Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 16.12.2021 – AN 17 K 20.01567 AN 17 K 20.01568 AN 17 K 20.01573 AN 17 K 20.02784
Titel:

Erfolglose Anfechtungsklage gegen eine verfügte  Nutzungsuntersagung von Räumen als Wettbüro mit Zwangsgeldandrohung sowie Verpflichtungsklage auf Genehmigung einer Nutzungsänderung

Normenketten:
BayBO Art. 59, Art. 68, Art. 76 S. 2
BayDSG Art. 6
VwZVG Art. 8 Abs. 1 S. 2
BauGB § 30 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 1, § 57 Abs. 2, § 74
Leitsatz:
Es handelt sich aufgrund der Verknüpfung durch die Klägerin um ein einziges, baurechtlich einheitliches und unteilbares Bauvorhaben, dass hinsichtlich seiner Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit nur zusammen, nicht aber getrennt voneinander betrachtet werden kann. Denn von der beantragten und tatsächlichen Nutzung her sind die Räume derart aufeinander bezogen, dass sie eine räumlich-funktionelle Einheit darstellen und die Nutzung insgesamt als Vergnügungsstätte in der Form eines Wettbüros anzusehen ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wettbüro als Vergnügungsstätte (Livewetten, räumlich-funktionelle Einheit zwischen Wettannahme und Café), Ausschluss von Vergnügungsstätten im Mischgebiet durch Bebauungsplan, Klagefrist bei Zustellung der Baugenehmigungsversagung an Bauherrn statt an Bevollmächtigten, Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfälligstellung bei Nutzungsuntersagung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 42914

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen. 
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Verfahren. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich mit ihren Klagen gegen eine verfügte Nutzungsuntersagung von Räumen als Wettbüro mit verbundener Zwangsgeldandrohung (AN 17 K 20.01567), die Fälligstellung des Zwangsgeldes aus diesem Bescheid (AN 17 K 20.01573), eine erneute Zwangsgeldandrohung in gleicher Sache (AN 17 K 20.01568) und begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung für eine Nutzungsänderung der Räumlichkeiten für die untersagte Nutzung.
2
Die Klägerin ist eine im Handelsregister u.a. mit den Gegenständen „Aufstellen von Automaten, insbesondere Unterhaltungsautomaten“, „Betreiben von Gastronomie“ und „Annahmestelle für Lotto, Toto und Sportwetten“ eingetragene Gewerbetreibende. Geschäftsführerin ist Frau … … Für den 9. Dezember 2019 hat die Klägerin eine Gewerbeanmeldung für eine „Annahmestelle für Sportwetten“ in …, (Vorhabengrundstück) getätigt.
3
Bei dem Gebäude auf dem Vorhabengrundstück handelt es sich um ein in der Denkmalschutzliste eingetragenes „Bürgerhaus, zweigeschossig, verputzter Walmdachbau mit Zwerchhaus und Ecklisenen, 2. Hälfte 18. Jahrhundert“, das im Eigentum von Herrn … … steht.
4
Im Jahr 2017 war es hinsichtlich des Vorhabengrundstücks, damals Vereinsräume eines türkischen Kulturvereins, zu einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gekommen, weil Wettterminals und Geldspielgeräte dort nebeneinander aufgestellt waren. In diesem Zusammenhang wurde eine Vereinbarung vom 1. August 2007 zwischen der Klägerin, vertreten durch Frau … …, als Vermittlerin und einem Wetthalter aus … für das Vorhabengrundstück bekannt. Bei der Beklagten sind für die Jahre 2017, 2018 und 2019 jeweils Nutzungsänderungsanträge für das Vorhabengrundstück für die Umwandlung eines Vereinsheims in eine Gaststätte registriert. Mit Bescheid vom 25. November 2019 wurde Herrn … … eine Baugenehmigung für eine Tagesgaststätte (Gastraum mit Theke mit 42 m² in vorderen Bereich und Nebenräume in hinteren Bereich) unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Öffnungszeiten und unter Reduzierung der Stellplätze nach der städtischen Garagen- und Stellplatzsatzung erteilt.
5
Mit bei der Beklagten am 14. Mai 2020 eingegangenen Unterlagen beantragte die Klägerin, vertreten durch Herrn … …, die baurechtliche „Nutzungsänderung eines Ladens in eine Wettannahmestelle ohne Verweilcharakter eines staatlich konzessionierten Wettanbieter“. Handschriftlich ergänzt ist hierzu „und Tagescafe“. Die Bauunterlagen sehen eine mittige Eingangstüre an der Frontseite des denkmalgeschützten Gebäudes vor und dahinter den Einbau von Trennwänden zu einem Windfang bzw. zu einem gemeinsamen Eingangsbereich (3,15 m²) mit Türen nach rechts („Café“, 20,99 m²) und nach links („Wettannahmestelle“, 16,84 m²). Unter Ziffer 4 der Baubeschreibung ist eine Gesamtfläche von 39,4 m² und eine Anzahl der Sitzplätze in den Gasträumen von 25 angegeben. In einer nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 23. Juni 2020 ist zur Wettannahme eine tägliche Öffnungszeit von 9:00 Uhr bis 23:00 Uhr angegeben sowie „kein Alkoholausschank und keine Sitzplätze in der Wettannahmestelle, nur Angebot von Sportwetten und Lotto Toto“. Für das Tagescafé sind eine Öffnungszeit von 9:00 Uhr bis 24:00 Uhr genannt sowie 12 Gastplätze, ein Bildschirm für Fußballübertragungen sowie Getränke (alkoholfrei) und Gebäck. Im weiter nachgereichten Schreiben vom 29. Juni 2020, unterzeichnet vom Architekten und Frau … …, ist ausgeführt:
„Hiermit bestätige ich, dass in der Wettannahmestelle am Standort …, … …, die Möglichkeit der Abgabe von Live-Wetten an der Kasse oder am Terminal nicht Inhalt des Wettangebots sein wird. Eine Aktivierung kann nur über das involvierte Wettveranstaltungsunternehmen erfolgen.“
6
Das Vorhaben liegt im einfachen Bebauungsplan A- 6-84 der Beklagten von 1985, geändert 1988/1990, der ein Mischgebiet festsetzt und für den Teilbereich Nr. 19, in dem sich das Vorhabengrundstück befindet, Schank- und Speisewirtschaften untersagt (§ 2 Nr. 1.3). Nach § 2 Nr. 1.5 des Bebauungsplans sind Diskotheken, Spielhallen und sonstige Vergnügungsstätten im gesamten Bebauungsplangebiet nicht, auch nicht ausnahmsweise zulässig. Das Vorhaben liegt außerdem im Sanierungsgebiet SAN 0, dessen Ziel nach Angaben der Beklagten der Erhalt der bestehenden Nutzungsvielfalt und deren Entwicklung unter sozialen und städtebaulichen Aspekten ist. Die Attraktivität der Altstadt als Wohn- und Handelsstandort solle erhöht werden.
