Inhalt

VGH München, Urteil v. 19.07.2021 – 11 B 19.1473
Titel:

Keine Umschreibung einer unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis verlängerten serbischen Fahrerlaubnis

Normenkette:
FEV § 31 Abs. 1 S. 1, S. 2, Anl. 11
Leitsatz:
Verlängert eine zuständige Behörde der Republik Serbien die Geltungsdauer einer zuvor durch eine Behörde des Staatenbunds Serbien und Montenegro, der Bundesrepublik Jugoslawien oder der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erteilten Fahrerlaubnis, liegt eine serbische Fahrerlaubnis vor, deren Umschreibung nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 unter den dortigen Voraussetzungen grundsätzlich möglich ist. Da die Verlängerung eine materielle Erweiterung der Rechtsstellung des Fahrerlaubnisinhabers bewirkt, ist diese Fahrerlaubnis nur inlandsgültig und umschreibungsfähig, wenn ihr Inhaber zum Zeitpunkt der Verlängerung seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsstaat hatte. (Rn. 28 – 39)
Schlagworte:
Umschreibung einer serbischen Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE und C1E in eine deutsche Fahrerlaubnis, Verlängerung einer befristeten Fahrerlaubnis im Ausstellungsstaat unter Verletzung des Wohnsitzprinzips, Fahrerlaubnis, ausländische Fahrerlaubnis, Serbien, Umschreibung, Verlängerung, Wohnsitzerfordernis, Verstoß
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 21.03.2019 – M 6 K 18.1378
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Urteil vom 22.09.2022 – 3 C 10.21
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
VRS , 328
LSK 2021, 20903
DÖV 2021, 1135
BeckRS 2021, 20903
DAR 2021, 647
ZfS 2021, 655

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob der Kläger als Inhaber einer serbischen Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden deutschen Fahrerlaubnis unter erleichterten Bedingungen hat (sog. Umschreibung).
2
Der am … … … in der damaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien geborene Kläger ist seit dem 27. Oktober 2006 durchgehend mit Erstwohnsitz in München gemeldet und erwarb dort am 24. April 2009 nach Ablegung der Befähigungsprüfung im Wege der Umschreibung die Fahrerlaubnis der Klassen B, L und M. Nach seinen Angaben sah er zum damaligen Zeitpunkt aus Kostengründen davon ab, die ihm in seinem Heimatland vor seiner Niederlassung im Bundesgebiet ebenfalls erteilte Fahrerlaubnisklasse C umschreiben zu lassen.
3
Bei einer Verkehrskontrolle am 25. Februar 2017 legte der Kläger einen am 10. August 2011 in Tutin (Serbien) ausgestellten Führerschein vor, dessen Gültigkeit bis 10. August 2021 befristet ist. Für die dort ausgewiesenen Fahrerlaubnisklassen C und C1 ist in Spalte 10 als Erteilungsdatum der 29. März 2003 und für die Fahrerlaubnisklassen CE und C1E der 2. April 2004 eingetragen. Für sämtliche Fahrerlaubnisklassen (AM, B1, B, BE, C1, C1E, C, CE, F und M) ist in Spalte 11 als Gültigkeitsdatum der 10. August 2021 eingetragen.
4
Am 15. September 2017 sprach der Kläger bei der Beklagten vor, um - so deren Aktenvermerk - die „C-Klassen vom serbischen Führerschein eintragen“ zu lassen. Dabei habe er u.a. eine Bescheinigung aus Serbien vorgelegt, auf welcher die Führerscheindaten bestätigt worden seien. Danach sei der aktuelle serbische Führerschein 2011 ausgestellt worden, da der alte Führerschein 2013 abgelaufen wäre. Der Kläger habe angegeben, er habe den Führerschein in Serbien während eines Urlaubs verlängern lassen.
5
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 21. September 2017 ließ der Kläger bei der Beklagten beantragen, die serbischen in deutsche C-Fahrerlaubnisklassen umzuschreiben. Im Zeitpunkt der Erteilung der serbischen C-Klassen in den Jahren 2003 und 2004 habe er noch dort gewohnt. Mit der Neuausstellung des serbischen Führerscheins im Jahr 2011 habe er diese Fahrerlaubnisklassen nicht neu erworben. Dem Schreiben beigefügt war eine Bestätigung der Polizeidienststelle in Tutin (Serbien) vom 28. August 2017 in serbischer Sprache und in deutscher Übersetzung. Danach sei dem Kläger nach Ablegung der Fahrprüfung am 29. März 2003 der „alte Formular-Führerschein Nr. … mit Seriennummer … für die Kategorie B, C und E mit der Gültigkeit bis zum 01.04.2013 ausgestellt“ worden. Der Kläger habe den „Wechsel“ des alten Führerscheins beantragt, woraufhin ihm am 10. August 2011 ein neuer Führerschein Nr. … mit Gültigkeit bis zum 10. August 2021 ausgestellt worden sei.
