den Aufgaben als Geschäftsstellenleiter der VG … unter Beibehaltung der Funktionen und Aufgaben als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt stelle eine Umsetzung und damit eine Organisationsmaßnahme ohne Verwaltungsaktqualität dar. Aufgrund dessen sei Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) nicht unmittelbar anzuwenden. Im Übrigen sei auch aus Fürsorgegründen eine Anhörung des Antragstellers nicht notwendig, da die Umsetzung nicht die Reaktion auf ein persönliches Verhalten des Antragstellers gewesen sei. Ebenso ausreichend sei die nunmehr nachgeholte Begründung der Umsetzung. Die streitgegenständliche beamtenrechtliche Maßnahme sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Dienstherr könne aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich eines Beamten verändern. Vorliegend stellten die Krankengeschichte des Antragstellers sowie die sich nunmehr wieder häufenden zahlreichen Krankheitstage bei der Funktion des Geschäftsstellenleiters einer Verwaltungsgemeinschaft als einer Kernstelle der Verwaltung einen Aspekt dar, der einen sachlichen Grund für eine Umsetzung begründe. Der Antragsgegnerin müsse es möglich sein, durch eine organisatorische Änderung des Personaleinsatzes einen reibungslosen Geschäftsablauf sicherzustellen. Auch verbleibe dem Antragsteller mit der Funktion und den Aufgaben als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt eine amtsangemessene Verwendung. Die Antragsgegnerin sichere überdies eine statusamtsangemessene Beschäftigung zu. Gleichzeitig sei jedoch aufgrund bestehender Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers abzuwarten, um im Hinblick auf eine erforderliche Neuorganisation auf entsprechende amtsärztliche Feststellungen, z. B. in Bezug auf eine Teildienstfähigkeit adäquat reagieren zu können. Der Antragsgegnerin könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugemutet werden, trotz bestehender Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers entsprechende Umorganisationsmaßnahmen in einem Umfang vorzunehmen, die dann aufgrund amtsärztlicher Feststellungen hinfällig würden. Schließlich wahre die erfolgte Umsetzung auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere unter Berücksichtigung der Bedeutung der Funktion des geschäftsleitenden Beamten für eine Verwaltungsgemeinschaft in der Größe der Antragsgegnerin sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Funktion und Aufgaben als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt dem Antragsteller verblieben, somit eine in der Hierarchieebene hervorgehobene Funktion, bei der auch seine fachlichen Kenntnisse berücksichtigt würden.
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Mit Schriftsatz vom 24.03.2022 führt der Bevollmächtigte des Antragstellers ergänzend aus, dass die Ausführungen der Antragsgegnerin, wonach sich der Gesundheitszustand des Antragstellers im Jahr 2021 in Zusammenhang mit seinem seelischen Leiden verschlechtert habe, nicht zutreffend seien. Richtig sei, dass in den Jahren 2018 bis 2020 keine gesundheitlichen Einschränkungen des Antragstellers aufgetreten seien. Im Jahr 2021 sei der Antragsteller wegen Erkrankungen im Bereich des Rückens im Zeitraum von 19.08.2021 bis 25.10.2021 erkrankt gewesen, was sich aus den der Antragsgegnerin vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des behandelnden Arztes Dr. med. … ergebe. Dem Antragsteller sei im Zeitraum vom 17.01.2022 bis 26.01.2022 und vom 01.02.2022 bis 30.03.2022 wegen seines seelischen Leidens durch die ihn behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Es sei offensichtlich, dass die Erkrankung des Rückens des Antragsstellers nicht mit seinem seelischen Leiden in Zusammenhang stehe. Der Gesundheitszustand des Antragstellers sei unverändert bzw. mit einer leichten Besserungstendenz versehen. Außer pauschalen Ausführungen über Befürchtungen, die höchstens auf nicht näher dargelegten subjektiven Erwägungen der Antragsgegnerin beruhten, gebe es keine objektiven