Titel:
Verlängerung des Vorbereitungsdienstes einer Polizeimeisteranwärterin wegen längerfristiger Erkrankung
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
AP-mDBPolV § 11 Abs. 2 S. 1
BLV § 15 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine Verfügung zur Verlängerung des Vorbereitungsdienstes ist nicht geeignet, das Ansehen des Beamten in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Zulässigkeit der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes hängt nicht davon ab, ob der unzureichende Stand der Ausbildung von dem Beamten verschuldet wurde oder nicht; entscheidend ist vielmehr, ob der Zweck des Vorbereitungsdienstes erreicht werden kann, dem Anwärter also die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden konnten bzw. können, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wird der Beamte in einem 13-monatigen Zeitraum rechtswidrig von bestimmten Ausbildungsinhalten ausgeschlossen (hier: Schieß-, Situations- und Einsatztraining), ändert dies nichts an dem objektiven Umstand, dass er während eines Zeitraums von 13 Monaten seines Vorbereitungsdienstes an essentiellen Ausbildungsinhalten nicht teilgenommen hat und der Dienstherr daher berechtigterweise davon ausgehen kann, dass der Zweck des Vorbereitungsdienstes, nämlich die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die für die Erfüllung der Aufgaben eines Polizeivollzugsbeamten erforderlich sind, nicht erreicht wird. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Verlängerung des Vorbereitungsdienstes, Zweck des Vorbereitungsdienstes, Ansehen des Beamten, essentielle Ausbildungsinhalte, Aufgaben eines Polizeivollzugsbeamten, Schießtraining, Höherstufung, verzögerte Beförderung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 46092
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verlängerung ihres Vorbereitungsdienstes.
2
Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 01.09.2016 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in ein Ausbildungsverhältnis als Polizeimeisteranwärterin eingestellt. Die Grundausbildung (1. Dienstjahr) sowie die weitere fachtheoretische und fachpraktische Ausbildung (2. Dienstjahr) fanden im Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum (BPOLAFZ) … statt. Seit dem 01.09.2018 nahm die Klägerin am Laufbahnlehrgang (3. Dienstjahr) teil. Während der Grundausbildung fehlte die Klägerin an insgesamt 56 Tagen, in der weiteren fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung im Vorbereitungsdienst an 38 Tagen.
3
Am 27.09.2017 wurde die Klägerin durch den sozialmedizinischen Dienst untersucht. Im Rahmen des sozialmedizinischen Gutachtens vom 29.09.2017 wurden eine deutlich reduzierte psychosoziale Belastbarkeit und soziale Phobie (Prüfungsangst) sowie ein selbstverletzendes Verhalten bei Belastungen festgestellt.
4
Mit Verfügung der Beklagten vom 18.01.2018 wurde die Klägerin aus den Ausbildungsinhalten Schießtraining, Situationstraining, Einsatztraining und Hindernisgerätebahn ausgeschlossen. Weiterhin wurde ihr das Führen einer Dienstwaffe untersagt.
5
Mit Bescheid der Beklagten vom 21.03.2018 wurde die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Die sofortige Vollziehung der Entlassverfügung wurde angeordnet. Unter dem 11.04.2018 legte die Klägerin Widerspruch gegen ihre Entlassung ein und beantragte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 16.04.2018 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth. Diesem Begehren hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 14.06.2018 - B 5 S 18.376 - stattgegeben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht unerhebliche Bedenken gegen das sozialmedizinische Gutachten vom 29.09.2017 bestünden, da der Gutachter seinem Gutachten ungeprüfte Tatsachen zugrunde gelegt habe.
6
Seit dem 01.09.2018 nahm die Klägerin am Laufbahnlehrgang teil.
7
Mit Schreiben der Beklagten vom 18.10.2018 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Verlängerung des Vorbereitungsdienstes um zwölf Monate angehört. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 22.10.2018 mit, dass sie nicht grundsätzlich gegen eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes sei. Sie sei uneingeschränkt bereit, die verpassten Ausbildungsinhalte nachzuholen, notfalls auch im Rahmen einer Rückstellung in das zweite Ausbildungsjahr. Gleichwohl sehe sie andere weniger belastende Möglichkeiten, um die Ausbildungsinhalte nachzuholen, so etwa nach Abschluss der Laufbahnprüfung. Zudem seien ihr die Konsequenzen der Rückstellung bezüglich bereits abgelegter Leistungen, Noten und des Beförderungsturnus nicht aufgezeigt worden.
8
Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 13.11.2018 wurde die Ausbildungszeit der Klägerin um zwölf Monate verlängert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der Fehlzeiten damit zu rechnen sei, dass das Ziel des Vorbereitungsdienstes sonst nicht erreicht werde.
