Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 15.07.2020 – B 4 K 18.1067
Titel:

Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag, Historische Straße (verneint), Planerfordernis, Beitragsfähiger Aufwand, Abrechnungsgebiet

Normenketten:
KAG Art. 5a Abs. 7 S. 1, Art. 5a Abs. 2 Nr. 1
BauGB § 128, § 125, § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1
Schlagworte:
Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag, Historische Straße (verneint), Planerfordernis, Beitragsfähiger Aufwand, Abrechnungsgebiet
Fundstelle:
BeckRS 2020, 53618

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Erschließungsanlage „Orts straße Baugebiet …“.
2
Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. aaa/1, Gemarkung … (Anwesen …). Das 2.209 m² große Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut und befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Es wird straßenmäßig über die südlich an das Grundstück heranführende Kreisstraße „…“ (Grundstück Fl.-Nr. bbb, Gemarkung …) und über die östlich an das Grundstück heranführende „Ortsstraße Baugebiet …“ (Grundstücke Fl.-Nrn. ccc und ddd, Gemarkung …) erschlossen. Nördlich des klägerischen Grundstücks beginnt der Geltungsbereich des von der Beklagten 1999 erlassenen Bebauungsplans Nr. 23, welcher Teile der Grundstücke Fl.-Nrn. eee und fff sowie die Grundstücke mit den Fl.-Nrn. ggg/2, hhh/3, iii/4, jjj/5 und kkk/6 (alle Gemarkung …) umfasst. Als Art der baulichen Nutzung wurde ein Dorfgebiet festgesetzt. Die Beklagte hat im Zuge eines Kanalbaus in der ersten Jahreshälfte 2016 mit der Herstellung der „Orts straße Baugebiet …“ begonnen. Vorher befand sich östlich des klägerischen Grundstücks und im Geltungsbereich des o.g. Bebauungsplans an der Stelle der nun hergestellten Ortsstraße ein asphaltierter Flurbereinigungsweg, der einen Aufbau von 20 cm Frostschutz und 8 cm Asphalt aufwies.
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Mit Bescheid vom 14. Oktober 2016, welcher mit einfachem Brief am 17. Oktober 2016 versandt wurde, setzte die Beklagte für das klägerische Grundstück wegen der Herstellung der „Orts straße Baugebiet …“ eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 15.829,33 EUR fest. Sie legte dabei 90 Prozent des voraussichtlich beitragsfähigen Erschließungsaufwands (102.750,09 EUR) auf eine Abrechnungsfläche von 12.905 m² um. Der Beitragssatz betrug 7,165833 EUR/m².
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Gegen diesen Bescheid erhob der ehemalige Bevollmächtigte des Klägers am 16. November 2016 Widerspruch und beantragte eine zinslose Stundung. Zur Begründung wird im Wesentlichen angegeben, dass das klägerische Grundstück nicht zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen werden könne. Vor der jetzigen Baumaßnahme habe sich an gleicher Stelle bereits eine befestigte Straße befunden. Das klägerische Grundstück sei mit den Grundstücken im Neubaugebiet, für welches ein Bebauungsplan geschaffen worden sei, nicht vergleichbar. Weder dem streitgegenständlichen Bescheid noch der zugrundeliegenden Satzung der Beklagten könne entnommen werden, dass Kosten für die Verbesserung einer bestehenden Anlage zusammen mit den Erstherstellungskosten der Zuwegung für das Baugebiet gemeinsam umgelegt werden könnten. Auch werde bezweifelt, dass das Abrechnungsgebiet zutreffend ermittelt worden sei. Das Grundstück Fl.-Nr. eee, Gemarkung … sei mit einer größeren Fläche als den herangezogenen 1.092,30 m² in die Berechnung einzustellen.
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Mit Schreiben vom 22. November 2016 nahm die Beklagte zur Widerspruchsbegründung Stellung und regte die Rücknahme des Widerspruchs an. Am 16. Dezember 2016 hat der Stadtrat der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, dem Widerspruch nicht abzuhelfen und ihn der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen.
