Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 27.10.2020 – B 5 K 19.485
Titel:

Unzulässige und unbegründete Klage auf Gewährung von Beihilfeleistungen für künstliche Befruchtung im Wege der In-vitro-Fertilisation

Normenkette:
BayBhV § 43
Leitsätze:
1. In dem bloßen Verweis auf einen früheren Bescheid und ein Hinweisschreiben ist weder ein eigener Regelungsgehalt in der Sache zu sehen, noch lässt sich die konkludente Entscheidung entnehmen, nicht in eine erneute Sachprüfung einsteigen zu wollen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BayBhV ist eine mögliche Indikation bei einer künstlichen Befruchtung im Wege der invitro-Fertilisation (IVF), die zu einer Beihilfefähigkeit führt, die idiopathische Sterilität, sofern einschließlich einer psychologischen Exploration alle diagnostischen und sonstigen therapeutischen Möglichkeiten der Sterilitätsbehandlung ausgeschöpft sind. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
unzulässige Klage, wiederholende Verfügung, Voraussetzungen einer Beihilfegewährung im Wege einer In-vitro-Fertilisation, Beihilfe, künstliche Befruchtung, In-vitro-Fertilisation, Regelungswirkung, Behandlungsplan
Fundstelle:
BeckRS 2020, 49029

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die am … geborene Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 04.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2019 und begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen für eine durchgeführte künstliche Befruchtung im Wege der In-vitro-Fertilisation.
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1. Mit Beihilfeantrag von 08.05.2018 brachte die Klägerin Rechnungen in Höhe von insgesamt 8.693,52 EUR in Vorlage. Dem Antrag lag ein Schreiben des Kinderwunschzentrums …vom 19.04.2018 bei. In diesem an die Klägerin gerichteten Schreiben wurde zunächst auf das Schreiben vom 12.02.2018 verwiesen, in dem man versucht habe, obwohl keine medizinische Indikation für eine IVF-Behandlung nach 10.3 der Richtlinien über künstliche Befruchtung vorgelegen habe, die Eingliederung der Klägerin in das IVF-Programm zu begründen. Eine Bestätigung der medizinischen Vorgehensweise bzw. Therapie habe man in dem erfolgreich durchgeführten IVF-Versuch im Februar 2018 mit einer vorliegenden Schwangerschaft gefunden. Neun Tage nach dem Transfer habe man eine vorliegende Schwangerschaft feststellen können. Am 17.03.2018 habe die Klägerin einen Abort erlitten. Man bitte nun, weil die Klägerin nach einer IVF-Behandlung erfolgreich schwanger gewesen sei, nochmals um die Kostenübernahme der durchgeführten IVF-Behandlung.
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Mit Schreiben vom 15.05.2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass gemäß § 43 Abs. 1 der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV) Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschließlich der im Zusammenhang damit verordneten Arzneimittel nur dann zu 50 vom Hundert beihilfefähig seien, wenn aufgrund eines Behandlungsplanes die Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich seien, eine hinreichende Aussicht bestehe, dass durch die Maßnahme eine Schwangerschaft herbeigeführt werde, die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet seien, und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet würden. Bei einer In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryo-Transfer seien maximal drei Versuche beihilfefähig. Der dritte Versuch werde nur erstattet, wenn in einem von zwei Behandlungszyklen eine Befruchtung stattgefunden habe. Dies sei durch den Arzt zu bestätigen. Nach Erläuterung der weiteren Anforderungen forderte der Beklagte die Klägerin auf, einen entsprechenden Behandlungsplan oder eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Aus diesen müssten sich die Indikation, die Erforderlichkeit und die Erfolgsaussicht ergeben. Außerdem sei darin festzuhalten, dass die künstliche Befruchtung im homologen System durchgeführt werde und die vorgegebenen Altersgrenzen eingehalten würden.