9
Gegen den Bescheid vom 13.11.2018 hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 19.11.2018 Widerspruch erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Entscheidung evident fehlerhaft sei. Denn die Klägerin sei trotz Rückstufung in den Lehrgang BA 17 II von wesentlichen Ausbildungsinhalten ausgeschlossen. Der Zweck der Rückstufung - Möglichkeit zur Nachholung von Ausbildungsinhalten - könne damit nicht erreicht werden. Mit weiterem Schreiben vom 21.02.2019 beantragte die Klägerin eine Zurückstufung um lediglich sechs Monate und somit Zuweisung zum Jahrgang 17 I statt 17 II, da der Grund für die Zurückstufung im sozialmedizinischen Gutachten vom 29.09.2017 liege und eine Zurückstufung um zwölf Monate in den Jahrgang 17 II einen erheblichen Nachteil darstelle.
10
Seit dem 19.11.2018 war die Klägerin dem Jahrgang 17 II zugeordnet, der sich in der fachpraktischen Ausbildung (2. Dienstjahr) befindet.
11
Mit sozialmedizinischem Gutachten vom 08.02.2019 wurde die Klägerin als uneingeschränkt polizeidiensttauglich eingestuft. Daraufhin hob die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2019 die Einschränkung der Teilnahme an Ausbildungsinhalten vom 18.01.2018 auf, so dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt wieder uneingeschränkt an der Ausbildung teilnehmen konnte.
12
Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 14.02.2019 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes zurückgewiesen. Der Vorbereitungsdienst der Klägerin sei in der Grundausbildung an 56 Tagen und in der weiteren fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung an 38 Tagen wegen Krankheit unterbrochen gewesen. Dadurch habe sie bei wichtigen zusammenhängenden Ausbildungsabschnitten gefehlt. Die verpassten Ausbildungsinhalte hätten nicht kompensiert werden können. Infolge der häufigen Kurzzeiterkrankungen sei es nicht möglich gewesen, eine Kontinuität bei der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu gewährleisten und eine Persönlichkeitsbildung zu erzielen, die den Anforderungen an Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte entspreche. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei polizeilichen Maßnahmen regelmäßig um Eingriffe in Grundrechte der Betroffenen handele, sei ein rechtssicherer Umgang mit polizeilichen Maßnahmen und Techniken unabdingbar. Von den fünf während der fachpraktischen Ausbildung im zweiten Dienstjahr vorgesehenen Praktika habe die Klägerin kein Praktikum absolviert. Eine Fortsetzung der Ausbildung im an die fachpraktische Ausbildung anschließenden Laufbahnlehrgang sei damit nicht möglich. Eine Nachholung der verpassten Ausbildungsinhalte nach Abschluss der Laufbahnprüfung komme nicht in Betracht. Der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin mit Verfügung vom 18.01.2018 vom Schießtraining, Situationstraining, Einsatztraining und der Hindernisgerätebahn ausgeschlossen und ihr das Führen einer Schusswaffe untersagt worden sei. Beide Maßnahmen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Die Klägerin habe verhaltensbedingte Auffälligkeiten gezeigt. Im Rahmen der sozialmedizinischen Untersuchung am 27.09.2017 sei eine deutlich reduzierte psychosoziale Belastbarkeit und soziale Phobie (Prüfungsangst) sowie ein selbstverletzendes Verhalten bei Belastungen festgestellt worden. Der Ausschluss von den vorgenannten Ausbildungsvorhaben sei präventiv aus Fürsorgegründen erfolgt. Insoweit hätten eine Eigen- als auch eine Fremdgefährdung verhindert werden sollen. Die Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit sei für die Entscheidung über die Verlängerung der Ausbildung nicht maßgeblich gewesen. Denn für die Beurteilung der Frage, ob bei vorliegenden Fehlzeiten die Fortführung des Vorbereitungsdienstes sinnvoll sei und das Ziel der Ausbildung noch erreicht werden könne, sei die Ursache der Mängel nicht von Bedeutung. Maßgeblich sei lediglich, ob die vorzunehmende prognostische Entscheidung des Dienstherrn nachvollziehbar und plausibel sei.
13
Laut Votum des Seminarleiters sei es für die Klägerin zwingend erforderlich (gewesen), an der Fachausbildung des Lehrgangs 17 II des BPOLAFZ … bis zum 31.08.2019 teilzunehmen, um die elementaren praktischen Ausbildungsinhalte wie die Schießausbildung, das Einsatztraining, das Situationstraining und die Sportausbildung zu erlernen sowie die theoretischen Inhalte der Fachausbildung zu vertiefen.
14
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.04.2019, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage erhoben.
15
Der Klägerbevollmächtigte beantragt mit Schriftsatz vom 19.06.2019:
1. Der Bescheid vom 13.11.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2019 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 13.11.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2019 rechtswidrig ist.
