Inhalt

VG München, Urteil v. 07.12.2021 – M 19L DK 21.1011
Titel:

Disziplinarklage: Vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst sowie Verstöße gegen Pflicht zu Verfassungstreue und Mäßigung und Zurückhaltung durch Gymnasiallehrerin (hier: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis)

Normenkette:
BayDG Art. 11
Leitsätze:
1. Unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst in Form von Nichtabhaltung von Präsenzunterricht während der Corona-Pandemie ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Lehrerin der Anordnung des Schulleiters zum Tragen einer Mund-Nasen-Maske im Schulgebäude nicht habe nachkommen können, weil das Tragen nicht mit ihrer pädagogischen Überzeugung vereinbar sei. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Beamtin verletzt in schwerwiegender Weise ihre Verfassungstreuepflicht, indem sie die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland infrage stellt (hier: die Äußerungen wie streckenweise Parallelität zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ auf, bei der es sich jedoch um keine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe handelt, die aber in ihrer Ideologie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland als Staat oder jedenfalls einzelner Elemente wie etwa die Gültigkeit von Gesetzen und Wahlen verneint). (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Disziplinarklage, Insbes. vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst sowie Verstöße gegen Pflicht zu Verfassungstreue und Mäßigung und Zurückhaltung durch Gymnasiallehrerin, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Beamtenrecht, Entfernung, Beamtenverhältnis, Lehrer, Unterricht, Fernbleiben vom Dienst, Corona-Pandemie, Präsenzunterricht, Maskentragen, pädagogische Überzeugung, Mund-Nasen-Maske, Verfassungstreuepflicht, Reichsbürger, Reichsbürgerbewegung, Disziplinarverfahren, Klage, Gymnasiallehrerin, Maskentragepflicht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 15.11.2023 – 16a D 22.509
Fundstelle:
BeckRS 2021, 38179

Tenor

I. Gegen die Beklagte wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

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Mit der Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
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1. Die am … Dezember 1970 geborene Beklagte ist seit 1. August 2007 Lehrerin für die Fächer Deutsch und Englisch am …-… Gymnasium (G) in L., dies seit 1. Januar 2010 im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und seit 1. Juni 2016 im Amt einer Oberstudienrätin (Besoldungsgruppe A 14). In den Beurteilungen 2014 und 2018 erhielt sie jeweils das Gesamtergebnis „VE“.
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Die Beklagte ist geschieden und hat drei Kinder (geb. 1999, 2002 und 2004). Sie ist straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
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2. Die Landesanwaltschaft Bayern als Disziplinarbehörde leitete mit Verfügung vom 4. August 2020 ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte ein. Mit Verfügungen vom 30. Oktober, 4. und 14. Dezember 2020 dehnte sie das Disziplinarverfahren auf weitere Vorwürfe aus. Mit Schreiben vom 19. Januar 2021 teilte sie der Beklagten das Ergebnis der Ermittlungen mit. Unter dem Datum des 4. Februar 2021 erstellte der Schulleiter des …G ein Persönlichkeitsbild für die Beklagte. Diese erhielt zu allen Verfahrensschritten die Gelegenheit zur Äußerung, machte hiervon aber nur mit Schreiben vom 1. September 2020 Gebrauch. Im Übrigen wird hinsichtlich des Ablaufs des Disziplinarverfahrens auf die ausführliche Darstellung in der Disziplinarklage (dort S. 4 bis 7) verwiesen.
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3. Am 25. Februar 2021 erhob die Landesanwaltschaft Bayern Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
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die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Sie stützt das Klagebegehren - unter Angabe der einschlägigen Beweismittel - auf folgende Sachverhalte:
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1. Nichterscheinen zum Präsenzunterricht am 18. Mai 2020
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An diesem Tag sei die Beklagte nicht zum Präsenzunterricht erschienen. Nach den coronabedingten Schulschließungen sei der Präsenzunterricht für die Jahrgangsstufen 5 und 6 am Gymnasium an diesem Tag wieder aufgenommen worden. Da die Beklagte in diesen Jahrgangsstufen eingesetzt gewesen sei, hätte für sie der Präsenzunterricht wieder begonnen. Nach dem Hygieneplan der Schule habe die Pflicht bestanden, auf Fluren, Treppen etc. - nicht aber im Unterrichtsraum oder im Lehrerzimmer - eine Mund-Nasen-Maske zu tragen. Die Beklagte habe dem Schulleiter am 15. Mai 2020 ein ärztliches Attest ihres Hausarztes R.K. vom 10. Mai 2020 vorgelegt, in dem die negativen gesundheitlichen Folgen beim Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum aufgezeigt würden. Am 17. Mai 2020 habe sie dem Schulleiter mitgeteilt, dass sie ihren Dienst nicht antreten könne, wenn sie zum Tragen einer Maske verpflichtet sei.
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2. Nichterscheinen zum Präsenzunterricht vom 19. Mai bis 16. Juni 2020
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Auch in diesem Zeitraum sei die Beklagte nicht zum Präsenzunterricht erschienen. Am 19. Mai 2020 habe der Schulleiter ihr angeboten, im Rahmen einer Sonderregelung ohne Mund-Nasen-Schutz vor Unterrichtsbeginn in einen eigens für sie reservierten Eckraum mit eigenem Zugang zu gehen und dort ihre Schüler unter Beachtung der Abstandsregelung zu unterrichten. Dieses Angebot habe die Beklagte mit der Begründung abgelehnt, sie wisse nicht, wie diese Situation auf sie wirke und ob sie nicht plötzlich um sich schlage.
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3. Redebeitrag auf Demonstration am 30. Mai 2020
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Die Beklagte sei am 30. Mai 2020 als Rednerin auf einer öffentlichen Demonstration in … aufgetreten und habe hierbei ausdrücklich (auch) als Lehrerin gesprochen.
