Titel:
Drittanfechtungsklage, Beschränkter Prüfungsumfang, Fischereirecht, Wasserentnahme aus der Donau
Normenketten:
BayWG § 10 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i. V. m. Art. 15 -
BayFiG Art. 1
Schlagworte:
Drittanfechtungsklage, Beschränkter Prüfungsumfang, Fischereirecht, Wasserentnahme aus der Donau
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.04.2022 – 8 ZB 21.3254
Fundstelle:
BeckRS 2021, 52581
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich als Fischereiberechtigter gegen eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis, welche dem Beigeladenen am 18. Juli 2018 durch das Landratsamt K.(LRA) erteilt wurde. Inhalt dieser beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis ist, dass Wasser aus der Donau zur Bewässerung an einer bestimmten Stelle entnommen werden darf.
2
Zur Sachverhaltsdarstellung wird zunächst auf die Ausführungen im Urteil vom 25. Oktober 2021 (Az. RN 8 K 18.697) verwiesen. Die Wasserentnahmemenge, die der dortigen Beigeladenen im Bescheid vom 3. April 2018 genehmigt worden war (maximale Entnahmemenge der Erlaubnis betrug 150 m3/Monat und 600 m3/Jahr; gültig bis zum 3. April 2023), war zu diesem Zeitpunkt für das Jahr 2018 bereits aufgebraucht, weshalb der Beigeladene, als Inhaber und Einzelkaufmann, mit E-Mail vom 8. Mai 2018 beim LRA eine Erhöhung der Wassermenge für sich beantragte, da aufgrund der aktuellen Trockenperiode mehr Wasser zur Bewässerung benötigt werde.
3
In einer E-Mail des LRA an den Beigeladenen vom 9. Mai 2018 wurde auf den Antrag vom 8. Mai 2018 Bezug genommen und ausgeführt, dass die Wasserentnahme einzustellen sei, falls die im Bescheid vorgesehene Wassermenge schon verbraucht sei. Mit E-Mail vom 9. Mai 2019 wurde die Wasserentnahmemenge konkretisiert und eine Wasserentnahme von 400-600 m3 pro Woche in den Monaten März bis August vom Beigeladenen beim LRA beantragt. Zudem wurden Lichtbilder der bisher verwendeten Ansaugeinrichtung übersandt.
4
In einer E-Mail der Fachberatung für Fischerei (Bezirk Niederbayern) an das LRA wurde am 9. Mai 2018 um 7:19 Uhr ausgeführt, dass der Durchmesser des Siebes der Ansaugeinrichtung, mit welcher das Ansaugen der Fische verhindert werden solle, anhand der Fotos nicht erkennbar sei, dass das Ende am Prallteller ebenfalls nicht erkennbar sei, eine Entnahme an einem gepflasterten Bereich günstig sei und eine Wasserentnahme an einer sehr ufernahen Flachwasserzone ungünstig sei. Der Standort der Wasserentnahme sei ungünstig, weil er in einer flachen Stillwasserzone läge. Daher sei bei Sonneneinstrahlung mit erhöhtem Jungfischaufkommen zu rechnen. Die Entnahme solle deshalb aus der fließenden Welle (deutlich erkennbare Strömung) und in größerer Wassertiefe (ab 0,4 m) erfolgen. Die Fachberatung sei davon ausgegangen, dass derartige Punkte mit dem Fischereiberechtigten geklärt werden würden. Es stelle sich die Frage, wie diese Abstimmung erfolgt sei. Mit weiterer E-Mail vom 9. Mai 2018 um 19:03 Uhr äußerte sich die Fachberatung für Fischerei gegenüber dem LRA dahingehend, dass gegen die Erhöhung der zulässigen Wasserentnahme keine Bedenken bestünden, wenn die fischereilich bedingten Nebenbestimmungen des Bescheides vom 3. April 2018 aufrechterhalten werden würden. Mit dem Saugschlauch und der Entnahmestelle bestünde Einverständnis.
5
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 9. Mai 2018 darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der Wassermenge beantragt worden sei und es wurde ihm Gelegenheit zur Äußerung bis zum 25. Mai 2018 gewährt.