16
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Entscheidung der Beklagten inhaltliche Mängel aufweise und die Klägerin in ihren Rechten verletze. Von der Klägerin vorgebrachte Einwände hätten keine Berücksichtigung gefunden. Die tabellarische Auflistung der Fehltage sei falsch, da die Klägerin ab dem 19.11.2018 nicht mehr im Laufbahnlehrgang gewesen sei. Es sei zu beanstanden, dass die Beantragung und Inanspruchnahme von Dienstausgleich dazu geführt hätten, dass die Klägerin zurückgestuft worden sei. Denn Dienstausgleich solle nur gewährt werden, wenn der Lehrgruppenleiter darin keine Probleme hinsichtlich des Fortgangs der Ausbildung sehe. Ebenso sei die Einbeziehung von Zeiträumen zu beanstanden, in welchen die Klägerin aufgrund der Praktika (an welchen sie wegen des Gutachtens des … … nicht habe teilnehmen dürfen) in der Wirtschaftsverwaltung anwesend gewesen sei und nicht in der fachpraktischen Ausbildung. Die Aufführung der Zeiten ab dem 18.07.2017 sei irrelevant, da diese der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung gedient hätten. An diesen Tagen habe kein Unterricht stattgefunden. Die Beklagte stütze ihre Rückstufungsentscheidung maßgeblich auf Zeiten der Abwesenheit von der fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung. Dies verfange jedoch nicht, da die Klägerin ihre fachtheoretischen Leistungen nachgeholt und die entsprechenden Prüfungen mit überdurchschnittlichem Erfolg nachgeholt habe. Nicht nachvollzogen werden könne die Einschätzung der Beklagten, dass aufgrund der Fehlzeiten der Klägerin das Ziel des Vorbereitungsdienstes nicht habe erreicht werden können. Die fachtheoretische Ausbildung der Klägerin sei nicht zu bemängeln. Es seien alle notwendigen Leistungsabnahmen erfolgreich bestanden worden. Im Laufbahnlehrgang hätten alle fachtheoretischen Leistungen im oberen Bereich gelegen. Entsprechend könne gerade nicht davon gesprochen werden, dass die Leistungen der Klägerin aufgrund der Fehlzeiten gelitten hätten. Selbst nach der (vorläufigen) Entlassung seien die verpassten Inhalte des Lehrplans selbstständig nachgeholt und in Prüfungen abgefragt worden. Zwar habe die Klägerin nicht an den Praktika teilgenommen, dies sei jedoch für den Abschluss der Ausbildung generell nicht erforderlich. Es bestünden erhebliche Zweifel an einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Denn die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass Fehlzeiten und Krankheitszeiten der Klägerin in erheblichem Umfang auch auf das evident fehlerhafte Gutachten des sozialmedizinischen Dienstes zurückzuführen gewesen seien. Aufgrund dieses Gutachtens sei die Klägerin über einen längeren Zeitraum von der fachpraktischen Ausbildung ausgeschlossen worden. Eine erst erheblich später durchgeführte erneute Begutachtung habe die volle Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin bestätigt. Weiterhin habe die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessenausübung nicht die seitens der Klägerin im Anhörungsverfahren mit Schreiben vom 22.10.2018 vorgebrachten Einwände berücksichtigt. Eine ermessensfehlerfreie Entscheidung liege bereits deshalb nicht vor, weil sich der in der Retrospektive eher schwierige Ausbildungsverlauf (Entlassung, Wiedereinstellung etc.) negativ auf die Gesamtwürdigung und Abwägung aller Umstände ausgewirkt habe. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass die Beklagte nicht unerheblich zum durchwachsenen Ausbildungsverlauf beigetragen habe.
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Mit Schriftsatz vom 31.07.2019 beantragt die Bundespolizeiakademie für die Beklagte,
18
Der Bescheid vom 13.11.2018 in Form des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2018 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin seien durch die Nichtteilnahme an berufspraktischen Ausbildungsthemen erhebliche kognitive und physische Defizite entstanden. Im Rahmen der Dienststellenpraktika, welche äußerst wichtig für die Vorbereitung auf den späteren Dienst seien, da diese die einzigen praktischen Erfahrungen im Aufgabenbereich der Bundespolizei darstellten, hätten der Klägerin insgesamt 20 Wochen gefehlt. Sie habe somit kein Praktikum erfolgreich absolvieren können. Erst in der Verlängerungszeit habe sie an zwei Praktika mit Erfolg teilgenommen. Auch im weiteren Verlauf des 2. Dienstjahres habe die Klägerin nicht an der Schießausbildung, am Einsatz- und Situationstraining teilnehmen können, obgleich dort essentielle Fähigkeiten und Kenntnisse für die spätere Dienstausübung vermittelt würden. Erst im Rahmen ihrer Verlängerung habe die Klägerin diese Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben können. Eine Nachholung verpasster Ausbildungsinhalte nach der Laufbahnprüfung liefe dem in § 13 Abs. 2 der BGS-Ausbildungsverordnung für den mittleren Dienst in der Fassung bis 29.02.2020, im Folgenden: APmDBPolV normierten Zweck der Laufbahnprüfung zuwider und sei somit nicht möglich. Auch eine kürzere Verlängerungszeit der Ausbildung um nur sechs Monate hätte nicht ausgereicht, um die fehlenden Ausbildungsinhalte - insbesondere die Praktika - nachzuholen. Somit sei die Verlängerung der Ausbildung um zwölf Monate angemessen.