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4. Verweigerung einer amtsärztlich angeordneten Untersuchung (Mai/Juni 2020)
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Mit Schreiben vom 18. Mai 2020 habe der Schulleiter des … das Gesundheitsamt Landsberg mit einer Untersuchung der Beklagten beauftragt. Diese habe jedoch jede Kooperation mit dem Gesundheitsamt verweigert, sodass eine auf 4. Juni 2020 terminierte Untersuchung nicht möglich gewesen sei.
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5. Verstoß gegen Hygienekonzept am 17. Juni 2020
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An diesem Tag sei die Beklagte zwar ihrer Pflicht nachgekommen, Präsenzunterricht zu halten. Sie habe dabei jedoch den Mindestabstand zu den Schülerinnen und Schülern nicht eingehalten. Außerdem habe sie eine Bemerkung an einen Schüler gerichtet, wonach dieser seine Mund-Nasen-Bedeckung beim Verlassen des Sitzplatzes nicht anzulegen brauche.
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6. Nichterscheinen zum Präsenzunterricht seit 18. Juni 2020
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Nach einem Streitgespräch mit dem Schulleiter zu den einzuhaltenden Corona-Schutzmaßnahmen am Morgen dieses Tages habe die Beklagte die Schule verlassen und diese auf dem Flur laut vernehmlich als „Saftladen“ bezeichnet. Seit diesem Tag sei sie nicht mehr zum Präsenzunterricht erschienen und habe weder eine Entschuldigung noch ein ärztliches Attest vorgelegt. Ihren Schülerinnen und Schülern habe sie seit diesem Zeitpunkt lediglich einzelne Arbeitsaufträge im Rahmen des „Homeschoolings“ geschickt.
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7. Nichtvorlage eines fachärztlichen Gutachtens
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Der Schulleiter habe die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juli 2020 aufgefordert, ein fachärztliches Attest über die negativen Auswirkungen des Tragens einer Mund-Nasen-Maske auf ihre Gesundheit vorzulegen. Dieser Aufforderung sei sie bislang nicht nachgekommen.
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8. Nichterscheinen zum Gespräch mit dem Schulleiter am 19. Juni 2020
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Der Schulleiter habe die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juni 2020 angewiesen, am Folgetag zu einem Dienstgespräch in seinem Büro zu erscheinen. Dem sei sie nicht nachgekommen.
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9. Versenden eines Arbeitsauftrags mit unsachlichem Kommentar
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Die Beklagte habe am 22. Juni 2020 an die Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler der Klasse 6b einen Arbeitsauftrag verschickt und dabei erklärt, dass sie im Moment keinen Unterricht halten könne, weil sie die Überwachungsmaßnahmen, die das Ministerium vorgebe, bzw. die derzeitigen Unterrichtsbedingungen mit ihrem pädagogischen Ethos nicht vereinbaren könne.
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10. Interview vom 8. August 2020 (Teil 1)
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Die Beklagte sei am 8. August 2020 interviewt worden. Das Interview sei auf Video aufgezeichnet worden und nach wie vor im Internet öffentlich abrufbar … TV …
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11. Interview vom 8. August 2020 (Teil 2)
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Auch der zweite Teil des Interviews sei auf Video aufgezeichnet worden und nach wie vor im Internet öffentlich abrufbar … TV …
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12. Schreiben an die Eltern der Klasse 10b
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Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt habe die Beklagte unter dem Datum „Oktober 2020“ ein Schreiben an die Eltern der Klasse 10b gerichtet, in dem sie darlege, warum sie nicht mehr am …G unterrichte.
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13. Strafbefehl des Amtsgerichts Landsberg am Lech
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Die Beklagte sei mit Strafbefehl des Amtsgerichts Landsberg am Lech wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tateinheitlichen Fällen und Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen nach §§ 113 Abs. 1, 185, 194, 52, 53 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt worden. Der seit 10. Dezember 2020 rechtskräftige Strafbefehl enthalte folgende tatsächliche Feststellungen, die im Disziplinarverfahren nach Art. 25 Abs. 2 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt würden:
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„1. Am 24.10.2020 wurden Sie durch die uniformierten Polizisten POM K. und PM Sch. bei der angemeldeten und genehmigten Versammlung „Gegen Maskenpflicht“ … in L. gegen 11:45 Uhr angetroffen und wegen des Fehlens eines Mund-Nasen-Schutzes einer Kontrolle unterzogen. Bei dieser Kontrolle zeigten Sie eine Bescheinigung vom 10.05.2020 vor, mit welcher attestiert wird, „dass das Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum Auswirkungen auf Ihre Gesundheit haben kann“.
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Als die Beamten Sie daraufhin aufforderten, Ihre Identität nachzuweisen und einen Personalausweis vorzulegen, verweigerten Sie Angaben hierzu und übergaben einen 1988 ausgestellten Führerschein. Deshalb wurde Ihnen eröffnet, dass Sie zur vollständigen Identitätsfeststellung zur Dienststelle der Polizeiinspektion Landsberg verbracht werden, wogegen Sie sich trotz Androhung unmittelbaren Zwangs verwerten, sodass Sie zum Teil zum Dienstfahrzeug getragen werden mussten. Dabei versuchten Sie sich aus dem Griff der Beamten zu reißen, zogen Ihre Arme mit hohem Kraftaufwand nach hinten und drehten und wanden die Arme aus dem Griff der Beamten, warfen sich nach ca. fünf Minuten auf den Boden, sodass Sie den restlichen Weg getragen werden mussten. Beim Verbringen in das Dienstfahrzeug stießen Sie sich mit den Füßen an der Rückenlehne ab, sodass Sie und die Beamten wieder aus dem Fahrzeug gedrückt wurden. Letztlich wurden Sie von den Beamten in das Fahrzeug gehoben und zur Dienststelle verbracht. Dort angekommen, weigerten Sie sich, das Dienstfahrzeug zu verlassen, so dass Sie in das Gebäude der Polizeiinspektion Landsberg getragen werden mussten.