6
Mit E-Mail vom 15. Mai 2018 wurde dem LRA vom Wasserwirtschaftsamt L.(WWA) mitgeteilt, dass eine Ergänzung der Antragsunterlagen notwendig sei. Vom Beigeladenen wurde der Antrag mit E-Mail vom 15. Mai 2018 dahingehend ergänzt, dass 60 Liter in der Sekunde pro Entnahme entnommen werden sollen. Maximal fände 8-mal am Tag eine Entnahme statt. Eine Einzelentnahme dauere ungefähr fünf Minuten. Es würden 130 m3 pro Tag entnommen. Das Fass habe ein Volumen von 16 m3.
7
Mit Schreiben vom 17. Mai 2018 wurde allen Fischereirechtsinhabern bis zum 10. Juni 2018 die Möglichkeit gewährt, zur beantragten Wasserentnahme Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 18. Mai 2018 teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger nicht mit einer Erhöhung der Wasserentnahme einverstanden sei.
8
In einer E-Mail vom 24. Mai 2018 nahm das WWA dahingehend Stellung, dass einer Erhöhung der Wasserentnahmemenge auf 2.400 m3/Monat und 14.400 m3/Jahr zugestimmt werden könne. Das Pumpfass (16 m3) solle im Zeitraum von März bis August tägl. maximal bis zu 8 mal gefüllt werden. Aufgrund der beträchtlichen Erhöhung der Entnahmemenge werde vorgeschlagen, die Dauer der Erlaubnis von fünf auf drei Jahre zu verkürzen. Des Weiteren sei in Punkt 3.3.3 des Bescheides zu ergänzen, dass für Maschinen, Geräte sowie Fahrzeuge in Gewässernähe ausschließlich biologisch abbaubare Öle Verwendung finden dürften. Die übrigen Nebenbestimmungen blieben unberührt.
9
Mit Bescheid vom 5. Juli 2018 wurde einem weiteren Antragsteller, der nicht Beteiligter im hiesigen Verfahren ist, eine Erlaubnis zur Entnahme von Wasser (3.100 m3/Monat, 15.000 m3/Jahr) an der beantragten Entnahmestelle erteilt.
10
Mit Bescheid des LRA vom 18. Juli 2018 wurde dem Beigeladenen die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis nach Art. 15 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) erteilt. Die Entnahme erfolge auf den Grundstücken Fl.Nr. 1228 und Fl.Nr. 1230, Gemarkung E.(Ziffer 1.1). Die Erlaubnis werde bis zum 18. Juli 2023 erteilt (Ziffer 2). Die maximale Entnahmemenge betrage im Zeitraum von März bis August 2.400 m3/Monat und 14.400 m3/Jahr (maximal bis zu 8-mal täglich) (Ziffer 3.1.1.). Unter Punkt 3.5 des Bescheids wird in den Inhalts- und Nebenbestimmungen auf die Belange der Fischerei Bezug genommen. Dort wird geregelt, dass die Wasserentnahme nur bei Abflüssen über MNQSommer erfolgen dürfe (Ziffer 3.5.1). Bei der Wasserentnahme müsse der Saugschlauch mit einem Saugkorb versehen werden. Die Löcher im Saugschlauch dürfen 5 mm im Durchmesser oder Quadrat nicht überschreiten (Ziffer 3.5.2). Die Wasserentnahmestelle sei im Einvernehmen mit dem Fischereiberechtigten festzulegen. Dabei sei darauf zu achten, dass die Entnahme aus der fließenden Welle (deutlich erkennbare Strömung) und in größerer Wassertiefe (über 0,4 m) erfolge (Ziffer 3.5.3). Die Ansauggeschwindigkeit dürfe 0,5 m/s nicht überschreiten (Ziffer 3.5.4). Auf die weiteren Ziffern des Bescheids wird Bezug genommen. Es wird zu den Einwendungen des Klägers ausgeführt, dass ein schwerwiegender Eingriff in die biologische Fauna der Donau durch die beantragte Wasserentnahme aus fachlicher Sicht nicht gesehen werde. Es sei auch nicht erkennbar, dass die erlaubte Gewässerbenutzung bei bescheidsgemäßem Betrieb zu einem schweren und unerträglichen Eingriff in bestehende Fischereirechte führe. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.
11
Am 27. August 2018 hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg gegen den Bescheid vom 18. Juli 2018 (Az.: 44-641-N 39) eingereicht.