Anhaltspunkte für einen längeren Ausfall des Antragstellers und für Zweifel an seiner Dienstfähigkeit. Die seitens der Antragsgegnerin behauptete Umorganisation der Geschäftsstellenleitung beschränke sich auf einen Absatz und finde weder im angegriffenen Bescheid noch in dem Auszug aus der Niederschrift der Gemeinschaftsversammlung vom 02.02.2022 Erwähnung. Auch gebe es keine auf Tatsachen gestützte Prognose, dass der Antragsteller wegen seines seelischen Leidens erneut längerfristig erkranken werde. Ein Einsatz als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt stelle für den Antragsteller keine amtsangemessene Beschäftigung dar. Vormals sei das Haupt- und Ordnungsamt bei der Antragsgegnerin als Amt II geführt worden. Darüber hinaus gebe es noch die Ämter I und III. Die Tätigkeit des Antragstellers in der Leitung des Haupt- und Ordnungsamtes sei mit einem ersatzlosen Entzug der Leitungsfunktionen und Verantwortlichkeiten für das Amt I (Personalamt, Standesamt usw.) und das Amt III (Kämmerei) verbunden. Der ersatzlose Wegfall von Leitungsfunktionen und Verantwortlichkeiten für zwei Ämter bei insgesamt drei bestehenden Ämtern der Antragsgegnerin entspreche nicht dem abstrakten Aufgabenbereich des bisherigen statusrechtlichen Amtes. Eine Prüfung der beabsichtigten Umorganisation durch den kommunalen Prüfungsverband sei nicht erfolgt. Zudem sei der Antragsteller schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50. Eine Anhörung des Personalrates sowie der Schwerbehindertenvertretung habe die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Ein Abwarten des Antragstellers bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei ihm nicht zuzumuten und wiege schwerer als eine Aufschiebung der bloß behaupteten Umorganisation der Antragsgegnerin. Es sei bereits nicht ersichtlich, dass ein reibungsloser Geschäftsablauf bei der Antragsgegnerin nicht gewährleistet sei bzw. werden könne.
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Mit Schriftsatz vom 04.04.2022 führt der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin aus, dass der Antragsteller erst mit E-Mail vom 25.03.2022 auf seinen GdB von 50 hingewiesen habe. Daher habe dieser Umstand im Rahmen des Bescheides vom 03.02.2022 keine Berücksichtigung finden können. Im Rahmen der E-Mail vom 25.03.2022 weist der Antragsteller zudem darauf hin, dass er gegen den Bescheid des ZBFS vom 12.01.2022 (GdB 40) Widerspruch erhoben habe.
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Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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1. Der „Bescheid“ der Antragsgegnerin vom 03.02.2022, wonach der Antragsteller von den Aufgaben des Geschäftsleiters der VG … mit sofortiger Wirkung entbunden wird, stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG dar. Denn die in Rede stehende Aufgabenentbindung stellt eine Umsetzung dar, weil der Antragsteller auch danach als Verwaltungsamtsrat im Dienst der Antragsgegnerin steht. Durch die Maßnahme ist nur das konkret-funktionelle Amt berührt (vgl. Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2018, Art. 48 BayBG, Rn. 15f.). Bei einer rechtswidrigen Umsetzung hätte der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Rückumsetzung auf seinen alten Dienstposten. Entsprechend wird vorläufiger Rechtsschutz bei einer Umsetzung für den Fall, dass diese rechtswidrig ist, nach § 123 Abs. 1 VwGO gewährt (Baßlsperger, a.a.O., Art. 48 BayBG, Rn. 22). Dementsprechend ist der gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den „Bescheid“ vom 03.02.2022 anzuordnen, im wohlverstandenen Interesse der Antragspartei und unter Zugrundelegung der Zielsetzung des Begehrens gemäß § 88 VwGO dahin auszulegen, dass der Antragsteller die Rückumsetzung auf seinen alten Dienstposten im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt.
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2. Der so verstandene Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig aber unbegründet.