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Mit Bescheid, ebenfalls vom 15.05.2018, wurde für die mit Beihilfeantrag vom 08.05.2018 vorgelegten Rechnungen eine Beihilfe in Höhe von 0 EUR festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass zu einem Teil dieser Aufwendungen bereits Beihilfen gewährt worden seien. Da weiterhin keine beihilfefähige Indikation für eine künstliche Befruchtung mittels IVF vorgelegt worden sei, könne zu dem übrigen Teil der Aufwendungen keine Beihilfe gewährt werden. In Bezug auf Einzelbeträge in Höhe von 476,25 EUR, 272,47 EUR, 78,84 EUR, 128,72 EUR sowie 39,95 EUR, jeweils aus Rechnungen vom 12.02.2018, 15.02.2018, 17.02.2018, 19.02.2018 und 24.02.2018 wurde auf den Bescheid vom 20.04.2018 verwiesen.
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Mit weiterem Antrag vom 29.01.2019 beantragte die Klägerin Beihilfe für eine Gesamtsumme von 6.750,25 EUR aus insgesamt 13 Belegen. Darin enthalten waren zum einen die Kosten für die Medikamente Ovaleap, Cetrotide, Progynova, Trental, Brevactid, Folsan, Ass Abz Protect, Prednisolon, Progestan/WKA, Proluton depot sowie eine Rechnung des Kinderwunschzentrums … in Höhe von 4.226,15 EUR für mehrere Behandlungen zwischen dem 06.02.2018 und 24.02.2018. Des Weiteren wurden eine Rechnung des ambulanten OP-Zentrums … in Höhe von 318,25 EUR, des Klinikums … für eine ambulante Behandlung vom 17.03.2018 in Höhe von 106,89 EUR, eine Rechnung eines Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe für eine Behandlung in Form von zytologischen Untersuchungen in Höhe von 69,47 EUR vorgelegt.
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Daraufhin setzte der Beklagte mit Beihilfebescheid vom 04.02.2019 für diesen Antrag eine Beihilfe in Höhe von 123,45 EUR fest. Abgesehen von den Posten, die die Rechnungen vom 13.06.2018 in Höhe von 69,47 EUR und die Rechnung vom 11.07.2018 in Höhe von 106,89 EUR betrafen, wurde die Festsetzung einer Beihilfe von 0 EUR für die übrigen Posten damit begründet, dass zu diesen Aufwendungen bereits Beihilfe gewährt worden sei und auf den Bescheid vom 15.05.2018 sowie das Schreiben vom selben Tag verwiesen werde.
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Mit Schreiben vom 08.03.2019 ließ die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.02.2019 einlegen.
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Das Landesamt für ..., Bezügestelle Beihilfe, wies mit Schreiben vom 29.03.2019 darauf hin, dass man unter anderem mit den rechtskräftigen Beihilfefestsetzungsbescheiden vom 31.05.2017, 02.01.2018, 20.04.2018 und 15.05.2018 sowie mit einem ausführlichen Informationsschreiben vom 15.05.2018 über die Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung informiert habe. Man bitte, falls mit dem genannten Schreiben gegen einen (bis zum 28.02.2019 erlassenen) Bescheid Widerspruch eingelegt werden solle, diesen bis zum 26.04.2019 konkret zu benennen und den Widerspruch zu begründen.
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Diesem Schreiben schloss sich in der Folge weiterer Schriftwechsel der Beteiligten zur Frage der Akteneinsicht und Aufrechterhaltung des Widerspruchs an.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Beihilfefestsetzungsbescheid vom 04.02.2019 zurück. Man habe mit diesem Bescheid zu 14 wiederholt eingereichten Rechnungen eine Beihilfeleistung abgelehnt. Die Ablehnung sei jedoch nicht aufgrund aktueller, eigenständig getroffener Entscheidungen über die jeweilige Beihilfefähigkeit einer Rechnung, sondern nur mit Verweis auf eine frühere Festsetzung erfolgt.
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2. Mit Schriftsatz vom 24.05.2019, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ die Klägerin über ihre Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 04.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2019, zugestellt am 25.04.2019, erheben.
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In ihrem klagebegründenden Schriftsatz vom 16.08.2019 beantragten die Bevollmächtigten der Klägerin den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 04.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamtes für ... vom 23.04.2019 zu verpflichten, der Klägerin hinsichtlich der mit ihren Anträgen vom 16.04.2018, vom 08.05.2018 und vom 29.01.2019 eingereichten Rechnungen über eine durchgeführte IVF-Behandlung Beihilfe zu gewähren.
