Inhalt

ArbG München, Endurteil v. 09.09.2020 – 8 Ca 10000/18
Titel:

Befristeter Arbeitsvertrag, Befristetes Arbeitsverhältnis, Befristungsgrund, Wirksamkeit der Befristung, Befristungsdauer, Teilzeit- und Befristungsgesetz, Befristungsmöglichkeit, Sachgrundlose Befristung, Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit, Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Unbefristetes Arbeitsverhältnis, Bestehendes Arbeitsverhältnis, Datenschutzgrundverordnung, Charta der Grundrechte, Schulaufsichtliche Genehmigung, Weiterbeschäftigungsanspruch, Rahmenvereinbarung, befristete Einstellung, Rechtsmißbrauch

Schlagworte:
Rechtswegzuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, Entfristungsantrag, Befristung, vorübergehender Mehrbedarf, Weiterbeschäftigungsanspruch, Diskriminierung
Rechtsmittelinstanzen:
LArbG München, Urteil vom 08.07.2021 – 2 Sa 964/20
BAG Erfurt, Beschluss vom 28.02.2023 – 7 AZN 421/22
BAG Erfurt, Beschluss vom 22.06.2023 – 7 AZN 146/23 (F)
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 18.09.2023 – 1 BvR 1504/23
Fundstelle:
BeckRS 2020, 63273

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 8.639,37 € festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen, soweit sie nicht kraft Gesetz statthaft ist.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses.
2
Die 1974 geborene Klägerin war zunächst für den Zeitraum 11.09.2017 bis 23.02.2018 aufgrund Arbeitsvertrages vom 19.10.2017 bei der Regierung als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft beschäftigt (Anlage K, Bl. 5 ff. d.A.). Mit Arbeitsvertrag vom 27.02.2018 war die Klägerin ab 28.02.2018 als Tarifbeschäftigte im Lehrdienst in Teilzeit mit 20/24 Wochenstunden befristet bis 29.07.2018 bei der Beklagten beschäftigt (Anlage K, Bl. 8 ff. d. A.). Mit Arbeitsvertrag vom 15.03.2018 wurde die Klägerin von der Beklagten befristet zur Überbrückung der Sommerferien für den Zeitraum 30.07.2018 bis 10.09.2018 eingestellt (Anlage K, Bl. 11 ff. d.A.). Dazu war die Beklagte bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen verpflichtet (Einzelheiten dazu siehe Anlagen B 5 – B 8, Bl. 37 ff. d. A.) In beiden Arbeitsverträgen mit der Beklagten heißt es hinsichtlich des Sachgrundes:
㤠1
… Die Befristung erfolgt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 6 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) in der jeweiligen Fassung i.V.m. § 30 TVöD.
Befristungsgrund: Zeitlich befristeter Bedarf; die schulaufsichtliche Genehmigung liegt nur befristet bis zum Schuljahresende 2017/2018 vor.“
3
Die Klägerin ist keine voll ausgebildete Lehrkraft (Hochschulabschluss der Klägerin: Magister Artium Deutsch als Fremdsprache, Psychologie und Sonderpädagogik) im schulrechtlichen Sinne. Deshalb war eine Beschäftigung der Klägerin im Lehrdienst nur mit einer entsprechenden schulrechtlichen Genehmigung der Regierung möglich. Die Regierung erteilte mit Schreiben vom 05.03.2018 die schulaufsichtliche Genehmigung bis zum Ende des Schuljahres 2017/2018 mit der Einschränkung des Einsatzes auf Berufsintegrationsklassen (Anlage B3, Bl. 34 d.A.).
4
Die Beklagte richtete kurzfristig im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2017/2018 an der städtischen Berufsschule eine zusätzliche Berufsintegrationsklasse ein.
5
Mit ihrer am 01.10.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristung im Arbeitsvertrag vom 15.03.2018.
6
Die Klägerin macht geltend, dass bei der Beklagten nicht nur ein zeitlich befristeter Bedarf für die Beschäftigung der Klägerin bestünden habe und die Klägerin nicht ausschließlich für eine zusätzliche Berufsintegrationsklasse im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2017/2018 an der städtischen Berufsschule beschäftigt worden sei. Die schulaufsichtliche Genehmigung hätte auf Antrag der Beklagten jederzeit verlängert werden können. Des Weiteren sei der Klägerin eine Weiterbeschäftigung über das Ende des Schuljahres 2017/2018 hinaus in Aussicht gestellt worden. Die Beklagte habe gegen Art. 1 AGG und Art. 18 AEUV sowie Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen, da die Klägerin wegen ihrer Staatsangehörigkeit bzw. ethnischen Herkunft diskriminiert werde. Zudem läge in der Nennung des Namens der Nachfolgerin der Klägerin ein Verstoß gegen Art. 7 DSGVO.