7
Am 19. Juni 2020 fand eine Besichtigung der Räume durch die Beklagte statt, bei der auch Fotos gefertigt wurden. Die Beklagte stellte dabei fest, dass in der geplanten Wettannahmestelle Fernseher vorhanden seien. Zwar seien sie zur Zeit der Besichtigung als Anzeigetafel und Informationsquelle eingestellt gewesen, ein Umschalten zu eventuellen Spielen sei jedoch möglich. Die vorgenommene Trennung zwischen Wettannahme und geplantem Tagescafé stelle keine tatsächliche Separation dar. Auf Grund der Verweilmöglichkeiten und weil es sich nicht um eine reine Annahme von Sportwetten handle, liege ein Wettbüro mit Übertragung von Sportereignissen vor, wofür eine Nutzungsänderungsgenehmigung notwendig sei. Mit Schreiben von 25. Juni 2020 zeigte sich der Bevollmächtigte der Klägerin unter Vorlage einer kaum lesbaren Vollmacht bei der Beklagten an.
8
Bei einer weiteren Ortseinsicht am 16. Juli 2020 stellte die Beklagte fest, dass die Räumlichkeiten geöffnet gewesen seien und nur ein Mitarbeiter für beide Räumlichkeiten anwesend gewesen sei. Auf dem Bildschirm sei angezeigt worden, auf welche aktuellen Sportereignisse Wetten platziert werden könnten.
9
Mit Schreiben vom 16. Juli 2020, das in Abdruck an den Klägerbevollmächtigten ging, wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei, weil in § 2 Nr. 1.5 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Diskotheken, Spielhallen und sonstige Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig seien. Bei dem Vorhaben handle es sich um ein Wettbüro und nicht um eine Wettannahmestelle ohne Verweilcharakter, so dass dieses als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Hinter dem Wettterminal sei ein Bildschirm vorhanden, auf dem aktuelle Sportereignisse mit Ergebnissen und Quoten angezeigt seien. Auch der vorhandene Getränkeautomat sei ein Anhaltspunkt dafür, dass Kunden sich länger und möglichst angenehm dort aufhalten sollten. Vor allem aber spreche die räumliche Nähe zum Tagescafé für ein Wettbüro. Die beiden Räume bildeten eine funktionale und optische Einheit. Es lägen auch nahezu identische Öffnungszeiten vor, ebenso würden die Toilette und die Sanitäranlagen gemeinsam benutzt. Es sei eine einheitliche Gestaltung (gleicher Bodenbelag etc.) vorgesehen und lediglich eine Trennung durch Glastüren. Ein jederzeitiges Hin- und Herwechseln sei möglich. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes sei nicht möglich, weil die Grundzüge der Planung berührt seien. Auch die sanierungsrechtliche Genehmigung könne nicht erteilt werden, da die Nutzungsänderung den Zielen der Altstadtsanierung widerspreche.
10
Eine weitere Ortskontrolle am 20. Juli 2020 ergab die Öffnung beider Räumlichkeiten.
11
Mit Bescheid vom 21. Juli 2020 wurde der Klägerin die Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Anwesens als Wettbüro unter Anordnung des Sofortvollzugs untersagt und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR angedroht. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen im Schreiben vom 16. Juli 2020 wiederholt. Das angedrohte Zwangsgeld stehe im angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck.
12
Mit Schreiben vom 27. Juli 2020 wendete sich der Klägerbevollmächtigte gegen den Bescheid und trug vor, dass es kein Live-Wett-Angebot gebe. Die Anzeige zeige lediglich in der Zukunft liegende Spiele an, die vor Spielbeginn bewettbar seien. In der Wettvermittlungsstelle finde auch keinerlei Getränkeausgabe, auch nicht über einen Automaten, statt. Auf Grund des Verzichts auf Live-Wetten könne, selbst bei Annahme einer funktional-organisatorischen Einheit, kein Wettbüro angenommen werden. Auf die Verzichtserklärung vom 29. Juni 2020 wurde hingewiesen, ebenso auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. März 2019 (15 ZB 18.690). Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich nicht unzulässig, es widerspreche nicht der Eigenart des Baugebietes.
13
Mit Schreiben vom 30. Juli 2020 an den Klägerbevollmächtigten hielt die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung hinsichtlich der Einstufung als Wettbüro fest und machte Ausführungen zu den Sanierungszielen in der Altstadt und zum Denkmalschutz. Durch die nicht genehmigungsfähigen Werbeanlagen und Schaufensterbeklebungen entstünde ein Erscheinungsbild des Einzeldenkmals, das die Attraktivität des Straßenbildes mindere. Weiter sei die Nutzung als Wettbüro auch bauordnungsrechtlich unzulässig, da die für die Nutzung erforderlichen Stellplätze nicht nachgewiesen seien. Nach der Garagen- und Stellplatzsatzung der Beklagten seien mindestens fünf Stellplätze nachzuweisen.
14
Am 31. Juli 2020 fand eine erneute Baukontrolle durch die Beklagte statt. Dabei wurden Lichtbilder gefertigt und festgestellt, dass das „Wettbüro“ von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnet gewesen sei. Den Lichtbildern ist zu entnehmen, dass sowohl auf den Schaufenstern der rechten wie auch der linken Gebäudehälfte die Aufschrift „…-Sportwetten“ und „Sportwetten“ aufgebracht ist.
15
Mit Schreiben vom 3. August 2020 wurde daraufhin das Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR für fällig erklärt und in Bescheidsform für ein weiteres Zuwiderhandeln gegen die Nutzungsuntersagung ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht.
16
Mit Schriftsatz vom 12. August 2020, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 13. August 2020, erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klagen und beantragte,
1.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2020 wird aufgehoben.
2.
Der Bescheid der Beklagten vom 3. August 2020 wird aufgehoben.
3.
Es wird festgestellt, dass die Fälligstellung des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 EUR auf Basis einer Ortskontrolle vom 31. Juli 2020 rechtswidrig ist.