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Gegenüber dem Landratsamt … hat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau mit Schreiben vom 17. September 2017 den Widerspruch näher begründet. Dabei wies der Kläger erneut auf eine falsche Flächenberechnung des Anwesens … hin. Außerdem monierte er, dass keine Geschossflächen für die Berechnung zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei außerdem, dass keine Unterschiede zwischen Häusern im Neubaugebiet und den Altanliegern gemacht wurden. An der Ostseite seines Grundstücks habe sich vor dem Straßenbau bereits eine voll funktionsfähige und gut ausgebaute Straße mit ordentlicher Entwässerung befunden. Zudem sei eine neue Straßenlaterne direkt vor seinem Schlafzimmerfenster errichtet worden. Eine Absenkung der Bordsteine vor seinem Grundstück sei nicht erfolgt, sodass eine Einfahrt zu seinem Grundstück nicht mehr bestehe. Die Straße sei auch mangelhaft hergestellt worden. Eine der Beklagten übermittelte Mängelliste sei nicht beantwortet worden. Auch sei eine Kostensteigerung von 40.000 EUR nicht erklärbar. Ursprünglich sei nicht vorgesehen gewesen, sein Grundstück in die Berechnung einzubeziehen. Auch seien Kosten für private Baustellen, insbesondere für Sinkkästen/Entwässerungseinrichtungen für Privatgrundstücke, mit in die Kosten einberechnet worden. Schließlich sei auch die Straßenwiederherstellung für den Kanalbau doppelt abgerechnet worden. Der errichtete Gehweg beginne an der Kreisstraße und ende auf Höhe seines Grundstücks, was keinen Sinn ergebe. Da die Herstellungsbeitragsbescheide für den Kanalbau bereits bestandskräftig seien, werde vermutet, dass die Restkosten für den Kanalbau auch auf die Erschließungsbeiträge umgelegt worden seien. Zu berücksichtigen sei überdies, dass es sich bei der neu hergestellten Straße um eine Durchgangsstraße handle, auf der ständig landwirtschaftlicher Verkehr fahre. Die ursprünglich vor seinem Grundstück befindliche Straße sei in den sechziger Jahren asphaltiert und im Zuge der Flurbereinigung saniert worden. Die Straße sei bis zu seiner Grundstücksgrenze mängelfrei und nicht reparaturbedürftig gewesen. Nur aufgrund des neu hergestellten Kanals sei die Straße aufgerissen worden. Eine erstmalige Erschließung bestehe damit nicht.
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Das Landratsamt … nahm zu den Einwänden des Klägers mit Schreiben vom 8. November 2017 Stellung und gab dem Kläger die Möglichkeit, seinen Widerspruch zurückzunehmen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2018 wies das Landratsamt … den Widerspruch zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Gegenstand einer beitragsfähigen Maßnahme eine einzelne Orts straße sei. Wo diese beginne und wo diese ende, bestimme sich nach der natürlichen Betrachtungsweise eines unbefangenen Beobachters. Daher sei die Anlagenbildung durch die Beklagte nicht zu beanstanden. Die streitgegenständliche Orts straße entspreche auch den Voraussetzungen der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten und vermittle den anliegenden Grundstücken eine bauliche, gewerbliche oder sonstige Nutzungsmöglichkeit. Das klägerische Grundstück grenze direkt an die Erschließungsanlage an. Daher unterliege es der Erschließungsbeitragspflicht. Es sei keine Verbesserung einer bereits erstmalig hergestellten Erschließungsanlage ersichtlich. Die vormals vorhandene Straße habe keine ordnungsgemäße Straßenentwässerung, einen nur unzureichenden Unterbau sowie keine Straßenbeleuchtung besessen, weshalb es sich bei der Gesamtmaßnahme um die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage und nicht um die Verbesserung einer bereits bestehenden Anlage nach dem Straßenausbaubeitragsrecht handle. Auch das von der Beklagten ermittelte Abrechnungsgebiet sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger angesprochene Grundstück liege zum großen Teil im Außenbereich. Für die Berechnung des Beitrags sei jedoch nur die Fläche zugrunde zu legen, die innerhalb des Bebauungsplans liege. Zudem sei auch richtigerweise auf die Grundstücksfläche und nicht auf die Geschossfläche abgestellt worden. Auch wenn die Erschließung zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde gehöre, obliege der Beklagten die Planungshoheit. Sie bestimme über die Art, den Umfang sowie den Zeitpunkt des Straßenbaus. Dies habe zur Folge, dass dem Anlieger grundsätzlich keine Einwendungen im Hinblick auf das örtliche Bedürfnis oder Nichtbedürfnis des Straßenbaus zustehen. Daher habe die Beklagte auch entscheiden können, den Gehweg nur bis zur Höhe des klägerischen Grundstücks zu führen. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018, der am 16. Oktober 2018 bei Gericht einging, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt,
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. September 2018 wird aufgehoben.