6
Mit Schreiben vom 9. November 2017 reichten die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine weitere Bestätigung der Polizeidienststelle in Tutin vom 2. November 2017 in serbischer Sprache und in deutscher Übersetzung nach. Aus dieser ergibt sich, dass der Kläger die Fahrprüfung für die Klassen AM, B1, B, BE, C, C1, F und M am 29. März 2003 und für die Klassen CE und C1E am 2. Februar 2004 abgelegt hat. Der Kläger habe am 10. August 2011 den alten gegen einen neuen Führerschein „gewechselt“, weil nach serbischem Recht bis zum 10. Juni 2017 alte in neue biometrische Führerscheine hätten gewechselt werden müssen.
7
Die Beklagte teilte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 22. September 2017 und vom 28. November 2017 mit, sie gehe von einer Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen C und CE im Jahr 2011 in Serbien trotz Wohnsitzes des Klägers in Deutschland aus. Eine Umschreibung sei daher wegen Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip nicht möglich. Sollten diese Fahrerlaubnisklassen bereits vor 2011 eine Laufzeit bis 2021 aufgewiesen haben, müsse der Kläger dies durch eine Bestätigung der serbischen Behörde nachweisen.
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Mit Schriftsatz vom 19. März 2018 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage erheben mit dem Antrag, die Beklagte zur prüfungsfreien Umschreibung der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE aufgrund der serbischen Fahrerlaubnis und zur Eintragung in den deutschen Führerschein zu verpflichten. Bei der Auswechslung des serbischen Führerscheins am 10. August 2011 habe es sich nur um einen Austausch des Führerscheindokuments mit automatischer Verschiebung der Gültigkeitsdauer und nicht um eine inhaltliche Entscheidung im Sinne einer Erteilung oder Verlängerung der serbischen C-Klassen gehandelt. Außerdem sei eine Inlandsberechtigung in der Vergangenheit, die beim Kläger unstreitig bestanden habe, für die Umschreibung ausreichend.
9
Mit Urteil vom 21. März 2019 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die serbischen Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE hätten den Kläger nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, da diese Fahrerlaubnisklassen ausweislich der Eintragungen in Spalte 11 des Führerscheins am 10. August 2011 bis zum 10. August 2021 verlängert worden seien. Die Eintragung in Spalte 11 bringe zum Ausdruck, dass (auch) eine Entscheidung über die Geltungsdauer der Fahrerlaubnis getroffen worden sei. Eine Befristung der Gültigkeit des Führerscheins wäre demgegenüber in Spalte 4b einzutragen gewesen. Dass die Befristung der Fahrerlaubnis auf den 10. August 2021 schon im vormaligen Führerschein des Klägers eingetragen gewesen sei, habe dieser nicht vorgetragen und sei auch nicht anzunehmen. Die Verlängerung der Fahrerlaubnis sei eine zeitliche Erweiterung der Rechtsstellung und stehe daher einer Erteilung gleich. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im Bundesgebiet gehabt habe, sei die Fahrerlaubnis im Bundesgebiet nicht anzuerkennen. Zu einem anderen Ergebnis käme man auch nicht, wenn man von einer Erneuerung des Führerscheins ohne inhaltliche Veränderung der zugrunde liegenden Fahrerlaubnis ausginge. Die Nichterweislichkeit der dann unklaren Frage, ob und ggf. bis wann die Fahrerlaubnisklassen befristet gewesen seien, gehe zu Lasten des Klägers. Außerdem hätte die Fahrerlaubnis den Kläger in analoger Anwendung zur Regelung in § 28 Abs. 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) für EU- und EWR-Fahrerlaubnisse nur für fünf Jahre nach ihrer Erteilung, also bis zum 10. August 2016, zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen C1, C1E, C und CE im Bundesgebiet berechtigt. Es würde der Intention des Normgebers widersprechen, für die Umschreibung von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten geringere Voraussetzungen aufzustellen als für EU- und EWR-Fahrerlaubnisse.
10
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung lässt der Kläger unter Vorlage einer weiteren Bestätigung der Polizeidienststelle in Tutin vom 17. September 2019 ausführen, er sei im Zeitpunkt der Antragstellung auf Umschreibung Inhaber einer serbischen Fahrerlaubnis gewesen, die ihn im Zeitpunkt ihrer Erteilung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt habe. Aus den vorgelegten Bestätigungen der serbischen Polizeidienststelle ergebe sich, dass im August 2011 lediglich der Führerschein ohne inhaltliche Veränderung der Fahrerlaubnis erneuert worden sei. Grund sei die Umstellung auf den neuen biometrischen Führerschein gemäß der serbischen Gesetzeslage gewesen. Das neue Gültigkeitsdatum des 10. August 2021 sei Ausfluss dieser Anpassung. Die Erstausstellung der Fahrerlaubnis in Jugoslawien sei der Republik Serbien als Nachfolgestaat zuzurechnen. Die Privilegierung nach Anlage 11 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sei daher hier anzuwenden. Die Regelung in § 28 Abs. 3 FeV über die begrenzte Geltungsdauer bestimmter Fahrerlaubnisklassen gelte nur für EU- und EWR-Fahrerlaubnisse und nicht für Fahrerlaubnisse aus anderen Staaten. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Umschreibung. Ein Bekannter des Klägers habe von der Beklagten bei gleicher Fallkonstellation ohne Weiteres eine Umschreibung seiner Fahrerlaubnis erhalten.
11
Mit Schreiben vom 7. Februar 2020 legte die Klägerbevollmächtigte eine Kopie des am 1. April 2003 ausgestellten Führerscheins vor, den der Kläger beim Aufräumen wiedergefunden habe. Das dort eingetragene Gültigkeitsdatum 1. April 2013 betreffe allein den Führerschein und nicht die Fahrerlaubnis.
12
Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2021 legte die Klägerbevollmächtigte eine weitere Bestätigung der Polizeidienststelle in Tutin vom 26. Mai 2021 vor, die die Gültigkeit des am 10. August 2011 ausgestellten Führerscheins bestätigt. Der Führerschein für die Kategorien C, C1, C1E und CE werde für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgestellt. Gegen den Kläger seien keine Sicherheitsmaßnahmen, kein Widerruf des Führerscheins und kein Verbot der Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer ausgesprochen worden.
13
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2019 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE aus der serbischen Fahrerlaubnis des Klägers in die entsprechenden deutschen Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE gemäß § 31 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung, hilfsweise gemäß § 31 Abs. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung umzuschreiben und diese auch in den deutschen Führerschein des Klägers einzutragen; weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Umschreibung der Fahrerlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
14
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
15
Die Voraussetzungen für eine prüfungsfreie Umschreibung lägen nicht vor. Aus Mitteilungen serbischer Behörden in anderen Verfahren ergebe sich, dass bei Ablauf befristeter serbischer Führerscheine keine automatische Verlängerung vorgesehen sei. Bei der Neuausstellung finde eine ärztliche Eignungsprüfung statt. Die serbischen Behörden hätten die Fahrerlaubnis des Klägers, der zu diesem Zeitpunkt in Deutschland gewohnt habe, am 10. August 2011 konstitutiv verlängert, was einer Erteilung gleichstehe.
16
Mit Schreiben vom 25. März 2020 legte die Beklagte eine Mitteilung des Generalkonsulats der Republik Serbien in Hamburg an das Kraftfahrt-Bundesamt vom 26. September 2019 vor, wonach die Fahrerlaubnis befristet für zehn Jahre und bei Personen, die älter als 65 Jahre seien, ebenso wie die Fahrerlaubnis für die Klassen C, CE, C1, C1E, D, D1 und D1E für maximal fünf Jahre ausgestellt werde (in Abhängigkeit von dem ärztlichen Attest über die gesundheitliche Fähigkeit).
17
Mit Schreiben vom 21. April 2021 übersandte die Beklagte eine Vollzugsbekanntmachung des (damaligen) Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12. April 2017 sowie eine ergänzend eingeholte Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 20. April 2021 zur Umschreibung serbischer Führerscheine, der zufolge auch eine Fahrerlaubnis, die die Bundesrepublik Jugoslawien oder der Staatenbund Serbien-Montenegro als Vorgängerstaaten der Republik Serbien ausgestellt hätten, prüfungsfrei umgeschrieben werden könne, wenn das serbische Innenministerium die Gültigkeit des Führerscheindokuments bestätige. Dies gelte jedenfalls, wenn der konkrete Ort der Erteilung im Territorium der heutigen Republik Serbien liege. Die Beklagte vertritt hierzu die Auffassung, dass die Anlage 11 abschließend sei und nicht auf darin nicht verzeichnete Vorgängerstaaten ausgeweitet werden könne. Die Republik Jugoslawien und der Staatenbund Serbien-Montenegro seien nie in der Anlage 11 bzw. in der Vorgängervorschrift aufgeführt gewesen. Die Republik Serbien sei erst 2006 und damit nach der erstmaligen Erteilung der Fahrerlaubnis des Klägers entstanden. Für die Aufnahme von Staaten und Klassen in die Anlage 11 sei maßgeblich, ob das Ausbildungs- und Prüfungsniveau für die ausländischen Fahrerlaubnisse den Anforderungen in Deutschland gleichwertig sei und ob die Dokumente zuverlässig seien. Eine Auslegung, die auf den Ort der Erteilung abstelle, stelle die Fahrerlaubnisbehörden vor kaum überwindbare Probleme. In Serbien werde begrifflich nicht unterschieden zwischen der Fahrerlaubnis als Recht, Fahrzeuge zu führen, und dem Führerschein als Dokument, mit dem der Inhaber die Fahrerlaubnis nachweisen könne.