12
Zur Begründung der Klage wird in mehreren Schriftsätzen u.a. vorgetragen, dass es durch den Bescheid zu einer substanziellen Schädigung des Fischereirechts des Klägers komme. Der Kläger sei Berufsfischer. Die vorgesehenen Auflagen würden dem nicht abhelfen. Die Erlaubnis greife in das Fischereirecht des Klägers schwer und unerträglich ein; die erlaubte Wasserentnahme beträfe das Fischereirecht des Klägers in seiner Substanz. Da mehrere Wasserentnahmen an der Entnahmestelle stattfänden, sei insgesamt eine Wasserentnahme von 30.000 m3/Jahr genehmigt worden. Der Kreisfischereiverein K.e. V. habe allerdings in einem anderen Verfahren darauf hingewiesen, dass mit einer Jahresentnahme von mehr als 15.000 m3/Jahr kein Einverständnis bestünde. Auch das WWA sei von einer Beschränkung in Höhe von 20.000 m3/Jahr der Wasserentnahme ausgegangen. Der Kläger gehe deshalb davon aus, dass beide Institutionen einer Gesamtentnahme von 30.000 m3/Jahr nicht zugestimmt hätten. Der Kläger habe dezidiert vorgetragen, dass ein schwerwiegender Eingriff in die biologische Fauna der Donau vorläge, weil die gesamte Biomasse vom Einzeller bis hin zu größeren Fischen angesaugt werden würde. Er habe darauf hingewiesen, dass nach einem Gutachten vom 18. Dezember 2000 von Prof. K1.vom Fischereiinstitut in Potsdam dieser Bereich als besonders sensibel für die Reproduktion der Barben durch die freifließende Donaustrecke von der Staustufe Vohburg bis zur Einmündung des RMD-Kanals (als Kategorie „Barbenregion“) bewertet worden sei. Außerdem habe der Kläger darauf hinweisen lassen, dass sich gerade an der Entnahmestelle eine unterirdische Kiesbank auf einer Länge von 1 km befände. Die Kiesbank würde von Kieslaichern (Aitel, Nase, Barben usw.) für Brutgeschäfte genutzt. Gerade deshalb sei vom WWA die Uferstruktur geändert und das Gelände renaturiert worden und es seien Ruhigwasserzonen und leichtes Kehrwasser für die Fischbrut und deren Nachwuchs geschaffen worden. Pro Kubikmeter dürften sich im Bereich der Entnahmestelle bis zu 2000 Jungfische befinden. In dem Gutachten sei auch dargelegt, dass bei einer Wasserentnahme von 50.000 m3 Wasser die für den Fischertrag essenzielle Biomasse (Fischnährtiere) entnommen würden. Bei einer Primärproduktion von 360 g/m3 Wasser würden nach Auffassung des Klägers dann rund 18.000 kg Fischnährtiere abgesaugt und auf den Feldern verteilt. Wenn dieser Nährbestand fehlen würde, könne sich der Fischbestand nicht genügend entwickeln. Im Bereich der Entnahmestelle seien außerdem große Felsbrocken in den Fluss eingebracht worden, um dort einen Lebensraum für die - ebenfalls geschützten - Huchen zu schaffen. Diese würden durch die Wasserentnahme und den damit verbundenen Lärm mindestens in ihrem Lebensraum gestört. Auch würde die Wasserentnahme zu einer erheblichen Lärmbelästigung für sämtliche Fische führen (hörbar bis zu 2 km). Außerdem bestünde schon ein enormer Druck für den Fischbestand im Donaudurchbruch durch den Schiffsverkehr. Die erlaubte Entnahme von Wasser gerade in dem Bereich schädige mit höchster Wahrscheinlichkeit den Fischlaich mit der Folge, dass der Betrieb des Klägers in existenzielle Not geraten würde. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 u.a. dahingehend Stellung, dass das betreffende Gebiet im FFH-Gebiet liege und sich der Zustand in keiner Weise verschlechtern dürfe. Sowohl das WWA als auch die Fachbehörden seien darauf nicht eingegangen, weshalb die Wertigkeit des Gewässers nicht berücksichtigt worden sei. Die Stellungnahme der Behörde sei deshalb zu verwerfen. Die Ausgangslage werde vielfach falsch dargestellt und relevante Punkte in diesem Bereich (Fische rote Liste, Artenvielfalt, Geräuschentwicklung unter Wasser mal Faktor 3, Jungfischbestand etc.) würden nicht berücksichtigt. Eine Wasserentnahme in einer „Kinderstube im Kehrwasser“ von Jungfischen sei ein erheblicher Eingriff in den Fischbestand, die Bedenken des Kreisfischereiverbandes könnten aus Unkenntnis über die örtlichen Belange nicht angeführt werden, denn dort fische kein Angler. Die Gewässerstruktur sei anderes als geschildert, die Kiesbank existiere seit mehr