19
Mit Schriftsatz vom 13.09.2019 erklärt der Klägerbevollmächtigte, dass der Klageantrag zu 1 nicht mehr aufrechterhalten wird. Im Hinblick auf den Klageantrag zu 2 liege ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf Seiten der Klägerin vor. Infolge ihrer Einstellung im September 2017 habe die Klägerin zu den ersten Auszubildenden im BPOLAFZ … gehört. Aufgrund der damals noch relativ geringen Anzahl an Auszubildenden und Ausbildern hätten sich sowohl die Anwärter als auch die Ausbilder untereinander gekannt. Entsprechend habe sich die ungerechtfertigte Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin sowie deren Zurücknahme auf dem Gelände sehr schnell herumgesprochen. Im März 2019 habe der Einstellungsjahrgang 2016, zu welchem die Klägerin ursprünglich gehört habe, ausgelernt. Da die Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Verlängerung weiterhin auf dem Gelände des BPOLAFZ in … habe verbleiben müssen, habe dies einige Fragen bei den Ausbildern aufgeworfen. Schnell seien eigene und unsachliche Hypothesen über die Rückstufung der Klägerin angestellt worden. Diesen Hypothesen seien Gerüchte gefolgt, welche dazu geführt hätten, dass die Klägerin von ihren neuen Kameraden des Einstellungslehrgangs 2017 II nie als vollwertiges Mitglied der Klassengemeinschaft akzeptiert worden sei. Hinzu sei ein zurückhaltendes und skeptisches Verhalten gegenüber der Klägerin auch von Seiten der Ausbilder gekommen. Trotz des mittlerweile vollzogenen Wechsels der Klägerin zum 01.09.2019 an das BPOLAFZ … bestünden weiterhin Gerüchte und Unmut gegenüber der Klägerin am BPOLAFZ … Es sei für die Klägerin nicht auszuschließen, dass sie im Rahmen von Fortbildungen oder im Rahmen der Anschlussverwendung erneut an das BPOLAFZ … gelange. Daher bestehe ein dringendes Interesse daran, dass diesen Gerüchten ein Ende gesetzt werde. Weiterhin strebe die Klägerin einen auf Schadensersatz gerichteten Prozess gegen die Beklagte ernsthaft an. Sie begehre als Schadensersatz die Differenz zwischen den Anwärterbezügen und der Besoldung als Polizeimeisterin für die Dauer der Rückstufung, also ein Jahr. Die Klägerin habe wegen der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes für weitere zwölf Monate Anwärterbezüge in Höhe von 1.268,99 Euro brutto bezogen, anstatt des in der Besoldungsgruppe A7 (Stufe 1) gewährten Grundgehalts in Höhe von 2.538,10 Euro brutto zuzüglich der Zuschläge bei Beendigung der Ausbildung nach der Regelzeit im Februar 2019 und Einstellung ab März 2019. Eine endgültige Bezifferung des Schadens sei erst nach Ablauf des ersten Dienstjahres möglich. Weiter wirke sich die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes dahingehend schädigend auf die Klägerin aus, dass die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowie die jeweilige Höherstufung in eine höhere Besoldungsstufe jeweils um ein Jahr verzögert erfolge.
20
In Erwiderung hierauf trägt die Bundespolizeiakademie für die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.10.2019 ergänzend vor, dass weder eine Ansehensschädigung noch eine sonstige Beeinträchtigung der Klägerin vorliege. Denn die von der Klägerin angeführten angeblichen Gerüchte ihrer ehemaligen Lehrgangskolleg/innen würden lediglich die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben. Ferner sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Klägerin nach der Beendigung ihres Vorbereitungsdienstes wieder an das BPOLAFZ … zurückkehren werde. Hinsichtlich der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches sei darauf hinzuweisen, dass die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes auf sachlichen Gründen beruht habe und weder willkürlich noch bösartig erfolgt sei. Verzögerungen in der beamtenrechtlichen Laufbahn, die auf sachlichen Gründen beruhten, seien (leider) hinzunehmen und könnten noch häufiger in der weiteren beamtenrechtlichen Laufbahn der Klägerin erfolgen, z. B. verspätete Besoldung aufgrund einer anhängigen Konkurrentenklage.
21
Mit Schriftsatz vom 13.09.2019 hat der Klägerbevollmächtigte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Für die Beklagte erklärte die Bundespolizeiakademie mit Schriftsatz vom 09.10.2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
22
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Entscheidungsgründe
23
Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
24
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
25
Die Klage ist zulässig.
26
Im Hinblick auf ihren zunächst angekündigten Antrag war die Klägerseite - unabhängig von den Voraussetzungen des § 91 VwGO - gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) berechtigt, die zunächst erhobene Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umzustellen. Denn die von der Klägerin angegriffene Verlängerung ihres Vorbereitungsdienstes hat sich zwischenzeitlich durch Absolvierung des verlängerten Vorbereitungsdienstes und Übernahme der Klägerin in ein Beamtenverhältnis auf Probe erledigt. Auch handelt es sich bei der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes um einen belastenden Verwaltungsakt (vgl. VGH BW, U.v. 3.4.1990 - 4 S 1940/88 - Ls. 1 zur Verlängerung der beamtenrechtlichen Probezeit).
27
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 20.12 - juris Rn. 21).
28
Ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtlos erscheint. Zusätzlich kommt auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 5.2.2015 - 1 WB 24.14 - juris Rn. 20; U.v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris Rn. 25; B.v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris).