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Die Aufwendungen der Klägerin seien beihilfefähig, da die Voraussetzungen hierfür vorlägen. Die Behandlung sei ausweislich des vorgelegten Behandlungsplans und dem Schreiben des Kinderwunschzentrums vom 06.11.2017 indiziert. In diesem mit der Klagebegründung vorgelegten ärztlichen Schreiben wird unter anderem ausgeführt, dass man, weil bei PCO-Patientinnen wie der Klägerin das Hauptrisiko eines unbeabsichtigten Heranreifens mehrerer Eibläschen, verbunden mit einem deutlich erhöhten Mehrlingsrisiko, bestehe und weil bei der Klägerin bereits über mehrere Monate mit der Gabe von Metformin aufgrund des PCO-Syndroms sowie durch Ovulationsinduktionsversuche mit Puregon und Ovaleap keine Schwangerschaft habe erzielt werden können, aus wirtschaftlicher Sicht für die Krankenkasse und emotionaler Sicht für die Klägerin um die sofortige Eingliederung in das IVF-Programm und die entsprechende Kostenübernahme bitte. In dem anliegenden Behandlungsplan „IVF nach 10.3“ vom 07.02.2018 liege bei der Klägerin die Indikation einer idiopathischen Sterilität vor. Geplant sei eine In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer (gemäß Nr. 10.3).
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Mit Schriftsatz vom 28.08.2019 beantragte das Landesamt für ..., Dienststelle …, Bezügestelle Beihilfe, für den Beklagten:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Mit der sich bereits aus dem Widerspruchsbescheid ergebenden Begründung hielt der Beklagte an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Ergänzend führte er zunächst zur Vorgeschichte aus, dass die Klägerin mit den zusammen mit der Klageerwiderung vorgelegten Schreiben vom 07.06.2017 und 20.06.2017 erklärt hätte, dass die ihr verordneten Medikamente lediglich der hormonellen Stimulation, nicht aber einer künstlichen Befruchtung dienen würden. Daraufhin habe der Beklagte die zunächst mit Bescheid vom 31.05.2017 abgelehnten Medikamente in voller Höhe als beihilfefähig anerkannt und eine Beihilfe nachgezahlt. Auch mit einem Schreiben vom 12.06.2017, das der Klageerwiderung ebenfalls beilag, habe das Kinderwunschzentrum … der Klägerin bestätigt, dass eine künstliche Befruchtung nicht vorgesehen sei. Mit Schreiben vom 14.12.2017 habe die Klägerin dann mitgeteilt, dass ihre Krankenkasse die Beteiligung an vorerst 2 IVF-Zyklen zugesichert habe, obwohl sie nicht verheiratet sei. Dann habe die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens des Kinderwunschzentrums … vom 11.12.2017 ein „ähnliches Ergebnis“ der Beihilfestelle beantragt. In diesem Schreiben werde ein PCO-Syndrom (Verdacht) attestiert und unter anderem mitgeteilt, dass aus wirtschaftlicher Sicht „(Anmerkung: aus Sicht der Beihilfestelle)“ und aus emotionaler Sicht für die Patientin der Kostenübernahme für eine IVF-Maßnahme zugestimmt werden solle. In dem beigelegten Behandlungsplan vom 07.12.2017 werde dann jedoch eine ICSI-Maßnahme als geplant angegeben. Als Indikation werde auf das Schreiben vom 11.12.2017 verwiesen. Mit weiter vorgelegtem Attest des Kinderwunschzentrums vom 12.02.2018 werde bestätigt, dass eine medizinische Indikation nach 10.3 der Richtlinien über künstliche Befruchtung per se nicht vorliege. Ferner habe die Klägerin mit Schreiben vom 14.02.2018 bestätigt, dass unbeabsichtigt der Behandlungsplan für eine ICSI-Behandlung übermittelt worden sei, nun jedoch ein Behandlungsplan für eine IVF-Behandlung beiliege. Der nunmehr übersandte Behandlungsplan vom 09.02.2018 verweise als Indikation auf ein Attest vom 11.12.2017. Daher habe man die mit Bescheid vom 02.01.2018 abgelehnten Medikamente mit Bescheid vom 05.03.2018 nachgezahlt. Eine Indikation nach § 43 Abs. 2 Satz 1 BayBhV, nach der eine IVF-Maßnahme als beihilfefähig anerkannt werden könnte, sei der Beihilfestelle bis heute jedoch nicht vorgelegt worden. Daher habe man mit Bescheiden vom 20.04.2018, 15.05.2018 und 04.02.2019 die Gewährung von Beihilfeleistungen für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung entstanden seien, abgelehnt bzw. auf frühere, ablehnende Bescheide verwiesen. Der der Klagebegründung beigefügte Behandlungsplan vom 06.02.2018 habe der Beihilfestelle bislang nicht vorgelegen. In Bezug auf diesen Behandlungsplan, der als Indikation für die Durchführung einer IVF-Maßnahme „idiopathische Sterilität“ angebe, seien jedoch Zweifel angebracht. Mit Schreiben vom 12.02.2018 des Kinderwunschzentrums sei nämlich wiederum angegeben worden, dass eine medizinische Indikation gerade nicht vorliege.