17
Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Betriebe vollständig unabhängig voneinander geführt würden und eigene Eingänge hätten. Die Kunden sollten sich in der Wettannahmestelle nicht aufhalten, Live-Wetten würden nicht angeboten. Es sei lediglich eine Annahmestelle für Sportwetten ohne Verweilcharakter und kein Wettbüro beantragt worden. Es seien derzeit vier Terminals aufgestellt und es gebe nur einen Bildschirm, über den Quoten für Sportereignisse gezeigt würden. Die Nutzungsuntersagung als Wettbüro laufe ins Leere, da ein solches nicht betrieben werde. Es fehle an einem Live-Wett-Angebot und handle sich demnach nicht um eine Vergnügungsstätte. Die vier Wettterminals würden von der Firma … … … unter der Marke … betrieben. Das Unternehmen könne sicherstellen, dass keine Live-Wetten in der Betriebsstätte angeboten werden. Auf dem einzigen Quotenbildschirm gebe es keine Live-Quoten, sondern nur Quoten auf Spiele, die zukünftig stattfänden und auf die mit einer Standardwette gewettet werden könne. Derartige Bildschirme gebe es in Lottoannahmestellen und in Selbstbedienungsterminals staatlicher Lotteriegesellschaften. In dieser Räumlichkeit gebe es keine Sitzgelegenheit und auch keinen Getränkeverkauf. Es gebe keinen Anlass für Kunden, sich dort länger als zwei bis drei Minuten aufzuhalten. Auch bei einheitlicher Betrachtung der beiden Räumlichkeiten liege nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine Vergnügungsstätte vor. Die Anordnung, die Tätigkeit vollumfänglich einzustellen, sei unzumutbar. Die Einstellung einer reinen Wettannahmestelle stelle sich als unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 14 und Art. 12 GG dar. Die Einstellung jedweder Wettvermittlungstätigkeit sei nach dem Wortlaut der Nutzungsuntersagung auch nicht zu entnehmen. Für den Fall, dass entgegen dem Wortlaut sich die Nutzungsuntersagung auf jegliche Art der Wettvermittlung beziehe, werde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen. Eine erneute Zwangsgeldandrohung sei offensichtlich rechtswidrig. Wollte man die Nutzungsuntersagung als inhaltlich dahingehend begrenzt verstehen, dass die Nutzung auf die einer reinen Wettannahme begrenzt werde, so entspreche dem die tatsächliche Nutzung.
18
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 14. September 2020,
die Klagen abzuweisen.
19
Im Rahmen der parallelen Eilverfahren (AN 17 S 20.01593 und AN 17 S 20.01594) wurde ausgeführt, dass im Erdgeschoss des Anwesens derzeit eine Tagesgaststätte genehmigt sei (Genehmigung vom 25.11.2019). In die Räumlichkeiten sei ein Windfang eingebaut worden, der einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedurft hätte. Ob diese erteilt werden könne, sei fraglich. Entgegen der Bezeichnung handle es sich beim beantragten Vorhaben um ein Wettbüro und somit um eine Vergnügungsstätte. Auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 3. Juli 2019 (AN 9 K 18.00318, AN 9 K 18.00650) wurde verwiesen. Ergänzend zu den Ausführungen im Bescheid wurde auf die optische Einheit der Räumlichkeiten und die nahezu identischen Öffnungszeiten verwiesen sowie darauf, dass die „Wettannahmestelle“ nicht über eigene Toiletten und Sanitäranlagen verfüge. Die Einrichtungen hätten einen einheitlichen Namen bzw. eine einheitliche Werbung an den Schaufensterscheiben. Da die Nutzung nicht genehmigt sei, liege formelle Illegalität im Sinne von Art. 76 Satz 2 BayBO vor. Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens bestehe nicht. Auf Grund der entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans und des Fehlens der sanierungsrechtlichen Genehmigung sei die Genehmigung des Vorhabens ausgeschlossen. Die erforderlichen Stellplätze seien nicht nachgewiesen. Angesichts des nicht nur geringen und bewussten Baurechtsverstoßes und der erheblichen Visibilität und Breitenwirkung der Nutzung seien auch die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 5.000,00 EUR bzw. 10.000,00 EUR angemessen. Das Zwangsgeld sei fällig geworden; der diesbezüglichen Feststellungklage fehle das Feststellungsinteresse.
20
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Nutzungsuntersagung von 21. Juli 2020 (AN 17 S 20.01593) und die erneute Zwangsgeldandrohung vom 3. August 2020 (AN 17 S 20.01594) lehnte das Verwaltungsgerichts Ansbach mit Beschluss vom 15. Oktober 2020 ab.
21
Mit Bescheid vom 5. November 2020 wurde die Genehmigung der Nutzungsänderung von der Beklagten abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich nicht genehmigungsfähig sei. Es widerspreche § 2 Nr. 1.5 des Bebauungsplans A-6-84, wonach Vergnügungsstätten nicht einmal ausnahmsweise zulässig seien. Am 31. Juli 2021 sei vor Ort festgestellt worden, dass vom Angebot auch Livewetten umfasst und möglich seien. Bei dem Angebot von Tagescafé und Wettbüro handele es sich auch um eine funktionelle Einheit. Aus beiden Gründen sei eine Vergnügungsstätte anzunehmen. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, weil die Grundzüge der Planung berührt seien. Außerdem seien die nach der städtischen Garagen- und Stellplatzsatzung erforderlichen fünf Stellplätze nicht nachgewiesen. Unter der Überschrift „2.3 Versagung der für das Vorhaben erforderlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 2 BauGB)“ ist in der Begründung ausgeführt, dass über die notwendige sanierungsrechtliche Genehmigung innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens zu entscheiden sei. Das Vorhaben widerspreche dem Zweck des festgesetzten Sanierungsgebiets mit Handlungskonzept von Februar 2007. Übergeordnetes Ziel sei der Erhalt der bestehenden Nutzungsvielfalt. Die Attraktivität der Altstadt als Wohn- und Handelsstandort solle erhöht werden. Durch das Wettbüro sei ein Downtrading-Effekt zu erwarten und herkömmliche Gewerbetreibende würden verdrängt. Die optische Gestaltung mit verdunkelten Schaufenstern und Werbung vermittelten einen negativen Eindruck der Zugangsstraße zur Altstadt. Unter 2.4 wird ausgeführt, dass die erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für den Windfang des Einzeldenkmals und die Werbung in Form von Fensterbeklebungen nicht erteilt werden könne. Im Zuge der Sanierung der Fassade des Anwesens durch den Eigentümer sollen die bisher bündigen Schaufenster in die Fensterlaibung zurückgesetzt werden (Fördervoraussetzung durch die … …- und - …- …, Email vom 26.4.2019). Dadurch verändere sich die Geometrie des Erdgeschossgrundrisses und der Einbau des Windfangs sei an der momentanen Stelle nicht möglich. Die großflächigen Fensterbeklebungen störten das Erscheinungsbild des Denkmals erheblich und nachhaltig.
22
Der mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrungversehene Bescheid wurde mit Postzustellungsurkunde durch die Einlage des Schriftstücks in den zum Geschäftsraum der Klägerin gehörenden Briefkasten am 13. November 2020 zugestellt. Mit Schreiben vom 5. November 2020 wurde dem Prozessbevollmächtigte der Bescheid mit einfachem Schreiben zur Kenntnis versendet.