als 20 Jahren und die Sohle reiche bei Niedrigwasser bis zur Wasseroberfläche. Wichtigstes Instrument für einen guten Fischbestand seien diese Strukturen sowie wenig Lärm und keine Wasserentnahme. Dies habe in der vorangegangenen Woche auch das Team von Dr. S.bei einer Fischuntersuchung in diesem Bereich bestätigt. Ohne diese Strukturen sei der Fischbestand bei Null. Letztendlich solle doch ggf. ein unabhängiges Gutachten dazu beitragen, wie sich nach Einschätzung von Experten die Veränderungen auswirken würden und welche Schäden entstehen würden. In einem weiteren Schreiben vom 25. Mai 2021 führte der inzwischen Bevollmächtigte des Klägers u.a. aus, der Kläger bzw. die Berufsfischereigenossenschaft seien vor Bescheidserlass nicht ordnungsgemäß angehört worden, obwohl eine spezifische Verletzung von deren Rechten im Raum gestanden habe. Es werde daneben auf die ökologischen und die Langzeitschäden an dem Gewässer hingewiesen. In dieser umweltrechtlichen Hinsicht stehe dem Kläger schon aus im Europarecht liegenden Gründen auch die objektive Beanstandung des angefochtenen Bescheides über die erlittene reine subjektive Rechtsverletzung hinaus zu. Als rechtswidrig werde insbesondere auch die äußerst lange Laufzeit der Bescheide angesehen, welche ein flexibles Reagieren auf sich entwickelnde ökologische oder fischereifachliche oder sonstige Missstände unmöglich mache. Der Bescheid sei daher zu Lasten Dritter und der Umwelt unverhältnismäßig. Schließlich sei im Rahmen der Ermessensausübung nicht geprüft worden, ob nicht an anderen Entnahmestellen eine eingriffsextensivere Entnahme möglich wäre. Auf die weiteren Ausführungen in den Schriftsätzen wird Bezug genommen.
den Bescheid des Landratsamtes K.vom 18. Juli 2018, Az.: 44-641-N 39 aufzuheben.
14
Für den Beklagten beantragt das LRA,
15
Zur Begründung wurde in der Klageerwiderung vom 5. Februar 2019 u.a. ausgeführt, die Gesamtwasserentnahmemenge sei bei der Prüfung des Antrags berücksichtigt worden. Die Fachberatung für Fischerei nahm am 9. Januar 2019 zu den einzelnen Punkten des Klägers Stellung. Diese Punkte werden vom LRA auch in der Klagerwiderung ausgeführt. Der Argumentation des Klägers wird entgegen gehalten, dass durch die von der Fachberatung für Fischerei aufgestellten Nebenbestimmungen die Störung auf ein Minimum beschränkt werde. Zudem liege die Entnahmestelle auf einer von der Bundeswehr angelegten „Panzerüberfahrt“. Dort sei die Sohle bis in tiefere Bereiche gepflastert und somit durch die glatte Oberfläche für Fische als Lebensraum wenig attraktiv. Die vom Kläger angesprochene 1 km lange Kiesbank sei durch Renaturierungsmaßnahmen des WWA entstanden. Die Maßnahme ende 250 m unterhalb der Entnahmestelle. Es sei wahrscheinlich, dass es eine Strahlwirkung dieser Verbesserungsmaßnahme nach oberstrom gebe, jedoch nicht bis zur Entnahmestelle. Dass sich dort 2.000 Jungfische befinden würden, sei eine pauschale Behauptung; derart hohe Jungfischaufkommen würden nur in ökologisch hochwertigen Jungfischlebensräumen vorkommen. Ob es sich vorliegend um einen solchen handele, könne nicht beurteilt werden. Streber und Ziegler seien nach der FFH-Richtlinie geschützt. Sie würden sich tagsüber im tiefen Bereich der Donau mit starker Strömung aufhalten. Die unterhalb liegende Kiesbank stelle einen geeigneten Lebensraum dar. Der Aufenthalt von Individuen der Art könne nicht ausgeschlossen werden. Zumindest subadulte und adulte Tiere seien durch die Verwendung des Saugkorbes vor dem Ansaugen geschützt. Nach Rücksprache mit dem WWA seien die großen Felsbrocken nur innerhalb der Renaturierungsstrecke, also 250 m unterhalb der Entnahmestelle, eingebracht worden. Diese Strukturmaßnahme verbessere dort die Lebensraumbedingungen für den Huchen. Die Fischartenzusammensetzung der Donau bei E.bestehe zum überwiegenden Teil aus karpfenartigen Fischen, Cypriniden. Aus der Literatur sei bekannt, dass das Hörvermögen dieser Fischarten durchaus ausgeprägt sei. Der Umfang der Lärmbelastung hänge von einer Reihe von technischen Parametern des Pumpbetriebes ab und könne nicht pauschal bewertet werden. Die Entnahmestelle liege im