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Zudem verzichtete die Beklagtenseite auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Mit Schriftsatz vom 27.08.2020 erklärte sich die Klägerseite ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Die Klägerin habe bei sämtlichen Beihilfeanträgen stets die Einwilligung erteilt, ärztliche Auskünfte einzuholen. Der Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, den nun mitgeteilten Widerspruch aufzuklären. Nachdem die Indikation gegeben sei, wäre dies auch in den Beihilfeanträgen der Klägerin vom 24.04.2019 und 03.08.2020 zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu prüfen.
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Im Übrigen wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Aufgrund der erklärten Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die Klage ist bereits unzulässig, hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 04.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfeleistung.
22
1. Die Klage ist bereits unzulässig.
23
a) Hinsichtlich der Behandlung der eingereichten 14 von den insgesamt 16 Belegen bzw. Rechnungen vom 05.02.2018, 07.02.2018, 08.02.2018, 12.02.2018, 15.02.2018, 17.02.2018, 19.02.2018, 23.02.2018, 24.02.2018, 02.03.2018, 02.03.2018, 14.03.2018, 05.04.2018 sowie 10.04.2018, die mit der Hinweis-Nr. 3118, f0 versehen sind, liegt bereits kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine wiederholende Verfügung ohne Regelungscharakter vor. In den erläuternden Hinweisen findet sich zu der Nummer 3118 die Formulierung „Zu diesen Aufwendungen wurde bereits Beihilfe gewährt“. Zu dem Kürzel f0 findet sich der Erläuterungstext „Auf den Bescheid vom 15.05.2018 sowie unser Schreiben v. 15.05.2018 wird verwiesen“.
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Gemäß Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
25
Im Hinblick auf die insofern identische bundesrechtliche Regelung des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) differenzierte die Rechtsprechung früher zwischen wiederholender Verfügung und Zweitbescheid: Wenn eine behördliche Erklärung sich in der bloßen Wiederholung eines bereits ergangenen Verwaltungsakts ohne neuen Regelungsgehalt erschöpfte (sog. „wiederholende Verfügung“), so lag kein Verwaltungsakt vor. Demgegenüber wurde ein auf erneuter Sachprüfung und -entscheidung beruhender „Zweitbescheid” stets als Verwaltungsakt angesehen. Diese Unterscheidung wurde vom BVerwG zumindest bei Vorliegen eines bestandskräftigen Erstbescheids ausdrücklich aufgegeben, da auch eine wiederholende Verfügung (jedenfalls) die Entscheidung darüber beinhaltet, dass Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG nicht vorliegen (BVerwG, B. v. 10.12.2001, Az.: 9 B 86/01, Leitsatz - NVwZ 2002, 482). Ist der Erstbescheid noch nicht bestandskräftig, kann auch keine Entscheidung nach § 51 VwVfG getroffen werden, sodass nach wie vor Raum für die „wiederholende Verfügung“ verbleibt, die kein Verwaltungsakt ist. Hinweisen auf bestandskräftige Verwaltungsakte fehlt hingegen der Regelungswille der Behörde, soweit sie lediglich mitteilt, dass ein Rechtsverhältnis bereits wirksam durch Verwaltungsakt geregelt ist (vgl. von Alemann/Scheffczyk, in: BeckOK, VwVfG, 48. Ed. 1.7.2020, § 35 Rn. 188, 189, m.w.N.). Lediglich soweit eine streitgegenständliche Verfügung also (auch nur konkludent) ein Wiederaufgreifen ablehnt, ist sie mit diesem verfahrensbezogenen Regelungsgehalt ein Verwaltungsakt. Die wiederholende Verfügung eröffnet auch nicht die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen den unanfechtbaren Verwaltungsakt. Sie unterscheidet sich insbesondere dadurch vom Zweitbescheid, der nach Wiederaufgreifen eine erneute Sachentscheidung trifft (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 51 Rn. 22 ff., 38 ff.).
