Titel:
Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren bei einem Grünstreifen
Normenketten:
BayKAG Art. 8
BayStrWG Art. 51 Abs. 4
SRGebS § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1
SSVO § 3 Abs. 2
BauGB § 131
Leitsätze:
1. Hinsichtlich der Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren ist über das Angrenzen eines Grundstücks an eine Straße eine vernünftige objektive Beziehung der Grundstücke zur Straße zu fordern, an die keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Es genügt, dass eine Zufahrt oder ein Zugang geschaffen werden kann. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grünstreifen stellen grundsätzlich Teile von Straßen dar, welche grundsätzlich die Pflicht zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren nicht entfallen lässt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine feste Breite, von der ab nicht mehr von einem zur Straße gehörenden Grünstreifen ausgegangen werden könnte, gibt es nicht, so dass eine Grünfläche, deren durchschnittliche Breite unter 10 m liegt, sich im Rahmen dessen bewegt, was als sog. Straßenbegleitgrün angesehen werden kann. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kommunalabgaben, Straßenreinigungsgebühren, Angrenzen an Straße, öffentliche Grünfläche als Straßenbestandteil, Zugangsmöglichkeit vom Grundstück zur Straße, Fahrbahn, Straßenbegleitgrün, Straßenreinigungsgebühr, Anliegergrundstück, Zugang, Zufahrt, Grünfläche, Grünstreifen, Straße
Fundstelle:
BeckRS 2020, 4638
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks, Fl.Nr., Gemarkung .... Entlang der südöstlichen Grundstücksgrenze verläuft die ...-Allee, entlang der nordwestlichen Grenze die ...straße und entlang der nord-östlichen Grenze die ...-Straße. Das Grundstück ist mit einem Bürogebäude samt Tiefgarage und darüber liegendem Parkdeck bebaut. Es liegt im unbeplanten Innenbereich, sowohl das klägerische Grundstück als auch die übrigen Grundstücke im Geviert ...-Allee, ...-Straße, ...straße und (dem weiter südöstlich liegenden) ...weg werden ganz überwiegend gewerblich genutzt.
3
Das Grundstück grenzt in südöstlicher Richtung in voller Länge an das (Straßen-)Grundstück Fl.Nr., Gemarkung, „...-Allee“ an. Im Bereich der südlichen Grundstücksecke grenzt es direkt an den entsprechenden Geh- und Radweg, im weiteren Verlauf an eine keilförmig zulaufende, im Bebauungsplan Nr. ... der Beklagten „...“ als öffentliche Grünfläche festgesetzte Fläche an. Die Grünfläche hat eine Grundfläche von etwa 1.400 m² und an der breitesten Stelle eine Breite von ca. 18,5 m. Die Grünfläche ist mit Sträuchern und, insbesondere im östlichen Bereich, Bäumen bestanden.
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Auf dem Grundstück des Klägers verläuft im Wesentlichen über die gesamte Breite im Abstand von ca. einem Meter zur südöstlichen Grundstücksgrenze die Außenmauer der Tiefgarage, die um eine entsprechende Ummauerung des Parkdecks erhöht wurde. Lediglich an der südlichen Grundstücksecke besteht auf einer Länge von ca. zehn Metern ein größerer Abstand (etwa 5 m) zwischen dieser Mauer und der Grundstücksgrenze. Die Oberkante der Betonmauer liegt (ohne Geländer) 2,27 m über dem Niveau der Grünfläche. Ein direkter Zugang von der Tiefgarage oder dem Parkdeck zur ...-Allee besteht nicht. An der östlichen Ecke des Parkdecks befindet sich ein Treppenabgang zur Tiefgarage, der seitlich einen Ausgang in Richtung ...-Straße hat.
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Mit Bescheid vom 27. Dezember 2016 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 bis 2016 jeweils Straßenreinigungsgebühren für das klägerische Grundstück in Höhe von jährlich 2.810,08 EUR fest. Darin enthalten ist ein (jährlicher) Betrag für die Reinigung der ...-Allee in Höhe von 2.764,49 EUR.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Regierung von ... mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 zurück.