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Zur Klagebegründung wird mit Schriftsatz vom 11. März 2019 im Wesentlichen ausgeführt, die angebliche „Herstellung“ der Orts straße … vermittle keinem einzigen Grundstück die Bebaubarkeit. Die Grundstücke, die nunmehr in die Abrechnung einbezogen worden seien, seien schon seit Jahren bebaut. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für eine Herstellung im Sinne von § 125 BauGB nicht vor. Diese Norm setzte den Erlass eines Bebauungsplans voraus. Sofern ein solcher nicht vorliege, müssten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 BauGB erfüllt sein. Dies sei auch im Rahmen einer Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs.2 BauGB zu berücksichtigen. Zwar bestehe offenbar für einen Teil des Abrechnungsgebiets ein Bebauungsplan. Dies ändere jedoch nichts daran, dass das klägerische Grundstück nicht im Plangebiet liege und daher eine Abwägungsentscheidung hätte getroffen werden müssen. Zudem bestünden auch durchgreifende Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Erschließungsbeitragssatzung. Insbesondere sei unklar, warum § 2 Abs. 2 der Satzung keine abschließende Aufzählung der Beitragskosten enthalte. Daher liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Normenklarheit und gegen höherrangiges Recht, nämlich § 128 BGB, vor. Vorliegend wären nicht Erschließungsbeiträge, sondern allenfalls Straßenausbaubeiträge zu erheben gewesen, selbst wenn man von einer Beitragsfähigkeit der Maßnahme ausgehe. Die abgerechnete Straße sei bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BauGB erstmalig hergestellt gewesen. Es handle sich hier um eine sogenannte historische Straße. Die Bebaubarkeit einzelner Grundstücke sei schon seit Jahrzehnten an der vorhandenen Anlage gegeben gewesen. Die Anlage sei nicht erst durch die Aufstellung eines Bebauungsplans erstmalig und endgültig hergestellt worden. Vielmehr habe sie bereits seit dem Ende des 19. bzw. dem Anfang des 20. Jahrhunderts als eine Erschließungsanlage bestanden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte diesbezüglich mehrere Anlagen vor. Daraus ergebe sich, dass mehrere Grundstücke spätestens in den 1930er Jahren bebaut gewesen seien. Zu diesem Zeitpunkt seien an die Ausbaugepflogenheiten von Straßen, insbesondere in kleinen Gemeinden, geringere Anforderungen gestellt worden. Die Straße sei zum damaligen Zeitpunkt bereits gepflastert gewesen, habe die erforderliche Breite aufgewiesen und eine provisorische Straßenentwässerung besessen. Es habe entgegen der Darstellung im Widerspruchsbescheid schon immer eine Grabenentwässerung mit entsprechender Versickerung gegeben. Daher seien zum damaligen Zeitpunkt die Anforderungen an die erstmalige Herstellung erfüllt gewesen. Die Anlage sei daher nicht nochmals erstmalig hergestellt worden. Es hätte vielmehr Straßenausbaubeitragsrecht angewendet werden müssen. Die Kosten der Baumaßnahme seien im Übrigen nicht ordnungsgemäß verteilt worden. Das Grundstück des Klägers befinde sich mit Teilen im Außenbereich. Diese Teile hätten herausgerechnet werden müssen, da das Grundstück gerade nicht im Bebauungsplangebiet liege und der Innenbereich nicht an der Grundstücksgrenze ende. Darüber hinaus sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte beim Straßenentwässerungsanteil von einer Beteiligung von 50% ausgehe. Hier dürften maximal 25-30% der Kosten für den Kanalbau als Anteil der Straßenentwässerung in die Berechnung einfließen.