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Gemessen an diesen Grundsätzen liegt in Bezug auf die 14 Rechnungspositionen bezüglich der Belege vom 05.02.2018, 07.02.2018, 08.02.2018, 12.02.2018, 15.02.2018, 17.02.2018, 19.02.2018, 23.02.2018, 24.02.2018, 02.03.2018, 02.03.2018, 14.03.2018, 05.04.2018 sowie 10.04.2018 kein Verwaltungsakt vor, denn insoweit fehlt es bereits an der Regelungswirkung. Der Beklagte verweist lediglich auf einen früheren Bescheid, den die Klägerin mangels Einlegung eines Rechtsbehelfs in Bestandskraft hat erwachsen lassen, sowie auf ein entsprechendes Hinweisschreiben. In diesem bloßen Verweis ist weder ein eigener Regelungsgehalt in der Sache zu sehen, noch lässt sich diesen sehr knappen und eindeutigen Erläuterungen die konkludente Entscheidung entnehmen, nicht in eine erneute Sachprüfung einsteigen zu wollen.
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b) Hinsichtlich der beiden übrigen Belege vom 13.06.2018 und 11.07.2018, die der angefochtene Bescheid zum Gegenstand hat, wurde hier entsprechend dem Antrag der Klägerin der höchstmögliche Beihilfesatz von 70 vom Hundert gewährt. Somit liegt bezüglich dieser beiden Belege, bezüglich derer die Ausführungen des Beklagten durchaus Regelungscharakter haben, keine Entscheidung zulasten der Klägerin vor. Mangels entsprechender Beschwer ist die Klage insofern aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ebenso unzulässig.
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2. Lediglich ergänzend, und ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme, sei ausgeführt, dass die Klage unabhängig davon auch unbegründet ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfe für die entstandenen Kosten zur Durchführung einer künstlichen Befruchtung in Form einer In-Vitro-Fertilisation nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 BayBhV.
29
a) Nach den allgemeinen Grundsätzen des § 43 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschließlich der im Zusammenhang damit verordneten Arzneimittel nur dann zu 50 vom Hundert beihilfefähig, wenn aufgrund eines Behandlungsplans Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind (Nummer 1), eine hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird (Nummer 2), die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind (Nummer 3) und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (Nummer 4). Dabei sind nach Satz 2 der Vorschrift nur Aufwendungen für Personen beihilfefähig, die das 25. Lebensjahr vollendet haben. Satz 3 schließlich begrenzt altersmäßig nach oben hin die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen auf Frauen, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und Männer, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
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Im Falle der Klägerin fehlt es bereits unzweifelhaft an der Voraussetzung des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV, da sich aus keinem einzigen der ärztlichen Schreiben des Kinderwunschzentrums …, die die Klägerin im Laufe des Verfahrens vorgelegt hat, ergibt, dass die Maßnahmen, für die sie vorliegend Beihilfeleistungen begehrt, nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind. Im Schreiben vom 06.11.2017, das inhaltlich an die Versicherung der Klägerin gerichtet und an die Klägerin selbst adressiert war, stellte das Kinderwunschzentrum … wörtlich fest: „Nachdem bei PCO-Patientinnen das Hauptrisiko [des] unbeabsichtigte[n] Heranreifen[s] mehrerer Eibläschen verbunden mit einem deutlich erhöhten Mehrlingsrisiko vorhanden ist und wir jetzt bereits über mehrere Monate mit der Gabe von Metformin aufgrund des PCO-Syndroms sowie durch Ovulationsinduktionsversuche mit Puregon und Ovaleap keine Schwangerschaft erzielen konnten, bitten wir aus,wirtschaftlicher Sicht‘ für Sie und,emotionaler Sicht‘ für die Patientin, um die sofortige Eingliederung in das IVF-Programm und deren Kostenübernahme.