Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 22.02.2021 – AN 9 K 19.01775
Titel:

Ausnahmsweise Zulassung einer Kita im Gewerbegebiet

Normenkette:
BauNVO 1977 § 8 Abs. 3 Nr. 2
Leitsatz:
Eine Kindertagesstätte kann bauplanungsrechtlich als Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sein. (Rn. 24 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Ausnahmsweise Zulässigkeit einer KiTa im Gewerbegebiet
Fundstelle:
BeckRS 2021, 3882

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich als Nachbar gegen die Baugenehmigung für eine Kindertagesstätte.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, …str. ... in … Für dieses Grundstück wurde dem Kläger mit Bescheid vom 26. Februar 1985 die Errichtung einer „Industriehalle“ genehmigt. Diese Halle wurde soweit ersichtlich plangemäß errichtet, der Kläger betreibt in der Halle und auf dem Grundstück einen Fachhandel mit Druck-, Kopier- und Datensystemen und Zubehör.
3
Westlich des klägerischen Grundstücks verläuft die …straße, eine Sackgasse mit Wendehammer am südlichen Ende, sie weist eine Länge von ca. 130 m auf und mündet im Norden in den … Die Fahrbahn weist eine Breite von ca. 5 bis 6 m auf zuzüglich jeweils eines Parkstreifens auf beiden Seiten.
4
Südlich des Grundstücks des Klägers und des Wendehammers liegt das Baugrundstück FlNr. …, das bisher unbebaut ist, ebenso wie das westlich angrenzende Grundstück FlNr. … und das südlich angrenzende Grundstück FlNr. … Östlich angrenzend an das Baugrundstück und das Grundstück der Kläger folgen mehrere Reihenhauszeilen.
5
Mit am 6. Februar 2019 bei der Beklagten eingegangenem Bauantrag beantragte die Beigeladene die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer 4-gruppigen Kindertagesstätte. Nach dem Bauantrag sollen dort je zwei Krabbelstuben und zwei Kindergartengruppen für maximal 74 Kinder entstehen, das Außengelände werde naturnah gestaltet. Zugleich wurde ein Antrag auf Abweichung von Art. 6 Abs. 2 hinsichtlich der geplanten Geländeauffüllung nach Westen hin beantragt.
6
Das Grundstück des Klägers wie das Baugrundstück liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. … der Stadt … vom 22. Mai 1979, der als Art der Nutzung Gewerbegebiet (GE) nach § 8 BauNVO und zwei Vollgeschosse festsetzt sowie Baugrenzen. Unter § 2 Ziff. 1.2 der textlichen Festsetzungen ist folgendes geregelt:
„Im Gewerbegebiet südöstlich des … sind nur Betriebe des rauchlosen, geruchslosen und geräuscharmen Gewerbes zulässig. Die Lärmemission der gewerblichen Betriebe darf die zulässigen Werte für „allgemeine Wohngebiete“ von 40 dB(A) nachts bzw. 55 dB(A) tags, gemessen am Rand des östlich angrenzenden Wohngebietes, nicht überschreiten.“
7
Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 28. Februar 2019 erteilte die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und stimmte einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB im Hinblick auf die geplante Art der Nutzung zu. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ausnahme werde hinsichtlich des Allgemeinwohls erteilt, nach § 8 BauNVO seien Anlagen für soziale Zwecke wie die geplante Kindertagesstätte in Gewerbegebieten ausnahmsweise zulässig.
