Inhalt

AG München, Endurteil v. 08.01.2020 – 171 C 7243/19
Titel:

Preisempfehlungen, Ungerechtfertigte Bereicherung, Sittenwidrigkeit, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorgerichtliche Anwaltskosten, Örtliche Zuständigkeit, Angemessene Vergütung, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Elektronisches Dokument, Schlüsseldienst, Zwangslage, Wert des Beschwerdegegenstandes, Klagepartei, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Behauptungslast, Höhe der Vergütung, Prozeßbevollmächtigter

Schlagworte:
Örtliche Zuständigkeit, Behauptungslast, Beweisführungslast, Werkvertrag, Sittenwidrigkeit, Vertragsfreiheit, Zwangslage
Fundstelle:
BeckRS 2020, 68238

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 629,51 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger bewohnt eine Wohnung in dem Anwesen R Straße in München zur Miete. In den Abendstunden des 02.09.2018 befand sich der Kläger in seiner Wohnung und wollte diese gegen 22.00 Uhr verlassen. Er konnte allerdings die Eingangstüre nicht mehr öffnen.
2
Der Kläger unternahm eine Suche im Internet nach einem gewerblichen Schlüsseldienst und begab sich auf die Internetseite www…..de. Diese Seite wurde zum damaligen Zeitpunkt betrieben durch die Beklagte zu 2). Angeboten wurde ein 24-Stunden-Notservice. Ein Herr namens „R… B… “ werde mit seinen Kollegen eine preiswerte Türöffnung professionell und zuverlässig durchführen. Der Kläger rief bei der angegebenen Telefonnummer an. Auf die Frage nach einem konkreten Angebot wurde der Kläger darauf verwiesen, dass sich die Kollegen erst ein genaues Bild vor Ort machen müssten.
3
Gegen Mitternacht erschien der Beklagte zu 1) mit einer weiteren Person vor der Wohnungstüre des Kläger. Durch den Briefschlitz übergab der Beklagte zu 1) dem Kläger das bereits teilweise ausgefüllte Formular vom 03.09.2018. Das Formular liegt als Anlage K2 vor. Die folgenden Positionen waren hinsichtlich der Zahlenangaben bereits teilweise handschriftlich wie folgt ausgefüllt:

Position

Bezeichnung / Leistung

Menge

Preis / Menge

Netto Einzelpreis

1

Fallspezifischer Einsatzwert Mo. – Fr. 9-18 Uhr

1

189

189

2

Pauschal An-/Abfahrt

2

20

40

3

Abendzuschlag

4

Nachtzuschlag

5

Samstagzuschlag

6

Samstagzuschlag

7

Sonntag / Feiertagszuschlag 100% / 150%

1

189

189

8

Mehrarbeitszeit in AE je angefangene ¼ Std.

9

Profilzylinder

10

Sicherheitsrosette Sicherheitsbeschlag

11

Sicherheitsschloss Rohrrahmenschloss

12

Bohrer-/Knackerrohr (…) einsatz

13

Zusatzschlüssel / Materialverbrauch

14

Festpreisvereinbarung / EC-Zahlung

15

Sonstiges / Bemerkungen

4
Der Kläger wurde aufgefordert, auf dem Formular seine Unterschrift zu leisten. Ohne erfolgte Unterschrift werde die Türe nicht geöffnet werden. Der Kläger habe jedenfalls, auch bei Verweigerung der Unterschrift, die Kosten für den Zeitaufwand und die An- und Abfahrt zu tragen. Der Klägerin leistete daraufhin seine Unterschrift. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 verwiesen. Diese findet sich auf der nächsten Seite. Die Unterlage wird ausdrücklich zum Bestandteil des Tatbestands gemacht.
5
Sodann wurde innerhalb einer kurzen Zeitspanne die Türe durch den Beklagten zu 1) geöffnet. Es stellte sich nun heraus, dass die Falle nicht nur hängen geblieben, sondern vielmehr gebrochen war. Auf Nachfrage hin beauftragte der Kläger den Beklagten zu 1) mit dem Austausch des Schlosses. Der Kläger wurde über den Preis des Schlosses von 169,00 Euro informiert. Es wurde dem Kläger erklärt, dass es sich nicht um Massenware aus dem Baumarkt handele, was den höheren Preis rechtfertige. Das Formular wurde nun vervollständigt, indem die Positionen Mehrarbeitszeit in Höhe von gesamt 139,00 Euro und Sicherheitsschloss in Höhe von 169,00 Euro ausgefüllt wurden. Offenkundig unterzeichnete der Kläger dann unter dem Passus „Abnahmeprotokoll“ erneut. Er bestätigte mit seiner Unterschrift unter anderem, dass er die Arbeit ohne Mängel abgenommen habe, dass die obenstehenden Artikel verbaut worden seien sowie dass er die Zahlung ohne Abzüge vornehmen werde. Der Kläger bezahlte den Rechnungsbetrag von 863,94 Euro in bar.
6
In der Folge reichte der Kläger die Rechnung bei seinem Vermieter ein. Der Vermieter erstatte den Betrag von 217,18 Euro. Der Vermieter verwies auf ein Angebot eines anderen Anbieters sowie die Preisempfehlungen des Bundesverbands Metall. Diese Unterlagen liegen als Anlage K3 vor.
7
Mit zwei Anwaltsschreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 27.11.2018 (Anlage K5) wandte sich der Kläger an beide Beklagte. Die Rechnung vom 03.09.2018 sei bei weitem überhöht. Unter Berücksichtigung der Preisempfehlungen des BVM und des Vergleichsangebots sowie einer Mehrarbeitszeit von 15 Minuten belaufe sich die angemessene Vergütung auf 234,43 Euro. Den Differenzbetrag in Höhe von 629,51 Euro sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 147,56 Euro seien bis zum 07.12.2018 zu bezahlen.
8
Der Kläger bestreitet, dass es sich bei dem neu verbauten Schloss nicht um Massenware aus dem Baumarkt handele. Die übliche und angemessene Vergütung belaufe sich auf höchstens 234,43 Euro.
9
Die Klagepartei argumentiert, die Beklagten schuldeten die Rückzahlung des Differenzbetrags in Höhe von 629,51 Euro unter den Gesichtspunkten des Wuchers und der Ungerechtfertigten Bereicherung. Es sei von der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts auszugehen, da ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festzustellen sei. Zudem habe sich der Kläger in einer Zwangslage befunden, da er sonntagnachts gegen Mitternacht seine Wohnung nicht mehr habe verlassen können, am nächsten Morgen aber zur Arbeit erscheinen habe müssen. Eingesperrtsein in der eigenen Wohnung zur Nachtzeit sei sicherlich als individuelle Schwächesituation zu bewerten, die typischerweise dazu führe, dass der Betroffene in seinem Bestreben, möglichst schnell wieder eine offene Türe zu erhalten, dazu neige, die Frage der Entgelthöhe zu vernachlässigen und zunächst auch einen normalerweise überhöht erscheinenden Preis zu akzeptieren. Dieser Belastungszustand bestehe in der Regel zeitlich auch über die Beseitigung der misslichen Lage in Form der Türöffnung hinaus. Eine Existenzbedrohung werde nicht vorausgesetzt; eine Zwangslage sei dann anzunehmen, wenn der Betroffene in einer ersten Bedrängnis sei und auf die Leistung angewiesen sei.
10
Die Beklagte zu 2) hafte auf Rückzahlung insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Schlechterfüllung des Vermittlungsauftrags sowie der arglistigen Täuschung. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 2) eine Provision für ihre Vermittlungstätigkeiten erhalte. Es bestehe damit ein gemeinsames Interesse der Beklagten, möglichst hohe Rechnungen zu stellen. Die Beklagte hafte daher auch unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB. Der Kläger müsse sich die Vorschrift des § 814 BGB nicht entgegenhalten lassen, da für ihn die wucherische Höhe erst im Nachgang durch die Korrespondenz mit der Hausverwaltung bekannt geworden sei.
11
Die örtliche Zuständigkeit in München sei auf § 29 ZPO zu stützen, da die vertragscharakteristische Leistung, nämlich die Türöffnung, in München erfolgt sei; es sei daher von einem gemeinsamen Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen auszugehen. Zudem bestehe auch der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO in München.
12
Der Kläger beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 629,51 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 08.12.2018 sowie von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 147,56 Euro an ihn zu verurteilen.
13
Beide Beklagte beantragen
die Abweisung der Klage.
14
Der Beklagte zu 1) weist den Vorwurf der Rechnungsüberhöhung zurück. Er sei an einem Sonntagabend im Bereitschaftsdienst gewesen, was die Vergütung naturgemäß erhöhe. Niemand habe den Kläger genötigt, die von ihm angebotene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Der Kläger hätte ihn auch – maximal belastet mit den Anfahrtskosten – weiterschicken können. Eine Zwangslage auf Seiten des Klägers habe nicht vorgelegen.
15
Die Beklagte zu 2) bestreitet, dass der in Rechnung gestellte Betrag als überhöht anzusehen sei. Die mindere Qualität des neu verbauten Schlosses bestreitet die beklagte Partei mit Nichtwissen.
16
Die Beklagte zu 2) betreibe einen Vermittlungsdienst für Handwerkerleistungen, eigene handwerkliche Leistungen erbringe die Beklagte zu 2) gar nicht. Bei der Person „R… B… “ handele es sich lediglich um eine Werbefigur. Der Schlüsseldienstunternehmer habe vor Ort im eigenen Namen einen Vertrag mit dem Kläger abgeschlossen. Weiterhin werde mit Nichtwissen bestritten, dass es sich bei dem Vergleichsangebot um einen üblichen Preis handele. Die verlangte und bezahlte Vergütung sei nicht überhöht gewesen, das Geschäft sei nicht als wucherisch im Sinne von § 138 BGB anzusehen. Weder sei die Beklagte zu 2) die einzige Möglichkeit, Kontakt zu Schlüsseldiensten herzustellen, noch sei der Beklagte zu 1) der einzige Schlüsseldienst, der in München aktiv sei. Der Kläger hätte den Beklagten zu 1) auch wegschicken können und ihn für eine Geltendmachung der Anfahrtskosten auf den Gerichtsweg verweisen können. Die Rückforderung aus Ungerechtfertigter Bereicherung scheitere zudem an der Vorschrift des § 814 BGB.
17
Das Gericht hat eine mündliche Verhandlung, aber keine Beweisaufnahme durchgeführt. Wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 08.01.2020 verwiesen. Wegen des weiteren Sachvortrags und der rechtlichen Argumentation der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
19
Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) besteht in München ein Gerichtsstand für beide Beklagte. Das Gericht hat im Rahmen seiner Verfügung vom 30.08.2019 insoweit den folgenden rechtlichen Hinweis erteilt:
„Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit:
Das Gericht tendiert dazu, seine örtliche Zuständigkeit auf der Grundlage von § 32 ZPO anzunehmen. Es ist zu berücksichtigen, dass insoweit einzig der Sachvortrag der Klagepartei heranzuziehen sein wird. Die Klagepartei behauptet, die beiden Beklagten betrieben nach vorgefasstem gemeinsamem Plan ein bewusst rechtswidriges Geschäftsmodell, um Kunden bei der Öffnung von Türen und ähnlichen Problemen überhöhte Rechnungen zu stellen. Der Sachvortrag ist diesbezüglich zwar reichlich substanzarm, so dass man schon Zweifel daran haben kann, ob der Sachvortrag überhaupt der Behauptungslast genügt und damit prozessual als beachtlich einzustufen ist. Derzeit geht das Gericht aber von seiner örtlichen Zuständigkeit auf der Grundlage von § 32 ZPO aus.
