Titel:
zur Erforderlichkeit des Investitionsaufwandes für den Neubau einer Verbandskläranlage
Normenkette:
BayKAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Hs. 2
Leitsatz:
Nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 KAG ist der Investitionsaufwand beitragsfähig, soweit er erforderlich ist; bezüglich der Frage, was erforderlich ist, haben die Gemeinden haben einen weiten - von Gerichten und Aufsichtsbehörden nur eingeschränkt überprüfbaren – Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die Entscheidung der Gemeinde grob unangemessen ist und sich im Bereich des Willkürlichen bewegt, dh wenn die konkrete Entscheidung schlechterdings unvertretbar ist. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage gegen einen Beitragsbescheid für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung, Erforderlichkeit des Investitionsaufwandes für den Neubau einer Verbandskläranlage, Beitragsbescheid, Verbesserung einer Entwässerungseinrichtung, Verbandskläranlage, Umlage des Investitionsaufwands, Erforderlichkeit, Beurteilungsspielraum
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 23.08.2022 – 20 ZB 21.2784
VerfGH München, Entscheidung vom 14.01.2025 – Vf. 63-VI-22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 33344
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Beitragsbescheids für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung des Beklagten.
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Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten mit einer Grundstücksfläche von 1.443,00 m², die mit einem Gebäude mit einer beitragspflichtigen Geschossfläche von 369,00 m² bebaut ist. Für den Neubau einer Verbandskläranlage veranlagte der Beklagte entsprechend seiner Beteiligung hinsichtlich des klägerischen Grundstücks einen Beitrag für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung.
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Der Beklagte betrieb zusammen mit der ortsansässigen Brauerei eine Kläranlage in Form einer simultanen Teichanlage mit einer Ausbaugröße von 4.000 EW, welche 1976 gemeinschaftlich errichtet worden war. Die zur Verfügung stehenden Einwohnergleichwerte waren im Verhältnis 75% (Beklagter) und 25% (Brauerei) aufgeteilt. Die wasserrechtliche Erlaubnis für diese Kläranlage endete am 31. Dezember 2017. Ferner betrieb der Beklagte eine Kläranlage in einem Ortsteil mit einer Ausbaugröße von 1.800 EW. Die wasserrechtliche Erlaubnis für diese 1987 errichtete belüftete Teichanlage war bereits am 31. Dezember 2005 ausgelaufen.
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Der Beklagte schloss sich aufgrund Beschlusses vom 9. Juni 2015 mit einer weiteren Gemeinde zum Zwecke des Neubaus einer zentralen gemeinsamen Kläranlage zu einem Kläranlagenzweckverband zusammen, um diese zu planen, zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und im Bedarfsfall zu erweitern. Die Verbandssatzung wurde am 5. Januar 2016 im Amtsblatt des Landkreises bekanntgemacht und trat am 6. Januar 2016 in Kraft.
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Der Beklagte erließ am 1. August 2019 eine Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (BS-VE/EE). Die Verbandskläranlage wurde zwischenzeitlich mit einer Ausbaugröße von 9.980 EW errichtet.
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Mit Bescheid vom 21. Januar 2020 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger nach entsprechender Anhörung einen Beitrag für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung in Höhe von insgesamt 3.552,90 € fest (Ziffer 1.1), der sich aus der Grundstücksfläche (1.443,00 m² x 0,80 €/m²) und der Geschoßfläche (369,00 m² x 6,50 €/m²) berechnete.
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Das Grundstück unterliege der Beitragspflicht nach Art. 5 Abs. 1 KAG i.V.m. § 2 der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung (BS-VE/EE) vom 1. August 2019.
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Hiergegen ließ der Kläger am 20. Februar 2020 Klage erheben und beantragt,
Der Bescheid Nr. 1411 des Beklagten vom 21. Januar 2020 wird aufgehoben.