29
1. Vorliegend beruft sich die Klägerin u.a. auf ein Rehabilitationsinteresse. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Feststellungsinteresse aus Gründen der Rehabilitation dann anzuerkennen, wenn der Kläger durch den Verwaltungsakt selbst, seine Begründung oder die Umstände seines Zustandekommens noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in seiner Menschenwürde, in den Schutzgütern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, in seiner persönlichen Ehre oder dem beruflichen und gesellschaftlichen Ansehen objektiv erheblich beeinträchtigt ist. Das beeinträchtigte Rechtsgefühl der Klägerin, ihr Interesse, für eine vorgeblich rechtswidrige Behandlung Genugtuung zu erlangen, reicht dagegen für die Annahme eines berechtigten Interesses allein nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161/168; v. 4.3.1976 - I WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 [138]; VGH BW, B.v. 5.7.1983 - 9 S 303/83 - juris Rn. 4 m.w.N.). Aus der von KIägerseite angegriffenen Entscheidung der Beklagten, mit der diese den Vorbereitungsdienst der Klägerin verlängerte, ergibt sich keine Stigmatisierung im vorgenannten Sinne. Die Verlängerungsverfügung war nicht geeignet, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit oder in ihrem sozialen Umfeld herabzusetzen, zumal eine etwaige Stigmatisierung Auswirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern müsste. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin inzwischen in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde, kann eine noch heute fortwährende Stigmatisierung aufgrund der mit der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes verbundenen „Rückstufung“ der Klägerin nicht angenommen werden. Auch im Übrigen erscheint zweifelhaft, ob eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes - um die es hier ausschließlich geht - grundsätzlich geeignet ist, eine Diskriminierung oder Stigmatisierung im vorgenannten Sinne auszulösen. Denn die Einschätzung der ausbildenden Behörde, dass der Stand der Ausbildung unzureichend und daher eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes angezeigt ist, beruht auf einer wertenden Feststellung. Diese Einschätzung kann auch auf rein objektive, dem Anwärter nicht vorwerfbare Umstände wie länger andauernde Erkrankungen, Mutterschutz oder die Ableistung von Wehr-/Zivildienst zurückzuführen sein. Insbesondere hängt die Zulässigkeit einer Verlängerung des Vorbereitungsdienstes nicht von der Frage ab, ob der unzureichende Stand der Ausbildung von dem betroffenen Anwärter verschuldet wurde. Vorliegend wurde die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes der Klägerin auf versäumte Praktika und Trainingseinheiten zurückgeführt. Daraus kann sich eine diskriminierende Wirkung nicht ergeben.
30
2. Darüber hinaus macht die Klägerin ein Präjudizinteresse geltend. Ihrer Auffassung nach bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungs- bzw. Schadensersatzanspruchs. Dies stellt in den Fällen, in denen sich - wie hier - das ursprüngliche Begehren nach Klageerhebung erledigt hat, grundsätzlich ein anerkanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse (Präjudizinteresse) dar (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.1989 - 8 C 30.87 - juris Rn. 9 und v. 20.9.2018 - 2 A 9.17 - juris Rn. 22). Die Absicht, einen Amtshaftungs- oder Schadensersatzprozess zu führen, begründet jedoch dann kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, wenn dieser Prozess offensichtlich aussichtlos ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1998 - 2 C 8/97 - juris Rn. 21; NdsOVG, B.v. 25.10.2011 - 5 LA 214/11). Von einer „offensichtlichen Aussichtlosigkeit“ ist auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2992 - 4 C 29.90 - juris Rn. 14; Nds. OVG, B.v. 25.10.2011 - 5 LA 214/11), etwa, wenn ein Verschulden trotz Verletzung einer Amtspflicht auszuschließen ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht das als rechtswidrig und schadensstiftend angegriffene Verhalten der Behörde als objektiv rechtmäßig gebilligt hat und das Verhalten damit, selbst wenn es nachträglich als rechtswidrig beurteilt werden sollte, als jedenfalls vertretbar und nicht schuldhaft erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.1993 - 2 B 28.93 - juris Rn. 6; v. 21.9.2000 - 2 C 5.99 - juris Rn. 65; U.v. 27.2.2003 - 2 C 16.02 - juris Rn. 16; B.v. 11.9.2008 - 2 B 69.07 - juris Rn. 20). Der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem den jeweiligen Sachverhalt bearbeitenden Beamten, der weithin auf sich allein gestellt ist und oft binnen kurzer Frist im Drange der Geschäfte seine Entschlüsse zu fassen hat, keine bessere Rechtseinsicht erwartet und verlangt werden kann als sie ein Kollegialgericht nach sorgfältiger Prüfung gewonnen hat (vgl. BVerwG, B.v. 11.9.2008 - 2 B 69.07 - juris Rn. 20).