23
Am 27. November 2020 wurden die Bauunterlagen erneut bei der Beklagten eingereicht. Mit Schreiben vom 30. November 2020 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass über den Antrag bereits ablehnend entschieden worden sei, an den Gründen festgehalten werde und gegen den Ablehnungsbescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe (Zustellung am 13.11.2020) der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht offenstehe.
24
Mit beim Verwaltungsgericht Ansbach am 17. Dezember 2020 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 5. November 2020 und beantragte,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5. November 2020 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Tagesgaststätte in eine Wettannahmestelle ohne Verweilcharakter eines staatlichen konzessionierten Wettanbieters und ein Tages-Café auf dem Grundstück … * [ … *] in … (* … 2017) zu erteilen.
25
Es sei ausdrücklich und durch die Bezeichnung „Wettannahmestelle“ ausreichend bestimmt nur ein Bauantrag für eine solche gestellt worden. Dass in der Vergangenheit im konkreten Fall wegen des Angebots von Live-Wetten gegebenenfalls abweichend von einem Wettbüro auszugehen gewesen sein möge, spiele für die Beurteilung des streitgegenständlichen Bauantrags keine Rolle. Falls die Verzichtserklärung von Frau … nicht ausreiche, könne eine Bestimmung des Regelungsgehalts der Baugenehmigung auch durch einschränkende Nebenbestimmungen erfolgen. Von dem Vorhaben gehe kein für eine Vergnügungsstätte typisches Störpotential aus.
26
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021,
die Klage abzuweisen.
27
Bei der Genehmigung sei vom Bauantrag und den eingereichten Bauvorlagen auszugehen, wesentliche Modifizierungen, die die Variationsbreite der planungsrechtlichen Einordnung verließen, seien über Nebenbestimmungen nicht möglich.
28
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 9. Februar 2021 äußerte sich die Klägerseite zur Einhaltung der Klagefrist mit Schriftsatz vom 1. März 2021 dahingehend, dass diese ausgehend vom Eingang des Bescheids bei der Anwaltskanzlei am 17. November 2020 eingehalten sei. Die Klägerin sei zurecht davon ausgegangen, dass eine Weiterleitung an die Anwaltskanzlei nicht nötig sei. Die Bevollmächtigung sei bei der Beklagten am 25. Juni 2020 ordnungsgemäß angezeigt worden. Mit Schriftsatz vom 8. März 2021 wurde vorsorglich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der am 17. Dezember 2021 eingereichten Klage beantragt.
29
Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2021 teilte die Beklagte mit, dass der Bescheid vom 5. November 2020 nicht die Ablehnung der notwendigen sanierungsrechtlichen Genehmigung umfasse. Nach Nr. 8.1 der Satzung über die Herstellung von Garagen und Stellplätze der Stadt … (GaStS) sei für Wettbüros ein Stellplatz pro 10 m² Nutzfläche, mindestens 5 Stellplätze nachzuweisen, was nicht erfolgt sei. Ein Antrag auf Reduzierung sei nicht gestellt worden. Diesem könnte auch nicht zugestimmt werden, weil dies den Zielen der Sanierung nicht entspreche. Vorgelegt wurde zudem der Email-Verkehr zu einer Kontrolle am 20. November 2021, bei der vom Gewerbeamt der Beklagten festgestellt worden sei, dass das Wettbüro mit Tagescafé in Betrieb gewesen sei und die Glasschiebetüren zwischen den Räumen geöffnet gewesen seien. In dem als Küche genehmigten hinteren Raum seien zwei Glückspielautomaten aufgestellt gewesen.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten einschließlich der Baugenehmigungsakte für die Vorgängernutzung als Tagesgaststätte und den Bebauungsplan A -6-84 mit seinen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen und den Gerichtsakten AN 17 K 20.01567, AN 17 K 20.01568, AN 17 K 20.01573, AN 17 K 20.02784, AN 17 S 20.01593 und 17 S 20.01594 Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung, die als Videokonferenz stattgefunden hat, wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

31
Die in der mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sind allesamt zulässig, aber unbegründet und damit abzuweisen.
32
1a) Die unter dem Aktenzeichen AN 17 K 20. 02784 geführte Klage auf Erteilung der Baugenehmigung für die beantragte Nutzungsänderung ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2. VwGO) zulässig. Sie ist fristgerecht erhoben, ohne dass es einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Klagefrist (§ 60 VwGO) bedurfte. Die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 2, Abs. 1 VwGO lief nicht bereits mit der Zustellung des ablehnenden Baugenehmigungsbescheids an die Klägerin unter ihrer Adresse in Fürth, also nicht bereits mit dem 13. November 2020 bzw. dem darauf folgenden Tag an. Zwar handelt es sich bei der Zustellung mittels Postzustellungsurkunde um eine gem. § 57 Abs. 2 VwGO, Art. 3 VwZVG zulässige Zustellungsart, jedoch ist die Zustellung, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist und eine schriftliche Vollmacht der Behörde vorgelegt wurde, an diesen Bevollmächtigten zu richten, Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Die Zustellung hätte somit an den für das Verwaltungsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen müssen. Eine schriftliche Vollmacht wurde ausweislich der Behördenakte bei der Beklagten bereits mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 25. Juni 2020 vorgelegt und betraf auch das Nutzungsänderungsverfahren und nicht ausschließlich die bauordnungsrechtlichen Maßnahmen. Zwar ist die Vollmacht nur in nahezu unleserlicher Form in den Akten der Beklagten zu finden (vgl. dort S. 29), sie ist jedoch identisch mit der im Gerichtsverfahren vorgelegten Vollmacht, so dass deren Inhalt feststeht. Die Unleserlichkeit der Vollmacht wurde von der Beklagten auch nicht moniert, sondern akzeptiert wie beispielsweise das Schreiben vom 21. Juli 2020 (Zusendung des Nutzungsuntersagungsbescheides an die Kanzlei) zeigt.
33
Eine Zustellung an die Klägerin selbst bzw. deren Vertretungsberechtigte war auch nicht nach Art. 68 Abs. 3 Satz 3 BayBO veranlasst. Danach ist die Baugenehmigung zusammen mit den mit Genehmigungsvermerken versehen Bauunterlagen dem Bauantragsteller selbst zuzustellen. Die Vorschrift stellt somit eine Sonderregelung zu Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwVZG dar. Allerdings gilt dies nur für die Erteilung, nicht aber für die Versagung der Baugenehmigung. Als Ausnahmeregelung ist Art. 68 Abs. 3 Satz 3 BayBO grundsätzlich restriktiv und nicht erweiternd auszulegen. Der Grund der Zustellung an den Bauherrn selbst liegt wohl in erster Linie darin begründet, dass die Baupläne (mit eventuellen Änderungen) und die Genehmigung (mit eventuellen Nebenbestimmungen) für den tatsächlichen Baubeginn vom Bauherrn bzw. dessen Planer zeitnah benötigt werden und deshalb unmittelbar an diesen (zurück-)gesandt werden. Bei einer Versagung der Baugenehmigung ist dieses praktische Bedürfnis hingegen nicht gegeben. Hier besteht im Gegenteil eher das Bedürfnis rechtsanwaltlicher Unterstützung zur Durchsetzung des eventuellen Anspruchs auf Baugenehmigung.