17
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht - ggf. auch schon vor Klageerhebung - eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragspartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
18
a) Zweifelhaft erscheint bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. das Bedürfnis nach einer eiligen Entscheidung des Gerichts. Denn dem Antragsteller ist es grundsätzlich unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen - des Interesses an dem Bestand des ihm übertragenen Aufgabenbereichs einerseits und des öffentlichen Interesses an der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung andererseits - zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der Beamte muss eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder vergleichbare andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu den - insoweit vergleichbaren - Fällen der Versetzung (vgl. BayVGH, B.v. 09.07.1991 - 3 CE 91.1406 - juris) muss der Beamte, selbst wenn eine eindeutige Aussage über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht möglich ist, die Folgen einer Neuorganisation bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens hinnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 23.05.1995 - 3 CE 94.2976 - juris). Es wäre für eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht hinnehmbar, wenn es der Beamte in der Hand hätte, das bisherige Amt bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens weiterzuführen und die Dienstleistung in seinem neuen Amt zu verweigern (vgl. zum Ganzen auch: VG Ansbach, B.v. 25.07.2013 - AN 1 E 13.01220 - juris). Allein das Interesse an einer beschleunigten gerichtlichen Entscheidung genügt nicht den Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (BayVGH, B.v. 03.07.1980 - 7 CE 80.A825 - BayVBl 1980, 536).
19
b) Der Antragsteller hat zudem keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht von einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg hinsichtlich des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache ausgegangen werden kann. Im Rahmen der Überprüfung im Verfahren nach § 123 VwGO ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der verfügten Umsetzung, was Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch ist.
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aa) Die Umsetzungsverfügung begegnet keinen formellen Bedenken.
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(1) Hinsichtlich des Anhörungserfordernisses ist festzustellen, dass mangels Verwaltungsaktqualität der Maßnahme Art. 28 BayVwVfG nicht unmittelbar anzuwenden ist. Für den Fall der Umsetzung gebietet die Fürsorgepflicht die Anhörung zwar dann, wenn die Umsetzung Reaktion auf ein persönliches Verhalten des Beamten ist oder wenn dem Dienstvorgesetzten sonstige Umstände bekannt sind, die die Umsetzung als persönlich problematisch erscheinen lassen (Baßlsperger, a.a.O., Art. 48 BayBG, Rn. 19). Jedenfalls ist der Mangel der Anhörung aber durch die ausführlichen Stellungnahmen des Bevollmächtigten des Antragstellers im hiesigen Verfahren geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG analog; vgl. zur Nachholung der Anhörung im Eilverfahren: BayVGH, B.v. 28.06.2011 - 3 CE 11.573 - juris Rn. 25ff.).
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(2) Dass die nicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Umsetzung mit „Bescheid“ vom 03.02.2022 in diesem Schreiben selbst nicht begründet wurde, erweist sich im Hinblick auf die ausführliche Begründung der Maßnahme im Rahmen der Antragserwiderung ebenfalls als unbedenklich (Art. 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG analog; vgl. zur Nachholung der Begründung im Eilverfahren: BayVGH, B.v. 28.06.2011, a.a.O.).
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(3) Die gegen den Willen des Antragstellers erfolgte Umsetzung unterlag gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 6 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) auch nicht der Mitbestimmung des Personalrats, da sie nicht mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist.
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(4) Unerheblich ist weiterhin, dass die Schwerbehindertenvertretung bei der Umsetzung nicht beteiligt worden ist. Der Arbeitgeber kann die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) nur unterrichten und vor einer Entscheidung anhören, wenn eine Schwerbehindertenvertretung auch tatsächlich besteht. Dass dies vorliegend der Fall wäre, ist weder dargetan noch ersichtlich. Ob bei der Antragsgegnerin wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind und damit bei der Antragsgegnerin eine Schwerbehindertenvertretung hätte gewählt werden müssen (§ 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) kann offen bleiben. Denn das bloße Untätigbleiben des Dienstherrn hinsichtlich der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung stellt keinen Mangel des Umsetzungsverfahrens dar. Zumal keine gesetzliche Pflicht des Dienstherrn besteht, auf die Bildung einer Schwerbehindertenvertretung hinzuwirken; dass dies vielmehr die Aufgabe der Personalräte ist, ergibt sich aus der in den Regelungen zur Schwerbehindertenvertretung im SGB IX angelegten Aufgabenverteilung zwischen den Personalvertretungen, dem Dienstherrn und dem zuständigen Integrationsamt (§ 176 Satz 2 Hs. 2 SGB IX; vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 21).
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bb) Die verfahrensgegenständliche Umsetzung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist sind nicht rechtsmissbräuchlich, da sie auf sachlichen, nicht nur vorgeschobenen Gründen beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und dem Antragsteller auch nach der Umsetzung ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt.