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Nachdem Sie angekündigt hatten, wieder ohne Mund-Nasen-Schutz an der Versammlung teilzunehmen, wurde Ihnen der Sicherheitsgewahrsam bis zum Versammlungsende angedroht und Sie wurden - wegen der Verweigerung, selbstständig zu gehen - in die Gewahrsamszelle getragen.
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2. Als Ihnen gegen 15:05 Uhr auf der Dienststelle der Polizeiinspektion Landsberg durch die Beamten PMin B., PM M. und POM F. die Entlassung aus dem Gewahrsam bekannt gegeben wurde, forderten Sie, zur Demonstration zurückgebracht zu werden, und äußerten hierbei gegenüber den drei Beamten: „Ihr seid alles Kasperl!“, um Ihre Missachtung gegenüber den anwesenden Beamten kundzutun.
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Die Beamten wie auch deren Dienstvorgesetzter stellten form- und fristgerecht Strafantrag.“
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Der Redebeitrag der Beklagten auf der Demonstration in L. am 30. Mai 2020 (Vorwurf 3), das am 8. August 2020 mit ihr geführte Interview (Vorwürfe 10 und 11) und ihre Schreiben an Eltern, Schülerinnen und Schüler vom 22. Juni und Oktober 2020 (Vorwürfe 9 und 12) sind vollständig in der Disziplinarklage wiedergegeben. Hierauf wird Bezug genommen.
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Durch das unter Nr. 1, 2 und 6 geschilderte Verhalten (Nichterscheinen zum Präsenzunterricht) habe die Beklagte innerdienstlich gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstausübung (§ 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) verstoßen. Sie sei dem Dienst vorsätzlich ferngeblieben. Dieses Verhalten könne sie nicht mit Hinweis auf die von ihr persönlich abgelehnte Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes rechtfertigen. Das von ihr vorgelegte Attest vom 10. Mai 2020 sei rechtlich nicht geeignet, sie von der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu dispensieren. Die Beklagte stelle überdies eine unzulässige Verknüpfung zwischen ihrer Dienstpflicht als Angehörige des öffentlichen Dienstes und den von ihr als Privatperson abgelehnten Corona-Schutzmaßnahmen her.
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Durch das unter Nr. 3, 10 und 11 geschilderte Verhalten (Äußerungen auf einer öffentlichen Demonstration und in einem Interview) habe sie innerdienstlich gegen ihre Pflicht zur Mäßigung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG) verstoßen. Die Pflichtverletzung sei als innerdienstliche zu qualifizieren, weil die Beklagte mehrfach ihre Stellung als Lehrerin und ihre pädagogische Einstellung herausgestrichen sowie innerdienstliche Angelegenheiten wie den Konflikt mit dem Schulleiter thematisiert habe. Ein Beamter dürfe nicht die dienstlichen Maßnahmen, die er selbst - wenngleich weisungsgebunden - mitzutragen habe, in der Öffentlichkeit in unsachlicher oder grob überzogener Weise angreifen. Auf der Demonstration habe die Beklagte die Forderung zur Einhaltung eines Mindestabstands von eineinhalb Metern öffentlich als „Indoktrination“ bezeichnet. Sie könne und wolle das Kindern nicht beibringen. Außerdem habe sie in dem Interview die Grenze des Tolerierbaren überschritten mit Äußerungen wie
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„Die Marionetten, die unsere Politik gemacht haben, waren erpressbar.“
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„Es gibt ja Bünde, ich mein dieses ganze System, dieses Kasperl-Marionetten-System an der Spitze unserer Politiker.“
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Durch das in Nr. 10 und 11 geschilderte Verhalten habe sie zugleich gegen die Pflicht zur Verfassungstreue (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Sie habe sich in dem Interview u.a. wie folgt geäußert:
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„Es geht nur noch um die EU, wir haben keinen Geltungsbereich mehr für dieses GG.“
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„Und das heißt aber, dass wir keinen Geltungsbereich mehr für dieses GG haben, den haben wir nicht mehr.“
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„Naja die Verfassung, die Reichsverfassung hat ihre Gültigkeit behalten.“
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„§ 20 des GG aber wie wir wissen jetzt hier im Gespräch des des nicht mehr gilt, aber es gibt ja Leute, die noch dran glauben.“
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Durch das in Nr. 3, 10 und 11 dargestellte Verhalten habe die Beklagte zugleich den Tatbestand einer unzulässigen „Flucht an die Öffentlichkeit“ verwirklicht.
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Durch das in Nr. 4, 5, 7 und 8 vorgeworfene Verhalten (Nichtbefolgung von Weisungen des Schulleiters) habe sie innerdienstlich gegen ihre Gehorsamspflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Zu den zu befolgenden Anordnungen gehörten insbesondere die Vorgaben des schulischen Hygienekonzepts.
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Das unter Nr. 9 und 12 geschilderte Verhalten (Schreiben an Eltern und Schüler) verstoße innerdienstlich gegen die Pflicht zur Mäßigung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Indem sie im Zusammenhang mit den Infektionsschutzmaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie von „Überwachungsmaßnahmen der Schüler, die das Ministerium vorgibt“ gesprochen habe, habe sie die in einem rechtsstaatlichen Verfahren beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen zu desavouieren und ihre eigene Sichtweise unter Berufung auf ihr „pädagogisches Ethos“ als moralisch überlegen darzustellen versucht. Die Grenzen des Tolerierbaren habe sie überschritten, indem sie „Politiker, denen viele Menschen noch Vertrauen schenken“ in Zusammenhang mit „unbeschreiblich grausam(en)“ Verbrechen wie Kinderhandel und Pädophilie gebracht habe.
