Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 14.10.2020 – AN 9 K 19.00890
Titel:

Nachbarklage gegen Erweiterung eines Bremsenprüfstandes

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 2
BImSchG § 3 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. Immissionen sind dann unzumutbar, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen, wobei sich die Erheblichkeitsgrenze nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung richtet. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
2. Als Maßstab für die Zumutbarkeit der Störung für einen Nachbarn ist die TA Lärm heranzuziehen, der als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu kommt. Dabei ist die Konkretisierung der gesetzlichen Maßstäbe jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschemissionen vorschreibt. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
3. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird. (Rn. 92) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Parteiwechsel durch Verkauf, Drittanfechtungsklage gegen Baugenehmigung, faktisches Gewerbegebiet, Rücksichtnahmegebot, TA Lärm: maßgebliche Immissionsorte, Nachbar, Bremsenprüfstand, lärmintensive Arbeiten, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft, Bestimmtheit der Baugenehmigung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32250

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Baugenehmigung für die Erweiterung eines Bremsenprüfstandes auf dem Nachbargrundstück des Beigeladenen.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, … … in … mit einer Gebäude- und Freifläche von 8.910 m². Mit Bescheid der Beklagten vom 11. März 1993 wurde für das Grundstück mit der FlNr. … im südlichen Bereich die Baugenehmigung zur Errichtung eines Verwaltungs- und Elektro-Laborgebäudes erteilt. Entsprechend der Baubeschreibung vom 30. Juni 1992 lautet die Art der gewerblichen Tätigkeit „Netzplanung, Netzmanagement, Test- und Verwalt. Mobilfunk“.
3
Mit Bescheid der Beklagten vom 23. April 2010 wurde auf dem Grundstück der Klägerin im südwestlichen Bereich an der Grundstücksgrenze zum Baugrundstück die Genehmigung für das Bauvorhaben „Errichtung eines Containers mit Notstromaggregat und Kamin und eines Dieselkraftstofftanks“ unter Auflagen erteilt und eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 von Art. 6 Abs. 5 bzw. 6 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen nach Norden zwischen dem bestehenden Gebäude und dem beantragten Container zugelassen.
4
Für das streitgegenständliche Grundstück existiert ein in Aufstellung befindlicher Bebauungsplan Nr. … der Beklagten.
5
Dem Beigeladenen wurde mit Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 ( …) für das Grundstück FlNr. …, …, Gemarkung …, …, die Genehmigung zur Errichtung einer Karosseriewerkstatt und eines Gebäudes mit einem Bremsenprüfstand erteilt. Die Karosseriewerkstatt befindet sich im südwestlichen Teil des Grundstückes mit der FlNr. …, der genehmigte Bremsenprüfstand im nordwestlichen Teil. Unter anderem enthält der Genehmigungsbescheid vom 26. April 2013 folgende Auflagen:
„2. Die neu zu errichtenden technischen Anlagen (zum Beispiel Bremsenprüfstand, Absauganlage, Winkelschleifer, RLT-Anlagen etc.) sind dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprechend zu errichten und zu betreiben.
3. … Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben darf der Beurteilungspegel aller vom Betriebsgrundstück ausgehenden Geräusche die folgenden reduzierten Immissionsrichtwerte, im Gebiet mit Schutzcharakter Gewerbegebiet, nicht überschreiten:
tags 59 dB(A)
nachts 44 dB(A).
Die Immissionsrichtwerte außen gelten auch dann als überschritten, wenn einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen einen Pegel von tags 95 dB(A) und nachts 70 dB(A) überschreiten (Spitzenpegelkriterium).
4. Bei lärmintensiven Arbeiten (zum Beispiel Flexen, Schleifen, Überprüfung der Bremsen etc.) sind Fenster, Türen und Tore geschlossen zu halten.
5. …
Als maßgebliche Immissionsorte werden folgende Anwesen festgesetzt: …, … sowie … und ... .“
6
Der Beigeladene beantragte am 11. Dezember 2017 die Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes durch einen Anbau auf der Südseite des bestehenden Bremsenprüfstandes. Die Grundfläche beträgt nach der Betriebsbeschreibung ca. 52 m². Der Bremsprüfstand soll nach den Plänen Rolltore auf der Ost- und Westseite haben. Entsprechend dem Grundrissplan von Juli 2018 ist an den Toren vermerkt: „komplett verglastes Sektionaltor ca. 10 m²“.