7
Des Weiteren läge eine Verletzung des Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie ein Verstoß gegen Art. 153 e) AEUV vor, da die Klägerin nicht angehört worden sei. Aufgrund der RL 1999/70/EG dürfe die Klägerin gegenüber unbefristet beschäftigten nicht diskriminiert werden. Durch die mehrfach aufeinanderfolgenden Arbeitsverträge läge ein eklatanter und erheblicher Verstoß gegen die EU-Rechtsordnung vor mit dem Ergebnis, dass ein Dauerarbeitsverhältnis entstanden sei. Die Klägerin regt an, den Rechtsstreit gemäß Art. 267 AEUV dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die RL 1999/70/EG dahingehend auszulegen ist, dass vorliegend eine Entfristung des Arbeitsverhältnisses erfolgen müsse, dies im Lichte der Ziele des Art. 151 AEUV.
8
Die Klägerin beantragt,
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht und die Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 15.03.2018 unwirksam war.
9
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
10
Die Beklagte trägt vor, die Einstellung der Klägerin sei ausschließlich aufgrund der kurzfristig einzurichtenden zusätzlichen Berufsintegrationsklasse im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2017/2018 an der Städtischen Berufsschule erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei das bei der Beklagten vorhandene Stammpersonal bereits verplant gewesen, so dass kurzfristig ein Bedarf entstand. Es sei jedoch bereits im Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin absehbar gewesen, dass die Zahl der Berufsintegrationsklassen insgesamt rückläufig sei und deshalb im kommenden Schuljahr der Bedarf an Lehrkräften mit dem Stammpersonal gedeckt werden könne. Auch die Klasse der Klägerin konnte von einer Stammlehrkraft übernommen werden. Diese Prognose habe sich bestätigt. Die Anzahl der Berufsintegrationsklassen sank von 87 im Schuljahr 2017/2018 auf 59 im Schuljahr 2018/2019. Die befristete schulaufsichtliche Genehmigung stelle eine in der Person der Klägerin liegenden Sachgrund dar. Eine Weiterbeschäftigung sei der Klägerin weder zugesagt worden noch aufgrund ihrer Nationalität unterblieben. Eine Befristungsdauer von weniger als sechs Monaten im Rahmen von zwei nahtlos aneinander anschließenden befristeten Arbeitsverträgen stelle weder eine unzulässige Kettenbefristung noch einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar.
11
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze vom 01.10.2018, 20.11.2018, 27.02.2019, 13.05.2019, 11.07.2019, 29.10.2019, 28.05.2020, 31.08.2020 und 01.09.2020 – jeweils nebst Anlagen – sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 04.12.2018 und 09.09.2020 Bezug genommen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 313 Abs. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

12
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
13
Die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG.
14
Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München folgt aus §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 17 ZPO, da die Beklagte im Bereich des Arbeitsgerichts München ihren Sitz hat.
15
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage im Übrigen bestehen nicht.
II.
16
Der zulässige Entfristungsantrag ist unbegründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 15.03.2018 mit Ablauf des 10.09.2018 aufgelöst worden. Die Vereinbarung der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 15.03.2018 für den Zeitraum zwischen dem 30.07.2018 und 10.09.2018 ist durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt. Es liegen auch keine Verstöße gegen nationale oder europarechtliche Vorschriften vor, die zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis führen würden.
17
1. Die Befristung gilt nicht als von Anfang an wirksam gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG. Die am 01.10.2018 beim Arbeitsgericht München eingegangene Klageschrift wahrt die dreiwöchige Klageerhebungsfrist des § 17 TzBfG.