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Mit Schriftsatz vom 5. November 2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Klageerwiderung wird mit Schriftsatz vom 27. Mai 2019 im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Erhebung einer Vorausleistung lägen vor. Der Stadtrat der Beklagten habe den Ausbau des ehemaligen Flurbereinigungswegs als Erschließungsstraße, beginnend im Süden an der Ortsdurchfahrt und im Norden endend an der Nordgrenze des Grundstücks Fl.-Nr. kkk/6, Gemarkung …, beschlossen. Die Erschließungsanlage liege überwiegend im Geltungsbereich des verbindlichen Bebauungsplans Nr. … In diesem Bereich seien die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllt. Die Beklagte bereite derzeit die Erfüllung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für das restliche Stück bis zum südlichen Ende an der Ortsdurchfahrt vor. Zum Zeitpunkt der Erhebung einer Vorausleistung sei jedoch nicht erforderlich, dass alle Merkmale für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bereits vollständig erfüllt seien. Auch das Satzungsrecht der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Es entspreche dem Satzungsmuster und stehe daher nicht im Widerspruch zu Art. 5a KAG oder § 128 Abs. 1 BauGB. Auch der Einwand des Bevollmächtigten des Klägers, vorliegend handele es sich um eine historische Straße, greife nicht durch. Für das klägerische Grundstück sei eine Baugenehmigung im Jahre 2001, für das nördlich angrenzende Grundstück im Jahre 1999 erteilt worden. Auf der östlichen Seite der streitgegenständlichen Erschließungsanlage seien auf den Grundstücken Fl.-Nrn. lll und ggg/2 Gebäude bereits vor 1965 errichtet worden. Für Gebäude auf den Grundstücken Fl.-Nrn. hhh/3 und kkk/6 seien die Baugenehmigungen aber erst 2010 und 2018 erteilt worden. Damit stehe bereits fest, dass die im Geltungsbereich des Bebauungsplans liegenden Grundstücke bzw. Teilflächen erst mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … bebaubar geworden seien. Das klägerische Grundstück liege seit jeher an der Ortsdurchfahrt von … an. Die vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Unterlagen zeigten lediglich eine Bebauung im Bereich der heutigen Grundstücke mit den Fl.-Nrn. mmm, nnn/2 und ooo. Selbst wenn man davon ausginge, dass auf dem heutigen Grundstück Fl.-Nr. ggg/2 bereits 1933 ein Anwesen gestanden haben sollte, wäre außer diesem Anwesen östlich und westlich der heutigen Anlage sonst keine weitere Bebauung vorhanden gewesen. Von einer historischen Straße könne daher nicht ausgegangen werden. Dem auf der heutigen Trasse der Anlage schon früher vorhandenen Flurbereinigungsweg habe es an einer vollständigen und ordnungsgemäßen Straßenentwässerung, einem ausreichenden Unterbau und auch einer Straßenbeleuchtung gefehlt. Daher handele es sich nunmehr um die erstmalige Herstellung eine Erschießungsanlage. Soweit der Kläger darauf verweise, sein Grundstück liege teilweise im Außenbereich, könne dem nicht gefolgt werden. Spätestens seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … liege das gesamte Grundstück des Klägers im Innenbereich. Auch seien die Kosten der Straßenentwässerung richtig berechnet worden. Die Wasserentsorgung erfolge im Trennsystem. Die Straße entwässere in den Regenwasserkanal.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erwiderte mit Schriftsatz vom 22. August 2019 und vertiefte seine Ausführungen. Es liege eine rechtswidrige Planung durch die Beklagte vor. Unzutreffend sei im Übrigen, dass das Grundstück des Klägers erst 2001 bebaut worden sei. Das klägerische Grundstück sei bereits vor 1961 mit einem Stall und einem Silo bebaut gewesen. Im Jahr 1970 sei ein weiterer Bauantrag zur Errichtung einer Maschinenhalle und Garage gestellt worden. Aus diesen Ausführungen und aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass es sich schon seit Jahren um eine Erschießungsanlage handele, die für viele Grundstücke die Bebaubarkeit vermittelte. Diese sei daher vor Inkrafttreten des Baugesetzbuches erstmalig hergestellt worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Juli 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Bayreuth vom 24. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Vorausleistungsbescheids ist Art. 5a, Art. 2 Abs. 1 KAG, §§ 127 ff. BauGB i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen der Beklagten vom 1. Juli 2015 (EBS). Nach diesen Vorschriften erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag (Art. 5a Abs. 1 KAG). Erschließungsanlagen in diesem Sinne sind u.a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen (Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG). Beiträge können gemäß Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand ist nach Abzug eines Gemeindeanteils (vgl. Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB, § 4 EBS) auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, § 5, § 6 Abs. 1 EBS). Die Beitragspflicht entsteht für bebaubare Grundstücke i.S.v. Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 133 Abs. 1 BauGB gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB, § 10 EBS).
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1.1 Entgegen der Auffassung des Klägers ist im vorliegenden Fall das Erschließungsbeitragsrecht anwendbar. Die Erhebung eines Erschließungsbeitrags ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der 2016 hergestellten und mit streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Orts straße im Baugebiet … um eine vorhandene Erschließungsanlage handelt, für die eine Beitragspflicht nicht mehr entstehen konnte.
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1.1.1 Das Grundstück des Klägers wurde nicht schon früher durch eine historische Straße erschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs liegt eine vorhandene (historische) Straße i.S.v. Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG vor‚ wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 Erschließungsfunktion besessen hat und für diesen Zweck - nach den damaligen rechtlichen Anforderungen - endgültig hergestellt war (vgl. BayVGH‚ B.v. 21.11.2013 - 6 ZB 11.2973 - juris Rn. 7; B.v. 19.1.2015 - 6 ZB 13.1548 - juris Rn. 6; B.v. 3.7.2017 - 6 ZB 16.2272 - juris Rn. 15 m.w.N.; B.v. 18.8.2017 - 6 ZB 17.840 - juris Rn. 13). Die Kammer lässt die Frage, ob die abgerechnete Anlage am 30. Juni 1961 endgültig hergestellt war, dahinstehen. Jedenfalls besaß die streitgegenständliche Straße zum damaligen Zeitpunkt keine Erschließungsfunktion. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erhält eine Straße, für die - wie hier - am 30. Juni 1961 kein Bebauungsplan bestand, die Funktion einer Erschließungsanlage nicht schon dadurch, dass vereinzelt Grundstücke an ihr bebaut werden, sondern sie ändert ihre rechtliche Qualität vielmehr erst dann, wenn an ihr eine gehäufte Bebauung einsetzt, d.h. - zumindest für eine Straßenseite - bauplanungsrechtlich Innenbereichslage im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zu bejahen ist. Das verlangt, dass die maßgeblichen Grundstücke in einem Bebauungszusammenhang liegen, der einem Ortsteil angehört (vgl. BayVGH, U.v. 22.7.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 37 m.w.N.). Ausschlaggebend für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck einer Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 6 CS 16.1032 - juris Rn. 9 m.w.N.).
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Gemessen an diesem Maßstab scheidet die Anwendung des Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG auf die streitgegenständliche Straße mangels Erschließungsfunktion in der Zeit bis zum 30. Juni 1961 aus. Aus den vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten historischen Karten aus dem 19. Jahrhundert ergibt sich zwar, dass die streitgegenständliche Anlage bereits damals vorhanden war. Eine Bebauung an ihr ist dem Kartenmaterial aber nicht zu entnehmen. Selbst auf dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbild, welches nach ihrer Aussage im Jahr 1996 angefertigt wurde, ist westlich der streitgegenständlichen Anlage auf dem Grundstück des Klägers und dem Grundstück Fl.-Nr. eee keine Bebauung erkennbar. Das auf dem Grundstück Fl.-Nr. mmm erkennbare Wohnhaus wird ersichtlich nicht von der verfahrensgegenständlichen Anlage, sondern von der Kreisstraße aus erschlossen. Die auf dem Luftbild erkennbaren, auf dem Grundstück Fl.-Nr. fff vorhandenen landwirtschaftlich genutzten Nebengebäude spielen für die Frage der Erschließungsfunktion keine Rolle. Denn beachtlich sind in diesem Zusammenhang nicht sämtliche bauliche Anlagen, sondern grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BayVGH, B.v. 19.1.2015 - 6 ZB 13.1548 - juris Rn. 7; U.v. 22.7.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 38). Östlich der streitgegenständlichen Straße liegt das Grundstück Fl.-Nr. hhh/3 an, welches nach Anmerkungen der Kläger bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts mit einem Wohnhaus bebaut wurde. Selbst wenn man diese Aussage als wahr unterstellt, liegt keine gehäufte Bebauung östlich der abgerechneten Anlage vor, sondern lediglich die Bebauung mit einem Wohngebäude. Die auf dem Grundstück Fl.-Nr. lll an die streitgegenständliche Anlage angrenzenden Gebäude stellen schon seit jeher landwirtschaftliche Nebengebäude dar und sind nach o.g. Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen, das im östlichen Bereich des genannten Grundstücks befindliche Wohngebäude ist nicht der abgerechneten Straße, sondern der Kreisstraße zugeordnet und wird durch diese erschlossen. Mithin hat die von der Beklagten abgerechnete Straße am 30. Juni 1961 keine Erschließungsfunktion besessen, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass die auf den Grundstücken Fl.-Nrn. lll und ggg/2 vorhandenen und auf dem Luftbild von 1996 erkennbaren baulichen Anlagen bereits vor dem 30. Juni 1961 vorhanden gewesen sind.