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Der Kläger erhob hiergegen am 10. Januar 2018 Klage. Zur Begründung ist mit Schriftsatz vom 19. März 2018 ausgeführt, das klägerische Grundstück werde von der ...-Allee nicht wie erforderlich erschlossen. Da das Grundstück in einem faktischen Gewerbegebiet liege, sei eine Erschließung nur gegeben, wenn eine Zufahrtmöglichkeit für Lastkraftwagen bestehe. Dies sei nicht der Fall. Darüber hinaus bestehe vom Grundstück des Klägers überhaupt keine Zugangsmöglichkeit zur ...-Allee. Insbesondere die Außenwand der Tiefgarage mit dem damit einhergehenden Niveausprung von über 2 m schließe einen solchen Zugang aus. Die zwischen dem Grundstück des Klägers und dem Straßenkörper der ...-Allee liegende öffentliche Grünfläche stelle eine eigenständige Grünfläche dar, die kein bloßes Straßenbegleitgrün sei. Insofern grenze das Grundstück auch nicht an die ...-Allee an. Entscheidend hierbei sei, dass das Grundstück des Klägers mit der entsprechenden Nutzung bereits vor dem Bau der ...-Allee bestanden habe.
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Der Kläger beantragt (sinngemäß),
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Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 11. Dezember 2017 wird aufgehoben, soweit der Kläger mit diesem Bescheid zu Straßenreinigungsgebühren für die ...-Allee herangezogen wird.
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Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 1. Juni 2018,
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Eine wegemäßige Erschließung eines Grundstücks sei für die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr nach bayerischem Recht und nach dem Satzungsrecht der Beklagten nicht erforderlich. Es genüge vielmehr, dass das Grundstück an die jeweilige Straße angrenze. Eine Ausnahme gelte nur, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Zugang oder ein Zufahrt zur Straße nicht möglich sei. Die Grünfläche zwischen dem Geh- und Radweg der ...-Allee und dem klägerischen Grundstück sei Teil des Straßenbegleitgrüns und führe nicht dazu, dass das klägerische Grundstück nicht an die ...-Allee angrenze. Diese Grünfläche gehöre bereits nach den Darstellungen im Bebauungsplan zur Straße und sei von der Straßenwidmung eingeschlossen. Es fehle auch nicht an der grundsätzlich ausreichenden und erforderlichen Zugangsmöglichkeit vom klägerischen Grundstück zur öffentlichen Straße. Bereits durch das Angrenzen an die Straße werde die erforderliche objektive Beziehung zwischen dem Grundstück und der Straße geschaffen. Der Treppenausgang der Tiefgarage grenze auch an das Straßengrundstück ...-Allee an. Ein fußläufiger Zugang zur ...-Allee vom Grundstück des Klägers aus sei gegeben und ausreichend. Auch die errichtete Lärmschutzwand könne an der Gebührenpflicht nichts ändern, da diese immer wieder durchbrochen sei. Ein rechtliches oder tatsächliches Zugangshindernis sei hiermit nicht gegeben. Für den nach Art. 51 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes erforderlichen Vorteil reiche es auch aus, wenn sich die Schaffung eines Zugangs oder einer Zufahrt als nützlich erweisen könne. Dies sei die Regel. Zwar sei derzeit kein Zugang vom Grundstück des Klägers zur ...-Allee vorhanden, es bestehe jedoch weder aus rechtlicher Sicht noch aufgrund besonderer Gegebenheiten des Geländes ein Hinderungsgrund, einen solchen Zugang zu schaffen. Die dem Willen des Klägers unterworfene tatsächliche Ausgestaltung müsse bei der Beurteilung der objektiven Beziehung des Grundstücks zur Straße außer Betracht bleiben.