31
Vorliegend geht die Klägerin offenbar davon aus, dass durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die sofortige Vollziehung der Entlassverfügung vom 14.06.2018 - B 5 S 18.736 festgestellt worden sei, dass das Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin rechtswidrig und schuldhaft gewesen sei. Allerdings wurde im Rahmen des vorgenannten Beschlusses „lediglich“ die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen die Entlassverfügung der Beklagten auf Grundlage einer summarischen Prüfung angeordnet. Die Kammer äußerte berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entlassverfügung, da das ihr zugrundeliegende sozialmedizinische Gutachten auf einer nicht hinreichenden Tatsachengrundlage beruhte. Die Feststellung, dass die Klägerin während ihrer gesamten Ausbildung tatsächlich polizeidiensttauglich gewesen sei, kann dem Beschluss jedoch nicht entnommen werden. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber die Frage, ob die Beklagte den Vorbereitungsdienst der Klägerin rechtswidrig verlängerte. Insoweit ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass ein Beamter grundsätzlich keinen Rechtsanspruch darauf hat, in ein Beamtenverhältnis bestimmter Art berufen zu werden. Selbst bei bestandener Laufbahnprüfung ergibt sich kein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dies gilt unabhängig davon, ob ein solcher Anspruch durch das Laufbahnrecht ausdrücklich ausgeschlossen wird (wie etwa in Bayern durch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 des Leistungslaufbahngesetzes - LlbG -) oder dies nicht ausdrücklich in den Beamtengesetzen oder Laufbahnvorschriften erwähnt wird. Es besteht lediglich ein Rechtsanspruch auf eine sachgerechte, dem Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) entsprechende Bewerberauswahl. Abweichendes käme nur im Falle einer entsprechenden gesetzlichen Regelung oder einer wirksamen Zusicherung (i.S.v. § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -) in Betracht (vgl. Baßlsperger, PersV 2017, 171/172f. m.w.N.).
32
Soweit die Klägerin geltend macht, dass ihr infolge der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes ein Schaden (insbesondere in Höhe der Differenz zwischen den Anwärterbezügen und der Besoldung einer Polizeimeisterin für die Dauer der „Rückstufung“) entstanden sei, ist darauf hinzuweisen, dass sowohl der Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als auch der im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls denkbare, von der Rechtsprechung entwickelte sogenannte beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch, der seine Grundlage im Beamtenverhältnis selbst findet (BVerwG, U.v. 20.9.2018 - 2 A 9.17 - juris Rn. 22) ein Verschulden der Behörde voraussetzt. Ob ein solches auf Beklagtenseite hinsichtlich der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes der Klägerin vorliegt, erscheint zwar zweifelhaft, allerdings nicht völlig aussichtlos. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass sich die begehrte Feststellung im weiteren Berufsleben der Klägerin, insbesondere bei Beförderungen, günstig auswirken könnte (vgl. BVerwG, U.v. 15.6.1989 - 2 A 3/86 - juris Rn. 12). Mithin erweist sich die Klage als zulässig.
33
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
34
Die von der Beklagten verfügte Verlängerung des Vorbereitungsdienstes vom 13.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und 4 VwGO).
35
Der Vorbereitungsdienst soll die Anwärterinnen und Anwärter mit den beruflichen Anforderungen ihrer Laufbahn vertraut machen und die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben im mittleren Polizeivollzugsdienst erforderlich sind. Er orientiert sich am Leitbild für die Bundespolizei. Der Vorbereitungsdienst soll insbesondere der Persönlichkeitsbildung dienen, die Entwicklung der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenz fördern und Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte heranbilden, die sich ihrer besonderen Verantwortung im freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat bewusst sind (vgl. § 1 APmDBPolV).
36
§ 11 Abs. 2 Satz 1 APmDBPolV sieht vor, dass der Vorbereitungsdienst im Einzelfall zu verlängern ist, wenn die Ausbildung aus zwingenden Gründen unterbrochen wurde und bei Verkürzung von Ausbildungsabschnitten die Erreichung des Ausbildungsziels gefährdet ist.
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Eine entsprechende Regelung findet sich in § 15 Abs. 1 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV), der eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes nach Anhörung der Anwärter ermöglicht, wenn dieser wegen einer Erkrankung (Nr. 1), des Mutterschutzes (Nr. 2), einer Elternzeit (Nr. 3), der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes (Nr. 4) oder anderer zwingender Gründe unterbrochen wurde und durch die Verkürzung von Ausbildungsabschnitten die zielgerechte Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes nicht gewährleistet ist. Ziel der Regelung ist es - ausweislich der Ausführungen in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnverordnung (GMBl. 2017, Nr. 54/55, S. 986) - Anwärterinnen und Anwärter vor Nachteilen durch das Versäumen von Ausbildungsabschnitten oder Teilen hiervon zu schützen. Sie gilt nicht für jeden Fall einer Unterbrechung, sondern setzt voraus, dass andernfalls die zielgerechte Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes nicht gewährleistet ist. Dies muss durch eine genaue Prüfung im Einzelfall festgestellt werden. Eine pauschale Verlängerung des Vorbereitungsdienstes ist nicht zulässig. Der Vorbereitungsdienst ist nur in dem Umfang zu verlängern, der für das Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Dies muss nicht in jedem Fall den Zeitraum der Unterbrechung umfassen.