8
Mit Bescheid vom 13. August 2019 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für das Vorhaben. In Nr. 4 der Baugenehmigung wurde Ausnahme gewährt gemäß Art. 63 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 BauNVO von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … wegen der Art der Nutzung als Kindertagesstätte im Gewerbegebiet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Art der Nutzung sei festgesetzt als GE gemäß § 8 BauNVO von 1977, die Voraussetzungen zur Erteilung der Ausnahme lägen vor, diese werde hinsichtlich des Allgemeinwohls erteilt. Weiter wurde in Nr. 5 Abweichung zugelassen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen der Geländeaufschüttung für die Fahrgasse und die Stellplätze an der westlichen Grenze zum Grundstück FlNr. … Zur Begründung wurde insoweit ausgeführt, als Nutzung dieser Teilfläche sei öffentliche Grün- und Spielfläche vorgesehen, auf dieser Fläche wären dann Abstandsflächen zulässig. Nach den genehmigten Plänen soll in einem Abstand von 3,21 m von der nördlichen Grundstücksgrenze und von zwischen 3 m im Süden und 5,22 m im Norden von der östlichen Grundstücksgrenze ein zweigeschossiges Gebäude errichtet werden mit Flachdach, die Höhe der nördlichen Außenwand beträgt dabei zwischen 7,75 m und 7,85 m, die Wandhöhe der Überdachung des nach Westen vorspringenden Balkons beträgt 6,50 m. Die Zufahrt zum Grundstück soll von Norden über den Wendehammer erfolgen. Von den genehmigten vier nach Auflage Nr. …zur Baugenehmigung notwendigen auf dem Baugrundstück herzustellenden Stellplätzen sind zwei im südwestlichen Grundstücksbereich und zwei unterhalb des Gebäudes mit Ausfahrt nach Westen hin geplant. Nördlich und östlich des Gebäudes sind nach dem Freiflächengestaltungsplan Sitzgelegenheiten, kleinere Spielgeräte sowie ein Spielhaus vorgesehen, weitere Spielbereiche mit entsprechenden Geräten sind südlich des Gebäudes geplant. Nach dem mit den Bauvorlagen vorgelegten Rahmenkonzept für das Kinderhaus in der …straße sollen die Betreuungszeiten Montag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 16:00 Uhr betragen, die pädagogischen Kernzeiten täglich von 9:30 Uhr bis 13:30 Uhr.
9
Der Baugenehmigungsbescheid wurde im Amtsblatt der Beklagten Nr. … am 21. August 2019 öffentlich bekannt gemacht.
10
Mit am 17. September 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten ließ der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung erheben.
11
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger betreibe auf seinem Grundstück die … GmbH, einen Fachhandel für Bürobedarf. Sein Unternehmen werde täglich mehrfach von Lkw zur Belieferung mit Waren angefahren, zudem herrsche in den Kernzeiten von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr reger Kundenverkehr. Die …straße erschließe das klägerische Grundstück wie das Baugrundstück, sie stelle eine Sackgasse dar und sei in der gesamten Länge als Tempo-30-Zone ausgewiesen. Die Fahrbahn weise eine geringe Breite auf mit beidseitigen Parkbuchten parallel zur Straße. Wegen der Vielzahl an vorhandenen Grundstückszufahrten seien die öffentlichen Parkmöglichkeiten stark eingeschränkt. Am Beginn der Straße befinde sich ein Fahrdienst für Behinderte mit ca. 160 Fahrzeugen, diese beführen die …straße ganztags und benutzten wegen der Ausgestaltung als Sackgasse auch den Wendehammer am südlichen Ende. Es herrsche daher schon jetzt ohne den Betrieb der Kindertagesstätte ein Verkehrs-/Parkplatzchaos. Aufgrund der zu erwartenden Verschlechterung der Verkehrs- und Parkplatzsituation sei die Klage geboten. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig, sie sei nicht nur mit Blick auf das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit zu beanstanden, auch hätten keine Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung vorgelegen, weiter werde auch das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BayBO oder die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BayBO seien nicht gegeben, in dem Bebauungsplan Nr. … aus dem Jahr 1979 ergebe sich keine solche Ausnahmemöglichkeit. Die Begründung für die Erteilung einer Ausnahme nach Art. 63 Abs. 2 BayBO i.V.m. § 8 Abs. 3 BauNVO reiche nicht aus, sie enthalte lediglich die floskelhafte Ausführung, „Die Ausnahme wird hinsichtlich des Allgemeinwohls erteilt“. Dies lasse weder eine Interessenabwägung noch eine Prüfung des Einzelfalls erkennen. Darüber hinaus seien für die wirksame Erteilung einer Ausnahme auch die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB notwendig. Neben Erfordernissen des Allgemeinwohls (Nr. 1) müsse auch die städtebauliche Vertretbarkeit (Nr. 2) gegeben sein, auch dürften die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Die Beklagte habe sich zur städtebaulichen Vertretbarkeit des Vorhabens nicht geäußert. Jedenfalls unter Abwägung der privaten Belange des Klägers sei es keinesfalls städtebaulich vertretbar; dies ergebe sich bereits aus den vielfältigen Problemen der Verkehrs- und Parksituation. Die Kindertagesstätte mit vier Gruppen und damit insgesamt 74 zu betreuenden Kindern stelle im Hinblick auf die im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung als Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO eine störende und damit unzulässige, weil nicht gebietsverträgliche Nutzung dar. Eine Kindertagesstätte könne im vorliegenden Gewerbegebiet nicht als Anlage für soziale Zwecke gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, denn diese Nutzung sei nicht gebietsverträglich. Hinzu komme, dass wegen der besonderen Gegebenheiten vor Ort mit dem Betrieb der Kindertagesstätte Beeinträchtigungen verbunden seien, die sich dem Kläger gegenüber als rücksichtslos darstellten. Dies rühre daher, dass nach den Verhältnissen vor Ort davon ausgegangen werden müsse, dass der durch das Vorhaben ausgelöste und ihm zurechenbare Fahrverkehr nicht in einer noch hinnehmbaren Weise abgewickelt werden könne. Dies würde zusätzliche Unruhe ins Gewerbegebiet hineintragen, deren Auswirkungen dem Kläger nicht zumutbar wären. Im Umgriff des Vorhabensgrundstücks stünden nur wenige Parkplätze zur Verfügung, auf dem Baugrundstück seien nur vier geplant. Aufgrund der Lage in einem Gewerbegebiet sei auszuschließen, dass die Familien, deren Kinder die Kindertagesstätte besuchten, in deren unmittelbarer Nähe wohnten. Deshalb sei in der Zeit zwischen etwa 7:30 Uhr und 8:30 Uhr morgens und auch mittags definitiv mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen. Das Abholen der Kinder am Nachmittag dürfte sich dann über einen längeren Zeitraum von bis zu zwei Stunden erstrecken. Bei einer vollen Belegung sei demnach morgens mit ca. 70 Fahrten zur Einrichtung zu rechnen, dabei sei damit zu rechnen, dass ein Teil der ohnehin knappen Parkplätze in der Umgebung belegt würde. Dies führe zu nicht hinnehmbaren Behinderungen im Ablauf des Betriebs des Klägers. Die täglichen mehrfach an- und abfahrenden Lastkraftwägen sowie der Kundenverkehr und damit verbundene Parkplatzbegehren würden dadurch erheblich beeinträchtigt, dies auch aufgrund der beengten Verhältnisse vor Ort. Auch sei damit zu rechnen, dass sich die Grundstückszufahren wie die zum Grundstück des Klägers von den Fahrzeugen der Eltern zugeparkt würden oder durch ein Parken auf der Straße der Verkehrsfluss behindert oder gänzlich unterbrochen würde. Dies werde dadurch verstärkt, dass es sich um eine Sackgasse handle, sodass die einfahrenden Fahrzeuge auch bis zum Wendehammer fahren und dort wenden müssten, es betreffe auch den Behindertenfahrdienst mit seinen 160 Fahrzeugen. Diesen zu erwartenden Missständen könne voraussichtlich auch nicht durch ordnungsrechtliche Maßnahmen begegnet werden.
12
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2019 (Az.: …) aufzuheben.