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Der Senat hat das Generalkonsulat der Republik Serbien in München mit Schreiben vom 16. Januar 2020 um Auskunft gebeten, ob in Serbien zwischen der Fahrerlaubnis als Recht, Kraftfahrzeuge führen zu dürfen, und dem Führerschein als Dokument, mit dem der Inhaber die Fahrerlaubnis nachweisen kann, unterschieden wird, ob in den Jahren 2003 und 2004 Fahrerlaubnisse der Klassen C, CE, C1 und C1E und Führerscheine für diese Fahrerlaubnissen befristet oder unbefristet erteilt wurden und im Fall der Befristung mit welcher Dauer, ob sich die Rechtslage in Serbien bezüglich Befristungen von Fahrerlaubnissen der Klassen C, CE, C1 und C1E und entsprechenden Führerscheinen seitdem geändert hat, und wenn ja, wann und welcher Art die Änderungen waren, ob sich für den Kläger ermitteln lässt, ob und ggf. für welchen Zeitraum die ihm in den Jahren 2003 und 2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E befristet war oder ob sie zunächst unbefristet erteilt wurde und erst nachträglich im Zusammenhang mit der Neuausstellung des serbischen Führerscheins am 10. August 2011 erstmals befristet wurde.
19
Mit Schreiben vom 21. August 2020 bestätigte das Konsulat die Echtheit des am 1. April 2003 ausgestellten Führerscheins. Dessen Gültigkeit sei jedoch mit der Ausstellung des Duplikats seitens der Polizeiverwaltung in Tutin am 10. August 2011, gültig bis zum 10. August 2021, abgelaufen. Im Übrigen blieb die Anfrage des Senats an das Konsulat trotz mehrfacher Nachfragen unbeantwortet.
20
Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad hat dem Senat auf Anfrage die Gemeinsame Absichtserklärung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Innenministeriums der Republik Serbien zu Verfahrensfragen beim Führerscheinumtausch vom 13. bzw. 20. Februar 2017 zukommen lassen und ergänzend mitgeteilt, die jugoslawischen bzw. serbischen Papierführerscheine seien unabhängig von dort vermerkten Ablaufdaten lediglich bis zum 10. Juni 2017 gültig gewesen und hätten spätestens dann in einen Kartenführerschein umgetauscht werden müssen, der in der Regel zehn Jahre (ab dem 65. Lebensjahr fünf Jahre) gültig sei.
21
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer Rechtsauskunft des für Serbien zuständigen Referenten des Instituts für Ostrecht München e.V. Auf das hierzu vorgelegte Rechtsgutachten des Instituts vom 14. Juli 2021 wird Bezug genommen.
22
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Umschreibung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E in eine deutsche Fahrerlaubnis der entsprechenden Klassen unter erleichterten Bedingungen.
24
1. Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil ist zulässig. Ebenfalls statthaft und zulässig ist die als Untätigkeitsklage erhobene Verpflichtungsklage. Die Beklagte hat über den Antrag des Klägers vom 21. September 2017 auf Umschreibung seiner Fahrerlaubnis unter erleichterten Bedingungen, insbesondere unter Verzicht auf die Befähigungsprüfung und die Ausbildung, bisher nicht durch Bescheid entschieden. Sie hat jedoch durch ihre durchgehend ablehnende Haltung im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren zu erkennen gegeben, dass nach ihrer Auffassung eine Umschreibung unter erleichterten Bedingungen nicht in Betracht kommt. Damit sind die Voraussetzungen des § 75 VwGO für die Erhebung einer Untätigkeitsklage erfüllt.