34
Dem Bevollmächtigten der Klägerin ist der Versagungsbescheid erst am 17. November 2021 mittels einfachem Brief zugegangen, eine förmliche Zustellung nach Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG i.V.m. Art. 2 ff. VwZVG erfolgte nicht. Die Klagefrist lief damit - selbst bei Annahme der Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 9 VwZVG - nicht vor dem 18. November 2020 an, und folglich frühestens am 17. Dezember 2020, an dem die Klage tatsächlich bei Gericht einging, ab, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB.
35
An der gesetzlichen Klagefrist und der Verpflichtung, den Bescheid dem Bevollmächtigten zuzustellen, ändert auch das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 30. November 2020 mit dem Hinweis auf die vermeintliche Klagefrist bis 13. November 2021 nichts. Die Mitteilung war, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, nicht korrekt. Die Klagefrist kann auch behördlich nicht verkürzt werden.
36
b) Hinsichtlich der Zulässigkeit der weiteren Klagen bestehen keine Bedenken. Die Nutzungsuntersagung mit Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 21. Juli 2020 und die isolierte Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 3. August 2020 wurden mit insoweit statthaften und fristgerecht erhobenen Anfechtungsklagen angegriffen, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Gegen die Fälligkeitsmitteilung bzw. die Fälligstellung des Zwangsgelds wurde in zulässiger Weise eine Feststellungsklage, § 43 Abs. 1 VwGO, erhoben. Diese ist auch dann noch zulässig und scheitert nicht an der grundsätzlichen Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Leistungsklagen (§ 43 Abs. 2 VwGO), wenn das fällig gestellte Zwangsgeld - wie der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung angab - bereits gezahlt wurde. Im Falle der Feststellung, dass das Zwangsgeld nicht fällig gewesen ist, kann mit einer Rückzahlung des eingezogenen Zwangsgeldes durch die Beklagte auch ohne ausdrücklich ausgesprochene Verpflichtung hierzu gerechnet werden.
37
2. Die Klagen sind allesamt unbegründet.
38
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Baugenehmigung für die beantragte Nutzung der Räumlichkeiten nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 Satz 1 BayBO, so dass die Verpflichtungsklage (AN 17 K 20.02784) abzuweisen ist, § 113 Abs. 5 VwGO.
39
aa) Das Vorhaben ist bereits bauplanungsrechtlich unzulässig, Art. 59 Satz 1 Nr. 1a) BayBO i.V.m. § 30 Abs. 1 BauGB, weil es als Vergnügungsstätte einzustufen ist und demzufolge dem Bebauungsplan A-6-84 der Beklagten hinsichtlich der Art der Nutzung widerspricht.
40
Die Nutzungsänderung der Räume für die gewerbliche Wetttätigkeit (linke Gebäudeseite) und das Tagescafé (rechte Gebäudeseite) mit Nebenräumen im hinteren Gebäudeteil wurde mit einheitlichem Bauantrag vom 14. Mai 2020 beantragt. Es handelt sich deshalb schon aufgrund der Verknüpfung durch die Klägerin um ein einziges, baurechtlich einheitliches und unteilbares Bauvorhaben, dass hinsichtlich seiner Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit nur zusammen, nicht aber getrennt voneinander betrachtet werden kann. Aufgrund der Einstufung als ein Vorhaben kann deshalb auch für den Teil des „Tagescafés“ nicht auf die Vorgänger-Genehmigung vom 25. November 2019 als Tagesgaststätte zurückgegriffen werden, sondern ist von einer Neugenehmigungspflicht des Gesamtvorhabens auszugehen. Von der beantragten und tatsächlichen Nutzung her sind die Räume derart aufeinander bezogen, dass sie eine räumlich-funktionelle Einheit darstellen und die Nutzung insgesamt als Vergnügungsstätte in der Form eines Wettbüros anzusehen ist.
41
Eine Vergnügungsstätte ist als auf kommerzielle Unterhaltung ausgerichteter besonderer Gewerbebetrieb definiert, der in Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs einer bestimmten, auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung gewidmet ist. Die Vergnügungsstätte zeichnet sich durch die beabsichtigte längere Verweildauer der Besucher aus (BayVGH, B.v. 18.3.2019 - 15 ZB 18.690 - juris Rn. 22 m.w.N.).
42
Dies ist durch die Wett- und Gaststättentätigkeit in organisatorischer Einheit und in unmittelbarer Nähe und räumlicher Verbindung zueinander der Fall. Insoweit kann auf die Ausführungen im Beschuss der Kammer in den Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zur Nutzungsuntersagung zurückgegriffen werden:
„… Wettannahme und Tagecafé werden gleichermaßen von der Antragstellerin betrieben, vom gleichen Personal betreut (s. Feststellung der Antragsgegnerin vom 16.7.2020) und für Besucher sind einheitliche Toilettenräume vorgesehen. Am wichtigsten, augenfälligsten und entscheidend ist aber die Tatsache, dass von außen durch die einheitliche Gestaltung der Fenster mit großer und auffälliger Werbung ein - so wörtlich auch auf dem rechten Fenster - „Wettbüro“, also ein einheitlicher Betrieb dargestellt wird. Hieran muss sich die Antragstellerin für die rechtliche Bewertung festhalten lassen. Bezieht man das „Tagescafé“ in die Beurteilung mit ein, ergibt sich der beabsichtigte Verweilcharakter des Vorhabens jedenfalls durch die Bestuhlung und die Bewirtung bzw. die Versorgung durch einen Getränkeautomaten und es ist unerheblich, dass in der Annahmestelle selbst ein Getränkeautomat und eine Bestuhlung nicht existieren und nach Bauantrag auch nicht beantragt sind. Durch die auch im Café angebrachten Bildschirme dürfte eine Livespielanzeige im Übrigen auch im Café möglich sein, durch offenstehende Innentüren dürften außerdem die Bildschirme in der Wettstelle vom Café aus erkennbar sein. Der vergnügungstättentypischen Freizeit- bzw. Verweilcharakter des Gesamtvorhabens ist damit zu bejahen. Auf die Größe des Betriebs kommt es dabei nicht wesentlich an (BayVGH, B.v. 18.3.2019 - 15 ZB 18.690 - juris Rn. 23). …"
Im Übrigen hat die Kammer bereits im Eilverfahren vertreten und hält daran fest, dass auch die konkrete Ausgestaltung der Wetttätigkeit im linken Gebäudeteil für sich genommen schon Vergnügungsstättencharakter hat:
„Die obergerichtliche Rechtsprechung unterscheidet beim Betrieb von Wettvermittlungsstellen zwischen „Wettbüros“ und „Wettannahmestellen“. Während in Wettannahmestellen für Sportwetten wie in Annahmestellen für Lotto und Toto Wetten nur vor Spielbeginn angenommen bzw. abgegeben werden können, zeichnen sich Wettbüros dadurch aus, dass zwischen Kunden (Spielern), einem Vermittler (Betreiber des Wettbüros) und einem Wettunternehmen Transaktionen auch während des Spiels, auf das gewettet wird, noch abgeschlossen werden können (Livewetten) und der Spielverlauf und die aktuellen Wettquoten über Wettterminals und Monitore im Lokal laufend verfolgt werden können. Dies animiert nämlich zum längeren Aufenthalt im Lokal und rechtfertigt deshalb auch ohne sonstige Anreize die Einstufung als Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2019 - 15 ZB 18.690 - juris Rn. 22 m.w.N.).