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Mit Schriftsatz vom 9. August 2018 ließ der Kläger ausführen, dass ein reines Angrenzen an den Straßenkörper die Gebührenpflicht nicht auslöse. Aus Gleichheitsgesichtspunkten sowie aus systematischen Erwägungen müsse das Angrenzen mit dem Erschlossensein gleichgesetzt werden. Insofern komme es sehr wohl darauf an, dass das Grundstück des Klägers schon vor dem Bau der ...-Allee von drei Seiten her erschlossen gewesen sei.
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Am 15. Juli 2019 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Einnahme eines Augenscheins vor Ort. Auf die hierzu gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 13. September 2019 ließ der Kläger seinen rechtlichen Standpunkt vertiefen. Entscheidend für das Entstehen der Straßenreinigungsgebühr sei letztlich, dass durch den Zugang zur Straße auch die Möglichkeit der wirtschaftlichen oder verkehrsmäßigen Nutzung des Grundstücks geschaffen werde. Eine derartige Nutzung des klägerischen Grundstücks von der ...-Allee aus sei nicht möglich. Der Zugang sei sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen nicht gegeben. Die ...-Allee vermittle dem klägerischen Grundstück keinen objektiven Vorteil. Der Kläger sei aufgrund der Festsetzungen im Bebauungsplan und der entsprechenden Widmung der Grünfläche gehindert, einen Weg zwischen seinem Grundstück und der ...-Allee anzulegen. Ein solcher Weg beeinträchtige den Erholungswert der Grünfläche sowie die ordnungsgemäße Pflege der Grünfläche. Ein tatsächliches Zugangshindernis, jedenfalls für den Kraftfahrzeugverkehr, bestehe aufgrund des erheblichen Niveauunterschiedes vom klägerischen Grundstück zur ...-Allee.
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Am 6. Februar 2020 fand mündliche Verhandlung statt, in der die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert wurde. Die Parteien wiederholten sinngemäß die bereits schriftlich angekündigten Anträge.
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Zu den weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 6. Februar 2020.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 11. Dezember 2017 ist - soweit er Gegenstand der Klage ist - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Gegenstand der Anfechtungsklage ist dabei der Bescheid vom 27. Dezember 2016, soweit er Straßenreinigungsgebühren für die ...-Allee festsetzt. Der Bevollmächtigte des Klägers hat dies in der mündlichen Verhandlung entsprechend klargestellt. Auch das Klagevorbringen bezog sich im Wesentlichen nur auf die Gebührenpflicht hinsichtlich der ...-Allee.
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2. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren ist vorliegend die Satzung über die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr in der Stadt ... (Straßenreinigungsgebührensatzung) vom 26. Juli 1994 (im Folgenden: SRGebS) in Verbindung mit der der Satzung über die Straßenreinigung der Stadt ... (Straßenreinigungssatzung) vom 28. April 1972 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Februar 2013 (im Folgenden: SRS) und der Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen sowie der Sicherung der Gehwege in der Stadt ... (Straßenreinigungs- und Sicherungsverordnung) vom 30. März 2012 (im Folgenden: SSVO). Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Straßenreinigungsgebührensatzung ist Art. 8 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. Art. 51 Abs. 4 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG).
