Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 29.04.2021 – RN 5 S 21.771
Titel:

Allgemeinverfügung, Beschäftigungsverbot bezüglich Saisonarbeitskräften bei unterlassener Arbeitsquarantäne nach Einreise, Anordnung einer Testpflicht für Arbeitskräfte gegenüber dem Betrieb, Meldung von Arbeitsaufnahme und Wechsel von Saisonarbeitskräften

Normenketten:
IfSG § 28 Abs. 1
IfSG § 30 Abs. 1 S. 2
Schlagworte:
Allgemeinverfügung, Beschäftigungsverbot bezüglich Saisonarbeitskräften bei unterlassener Arbeitsquarantäne nach Einreise, Anordnung einer Testpflicht für Arbeitskräfte gegenüber dem Betrieb, Meldung von Arbeitsaufnahme und Wechsel von Saisonarbeitskräften
Fundstelle:
BeckRS 2021, 10291

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Ziffern 1, 4, 5 und 7 Satz 2 und 3 der Allgemeinverfügung des Landratsamtes D.-L. zur Anordnung von Maßnahmen zum Zwecke der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 hinsichtlich der Beschäftigung und Unterbringung von Saisonarbeitskräften im Landkreis D.-L., bekannt gemacht im Amtsblatt vom 16.4.2021, wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage, mit der er sich gegen die Allgemeinverfügung zur Anordnung von Maßnahmen zum Zwecke der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 hinsichtlich der Beschäftigung und Unterbringung von Saisonarbeitern im Landkreis D.-L. des Landratsamtes D.-L. wendet.
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Der Antragsteller führt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schwerpunkt im Anbau von Obst und Gemüse. Zur Erbringung der Ernte beabsichtigt der Antragsteller im Jahr 2021 von April bis November bis zu 500 Saisonarbeitskräfte als Erntehelfer zu beschäftigen, davon bis zu 350 gleichzeitig.
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Am 1.2.2021 erließ das Landratsamt eine Allgemeinverfügung zur Anordnung von Maßnahmen zum Zwecke der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 hinsichtlich der Beschäftigung und Unterbringung von Saisonarbeitern im Landkreis D.-L. Mit dieser wurde unter anderem eine verpflichtende Quarantäne für neu hinzukommende Saisonarbeitskräfte von 10 Tagen angeordnet, wenn diese in Gemeinschaftsunterkünften oder außerhalb des Betriebs untergebracht würden (Ziffern 1 und 2). Die Pflicht ende vorzeitig bei Vorlage eines negativen PCR-Tests, frühestens ab dem sechsten Tag (Ziffer 3). Die Betriebe wurden verpflichtet, für ausreichende gesonderte Unterbringungsmöglichkeiten zu sorgen, um positiv Getestete und Kontaktpersonen zu isolieren (Ziffer 4). Der Wechsel von Saisonarbeitskräften zwischen den Betrieben sei vom alten und neuen Betrieb anzuzeigen, die Beschäftigung dürfe nur erfolgen, wenn ein negativer PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden sei, vorliege und dem Landratsamt unverzüglich vorgelegt werde (Ziffer 5). Verstöße gegen die Allgemeinverfügung stellten nach § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden könne (Ziffer 6). Die Allgemeinverfügung trat am 2.2.2021 in Kraft und galt zunächst bis 14.2.2021 (Ziffer 7). Auf den Text der Allgemeinverfügung wird Bezug genommen.
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Zur Begründung führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass der Landkreis D.-L. als großes Gemüseanbaugebiet in seinem Zuständigkeitsgebiet ca. 30 gemüseproduzierende und -verarbeitende Betriebe habe, die ca. 4.000 Saisonarbeitskräfte beschäftigten und unterbrächten. Im vergangenen Jahr seien in mehreren Betrieben mit Saisonarbeitskräften mehrere hundert Personen positiv auf das SARS-CoV-2 Virus getestet worden. Auch in diesem Jahr sei trotz der bereits geltenden, verschärften gesetzlichen Bestimmungen festgestellt worden, dass gerade bei neu in die Betriebe kommenden Saisonarbeitskräften vermehrt Personen mit positiven Testergebnissen auffielen. Gerade bei Betrieben, die Saisonarbeiter beschäftigten, bestehe ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit dem Coronavirus, da hier Personen mit unterschiedlichsten privaten Umfeldern und unterschiedlichster Herkunft eng zusammenlebten und zusammenarbeiteten. Daher bestehe gerade hier die erhöhte Gefahr, dass bei einer Einschleppung des Coronavirus durch eine infizierte Person eine rasante Verbreitung kaum zu unterbinden sei. Die Gefahr der Fortsetzung der Infektionsketten zeige sich an dem Infektionsgeschehen in den betroffenen Betrieben des Landkreises im Jahr 2020. Bestünden Infektionsketten in den betroffenen Betrieben, sei eine weitere Ausbreitung ohne eine Schließung der Betriebe nur äußerst schwer einzudämmen. Aus den Erfahrungen des letzten Jahres sei es aus infektionsschutzrechtlicher Sicht dringend erforderlich, weitere Anordnungen zur Verhinderung und Verbreitung des Coronavirus in Betrieben, die Saisonarbeiter beschäftigten und unterbrächten, zu erlassen.
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Rechtsgrundlage für die in Ziffern 1 bis 5 getroffenen Maßnahmen sei § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Gem. § 27 Abs. 1 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) könne die zuständige Kreisverwaltungsbehörde im Einzelfall Anordnungen erlassen, soweit das aus infektionsschutzrechtlicher Sicht erforderlich sei.