Bei einem Verzicht auf programmierte Terminals bzw. Monitore, ist von einer reinen Annahmestelle auszugehen und, wenn auch die übrigen Umstände der Lokalität keinen besonderen Verweilanreiz schaffen, damit nicht von einer Vergnügungsstätte (BayVGH, a.a.O. Rn. 23).
Vorliegend sind im linken Raum unstreitig (mindestens) vier Wettterminals aufgestellt und mindestens ein großflächiger Wandmonitor, vermutlich (nach den vorgelegten neuen Fotos vom 13.10.2020) sogar zwei Wandmonitore aufgehängt. Die bei den Ortsterminen von der Antragsgegnerin gefertigten Lichtbilder zeigen auch, dass die Wandmonitore in Betrieb sind und Spielverläufe (und nicht nur Spielergebnisse) und Wettquoten anzeigen. Dass es sich nicht um Liveanzeigen handelt, ist fernliegend, da kein nachvollziehbarer Grund besteht, alte Spiel(zwischen) stände abzubilden. Die gesamte Einrichtung ist ersichtlich auf Livewetten ausgerichtet; diese sind mit der vorhandenen Einrichtung technisch unstreitig möglich. Es liegt auch keine Erklärung des Wettunternehmens … vor, dass das Livewettangebot auf Dauer oder jedenfalls derzeit abgeschaltet ist. Die zum Bauantrag auf Aufforderung der Antragsgegnerin nachgereichte Betriebsbeschreibung vom 13. Juni 2020 schließt Livewetten nicht aus. Es existiert lediglich die weiter nachgereichte Erklärung von Frau … vom 29. Juni 2020, die die Antragstellerseite als Verzicht bezeichnet. Die Erklärung ist aber in ihrer Formulierung unklar und zweifelhaft, so dass darin keine wirksame Verzichtserklärung auf Livewetten gesehen werden kann. Ein „Verzicht“ ist darin nicht ausdrücklich ausgesprochen, eine zeitliche Komponente enthält die Erklärung nicht, im Wesentlichen wird nur auf das Wettunternehmen verwiesen. Die Anzeige von Livespielständen und -quoten wird mit der Erklärung jedenfalls nicht ausgeschlossen.“
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Die von der Klägerin im Nebenraum - ohne Genehmigung - aufgestellten Spielgeräte stellen nunmehr einen weiteren Anreiz zum Verweilen in den Räumlichkeiten dar und belegen den Charakter als Vergnügungsstätte zusätzlich. Auch wenn die Spielgeräte nicht in die Bauanträge aufgenommen worden sind und ordnungsrechtlich untersagt werden können, stellen diese Spielautomaten doch einen deutlichen Beleg für die beabsichtigte Nutzung mit Verweilcharakter dar.
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Liegt eine Vergnügungsstätte vor, steht der Bebauungsplan A- 6-84 der Genehmigung entgegen. Nr. 1.1 dieses (einfachen) Bebauungsplans legt als Art der baulichen Nutzung für den gesamten Geltungsbereich ein Mischgebiet fest. Nr. 1.5 erklärt Vergnügungsstätten im gesamten Plangebiet für unzulässig und auch nicht ausnahmsweise zulässig. Rechtliche Bedenken gegen den Bebauungsplan wegen dieser Regelung hat das Gericht nicht. Der Ausschluss der Nutzung hat seine Rechtgrundlage in § 5 Abs. 1 BauNVO, der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans A -6- 84 in gleicher Weise galt (Fassung vom 15.9.1977 - BauNVO 1977) wie heute. Danach kann ein Bebauungsplan festsetzen, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, soweit die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.
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Vergnügungsstätten waren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans A -6- 84 als sonstige Gewerbebetriebe nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 einzustufen und wurden erst durch die Neufassung der BauNVO vom 23. Januar 1990 aus dem Begriff der sonstigen Gewerbebetriebe ausgegliedert (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1990 - 4 B 120/90 - juris Rn. 2, in diesem Sinne auch BVerwG, U.v. 8.11.2001 - 4 C 17/20 - juris Rn. 16). Die Regelung des Ausschlusses von Vergnügungsstätten im Mischgebiet durch den Bebauungsplan war damals anders als heute, wo Vergnügungsstätten im Mischgebiet nur im überwiegend gewerblichen Teil des Mischgebietes allgemein zulässig sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO), konstitutiv. Die heutige, seit 1990 aufgenommene Einschränkung von Vergnügungsstätten im Mischgebiet zeigt aber auf, dass ein Mischgebiet seine Zweckbestimmung durch Ausnahme von Vergnügungsstätten noch nicht verliert, die Zweckbestimmung des Mischgebiets durch die Einschränkung sogar gesichert wird, da Vergnügungsstätten nach der gesetzgeberischen Wertung tendenziell dazu geeignet sind, das Wohnen zu stören. Zwar macht der Bebauungsplan A -6- 84 zusätzlich Einschränkungen für Gaststätten, jedoch führt auch diese Begrenzung noch nicht dazu, dass dem Mischgebiet die Zweckbestimmung im Sinne vom § 6 Abs. 1 BauNVO genommen wird. Sämtliche sonstige Gewerbe bleiben möglich und auch Gaststätten sind in bestimmten Arealen und unter weiteren Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 3 des Bebauungsplans A -6-84 mit Ausnahmen und Befreiungen für Garten- und Tagesgaststätten) bauplanungsrechtlich weiter zulässig.