“ Die Durchführung einer künstlichen Befruchtung nach dem IVF-Verfahren bei der Klägerin beruhte somit auf - im Hinblick auf den Blickwinkel der Klägerin - emotionalen Erwägungen. Dieselbe Formulierung findet sich in dem Schreiben des Kinderwunschzentrums … vom 11.12.2017. Ein weiteres Schreiben derselben Klinik datiert vom 12.02.2018. Darin heißt es: „Eine medizinische Indikation nach 10.3 der Richtlinien über künstliche Befruchtung liegt per se nicht vor. Nachdem Ihnen jedoch unbeabsichtigt der Behandlungsplan für eine ICSI-Behandlung übersandt wurde, erhalten Sie hier den Behandlungsplan für eine IVF-Behandlung. Die Ihnen übermittelte Musterrechnung ist richtigerweise für die IVF-Behandlung.“
31
Sofern in einem der drei vorgelegten Behandlungspläne in einem Fall die idiopathische Sterilität als medizinische Indikation erwähnt wurde, besitzt dieser Umstand höchst zweifelhafte Aussagekraft. Die Klägerin hat zu ein und demselben Vorhaben der Durchführung einer künstlichen Befruchtung drei sich jeweils widersprechende Behandlungspläne vorgelegt, die das Kinderwunschzentrum … teilweise mit der Begründung, es handle sich um ein Versehen, dann geändert hat. So existiert zunächst ein Behandlungsplan vom 07.12.2017. Nach diesem sei eine künstliche Befruchtung nach dem Verfahren „ICSI“ geplant, wobei dafür keine medizinische Indikation bestehe. Ein weiterer Behandlungsplan, datierend vom 06.02.2018 gibt an, dass eine künstliche Befruchtung nach dem IVF-Verfahren geplant sei. Als medizinische Indikation wird das Vorliegen einer idiopathischen Sterilität angegeben. Lediglich drei Tage später, am 09.02.2018, stellte das Kinderwunschzentrums … der Klägerin einen dritten Behandlungsplan aus, ausweislich dessen eine künstliche Befruchtung im Wege des IVF-Verfahrens geplant sei, dafür jedoch keine medizinische Indikation bestehe. In Anbetracht der Widersprüchlichkeit dieser drei Behandlungspläne kann - ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme - das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass bei der Klägerin eine medizinische Indikation für die Durchführung einer künstlichen Befruchtung gegeben war.
32
b) Des Weiteren fehlt es auch im Bereich der besonderen Voraussetzungen, die § 43 Abs. 2 BayBhV für jede einzelne Methode der künstlichen Befruchtung ergänzend aufstellt, an mindestens einer nach dem Gesetz erforderlichen Komponente. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBhV ist eine mögliche Indikation bei einer künstlichen Befruchtung im Wege der invitro-Fertilisation (IVF), die zu einer Beihilfefähigkeit führt, die idiopathische Sterilität, die im Zusammenhang mit der Klägerin von Seiten des Kinderwunschzentrums teilweise Erwähnung fand. In diesem Fall ist Beihilfefähigkeit jedoch nur gegeben, sofern einschließlich einer psychologischen Exploration alle diagnostischen und sonstigen therapeutischen Möglichkeiten der Sterilitätsbehandlung ausgeschöpft sind. Weder die vorgelegte Behördenakte noch die im gerichtlichen Verfahren darüber hinaus vorgelegten ärztlichen Schreiben und Befunde lassen erkennen, dass bei der Klägerin jemals eine psychologische Exploration stattgefunden hätte. Somit fehlt es auch an dieser notwendigen Voraussetzung, um zu einem Beihilfeanspruch für die durchgeführte künstliche Befruchtung zu gelangen.
33
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
34
3. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
35
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.
36
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.