25
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann einen Anspruch auf Umschreibung weder aus § 31 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. November 2020 (BGBl I S. 2704), noch aus § 31 Abs. 2 FeV herleiten. Er ist nicht mehr Inhaber einer noch gültigen ausländischen Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E, die ihn zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat. Die ihm in den Jahren 2003 und 2004 im damaligen Staatenbund Serbien-Montenegro erteilte Fahrerlaubnis war zwar nach seinem Umzug nach Deutschland zunächst noch für sechs Monate inlandsgültig, aber von vornherein bis zum 1. April 2013 befristet. Zu keinem Zeitpunkt inlandsgültig war deren Verlängerung bis 10. August 2021 vor Ablauf ihrer Geltungsdauer durch einen am 10. August 2011 in Tutin (Serbien) ausgestellten Führerschein.
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Beantragt der Inhaber einer Fahrerlaubnis, die in einem in Anlage 11 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aufgeführten Staat und in einer in dieser Anlage aufgeführten Klasse erteilt worden ist und die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat, die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen, entfallen nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV die ärztliche Untersuchung und die Untersuchung des Sehvermögens, der Sehtest, die Befähigungsprüfung, die Schulung in Erster Hilfe und die Ausbildung. Die Fahrerlaubnis kann dann, ohne dass die Fahrerlaubnis-Verordnung diesen Begriff ausdrücklich verwendet, unter erheblich erleichterten Bedingungen „umgeschrieben“ werden (Art. 11 Abs. 6 der RL 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein [RL 2006/126/EG - ABl L 403 S.18] bezeichnet diesen Vorgang als „Umtausch“). Beantragt der Inhaber einer Fahrerlaubnis aus einem nicht in Anlage 11 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aufgeführten Staat unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende(n) Klasse(n) von Kraftfahrzeugen, sind die Vorschriften über die Ausbildung nicht anzuwenden (§ 31 Abs. 2 FeV).
27
a) Einer Umschreibung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 steht vorliegend allerdings nicht entgegen, dass die klägerische Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E in den Jahren 2003 und 2004 vor der Entstehung der Republik Serbien durch den Austritt Montenegros im Juni 2006 aus dem Staatenbund Serbien und Montenegro und damit nicht von serbischen Behörden, sondern von Behörden des Staatenbunds erteilt worden ist. Verlängert eine zuständige Behörde der Republik Serbien die Geltungsdauer einer zuvor durch eine Behörde des Staatenbunds Serbien und Montenegro, der Bundesrepublik Jugoslawien oder der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erteilten Fahrerlaubnis, liegt eine serbische Fahrerlaubnis vor, deren Umschreibung nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 unter den dortigen Voraussetzungen grundsätzlich möglich ist.
28
Serbien wurde mit Inkrafttreten der entsprechenden Änderung der Anlage 11 durch Verordnung vom 14. August 2017 (BGBl I S. 3232) am 24. August 2017 in die Staatenliste zu den Sonderbestimmungen für Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis (Anlage 11 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) aufgenommen. Damit haben Inhaber einer von Behörden der Republik Serbien erteilten Fahrerlaubnis gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV Anspruch auf Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis der entsprechenden Klasse unter erleichterten Bedingungen, d.h. unter Verzicht auf (nochmalige) ärztliche Untersuchung und Untersuchung des Sehvermögens, auf den Sehtest, auf die Befähigungsprüfung, auf die Schulung in Erster Hilfe und auf die Ausbildung. Dies gilt nicht nur für Fahrerlaubnisse, die seit dem Inkrafttreten der Änderung der Anlage 11 in Serbien erteilt wurden, sondern auch für vor diesem Zeitpunkt erteilte Fahrerlaubnisse. Dementsprechend kann grundsätzlich jede Fahrerlaubnis, die eine zuständige Behörde der Republik Serbien nach deren Entstehung im Juni 2006 erteilt hat, unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV umgeschrieben werden. Dies gilt somit auch für die dem Kläger in Serbien am 10. August 2011 in ihrer Gültigkeit verlängerte Fahrerlaubnis.