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a) Nach Art. 51 Abs. 4 BayStrWG können die Gemeinden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit Rechtsverordnungen über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen erlassen und darin Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb der geschlossenen Ortslage an öffentlichen Straßen angrenzen oder über sie erschlossen werden, zu Leistungen auf eigene Kosten verpflichten. Dabei genügt es, dass die Grundstücke an öffentlichen Straßen angrenzen. Insoweit unterscheidet sich das bayerische Landesrecht von anderen Landesrechten, bei denen Anliegern eine Reinigungspflicht nur auferlegt werden kann, wenn ihre Grundstücke an die Straße angrenzen und (kumulativ) durch die Straße erschlossen werden (vgl. z.B. § 4 StrReinG NRW). Diese gesetzgeberische Entscheidung ist im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) ist jedoch - wenn bereits das Angrenzen nach dem Gesetz als Voraussetzung ausreichend ist - über das Angrenzen hinaus eine vernünftige objektive Beziehung der Grundstücke zur Straße zu fordern, an die jedoch keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Es genügt, dass eine Zufahrt oder ein Zugang geschaffen werden kann (BVerwG, U.v. 10.5.1974 - VII C 56.72 - juris Rn. 11). Die erforderliche Beziehung des Grundstücks zur Straße ist nur in extremen Ausnahmefällen zu verneinen (VG München, U.v. 12.11.2009 - M 10 K 08.2677 - juris Rn. 135). Dafür ist in der Regel nicht einmal erforderlich, dass bereits eine Zufahrt oder ein Zugang besteht. Das Angrenzen genügt, auch wenn keine Zufahrt, wohl aber ein Zugang geschaffen werden kann (VG Augsburg, U.v. 9.11.2005 - Au 6 K 03.486 - juris Rn. 51). Die Zugangsmöglichkeit ist ausreichend, weil nach Art. 2 Nr. 1 Buchst. b BayStrWG auch ein unselbständiger Geh- und Radweg Teil der Straße ist (VG Augsburg a.a.O. Rn. 53). Auf die Möglichkeit der Schaffung einer Zufahrt kommt es damit nicht an; es genügt, wenn eine wenigstens fußläufige Zugangsmöglichkeit zur Straße besteht (s. dazu OVG NW vom 26.2.2003 - 9 A 2355/00 - NVwZ-RR 2004, 68/69; VG Köln, U.v. 9.1.2009 - 27 K 3406/07 - juris Rn. 29, 31).
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b) Von der Möglichkeit, die Grundstückseigentümer zur Reinigung von Straßen zu verpflichten, hat die Beklagte mit Erlass der Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen sowie der Sicherung der Gehwege in der Stadt ... (Straßenreinigungs- und Sicherungsverordnung) Gebrauch gemacht und die Anlieger in § 6 SSVO dazu verpflichtet, auf ihre Kosten die öffentlichen Straßen und Gehwege zu reinigen. Anlieger sind dabei Eigentümer und dinglich Berechtigte von angeschlossenen Grundstücken innerhalb der geschlossenen Ortslage (§ 3 Abs. 1 SSVO). Nach § 3 Abs. 4 SSVO gelten Grundstücke, die an eine öffentliche Straße angrenzen, nicht als Anliegergrundstücke, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Zugang oder eine Zufahrt zur Straße nicht möglich ist und vom Grundstück aus die Straße nur unerheblich verschmutzt werden kann. Der Anschluss eines Grundstückes im Sinne der SSVO setzt dabei nicht voraus, dass das Grundstück durch die jeweilige Straße im bauplanungs- oder beitragsrechtlichen Sinn erschlossen wird. Es genügt - wie § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 SSVO zeigen -, dass das Grundstück an die Straße angegrenzt. Dementsprechend begründet § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SRS einen Anschluss und Benutzungszwang hinsichtlich der städtischen Straßenreinigung für Grundstücke, die an die Straße angrenzen oder von ihr erschlossen werden (Hervorhebung nicht im Original).