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Anders als etwa die Abordnung oder die Versetzung ist eine Umsetzung eine bloße innerorganisatorische Maßnahme ohne Verwaltungsaktsqualität. Daraus folgt, dass der Antragsteller gegen sie rechtlich nur in beschränktem Maße vorgehen kann. Der Beamte muss eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinn hinnehmen. Danach kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Die Ermessenserwägungen des Dienstherren können daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft werden, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind (vgl. BVerwG, U.v. 22.05.1980 - 2 C 30/78 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 09.09.2009 - 3 CE 09.790 - juris Rn. 20; VG München, B.v. 01.03.2011 - M 5 E 10.5854 - juris Rn. 17; Baßlsperger, a.a.O., Art. 48 BayBG, Rn. 19).
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(1) Für eine Umsetzung ist ein dienstliches Bedürfnis erforderlich. Hierbei sind dem Dienstherrn grundsätzlich sehr weite Grenzen gesetzt. Daher kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich eines Beamten verändern (BVerwG, B.v. 08.02.2007 - 2 VR 1.07; U.v. 22.05.1980 - 2 C 30/78 - BVerwGE 60, 144 - juris). Die Ermessensentscheidung des Dienstherrn kann bei einer Umsetzung im Allgemeinen nur darauf überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgeblich geprägt ist. Demnach beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob ein sachlicher Grund für die Umsetzung vorlag oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich ist. Daneben sind die Belange des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Besonderheiten des bisher innegehabten Amtes im konkret-funktionellen Sinn wie etwa Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder gesellschaftliches Ansehen haben in der Regel keine das Ermessen des Dienstherrn einschränkende Bedeutung. Die Beschränkung des Ermessens des Dienstherrn bei einer Umsetzung ist vielmehr auf besonders gelagerte Verhältnisse begrenzt (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 17.10.2014 - 3 CE 14.724 - juris B.v. 28.06.2011 - 3 CE 11.573 - juris; VG München, U.v. 18.02.2014 - M 5 K 13.4827- juris B.v. 10.06.2013 - M 5 E 13.718 - juris). Der weite Ermessensspielraum resultiert aus dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung der Umsetzung. Dieser Aspekt spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Akt als rein innerorganisatorische Maßnahme wertet, die keinen Bezug zur Individualsphäre des Beamten hat (BVerwG, U.v. 22.05.1980 - 2 C 30/78 - BVerwGE 60, 144). Daher darf der Dienstherr aufgrund seines aus § 35 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) folgenden Rechts auf Organisationshoheit und Weisung die Neuorganisation und Umsetzung vornehmen.
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Ein solcher sachlicher Grund ist vorliegend gegeben und auch nicht etwa nur vorgeschoben. Die maßgeblichen Ermessenserwägungen sind dem in der Personalakte des Antragstellers befindlichen Auszug aus der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung der Gemeinschaftsversammlung der VG … am 02.02.2022 sowie den Schriftsätzen der Antragsgegnerseite im hiesigen Verfahren zu entnehmen. Zunächst geht aus dem Auszug aus der vorgenannten Niederschrift hervor, dass die Gemeinschaftsversammlung der Antragsgegnerin der Auffassung ist, dass der Antragsteller den Aufgaben eines Geschäftsleiters nicht mehr gewachsen sei. Näher begründet wird diese Einschätzung im Rahmen der Antragserwiderung vom 18.03.2022, in der der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin darlegt, dass beim Antragsteller ein chronisches Leiden bestehe und er in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2021 an 36 Wochentagen dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Dieser krankheitsbedingte Ausfall habe sich im Jahr 2022 derart fortgesetzt, dass er seine Tätigkeit bislang praktisch nicht mehr habe ausüben können. Aufgrund der Krankenvorgeschichte des Antragstellers befürchte die Antragsgegnerin wiederum einen längeren Ausfall und unterhalte darüber hinaus Zweifel an seiner Dienstfähigkeit. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Funktion des Geschäftsstellenleiters einer Verwaltungsgemeinschaft als einer Kernstelle der Verwaltung habe die Antragsgegnerin beschlossen, den Antragsteller von den Aufgaben als Geschäftsstellenleiter zu entbinden. Weiter legt die Antragsgegnerin dar, dass sie eine Neuorganisation des Personaleinsatzes der Verwaltungsgemeinschaft anstrebe und die Geschäftsleitung künftig mit einer Doppelspitze besetzen wolle. Diese organisatorische Änderung des Personaleinsatzes solle einen reibungslosen Geschäftsablauf sicherstellen.