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Die Zulässigkeit der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes hängt nicht davon ab, ob der unzureichende Stand der Ausbildung von dem Beamten verschuldet wurde oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Zweck des Vorbereitungsdienstes erreicht werden kann, dem Anwärter also die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden konnten bzw. können, die zur Erfüllung der Aufgaben im mittleren Polizeivollzugsdienst erforderlich sind. Dies ergibt sich auch mit Blick auf die Regelung des § 15 Abs. 1 BLV, der u.a. Erkrankungen, Mutterschutz, Elternzeit und Wehrdienst als mögliche zwingende Gründe für eine Unterbrechung des Vorbereitungsdienstes benennt und damit verdeutlicht, dass ein Verschulden des Anwärters für die Verlängerungsentscheidung nicht erforderlich ist. Die Einschätzung, dass der Stand der Ausbildung unzureichend ist bzw. die Erreichung des Ausbildungsziels gefährdet ist, beruht vielmehr auf einer wertenden Feststellung der für die Ausbildung zuständigen Behörde (vgl. Weiß/Niedermeier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2020, Art. 7 LlbG, Rn. 28). Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob die Erreichung des Ausbildungsziels gefährdet ist, ist mithin ein Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn, ob der Anwärter hinter dem erforderlichen Ausbildungsstand zurückbleibt und die Erreichung des Zwecks des Vorbereitungsdienstes daher gefährdet ist. Diese Entscheidung ist gerichtlich lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der Gefährdung des Ausbildungsziels aus zwingenden Gründen sowie die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. BVerwG; U.v. 31.5.1990 - 2 C 35/88 - BVerwGE 85, 177 Rn. 18).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Einschätzung der Beklagten, dass aufgrund der Fehlzeiten der Klägerin damit zu rechnen gewesen sei, dass das Ziel des Vorbereitungsdienstes ohne die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes nicht erreicht werde, aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin mit Verfügung der Beklagten vom 18.01.2018 von den Ausbildungseinheiten „Schießtraining, Situationstraining, Einsatztraining und Hindernisgerätebahn“ ausgeschlossen und ihr weiterhin das Führen einer Dienstwaffe untersagt wurde. Darüber hinaus ist unstreitig, dass die Klägerin vor der streitgegenständlichen Verlängerungsentscheidung keines der insgesamt fünf vorgesehenen Praktika während der fachpraktischen Ausbildung im zweiten Dienstjahr vollständig absolviert hatte. Erst nachdem die Klägerin mit sozialmedizinischem Gutachten vom 08.02.2019 als uneingeschränkt polizeidiensttauglich angesehen wurde, hat die Beklagte mit Schreiben vom 18.02.2019 die vorgenannte Einschränkung der Teilnahme an Ausbildungsinhalten aufgehoben. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin somit wieder uneingeschränkt an der Ausbildung teilnehmen. Die Klägerin nahm folglich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr nicht an den für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten essentiellen Ausbildungsinhalten des Schieß-, Situations- und Einsatztrainings teil und konnte ihre theoretisch erlernten Kenntnisse nicht im Rahmen der vorgesehenen Fachpraktika anwenden. Bereits vor diesem Hintergrund erscheint die prognostische Beurteilung der Ausbildungsbehörde, dass der Ausbildungsstand der Klägerin im Zeitpunkt der Anordnung der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes unzureichend war, nachvollziehbar und plausibel.
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Soweit die Klägerseite geltend macht, dass der Ausschluss der Klägerin von den vorgenannten Ausbildungsinhalten und -praktika der Beklagten zuzurechnen sei, die fälschlicherweise von einer mangelnden gesundheitlichen Eignung der Klägerin für den Beruf der Polizeivollzugsbeamtin ausgegangen sei, erweist sich dieser Umstand bereits als unerheblich. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 14.06.2018 - B 5 S 18.736 - die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen die Entlassverfügung der Bundespolizei vom 21.03.2018 wiederhergestellt und darüber hinaus auch die Aufhebung der Vollziehung des Bescheids vom 21.03.2018 i.S.v. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO angeordnet hat. Da der Begriff der Vollziehung i.S.v. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO weit zu verstehen ist und die Vollzugsfolgen damit nicht allein tatsächlicher Art sind, sondern auch Vollziehungs- und Vollstreckungsmaßnahmen umfassen können, denen selbst Verwaltungsaktsqualität zukommt, wäre mit dem vorgenannten Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch der mit Anordnung der Beklagten vom 10.01.2018 verfügte Ausschluss der Klägerin von den Ausbildungseinheiten „Schießtraining, Situationstraining, Einsatztraining und Hindernisgerätebahn“ sowie das Verbot des Führens einer Dienstwaffe suspendiert gewesen. Der Klägerseite ist damit zuzugeben, dass die Klägerin im Zeitraum vom 18.01.2018 bis 18.02.2019 rechtswidrig von den vorgenannten Ausbildungsinhalten ausgeschlossen wurde. Dies ändert jedoch nichts an dem objektiven Umstand, dass die Klägerin während eines Zeitraums von 13 Monaten ihres Vorbereitungsdienstes am Schieß-, Situations- und Einsatztraining und damit an essentiellen Ausbildungsinhalten nicht teilgenommen hat und die Beklagte daher im Zeitpunkt der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes berechtigterweise davon ausgegangen ist, dass der Stand der Ausbildung der Klägerin die Gefahr birgt, dass der Zweck des Vorbereitungsdienstes, nämlich die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die für die Erfüllung der Aufgaben eines Polizeivollzugsbeamten erforderlich sind, nicht erreicht wird. Da ein sicherer Umgang mit Schusswaffen sowie das souveräne Bewältigen verschiedener Einsatzlagen für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten essentiell sind, lagen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme eines unzureichenden Ausbildungsstandes der Klägerin vor. Allein dieser objektive Umstand liefert eine hinreichende Tatsachengrundlage für die angegriffene Prognoseentscheidung der Beklagten, mit der diese den Vorbereitungsdienst der Klägerin um zwölf Monate verlängerte. Worauf der Ausschluss der Klägerin von den vorgenannten Ausbildungsinhalten zurückzuführen ist, ist nach den vorstehenden Grundsätzen für die Entscheidung über die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes unerheblich. § 11 Abs. 2 Satz 1 APmDBPolV fordert lediglich einen zwingenden Grund für die Unterbrechung des Vorbereitungsdienstes, der vorliegend in der Nichtteilnahme der Klägerin an den vorgenannten Ausbildungsinhalten während eines Zeitraums von 13 Monaten zu sehen ist.