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c) Art. 8 Abs. 1 KAG ermöglicht den Gemeinden, für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und ihres Eigentums Benutzungsgebühren zu erheben. Erforderlich dafür ist nach Art. 2 Abs. 1 KAG eine besondere Abgabensatzung, im vorliegenden Fall die SRGebS der Beklagten. Wenn § 3 Abs. 1 SRGebS dabei die Eigentümer und Erbbauberechtigten der „angeschlossenen Grundstücke“ als Gebührenschuldner bestimmt, knüpft er an den entsprechenden Begriff der SSVO und der StRS an (§ 1 Abs. 2 SRGebS). Gebührenschuldner ist damit insbesondere der Eigentümer eines Grundstücks, das an die Straße angrenzt oder von der Straße erschlossen wird (Anlieger). Die Gebührenschuldnerschaft setzt damit gerade - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht voraus, dass das Grundstück von der in Frage stehenden Straße erschlossen wird. Diese Regelung steht mit der Gesetzeslage im Freistaat Bayern in Einklang (s.o.) und ist auch sonst nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte mit der Regelung des § 3 Abs. 4 SSVO dafür Sorge getragen hat, dass die vernünftige objektive Beziehung der Grundstücke zur Straße Voraussetzung für die Reinigungspflicht und damit auch für die Gebührenpflicht bleibt. Insofern ist es auch zulässig, von einer Anliegereigenschaft auszugehen, wenn das betroffene Grundstück durch Zwischenflächen von der eigentlichen Fahrbahn getrennt wird (vgl. § 3 Abs. 2 SSVO).
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3. Gemessen an den so umrissenen gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben, hat die Beklagte den Kläger zu Recht zu Straßenreinigungsgebühren für die ...-Allee herangezogen. Das Grundstück des Klägers stellt sich straßenreinigungsgebührenrechtlich grundsätzlich als Vorderliegergrundstück dar, da es - für die Vorderliegereigenschaft unschädlich - lediglich durch eine Zwischenfläche und Geh- und Radwege von der eigentlichen Fahrbahn getrennt ist (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 5 SSVO, § 4 Abs. 1 SRS i.V.m. § 3 Abs. 1 SRGebS).
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a) Das Grundstück des Klägers grenzt an die ...-Allee an. Dies gilt ohne weiteres für das südliche Ende der süd-östlichen Grundstückgrenze, wo das Grundstück des Klägers auf einer Länge von ungefähr 10 Metern unmittelbar an den kombinierten Geh- und Radweg als straßenrechtlichem Teil der ...-Allee (vgl. Art. 2 Nr. 1 Buchst. b BayStrWG) angrenzt. Aber auch im weiteren Verlauf wird das Angrenzen nicht durch die keilförmig zulaufende öffentliche Grünflache ausgeschlossen, denn bei dieser Fläche handelt es sich straßenrechtlich um einen Teil der Straße selbst und straßenreinigungsgebührenrechtlich um eine bloße Zwischenfläche im Sinne des § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 5 SSVO.
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Straßenrechtlich stellt die streitgegenständliche Grünfläche einen Rand- und Seitenstreifen im Sinne des Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG und damit einen Teil der ...-Allee dar (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.7.2012 - 4 ZB 11.1556 - juris Rn. 10). Es handelt sich bei dem Grünstreifen um eine Anlage, die üblicherweise beim Bau von Straßen nach modernen Gesichtspunkten als Seiten- oder Randstreifen für die Sicherheit der eigentlichen Verkehrsfläche oder zum Schutz der Anliegergrundstücke vor Lärm und Geruchsimmissionen bzw. zu beiden Zwecken als bepflanzte Freifläche belassen wurde. Solche Streifen zählten seit jeher zu den Bestandteilen der Straße. Sie unterscheiden sich ihrer Funktion nach von anderen in erster Linie den Erholungsbedürfnissen oder als Kinderspielplatz bestimmten Flächen. Dementsprechend hat die Beklagte diese Fläche im Bebauungsplan Nr. ... „...“ dem Straßenkörper zugeordnet und die Fläche - die zum Straßengrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... gehört - entsprechend gewidmet. Die Grünfläche dient - auch unter Berücksichtigung der bei der Ortseinsicht am 15. Juli 2019 gefertigten Bilder - auf Grund ihres Zuschnitts, ihrer Lage und ihres Baum- und Strauchbestandes keinen darüberhinausgehenden öffentlichen Zwecken. Eine gärtnerische Gestaltung der Fläche ist nicht erfolgt, für Erholungsflächen typisches Inventar (Bänke etc.) ist auf der Fläche nicht vorhanden. Die Lage zwischen der vielbefahrenen ...-Allee und dem klägerischen Grundstück lässt es fernliegend erscheinen, dass die Grünfläche zu Erholungszwecken genutzt werden könnte. Auch der Umstand, dass die Grünfläche eine ökologische Funktion erfüllt und ausweislich der textlichen Festsetzungen im Bebauungsplan (deshalb) als Grünfläche zu erhalten ist, nimmt ihr nicht den Charakter eines Straßenbestandteils, da dem sog. Straßenbegleitgrün regelmäßig (auch) eine ökologische Funktion zukommt.