18
2. Die Befristung ist jedoch wegen eines nur vorübergehenden Mehrbedarfs gerechtfertigt. Sicher ausmachbarer, vorübergehender Arbeitsanfall rechtfertigt die Befristung des Arbeitsverhältnisses (BAG 14.1.1982, 2 AZR 245/80, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 65 – juris). Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht (BAG 27.07.2016, 7 AZR 545/14, NZA 2016, 1531 Rn. 17; BAG 16.01.2018, 7 AZR 21/16, NZA 2018, 663 Rn. 16 – juris). Wird die Befristung auf einen vorübergehend erhöhten Arbeitsanfall gestützt, hängt die Wirksamkeit der Befristung von der prognostizierten künftigen Entwicklung ab, deren Beurteilung dem Arbeitgeber obliegt (BAG 25.11.1992, 7 AZR 191/92, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150; BAG 15.05.2012, 7 AZR 35/11, NZA 2012, 1366 – juris). Die Prognose des Arbeitgebers muss ergeben, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus mit hinreichender Sicherheit kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr bestehen wird (BAG 25.08.2004, 7 AZR 7/04, NZA 2005, 357; BAG 17.03.2010, 7 AZR 640/08, NZA 2010, 633; BAG 16.01.2018, 7 AZR 21/16, NZA 2018, 663 Rn. 16 – juris). Ein die Befristung rechtfertigender vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden sollen, die von dem beschäftigten Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können (BAG 14.12.2016, 7 AZR 688/14, NZA 2017, 711 Rn. 13 – juris). Es reicht demnach nicht aus, dass sich lediglich unbestimmt abzeichnet, aufgrund welcher Abläufe eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Zukunft entbehrlich sein könnte (BAG 11.09.2013, 7 AZR 107/12, NZA 2014, 150 Rn. 25 – juris). Die Befristung wegen eines nicht voraussehbaren künftigen Bedarfs an Arbeitnehmern ist nicht möglich (BAG 15.05.2012, 7 AZR 35/11, NZA 2012, 1366; BAG 11.09.2013, 7 AZR 107/12, NZA 2014, 150 Rn. 25 – juris). Es muss eine zeitlich begrenzte Arbeitsaufgabe vorliegen.
19
Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung erfordert nicht, dass der befristet beschäftigte Arbeitnehmer in dem Bereich eingesetzt wird, in dem der Mehrbedarf entstanden ist (BAG 17.3.2010, 7 AZR 640/08, NZA 2010, 633; BAG 14.12.2016, 7 AZR 688/14, NZA 2017, 711 Rn. 15 – juris). Vielmehr genügt es, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht (BAG 14.12.2016, 7 AZR 688/14, NZA 2017, 711 Rn. 15 – juris). Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlich Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen (BAG 17.03.2010, 7 AZR 640/08, NZA 2010, 633; 14.12.2016, 7 AZR 688/14, NZA 2017, 711 Rn. 15 – juris). Dabei darf er aber nicht mehr Arbeitnehmer befristet einstellen als insgesamt zur Deckung des Mehrbedarfs erforderlich sind (BAG 12.09.1996, 7 AZR 790/95, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 182; BAG 14.12.2016, 7 AZR 688/14, NZA 2017, 711 Rn. 15; KR/Lipke Rn. 199 – juris).
20
Im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin musste die Beklagte kurzfristig eine zusätzliche Berufsintegrationsklasse an der Städtischen Berufsschule einrichten. Daraus ergab sich ein Mehrbedarf an Personal. Ob die Klägerin ausschließlich zur Beschäftigung an dieser Schule eingestellt wurde ist unerheblich, da sich jedenfalls insgesamt für die Beklagte im Hinblick auf die in ihre Zuständigkeit fallenden Berufsintegrationsklassen ein zusätzlicher Personalbedarf ergab. Unstreitig konnte die zusätzliche Berufsintegrationsklasse nicht vom Stammpersonal der Beklagten übernommen werden, da dieses bereits anderweitig verplant war. Die Einstellung der Klägerin hält sich auch im Rahmen des anfallenden Mehrbedarfs.
21
Die Beklagte ging im Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon aus, dass im kommenden Schuljahr diese Berufsintegrationsklasse vom Stammpersonal übernommen werden kann, da eine langfristigere Planbarkeit möglich war. Auch im Hinblick auf die allgemein bekannten stark rückläufigen Asylzahlen seit 2017 und des sich in der Vergangenheit auch bei der Beklagten abzeichnenden Rückgangs an Berufsintegrationsklassen ging die Beklagte davon aus, die im Schuljahr 2018/2019 bestehenden Berufsintegrationsklassen ebenfalls mit Stammpersonal besetzen zu können. Die Kammer musste nicht Beweis erheben, ob der Rückgang der der Berufsintegrationsklassen vom 87 im Schuljahr 2017/2018 auf 59 im Schuljahr 2018/2019 tatsächlich zutreffend war. Ausreichend ist aus Sicht der Kammer eine Prognose, die einen Rückgang der Berufsintegrationsklassen erwarten lässt, ohne jedoch im Einzelnen eine konkrete Zahl zu fordern. Entscheidend ist auch nicht, ob für das Schuljahr 2018/2019 erneut Lehrkräfte für Berufsintegrationsklassen befristete eingestellt wurden, da es für die Prognose auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und somit auf März 2018 ankommt. Daraus ergäben sich allenfalls Anhaltspunkte dafür, ob die Prognose zutreffend war. Aus Sicht der Kammer ergibt sich vorliegend somit nur ein vorübergehender Bedarf für die Beschäftigung der Kläger, so dass die Befristung auf den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden kann.