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Der Neubau der Verbandskläranlage sei unverhältnismäßig, der geltend gemachte Investitionsaufwand nicht beitragsfähig gem. Art. 5 Abs. 1 KAG. Der Beklagte habe sich nicht hinreichend mit der Möglichkeit eines Kläranlagenausbaus auseinandergesetzt. Eine hinreichende Begründung zur Erforderlichkeit des vierfachen Investitionsaufwandes liege nicht vor. Die Verhältnismäßigkeit des durch den Kläranlagenneubau entstandenen Investitionsaufwands unterliege der vollen Überprüfbarkeit. Der Kläranlagenneubau sei zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung nicht erforderlich. Mit dem Ausbau der bestehenden Anlagen habe eine vergleichbar effektive, jedoch deutlich kostengünstigere und umweltverträglichere Alternative zur Verfügung gestanden. Laut Einschätzung eines Ingenieurbüros sei bei Erweiterung und Ertüchtigung der bestehenden Anlagen mit Gesamtkosten in Höhe von ca. 150,00 €/EW bis 200,00 EW/€ zu rechnen gewesen.
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Zur Beseitigung der anfallenden Abwässer würden bisher zwei Kläranlagen genutzt. Die Kläranlage des Beklagten verfüge über eine Kapazität von 4.000 EW und befinde sich auf dem Gelände der ortsansässigen Brauerei. In Absprache mit der Brauerei nutze der Beklagte 75% der Kapazität der Brauereikläranlage. Die zweite Kläranlage in einem Ortsteil des Beklagten verfüge über eine Kapazität von 1.800 EW. Mit den aktuellen Anlagen würden sich die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung nicht mehr erfüllen lassen. Eine technische Überholung sowie ein Ausbau beider Kläranlagen auf eine Gesamtkapazität von 6.800 EW würde laut Schätzung eines Ingenieurbüros Kosten in Höhe von 1,5 bis 2,0 Mio. € verursachen. Entgegen einer entsprechenden Bürgerinformation zur Abwasserbeseitigung vom 15. März 2016 sei auch die Brauerei zu einer weiteren Zusammenarbeit bereit.
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Ungeachtet der Möglichkeit eines Kläranlagenausbaus hätten sich der Beklagte und eine weitere Gemeinde im Jahr 2015 für den Neubau einer gemeinsamen Verbandskläranlage entschieden und zu diesem Zweck einen Kläranlagenzweckverband gegründet. Trotz zweier gegen den Neubau gerichteter Bürgerbegehren sowie andauernder Proteste eines erheblichen Teils der Bürger aus allen Ortsteilen habe der Zweckverband im Jahr 2019 mit dem Bau der Verbandskläranlage begonnen. Die Kapazität der Verbandskläranlage werde sich gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Beitragssatzung vom 1. August 2019 auf 9.980 EW belaufen, wobei 55,9% auf den Beklagten entfielen. Die dem Kapazitätsanteil entsprechende Investitionskostenbeteiligung belaufe sich auf mindestens 4,5 Mio. €. Für Kanalbauarbeiten und die erforderliche Durchleitung entstünden weitere Ausgabe in Höhe von ca. 3,0 Mio. €. Da die Kapazitätsreserve der Zentralkläranlage 150 EW betrage, sei schon in naher Zukunft mit weiteren Kosten für den erforderlichen Ausbau zu rechnen.
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Der Neubau befinde sich außerdem im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet, im Natura 2000 FFH Schutzgebiet, im Biotop sowie in unmittelbarer Nähe zum Naherholungsgebiet und zur Wohnbebauung eines Ortsteils des Beklagten. Trotz dieser Beeinträchtigungen seien Ausnahmegenehmigungen erteilt und von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen worden.
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Der Beklagte beantragt,
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Der Kläger habe zwei Bürgerbegehren gegen den Neubau der Verbandskläranlage initiiert, die seitens des Beklagten nicht zugelassen worden seien. Die Nichtzulassung des ersten Bürgerbegehrens sei bestandskräftig, die des zweiten Bürgerbegehrens sei durch das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg bestätigt worden. Auch die Klagen des Klägers gegen die wasserrechtliche Genehmigung und die Baugenehmigung sowie die dazugehörigen Eilverfahren seien vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg nicht erfolgreich gewesen.
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Der Kläranlagenzweckverband lege den Finanzbedarf für Investitionen auf die Verbandsmitglieder um. Als Umlageschlüssel sei in der Verbandssatzung der jeweilige Investitionsaufwand für die einzelnen Verbandsmitglieder entsprechend dem Verhältnis der zustehenden Einwohnergleichwerte festgelegt worden. Demnach betrage der Anteil für den Beklagten 55,9% der gesamten Investitionskosten. Diesen Anteil habe der Beklagte entsprechend der BS-VE/EE umgelegt.
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Der Kläger wiederhole mit seinem Vortrag zur Unverhältnismäßigkeit des Neubaus letztlich seine Argumentation aus seinen Bürgerbegehren. Diese politische Frage werde nun in das Beitragsverfahren verlagert. Eine Unverhältnismäßigkeit der Kosten für die Kläranlage und damit des beitragsfähigen Aufwands werde damit nicht belegt. Die Entscheidung, wie eine Gemeinde die ihr obliegenden Aufgaben erfülle, liege grundsätzlich in deren weitem Ermessen, das nur in engen Grenzen der gerichtlichen Überprüfung unterliege. Aus Sicht des Beklagten und der beteiligten Fachbehörden sei der Neubau der Kläranlage die sinnvollste und wirtschaftlich beste Lösung gewesen.
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Hinsichtlich der Erforderlichkeit der durchgeführten Maßnahmen werde auf die der Bürgerinformation zur Abwasserbeseitigung vom 15. März 2016 beiliegende Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes verwiesen. Dieses habe die Entscheidung des Beklagten unterstützt und den Neubau ebenfalls für erforderlich gehalten.
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Die Drittanfechtungsklage des Klägers gegen den Freistaat Bayern unter Beiladung des Kläranlagenzweckverbands bezüglich der erteilten Baugenehmigung vom 14. August 2018 zur Errichtung der neuen Kläranlage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 13. Dezember 2018 (Au 5 K 18.1578) aufgrund fehlender Klagebefugnis abgewiesen.
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Die Drittanfechtungsklage des Klägers gegen den Freistaat Bayern wegen der erteilten wasserrechtlichen Genehmigung vom 18. April 2018 (Au 9 K 18.1588) hat dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg zurückgenommen, da er darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung über die Zulässigkeit seines Bürgerbegehrens nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein könne und hinsichtlich des Genehmigungsbescheids keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers zu erkennen seien.
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Die Versagungsgegenklage u.a. des Klägers gegen die Nichtzulassung eines Bürgerbegehrens zum Erhalt der bestehenden Kläranlagen (Au 7 K 17.1560) hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 22. Juli 2019 abgewiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte, der beigezogenen Gerichtsakten in den Verfahren Au 7 K 17.1560, Au 5 K 18.1578, Au 5 S 18.1579, Au 9 K 18.1588 und Au 3 S 18.1589, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1).
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1. Der Beklagte konnte den auf ihn entfallenden Investitionsaufwand für die neu errichtete Verbandskläranlage auf den Kläger umlegen, da dieser erforderlich und daher beitragsfähig war.
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Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 KAG ist der Investitionsaufwand beitragsfähig, soweit er erforderlich ist.
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a) Sinn und Zweck der Beschränkung auf die Erforderlichkeit ist es, im Rahmen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung den Bürger vor überzogenen Finanzierungsbeteiligungen zu schützen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit markiert eine äußerste Grenze des Vertretbaren und zielt einerseits auf die Notwendigkeit der Maßnahme, die Art ihrer Durchführung, aber auch auf die Angemessenheit der angefallenen Kosten ab. Die Gemeinden haben einen weiten - von Gerichten und Aufsichtsbehörden nur eingeschränkt überprüfbaren - Beurteilungsspielraum bezüglich der Frage, was erforderlich ist. Sie können deshalb im Ergebnis regelmäßig den gesamten entstandenen Aufwand umlegen. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Entscheidung der Gemeinde grob unangemessen ist und sich im Bereich des Willkürlichen bewegt, d.h. wenn die konkrete Entscheidung schlechterdings unvertretbar ist (BVerwG, U.v. 14.12.1979 - IV C 28.76 - BVerwGE 59, 249 = juris Rn. 14; LT-Drs. 17/8225 S. 12 ff.). Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit führt dazu, dass entstandene Kosten nicht oder nicht in vollem Umfang beitragsfähig sind. Wenn eine Kläranlage nicht mehr so funktioniert, wie das Gesetz es vorschreibt, muss sie repariert oder ersetzt werden. Ob das an erhöhtem Abwasseraufkommen oder an technischen Mängeln liegt, ändert an der Erforderlichkeit der Reparatur- bzw. Ersatzinvestition nichts (vgl. dazu näher Stadlöder in Schieder/Happ, BayKAG, 3. Aufl., Stand September 2020, Art. 5 KAG Rn. 79 ff.; Hasl-Kleiber in Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand August 2021, Teil 4, 41.00 Ziffer 3.4).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger schon nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte willkürlich bzw. schlechterdings unvertretbar gehandelt hat. Der Beklagte konnte - insoweit in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vortrag - nachvollziehbar darlegen, dass die beiden ehemals bestehenden Kläranlagen deutlich überlastet waren und die wasserrechtlichen Genehmigungen 2005 bzw. 2017 ausgelaufen sind. Dass die Entscheidung des Beklagten zum Neubau einer Verbandskläranlage schlechterdings unvertretbar ist, ergibt sich weder aus dem klägerischen Vortrag, noch aus den vorgelegten Unterlagen bzw. den beigezogenen Akten.