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Der Umstand, dass die Grünfläche an ihrer breitesten Stelle eine Breite von rund 18,5 m hat, macht sie ebenfalls nicht zu einer eigenständigen Grünfläche. Eine feste Breite, von der ab nicht mehr von einem zur Straße gehörenden Grünstreifen ausgegangen werden könnte, gibt es nicht (BayVGH, B.v. 12.7.2012 - 4 ZB 11.1556 - juris Rn. 11). Angesichts des keilförmigen Zuschnitts der Grünfläche, der dazu führt, dass deren durchschnittliche Breite unter 10 m liegen dürfte, bewegt sich der Grünstreifen noch im Rahmen dessen, was als sog. Straßenbegleitgrün angesehen werden kann (vgl. BayVGH, a.a.O., für einen 10-12 m breiten Grünstreifen). Wird das klägerische Grundstück aber nur durch einen Geh- und Radweg und/oder einen Rand- und Seitenstreifen von der Straße getrennt, bleibt es straßenreinigungs(gebühren) rechtlich ein Anliegergrundstück (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 5 SSVO, § 4 Abs. 1 SRS i.V.m. § 3 Abs. 1 SRGebS).
28
Der Verweis des Klägers darauf, dass das streitgegenständliche Grundstück für die ...-Allee nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen wurde, verfängt schon deshalb nicht, weil die Erhebung von Erschließungsbeiträgen anders als die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren eine Erschließung (§ 131 BauGB) durch die entsprechende Straße zwingend voraussetzt.
29
b) Der Erhebung der Gebühren für die Straßenreinigung steht die Vorschrift des § 3 Abs. 4 SSVO nicht entgegen. Nach § 3 Abs. 4 SSVO gelten Grundstücke, die an eine öffentliche Straße angrenzen, nicht als Anliegergrundstücke, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Zugang oder eine Zufahrt zur Straße nicht möglich ist und vom Grundstück aus die Straße nur unerheblich verschmutzt werden kann. Das Grundstück des Klägers stellt ein Anliegergrundstück im Sinne des § 3 Abs. 4 SSVO dar. Auch wenn keine Zufahrtmöglichkeit zur ...-Allee besteht, könnte die ...-Allee zumindest fußläufig unmittelbar von Grundstück des Klägers aus erreicht werden. Jedenfalls an der südlichen Grundstückecke besteht auf einer Länge von ca. 10 m die Möglichkeit eines ungehinderten Zugangs vom Straßengrundstück zum Grundstück des Klägers. Der oben beschriebene Grünstreifen beginnt erst weiter nord-östlich. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die südöstliche Außenmauer der Tiefgarage ein tatsächliches Zugangshindernis darstelle, ist dies unbehelflich. Unabhängig davon, dass an der südlichen Grundstückecke durch einen Treppenabgang vom Parkdeck o.ä. eine Zugangsmöglichkeit auch ohne eine vom Kläger befürchtete Beeinträchtigung des Grünstreifens zumutbar geschaffen werden könnte, führen sog. selbst geschaffene Zugangshindernisse nicht dazu, dass ein Eigentümer von der Straßenreinigungs(gebühren) pflicht ausgenommen wäre (vgl. etwa OVG NW, B.v. 26.9.2013 - 9 A 1809/11 - juris Rn. 55).
30
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
31
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
32
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 124, § 124a VwGO).