20
Das Gericht ist weiterhin von der inhaltlichen Zutreffendheit seines Hinweises überzeugt und hält an diesem fest.
21
Die Klage erweist sich als unbegründet gegen beide Beklagte.
22
Das Gericht hat im Rahmen seiner Verfügung vom 30.08.2019 insoweit den folgenden rechtlichen Hinweis erteilt:
„Das Gericht darf den Parteien zu deren besseren Orientierung seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage darlegen:
Zur Frage der Begründetheit der Forderung:
Das Gericht tendiert dazu, die Unbegründetheit der Forderung anzunehmen.
23
Bezüglich der Beklagten zu 2) scheitert der geltend gemachte Anspruch bereits an der fehlenden Passivlegitimation. Für ihre Behauptung, die Beklagte zu 2) sei an einem betrügerischen Geschäftsmodell beteiligt, trägt die Klagepartei nach den allgemeinen Grundsätzen die Behauptungslast, die Beweisführungslast wie auch die objektive Beweislast. Wie bereits ausgeführt, bestehen schon erhebliche Zweifel daran, dass die Klagepartei ihrer Behauptungslast gerecht wird. Jedenfalls genügt sie aber nicht der Beweisführungslast, sie ist insoweit beweisfällig.
24
Wenn die Klagepartei argumentiert, der Vertrag sei (auch) mit der Beklagten zu 2) geschlossen worden, so überzeugt diese Argumentation nicht. Denn wenn der Kläger das Impressum zunächst nicht gesehen hat, dann wusste er auch nicht, dass die Beklagte zu 2) für die Webseite verantwortlich ist. Wenn er das Impressum gesehen haben sollte, dann muss er auch den deutlichen Hinweis darauf gesehen habe, dass es sich bei der Tätigkeit der Beklagten zu 2) lediglich um eine Vermittlungstätigkeit handelt.
25
Angesichts des in weiten Teilen unstreitigen Sachverhalts geht das Gericht davon aus, dass vor Ort zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Kläger ein Werkvertrag über die Öffnung der Tür und den Einbau eines neuen Schlosses zustande gekommen ist.
26
Bezüglich des Beklagten zu 1) besteht kein Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Vergütung. Es besteht weder ein Anspruch auf Grundlage von § 138 Abs.1 BGB noch von § 138 Abs.2 BGB.
27
Vorausschicken muss der zuständige Richter, dass er die Sachlage streng nach normativen Kriterien zu beurteilen hat, gemäß der Rechtslage. Mit Begriffen wie „unseriös“, „überteuert“, „übervorteilt“ oder „über den Tisch gezogen“ kann das Gericht letztlich nichts anfangen. Diese Bewertungen sind nicht justiziabel. In einer freien Marktwirtschaft ist das System derart angelegt, dass derartige „unseriöse“ respektive „überteuerte“ Angebote oder Geschäftsmodelle aufgrund der Erfahrungen der Kunden und der „seriösen“ Konkurrenz vom Markt verschwinden werden.
28
Der Kläger befand sich nicht in einer Zwangslage, wie dies von § 138 Abs.2 BGB tatbestandlich vorausgesetzt wird. Der Begriff der „Zwangslage“ muss im Sinne der enumerativ gelisteten weiteren Fallgestaltungen – „Unerfahrenheit“, „Mangel an Urteilsvermögen“, „erhebliche Willensschwäche“ – verstanden werden. Eine Situation, in der es dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar war, den Beklagten zu 1) schlicht weiterzuschicken, lag nicht vor. Der Kläger befand sich in seiner Wohnung und hatte normalen und zuverlässigen Kontakt zur Außenwelt. Er verfügte über einen funktionierenden Telefon- und Internetanschluss. Es mag sein, dass sich der Kläger in einer für ihn unangenehmen Lage befand, eine Art von Zwang, gerade den Beklagten zu 1) zu beauftragen, erwuchs aus dieser Lage aber nicht. Der Beklagte zu 1) hat dem Kläger sein schriftliches und detailliertes Angebot unterbreitet. Der Kläger hätte die Auftragserteilung ablehnen können, oder aber auch ein geändertes Angebot unterbreiten können. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass der Kläger überhaupt versucht hat, über das Angebot inhaltlich zu verhandeln. Wenn die Klagepartei vorträgt: „Der Kläger sah keine andere Möglichkeit, als dieses zu unterschreiben, zumal er ansonsten bereits Kosten zu tragen gehabt hätte, zum anderen dann nach Mitternacht noch einen anderen Schlüsseldienst hätte beauftragen müssen mit der entsprechenden weiteren Wartezeit.“, dann kann der zuständige Richter beide Argumente nicht nachvollziehen. Zum einen hätte der Kläger das Angebot schlicht ablehnen können, auch Anfahrtskosten hätte er zunächst faktisch nicht zahlen müssen und den Beklagten auf den Rechtsweg verweisen können. Zum anderen hätte der Kläger auf zumutbare Weise einen anderen Schlüsseldienst beauftragen können. Es mag schon sein, dass dies mit einer weiteren Wartezeit verbunden gewesen wäre. Das liegt aber in der Natur der Sache. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm eine am Markt tätige Person innerhalb einer bestimmten Zeit während der Nachtstunden sein defektes Türschloss repariert. Es steht aber fest, dass in einer Großstadt wie München weitere Angebote zur Verfügung gestanden hätten, wenn sich der Kläger darum gekümmert hätte. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die Beklagten im Raum München über eine Monopolstellung verfügten.
29
Das Gericht tendiert weiterhin dazu, keinen Verstoß gegen § 138 Abs.1 BGB anzunehmen. Dem zuständigen Richter ist Rechtsprechung bekannt, wonach bereits ein deutlich über dem Marktniveau liegender Preis als sittenwidrig gewertet worden ist. Ein besonders grobes Missverhältnis genüge es bereits, dass der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch sei wie der Wert der Gegenleistung. Wenn man vorliegend die Preisempfehlungen des BVM zugrunde legt, dann kommt die Bewertung als sittenwidrig schon in Betracht. Es sei aber angemerkt, dass man die Preisempfehlungen (Stand August 2011) zunächst an das heutige Preisniveau anpassen müsste. Zum anderen wird sich der zuständige Richter dieser Rechtsprechung nicht anschließen. Sie schränkt auf nicht statthafte Weise den Rechtsgrundsatz der Privatautonomie ein. In einer vom Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägten freien Marktwirtschaft muss es grundsätzlich den Parteien überlassen werden, eine angemessene Vergütung für eine konkrete Leistung zu bestimmen. In bestimmten Lebensbereichen hat der Gesetzgeber die Frage der Vergütungsbestimmung durch gesetzliche Bestimmungen reguliert (Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Notare und weitere Berufe). Schlüsseldienste sind, soweit dem Gericht bekannt, von derartigen Regulierungen nicht betroffen. Es ist daher die ureigene Aufgabe der Parteien, die Höhe der Vergütung für eine bestimmte am Markt angebotene Leistung zu bestimmen. Es wäre im übrigen auch sehr bedenklich, die Sittenwidrigkeit alleine an der Höhe der Vergütung festmachen zu wollen. Dem Gericht sind zahllose Angebote am Markt bekannt, die im Preis erheblich voneinander abweichen. Das ist gerade ein Grundprinzip der freien Marktwirtschaft. Wenn ein Anbieter dauerhaft überteuerte Angebote macht, wird er entweder seine Preisvorstellungen reduzieren müssen oder aber vom Markt verschwinden.
30
Das Gericht ist weiterhin von dem inhaltlichen Zutreffen seines Hinweises überzeugt und hält an diesem fest.
31
Ergänzend bleibt noch auszuführen: Welche Art von Schloss durch den Beklagten zu 1) verbaut worden ist, ist dem Gericht nicht bekannt. Die Klagepartei bestreitet insoweit die vor Ort erfolgte Behauptung des Beklagten zu 1) mit Nichtwissen. Dies ist nicht statthaft und prozessual unbeachtlich. Der Kläger hat unmittelbaren Zugriff auf das Schloss. Er kann in zumutbarer Weise feststellen oder feststellen lassen, um welchen Typus von Schloss es sich handelt, und konkrete Angaben dazu machen. Das Gericht ist daher nicht in die Lage versetzt zu beurteilen, ob es sich tatsächlich um „billige Massenware“ aus dem Baumarkt handelt oder nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO bestimmt.