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Durch das unter Nr. 13 geschilderte und mit Strafbefehl geahndete Verhalten habe sie außerdienstlich gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
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Die Maßnahmebemessung richte sich in erster Linie nach der schwereren Verfehlung. Das vorsätzliche, sich (unter Abzug der Schulferien) nun über mehr als vier Monate erstreckende Fernbleiben vom Dienst sei hier Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung. Nicht minder schwer würden die wiederholten Verstöße gegen die Pflicht zur Mäßigung (Nr. 3, 9 und 12) und die Verstöße gegen die Pflicht zur Verfassungstreue (Nr. 10 und 11) wiegen. Erhebliches disziplinarisches Eigengewicht hätten auch die Vorwürfe aus dem Strafbefehl. Insoweit sehe § 113 Abs. 1 StGB Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor, so dass bereits deshalb auf der ersten Prüfungsstufe die Ahndung bis zur disziplinaren Höchstmaßnahme eröffnet sei. Angesichts dessen träten die Verstöße gegen die Folgepflicht des § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG in den Hintergrund.
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Milderungsgründe lägen nicht vor. Das Persönlichkeitsbild sei zwar für die Zeit vor der Corona-Pandemie durchaus positiv, für die Zeit danach werde allerdings ein ganz überwiegend negatives Bild der Beklagten als Beamtin gezeichnet.
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In der Gesamtschau aller Umstände sei die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten und stelle sich nicht als unverhältnismäßig dar.
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Die Beklagte sandte anfangs die ihr zugestellte Disziplinarklage an das Verwaltungsgericht zurück. Nachdem ihr diese auf ihr Ersuchen nochmals übersandt worden war, äußerte sie mit Schreiben vom 2. Dezember 2021, sie habe bis 31. Juli 2020 weiterhin PDF-Dateien für den Distanzunterricht am …G erstellt. Da Masken die Gefahr einer Hyperkapnie mit sich brächten und Abstandhalten den grundlegenden Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen nach Nähe widerspreche, sei es für sie als Lehrerin nicht zumutbar, diese menschlichen Grundbedürfnisse einzuschränken, außer bei Gefahr in Verzug. Andernfalls würde sie schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begehen. Seit etwa Anfang April 2020 habe sie bei sich Stresssymptome feststellen können (Herzrasen, Panikattacken, Schlaflosigkeit, später auch Gewichtsabnahme). Auch das Tragen eines Schals oder Face-Shields könne sie mit ihrer Vorbildfunktion als Lehrerin nicht vereinbaren. Als Beamtin sei sie Repräsentantin des Staates, der dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet sei, und auch Repräsentantin der Allgemeinheit. Ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis widerspreche dem Wesen der Allgemeinheit, mit dem ein Ausschluss nicht vereinbar sei. Die Verpflichtung, im Unterricht eine Maske zu tragen bzw. die Schülerinnen und Schüler dabei zu überwachen, dass sie Abstand halten und Maske tragen würden, sei kein rechtlich gangbarer Weg, weil es nicht im Gesetz vorgesehen sei. Sie und ihre Kinder hätten durch den Ausschluss von der Beihilfeberechtigung infolge der Verlustfeststellung der Bezüge erheblichen Schaden erlitten. Deshalb bitte sie um angemessene Entschädigung und infolge der körperlichen Symptome um sofortige Versetzung in den Ruhestand.
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Das Gericht hat am … Dezember 2021 mündlich verhandelt. Die Beklagte legte in der mündlichen Verhandlung ein Attest von R.H. (Klassische Homöopathie, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychosomatische Grundversorgung) vom 26. November 2021 vor und betonte, sie sei dem Dienst nicht mit Vorsatz ferngeblieben. Vielmehr habe Dienstunfähigkeit vorgelegen, weil sie infolge der veränderten Bedingungen im Schulbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie aus Gewissensgründen keinen Dienst mehr habe leisten können. Sie beantragte,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Disziplinarakte, der Personalakte und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Gegen die Beklagte wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt
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1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagten wurde in allen Verfahrensabschnitten Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt. Einen Antrag auf Beteiligung der Personalvertretung hat sie nicht gestellt.
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2. Das Gericht legt der Beklagten sämtliche in der Disziplinarklage aufgeführten Handlungen zur Last.
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2.1. Die Vorwürfe des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst ergeben sich aus den bei der Disziplinarakte befindlichen Schreiben des Schulleiters, an dessen Darstellung das Gericht keine Zweifel hat. Danach ist die Beklagte letztendlich - mit Ausnahme des 17. Juni 2020 - seit 18. Mai 2020 nicht mehr zum Dienst im …G erschienen. Seit diesem Tag sind bis zur Erhebung der Disziplinarklage am 25. Februar 2021 rund neun Monate vergangen, bis zur mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2021 rund 18,5 Monate. Von diesen Zeiträumen sind die auf die Schulferien entfallenden Zeiten abzuziehen, in denen für die Beklagte keine Dienstleistungspflicht in der Schule bestand (bis 25.2.2021 rund 12 Wochen, bis 7.12.2021 rund 23 Wochen), so dass unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von rund sechs Monaten bis zur Erhebung der Disziplinarklage und von rund 13 Monaten bis zur mündlichen Verhandlung vorliegt.
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2.2. Die Äußerungen der Beklagten in ihrem Redebeitrag auf der Demonstration in Landsberg am 30. Mai 2020 und in dem am 8. August 2020 mit ihr geführten Interview lassen sich dem Filmmaterial entnehmen, das auf Sticks gespeichert der Disziplinarakte beigefügt ist. Die Redebeiträge sind zudem wörtlich in der Disziplinarklage widergegeben. Die Schreiben der Beklagten an Eltern, Schülerinnen und Schüler vom 22. Juni und Oktober 2020 befinden sich ebenfalls in der Disziplinarakte.