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1.1.2 Die Anwendung des Erschließungsbeitragsrechts scheitert auch nicht daran, dass die streitgegenständliche Anlage später Erschließungsfunktion bekommen hat. Diente eine Straße zunächst überwiegend nur als Zufahrt zu landwirtschaftlichen Flächen oder etwa dem Verbindungsverkehr und wurde sie erst nachträglich zu einer Erschließungsanlage als einer zum Anbau bestimmten Straße, so kommt es für die Frage ihrer erstmaligen Herstellung auf den Zeitpunkt des Funktionswechsels an (BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 6 CS 16.1032 - juris Rn. 9; vgl. auch Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 1 Rn. 41). Mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … der Beklagten „…“ am 27. August 1999 waren die westlich und östlich der vorhandenen Straße gelegenen Grundstücke bebaubar, weshalb frühestens zu diesem Zeitpunkt von einer Erschließungsfunktion im Sinne einer öffentlichen zum Anbau bestimmten Straße (Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) auszugehen ist. Zu diesem Zeitpunkt war der damals an der Stelle der heutigen von der Beklagten abgerechneten Anlage vorhandene Flurbereinigungsweg jedoch nicht als Erschließungsanlage endgültig hergestellt. Die insoweit strittige Frage, ob der damals vorhandene Flurbereinigungsweg die technischen Herstellungsmerkmale erfüllt oder noch keinen endgültigen Ausbauzustand erreicht hat, beurteilt sich nach der seinerzeit maßgeblichen Satzungslage der Beklagten. Denn die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage sind von der Gemeinde durch Satzung zu regeln (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 132 Nr. 4 BauGB). Die bautechnische Ausgestaltung der für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen gehört zu dem zwingend in die Satzung aufzunehmenden Ausbauprogramm, soweit davon die endgültige Herstellung der Anlage abhängen soll (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 6; B.v. 12.6.2014 - 6 CS 14.1077 - juris Rn. 10 ff.; BVerwG, U.v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 - BayVBl 2014, 181, Rn. 14 m.w.N.). In § 7 Abs. 1 der Satzung über die Erschließungsbeiträge der Beklagten vom 1. Juli 1981, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans Nr. … „…“ gegolten hat, war hinsichtlich der bautechnischen Ausgestaltung bestimmt, dass Anbaustraßen endgültig hergestellt sind, wenn sie „eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise mit dem technisch notwendigen Unterbau“ (Nr. 1), eine Straßenentwässerung und eine Beleuchtung (Nr. 2) sowie einen Anschluss an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße (Nr. 3) aufweisen. Die Kammer lässt offen, ob der nach Angaben des Klägers in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts im Bereich der jetzt abgerechneten Anlage vorhandene Flurbereinigungsweg einen technisch notwendigen Unterbau bzw. eine Straßenentwässerung aufgewiesen hat. Jedenfalls gab es im fraglichen Bereich keine Beleuchtung. Zwar ist auf den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung übergebenen Bildern, die im Zuge seines Hausbaus aufgenommen wurden, im südöstlichen Bereich seines Grundstücks eine Peitschenleuchte zu erkennen. Diese ist ersichtlich aber auf die Kreisstraße hin ausgerichtet und wurde zum Zwecke der Beleuchtung der Ortsdurchfahrt von … errichtet. Der vormals an der Ostseite des klägerischen Grundstücks verlaufene Flurbereinigungsweg hat dagegen keine Beleuchtungseinrichtung aufgewiesen. Dies bestätigt auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung übergebene Lageplan, in dem er die Beleuchtungssituation in … im Jahr 2005 dokumentierte. Da mithin mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. … „…“ am 27. August 1999 der vormalige Flurbereinigungsweg nicht alle in der damals gültigen Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten aufgezählten Merkmale der endgültigen Herstellung aufwies, lag zum damaligen Zeitpunkt keine endgültig hergestellte Erschließungsanlage i.S.v. Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 KAG vor. Die erstmalige (technische) Herstellung der Anlage im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts erfolgte daher erst im Zuge der Bauarbeiten im Jahr 2016.