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Damit werden sachliche, nicht nur vorgeschobene Gründe für die dienstliche Maßnahme plausibel und glaubhaft vorgetragen, welche die streitgegenständliche Umsetzungsverfügung in nicht zu beanstandender Weise rechtfertigen. Umorganisationen einer Behörde sind grundsätzlich vom weiten Organisationsermessen des Dienstherrn gedeckt. Dies betrifft auch personelle Maßnahmen in Gestalt von Umsetzungen, die sich aus der Umorganisation von Abteilungen, Referaten und Fachbereichen ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 25). Zum Zeitpunkt der Umsetzungsverfügung war der Antragsteller wiederholt über längere Zeiträume hinweg dienstunfähig erkrankt. So lagen in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2021 36 Krankheitstage vor. Im Jahr 2022 wies der Antragsteller bis 03.02.2022 10 krankheitsbedingte Fehltage auf. Bereits seit dem Jahr 2015 war der Antragsteller wiederholt krankheitsbedingt abwesend und musste vertreten werden. Ausweislich der vorliegenden Personalakte war der Antragsteller im Jahr 2015 an 193 Wochentagen, im Jahr 2016 an 24 Wochentagen, im Jahr 2017 an 62 Wochentagen und im Jahr 2018 an 60 Wochentagen dienstunfähig erkrankt. Fällt ein Mitarbeiter in einer für das Funktionieren der Verwaltung zentralen Position, wie hier der Antragsteller als geschäftsleitender Beamter, wiederholt und länger aus, ist für die Umsetzung ein sachlicher Grund gegeben. Denn durch die organisatorische Änderung wird ein reibungsloser Geschäftsablauf sichergestellt. Der Dienstherr kann aufgrund der in der Vergangenheit festgestellten Krankheitstage reagieren, ohne eine Zukunftsprognose anstellen zu müssen (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2022 - 3 CE 22.44 - juris Rn. 6).
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Sachwidrige Gründe ergeben sich auch nicht aufgrund des Umstands, dass sich nach dem Vortrag des Antragstellers sein seelisches Leiden gebessert habe und er in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2021 wegen eines Rückenleidens dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Denn die Antragsgegnerin durfte auf die neuerlichen krankheitsbedingten Fehlzeiten durch eine Organisationsmaßnahme reagieren. Im Übrigen lagen jedenfalls für die im Jahr 2022 bestehenden Ausfallzeiten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der den Antragsteller behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vor. Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller geltend macht, dass eine Dienstunfähigkeit bei ihm nicht bestehe. Denn einer Dienstunfähigkeit bedarf es zur Begründung eines sachlichen Grundes für die Umsetzung gerade nicht. Dass der Antragsteller den Anforderungen des konkret-funktionellen Amtes nach eigenem Vortrag gerecht wird, steht der Annahme eines dienstlichen Grundes für die Umsetzung aufgrund krankheitsbedingter Fehlzeiten ebenfalls nicht entgegen (vgl. dazu VG Regensburg, B.v. 10.12.2021 - RO 1 E 21.1860 - juris Rn. 60).
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(2) Die Umsetzung des Antragstellers wahrt zudem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie beruht auf einer ausreichenden Abwägung der Belange des Antragstellers (vgl. BVerwG, B.v. 21.06.2012 - 2 B 23/12 - NVwZ 2012, 1481 - juris Rn. 10).