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Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei der Anordnung der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Insbesondere ergibt sich bereits aus den Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2019, dass sich die Bundespolizeiakademie mit den seitens der Klägerin im Rahmen ihres Anhörungsschreibens vorgebrachten Einwänden auseinandergesetzt hat. So führt die Beklagte auf Seite 8 des Widerspruchsbescheides aus, dass dem Antrag der Klägerin, dem Jahrgang 17 I zugeordnet zu werden, nicht habe entsprochen werden können, da die Klägerin von den fünf während der fachpraktischen Ausbildung im zweiten Dienstjahr vorgesehenen Praktika kein Praktikum absolviert habe. Daher hätten der Klägerin wichtige praktische Fähigkeiten für die gesetzliche Aufgabenwahrnehmung der Bundespolizei nicht vermittelt werden können, so dass eine Fortsetzung der Ausbildung im an die fachpraktische Ausbildung anschließenden Laufbahnlehrgang nicht möglich gewesen sei. Auch mit der von Klägerseite vorgeschlagenen Nachholung der verpassten Ausbildungsinhalte nach Abschluss der Laufbahnprüfung setzt sich die Beklagte im angegriffenen Widerspruchsbescheid auseinander.
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Die verfügte Verlängerung des Vorbereitungsdienstes erweist sich auch als verhältnismäßig. Insbesondere sind keine milderen Mittel ersichtlich. Die von Klägerseite vorgeschlagene Nachholung der verpassten Ausbildungsinhalte nach Abschluss der Laufbahnprüfung hat die Beklagte ohne Rechtsfehler für ungeeignet befunden. Nach § 13 Abs. 2 APmDBPolV dient die Laufbahnprüfung der Feststellung, ob die Anwärterinnen und Anwärter das Ziel der Ausbildung erreicht haben und nach den erworbenen Fertigkeiten und Kenntnissen für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei befähigt sind. Zwar macht die Klägerin geltend - was als wahr unterstellt werden kann -, dass sie die Leistungsabnahmen sämtlich mit Erfolg bestanden habe. Gleichwohl hat sie unstreitig während eines Zeitraums von 13 Monaten nicht am Einsatz-, Situations- und Schießtraining teilgenommen sowie keines der fünf Praktika absolviert. Mithin konnte sie während des vorgenannten Zeitraums ihr theoretisch erlerntes Wissen nicht praktisch anwenden und damit nicht die Fertigkeiten erwerben, die sie für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes befähigt hätten. Folglich hätte die Laufbahnprüfung im Fall der Klägerin ihren in § 13 Abs. 2 APmDBPolV statuierten Zweck nicht erfüllen können.
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Schließlich sind auch hinsichtlich des verfügten Verlängerungszeitraums von zwölf Monaten keine Rechtsfehler erkennbar. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin unstreitig während eines Zeitraums von 13 Monaten nicht an den essentiellen Ausbildungsinhalten Schieß-, Einsatz- und Situationstraining teilgenommen. Auch hat sie die fünf während der fachpraktischen Ausbildung vorgesehenen Praktika nicht absolviert. Sie war damit nicht in der Lage das Ziel der zwölf Monate in Anspruch nehmenden, weiteren fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung, die während der Grundausbildung erworbenen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten zu erweitern und zu vertiefen sowie die körperliche Leistungsfähigkeit weiter zu steigern (vgl. § 13 Abs. 2 APmDBPolV), zu erreichen. Vor dem Hintergrund des Versäumens dieser wesentlichen Ausbildungsinhalte erscheint eine Nachholung des kompletten zweiten Dienstjahres, also der fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung, nicht sachfremd.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch die Beklagte vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.