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1.2 Der streitgegenständliche Vorausleistungsbescheid stützt sich auch auf eine wirksame Rechtsgrundlage. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 2 Abs. 2 der EBS vom 1. Juli 2015 nicht unwirksam. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass dort keine abschließende Aufzählung der Kosten, die zum Erschließungsaufwand zählen, normiert ist. Dies ist jedoch auch nicht notwendig. Die bei der Erhebung von Erschließungsbeiträgen berücksichtigungsfähigen Kosten werden abschließend und bindend in Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 128 BauGB aufgezählt. In Konkretisierung dieses gesetzlichen Rahmens zählt § 2 Abs. 2 EBS exemplarisch Kostenpositionen auf, die typischerweise unter § 128 BauGB zu subsumieren sind. Die Regelung in § 2 Abs. 2 EBS geht nicht über die Vorgaben des § 128 BauGB hinaus und wäre wohl auch nicht erforderlich. Sie erscheint aber sowohl als Ermittlungshilfe für die Beitragsabrechnung als auch zur Information der Beitragspflichtigen sinnvoll (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 21 Rn. 7). Der Normadressat wird daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht über die dem Erschließungsaufwand zurechenbaren Kosten im Unklaren gelassen. Letztere ergeben sich abschließend aus § 128 BauGB.
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1.3 Die Frage, ob die von der Beklagten abgerechnete Erschließungsanlage die Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des § 125 Abs. 1 BauGB (Planerfordernis) erfüllt, muss die Kammer nicht entscheiden. Zwar ergibt sich aus dem vorgelegten Bebauungsplan, dass sich der südliche, am Grundstück des Klägers angrenzende Teil der Erschließungsanlage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … „…“ befindet. Für die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Vorausleistungen kommt es - anders als für die Erhebung des endgültigen Erschließungsbeitrags - aber nicht darauf an, dass die Erschließungsanlage nach § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt ist (BayVGH, B.v. 18.8.2017 - 6 ZB 17.840 - juris Rn. 11). Im Übrigen haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass die Beklagte den Bebauungsplan Nr. … „…“ ändert und die komplette Erschließungsanlage in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezieht. Die Änderung soll am 16. Juli 2020 in Kraft treten.
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1.4 Die Beklagte hat den voraussichtlichen beitragsfähigen Aufwand (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 128 Abs. 1 BauGB) ohne Rechtsfehler auf 102.750,10 EUR geschätzt. Die von der Beklagten in die Berechnung des Erschließungsaufwands eingestellten Kosten für die Straßenentwässerung in Höhe von 6.500,00 EUR sind nicht zu beanstanden. Wird - wie im vorliegenden Fall - sowohl eine der Straßen- als auch der Grundstücksentwässerung dienende Regenwasserkanalisation (Trennkanalisation) hergestellt, geht die Rechtsprechung für den Regelfall von einer annähernd gleichen Kostenersparnis und damit von einer hälftigen Aufteilung der nicht direkt zuzuordnenden Kosten aus (BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 37). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass sich aus dem Wesen einer Vorausleistung als einer Leistung, die vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht erbracht wird, ergibt, dass die Beklagte die Höhe der geforderten Vorausleistung im Wege der Kostenschätzung ermitteln darf. Das ist notwendigerweise mit einem gewissen Spielraum und mit einer das Ergebnis der Schätzung betreffenden Toleranz verbunden. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der Kostenschätzung ist nicht eine Deckungsgleichheit mit dem erst nach Abschluss der Bauarbeiten und Eingang der letzten Unternehmerrechnung feststellbaren Aufwand, sondern die Anwendung einer sachgerechten Schätzungsgrundlage (BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 29). Für die Kammer ist nicht erkennbar, dass eine unsachgerechte Schätzungsgrundlage verwendet wurde. Eine centgenaue Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands kann daher erst mit der endgültigen Abrechnung der Erschließungsbeiträge erfolgen.