29
Zwar handelt es sich hierbei nicht um die Ersterteilung einer Fahrerlaubnis. Vielmehr wurde die dem Kläger ursprünglich erstmals in den Jahren 2003 und 2004 erteilte Fahrerlaubnis mit der Ausstellung eines neuen, bis 10. August 2021 gültigen Kartenführerscheins zeitlich verlängert. Dass die ursprüngliche Fahrerlaubnis vor der Gründung der Republik Serbien von Behörden des Staatenbunds Serbien und Montenegro erteilt wurde, steht der Umschreibung jedoch nicht entgegen (a.A. offenbar OVG NW, B.v. 25.11.2020 - 16 A 2303/19 - NZV 2021, 319 Rn. 10 f.). Zwar war dieser Staatenbund ebenso wie die mit ihm identische, von 1992 bis 2003 aus den Teilrepubliken Serbien und Montenegro bestehende Bundesrepublik Jugoslawien und die 1992 aufgelöste, in mehrere unabhängige Staaten zerfallene Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zu keinem Zeitpunkt in Anlage 11 zur Fahrerlaubnis-Verordnung oder in deren Vorgängerregelung (Anlage XXVII zu § 15 StVZO a.F.) genannt. Richtig ist auch, dass die Staatenliste, deren Regelung eine Prüfung vorausgeht, ob das Ausbildungs- und Prüfungsniveau für die jeweiligen Fahrerlaubnisklassen im aufzunehmenden Staat dem Niveau in Deutschland gleichwertig ist, ob die Verkehrsverhältnisse vergleichbar und ob die Dokumente zuverlässig sind, abschließend ist und nicht erweitert ausgelegt werden kann (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Auflage 2021, § 31 FeV Rn. 19; Zähle, NZV 2017, 520 ff. [523, 525]). Bringt allerdings - wie hier - eine zuständige serbische Behörde durch die Verlängerung der Geltungsdauer zum Ausdruck, dass sie eine zuvor durch eine Behörde des Staatenbunds Serbien und Montenegro, der Bundesrepublik Jugoslawien oder der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erteilte Fahrerlaubnis als gültig anerkennt und nunmehr in eine serbische Fahrerlaubnis umschreibt, handelt es sich dabei um einen innerstaatlichen Rechtsakt der Republik Serbien mit der Folge, dass eine serbische Fahrerlaubnis vorliegt und demnach deren Umschreibung nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 unter den dortigen Voraussetzungen grundsätzlich möglich ist.
30
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der im Vorfeld der Änderung der Anlage 11 vereinbarten Gemeinsamen Absichtserklärung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Innenministeriums der Republik Serbien vom 13. und 20. Februar 2017 zu Verfahrensfragen beim Führerscheinumtausch (im Folgenden: Absichtserklärung). Diese Absichtserklärung kann in Zweifelsfragen zur Auslegung der Regelung in § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 herangezogen werden. Sie betrifft Personen, die - soweit hier von Bedeutung - Inhaber eines gültigen, von den zuständigen Stellen in Serbien ausgestellten Führerscheins sind (vgl. die Präambel und die Begriffsbestimmungen unter I. der Absichtserklärung). Zwar ist die Frage, wie mit Fahrerlaubnissen zu verfahren ist, die in den Vorgängerstaaten der Republik Serbien ausgestellt wurden, nicht ausdrücklich geregelt. Nach Nr. III 3. b der Absichtserklärung sollen jedoch alle gültigen Führerscheinmodelle umgetauscht werden. Die Republik Serbien betrachtet sich als alleinige Rechtsnachfolgerin des Staatenbunds Serbien und Montenegro. Gibt demnach eine serbische Behörde durch einen Rechtsakt zu erkennen, dass sie eine in den Vorgängerstaaten erteilte Fahrerlaubnis als nach serbischem Recht gültig anerkennt, insbesondere durch Ausstellung eines neuen serbischen Führerscheins, ist nicht ersichtlich, dass eine solche Fahrerlaubnis von der erleichterten Umschreibungsmöglichkeit ausgenommen sein sollte, wenn alle übrigen Voraussetzungen für die Umschreibung erfüllt sind.
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b) Die Umschreibung sowohl nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV als auch - wie hilfsweise begehrt - nach § 31 Abs. 2 FeV unter Verzicht auf die Ausbildung scheitert hier jedoch daran, dass der Kläger nicht mehr Inhaber einer noch gültigen ausländischen Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E ist, die ihn zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat.
32
Die Umschreibung einer ausländischen in eine deutsche Fahrerlaubnis unter Befreiung von bestimmten Erteilungsanforderungen setzt voraus, dass der Antragsteller Inhaber einer noch gültigen ausländischen Fahrerlaubnis ist, die ihn zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dies gilt sowohl für eine Umschreibung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V.m. Anlage 11 als auch für eine solche nach § 31 Abs. 2 FeV. Für die aktuell andauernde Gültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis ist der Antragsteller im Zweifelsfall nachweispflichtig (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.1994 - 11 C 60.92 - DVBl 1994, 1192 = juris Rn. 11-13; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 31 FeV Rn. 11).