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2.3. Die der Beklagten weiter vorgeworfenen Verstöße gegen dienstliche Anordnungen und allgemeine Richtlinien ergeben sich ebenfalls aus den Schreiben des Schulleiters in der Disziplinarakte.
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2.4. Die tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Landsberg, rechtskräftig seit 10. Dezember 2020, sind zwar nicht bindend, das Gericht kann sie dem Urteil jedoch nach Art. 55 Halbs. 1, Art. 25 Abs. 2 BayDG ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Eine Entkräftung der Indizwirkung des Strafbefehls hat die Beklagte nicht vorgenommen.
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2.5. Sie hat die Vorwürfe überdies inhaltlich nicht bestritten, sondern wertet ihr Vorgehen lediglich nicht als Dienstpflichtverletzung.
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3. Mit ihrem Verhalten hat die Beklagte gegen ihre beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen.
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3.1. Mit dem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst hat sie ihre Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), und ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauensvollem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt.
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Ihr Vorbringen im behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahren lässt die Vorwürfe des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst nicht entfallen.
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3.1.1. Die Erstellung von Unterlagen zur Online-Beschulung von Schülerinnen und Schülern oder zur Verwendung durch andere Lehrkräfte im Präsenzunterricht steht der Annahme des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst nicht entgegen. Diese Tätigkeit kann nicht als Ersatz für den in Anwesenheit im Schulgebäude und in den einzelnen Klassen abzuhaltenden Präsenzunterricht gesehen werden. Zum einen knüpft der Begriff des nicht genehmigten Fernbleibens vom Dienst an die formale Dienstleistungspflicht des Beamten an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von einem Beamten in erster Linie, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (BVerwG, U.v. 24.7.2020 - 3a A 1739.19.O - juris Rn. 55; B.v. 31.7.2019 - 2 B 56.18 - juris Rn. 6). Damit hat die Beklagte als Gymnasiallehrerin in Zeiten des Präsenzunterrichts im Schulgebäude zu erscheinen und zu den vorgegebenen Stunden Unterricht in den ihr zugeteilten Klassen zu halten. Zum anderen obläge die Verpflichtung zur Abhaltung von Präsenzunterricht in unzumutbarer Weise Lehrerkolleginnen und -kollegen, wenn eine Lehrkraft ihrer Dienstleistungspflicht durch die Erstellung von Unterrichtsmaterial genügen könnte.
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3.1.2. Hinsichtlich der Zeiten, in denen die Beklagte ihre Dienstpflicht verletzt hat, ist eine etwaige, ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst ausschließende Dienstunfähigkeit nicht ersichtlich. Nicht zur Dienstleistung verpflichtet ist ein Beamter nur dann, wenn er dienstunfähig ist und die Dienstunfähigkeit wegen Krankheit auf Verlangen nachgewiesen hat (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Beamtengesetz - BayBG; vgl. BVerwG, U.v. 24.7.2020 - 3a A 1739.19.O - juris Rn. 16). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
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Dem in der mündlichen Verhandlung am *. Dezember 2021 vorgelegten Attest von R.H. (Klassische Homöopathie, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychosomatische Grundversorgung) kommt kein ausreichender Beweiswert für den Nachweis einer Erkrankung der Beklagten im vorgeworfenen Zeitraum zu. Nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BayBG i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV) sind eine Erkrankung und ihre voraussichtliche Dauer dem Dienstherrn unverzüglich anzuzeigen; bei einer mehr als drei Kalendertage andauernden Erkrankung ist spätestens am darauffolgenden Arbeitstag ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. Diese Anzeige- und Mitwirkungspflicht dient auch dazu, den Dienstherrn in die Lage zu versetzen, auf die längerfristige Erkrankung eines Beamten mit der Anforderung eines amtsärztlichen Gutachtens zu reagieren und hierdurch nähere Informationen über Inhalt und Umfang der Erkrankung der Beklagten, ihre voraussichtliche Dauer und die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb zu erlangen. An den Nachweis der Dienstunfähigkeit für zurückliegende Zeiträume sind daher strenge Anforderungen zu stellen, denen das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Attest nicht genügt. Es datiert vom 26. November 2021 und gibt an, die Beklagte sei seit 26. Juli 2021 in Behandlung des ausstellenden Arztes. Ohne nähere Angaben zur durchgeführten Exploration, zur Expertise des behandelnden Arztes im Hinblick auf Aussagen zu vergangenen Zeiträumen sowie zu Umfang und Intensität der ärztlichen Behandlung wird darin die Aussage getroffen, bei der Beklagten sei seit April 2020 keine Arbeitsfähigkeit mehr gegeben. Darüber hinaus stellt R.H. als Facharzt für Allgemeinmedizin Diagnosen zu einer außerhalb seines Fachgebiets liegenden psychischen Erkrankung (Anpassungsstörung, Panikattacken, reaktive Depression und Globusgefühl, jeweils mit Klassifizierung nach ICD 10), so dass auch deshalb der Beweiswert seiner Aussagen erheblich einschränkt ist. Die Absolvierung eines Kurses zur „Psychosomatischen Grundversorgung“ ist mit der Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie nicht gleichzusetzen. Darüber hinaus genügen die als Diagnose genannten Schlagworte angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes bei psychischen Erkrankungen nicht den Anforderungen an eine ausreichende Konkretisierung.
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3.1.3. Weiter ändert es am Tatbestand des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nichts, dass die Beklagte die Nichtabhaltung von Präsenzunterricht damit rechtfertigt, dass sie der Anordnung des Schulleiters zum Tragen einer Mund-Nasen-Maske im Schulgebäude nicht nachkommen habe können, weil das Tragen nicht mit ihrer pädagogischen Überzeugung vereinbar sei. Um ein Fernbleiben vom Dienst als unberechtigt einzustufen, kommt es nicht darauf an, ob materiell ein Anspruch auf Freistellung oder Urlaub etc. bestand. Vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Entbindung von der Dienstleistungspflicht (BVerwG, B.v. 31.7.2019 - 2 B 56.18 - juris Rn. 6; OVG Schleswig-Holstein, B.v. 8.10.2021 - 14 MB 1.21 - juris Rn. 7), die hier durch den Schulleiter auszusprechen gewesen wäre und gerade nicht vorliegt. Es war der Beklagten auch nicht gestattet, sich der allgemeinen Maskentragepflicht im Schulgebäude durch Fernbleiben vom Dienst zu entziehen. Eine solche „Selbsthilfe“ ändert nichts am Vorliegen des disziplinarrechtlich relevanten Tatbestands des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst (BVerwG, B.v. 31.7.2019 - 2 B 56.18 - juris Rn. 11 für den Fall der unterwertigen oder nicht auslastenden Beschäftigung).
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Eine sonstige, aus rechtlich anzuerkennenden (vgl. BVerwG, B.v. 31.8.2001 - 1 DB 23.01 - juris Rn. 7) oder verfassungsrechtlichen Gründen vorliegende Befreiung von der Dienstleistungspflicht infolge der im Schulgebäude weitgehend bestehenden Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Maske liegt nicht vor. Die Maskentragepflicht, die ihre Rechtsgrundlage während der der Beklagten vorgeworfenen Zeiträume des unberechtigten Fernbleibens vom Dienst in verschiedenen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen (BayIfSMV) fand, hat eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage und war auch im Übrigen verfassungsmäßig (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2021 - 25 NE 21.2372 - juris Rn. 23; B.v. 22.6.2021 - 25 NE 21.1709 - juris Rn. 28 ff.; B.v. 26.4.2021 - 20 CE 21.114 - juris Rn. 17). Damit erfolgte auch die im Mai und Juni 2020 mehrfach ausgesprochene Anordnung des Schulleiters an die Beklagte zum Tragen einer Maske im Schulgebäude in rechtmäßiger Weise.
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Unabhängig hiervon wäre die Beklagte auch an eine rechtswidrige Weisung gebunden gewesen (BVerwG, U.v. 13.12.2000 - 1 D 34.98 - juris Rn. 41) und hätte der Bindung nur durch Inanspruchnahme von (Eil-)Rechtsschutz, nicht aber durch „Selbsthilfemaßnahmen“ entgehen können. Eine ausnahmsweise Befreiung von der Gehorsamspflicht wegen offensichtlicher und schwerwiegender Rechtswidrigkeit der Anordnung im Zeitpunkt des Erlasses (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2000 - 1 D 34.98 - juris Rn. 42) ist wie dargestellt hier nicht gegeben.
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Die Beklagte war auch nicht aus gesundheitlichen Gründen von der Maskentragepflicht zu dispensieren. Die von ihr dem Schulleiter vorgelegte Bescheinigung von R.K. (Praktischer Arzt/Homöopathie) vom 10. Mai 2020 ist nicht geeignet, einen Befreiungstatbestand oder die Unzumutbarkeit der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu belegen. Erforderlich ist insoweit, dass die vorgelegte ärztliche Bescheinigung nachvollziehbare Befundtatsachen und eine Diagnose enthält (vgl. nur BayVGH, B.v. 26.4.2021 - 20 CE 21.1141 - juris Rn. 19 ff.). Das eingereichte Formblatt, in das Name, Geburtsdatum und Anschrift der Beklagten eingetragen sind, entbehrt einer Individualisierung auf ihre Person, erläutert nicht, ob und in welchem Umfang eine Untersuchung der Beklagten stattgefunden hat, und enthält auch keine Diagnose, die die Dispensierung von der Maskentragepflicht rechtfertigen könnte. Zudem attestiert es lediglich, „dass das Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum Auswirkungen auf Ihre Gesundheit haben kann“, lässt aber eine Konkretisierung des „längeren Zeitraums“ im Hinblick auf den Schulbetrieb und eine Konkretisierung der möglichen Auswirkungen auf die Person der Beklagten vermissen, die aber erforderlich wären, um eine Zumutbarkeitsprüfung durchführen zu können.
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3.2. Die Beklagte hat weiter mit den Äußerungen im August 2020 auf … TV (Vorwürfe 10 und 11) gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen.
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3.2.1. Diese Regelung fordert, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S.d. Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 17; ähnlich bereits B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - juris Ls. 2) führt hierzu aus:
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„Berufsbeamte und Berufsrichter unterliegen einer politischen Treuepflicht, die zu den von Art. 33 Abs. 5 GG garantierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt. Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse - innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln - eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. Unverzichtbar ist, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Beamte, der dies tut, genügt seiner Treuepflicht und kann von diesem Boden aus auch Kritik äußern und Bestrebungen nach Änderungen der bestehenden Verhältnisse - im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und auf verfassungsmäßigen Wegen - unterstützen. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern auch dadurch, dass der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.“
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3.2.2. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte in schwerwiegender Weise ihre Verfassungstreuepflicht verletzt, indem sie die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland infrage gestellt hat. Ihre Äußerungen weisen dabei streckenweise Parallelität auf zur sogenannten „Reichsbürgerbewegung“, bei der es sich jedoch um keine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe handelt, die aber in ihrer Ideologie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland als Staat oder jedenfalls einzelner Elemente wie etwa die Gültigkeit von Gesetzen und Wahlen verneint. Gerade die Gültigkeit der Wahlen und die Geltung des Grundgesetzes stellen jedoch die Grundfeste der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2021 - 16a D 19.989 - juris Rn. 60 m.w.N.). Dagegen ist eine Identifizierung der Beklagten mit der Bundesrepublik ohne innere Distanz, wie es die Verfassungstreuepflicht erfordert, nicht zu erkennen.
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Dies äußert sich darin, dass sie in dem Interview auf … TV aktiv insbesondere
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- die Gültigkeit der Wahlen und
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- mehrfach die Gültigkeit des Grundgesetzes verneint,
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- die Geltung der Reichsverfassung bejaht,
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- das herrschende politische System als „Kasperl-Marionetten-System“ bezeichnet
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- äußert, dass das Politische alles nichts mehr tauge und
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- meint, dass der Friedensvertrag mit Russland und Amerika erst noch abzuschließen sei.
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Hinzu kommt, dass sie während des mehr als einstündigen Gesprächs an keiner Stelle den teilweise nur kruden, teilweise aber ebenfalls gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Äußerungen des Interviewers entgegentritt oder sich auch nur davon distanziert. Vielmehr stimmt sie ihm vielfach zu oder vollendet seine Sätze und damit seine abwegigen Gedankengänge.
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3.3. Die Äußerungen der Beklagten bei der Demonstration in Landsberg am 30. Mai 2020 (Vorwurf 3), in den Anschreiben an Schülerinnen und Schüler sowie Eltern vom 22. Juni 2020 und Oktober 2020 (Vorwürfe 9 und 12) und in dem Interview auf … TV (Vorwürfe 10 und 11) stellen zudem einen Verstoß gegen das beamtenrechtliche Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung dar. Der genaue Wortlaut ihrer Aussagen lässt sich jeweils aus Disziplinarklage entnehmen. Beispielhaft sind insoweit zu nennen Äußerungen der Beklagten auf der Demonstration zur Indoktrination der Schüler durch die Verpflichtung zu Abstandhalten und Masketragen und zum Überwachungsstaat (Disziplinarklage S. 10), in den beiden Schreiben zu den Überwachungsmaßnahmen des Ministeriums und zu Missbrauchsvorwürfen gegen namhafte Politiker (Disziplinarklage S. 13 und 48) sowie in dem Interview insbesondere zu ihren Ansichten im Hinblick auf die nicht bestehende Gefährlichkeit und Letalität von Corona, ihrem Aufruf an die Eltern, die Kinder von der Schule daheim und auf dem Spielplatz spielen zu lassen, zur Erpressbarkeit von Politikern und zu Inhalten, die sie in einem Buch von Daniel Prinz nachgelesen habe (Disziplinarklage S. 40 ff.).
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Eine Gesamtschau der vorgeworfenen Äußerungen lässt den Schluss zu, dass die Beklagte die freiheitliche demokratische Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht anerkennt und dies auch offen erklärt.
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3.4. Im Übrigen wird auf die Darstellung der verletzten Pflichten in der Disziplinarklage (dort S. 51 bis 56) verwiesen.
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4. Der Verstoß gegen die beamtenrechtlichen Pflichten begründet eine inner- (Vorwürfe 1 bis 12) und außerdienstliche Dienstpflichtverletzung (Vorwurf 13).
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4.1. Die Vorwürfe 1 bis 12 sind als innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zu qualifizieren, weil das pflichtwidrige Verhalten in das Amt der Beklagten und in ihre dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 11).
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Auch der Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG stellt dabei ein innerdienstliches Dienstvergehen dar. Die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt. Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht als verfassungsrechtlich verankerte Kernpflicht ist deshalb stets als Dienstvergehen innerhalb des Dienstes zu werten, selbst wenn die pflichtwidrigen Handlungen außerhalb des Dienstortes und der Dienstzeit verübt wurden (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25.17 - juris Rn. 85; BayVGH, U.v. 28.7.2021 - 16a D 19.989 - juris Rn. 78).
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4.2. Im Hinblick auf den Strafrahmen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, der nach § 113 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren beträgt, ist hier auch das mit dem Strafbefehl geahndete außerdienstliche Verhalten der Beklagten nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG disziplinarrechtlich relevant. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.6.2020 - 2 C 12.19 - juris Rn. 16) sieht die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Verhaltens bei einer Strafandrohung von Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren als gegeben an.
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5. Der Beklagten ist hinsichtlich aller Vorwürfe Vorsatz anzulasten.
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Dies gilt auch im Hinblick auf das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst, bei dem sie den Vorsatz mit der Begründung verneint, dass Dienstunfähigkeit vorgelegen habe, weil sie infolge der veränderten Bedingungen im Schulbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie aus Gewissensgründen keinen Dienst mehr habe leisten können. Zum einen unterscheidet sie mit ihrem Vortrag nicht zwischen dem Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst einerseits und dem darauf bezogenen Vorsatz andererseits. Zum anderen liegt bedingter Vorsatz bereits dann vor, wenn der Beamte es ernsthaft für möglich hält, dienstfähig zu sein und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die Dienstleistungspflicht zu verletzen. Dies ist auch dann der Fall, wenn er sich mit einem an sich unerwünschten, aber notwendigerweise eintretenden Erfolg um seines erstrebten Zieles willen abfindet (BVerwG, U.v. 12.11.2020 - 2 C 6.19 - juris Rn. 26). An diesem Maßstab orientiert hat die Beklagte bei ihrem unerlaubten Fernbleiben bedingt vorsätzlich gehandelt, weil sie dem Unterricht mit dem Ziel fernblieb, der Maskentragepflicht mit den von ihr erkannten negativen Auswirkungen auf Schülerinnen und Schüler sowie den Schulbetrieb zu entgehen.
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6. Das Fehlverhalten der Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.