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Die Maßnahmen seien erforderlich, gleich geeignete Mittel stünden nicht zur Verfügung. Insbesondere die bereits in der Einreisequarantäneverordnung (EQV) durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege verfügten Maßnahmen seien nicht ausreichend und damit nicht gleich geeignet. Um das Entstehen drohender Infektionsketten zu verhindern, sei eine konsequente Absonderung bis zum Ausschluss einer Infektion sachgerecht und geboten. Es handele sich bei den Arbeiten meist um körperliche Arbeiten, die mit einem erhöhten Aerosolausstoß verbunden seien. Auch sei die dauerhafte Einhaltung des gebotenen Mindestabstandes und der Hygieneregeln aufgrund der Art der Tätigkeit und der Umsetzung meist schwer umsetzbar. Zudem werde die Möglichkeit eröffnet, mittels molekularem Testergebnis die Absonderungsdauer zu verkürzen. Zur Verhinderung der Bildung von Infektionsketten sei es auch dringend erforderlich, dass der Betrieb im Vorfeld dafür sorge, dass ausreichende und angemessene Möglichkeiten zur Absonderung von positiv Getesteten und Kontaktpersonen bereitgestellt würden.
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In Ausübung sachgemäßen Ermessens mache das Landratsamt vom Anordnungsrecht Gebrauch, aufgrund der festgestellten Tatsachen stehe der Behörde kein Entschließungsermessen, jedoch ein Auswahlermessen zu. Die Maßnahmen seien vor dem Hintergrund der aus den im letzten Jahr gemachten Erfahrungen dringend erforderlich, verhältnismäßig und angemessen. Es werde auch nicht verkannt, dass durch die angeordneten Maßnahmen zusätzliche finanzielle Belastungen für Betriebe und Saisonarbeitskräfte entstünden. Der Schutz der Gesundheit und des Lebens, sowie die Belange des Infektionsschutzes überwögen jedoch die privaten und wirtschaftlichen Belange der Betriebe und der Saisonarbeitskräfte.
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Mit Allgemeinverfügung vom 12.2.2021 wurde in Ziffer 7 der Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 die Angabe „14.2.2021“ durch die Angabe „7.3.2021“ ersetzt. Zur Begründung wurde vollumfänglich auf die Begründung der Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 Bezug genommen. Neben der aktuellen Inzidenzrate und der Beschlüsse des Kabinettes sei bei der Verlängerung der Allgemeinverfügung auch berücksichtigt worden, dass die im Landkreis nachgewiesenen Fälle von Virusmutationen stetig anstiegen. Unter den nachgewiesenen Fällen der Virusmutation seien auch neuankommende Saisonarbeitskräfte aus Rumänien gewesen. Vor diesem Hintergrund sei die Verlängerung der Maßnahmen bis 7.3.2021 verhältnismäßig und gerechtfertigt, um der vorrangigen Gesundheitssicherheit der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Aufgrund des aktuellen Infektionsgeschehens müsse sichergestellt werden, dass keine neuen Infektionsherde entstünden und der Eintrag von Virusmutationen verhindert werde.
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Mit Allgemeinverfügung vom 5.3.2021 wurde die Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 in der Fassung vom 12.2.2021 geändert und bis 28.3.2021 verlängert. Sie regelt Folgendes:
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1. Alle Betriebe im Landkreis D.-L., die Saisonarbeitskräfte beschäftigen, und in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen, dürfen neu hinzukommende Saisonarbeitskräfte nur beschäftigen, wenn am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogen betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist. Eine in Arbeitsquarantäne befindliche Gruppe darf maximal aus 4 Saisonarbeitskräften bestehen.
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2. Alle Betriebe im Landkreis D.-L., die Saisonarbeitskräfte beschäftigen, die außerhalb des Betriebes untergebracht werden, dürfen neu hinzukommende Saisonarbeitskräfte nur beschäftigen, wenn am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogen betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist. Eine in Arbeitsquarantäne befindliche Gruppe darf maximal aus 4 Saisonarbeitskräften bestehen.
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3. Der Betriebsinhaber eines unter Nr. 1 und Nr. 2 genannten Betriebes ist verpflichtet, die Arbeitsaufnahmen der Saisonarbeitskräfte jeweils grundsätzlich 14 Tage vor ihrem Beginn beim Landratsamt anzuzeigen. Eine spätere Anzeige ist nur dann ausreichend, wenn der Betriebsinhaber glaubhaft macht, dass eine frühere Anzeige aus zwingenden betrieblichen oder sonstigen Gründen nicht möglich war. Die Anzeige hat dabei den Namen des Beschäftigten, dessen Unterbringungsort, Art und Zeitraum der Tätigkeit sowie die Kontaktdaten des Betriebsinhabers zu enthalten.
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4. Die Pflicht zur Absonderung nach Nr. 1 und 2 endet vorzeitig, frühestens jedoch ab dem sechsten Tag nach der Einreise, wenn die betroffene Saisonarbeitskraft über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verfügt und dieses Ergebnis dem Landratsamt unverzüglich vorgelegt wird. Das negative Testergebnis muss sich auf eine molekularbiologische Testung (PCR-Test) stützen.
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5. Für die Dauer der Beschäftigung der Saisonarbeitskräfte sind bei jeder Saisonarbeitskraft regelmäßig, mindestens an drei verschiedenen Tagen pro Woche Testungen in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines Antigen-Schnelltests oder eines Selbsttests durchzuführen. Die Testungen sind zu dokumentieren und auf Verlangen der Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen. Positive Testergebnisse sind dem Landratsamt unverzüglich mitzuteilen.
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6. Alle Betriebe des Landkreises D.-L., die Saisonarbeitskräfte in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen, müssen für eine ausreichende und angemessene Anzahl an gesonderten Unterbringungsmöglichkeiten sorgen, um sicherzustellen, dass positiv Getestete, sowie Kontaktpersonen isoliert werden können.
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7. Der Wechsel von Saisonarbeitskräften in andere im Landkreis D.-L. ansässige Betriebe ist dem Landratsamt D.-L. sowohl vom abgebenden Betrieb, als auch vom aufnehmenden Betrieb unverzüglich anzuzeigen. Die Beschäftigung im neuen Betrieb darf nur erfolgen, wenn der Saisonbeschäftigte über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, das nicht älter als 48 Stunden ist, verfügt und dieses Ergebnis dem Landratsamt unverzüglich vorgelegt wird. Das negative Testergebnis muss sich auf eine molekularbiologische Testung (PCR-Test) stützen.
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8. Verstöße gegen diese Allgemeinverfügung stellen gem.§ 73 Abs. 1a Nr.6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden kann.
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9. Die Allgemeinverfügung tritt mit Wirkung vom 08.03.2021 in Kraft und gilt zunächst bis 28.03.2021.
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Mit weiterer Allgemeinverfügung vom 26.3.2021 wurde die Geltung der Allgemeinverfügung bis 18.4.2021 verlängert.
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Mit Allgemeinverfügung vom 16.4.2021 wurde die Allgemeinverfügung erneut, diesmal bis 9.5.2021, verlängert. Zur Begründung nahm der Antragsgegner auf die Begründung der Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 Bezug und führte ergänzend aus, dass neben der aktuellen Inzidenzrate und der Beschlüsse des Kabinetts bei der Entscheidung der Verlängerung der Maßnahmen auch berücksichtigt worden sei, dass die nachgewiesenen Fälle mit Virusmutationen ständig anstiegen. Aufgrund der Verfügbarkeit zugelassener Schnell- und Selbsttests könne von der Anordnung der konsequenten Quarantäne der Saisonkräfte abgerückt werden. Durch Anordnung der regelmäßigen, mindestens an drei verschiedenen Tagen pro Woche durchzuführenden Testungen könnten auch Infektionen ohne Krankheitssymptome früher erkannt werden. Dem diene auch die Beschränkung der Arbeitsgruppen auf vier Saisonarbeiter. Vor diesem Hintergrund sei die Verlängerung der Maßnahmen bis 9.5.2021 verhältnismäßig und gerechtfertigt, um der vorrangigen Gesundheitssicherheit der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Aufgrund des Infektionsgeschehens müsse sichergestellt werden, dass keine neuen Infektionsherde entstünden und der Eintrag von Virusvarianten verhindert werde.
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Am 10.3.2021 hat der Antragsteller gegen die Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 in der Fassung vom 5.3.2021 Klage zum Verwaltungsgericht erheben lassen. Diese wird unter dem Aktenzeichen RN 5 K 21.446 geführt. In der Folge hat er die Allgemeinverfügung vom 26.3.2021 in die Klage miteinbezogen sowie die Klage auf die Allgemeinverfügung vom 16.4.2021 umgestellt. Am 21.4.2021 hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage beantragt.
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Der Antragsteller lässt vortragen, dass er über ein funktionierendes Hygienekonzept verfüge, das er sehr eng mit dem Antragsgegner, dessen Gesundheitsamt und der Regierung von ... sowie dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ausgearbeitet habe und das von diesen Behörden ausdrücklich für gut befunden worden sei. Der Antragsteller bringe seine Arbeitskräfte ausschließlich innerhalb des Betriebes unter.
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Der Antragsteller ist der Auffassung, dass nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung die Klage offensichtlich begründet sei. Zumindest bestünden ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Allgemeinverfügung. Der Belang des Gesundheitsschutzes habe zwar ein hohes Gewicht, sei jedoch kein Freibrief zur Rechtfertigung jedweder Anordnungen. Mit der EQV und der Bekanntmachung des StMGP vom 10.8.2020 bestünden auch ohne die Allgemeinverfügung des Antragstellers bereits zwei Rechtsgrundlagen, die Anordnungen für die Einreise von Saisonarbeitern träfen. Diese stammten vom bayerischen Landtag bzw. Gesundheitsministerium und stünden normenhierarchisch über den Anordnungen des Landratsamtes D.-L. Abweichende, insbesondere verschärfende Regelungen der rangniedrigeren Behörde bedürften daher einer besonderen Rechtfertigung, die nicht vorliege. Die Allgemeinverfügung sei außerdem inhaltlich unbestimmt und widersprüchlich. Es fehle an einer Begriffsbestimmung der Saisonarbeitskräfte. Auch die angeordneten gruppenbezogenen Hygienemaßnahmen, und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung, seien unbestimmt. Eine Absonderungspflicht werde gerade nicht angeordnet. Im Übrigen sei die Allgemeinverfügung inhaltlich widersprüchlich und nicht umsetzungsfähig. Adressat seien alle Betriebe, die Saisonarbeiter beschäftigten - diese könnten jedoch nicht in Gutsherrenart über ihre Arbeiter bestimmen. Subjekt der Quarantäne könne nie der Betrieb sein, sondern nur der einzelne Arbeiter. Die Umsetzung etwa der Verpflichtungen aus Ziffer 2 der Allgemeinverfügung scheitere, wenn sich der Arbeitnehmer widersetze. Auch fehle es an einer Begründung für die Anordnungen von drei Testungen pro Woche. Eine solche Frequenz finde sich in keiner anderen Rechtsquelle.
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Im Übrigen leide die Allgemeinverfügung an Ermessensfehlern und sei unverhältnismäßig. Der Antragsgegner verweise auf die Begründung der ersten Allgemeinverfügung vom 1.2.2021. Dies gehe bereits deshalb fehl, weil diese eine andere Regelung hinsichtlich der Absonderung enthalte. Wöchentliche Testungen seien damals nicht angeordnet worden. Es werde auch bestritten, dass bei Saisonarbeitern vermehrt Personen mit positivem Testergebnis aufgefallen seien. Die hohe Inzidenz im Landkreis könne nicht von Saisonarbeitern stammen, da diese ihre Arbeit noch nicht in erheblichem Umfang aufgenommen hätten. Auch verlasse der Antragsgegner mit der Allgemeinverfügung das System der EQV hinsichtlich der Einreise- und Quarantänebestimmungen, indem er nicht zwischen Risikogebieten, Hochinzidenzgebieten und Mutationsgebieten unterscheide. Rumänien als hauptsächliches Herkunftsland der Saisonarbeiter sei weder Hochinzidenz- noch Virusvariantengebiet. Der Landkreis D.-L. würde allerdings derzeit die Voraussetzungen eines Hochinzidenzgebietes erfüllen. Der Antragsgegner gehe davon aus, dass Saisonarbeiter unabhängig von ihrer Herkunft infektiös seien oder ein besonderes Infektionsrisiko in sich trügen. Er degradiere damit Saisonarbeiter zu Menschen zweiter Klasse, da sonstige ausländische Arbeiter diesen Einschränkungen gerade nicht unterlägen. Auch gelte die Allgemeinverfügung bereits seit drei Monaten. Die wirtschaftlichen Folgen für den Antragsteller sowie für Dritte seien ausweislich der Begründung nicht erkannt worden, jedenfalls aber nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen decke sich der Inhalt der Allgemeinverfügung auch nicht mit den Zeilen aus der Begründung, da eine Entstehung von Infektionsherden durch die Maßnahme nicht verhindert werde. Bei der Vermeidung der Überbelastung von Behandlungskapazitäten, sowie der Möglichkeit der Kontaktnachverfolgung handele es sich nicht um eine Bringschuld des Bürgers, sondern des Staates. Unberücksichtigt blieben auch die Rechtsfolgen der bereits durchgeführten Impfungen.
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Schlussendlich stelle sich die Allgemeinverfügung als inhaltlich unvollständig, verfehlt und widersprüchlich dar. Mangels Duldungsverfügung gegenüber den Arbeitern sei sie außerdem nicht umsetzbar, sowie ermessensfehlerhaft. Angesichts der bestehenden weiteren gesetzlichen Regelungen sei sie nicht erforderlich und verstoße gegen das Übermaßverbot.
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Der Antragsteller lässt beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 20.4.2021 gegen die Allgemeinverfügung des Antragsgegners zur Anordnung von Maßnahmen zum Zwecke der Bekämpfung des Corona-Virus hinsichtlich der Beschäftigung und Unterbringung von Saison-Arbeitskräften im Landkreis D.-L., bekannt gemacht im Amtsblatt vom 16.4.2021, wird angeordnet.
27
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
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Zur Begründung trägt er vor, dass im letzten Jahr in Betrieben mit Saisonarbeitskräften im Landkreis D.-L. 634 Personen positiv auf das SARS-CoV-2 Virus getestet worden seien, 649 Personen seien als Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt worden. In diesem Jahr sei von 29 Betrieben der Beschäftigungsbeginn von 426 Saisonbeschäftigten angezeigt worden. Im Januar 2021 sei bereits bei zwei Betrieben festgestellt worden, dass trotz Einhaltung aller Hygienemaßnahmen seitens der Betriebe bei neu in die Betriebe kommenden Saisonarbeitskräften 6 Personen mit positivem Testergebnis aufgefallen seien. Bei zwei Personen aus Rumänien habe es sich um nachgewiesene Fälle mit Virusmutation (B 1.1.7) gehandelt.
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Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Regelungen zur Anmelde-, Test- und Nachweispflicht für Einreisende aus Risikogebieten und deren Beförderer in der Coronavirus-Einreiseverordnung der Bundesregierung für Saisonarbeitskräfte nicht ausreichten, da hier in den meisten Fällen die Beförderer nicht bekannt seien. Auch sei eine Infektion während der Fahrt nicht ausgeschlossen. Aufgrund der Tatsache, dass die Saisonarbeiter auf verschiedene Betriebe verteilt würden, könne es ohne Anordnung einer konsequenten Quarantäne zu Infektionsketten in mehreren Betrieben kommen. Saisonarbeitskräfte würden im Landkreis D.-L. in verarbeitenden Bereichen bei gewerblichen Betrieben beschäftigt und auch in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Diese würden von der Testpflicht nach der Allgemeinverfügung des StMGP für landwirtschaftliche Betriebe nicht erfasst. Das LGL habe bereits im Sommer 2020 bei der Beschäftigung von neu hinzukommenden Saisonarbeitskräften eine konsequente Quarantäne vor Tätigkeitsaufnahme gefordert. Aufgrund der Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttest habe die konsequente Quarantäne durch eine Arbeitsquarantäne ersetzt werden können. Die Beschränkung der Arbeitsgruppen auf vier Personen sei entsprechend der Empfehlungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gewählt worden. In landwirtschaftlichen Betrieben, die Saisonarbeitskräfte beschäftigten, sei ein clustermäßiges Auftreten von Neuinfektionen feststellbar. Während der Ernte lebten und arbeiteten Personen mit unterschiedlichen privaten Umfeldern und unterschiedlichster Herkunft eng zusammen. Bei Einschleppung des Coronavirus sei eine rasante Verbreitung kaum zu unterbinden. Es sei deswegen und aufgrund der hohen lokalen Inzidenzzahlen und der hohen Anzahl bestätigter Fälle von Virusmutationen erforderlich und verhältnismäßig gewesen, die Allgemeinverfügung in der Form vom 5.3.2021 zu verlängern. Die Arbeitsquarantäne werde auch als Voraussetzung für die Ausnahme des § 2 Abs. 2 Nr. 7 EQV vorgesehen. Trotz eines negativen Testergebnisses könne es noch Tage danach zu einer Infektion kommen. Aufgrund der höheren Ansteckungswahrscheinlichkeit der britischen Mutation sei die Situation auch nicht mit der im August 2020 zu vergleichen. Der Begriff der Saisonarbeitskraft ergebe sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, er sei auch nach sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen genau festgelegt und in allen Bereichen, die Saisonarbeitskräfte beschäftigten, ausreichend bekannt. Die Belastungen für die Betriebe seien im Vergleich zu den Auswirkungen einer betriebsübergreifenden Infektion mit dem Virus jedoch verhältnismäßig. Mit der Änderung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung seien Betriebe verpflichtet worden, Arbeitnehmern, die in Präsenz arbeiteten, zweimal wöchentlich einen Test anzubieten. Der vom Landratsamt angeordnete dritte Test könne kostenlos an den Teststationen des Landkreises vorgenommen werden. Zudem gehörten Saisonarbeitskräfte zu den bei der Impfung priorisierten Personen der Gruppe drei, die im Landkreis D.-L. bereits geimpft werde. Die Anordnung der dreimaligen Testung sei ebenfalls verhältnismäßig, auch bei Schülern bestehe bei einer Inzidenz von über 100 eine Testpflicht von drei Mal wöchentlich bei einer Anwesenheit von fünf Tagen. Bei Saisonarbeitskräften, die wöchentlich durchschnittlich mindestens sechs Tage arbeiteten, sei eine dreimalige Testpflicht im Vergleich zu Schülern sicherlich verhältnismäßig. Mit der Allgemeinverfügung werde der Betrieb verpflichtet, regelmäßige Tests durchzuführen. Es sei keine Verpflichtung festgelegt, die Tests zwangsweise durchzusetzen, weshalb auch keine Duldungspflicht gegenüber der sich weigernden Person angeordnet worden sei. Die Allgemeinverfügung sei an die Arbeitgeber gerichtet, weil diese auch für den Arbeitsschutz im Betrieb verantwortlich seien, und die Schutz- und Hygienekonzepte umsetzen müssten. Gem. § 25 Abs. 2 der seit 18.4.2021 geltenden Fassung der 12. BayIfSMV könne die Kreisverwaltungsbehörde in Landkreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 200 anordnen, dass Beschäftigte bestimmter Betriebe und Einrichtungen nur dann in Präsenz am Arbeitsplatz eingesetzt werden dürften, wenn sie zu Beginn des Arbeitstages über den Nachweis eines vor höchstens 24 Stunden vorgenommenen POC-Antigentests oder Selbsttests oder eines vor höchstens 48 Stunden vorgenommenen PCR-Tests in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus mit negativem Ergebnis verfügten. Die Anordnung der dreimaligen Testung sei demgegenüber als das mildere Mittel verhältnismäßig.
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Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Gerichtsakten und die genannten Allgemeinverfügungen Bezug genommen. Daneben wird auch auf die Akten der vorherigen Verfahren des Antragstellers, RN 14 S 20.1371 sowie RN 5 E 20.1311, Bezug genommen. Diese hat das Gericht zum Verfahren beigezogen.
II.
31
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamtes D.-L. vom 1.2.2021 in der Fassung vom 5.3.2021 sowie vom 16.4.2021 ist hinsichtlich der Ziffern 1, 4 und 5 und 7 Satz 2 und 3 begründet. Die gegen diese gerichtete Anfechtungsklage hat voraussichtlich Erfolg. Hinsichtlich der Ziffern 3 und 8 ist der Antrag unzulässig, im Übrigen ist er unbegründet.
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1. Der Antrag ist teilweise zulässig.
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a) Statthafter Rechtsbehelf ist hinsichtlich der Ziffern 1 bis 7 der Allgemeinverfügung der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Allgemeinverfügung gem. § 80 Abs. 5 VwGO. Es handelt sich bei den Ziffern 1 bis 7 der Allgemeinverfügung um Verwaltungsakte, bei denen die dagegen gerichtete Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
34
Bei der Ziffer 8 der Allgemeinverfügung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern lediglich um einen Hinweis auf die Bußgeldbewehrung von Verstößen gegen die Anordnungen nach § 28 IfSG.
35
b) Hinsichtlich der Ziffer 3 der Allgemeinverfügung fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis. Der gegen die Allgemeinverfügung gerichtete Antrag ist nicht geeignet, die Rechtsposition des Antragstellers zu verbessern (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, vor § 40 Rn. 16 m.w.N.). Auch bei Aufhebung der Regelung wäre der Antragsteller weiterhin verpflichtet, gegenüber dem Landratsamt die Arbeitsaufnahme der Saisonarbeitskräfte 14 Tage vor dieser anzuzeigen.
36
Die Allgemeinverfügung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) vom 11.8.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 8.3.2021 (Az. G51s-G8000-2021/505-12), enthält in Ziffer 5.1 eine entsprechende Regelung. Diese findet auch auf den Antragsteller Anwendung. Es handelt sich bei ihm um einen landwirtschaftlichen Betrieb, der gleichzeitig mehr als zehn Personen bzw. drei Saisonarbeitskräfte im Sinne der Regelung beschäftigt.
37
Selbst bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung wäre der Antragsteller weiterhin aufgrund der Regelung der Bekanntmachung des StMGP weiterhin verpflichtet, die Arbeitstätigkeit der Saisonarbeiter anzumelden.
38
c) Der Antragsteller ist bezüglich der Ziffern 1 sowie 4 bis 7 antragsbefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung des Antragstellers in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit ist hier aufgrund der Tatsache, dass es sich um belastende Verwaltungsakte handelt, denkbar.
39
Bezüglich der Ziffer 2 hat der Antragsteller jedoch keine mögliche Verletzung subjektiver Rechte geltend gemacht. Er führt in seiner Antragsbegründung aus, dass er seine Mitarbeiter ausschließlich in seinem Betrieb unterbringe. Die Anordnung in Ziffer 2 der Allgemeinverfügung, die sich auf eine Unterbringung außerhalb des Betriebes bezieht, entfaltet ihm gegenüber damit keine Wirkung.
40
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Allgemeinverfügung ist hinsichtlich der Ziffern 1, 4, 5 sowie 7 Satz 2 und 3 begründet. Im Übrigen ist er unbegründet und hat keinen Erfolg.
41
Im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung. Dabei wägt es das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes gegen das Interesse des Antragsstellers an der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage ab. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird; bei offensichtlichem Erfolg der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegt in der Regel das Aussetzungsinteresse (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 89 ff.; Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 152 ff.). Weder liegt es im öffentlichen Interesse, einen offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt sofort zu vollziehen, noch dass ein unzulässiger oder unbegründeter Rechtsbehelf die sofortige Vollziehung verhindert (VG Würzburg, B. v. 14.7.2014 - W 6 S 14.485, juris, Rn. 57).
42
Die Klage gegen die Ziffern 1 sowie 4 bis 7 der Allgemeinverfügung vom 1.2.2021 in Form der Bekanntmachung 16.4.2021 hätte nach summarischer Prüfung voraussichtlich teilweise Erfolg.
43
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 IfSG und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann unter den Voraussetzungen von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 IfSG genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.
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a) Die Ziffern 1 und 4 der Allgemeinverfügung sind nach summarischer Prüfung rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in seinen Rechten. Diese Regelungen stellen keine erforderliche Schutzmaßnahme dar. Das ausnahmslose Beschäftigungsverbot ist ermessenswidrig im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO. Es ist selbst unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Antragsgegners nicht erforderlich, weil sich mildere Mittel gleicher Eignung aufdrängen. Der Antragsgegner überschreitet die Grenzen seines Ermessens, indem er hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1 und 4 keine Ausnahmetatbestände oder Öffnungsmöglichkeiten vorgesehen hat, die im Einzelfall Ausnahmen von dem Beschäftigungsverbot ermöglichen (2). Hinzu kommt, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensausübung nicht hinreichend berücksichtigt hat, ob die örtlichen Gegebenheiten eine strengere Regelung als die der Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 5.11.2020 (BayMBl. Nr. 630, BayRS 2126-1-6-G), die zuletzt durch § 2 der Verordnung vom 27.2.2021 (BayMBl. Nr. 290) geändert worden ist (EQV), erfordern (3).
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(1) Zwar findet die Regelung in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. Der Rückgriff auf die allgemeinere Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ist hier nicht durch die speziellere Regelung des § 30 Abs. 2 Satz 1 IfSG gesperrt (vgl. zur Spezialität BayVGH, B.v. 3.12.2020 - 20 NE 20.2749, BeckRS 2020, 33531 Rn. 34). Ziel der Regelung ist hier nicht die Anordnung von Absonderungsmaßnahmen, sondern von Beschäftigungsverboten nicht abgesonderter Saisonarbeiter gegenüber Betrieben.
46
Bei § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handelt es sich um eine Generalklausel, die die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet (gebundene Entscheidung). Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen - dem „wie“ des Eingreifens - ist der Behörde Ermessen eingeräumt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind. Der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ ist umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen, welche durch die Notwendigkeit der Maßnahme in Einzelfall begrenzt wird (BayVGH, B. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 - juris). Schutzmaßnahmen sind nur erlaubt, soweit dies inhaltlich („soweit“) und zeitlich („solange“) erforderlich ist. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (VG Regensburg, B.v. 17.6.2020 - RO 14 S 20.1002 - BeckRS 2020, 13622, Rn. 27).
47
Die Anwendungsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind gegeben. Mit der durch das SARS-CoV-2 Virus verursachten Krankheit Covid-19 ist eine übertragbare Krankheit mit einer erheblichen Zahl von Erkrankungen mit teilweise tödlichem Ausgang festgestellt. Es ist nicht ernstlich streitig - und wird vom Antragsteller auch nicht in Frage gestellt - dass derzeit eine nach dem Infektionsschutzgesetz zu bekämpfende übertragbare Krankheit festzustellen ist. Dabei ist der Kreis der Adressaten nicht auf Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider begrenzt, vielmehr können sich die Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten auch gegen Dritte richten (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 - juris, Rn. 26; OVG NW, B.v. 6.4.2020 - 13 B 398/20.NE - juris, Rn. 70; OVG Berlin-Bbg, B.v. 23.3.2020 - OVG 11 S 12/20 - juris, Rn. 8; ThürOVG, B.v. 9.4.2020 - 3 EN 238/20 - BeckRS 2020, 7743 Rn. 29).
48
(2) Die Anordnung der ausnahmslosen Beschäftigungsverbotes ohne Arbeitsquarantäne für mindestens sechs Tage nach Einreise für sämtliche in Gemeinschaftsunterkünften untergebrachte Saisonarbeitskräfte ist jedoch nach summarischer Prüfung nicht verhältnismäßig.
49
(a) Die Anordnung eines Beschäftigungsverbotes in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung verfolgt mit der Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einen legitimen Zweck.
50
(b) Es ist aber bereits fraglich, ob die Anordnung eines Beschäftigungsverbotes geeignet ist, diesen Zweck weiter zu fördern, weil zumindest für Personen, die aus Risikogebieten im Sinne des § 2 Nr. 17 IfSG einreisen, bereits mit § 2 Abs. 2 Nr. 7 EQV eine Regelung für die Saisonarbeitskräfte besteht.
51
Die Saisonarbeitskräfte sind bereits grundsätzlich verpflichtet, sich - sofern sie aus Risikogebieten einreisen - nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV unmittelbar abzusondern. Hiervon sind sie nur ausgenommen, wenn sie nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 EQV zum Zweck einer mindestens dreiwöchigen Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreisen und am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogene betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist. Der Arbeitgeber zeigt die Arbeitsaufnahme vor ihrem Beginn bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde an und dokumentiert die ergriffenen Maßnahmen; die zuständige Kreisverwaltungsbehörde hat die Einhaltung der Voraussetzungen zu überprüfen. Nach § 3 Abs. 1, Abs. 5 EQV besteht die Möglichkeit, frühestens nach dem fünften Tag die Absonderungspflicht durch Vorlage eines negativen Testergebnisses zu beenden.
52
Die Regelungen der Allgemeinverfügung entfalten damit insbesondere für Betriebe, die Personen, die aus Nichtrisikogebieten einreisen, beschäftigen, eine besondere Wirkung. Deren Beschäftigung ist verboten, obwohl bei diesen wohl ein geringeres Risiko einer Erkrankung besteht. Alle anderen Einreisenden sind aufgrund der Regelungen der EQV zu Absonderungen verpflichtet. Es ist daher fraglich, inwiefern ein zusätzliches Beschäftigungsverbot für die betroffenen Betriebe die Verbreitung des Coronavirus zusätzlich verhindern würde.
53
(c) Die Anordnung ist als ausnahmslose Regelung jedenfalls nicht erforderlich.