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Eine Baugenehmigung für das Wettbüro kommt damit nur bei Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht. Eine solche ist jedoch deshalb nicht möglich, weil die Grundzüge der Planung durch das Vorhaben berührt werden. Liegt der Regelungsgehalt des Bebauungsplans ausschließlich in der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung mit der Einschränkung - noch dazu lediglich zweier - Nutzungsarten, liegt es auf der Hand, dass die Zulassung der ausgeschlossenen Nutzung die Grundzüge des Bebauungsplans tangiert.
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bb) Dem Vorhaben steht gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 1c) BayBO zudem die Satzung der Stadt … über die Herstellung von Garagen und Stellplätzen vom 16. Oktober 2015 (GaStS), die eine örtliche Bauvorschrift nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO darstellt, entgegen. Die Anzahl der für ein Bauvorhaben nachzuweisenden Stellplätze richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GaStS i.V.m. der Anlage 1 hierzu. Für Vergnügungsstätten, ausdrücklich auch für Wettbüros, sind nach Nr. 8.1 GaStS ein Stellplatz pro 10 m² Netto-Nutzfläche, mindestens aber 5 Stellplätze nachzuweisen. Nachgewiesen wurde von der Klägerin unstreitig kein Stellplatz. Eine Reduzierung der Stellplätze nach § 1 Abs. 7 GaStS kommt hier nicht in Betracht. Dies wäre nach § 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 GaStS bei Baumaßnahmen, die innerhalb eines förmlichen Sanierungsgebiets liegen, möglich, wenn die geplante Nutzung der Fortführung der Ziele der Sanierung entspräche, was für die Errichtung einer Vergnügungsstätte in der Altstadt nach den unwidersprochen gebliebenen und ohne weiteres nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten zu den Sanierungszielen nicht der Fall ist. Im Übrigen schließt § 1 Abs. 7 Satz 4 GaStS für den Nutzungsbereich 8.1 der Anlage 1, also für Vergnügungsstätten, eine Reduzierung der Stellplätze ausdrücklich aus.
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Nicht ausreichend ist auch eine Anrechnung von Stellplätzen der Vorgängernutzung als Tagesgaststätte nach § 1 Abs. 6 GaStS. Danach sind u.a. bei Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze nur in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze den durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können (Satz 1). Nach Satz 2 ist der Bestand an Stellplätzen für die Vorgängernutzung vom jetzigen Bedarf abzusetzen bzw. ist bei Altgebäuden eine Anrechnung von fiktiven Stellplätzen vorzunehmen (Satz 4). Da für die Vorgängernutzung tatsächlich aber kein Stellplatz nachgewiesen wurde (sondern für die vorher genehmigte Tagesgaststätte von der Regelung des § 1 Abs. 7 GaStS Gebrauch gemacht worden ist) und fiktiv allenfalls vier Stellplätze anzusetzen wären (siehe Nr. 7.1 der Anlage 1, wonach 1 Stellplatz pro 10 m² Gastraumfläche ohne Thekenbereich nachzuweisen ist, so dass sich für den früheren Gastraum von unter 40 m² - ohne Theke - nur vier Stellplätze ergeben haben), wäre eine Anrechnung dieser Plätze nicht ausreichend.
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cc) Weiter stehen der Erteilung der Baugenehmigung denkmalschutzrechtliche Gründe entgegen. Im Falle der Veränderung eines hier unstreitig vorliegenden Einzelbaudenkmals bedarf es grundsätzlich einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, die bei gleichzeitig bestehender Baugenehmigungsplicht als selbständige Genehmigung zwar entfällt, Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSG. Die denkmalschutzrechtlichen Belange und Versagungstatbestände sind jedoch im Rahmen der Baugenehmigung zu prüfen, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO. Nach Art. 6 Abs. 2 BayDSG ist die Genehmigung zu versagen, wenn gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen. Für das Verfahren dahinstehen kann, ob der geänderte Eingangsbereich des Gebäudes mit eingebautem Windfang und eingezogenen Schiebetüren der denkmalschutzrechtlichen Freigabe entgegensteht. Jedenfalls stellen die großflächigen, die Fensterflächen komplett ausfüllenden Fensterbeklebungen mit auffälligen Werbeschriften für ein Wettbüro auf verdunkelten Scheiben derartige Gründe dar. Bei den Werbeaufschriften und Werbebeklebungen handelt es sich eine erhebliche Veränderung des Baudenkmals, nämlich eine Veränderung seines Erscheinungsbildes im Sinne von
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Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG. Für die Beibehaltung des historischen Erscheinungsbildes eines Denkmals sprechen dabei regelmäßig gewichtige Gründe, diese sind grundsätzlich indiziert (BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4 m.w.N.). Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor. Eine „gesteigerte Bedeutung“ ist gerade nicht erforderlich. Das Vorhaben ist, da entgegenstehende Gründe nicht ersichtlich und vorgetragen sind, damit auch denkmalschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig.
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3. Unbegründet ist auch die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2021. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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a) Die Nutzungsuntersagung in Ziffer 1 des Bescheides ist zu Recht auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt. Seine Voraussetzungen sind gegeben. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 15. Oktober 2020, denen von Klägerseite nichts entgegengesetzt worden ist, verwiesen. Auch im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung werden die Räume, wie die Kontrolle der Beklagten am 21. November 2021 gezeigt hat, weiter als Wettbüro genutzt und ist dies auch für die Zukunft zu befürchten, so dass fraglos weiter Anlass für die Nutzungsuntersagung besteht. Die ausgeübte Nutzung steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Eine Baugenehmigung für das Wettbüro liegt trotz Baugenehmigungspflicht, vgl. Art. 57 Abs. 4 BayBO, nicht vor (formelle Illegalität) und kann, wie vorstehend unter 2. ausgeführt, auch nicht erteilt werden (materielle Illegalität). Die Nutzungsuntersagung erging an die Klägerin als Betreiberin des Wettbüros und Bauherrin bzw. Bauantragstellerin und damit an den richtigen Verantwortlichen i.S.v. Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 LStVG. Die Entscheidung war verhältnismäßig, Ermessensfehler sind nicht erkennbar oder vorgetragen.
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b) Ebenso unbegründet ist die Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des Bescheids vom 21. Juli 2020. Die gesetzlichen Voraussetzungen nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Art. 36 VwZVG liegen vor. Durch die Sofortvollzuganordnung in Ziffer 3 war von Anfang an ein vollstreckbarer Verwaltungsakt und damit die Vollstreckungsvoraussetzung nach Art. 19 Abs. 1 VwZVG gegeben. Einer Fristsetzung nach Art. 36 Abs. 1 VwZVG bedarf es im Fall einer reinen Unterlassungspflicht nicht (BayVGH, B.v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - juris Rn. 21; B.v. 24.4.2013 - 22 CS 13.590 - juris Rn. 14).