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Wie bereits ausgeführt sind dem Dienstherrn bei seiner Ermessensausübung grundsätzlich sehr weite Grenzen gesetzt. Selbst der Verlust der Chance, auf einem höher bewerteten Dienstposten befördert zu werden, schränkt sein Ermessen, den entsprechenden Stelleninhaber umzusetzen, ebenso wenig ein wie das Ermessen, den Stelleninhaber zu versetzen. Auch die Einbuße an einem mit dem bisherigen Dienstposten tatsächlich oder vermeintlich verbundenen besonderen gesellschaftlichen Ansehen, eine Verringerung der Mitarbeiterzahl, der Verlust der Vorgesetzteneigenschaft oder einer Funktionsbezeichnung ohne statusrechtliche Bedeutung usw. sind grundsätzlich unbeachtlich. Da der Beamte im Interesse einer an den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Verwaltung nicht nur für einen bestimmten Dienstposten, sondern im Hinblick auf die erforderliche vielseitige Verwendbarkeit, Austauschbarkeit und Mobilität für den gesamten Aufgabenbereich seiner Laufbahn ausgebildet wird, ist die Übertragung eines Dienstpostens von vornherein mit der Möglichkeit der Umsetzung belastet (vgl. BVerwG, U.v. 22.05.1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 21.2.2022 - 3 CE 22.44 - juris Rn. 26).
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Es ist im Rahmen der Ermessensausübung daher grundsätzlich nicht fehlerhaft, wenn ein Dienstherr im Ergebnis öffentlichen und dienstlichen Belangen den Vorrang vor individuellen Interessen einräumt. Dies ergibt sich schon aus dem Charakter des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis. Der Grundsatz der Versetzbarkeit und Umsetzbarkeit des Beamten ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Pflicht zur Dienstleistung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 18.04.2012 - 4 B 40.10 - juris; VGH BW, B.v. 27.04.2006 - 4 S 491/06 - juris). Das grundsätzlich sehr weite, nur auf Ermessenmissbrauch zu überprüfende Ermessen des Dienstherrn bei einer Umsetzung kann nur in besonders gelagerten Einzelfällen (etwa: besondere wissenschaftliche Vorbildung und praktische Ausbildung in einer bestimmten Laufbahn, zugesicherte Übertragung gerade einer bestimmten Aufgabe, vorherige erfolgreiche Bewerbung um einen leitenden Posten) - in unterschiedlichem Maße eingeschränkt sein (BVerwG, U.v. 22.05.1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144).
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Zunächst ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin infolge der Schwerbehinderung des Antragstellers in ihrer Ermessenentscheidung eingeschränkt gewesen wäre. Insoweit weist die Antragsgegnerseite zunächst darauf hin, dass der Antragsteller erst nach Verfügung der hier streitigen Umsetzung unter dem 25.03.2022 auf den bei ihm bestehenden GdB von 50 hingewiesen habe.
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Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) und Art. 118a Satz 1 der Bayerischen Verfassung (BV) verbieten die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung. Art. 118a Satz 2 BV richtet an den Staat den Auftrag, sich für gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung einzusetzen. Diese verfassungsrechtlichen Grundsätze werden in Gesetzen wie dem SGB IX, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und dem Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG) konkretisiert. Bei dienstlichen Maßnahmen gegenüber Beamten erfahren diese Prinzipien insbesondere im Fürsorgegrundsatz (§ 45 BeamtStG) ihre Ausprägung. Der zuständige Dienstherr hat bei einer Verwendungsentscheidung stets auch die persönlichen und familiären Belange des jeweiligen Beamten unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht in seine Überlegungen einzubeziehen. Er muss stets bemüht sein, den Beamten im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren vor Nachteilen und Schäden zu bewahren (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2004 - 1 WDS-VR 5.04 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 30).
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Inhalt der Fürsorgepflicht ist bei einem schwerbehinderten Beamten jedenfalls auch, dass der Dienstherr die Regelungen der Bayerischen Inklusionsrichtlinien (BayInklR vom 29.04.2019, Az. 26-P 1132-3/2, BayMBl. Nr. 165) beachtet. Nach Nr. 6.6 Satz 2 BayInklR sollen schwerbehinderte Bedienstete grundsätzlich nur versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden, wenn ihnen hierbei mindestens gleichwertige oder bessere Arbeitsbedingungen oder Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden. Denn ein Dienstposten- bzw. Arbeitsplatzwechsel oder die Übertragung anderer oder zusätzlicher Aufgaben kann für sie mit größeren Schwierigkeiten verbunden sein (BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 31).
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Selbst wenn der Antragsteller vorliegend seine Schwerbehinderung noch vor Erlass der gegenständlichen Verfügung gegenüber der Antragsgegnerin offengelegt hätte, wäre hier ein Verstoß gegen o.g. Bestimmungen nicht ersichtlich. Denn der Antragsteller hat weder geltend gemacht, dass konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der Umsetzung zu befürchten seien, noch hat er derartige Befürchtungen durch Vorlage ärztlicher Bescheinigungen glaubhaft gemacht.
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(3) Auch ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller hinsichtlich seines neuen bzw. verbliebenen Aufgabenbereichs nicht amtsangemessen beschäftigt würde. Vielmehr verbleibt ihm mit der Tätigkeit als Sachgebietsleiter für das Haupt- und Ordnungsamt auch nach seiner Umsetzung ein sowohl qualitativ wie quantitativ amtsangemessener Aufgabenbereich.
39
Obwohl der Beamte kein Recht am Amt im konkret-funktionellen Sinn hat, das heißt auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung der einmal übertragenen dienstlichen Aufgaben (stRspr BVerfG, B.v. 30.1.2008 - 2 BvR 754/07 - juris Rn. 14), steht ihm ein Anspruch auf eine seinem statusrechtlichen Amt entsprechende Verwendung zu. Die rechtliche Bewertung der Dienstposten, also ihre Zuordnung zu statusrechtlichen Ämtern einer bestimmten Besoldungsgruppe, liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und Haushaltsrechtsrechts grundsätzlich in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1779 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 31.5.1990- 2 C 16/89 - juris Rn. 22 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Bewertung des Dienstpostens des Sachgebietsleiters für das Haupt- und Ordnungsamt mit A12 um eine willkürliche Festlegung handelt, die nur erfolgt wäre, um formal die Angemessenheit der Aufgaben zu belegen, sind für das Gericht nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Auch insoweit handelt es sich um eine in der Hierarchieebene der Antragsgegnerin hervorgehobene Funktion. Allein der Umstand, dass der Antragsteller seine bisherige Geschäftsleiterfunktion sowie seine Leitungsfunktionen und Verantwortlichkeiten für die Ämter I (Personalamt, Standesamt usw.) und II (Kämmerei) verloren hat, macht die angegriffene Maßnahme nicht rechtswidrig. Werden im Zug von Umorganisationsmaßnahmen Geschäfts- und Fachbereichsleitungen in einer Behörde zusammengelegt, getrennt oder neu zugeschnitten, so ist es die mehr oder minder zwangsläufige Konsequenz, dass bisherige Geschäftsleiter bzw. Fachbereichsleiter Teile ihrer Funktionen verlieren. Selbst wenn ein betroffener Beamter in diesen Fällen künftig keine Vorgesetztenfunktion mehr ausübt, kann darin keine „unterwertige“ Verwendung gesehen werden (vgl. BayVGH, U.v. 24.4.1996 - 2 B 95.1836; B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juirs Rn. 39). Der Verlust der Vorgesetztenfunktion bedingt - entgegen der Auffassung des Antragstellers - keinen Eingriff in das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1980 - 2 C 30.78 - juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 9.5.1996 - 3 CE 96.00506 - ZBR 1997, 194; BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 39). Das mit der Verantwortlichkeit für das Haupt- und Ordnungsamt nach wie vor breite Aufgabenfeld zeigt, dass für die Tätigkeit eine hohe Fachkompetenz erforderlich ist, die eine Bewertung mit A12 zumindest nicht als willkürlich erscheinen lässt. Es kann jedenfalls bei den übertragenen Aufgaben nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller qualitativ oder quantitativ unterfordert wäre und er infolgedessen unbestimmte Zeit mit faktischer Nichtbeschäftigung zubringen müsste (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2014 - 3 ZB 14.454 - juris Rn. 32; BVerwG, U.v. 22.6.2006 - 2 C 26/05 - juris Rn. 24).
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Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Streitwert in beamtenrechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Rückumsetzung nach dem hälftigen Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG festzulegen (BVerfG, B.v. 31.03.2003 - 2 BvR 1779/02 - NVwZ 2003, 1112 - juris Rn. 4; vgl. auch Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 104; BayVGH, B.v. 31.5.2019 - 3 CE 19.715 - juris Rn. 50).