54
Ein milderes und weniger belastendes, aber ebenso geeignetes Mittel wäre hier eine Regelung, die ein Beschäftigungsverbot grundsätzlich vorschreibt, dem Antragsteller jedoch zumindest die Möglichkeit eröffnet, bei der zuständigen Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von dieser Vorgabe für seinen Einzelfall oder bezogen auf einen Teil seiner Beschäftigten anzuordnen. Es ist im Rahmen der Allgemeinverfügung nicht vorgesehen, im Einzelfall die Interessen des Infektionsschutzes, die durch das Beschäftigungsverbot geschützt werden, mit den durch dieses eingeschränkten Grundrechten in einen Ausgleich zu bringen.
55
Dabei ist nicht von vorne herein ausgeschlossen, dass dem Antragsteller der Nachweis gelingen könnte, dass im Einzelfall trotz fehlender Absonderung in Form einer Arbeitsquarantäne eine Beschäftigung möglich ist. Das gilt insbesondere auch mit Bezug auf die fortschreitenden Impfungen gegen das Coronavirus, die der Antragsgegner selbst vorträgt. Auch ist etwa denkbar, dass im Einzelfall ein Hygienekonzept vorliegt und tatsächlich umgesetzt werden kann, das es erlaubt, auf ein Beschäftigungsverbot ohne Arbeitsquarantäne nach Einreise zu verzichten (vgl. VG Münster B.v. 24.8.2020 - 5 L 671/20, BeckRS 2020, 20920 Rn. 20, 22; VGH BW, B.v. 30.7.2020 -1 S 2087/20, COVuR 2020, 473 Rn. 54-57).
56
(3) Auch hat das Landratsamt im Rahmen seiner Ermessensausübung nicht hinreichend berücksichtigt, dass es mit seinen Regelungen über die der EQV hinausgeht.
57
Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung ist § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, ohne dass ihr Inhalt unter eines der in § 28a Abs. 1 IfSG genannten Regelbeispiele fällt.
58
§ 2 Abs. 2 Nr. 7 EQV ermöglicht als Ausnahme von der Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EQV eine „Arbeitsquarantäne“ für Saisonarbeiter. Personen aus Nichtrisikogebieten unterliegen keiner Absonderungspflicht, für Personen aus Virusvariantengebieten ist keine Ausnahme von der Absonderung vorgesehen (vgl. § 3a Nrn. 4 EQV), die Dauer beträgt hier 14 Tage (§ 3a Nr. 1 EQV).
59
Eine infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme, die Lebenssachverhalte untersagen will, die über die in der Landesverordnung angeordneten Verbote hinausgehen, ist jedenfalls nur dann möglich, wenn besondere örtliche Verhältnisse im Geltungsbereich dieser Anordnung dies rechtfertigen könnten. Dieses Erfordernis wäre im Rahmen der Ermessensentscheidung der anordnenden Behörde besonders zu begründen. Dies gilt umso mehr, wenn sich das streitgegenständliche Verbot keinem Regelbeispiel des (nicht abschließenden) § 28a Abs. 1 IfSG zuordnen lässt (BayVGH, B.v. 29.12.2020 - 20 CS 20.3139, BeckRS 2020, 36579 Rn. 19).
60
Es ergibt sich aus der Begründung der Allgemeinverfügung nicht, warum das Landratsamt über die bereits geltenden Quarantänevorschriften für Saisonarbeiter hinaus gegenüber den Betrieben ein Beschäftigungsverbot aufgrund konkreter örtlicher Gegebenheiten für erforderlich hält. Jenseits der Tatsache, dass sich im Landkreis D.-L. eine relativ hohe Anzahl an Betrieben befinde, die Saisonarbeiter beschäftige, dem Hinweis, dass es bei Erlass der Allgemeinverfügung bereits zu zwei Fällen von Covid-19 bei Saisonarbeitern gekommen war und dem allgemeinen Hinweis auf die Infektionszahlen, finden sich in diesem Zusammenhang keine Ausführungen zu besonderen örtlichen Gegebenheiten in der Begründung, die sich von den Gegebenheiten in anderen Landkreisen unterscheiden würden.
61
Die bloße Angabe mehrerer Anwendungsfälle einer Norm genügt nicht für die Annahme, dass aufgrund der örtlichen Gegebenheiten weitergehende Maßnahmen zu treffen seien. Auch der Hinweis auf die bereits bei Saisonarbeitern aufgetretenen Infektionen begründet noch keine örtliche Situation, die so heraustritt, dass eine entsprechende Regelung begründet erscheint.
62
b) Hinsichtlich der Anordnungen in Ziffer 5 der Allgemeinverfügung fehlt ebenfalls es an der Angemessenheit, da auch hier keine Ausnahmenmöglichkeit von der Testpflicht vorgesehen wurde. Ermächtigungsgrundlage ist hier ebenfalls § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.
63
(1) Entgegen der Darlegungen des Antragstellers ist die Anordnung nicht bereits rechtswidrig, weil der Antragsgegner gegenüber den Betroffenen Saisonarbeitern keine Duldungspflicht angeordnet hat. Muss der Pflichtige zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in die Rechte Dritter eingreifen, und ist der Dritte nicht bereit, einen Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis. Es bedarf daher einer Duldungsanordnung gegenüber dem Dritten zur Durchsetzung des Vollzugs der Testanordnung (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 - 15 CS 17.1675 - BeckRS 2017, 126544 Rn. 32 m.w.N.).
64
(2) Allerdings wäre auch hier ein milderes, aber ebenso geeignetes Mittel eine Regelung, die Reihentestungen grundsätzlich vorschreibt, aber die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zulässt.
65
Es ist auch hier nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass es dem Antragsteller gelingt, nachzuweisen, dass etwa aufgrund eines entsprechenden Hygienekonzeptes und dessen tatsächlicher Umsetzung im Einzelfall auf eine regelmäßige Testung der Mitarbeiter verzichtet werden kann. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn Saisonarbeitskräfte bereits vollständig gegen das Coronavirus geimpft wurden. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass zwischenzeitlich durch die Änderung zum 28.4.2021 nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 der 12. BayIfSMV im Anwendungsbereich des § 28b IfSG und der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung mit Ausnahme des § 9 der 12. BayIfSMV der Nachweis einer vollständigen Impfung gegen Covid-19 ab Tag 15 nach der abschließenden Impfung einem negativen Testnachweis gleichsteht, sofern Bundesrecht nicht entgegensteht.