13
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020 ausgeführt, die angefochtene Baugenehmigung sei rechtmäßig. Nachdem mehr als 20 Eigentümer von benachbarten Grundstücken am Verfahren beteiligt gewesen seien, sei die Baugenehmigung öffentlich bekannt gemacht worden. Die fristgerecht erhobene Klage sei unbegründet, das Bauvorhaben sei gebietsverträglich, die Ausnahme in Nr. 4 der Baugenehmigung sei gemäß Art. 63 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 BauNVO erteilt worden. Bei der …straße handelt es sich um eine ca. 140 m lange S1. straße mit Wendehammer, in diesem liege die Grundstückszufahrt zur Kindertagesstätte. Ein überdurchschnittlich hoher Parkdruck oder gar Verkehrsprobleme ließen sich bisher nicht bilanzieren. Auf dem Betriebsgrundstück des Klägers seien mehrere Stellplätze vorhanden, die von Kunden genutzt werden könnten. Die Kindertagesstätte biete Platz für 74 Kinder in vier Gruppen und verfüge über vier Stellplätze gemäß der Richtzahlenliste der Stellplatzsatzung der Beklagten. Die Annahme des Klägers, dass 70 von 74 Kindern mit dem Pkw zur Kita gebracht würden, decke sich nicht mit den Erfahrungswerten der Beklagten. Der Anteil der Kinder aus dem näheren Wohnumfeld, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß dorthin begleitet würden, liege deutlich darüber. Das Verkehrsaufkommen werde sich in der …straße erhöhen, zu Überschneidungen mit dem Kundenverkehr werde es allerdings nur bedingt kommen, da die Kinder mehrheitlich früh morgens bis spätestens 8:00 Uhr in die Kita gebracht würden, also vor den regulären Öffnungszeiten des Betriebs des Klägers. Die beanspruchten Parkplätze würden durch die „Elterntaxis“ im Regelfall nur kurzzeitig beansprucht, die Abholzeiten erstreckten sich meist über einen längeren Zeitraum, Stoßzeiten mit einem hohen Verkehrsaufkommen dürften ausbleiben. Eine möglicherweise, wenn auch nur temporär verschärfte Parkplatzsituation im öffentlichen Straßenraum könne kein Ablehnungsgrund für das Bauvorhaben der Beigeladenen sein. Der öffentliche Straßenraum diene der Allgemeinheit, es bestehe kein Anspruch seitens Einzelner auf die öffentlichen Parkflächen. Aus verkehrlicher Sicht bestünden nach Ansicht der Beklagten gegen den Standort keine Bedenken, die Begründung, dass ein neues Bauvorhaben die Verkehrsbelastung in einer Straße oder in einem Gebiet zu stark erhöhen und damit das Bauvorhaben rechtswidrig machen würde, würde eine Nachverdichtung im gesamten Stadtgebiet weitestgehend ausschließen.
15
Der mit Beschluss der Kammer vom 4. Oktober 2019 zum Verfahren beigeladene Bauherr teilte schriftlich mit, dass er zur mündlichen Verhandlung keine Vertretung entsenden werde.
16
In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2021 war der Kläger mit seiner Bevollmächtigten erschienen und übergab eine Heftung mit Lichtbildern.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist unbegründet.
19
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13. August 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
20
Nachdem der Kläger hier als Eigentümer des Nachbargrundstücks gegen die Baugenehmigung klagt, kann die Klage nur erfolgreich sein, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist und die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen ist.
21
Da die Kindertagesstätte als Tageseinrichtung für mehr als zehn Kinder geplant ist, ist diese als Sonderbau gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 12 BayBO einzuordnen, sodass sich der Prüfungsumfang hier aus Art. 60 BayBO ergibt.
22
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1977, da der Bebauungsplan aus dem Jahr 1979 stammt und die geplante Kindertagesstätte auch nach der Ansicht der Parteien unstreitig eine Anlage für soziale Zwecke darstellt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, der hier nach Art. 1 Abs. 3 BauNVO zum Inhalt des Bebauungsplans geworden sind, können Anlagen für soziale Zwecke im vorliegenden Gewerbegebiet ausnahmsweise zugelassen werden. Die von der Beklagten in Ziffer 4 der Baugenehmigung gewährte Ausnahme ist rechtmäßig erteilt worden.
23
Das hier genehmigte Vorhaben ist gebietsverträglich und widerspricht nicht der sich aus § 8 Abs. 1 BauNVO 1977 ergebenden allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets. Das genehmigte Vorhaben ist weder allgemein bei typisierender Betrachtungsweise gebietsunverträglich, noch ergibt sich eine Unzulässigkeit im Einzelfall aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, noch wird das aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1977 hergeleitete Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des Klägers verletzt.
24
1. Nach § 8 Abs. 1 BauNVO 1977 dient das hier festgesetzte Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Der sich daraus ergebenden Zweckbestimmung widerspricht eine Kindertagesstätte bei typisierender Betrachtungsweise anders als eine wohnähnliche Nutzung nicht, da insbesondere der Aufenthalt von Personen in der Kinderbetreuungseinrichtung nur tagsüber erfolgt und somit eine Nutzung während der im Hinblick auf die in einem Gewerbegebiet grundsätzlich zulässigen Immissionen kritischen Nachtzeit nicht erfolgt. Auch sonst ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Kinderbetreuungseinrichtung wie das gegenständliche Vorhaben im festgesetzten GE unzumutbare Störungen auslösen könnte oder solchen ausgesetzt wäre. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den von einem derartigen Vorhaben üblicherweise ausgelösten Verkehr.
25
2. Der Betrieb der hier genehmigten Kindertagesstätte umfasst maximal 74 Kinder in jeweils zwei Gruppen im Kindergarten sowie zwei Gruppen in Kinderkrippen. Gerade das hier vorliegende eingeschränkte Gewerbegebiet, was den Störgrad der nach § 2 Nr. 1.2 der Satzung zulässigen Nutzungen betrifft, lässt nicht erwarten, dass die hier genehmigte Kinderbetreuungseinrichtung unzumutbaren Störungen ausgesetzt sein wird. Ebenso wenig ist im Hinblick auf die sich aus der vorgelegten Betriebsbeschreibung im Rahmenkonzept für das Kinderhaus in der …straße ergebenden Betriebszeiten Montag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 16:00 Uhr, sowie auf die Art und den Umfang des Betriebs davon auszugehen, dass von dem Vorhaben unzumutbare Störungen auf die in der Umgebung vorhandenen Nutzungen ausgehen können.
26
Dies gilt auch durch für den vom Vorhaben ausgelösten Zu- und Abfahrtsverkehr. Insofern ist zu bedenken, dass die nach der Stellplatzsatzung der Beklagten notwendigen vier Stellplätze auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden, wobei die Zufahrt von Norden vom Wendehammer der …straße erfolgt. Relevante Störungen von dem Verkehr auf dem Baugrundstück und den Stellplätzen dort sind im Hinblick auf die Situierung der Stellplätze und der Zufahrt im Hinblick auf die benachbarten Grundstücke nicht zu erwarten. Aber auch der Verkehr auf der …straße, die als ausgebaute Erschließungsstraße für eine Mehrzahl von Gewerbebetrieben dient und am südlichen Ende einen Wendehammer aufweist, ist, nachdem es sich ausschließlich um Pkw-Verkehr zur Tagzeit handeln dürfte, nicht geeignet, unzulässige Beeinträchtigungen, insbesondere durch Immissionen, auf den Anliegergrundstücken hervorzurufen.
27
Die hier gewährte ausnahmsweise Zulassung einer Anlage für soziale Zwecke auf dem Baugrundstück lässt auch nicht befürchten, dass die Festsetzung GE hier obsolet werden könnte, nachdem auf den unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstücken entlang der …straße mehrere größere Gewerbebetriebe ansässig sind. Insofern ist das Vorhaben auch im Hinblick auf seine Größe und Lage nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1977 planungsrechtlich zulässig.
28
3. Es liegt hier auch keine Verletzung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme, hergeleitet aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1977, im Hinblick auf das Anwesen des Klägers vor. Weder löst das genehmigte Vorhaben im Hinblick auf den Gewerbebetrieb des Klägers und dessen Grundstück unzumutbare Belästigungen oder Störungen aus, noch ist die genehmigte Kinderbetreuungseinrichtung solchen Belästigungen oder Störungen vom klägerischen Betrieb und Betriebsgelände aus ausgesetzt.
29
Nach den genehmigten Plänen liegt das Bauvorhaben innerhalb der Baugrenzen und hält die Abstandsflächen nach Norden zum Anwesen des Klägers ein, entsprechende Verstöße wurden von diesem auch nicht gerügt.
30
Soweit der Kläger darauf abstellt, der vom Vorhaben ausgelöste Verkehr, d.h. die Fahrzeugbewegungen und Halte- bzw. Parkvorgänge der ihre Kinder bringenden oder abholenden Eltern, würden zu unzumutbaren Verkehrsverhältnissen in der …straße führen, so ist nach Ansicht der Kammer eine solche außergewöhnliche, den Betrieb des Klägers in relevanten Umfang behindernde oder beeinträchtigende Verkehrsbelastung auf der …straße als Zufahrt zu beiden Vorhaben nicht zu erwarten. So zeigen schon die vom Kläger in der Verhandlung vorgelegten Lichtbilder, die nach dem Vortrag der Klägervertreterin die bereits jetzt völlig unzumutbare Park- und Verkehrssituation in der …straße belegen sollen, keine verkehrswidrigen oder irgendeinen der Anlieger behindernden Park- oder Fahrvorgänge. Zwar ist auf den Lichtbildern ersichtlich, dass die beidseits der Fahrbahn vorhandenen Parkplätze den Lichtbildern nach zu urteilen überwiegend belegt sind. Eine bereits jetzt unzumutbare oder chaotische Parksituation ergibt sich aus den Lichtbildern aber gerade nicht. Die …straße ist als Erschließungsstraße für die angrenzenden Gewerbebetriebe soweit ersichtlich ausreichend dimensioniert, zumal neben den auf den Grundstücken für die jeweilige Nutzung notwendigen Stellplätzen durch die beidseits der …straße verlaufenden Längsparkstreifen in erheblichem Umfang zusätzlicher Parkraum zur Verfügung steht. Auch wenn der zu erwartende zusätzliche Fahr- und Parkverkehr im Hinblick auf den Betrieb des gegenständlichen Vorhabens zu einer Verschlechterung der Park- und Fahrsituation, jedenfalls zu gewissen Tageszeiten, führen kann, so liegen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass eine chaotische oder für den Kläger unzumutbare Verkehrssituation zwangsläufig entstehen muss. Zum einen ist im Hinblick auf die Zahl der Betreuungsplätze von maximal 74 Kindern auszugehen, die am Morgen gebracht und ab Mittag oder im Lauf des Nachmittags abgeholt werden dürften. Wie viele von diesen Kindern von den Eltern mit dem Pkw gebracht werden würden, ist derzeit nicht absehbar, allerdings befindet sich auch umfangreiche Wohnbebauung im näheren Umgriff, und südlich des Bauvorhabens verläuft ein Weg sowohl zur östlich gelegenen …Straße als auch zum westlich gelegenen …, sodass auch eine Ablieferung von Kindern zu Fuß oder mit dem Fahrrad möglich und wohl auch in gewissem Umfang zu erwarten ist. Hinzu kommt, dass entgegen der Angabe der Klägervertreterin die Mehrzahl der Kinder, nämlich 50 von 74, zwischen drei und sechs Jahren alt sein werden und nur zweimal 12 Kinder in den Kinderhortgruppen bis drei Jahre alt. Im Übrigen dürften sich eventuelle Verkehrsprobleme im Wesentlichen auf die Stunde zu Beginn der Öffnungszeit, also ab 7:30 Uhr, beschränken. Sollten etwa in dieser Zeit durch unzulässig parkende Eltern nennenswerte Verkehrsbehinderungen auf der …straße entstehen, könnte und ggf. müsste die Beklagte durch verkehrsrechtliche Ordnungsmaßnahmen dem entgegentreten. Auf jeden Fall hat der Kläger eine eigene Zufahrt zu seinem Grundstück nördlich des Wendehammers, dort dürfte auch der Kunden- und Lieferverkehr stattfinden, eine Beeinträchtigung insofern wäre allenfalls durch in unzulässiger Weise in der Einfahrt parkende Eltern denkbar; dem könnte aber mit zivilrechtlichen oder ordnungsrechtlichen Mitteln entgegengetreten werden. Soweit der Kläger auch Lieferungen durch Lkw erhält, so ist nicht substantiiert dargetan, weshalb diese in Zukunft in unzumutbarer Weise be- oder gar verhindert werden sollten. Im Übrigen ist anzunehmen, dass ein Großteil der Eltern nur wenige Minuten am Morgen bzw. am Nachmittag zum Vorhabensgrundstück fährt bzw. in dessen Umgebung parkt, sodass von dauerhaften Behinderungen und einem Verkehrschaos wohl nicht ausgegangen werden kann.
31
Die von der Klägervertreterin angeführte Entscheidung des VG München vom 7. Dezember 2003, M 8 K 09.4469 betrifft die Zulässigkeit einer Kita in einem reinen Wohngebiet, in dem zudem die Z.straße als S2.straße gewidmet ist. Mit dem vorliegenden Verfahren ist dies nicht vergleichbar, gerade was den Schutzgrad der Nachbarn angeht.
32
Auch sonstige Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften sind hier weder dargetan noch ersichtlich.
33
Damit war die Klage abzuweisen.
34
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Auferlegung von außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen war hier nicht veranlasst, da sich der Beigeladene weder am Verfahren beteiligt noch einen Antrag gestellt hat.
35
Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 1 in Höhe des vorläufig festgesetzten Streitwerts, gegen den die Beteiligten keine Einwendungen erhoben haben, festgesetzt.