22
3. Ob in der nur befristet erteilten schulaufsichtlichen Genehmigung ein Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG liegt, kann vorliegend offen bleiben.
23
4. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin besteht nicht. Die Klägerin ist für eine behauptete Zusage der Weiterbeschäftigung über das Schuljahr 2017/2018 hinaus darlegungs- und beweispflichtig. Nachdem die Beklagte eine derartige Zusage bestritten hat, bleibt die Klägerin beweisfällig. Der als Zeuge angebotene Ehemann der Klägerin war bereits deshalb nicht zu vernehmen, weil er an dem Gespräch nicht persönlich teilgenommen hat. Ihm wurde der Inhalt nachträglich von der Klägerin erzählt. Zudem wäre seine Vernehmung ein unzulässiger Ausforschungsbeweist. Die Klägerin trägt keinerlei Einzelheiten bzw. Tatsachen zu dem Gespräch vor, so dass der Vortrag diesbezüglich nicht schlüssig ist.
24
5. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist auch nicht aufgrund einer etwaigen Diskriminierung der Klägerin aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer ethnischen Herkunft entstanden. Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen Art. 1 AGG wäre, selbst bei Unterstellung einer Diskriminierung, lediglich einen Entschädigungsanspruch in Geld nach § 15 AGG. Die Verletzung der Art. 18 AEUV, Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union führt ebenfalls nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Im Übrigen trägt die Klägerin keinerlei Tatsachen vor, die auf eine Diskriminierung durch die Beklagte schließen lassen.
25
6. Aus einem etwaigen Verstoß gegen Art. 7 DSGVO ergibt sich ebenfalls kein Anspruch der Klägerin auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses. Die Datenschutzgrundverordnung sieht in Art. 82 Abs. 1 DSGVO für den Fall einer Verletzung als Sanktion einen Anspruch auf Schadensersatz vor. Art. 7 DSGVO schützt zudem nur die jeweilige Person, deren Daten verarbeitet werden, nicht jedoch Dritte, denen gegenüber unter einem möglichen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung personenbezogene Daten offenbart werden. Die Klägerin kann somit selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen Art. 7 DSGVO durch die Nennung des Namens ihrer Nachfolgerin gegenüber der Klägerin keine Rechte herleiten.
26
7. Eine Verletzung des Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder ein Verstoß gegen Art. 153 e) AEUV führen unabhängig von der Frage, ob vorliegend überhaupt ein solcher Verstoß gegeben ist, ebenfalls nicht zu einer Entfristung des Arbeitsverhältnisses. Absatz 1 des Artikels 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet das Recht auf eine gute öffentliche Verwaltung und Absatz 2 das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Art. 153 e) AEUV räumt dem europäischen Gesetzgeber eine Richtlinienkompetenz hinsichtlich der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ein. Vorliegend sieht die Kammer bereits keine Verletzung dieser Rechte. In der Nichtverlängerung bzw. fehlenden Entfristung des Arbeitsverhältnisses liegt keine Maßnahme, die eine Anhörungspflicht ähnlich einem belastenden Verwaltungsakt auslösen könnte. Gegenstand eines befristeten Arbeitsvertrages ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf. Darauf haben sich beide Parteien bei Vertragsschluss verständigt. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach einer wirksamen Befristung besteht nur, soweit eine Weiterbeschäftigungszusage vorliegt. Daran fehlt es hier (siehe dazu unter 4.). Deshalb endete das Arbeitsverhältnis vertragsgemäß mit Ablauf der Befristung am 10.09.2018.