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1.5 Das Gericht hat schließlich auch keine Bedenken gegen das von der Beklagten im vorliegenden Fall gebildete Abrechnungsgebiet. Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich die Prüfung, ob ein Grundstück durch eine bestimmte beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen wird, darauf erstrecken, ob aufgrund der gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse die Annahme gerechtfertigt ist, dieses Grundstück werde auch die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB erfüllen können. Das trifft für Grundstücke, die im Außenbereich liegen, nicht zu. Grundstücke, „für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist“ (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB), sind ausschließlich Grundstücke in qualifiziert beplanten Gebieten. Außenbereichsgrundstücke sind aber ungeachtet ihrer potentiell nicht ausgeschlossenen Bebaubarkeit auch nicht nach der Verkehrsauffassung „Bauland“, und erst recht stehen sie nicht „nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung“ an (§ 133 Abs. 1 Satz 2 BauGB, vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 7/13 - juris Rn. 18). Grundstücke, die vollständig im Gebiet eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich liegen, sind dagegen im Regelfall in erschließungsbeitragsrechtlich beachtlicher Weise nutzbar, da sie aufgrund ihrer Lage „Baulandqualität“ besitzen, auch wenn die zulässige Nutzung nach Art und Maß mehr oder weniger beschränkt sein kann. Wenn Buchgrundstücke, wie im vorliegenden Fall die Grundstücke Fl.-Nrn. eee und fff, mit ihren vorderen, der Erschließungsanlage zugewandten Teilen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, die rückwärtigen Teilflächen aber in den Außenbereich reichen, muss deshalb zur Bestimmung ihrer erschlossenen Fläche die Außenbereichsfläche abgezogen werden (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 31). Daher wurde von der Buchgrundstücksfläche des Grundstücks Fl.-Nr. eee zu Recht nur eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 959 m² angesetzt. Beim Grundstück Fl.-Nr. fff ergibt sich eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 1.736 m². Nach Auffassung der Kammer liegt das Grundstück des Klägers vollständig im unbeplanten Innenbereich, weshalb die gesamte Grundstücksfläche richtigerweise bei der Verteilung des Aufwands berücksichtigt werden konnte. Nach § 34 Abs. 1 BauGB liegt ein Grundstück im Innenbereich, wenn es sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteil befindet. Bei der Beurteilung, ob ein Grundstück in einem Bebauungszusammenhang liegt, ist maßgebend, ob eine tatsächlich aufeinander folgende, zusammenhängende Bebauung besteht (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - IV C 2/66 - BVerwGE 31, 20/21). Wo im Einzelfall die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist aufgrund einer Bewertung des konkreten Falls zu entscheiden (BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.2015 - UPR 2016, 68). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel mit der letzten an eine größere Freifläche angrenzenden Bebauung (BVerwG, B.v. 12.3.1999 - 4 B 112/98 - NVwZ 1999, 763/765). Nach den dem Gericht vorliegenden Luftbildern und Karten schloss zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses nördlich des klägerischen Grundstücks das Grundstück Fl.-Nr. eee an, welches mit einem Wohnhaus bebaut ist und teilweise im Bereich des rechtswirksamen Bebauungsplans Nr. … … liegt. Westlich des klägerischen Grundstücks befindet sich das Grundstück Fl.-Nr. mmm, welches ebenfalls mit einem Wohngebäude und landwirtschaftlichen Nebengebäuden bebaut ist. Da das klägerische Grundstück daher von nördlicher und westlicher Seite umbaut ist, liegt ein entsprechender Bebauungszusammenhang vor. Der Kläger hat auch selbst eingeräumt, dass er im nördlichen Teil seines Grundstücks eine Fahrzeughalle errichten möchte. Überdies ist auf den vorliegenden Luftbildern auch erkennbar, dass der nördliche Teilbereich des klägerischen Grundstücks befestigt ist, um Fahrzeuge abstellen zu können. Die Kammer geht daher davon aus, dass sich die gesamte Fläche des klägerischen Grundstücks innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB befindet.
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Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.
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2. Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.