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6.1. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12; U.v. 18.6.2015 - 2 C 9.14 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 5.10.2016 - 16a D 14.2285 - juris Rn. 55). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BayVGH, U.v. 29.6.2016 - 16b D 13.993 - juris Rn. 36).
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Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gutzumachende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16a D 13.1540 - juris Rn. 67).
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Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U.v. 11.5.2016 - 16a D 13.1540 - juris Rn. 66). Hier wiegen das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst und die Verstöße gegen die Pflicht zu Verfassungstreue sowie zu Mäßigung und Zurückhaltung in etwa gleich schwer.
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6.2. Bereits das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von sechs Monaten bei Klageerhebung und von 13 Monaten im Zeitpunkt dieses Urteils rechtfertigt die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Es betrifft den Kernbereich der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis und stellt ein schweres Dienstvergehen dar. Ein vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis endgültig zu zerstören. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen derart langen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Dies gilt auch im Fall des Fernbleibens vom Dienst im Wege der „Selbsthilfe“ (BVerwG, U.v. 12.11.2020 - 2 C 6.19 - juris Rn. 22).
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6.3. Auch die schuldhafte Missachtung der politischen Treuepflicht ist disziplinarrechtlich von erheblicher Bedeutung, weil die Einhaltung dieser Pflicht unverzichtbare beamtenrechtliche Kernpflicht ist. Das Verhalten der Beklagten macht deutlich, dass sie die Amtspflicht, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S.d. Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten, nicht erfüllt. Sie hat die Geltung des Grundgesetzes als Grundlage staatlicher Legitimation in ihren öffentlichen Äußerungen mehrfach verneint und damit zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie die geltende staatliche Ordnung nicht anerkennt. Ihr Verhalten ist geeignet, einen erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust herbeizuführen. Durch die schwerwiegende Verletzung ihrer Grundpflichten aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG hat sie das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit als auch des Dienstherrn in eine zukünftige amtsentsprechende Dienstführung zerstört. Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337.08 - juris Rn. 18 und 22; BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25.17 - juris Rn. 91).
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6.4. Erschwerend wirken weiter die anderen Verstöße gegen Dienstpflichten, so der zweifache Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und die dreifache Beleidigung, die mit Strafbefehl geahndet wurden, sowie die vier Weisungsverstöße.
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Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist deshalb angesichts der Schwere der Pflichtenverstöße die konsequente und notwendige Ahndungsmaßnahme.
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7. Anhaltspunkte für das Vorliegen von durchgreifenden Milderungsgründen sind nicht erkennbar.
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7.1. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens kann die Tatsache, dass die Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und bis zum Beginn des Präsenzunterrichts nach den coronabedingten Schulschließungen gute dienstliche Leistungen zeigte, nicht zum Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Ein solches Verhalten stellt lediglich den Regelfall dar, führt bei einem derart gravierenden Fehlverhalten aber nicht zum Absehen von der angemessenen Maßnahme (BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09.3029 - juris Rn. 96).
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7.2. Umstände, die eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit i. S.v. § 21 Strafgesetzbuch (StGB) begründen könnten, bei deren Vorliegen die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden kann, sind nicht ersichtlich. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i.S.v. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Bei der Pflicht zur Dienstleistung handelt es sich um eine elementare, selbstverständliche, einfach zu befolgende und sofort einsehbare Dienstpflicht, sodass die Erheblichkeitsschwelle in diesen Fällen nur in seltenen Ausnahmefällen erreicht sein wird (VGH BW, U.v. 1.4.2014 - DL 13 S 2383/13 - juris Rn. 58). Hinzu kommt hier, dass die Beklagte in den Zeiten ihres unerlaubten Fernbleibens vom Dienst in der Lage war, auf der Demonstration in Landsberg am 30. Mai 2020 und in dem auf YouTube veröffentlichten Interview am 8. August 2020 ihre Meinung zur Schulpolitik im Hinblick auf die Corona-Pandemie und zu politischen Fragen etwa im Hinblick auf Corona-Bestimmungen und die Geltung des Grundgesetzes oder der Reichsverfassung umfassend und eloquent darzustellen, was gegen einen solchen Ausnahmefall spricht.
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8. Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihre Dienstleistung in der Situation der Covid 19-Pandemie verweigerte. Als Beamtin des Freistaates Bayern stand sie in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis und obliegt es ihr gerade auch in dieser krisenhaften Pandemielage, ihren Pflichten nachzukommen und zur Gewährleistung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags beizutragen. Das Beamtenverhältnis ist durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen bewusst so ausgestaltet, dass die Arbeitskraft von Beamten stets und insbesondere auch in Krisenzeiten abgerufen werden kann, um die Funktionsfähigkeit des Staates durchgehend sicherzustellen. Der Gewährleistung des schulorganisatorischen Betriebs und der Notfallbetreuung von Schülerinnen und Schülern kam in der Situation der Pandemie offenkundig eine wesentliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Schulsystems und darüber hinaus auch weiterer systemrelevanter Einrichtungen zu (OVG Schleswig-Holstein, B.v. 8.10.2021 - 14 MB 1.21 - juris Rn. 25 unter Berufung auf BVerfG, U.v. 12.6.2018 - 2 BvR 1738.12 - juris Rn. 157). Wie dargestellt entbindet die Weigerung der Beklagten zum Tragen einer Mund-Nasen-Maske sie nicht von ihrer Dienstleistungspflicht.
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9. Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die einem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2758 - juris Rn. 56).
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Das Vorbringen der Beklagten, ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei mit dem Wohl der Allgemeinheit nicht vereinbar, ändert hieran nichts, ist vielmehr gerade nicht nachvollziehbar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Die Beklagte, gegen die im Verfahren der Disziplinarklage auf eine Disziplinarmaßnahme erkannt wurde, trägt die Kosten des Verfahrens.