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Die Androhung ist hinsichtlich der Begründung der Zwangsgeldhöhe zwar sehr knapp gehalten, genügt aber noch der gesetzlichen Begründungspflicht des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG und zeigt durch das Ins-Verhältnis-Setzen des Zwangsgelds zu seinem Zweck, dass sich die Beklagte ihres Ermessens hinsichtlich der Zwangsgeldhöhe bewusst war und dieses Ermessen sachgerecht ausgeübt hat. Das Zwangsgeld hält den gesetzlichen Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG (15 bis 50.000 EUR) ein und ist angesichts des gewerblichen Tätigkeitwerdens der Klägerin, das unterbunden werden soll, verhältnismäßig. Es zielt erkennbar auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils, was zulässiger Zwecks des Zwangsgelds als Beugemittel ist (BayVGH, B.v. 9.11.2021 - 9 ZB 19.1586 - juris Rn. 10; B.v. 14.4.2020 - 1 CS 20.143 - juris Rn. 11). Die im unteren Bereich des Rahmens gewählte Zwangsgeldhöhe ist für gewerbliche Nutzungen nicht übermäßig.
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4. Unbegründet ist weiter die Feststellungsklage gegen die Fälligkeitsmitteilung bzw. die Fälligstellung des angedrohten Zwangsgelds mit Schreiben vom 3. August 2020, im Rahmen derer nach Art. 38 Abs. 3 VwZVG nur Rechtsverletzungen durch die Vollstreckung, zu der auch die Fälligstellung gehört, selbst geprüft werden (vgl. VG Ansbach, U.v. 16.7.2020 - AN 17 K 20.0978 - juris). Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG kann ein Zwangsmittel angewendet werden, wenn der angedrohten Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen wurde. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG bestimmt, dass ein Zwangsgeld fällig wird, wenn die Pflicht bis zum Ablauf der Frist nicht erfüllt wird. Pflicht in diesem Sinn ist, wie sich aus Art. 31 Abs. 4 Satz 1 VwZVG ergibt, auch eine Unterlassungspflicht, wie sie die Nutzungsuntersagung darstellt.
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Da die Klägerin die von der Nutzungsuntersagung betroffenen Räume auch nach der Zustellung des Bescheides vom 21. Juli 2020 weiter betrieben hat, ist die Fälligstellung zu Recht erfolgt. Dass das Wettbüro nach Bekanntgabe des Bescheids weiter geöffnet war, ist von der Klägerseite nicht bestritten worden und durch die Baukontrolle der Beklagten vom 31. Juli 2020 belegt. An diesem Tag waren beide Räumlichkeiten des Wettbüros geöffnet, der Bildschirm mit Wettanzeigen und die Wettterminals im linken Raum, den die Klägerseite als Wettannahmestelle bezeichnet, und der Wandbildschirm im „Tagescafe“ in Betrieb. Die Klägerseite ist diesen Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht auch nicht entgegengetreten und räumt in ihrem Schriftsatz vom 17. Dezember 2020 zur Verpflichtungsklage auf Baugenehmigung ein, dass in der Vergangenheit Livewetten möglich gewesen seien.
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Wie vorstehend (unter 2.) ausgeführt, sind alle Räumlichkeiten Teil des insgesamt untersagten Wettbüros, so dass sowohl das Offenhalten des linken als auch der rechten Raums einen Verstoß gegen die vollziehbare Nutzungsuntersagung darstellte. Die Nutzungsuntersagung ist in räumlicher und tatsächlicher Hinsicht auch klar bestimmt. Von der Anordnung waren und sind sämtliche Räume des Anwesens umfasst, wie sich bereits aus dem Bescheidstenor - „Räume im Erdgeschoss des Anwesens … * in …“ - ergibt. Durch die Ausführungen in der Begründung des Bescheids zur optischen Einheit und der gegenseitigen Ergänzung der Vorhabenteile, war ebenfalls klar, dass beide Räumlichkeiten nicht weiter betrieben werden dürfen. Die Ergänzung im Tenor „als Wettbüro“ stellte ersichtlich lediglich eine Begründung bzw. nähere Erläuterung zur Untersagung dar, stellt den Regelungsgehalt der Anordnung aber nicht in Frage. Eine Unbestimmtheit der Anordnung, die auch der Anwendung des Zwangsmittels entgegenstünde, ist daraus nicht ableitbar. Dass die Anordnung etwa in dem Sinn von der Klägerin verstanden worden ist, dass ein Abschalten von einzelnen Geräten ausreichend sei, wurde von Klägerseite auch nicht geltend gemacht. Es wurde vielmehr allein die - fehlerhafte - Rechtsauffassung vertreten, dass ein Wettbüro im Rechtssinne durch den konkreten Betrieb nicht vorliege und die Anordnung in diesem (rechtlichen) Sinn leerlaufe. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin nach Bescheidserlass tatsächliche und maßgebliche Änderungen im Betrieb vorgenommen hat, die die Frage des Betriebs eines Wettbüros neu aufwerfen würden. Die auferlegte Nutzungseinstellung war der Klägerin rechtlich und tatsächlich ohne weiteres möglich. Vollstreckungshindernisse sind nicht gegeben. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Anwendung des Anwendungsermessens (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2012 - 9 ZB 11.2528 - juris) liegen nicht vor.
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5. Unbegründet ist schließlich auch die Klage gegen die erneute, isolierte Zwangsgeldandrohung, die zeitgleich mit der Fälligstellung von 5.000 EUR am 3. August 2020 erging. Zwangsmittel können nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG solange und so oft angewandt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine erneute Vollstreckung aus derselben Zwangsmittelandrohung ist dabei aber nicht zulässig, es ist vielmehr eine erneute Androhung nötig. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist dies erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben ist. Dies war aufgrund des am 31. Juli 2020 festgestellten Verstoßes der Fall. Eine Durchsetzung des ersten Zwangsgeldes vor Androhung eines erneuten Zwangsgeldes war hingegen nicht erforderlich. Die Verdoppelung des Zwangsgeldes auf 10.000 EUR ist nicht zu beanstanden. Auch diese Zwangsgeldhöhe hält den Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG deutlich ein und ist angesichts des gewerblichen Tätigwerdens und der fortgesetzten Nichtbefolgung der Anordnung nicht als übermäßig zu betrachten. Die Verdoppelung des Zwangsgelds bei Fortsetzung des Verstoßes ist ein allgemein übliches Verwaltungshandeln, das keiner detaillierteren Begründung bedarf.
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6. Die Kostenentscheidung der erfolglosen Klagen beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.