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Der Kläger ist jedoch nicht (mehr) Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis. Die ihm in den Jahren 2003 und 2004 im damaligen Staatenbund Serbien-Montenegro erteilte Fahrerlaubnis war zwar nach seinem Umzug nach Deutschland zunächst noch für sechs Monate inlandsgültig. Sie war aber von vornherein bis zum 1. April 2013 befristet und wurde vor Ablauf ihrer Geltungsdauer durch einen am 10. August 2011 in Tutin (Serbien) ausgestellten Führerschein ersetzt, der bis 10. August 2021 gültig ist. Die hiermit verbundene Verlängerung der ursprünglichen Befristung der Fahrerlaubnis bewirkte in zeitlicher Hinsicht eine materielle Erweiterung der Rechtsstellung, die der Kläger aufgrund der in den Jahren 2003 und 2004 erteilten Fahrerlaubnis besaß. Da er im Zeitpunkt der Verlängerung seinen ordentlichen Wohnsitz jedoch nicht in Serbien, sondern in der Bundesrepublik Deutschland hatte, berechtigte ihn seine ab diesem Zeitpunkt bestehende serbische Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1 und C1E zu keinem Zeitpunkt zum Führen entsprechender Kraftfahrzeuge in Deutschland.
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Die Voraussetzungen der sowohl nach § 31 Abs. 1 Satz 1 als auch nach § 31 Abs. 2 FeV für die Umschreibung erforderlichen Inlandsgültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis sind für Staaten, die wie Serbien oder auch der frühere Staatenbund Serbien-Montenegro weder Mitgliedstaat der Europäischen Union noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in § 29 FeV geregelt. Begründet der Inhaber einer in einem solchen Staat erteilten Fahrerlaubnis einen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, besteht die Berechtigung noch sechs Monate und kann auf höchstens zwölf Monate verlängert werden (§ 29 Abs. 1 Satz 4 und 5 FeV). Die Berechtigung, also die Inlandsgültigkeit, gilt jedoch nicht für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse, die zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen eines Staates, der nicht ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, also im Bundesgebiet hatten (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV, ebenso ausdrücklich Nr. II 2.c der Absichtserklärung). Aus einer im Inland von vornherein nicht anzuerkennenden Fahrerlaubnis kann sich kein Anspruch auf Umschreibung in eine entsprechende deutsche Fahrerlaubnis ergeben.
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Die Voraussetzung, dass eine früher objektiv bestehende und tatsächlich erteilte ausländische Fahrerlaubnis „noch gültig ist“, ist nur erfüllt, wenn diese Fahrerlaubnis nicht nur einmal wirksam erteilt war, sondern nach wie vor aktuell besteht und nicht etwa infolge Zeitablaufs oder infolge sonstiger Ereignisse nachträglich unwirksam geworden ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.1994 - 11 C 60.92 - DVBl 1994, 1192 = juris Rn. 12). Daran fehlt es hier. Das vom Senat eingeholte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht hat ergeben, dass nach Art. 173 Abs. 3 des in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien seit 1988 geltenden Gesetzes über die Grundlagen der Verkehrssicherheit (ZOBSP) die Fahrerlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von zehn Jahren und bei Personen mit mehr als 65 Lebensjahren mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren erteilt und verlängert wurde. Dies gilt ausnahmslos für sämtliche Fahrerlaubnisklassen. Dabei wurde und wird auch gegenwärtig noch in der Republik Serbien nicht zwischen der Fahrerlaubnis als materieller Berechtigung und dem Führerschein als Dokument zum Nachweis der Berechtigung unterschieden. Vielmehr wurden und werden diese Begriffe synonym verwendet; mit der Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Führerscheins wurde und wird demnach auch die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis verlängert. Dem Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht zufolge haben die Bundesrepublik Jugoslawien, der Staatenbund Serbien und Montenegro und die Republik Serbien das 1988 erlassene Gesetz über die Grundlagen der Verkehrssicherheit jeweils zunächst unverändert als eigenes nationales Recht übernommen. Die Republik Serbien hat das Gesetz im Jahre 2009 aufgehoben und durch das Gesetz über die Verkehrssicherheit auf Straßen (ZSBP) ersetzt. Auch dieses sieht allerdings in Art. 185 Abs. 1 ZSBP für alle Fahrerlaubnisklassen nur eine auf (höchstens) zehn Jahre befristete, für die Klassen C, CE, C1 und C1E seit 2018 auf fünf Jahre reduzierte Erteilung vor. Die ebenfalls seit 2009 aufgrund einer Ermächtigung durch Art. 183 Abs. 4 ZBSP in Art. 14 der Richtlinie über Fahrerlaubnisse geregelte Verlängerung verlangt zwar im Unterschied zur Ersterteilung keine (erneute) Fahrprüfung, wird aber nicht von Amts wegen gewährt (so auch die von der Beklagten vorgelegte Antwort des Generalkonsulats der Republik Serbien in München vom 27.12.2017), sondern nur auf Antrag mit der in Art. 185 Abs. 1 ZSBP festgelegten Geltungsdauer, also ebenfalls befristet. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass nach serbischem Recht sowohl die Fahrerlaubnis als auch der Führerschein mit Ablauf der Geltungsdauer ungültig wird und nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt, sofern ihr Inhaber nicht rechtzeitig die Verlängerung beantragt.