FFH-Gebiet „Donauauen zwischen Ingolstadt und Weltenburg“ sowie im Landschaftsschutzgebiet „Schutzzone im Naturpark Altmühltal“. Aus fachlicher Sicht seien die Eingriffe ins FFH-Gebiet bzw. die Betroffenheit von Anhang-II Fischarten bei Beachtung der Nebenbestimmungen im vorliegenden Fall nicht erheblich. Die zusätzliche Belastung des Fischbestandes durch Freizeitbootverkehr könne von Seiten der Fachberatung für Fischerei bestätigt werden. Dies betreffe aber eher die für Fische als auch Menschen attraktiven Kiesbänke, die in größerer Entfernung zur Wasserentnahme lägen. Bei Einhaltung der von der Fachberatung für Fischerei aufgestellten Nebenbestimmungen könne allenfalls ein sehr geringer fischereilicher Schaden abgeleitet werden. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
16
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
17
Zudem stellte der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung einen unbedingte Beweisantrag mit Hilfsantrag, der vom Gericht abgelehnt wurde.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die beigezogene Behördenakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
20
I. Der Kläger ist klagebefugt. Der Kläger ist Fischereiberechtigter an der Donau. Das Fischereirecht reicht vom I.bei der R.bis zum Ausfluss aus der Gemarkung K.in M.und besteht damit auch in dem Bereich der streitgegenständlichen Wasserentnahmestelle an der Donau. Der Kläger macht die Verletzung seines Fischereirechts geltend, welches ein dem Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gleichzustellendes Recht darstellt. Nachdem die vom Kläger behauptete Rechtsverletzung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, ist eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu bejahen.
21
II. Die Klage bleibt in der Sache umfassend ohne Erfolg. Die dem Beigeladenen mit Bescheid vom 18. Juli 2018 erteilte wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis (§ 10 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) i.V. m. Art. 15 BayWG) verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist keine Erledigung eingetreten und es ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
22
1. Soweit der Kläger vorträgt, dass die Nebenbestimmungen, welche in dem Bescheid vom 18. Juli 2018 vorgesehen wurden, nicht eingehalten worden seien, handelt es sich nicht um eine Frage der Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Anfechtung des Bescheides, sondern um eine Frage der Einhaltung der mit dieser Erlaubnis verbundenen Nebenbestimmungen.
23
2. Bei der vorliegenden Drittanfechtungsklage ist der Prüfungsumfang beschränkt. Der Kläger kann keine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der wasserrechtlichen Gestattung verlangen. Entscheidungserheblich ist allein, ob der streitgegenständliche Bescheid auch gegen Rechtsvorschriften verstößt, die gerade dem Schutz des Klägers dienen. Denn der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts lässt sich grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 17.1.2018 - 9 K 16.1362 - BeckRS 2018, 977 Rn. 14, unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.10.2017 - 7 B 5/17 - juris Rn. 15). Die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie), welche der Kläger als verletzt ansieht, hat keinen individualschützenden Charakter (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.2.2021 - 7 C 3/20 - NVwZ 2021, 984 ff., insb. Rn. 16-19). Der Prüfungsumfang ist daher im konkreten Fall darauf beschränkt, ob es durch die dem Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zu einer Verletzung des Fischereirechts des Klägers kommt; dies ist weder in formeller noch in materieller Hinsicht der Fall.
24
a. Soweit vom Klägerbevollmächtigten in formeller Hinsicht eine fehlende Anhörung (Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG) gerügt wurde, ist diese jedenfalls durch die ausführliche Klageerwiderung in diesem Verfahren geheilt worden (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG). Der Beklagte hat dies auch zum Anlass einer Prüfung seiner Entscheidung genommen und zu erkennen gegeben, dass er an dem Bescheid festhalte.
