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VG München, Urteil v. 12.03.2021 – M 9 K 19.2805
Titel:

Zwangsgeld, Verzicht auf Beitreibung, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis

Normenkette:
VwGO § 43
Schlagworte:
Zwangsgeld, Verzicht auf Beitreibung, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2021, 16942

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgelds in Höhe von 30.000,00 EUR.
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Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung …, G. …str. …, EG Mitte rechts. Mit bestandskräftigem Grundbescheid vom 24 Oktober 2018 wurde nach dem Zweckentfremdungsrecht die Nutzung der Wohnung zu Fremdenverkehrszwecken untersagt (Ziff. 1). Unter Ziff. 2 wurde der Kläger verpflichtet, die Wohnung umgehend wieder Wohnzwecken zuzuführen. Unter Ziff. 4 wurde unter Fristsetzung von drei Monaten ab Zustellung zur Erfüllung der Verpflichtung nach Ziff. 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500,00 EUR angedroht.
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Mit Schreiben/Bescheid vom 29. Januar 2019 wurden die 7.500,00 EUR für fällig erklärt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 EUR angedroht; die Klage dagegen vom 11. März 2019 wurde mit Urteil der Kammer vom 12. März 2021 (M 9 K 19.978) abgewiesen.
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Mit weiterem Schreiben/Bescheid vom 15. März 2019 wurden die 15.000,00 EUR durch die Beklagte für fällig erklärt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 30.000,00 EUR angedroht. Die Klageerweiterung vom 22. April 2019, die zunächst unter dem Betreff einer anderen Wohnung im Zusammenhang mit bereits erledigten Klagen des Klägers wegen einer zweckentfremdungsrechtlichen Auskunftspflicht eingereicht wurde, hat das Verwaltungsgericht München im Verfahren M 9 K 19.978 ebenfalls mit Urteil vom 12. März 2021 abgewiesen. Auf die Gründe des Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
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Verfahrensgegenstand in diesem Verfahren ist ein Schreiben/Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2019. Fällig erklärt wurden die 30.000,00 EUR, die mit Bescheid vom 15. März 2019 wegen Nichterfüllung der Ziff. 2 des Verpflichtungsbescheids vom 24. Oktober 2018 angedroht wurden.
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Der Kläger hat dagegen mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. Juni 2019 und vom 9. März 2021 Klage erhoben und zuletzt beantragt,
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1. Es wird festgestellt, dass das mit Bescheid vom 8. Mai 2019 verhängte Zwangsgeld in Höhe von 30.000,00 EUR nicht fällig ist.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.876,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieses Antrags zu bezahlen.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die 30.000,00 EUR nicht fällig geworden seien. Die Klageerweiterung vom 9. März 2021 auf Rückzahlung werde auch in diesem Verfahren gestellt.
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Die Beklagte beantragte,
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Klageabweisung.
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Bereits mit Schreiben vom 11. Juli 2019 sei gegenüber dem Gericht und der Klägerseite mitgeteilt worden, dass auf die Beitreibung der 30.000,00 EUR verzichtet werde und die Zwangsgeldandrohung vom 8. Mai 2019 sich ebenfalls erledigt habe. Eine Ortseinsicht am 26. Juni 2019 habe ergeben, dass das Klingelschild einen neuen Namen trage. Ausweislich des Melderegisters sei dort seit dem 30. Mai 2019 ein Herr T. gemeldet. Die Klägerseite habe erst am 19. Juni 2019 den angeforderten Mietvertrag vorgelegt, wonach Herr T. seit dem 1. Mai 2019 die Wohnung für einen längeren Zeitraum gemietet habe. Herr T. wohne dort immer noch.
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Das mit Schreiben vom 8. Mai 2019 erklärte Zwangsgeld in Höhe von 30.000,00 EUR werde deshalb nicht mehr beigetrieben und sei auch noch nicht bezahlt worden. Es sei Erledigung eingetreten. Der Kläger habe seine Verpflichtung, die Wohnung wieder Wohnzwecken zuzuführen, erfüllt. Auch zukünftig werde aus dem Grundbescheid vom 24. Oktober 2018 nach dieser Sachlage nicht vollstreckt.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte und die Akte und das Urteil im Verfahren M 9 K 19.978 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Feststellungsklage gegen die Fälligkeitsmitteilung vom 8. Mai 2019 ist bereits unzulässig, da der Kläger kein berechtigtes Interesse dargelegt hat. Die Beklagte hat schriftlich und damit verbindlich erklärt, dass auf die Beitreibung der 30.000,00 EUR verzichtet wird. Es ist danach nicht erkennbar, welches rechtliche Interesse der Kläger an einer gerichtlichen Entscheidung darüber noch haben könnte. Soweit aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten erkennbar wurde, sieht dieser das Rechtsschutzbedürfnis und die fehlende Erledigung darin, dass möglicherweise in Zukunft irgendwie vollstreckt wird und/oder der Kläger möglicherweise in Zukunft die Wohnung wieder anders nutzen wolle. Dieser Ansatz verkennt das Wesen einer Fälligkeitsmitteilung im Zwangsgeldverfahren, wonach eine Fälligkeitsmitteilung nicht wiederauflebt, wenn die Verpflichtung erfüllt wurde.
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Die Beklagte hat ausdrücklich schriftlich auf die Beitreibung verzichtet und ebenfalls schriftlich erklärt, dass alles erledigt sei.
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2. Die Klageerweiterung vom 9. März 2021 auf Zahlung von 22.876,16 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit wegen zu Unrecht beigetriebener Zwangsgelder ist ebenfalls offensichtlich unzulässig. Der Kläger hat bereits im Verfahren M 9 K 19.978 diesen Antrag auf Rückzahlung gestellt. Im vorliegenden Verfahren wurden keine Zwangsgelder beigetrieben, die im Wege einer Klageerweiterung von der Beklagten zurückgefordert werden könnten. Es erschließt sich nicht, warum dieser Antrag dennoch auch in diesem Verfahren noch gestellt wurde. Ungeachtet des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses dafür wurden die 30.000,00 EUR nicht beigetrieben, weshalb sie auch nicht zurückgezahlt werden können. Inhaltlich wurde über den Antrag bereits im Verfahren M 9 K 19.978 mit Urteil vom 12. März 2021 entschieden.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.