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Die Ausstellung eines neuen Führerscheins für den Kläger und damit zugleich die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis am 10. August 2011 für weitere zehn Jahre für sämtliche Fahrerlaubnisklassen beruht nicht auf einer Ersetzung des Dokuments infolge von Verlust oder Diebstahl, sondern darauf, dass in Serbien gemäß Art. 351 Abs. 5 ZSBP die früheren (Papier-)Führerscheine spätestens bis 2017 in neue Kartenführerscheine umgetauscht werden mussten. Bei dieser Gelegenheit wurde, wie in Art. 14 Abs. 4 der serbischen Richtlinie über Fahrerlaubnisse vorgesehen, auch der neue Gültigkeitszeitraum (10.8.2021), in dem der Fahrer berechtigt ist, Fahrzeuge der entsprechenden Kategorie zu führen, in den neuen Führerschein des Klägers übertragen. Seine ursprüngliche Fahrerlaubnis wurde dadurch gewissermaßen „überschrieben“ und ungültig, was sich auch aus der Auskunft des Generalkonsulats der Republik Serbien in München vom 21. August 2020 an den Senat ergibt.
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Diese Erweiterung der Geltungsdauer kann nicht als bloße Verlängerung des Führerscheindokuments angesehen werden. Vielmehr erstreckt sie sich auch auf die nach serbischem Recht vorgesehene Befristung der Fahrerlaubnis und vermittelt dem Fahrerlaubnisinhaber das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen über den zunächst festgelegten Zeitraum hinaus. Dass hierfür auch nach serbischem Recht geringere Anforderungen als für die Ersterteilung gelten und insbesondere keine erneute Befähigungsprüfung abgelegt werden musste, ändert daran nichts. Dabei kann dahinstehen, ob serbisches Recht für die Fahrerlaubnisklassen C, C1, CE und C1E - wie in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a RL 2006/126/EG für die Erneuerung der Führerscheine von EU-Mitgliedstaaten bei Ablauf der Gültigkeitsdauer vorgesehen - die anhaltende Erfüllung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit für das Führen der betreffenden Fahrzeuge voraussetzt, und wenn ja in welcher Weise dies geprüft wird. Unabhängig davon erweitert die Verlängerung der Fahrerlaubnis die Rechtsstellung des Klägers in zeitlicher Hinsicht. Der ihm am 10. August 2011 ausgestellte Kartenführerschein entspricht dem Führerscheinmuster nach Art. 1 RL 2006/126/EG i.V.m. Anhang 1 und enthält die dort harmonisierten Führerscheinangaben. Sowohl unter Ziffer 4b als auch unter Ziffer 11 ist als Gültigkeitsdatum der 10. August 2021 eingetragen. Ziffer 4b bezeichnet nach Anhang 1 der RL 2006/126/EG sowie nach Anlage 8 zur FeV das Datum, an dem der Führerschein ungültig wird; Ziffer 11 hingegen das Datum, an dem die Fahrerlaubnis für die jeweilige Klasse ungültig wird. Die Erneuerung des Führerscheins hatte somit nach serbischem Recht eine Verlängerung der materiellen Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der betreffenden Klassen über die bisherige Gültigkeitsdauer hinaus zur Folge (vgl. auch BVerwG, B.v. 10.10.2019 - 3 C 20.17 - juris Rn. 29). Diese wäre auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nur dann inlandsgültig, wenn der Kläger im Zeitpunkt der Verlängerung seinen ordentlichen Wohnsitz in Serbien gehabt hätte (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV; vgl. auch OVG NW, B.v. 25.11.2020 - 16 A 2303/19 - NZV 2021, 319 Rn. 15 ff.). Das war jedoch unstreitig nicht der Fall. Vielmehr hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich bestätigt, dass er seit 2006 ununterbrochen in Deutschland lebt und dass er sich seinen serbischen Kartenführerschein in Tutin im Jahre 2011 während eines Urlaubs hat ausstellen lassen. Diese Verlängerung der Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip begründet keinen Anspruch auf Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis.
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3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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4. Die Revision wird zugelassen, da der Frage, ob eine ursprünglich befristete und vor Ablauf der Geltungsdauer verlängerte ausländische Fahrerlaubnis als noch gültig im Sinne von § 31 FeV anzusehen und damit grundsätzlich umschreibungsfähig ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.