25
b. Ausgangspunkt der materiell-rechtlichen Beurteilung ist Art. 1 Abs. 1 Bayerisches Fischereigesetz (BayFiG). Nach ständiger Rechtsprechung des BayVGH ist das Fischereirecht an die konkrete Situation des Gewässers, in dem es ausgeübt wird, und an die dort vorherrschenden Bedingungen und Verhältnisse gebunden. Deshalb wird es inhaltlich darauf begrenzt, was der jeweilige Zustand des Gewässers an fischereilicher Nutzung ermöglicht (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2011 - 8 ZB 10.165 - BayVBl 2011, 728 - juris Rn. 12; U.v. 17.3.1998 - 8 A 97.40031 - NVwZ-RR 1999, 734 - juris Rn. 17). Gegenüber wasserwirtschaftlichen Veränderungen gewährt das Fischereirecht deshalb nur einen beschränkten Schutz (vgl. BayVGH, Urt. v. 8.10.2019 - 8 B 18.809 - juris Rn. 46). Ein rechtserheblicher Eingriff in das private Fischereirecht liegt deshalb nach der Rechtsprechung des BayVGH überhaupt nur vor, wenn Maßnahmen veranlasst werden, die infolge ihrer Auswirkungen, Tragweite oder Beschaffenheit das Fischereirechts ganz oder zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aufheben oder entwerten - mit anderen Worten, wenn das Fischereirecht in seiner Substanz betroffen ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 17. 3. 1998 - 8 A 97.40031 - NVwZ-RR 1999, 734 ff; BayVGH, B. v. 17.7.2020 - 8 CS 20.1109 - BeckRS 2020, 16974 Rn. 18 mit Verweis auf BayVGH, U. v. 8.10.2019 - 8 B 18.809 - BeckRS 2019, 27389).
26
Diesen Maßstab zugrunde gelegt ist vorliegend nicht ersichtlich, dass es durch die der Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zu einem solchen schweren und unerträglichen Eingriff kommt oder das Fischereirecht des Klägers in seiner Substanz betroffen wird.
27
aa. Die Fachberatung für Fischerei (Bezirk Niederbayern) hat mit E-Mail vom 9. Mai 2018 gegenüber dem LRA klargestellt, dass gegen die Wasserentnahmemengen keine Bedenken bestünden, wenn die fischereilich bedingten Nebenbestimmungen berücksichtigt würden. Als Nebenbestimmungen werden im Bescheid genannt, dass die Entnahme nur bei Abflüssen über mittlerem Niedrigwasserabfluss (MNQ)-Sommer erfolgen dürfe, ein Saugkorb 0,5 mm Durchmesser zu verwenden sei und die Entnahmestelle mit dem Fischereiberechtigten abzustimmen sei. Auch in dem Schreiben vom 9. Januar 2019 an das LRA führte die Fachberatung für Fischerei zu jedem vom Kläger vorgetragenen Punkt aus und kam zu dem Ergebnis, dass allenfalls ein sehr geringer fischereilicher Schaden abgeleitet werden könne. Diese Einschätzung wurde erneut in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Konkret wurde ausgeführt, dass es bei einer Wasserentnahme mehrere Wirkfaktoren geben würde; es sei hier um die Wasserentnahmemenge, den Fischschutz und den Lärm gegangen. Diese Wirkfaktoren seien vorliegend als marginal einzustufen und diese Einschätzung würde sich zusammengefasst auf alle angegriffenen Genehmigungen beziehen. Auf Nachfrage des Klägerbevollmächtigten wurde zudem ausgeführt, dass durch die Auflagen sichergestellt werde, dass größere Fische nicht angesaugt werden würde. Bei Larven sei dies nicht auszuschließen. Eine Quantifizierung könne nicht vorgenommen werden, weil insoweit keine Zählungen stattgefunden hätten. Im Nachbarlandkreis sei dies der Fall gewesen, dort gehe es jedoch um eine Wasserentnahme von 30 m3 pro Sekunde und nicht wie hier um 50 Liter pro Sekunde. Die Entnahmestelle sei bewusst an dieser Stelle festgelegt werden, sodass möglichst wenige Fische angesaugt würden. Da die Entnahmestelle im gepflasterten Bereich liege, sei es sehr unwahrscheinlich, dass sich dort Jungfische aufhalten würden. Diese Ausführungen der Fachberatung für Fischerei sind für das Gericht nachvollziehbar und schlüssig. Es ist plausibel, dass durch die Auflagen, die in Ziffer 3.5 des Bescheides vorgesehen sind, Schädigungen am Fischbestand so gut wie möglich verhindert werden. Gerade subadulte und adulte Fische können durch den vorgesehenen Saugkorb mit einer Durchlässigkeit des Netzes von max. 0,5 mm nicht angesaugt werden.