7
Aus der Betriebsbeschreibung des Bauherrn vom 12. April 2018 mit handschriftlichem Nachtrag vom 19. März 2019 steht zur Art des Betriebes „Bremsenprüfstand mit TÜV-Prüfbühne“. Unter „Arbeitsabläufe“ wird erklärt, dass das „Auto in die Halle gefahren wird, in der die Bremsen geprüft werden und anschließend die TÜV-Abnahme durchgeführt wird, danach verlässt das Auto die Halle wieder“. Die Betriebszeit beträgt an Werktagen 7:30 bis 18:00 Uhr. In der Betriebsbeschreibung unter Ziffer 6 Immissionsschutz heißt es, dass eine „Absaugvorrichtung für Pkw-Abgase“ als Maßnahme zur Vermeidung schädlicher Luftverunreinigungen getroffen wird. Hinsichtlich der Geräusche ist in der Ziffer 6b ausgeführt: „Pkw-Motorenlärm zu Rangierfahrten und zur TÜV-Abnahme, Dauer ist kurzfristig, Häufigkeit ist täglich ca. 20 Pkws oder Transporter.“ Durch den Entwurfsverfasser ist handschriftlich ergänzt, dass bei lauter Nutzung die Tore geschlossen gehalten werden und die Anzahl an Abgasuntersuchungen maximal bei fünf Fahrzeugen pro Tag liegt. Die Beschäftigtenzahl ändere sich durch die zweite Prüfstelle nicht, ebenso wenig die Anzahl der Fahrzeuge. Die Halle diene als Ausweichhalle, um den Pkw-Stau vor der Prüfstelle und den damit verbundenen Lärm zu minimieren. In der Halle werden ein Bremsenprüfautomat und eine Hebebühne verbaut, um an den Fahrzeugen TÜV-Abnahmen sowie Bremsenprüfungen vorzunehmen. Die hierbei entstehenden Abgase werden über eine Absaugvorrichtung ins Freie geleitet.
8
Die „Schalltechnische Untersuchung Lärmprognoseberechnung“ des Diplom-Ingenieur (FH) … … von der Handwerkskammer von Mittelfranken vom 3. Mai 2018 hinsichtlich der Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes des Karosseriebetriebes wurde als Teil der Bauvorlagen eingereicht. Der Sachverständige kommt in dem Beratungsbericht zu dem Ergebnis, dass die reduzierten Immissionsrichtwertanteile an den nächsten maßgeblichen Immissionsorten 101 und 102 innerhalb des Quartiers unterschritten werden und das Spitzenpegelkriterium eingehalten wird. Die Prognose geht von einem Immissionsrichtwertanteil von 59 dB(A) aus. Die errechneten Beurteilungspegel an den Immissionsorten betragen 55,1 und 56,9 dB(A). Die Spitzenpegel liegen an den vier Immissionsorten zwischen 79,5 und 83,2 dB(A), wobei vom Vorliegen eines Gewerbegebietes mit dem Immissionsrichtwert tags von 65 dB(A) ausgegangen wird. Wegen der Vorbelastung durch eine andere bereits vorhandene emittierende Nutzung wurde vom Immissionsrichtwert von 65 dB(A) ein Abschlag von 6 dB(A) gemacht (Ziffer 3.2 und 1 der TA Lärm). In der Prognose wird davon ausgegangen, dass während der gesamten Betriebszeit die Tore in Ostrichtung der bestehenden und geplanten Halle sowie das Tor in westlicher Richtung der geplanten Halle geöffnet sind. Das Tor der bestehenden Halle in westlicher Richtung ist als geschlossen angesetzt.
9
Das Stadtplanungsamt der Beklagten erteilte am 22. Juni 2018 das gemeindliche Einvernehmen. Planungsrechtlich sei das Gebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 8 BauNVO als faktisches Gewerbegebiet einzustufen.
10
Mit Bescheid der Beklagten vom 29. März 2019, der Klägerin zugestellt am 3. April 2019, wurde für das Vorhaben „Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes mit Änderung des Stellplatznachweises“ die Genehmigung unter Auflagen zugunsten des Beigeladenen erteilt.