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(1) Der Kläger hat schon nicht substantiiert vorgetragen, weshalb der Investitionsaufwand für den Neubau einer Verbandskläranlage nicht erforderlich gewesen sein soll.
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Er hat im Wesentlichen lediglich eine E-Mail sowie ein Prospekt eines Unternehmens, welches Kläranlagen saniert, vorgelegt und behauptet, es habe mit der Ertüchtigung der bestehenden Kläranlagen eine günstigere Alternative zum Neubau einer Verbandskläranlage gegeben. Aus dieser E-Mail gehen lediglich grobe, allgemeine Schätzungen hervor, welche Kosten pro Einwohnergleichwert voraussichtlich bei einer Sanierung anfallen - ohne dass die konkreten, einzelfallbezogenen Umstände der bestehenden Kläranlagen vor Ort dem Unternehmen bekannt waren oder ersichtlich wäre, welche konkreten Leistungen in diesen Werten inbegriffen sind. Dieser Vortrag ist daher nicht geeignet, eine schlechterdings nicht vertretbare Entscheidung des Beklagten zu begründen.
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Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers, dass die Kosten der Errichtung der Verbandskläranlage unverhältnismäßig seien sowie nach dem auf den Beklagten entfallenden Anteil die Verbandskläranlage unterdimensioniert sei. Die Verbandskläranlage ist bau- und wasserrechtlich genehmigt. Die hiergegen gerichteten Gerichtsverfahren blieben ohne Erfolg. Eine offensichtliche Unterdimensionierung hätte jedoch zur Versagung jedenfalls der wasserrechtlichen Genehmigung führen müssen. Hinsichtlich der Dimensionierung der Verbandskläranlage hat der Kläger selbst vorgetragen, es bestehe eine Kapazitätsreserve von 150 EW (Bl. 7 der Gerichtsakte). Inwieweit die Kosten des Kläranlagenneubaus unverhältnismäßig sein sollen, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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(2) Die vorgetragenen Einwendungen des Klägers, wonach sich die Verbandskläranlage im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet, im Natura 2000 FFH Schutzgebiet, im Biotop sowie in unmittelbarer Nähe zum Naherholungsgebiet und zur Wohnbebauung eines Ortsteils des Beklagten befinde sowie keine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe, waren ebenfalls Gegenstand des bau- bzw. wasserrechtlichen Verfahrens. Insofern hat auch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit Schreiben vom 9. Januar 2019 im Rahmen eines Petitionsverfahrens gegenüber dem Bayerischen Landtag Stellung genommen. Nach Ausgleich des Retentionsraumverlustes durch die Vergrößerung der Kläranlage seien negative Auswirkungen auf die Hochwasserrückhaltung nicht zu erwarten. Naturschutzbelange seien hinreichend geprüft worden. Das Landratsamt sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der für das Gebiet maßgeblichen Schutzzwecke und Erhaltungsziele ausgeschlossen werden könne. Bei einer Vorprüfung sei das Landratsamt zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bestehe.
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Bezüglich dieser Fragestellungen ist zudem vollumfänglich auf den bau- und wasserrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamtes vom 14. August 2018 bezüglich der Verbandskläranlage zu verweisen (Bl. 56 ff. der Gerichtsakte im Verfahren Au 7 K 17.1560). Das Landratsamt hat die durch den Kläger aufgeworfenen Fragen dort in den Nebenbestimmungen geregelt und in den Gründen ausführlich dazu Stellung genommen.
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(3) In einer Bürgerinformation zur Abwasserbeseitigung des damaligen 1. Bürgermeisters vom 15. März 2016, auf die der Beklagte Bezug genommen hat, ist ausführlich der damalige Zustand sowie die Überlastung der damals genutzten beiden Kläranlagen sowie die jahrzehntelange Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt dargestellt. Einer beigefügten Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes vom 17. Februar 2016 lässt sich entnehmen, dass die Summe der Schadstoffeinträge aus den bestehenden Kläranlagen höher wäre als von einer leistungsfähigen neuen Kläranlage. Auch hinsichtlich der Bau- und Betriebsweise der neugeplanten Kläranlage sei festzustellen, dass diese etwa in Bezug auf Geruchsemissionen der bestehenden Kläranlage im Ortsteil des Beklagten überlegen sei, da weniger offene Abwasserflächen vorhanden seien. Die Erweiterung der bestehenden Kläranlage im Ortsteil des Beklagten sei nur durch eine Vergrößerung der Abwasserteich-Fläche möglich, d.h. mit einer Vergrößerung des Geruchs- und Mückenpotentials sowie einem erheblichen Flächenbedarf. Gleiches gelte für die gemeinsam mit der Brauerei genutzte Kläranlage. Aus Sicht des Gewässerschutzes sei der Neubau einer Kläranlage der richtige und erforderliche Weg. Für den Beklagten werde die fachliche Notwendigkeit gesehen.
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In der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 9. Januar 2019 auf die Eingabe des Klägers betreffend den Kläranlagenneubau ist dargelegt, dass die bestehenden, überlasteten und veralteten Kläranlagen zurückgebaut und stattdessen eine Verbandskläranlage errichtet werden soll. Der Kläger habe als Petent die Notwendigkeit des Neubaus angezweifelt, da seiner Meinung nach die bestehenden Kläranlagen saniert werden könnten und die Bescheidswerte ohnehin eingehalten würden. Das Ministerium verwies darauf, dass sich die Notwendigkeit des Neubaus nicht aus der Überschreitung der Bescheidswerte im Kläranlagenablauf ergebe, sondern aus dem mangelhaften baulichen Zustand, hydraulischer Überlastung, dem Erreichen der genehmigten Kapazitäten und der damit verbundenen fehlenden Entwicklungsmöglichkeit für die Gemeinden. Eine Vergrößerung der Abwasserteiche an einem der bestehenden Standorte sei wegen der Nähe zur Wohnbebauung nicht möglich. Die Planung des Neubaus sei in enger Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt durchgeführt worden. Der Kosten- und Variantenvergleich sei dabei vorgelegt und geprüft worden. Nach Prüfung komme das Ministerium zu dem Ergebnis, dass der Beschluss der Gemeinden zum Neubau einer Verbandskläranlage nicht zu bestanden sei. Mit dem Neubau einer modernen Kläranlage nach den heutigen Anforderungen könne der Abwasserzweckverband die Abwasserbeseitigung langfristig zuverlässig sicherstellen.
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(4) Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zudem vorgetragen, dass verschiedene Pläne im Gemeinderat vorgestellt worden sind. Nach konkreter Rückfrage des anwesenden 1. Bürgermeisters beim mit dem Neubau beauftragten Ingenieurbüro hat dieses angegeben, dass sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die technische Lösung im Vorfeld geprüft wurden. Die gemeinsame Verbandskläranlage hat sich als kostengünstigste Lösung dargestellt. Hinsichtlich der vom Kläger angeregten Ertüchtigung der Teichkläranlagen ist nach den Untersuchungen davon auszugehen, dass diese nicht dem Stand der Technik entsprechen. Die gewählte Lösung hat sich als technisch vernünftigste Lösung herausgestellt.
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(5) Das Gericht hat daher keine Anhaltspunkte, dass der weite Beurteilungsspielraum des Beklagten überschritten ist bzw. der Beklagte eine schlechterdings unvertretbare Entscheidung getroffen hat. Der Investitionsaufwand für die neu errichtete Verbandskläranlage ist daher zur Überzeugung des Gerichts erforderlich und daher beitragsfähig im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 KAG.
36
c) Einwendungen gegen die konkrete Berechnung des auf den Kläger umgelegten Beitrags für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung sind nicht geltend gemacht. Auch aus den Akten ist keine fehlerhafte Berechnung ersichtlich.
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2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.