28
bb. Auch darüber hinaus sieht das Gericht keine Veranlassung dafür ein Sachverständigengutachten einzuholen, wenn - wie hier - die Fachberatung für Fischerei davon ausgeht, dass aus der Wasserentnahme keine negativen Auswirkungen resultieren. Das Gericht kann sich hier ohne Weiteres auf diese Stellungnahme stützen (BayVGH, U. v. 8.10.2019 - 8 B 18.809 - BeckRS 2019, 27389 Rn. 51), denn amtlichen Auskünften und Gutachten wie den Aussagen des Wasserwirtschaftsamts sowie regelmäßig auch denjenigen der Fischereifachberatung des Bezirks kommt eine besondere Bedeutung zu (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2018 - 8 ZB 16.2496 - juris, Rn. 10; BayVGH, B.v. 24.11.2011 - 8 ZB 11.594 - juris, Rn. 11; BayVGH, B.v. 9.3.2011 - 8 ZB 10.165 - BayVBl 2011, 728 - juris, Rn. 12). Dabei ist vorliegend noch zu berücksichtigen, dass der Prüfungsmaßstab im streitgegenständlichen Verfahren beschränkt ist und daher für das Gericht im konkreten Fall entscheidend ist, ob es zu der oben angesprochenen Substanzverletzung kommt. Die Notwendigkeit einer Abweichung und Beweiserhebung durch das Gericht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist erst dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängt, dass die Äußerung der Fachbehörde tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Aufgrund der umfassenden Stellungnahme der Fachberatung für Fischerei vor und auch während der mündlichen Verhandlung, welche sich mit den einzelnen Argumenten des Klägers auseinandersetzte, ist das Gericht davon überzeugt, dass es durch die streitgegenständliche Wasserentnahme und durch sie veranlasst Auswirkungen nicht zu einer Schädigung des Fischereirechts des Klägers in seiner Substanz kommt. Auch soweit in dem Bescheid - entgegen der Vorgabe der Fachberatung für Fischerei - die Entnahmedauer auf fünf Jahre festgelegt wurde, ergibt sich daraus nichts anders. Zum einen kann sich der Kläger hierauf nicht berufen und zum anderen ist auch bei einem Zeitraum von fünf Jahren nicht ersichtlich, dass es zu einer Schädigung des Fischereirechts des Klägers in seiner Substanz kommt. Zudem ist die beschränkte Erlaubnis kraft Gesetzes widerruflich (vgl. § 18 Abs. 1 WHG).
29
cc. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen war eine weitere Beweiserhebung nicht erforderlich und der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag konnte abgelehnt werde. Die Ablehnung eines Beweisantrags führt nur dann zu einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. VG Würzburg, Urt. v. 27.9.2021 - 8 K 20.1860 - BeckRS 2021, 30544 Rn. 42 m. w. N.). Der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gestellte, unbedingte Beweisantrag, durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln, ob die streitgegenständliche Wasserentnahme quantifizierbare Auswirkungen auf den Fischbestand im betroffenen Fischereirecht nach sich ziehe, und hilfsweise in weiteren Flussbereichen weitere Amtsermittlungen anzustellen, wurde abgelehnt, weil die Frage, ob die Wasserentnahme quantifizierbare Auswirkungen hat, bereits unbehelflich ist. Dies resultiert daraus, dass bei einer Klage mit der Drittschutz begehrt wird, nicht alleine die Quantifizierbarkeit, sondern ein substantielles Eingreifen in das eigentumsähnliche Fischereirecht von ausschlaggebender Bedeutung ist. Selbst wenn der Antrag dahingehend ausgelegt werden würde, zu ermitteln, ob ein substantieller Eingriff in das Fischereirecht vorliegt, würde es sich um einen Beweisausforschungsantrag handeln, da vom Kläger keine konkreten Tatsachen vorgetragen wurden, worin ein substantieller Eingriff durch die genehmigte Wasserentnahmemenge bzw. Schaden bestehen solle.
30
Nach allem war die Klage abzuweisen.
31
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
32
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.