66
Ausgenommen hiervon ist nur der Anwendungsbereich des § 9 der 12. BayIfSMV. Dieser betrifft insbesondere Krankenhäuser, vollstationäre Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, in denen Tag und Nacht Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht werden, ambulante Wohngemeinschaften zum Zweck der außerklinischen Intensivpflege sowie Altenheime und Seniorenresidenzen. Deren Bewohner sind besonders vulnerabel, und sind nach der Einschätzung des Verordnungsgebers besonders zu schützen (vgl. die Begründung der Verordnung zur Änderung der 12. BayIfSMV und der EQV vom 27.4.2021, BayMBl. 2021 Nr. 291 vom 27.4.2021). Bei Saisonarbeitskräften ist nicht davon auszugehen, dass sie in vergleichbarem Umfang vulnerabel sind.
67
Der Antragsgegner führt darüber hinaus selbst aus, dass die Impfungen im Landkreis D.-L. bereits die Priorisierungsgruppe 3 erreicht hätten, zu denen auch die Saisonarbeitskräfte gehörten. Auch hätten seinen Angaben zufolge Saisonarbeitskräfte bereits vollständige Impfnachweise vorlegen können.
68
c) Hinsichtlich der Regelung in Ziffer 6 der Allgemeinverfügung bestehen nach summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken. Die Verpflichtung der Betriebe, für eine ausreichende und angemessene Anzahl an gesonderten Unterbringungsmöglichkeiten zu sorgen, um positiv getestete sowie Kontaktpersonen zu isolieren, erfüllt die Voraussetzungen des § 28 IfSG und ist weder unverhältnismäßig noch sonst ermessensfehlerhaft.
69
(1) Die Regelung ist im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt.
70
Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass ihr Adressat sein Verhalten danach richten kann und auch die mit dem Vollzug betrauten oder sonst mit der Angelegenheit befassten Behörden den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen oder sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können. Dabei richten sich die Anforderungen im Einzelnen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Zur Bestimmung des Regelungsinhaltes sind neben dem Entscheidungssatz die beigefügte Begründung sowie die sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umstände heranzuziehen; ist in der Sache ein Widerspruchsbescheid ergangen, genügt es, wenn dieser die erforderliche Bestimmtheit herstellt (BVerwG, U.v. 22.9.2004 - 6 C 29/03 -, BVerwGE 122, 29-53, Rn. 17 m.w.N.).
71
Die Regelung verlangt von Betrieben, die Saisonarbeitskräfte in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen, für eine ausreichende und angemessene Anzahl an gesonderten Unterbringungsmöglichkeiten zu sorgen, um sicherzustellen, dass positiv Getestete und Kontaktpersonen hinreichend isoliert werden können. Dabei ist eine weitergehende Konkretisierung hinsichtlich der Anzahl oder der Gestaltung der zu Verfügung zu stellenden Isolationsmöglichkeiten nicht erforderlich. Die Regelung verpflichtet die Betriebe vielmehr ausschließlich dazu, im gegebenen Fall für eine ausreichende Menge an Isolationsmöglichkeiten zu sorgen. Es unterliegt dabei der Einschätzung der Betriebe, wie sie dies sicherstellen. Neben getrennten Unterbringungsmöglichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsunterkünfte kommen hier grundsätzlich auch externe Unterbringungen, etwa in Hotels oder ähnlichem, in Betracht.
72
(2) Darüber hinaus erscheint es auch sachgerecht, diese Maßnahmen an die Betriebe zu adressieren. Der Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung umfasst nur Betriebe, die ihre Saisonarbeitskräfte im Rahmen ihrer Tätigkeit irgendwo unterbringen. Die Betriebe setzen damit die Rahmenbedingungen für die Unterbringung. Es ist daher sachgerecht, dass auch im Fall einer Absonderungsverpflichtung für positiv getestete Personen oder Kontaktpersonen die Betriebe verpflichtet sind, eine entsprechende Unterbringung vorzuhalten.
73
(3) Ermessensfehler oder Verletzungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sind hier nicht ersichtlich.
74
d) Ziffer 7 der Allgemeinverfügung ist in Satz 1 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Sätze 2 und 3 sind dagegen mangels Erforderlichkeit aufgrund einer fehlenden Ausnahmeregelung nach summarischer Prüfung rechtswidrig, sodass die gegen diese gerichtete Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg hätte.
75
(1) Die Anordnung der Anzeige eines Wechsels von Saisonbeschäftigten von einem Betrieb innerhalb des Landkreises D.-L. in einen anderen sowohl durch den abgebenden als auch den aufnehmenden Betrieb erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Verletzungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie Ermessensfehler sind hier ebenfalls nicht erkennbar.
76
(2) Die ausnahmslose Verpflichtung, dass Saisonarbeitskräfte bei einem Wechsel des Betriebes ein negatives Testergebnis für das Vorliegen mit dem Coronavirus vorzuweisen haben, ist jedoch ebenfalls nicht erforderlich, und damit nicht verhältnismäßig. Wie bereits zu der Regelung in Ziffer 5 der Allgemeinverfügung ausgeführt, wäre eine Regelung, die im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen zulässt, gerade im Bezug auf die Impfungen gegen das Coronavirus ein gleich geeignetes, milderes Mittel.
III.
77
Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO waren die Kosten des Verfahrens den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. Der Antragsteller hat hinsichtlich der Ziffern 1, 4, 5 sowie 7 Satz 2 und 3 der Allgemeinverfügung obsiegt und ist im Übrigen unterlegen. Das entspricht einer hälftigen Kostenteilung.
IV.
78
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Angesichts der Vorwegnahme der Hauptsache erachtet es das Gericht für sachgerecht, den Streitwert auf die Höhe des für ein Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben und insgesamt damit einen Streitwert in Höhe von 5.000,- € festzusetzen.