27
8. Die Kammer sieht keine Veranlassung, eine Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 267 AEUV hinsichtlich einer Auslegungsfrage der RL 1999/70/EG herbeizuführen. Eine Umwandlung der aufeinanderfolgenden Arbeitsverträge mit der Regierung und der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit, kann nicht auf die RL 1999/70/EG gestützt werden. Die Richtlinie stellt eine Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge dar, welche die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge und Beschäftigungsverhältnisse niederlegt. Durch die Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung soll die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessert werden und ein Rahmen geschaffen werden, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse verhindert (Ziffer 14 der Präambel der RL 1999/70/EG, L 175/44). Die RL 1999/70/EG schließt befristete Beschäftigungsverhältnisse nicht gänzlich aus und erkennt an, dass befristete Beschäftigungsverhältnisse unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechen. Die Vereinbarung legt die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge in der Erkenntnis nieder, dass bei ihrer genauen Anwendung die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen nationalen, sektoralen und saisonalen Situation berücksichtigt werden müssen. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert und die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage ermöglicht. Die Vereinbarung erstreckt sich auf die Beschäftigungsbedingungen von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen und erkennt an, dass Fragen der gesetzlichen Regelung der sozialen Sicherheit der Entscheidung der Mitgliedstaaten unterliegen (Anhang EGB – UNICE -CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, Präambel, L 175/45).
28
§ 14 Abs. 1 TzBfG ist vor diesem Hintergrund europarechtskonform. Die Richtlinie und die Rahmenvereinbarung verlangen von den Mitgliedsstaaten nur die Ergreifung einer der drei in § 5 Nr. 1 lit. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge. Durch die Regelung in § 14 Abs. 1 TzBfG hat sich der nationale Gesetzgeber für das Erfordernis sachlicher Gründe (§ 5 Nr. 1 lit. a der Rahmenvereinbarung) entschieden. Es ergibt sich weder aus der Richtlinie noch aus der Rahmenvereinbarung, dass die sachlichen Gründe in der Regelung des nationalen Rechts abschließend genannt sein müssen (BAG 13. 10. 2004, 7 AZR 218/04, NZA 2005, 401 – juris). Die Kontrolle der Einhaltung dieser sachlichen Gründe unterfällt nationalem Recht. Hierzu besteht bereits eine umfassende Rechtsprechung des BAG zu den einzelnen Sachgründen. Einer dahingehenden Vorlage des Verfahrens an den EuGH bedarf es nicht.
29
Im vorliegenden Verfahren sieht die Kammer auch keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Kettenbefristung durch die Beklagte. Die Beklagte und die Regierung sind unterschiedliche Rechtsträger, auch wenn beide der öffentlich-rechtlichen Verwaltung zuzurechnen sind. Das befristete Arbeitsverhältnis bei der Regierung kann daher für die Betrachtung einer rechtsmissbräuchlichen Kettenbefristung nicht herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung ist eine umfassende Kontrolle nach den Grundsätzen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) in der Regel geboten, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre überschreitet oder mehr als 12  Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart wurden oder wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden. Unter diesen Voraussetzungen hängt es von weiteren, zunächst von der Klägerin vorzutragenden Umständen ab, ob ein Missbrauch der Befristungsmöglichkeit anzunehmen ist (vgl. nur BAG 26.10.2016, 7 AZR 135/15, NZA 2017, 382-388 – juris). Die sich daraus ergebenden Grenzen sind vorliegend bei weitem nicht erreicht. Bei der Beklagten wurde das Arbeitsverhältnis lediglich mit zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen für einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten befristet. Die Befristung hält sich auch innerhalb des Rahmens des § 14 Abs. 2 TzBfG, der eine sachgrundlose Befristung für die Dauer von zwei Jahren oder die dreimalige Verlängerung innerhalb dieses Zeitraums zulässt.
30
Die Klägerin wird auch nicht aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages schlechter Behandelt als Dauerbeschäftigte. Gemäß § 4 Nr. 1 der Richtlinie dürfen befristet beschäftige Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Davon umfasst sind ausdrücklich nur die Beschäftigungsbedingungen während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Nicht erfasst ist ein Anspruch auf Verlängerung bzw. Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt der vertraglichen Beendigung hinaus.
III.
31
1. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.
32
2. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Für den Entfristungsantrag wurden drei Bruttomonatsgehälter der Klägerin angesetzt.
33
3. Die Entscheidung darüber, die Berufung nicht gesondert zuzulassen, beruht auf § 64 Abs. 3a ArbGG. Gründe für die gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor.