Titel:
rechtmäßige Erhebung von Straßenreinigungsgebühren
Normenketten:
BayKAG Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 8 Abs. 1 S. 1
BayStrWG Art. 51 Abs. 4
kommunale SRGS § 2 Abs. 1, § 3
kommunale RSVO § 2 Abs. 1, § 4, § 5 Abs. 3
Leitsatz:
Die Eigenschaft einer öffentlichen Straße folgt allein aus ihrer Widmung; nicht erforderlich ist indes, dass auch tatsächlich eine Nutzung durch jedermann erfolgt. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Straßenreinigungsgebühr, Treppenanlage als beschränkt öffentlicher Weg, Reinigungspflicht trotz fehlendem Zugang, Verschmutzung durch Grenzbepflanzung, Straßenreinigungssatzung - SRS, kommunale Straßenreinigungsgebührensatzung - SRGS, kommunale Reinigungs- und Sicherungsverordnung - RSVO, Gebührenschuldner, Ausschluss der Reinigungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2021, 31098
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren mit Bescheid der Beklagten vom 09.11.2019.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Fl.-Nr. … der Gemarkung … Die westliche in einem Bogen verlaufende Grenze dieses Grundstücks grenzt an die H1. Straße und in ihrem weiteren Verlauf in Richtung Nordosten mit einer Länge von 33,07 m an den Verbindungsweg zwischen H2. Straße und H1. Straße (Treppenweg). Dieser Weg ist Abschnittsweise mit Treppen ausgebaut und über die gesamte Länge vom Grundstück der Klägerin mit einem Zaun oder Handlauf abgegrenzt. Der Weg ist als Fußweg zum Klinikum ausgeschildert. Das Grundstück der Klägerin ist entlang des Treppenweges blickdicht mit hochgewachsenen Sträuchern, Büschen und Bäumen bepflanzt. Von Süden aus wechselt nach etwa 10 m der Bodenbelag des Gehwegs der H1. Straße, abgetrennt durch eine Regenrinne, von einer Pflasterung zu Asphalt. Daran anschließend befinden sich drei parallel zur H1. Straße angeordnete Pfosten.
3
Mit Kaufvertrag vom 24.11.1965 verkaufte der Großvater der Klägerin, der zu dieser Zeit Eigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. … war, der Beklagten die zu Fl.-Nr. … gehörige und zur Fl.-Nr. … gezogene Teilfläche mit einer Größe von 175 m² sowie eine weitere Teilfläche der Fl.-Nr. … von etwa 700 m². Nach dem Vertrag sind Besitz, Nutzen, Lasten, Steuern und Abgaben mit Wirkung ab 1. Januar 1966 auf die Beklagte übergegangen (Ziffer V).
4
Mit Neuerlass der Reinigungs- und Sicherheitsverordnung, der Straßenreinigungssatzung und der Straßenreinigungsgebührensatzung der Beklagten jeweils vom 02.11.2017 wurde der Treppenweg neu in die Straßenverzeichnisse der Reinigungs- und Sicherheitsverordnung und der Straßenreinigungssatzung als von der Straßenreinigungsanstalt der Beklagten zu reinigende Straße unter Reinigungsgruppe 3 aufgenommen. Mit Änderungsverordnung und Änderungssatzung jeweils vom 25.09.2018 wurde für den Treppenweg die Reinigungsgruppe 4 festgesetzt.
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Mit Beschluss vom 06.02.2020 hat der Stadtrat der Beklagten den Verbindungsweg zwischen der H1. Straße und der H1. Straße (Treppenweg) als beschränkt-öffentlichen Weg gewidmet. Mit dieser Widmung wurde der Verlauf des bereits seit 1968 gewidmeten Treppenweges nördlich des an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Teils des Weges geändert. Gegen diese im Amtsblatt des Landkreises … vom 21.02.2020 bekanntgemachte Widmung hat die Klägerin am 17.03.2020 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth (B 1 K 20.264) erhoben.
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Mit Bescheid vom 23.10.2018 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem Straßenreinigungsgebühren fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 28.10.2018 Widerspruch.
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Mit Bescheid vom 09.11.2018 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin in Änderung des Bescheides vom 23.10.2018 Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2018 in Höhe von 15,54 EUR bezüglich der H1. Straße und 9,08 EUR bezüglich des Treppenweges (ab 10.2018) fest. Für das Jahr 2019 und die Jahre ab 2020 wurden die Gebühren auf jährlich 29,15 EUR bezüglich der H1. Straße und 36,30 EUR bezüglich des Treppenweges festgesetzt. Der Gebührenberechnung wurde eine Straßenfrontlänge an der H1. Straße für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.09.2018 von 10 m und ab 01.10.2018 von 26,5 m zugrunde gelegt. Für den Treppenweg wurde eine Straßenfrontlänge von 33 m zugrunde gelegt. Der Gebührensatz betrug jeweils 1,10 EUR/m für die Reinigungsklasse 4.
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Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 05.12.2018 erhob die Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2019 wies das Landratsamt … den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.11.2018 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde an den Bevollmächtigten der Klägerin am 15.03.2019 zugestellt.
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Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 10.04.2019 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, das Grundstück der Klägerin grenze lediglich auf einer Länge von 10 m an die H1. Straße. Für die Klägerin habe der Treppenweg keinen Nutzen. Der Treppenweg werde ausschließlich von Patienten, Angehörigen und Bediensteten des Klinikums genutzt. Ziffer V des Kaufvertrags vom 24.11.1965 habe der Kompensation von Einschränkungen der Nutzung des Grundstücks Fl.-Nr. … gedient. Damit habe klargestellt werden sollen, dass die Beklagte zukünftig alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Treppenweg stünden, zu übernehmen habe. Dies gelte auch für die Straßenreinigungsgebühren. Die Beklagte habe in der Vergangenheit die Räum- und Streupflicht für den Weg wahrgenommen. Eine wesentliche Verschmutzung des Treppenweges gehe von der Bepflanzung auf dem Grundstück der Klägerin entlang des Weges nicht aus, da die Klägerin für einen regelmäßigen Rückschnitt der überhängenden Zweige sorge.
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Die Klägerin ist der Ansicht, es fehle eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 09.11.2018, da die Aufnahme des Treppenweges in die Satzung der Beklagten rechtswidrig sei, weil es sich bei diesem Weg aufgrund der Nutzung nicht durch die Allgemeinheit, sondern durch einen bestimmbaren Personenkreis, nicht um eine öffentliche Straße im klassischen Sinne handle. Der die Länge der gemeinsamen Grenze von 10 m mit dem klägerischen Grundstück überschreitende Bereich der H1. Straße sei dem Treppenweg zuzuordnen. Die Beklagte habe die Räum- und Streupflicht für diesen Weg zu übernehmen. Eine Reinigungspflicht der Klägerin nach der Reinigungs- und Sicherungsverordnung der Beklagten bestehe nicht, da eine objektive Beziehung des Grundstücks der Klägerin zum Treppenweg fehle, weil von ihrem Grundstück weder ein Zugang zu dem Weg bestehe noch eine wesentliche Verschmutzung gegeben sei. Der Klägerin sei weder zuzumuten den Weg von Schnee und Eis zu befreien noch die im Zusammenhang mit der Reinigung anfallenden Kosten zu übernehmen. Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben.
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Die Klägerin beantragt zuletzt,
den Bescheid vom 09.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2019, Az. …, aufzuheben.
13
Die Beklagte beantragt,
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Zur Begründung trägt die Beklagte vor, aufgrund der Änderungsvorschriften der Beklagten vom 25.09.2018 mit Wirkung zum 01.10.2018 habe die Beklagte die Grundstücke hinsichtlich der zu erhebenden Straßenreinigungsgebühren überprüft und entsprechende Daten ergänzt oder geändert. Aufgrund des Widerspruchs vom 28.10.2018 habe sie die Berechnung der Straßenreinigungsgebühren anhand von Daten des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung erneut vorgenommen. Von dem Grundstück der Klägerin gingen erhebliche Verschmutzungen des Treppenweges durch Laub- und Nadelfall sowie Vermoosung aus. So gebe es Zweige, die auf den Handlauf sowie in den Luftraum über dem Treppenweg ragten. Die Beklagte verweist hierzu auf die von ihr (Bl. 59 der Gerichtsakte) und der Klägerin (Bl. 21 ff. der Gerichtsakte) vorgelegten Lichtbilder.
15
Die Beklagte ist der Ansicht, für die Kategorisierung des Treppenweges komme es allein auf die Widmung an, wer den Weg tatsächlich nutze, sei irrelevant. Für das Vorliegen der Reinigungs- und Sicherungspflicht genüge, dass von einem Grundstück eine Verschmutzungsgefahr ausgehen könne. Die Regelung in Ziffer V des Kaufvertrages vom 24.11.1965 sei für die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühren nicht relevant.
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Die Beteiligten wurden mit Schreiben des Gerichts jeweils vom 05.03.2021 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der vorgelegten Behördenakten, den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakte im Verfahren B 1 K 20.264 sowie den Inhalt der hierzu vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Entscheidungsgründe
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Das Gericht kann über die Klage nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört.
19
Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 09.11.2018 hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes … vom 11.03.2019 ist zwar bezüglich der für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.09.2018 für die H1. Straße festgesetzten Straßenreinigungsgebühr rechtswidrig und nur bezüglich der ab 01.10.2018 festgesetzten Straßenreinigungsgebühren rechtmäßig, verletzt die Klägerin aber insgesamt nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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1. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Straßenreinigungsgebühren ist die aufgrund von Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 8 Abs. 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - erlassene Satzung der Beklagten für die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr vom 02.11.2017 (Straßenreinigungsgebührensatzung - SRGS).
22
Nach Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 8 Abs. 1 S. 1 KAG kann die Beklagte aufgrund einer besonderen Abgabensatzung für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Bei der von der Beklagten betriebenen Straßenreinigungsanstalt handelt es sich nach § 1 Abs. 1 S. 1 der aufgrund von Art. 23, 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Gemeindeordnung - GO - erlassenen Satzung der Beklagten über die Straßenreinigung vom 02.11.2017 (Straßenreinigungssatzung - SRS) um eine öffentliche Einrichtung. Für deren Benutzung erhebt die Beklagte nach § 1 SRGS Gebühren.
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2. Die Klägerin ist nach § 2 Abs. 1 SRGS sowohl bezüglich der H1. Straße als auch bezüglich des Treppenweges Gebührenschuldnerin, da sie jeweils nach der Straßenreinigungssatzung zur Benutzung der Straßenreinigungsanstalt verpflichtet ist.
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Benutzungspflichtig sind nach § 3 SRS die Reinigungspflichtigen nach § 4 der der aufgrund von Art. 51 Abs. 4 und 5 des Bayerisches Straßen- und Wegegesetzes - BayStrWG - erlassenen Verordnung der Beklagten über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter vom 02.11.2017 (Reinigungs- und Sicherungsverordnung - RSVO) für die im Anschlussgebiet liegenden Straßen.
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Die H1. Straße und der Treppenweg liegen nach § 2 Abs. 1 S. 1 SRS i.V. m. der Anlage zu § 2 SRS im Anschlussgebiet der Straßenreinigungsanstalt.
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Die Klägerin ist nach §§ 4, 5 Abs. 3 RSVO für die H1. Straße und den Treppenweg reinigungspflichtig.
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a) Für die H1. Straße und den Treppenweg besteht die Reinigungspflicht nach § 5 Abs. 3 RSVO, da es sich jeweils nach § 2 Abs. 1 RSVO um eine öffentliche Straße handelt, die in Anlage 2 zu § 5 RSVO aufgeführt ist.
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Nach § 2 Abs. 1 RSVO sind öffentliche Straßen im Sinne der Reinigungs- und Sicherungsverordnung alle dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen (insbesondere Ortsstraßen sowie Bundes-, Staats- und Kreisstraßen), Wege (insbesondere beschränkt-öffentliche Wege) und Plätze mit ihren Bestandteilen. Diese Definition entspricht Art. 1 S. 1 BayStrWG mit Nennung von Straßenklassen nach Art. 3 Abs. 1 BayStrWG und § 1 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG.
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Hiernach handelt es sich sowohl bei der H1. Straße als auch bei dem an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Teil des Treppenwegs um öffentliche Straßen. Nach Blatt 8 des Bestandsverzeichnisses der Beklagten für Gemeindestraßen (Bl. 72 der Gerichtsakte) ist die H1. Straße, Fl.-Nr. … der Gemarkung …, als Ortsstraße gewidmet. Der Treppenweg, Fl.-Nr. … der Gemarkung …, ist laut Blatt 2 des Bestandsverzeichnisses der Beklagten für beschränkt-öffentliche Wege (Bl. 57 der Gerichtsakte) seit 1968 als beschränkt-öffentlicher Weg für Fußgängerverkehr gewidmet.
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Dass der Stadtrat der Beklagten mit Beschluss vom 06.02.2020 den Treppenweg als beschränkt öffentlichen Weg (neu) gewidmet hat, hat keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 09.11.2018 festgesetzten Straßenreinigungsgebühren. Die neue Widmung beruht darauf, dass der Treppenweg im nördlichen, nicht an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Teil, eine Änderung erfahren hat.
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Aus dem Umstand, dass der bereits seit 1968 gewidmete, unveränderte Teil der Fl.-Nr. …, an dem das Grundstück der Klägerin anliegt, in den Widmungsbeschluss vom 06.02.2020 (Bl. 14 der Behördenakte zu B 1 K 20.264) mit aufgenommen wurde, kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Insoweit handelt es sich lediglich um eine wiederholende Verfügung ohne neuen Regelungsgehalt im Sinne des Art. 35 S. 1 und 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - BayVwVfG. Folglich wirkt sich auch die Anfechtung der Widmung im Klageverfahren B 1 K 20.264 nicht auf den Gebührenrechtsstreit aus.
32
Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass der Treppenweg tatsächlich nur von Patienten, Angehörigen und Bediensteten des Klinikums genutzt werde, ist für die Qualifizierung des Treppenweges als öffentliche Straße im o. g. Sinne ohne Bedeutung. Denn die Eigenschaft einer öffentlichen Straße folgt allein aus der Widmung (Art. 6 BayStrWG), die dann die Benutzung der Straße durch jedermann gestattet (Art. 14 BayStrWG). Dass umgekehrt auch tatsächlich eine Nutzung durch jedermann erfolgt, ist nicht erforderlich.
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b) Die Klägerin ist nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 3 S. 2 RSVO Vorderliegerin, da sie Eigentümerin des unstreitig innerhalb der geschlossenen Ortslage (§ 2 Abs. 3 RSVO) an die H. Straße und den Treppenweg angrenzenden Grundstücks Fl.-Nr. … der Gemarkung … ist.
34
c) Die Reinigungspflicht der Klägerin nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 3 S. 2 RSVO ist nicht nach § 4 Abs. 3 RSVO ausgeschlossen. Danach brauchen Vorderlieger eine Straße nicht zu reinigen, zu der sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keinen Zugang oder keine Zufahrt nehmen können und die von ihrem Grundstück aus nur unerheblich verschmutzt werden kann.
35
Diese Einschränkung der Reinigungspflicht ist geboten, um Grundstückseigentümer, für deren Grundstück sich aus dem Angrenzen an eine Straße kein Vorteil ergibt, von der Reinigungspflicht auszunehmen (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.1994 - 8 B 92.185-187 - BeckRS 1994, 15305; BVerwG, U.v. 11.03.1988 - 4 C 78/84 - NJW 1988, 2121).
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Bezüglich der H1. Straße ist ein Ausschluss der Reinigungspflicht unstreitig nicht gegeben, da das Grundstück der Klägerin eine Zufahrt zur dieser Straße hat.
37
Bezüglich des Treppenweges ist ein Ausschluss der Reinigungspflicht im o. g. Sinne ebenfalls nicht gegeben. Der Ansicht der Klägerin, dass eine Reinigungspflicht nicht bestehe, da eine objektive Beziehung des Grundstücks der Klägerin zum Treppenweg fehle, folgt das Gericht nicht. Eine objektive Beziehung des Treppenwegs zum Grundstück der Klägerin ist bereits mit dem unstreitigen Angrenzen des Grundstücks an den Weg gegeben. Hieraus erwächst auch ein Vorteil für das Grundstück. Zwar kann die Klägerin von ihrem Grundstück aus aufgrund des Handlaufs tatsächlich keinen Zugang zum Treppenweg nehmen, allerdings kann der Treppenweg i. S. d. § 4 Abs. 3 RSVO vom Grundstück der Klägerin aus nicht nur unerheblich verschmutzt werden. Eine solche Möglichkeit der Verschmutzung ist mit der entlang des Treppenweges vorhandenen, dichten und grenznahen Bepflanzung des Grundstücks der Klägerin gegeben, wobei der Bewuchs über den Handlauf hinaus in den Gehweg ragt. Dies ergibt sich sowohl aus den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern (insbesondere Bl. 23 der Gerichtsakte) als auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Lichtbild (Bl. 59 der Gerichtsakte). Diese Verschmutzungsmöglichkeit rechtfertigt die Reinigungspflicht für den Treppenweg, da damit nicht nur ein Nachteil für den Treppenweg vorliegt, sondern auch ein Vorteil für das Grundstück der Klägerin gegeben ist. Dieser Vorteil liegt darin, dass die Klägerin den Treppenweg zum von ihr vorzunehmenden Beschnitt ihrer Grenzbepflanzung nutzen kann und diesbezüglich nicht auf den Zugang zu privatem Grund Dritter angewiesen ist.
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d) Ein Ausschluss der Reinigungspflicht in Bezug auf den Treppenweg ergibt sich auch nicht aus Ziffer V des Kaufvertrags vom 24.11.1965 zwischen dem Großvater der Klägerin und der Beklagten. Unabhängig davon, ob eine solche privatrechtliche Regelung einen Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Reinigungspflicht überhaupt begründen kann, bezieht sich diese Regelung bereits nicht auf eine Reinigungspflicht oder Straßenreinigungsgebühren, die aus dem beim Großvater der Klägerin verbliebenen und nun der Klägerin gehörenden Eigentum erwachsen. Die Regelung bezieht sich vielmehr lediglich auf Lasten, Steuern und Abgaben, die auf den der Beklagten verkauften Flächen lasten. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus Ziffer V des Kaufvertrags, nach der Besitz, Nutzen, Lasten, Steuern und Abgaben mit Wirkung ab dem 1. Januar 1966 auf die Käuferin übergehen. Denn den Zeitpunkt des Überganges von Besitz und Nutzen kann der Kaufvertrag nur bezüglich verkaufter Flächen regeln. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kaufvertrag für Lasten, Steuern und Abgaben, wie von der Klägerin vorgetragen, einen weitergehenden Regelungsgehalt im Hinblick auf das beim Verkäufer verbliebene Grundstück haben sollte.
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3. Die Höhe der festgesetzten Straßenreinigungsgebühren ist mit Ausnahme der für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.09.2018 für die H1. Straße festgesetzten Straßenreinigungsgebühr nicht zu beanstanden.
40
Aufgrund der Zugrundelegung von lediglich 10 m Straßenfrontlänge statt 26,5 m für die H1. Straße für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.09.2018 ist diese Festsetzung rechtswidrig. Sie ist aber nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht aufzuheben, da eine zu niedrige Festsetzung die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
41
Die der Gebührenberechnung nach § 3 Abs. 1 SRGS zugrunde zu legende auf halbe Meter abgerundete Straßenfrontlänge bezüglich der H1. Straße beträgt für alle Berechnungszeiträume 26,5 m. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 SRGS ist Straßenfrontlänge die Länge der gemeinsamen Grenze des Vorderliegergrundstücks mit dem Straßengrundstück. Die Länge der gemeinsamen Grenze des Straßengrundstücks Fl.-Nr. … mit dem Grundstück Fl.-Nr. … der Klägerin beträgt unstreitig 26,96 m. Die straßenbaulichen Gegebenheiten mit Wechsel des Bodenbelages des parallel zur Fahrbahn der H1. Straße verlaufenden Gehwegs und Abgrenzung des weiteren Gehwegs in Richtung Treppenweg auf dem Grundstück Fl.-Nr. … mit drei Pfosten ändern diese Zuordnung nicht. Denn Straßengrundstück i. S. d. § 3 Abs. 2 S. 1 SRGS ist das mit der Widmung festgelegte Grundstück und die Fl.-Nr. … ist insgesamt unter der Bezeichnung H1. Straße als Ortsstraße gewidmet (s. o.).
42
Im Übrigen wurden gegen die Höhe der festgesetzten Straßenreinigungsgebühren keine Einwände erhoben. Die Gebührenberechnung hält einer Überprüfung im Übrigen auch stand.
43
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung - ZPO.