11
Unter anderem sind folgende Auflagen Bestandteil des Genehmigungsbescheides:
„ …
2. Es gelten die in der Betriebsbeschreibung vom 12.04.2018 mit handschriftlichen Ergänzungen vom 19.03.2019 gemachten Angaben.
5. Die neu zu errichtenden technischen Anlagen (z.B. Bremsenprüfstand, RLT-Anlagen etc.) sind dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprechend zu errichten und zu betreiben.
Der Stand der Technik wird unter anderem durch die einschlägigen VDI-Richtlinien und DIN-Normen konkretisiert.
Gegebenenfalls körperschall- und schwingungserzeugende Anlagen und Anlagenkomponenten sind schwingungs- und körperschallisoliert aufzustellen bzw. zu befestigen und zu betreiben.
Bei der Ermittlung des Beurteilungspegels dieser Anlagen sind gegebenenfalls Zuschläge für Ton- und Impulshaltigkeit nach den Nummern A.2.5.2/A.2.5.3 TA Lärm (Prognose) bzw. A.3.3.5/A.3.3.6 TA Lärm (Messung) in den betreffenden Teilzeiten zu berücksichtigen.
6. Bei lärmintensiven Arbeiten (z.B. während der Abgasuntersuchungen etc.) sind Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten.
7. Der maximale Rauminnenpegel im neu zu errichtenden Anbau mit Bremsenprüfstand darf die im Abschnitt 3.4 der Schallimmissionsprognose vom 03.05.2018, erstellt von der Handwerkskammer für Mittelfranken, angegebenen Halleninnenpegel nicht überschreiten. Ggf. sind im neu zu errichtenden Anbau geeignete und ausreichende Schallabsorptionsmaßnahmen zur lokalen Pegelminderung vorzusehen.
Die bewerteten Schalldämmmaße der Außenbauteile des neu zu errichtenden Anbaus müssen den Angaben des Abschnittes 3.6 der o.g. Schallimmissionsprognose entsprechen.
Bei wesentlichen Änderungen gegenüber den im Gutachten getroffenen Annahmen zu den Geräuschemissionen und den Schalldämmeigenschaften der Außenbauteile bleibt der erneute Nachweis über die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte vorbehalten.
8. Bei der Errichtung und beim Betrieb des Anbaus mit Bremsenprüfstand sind die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26.08.1998, geändert Juni 2017, zu beachten.
Der Beurteilungspegel aller vom Betriebsgrundstück ausgehenden Geräusche (einschließlich aller Geräusche aus der neuen Anlage sowie aller bereits vorhandenen baulichen und technischen Anlagen etc.) darf nach TA Lärm an den maßgeblichen Immissionsorten folgende, aufgrund der Vorbelastung reduzierte Immissionsrichtwerte nicht überschreiten:
Immissionsort Schutzcharakter Immissionsrichtwertanteile in dB(A) tags nachts
…, … Gewerbegebiet 59 44
…,,
… Für Büroräume und ähnlich genutzte Räume gelten im Beurteilungszeitraum nachts die reduzierten Tagrichtwerte.
Der Beurteilungspegel ist 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten, vom Geräusch am stärksten betroffenen, Fensters schutzbedürftiger Räume zu ermitteln.
Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte nach Ziffer 6.1 b) TA Lärm tags um nicht mehr als 30 dB(A), nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (Spitzenpegelkriterium).
9. Der Nachweis über die Einhaltung der festgesetzten reduzierten Immissionsrichtwerte - einschließlich der Bestimmungen zu den Spitzenpegel bzw. Anhaltswerten - bleibt für den Fall von Beschwerden oder Missständen vorbehalten.
… Können die festgesetzten reduzierten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten werden, bleiben weitere Auflagen zum Immissionsschutz vorbehalten, z.B.:
- Einbau einer automatischen Torsteuerung zum Schließen der Tore bevor ein Abgasuntersuchungsstart erfolgen kann;
- bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Schalldämmung der Außenbauteile etc.
…“
12
Die Klägerin erhob mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. April 2019, am gleichen Tag beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen, Klage und beantragte,
die Baugenehmigung der Beklagten vom 29. März 2019, Aktenzeichen …, aufzuheben.
13
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bereits durch den bestehenden Autoreparaturbetrieb auf dem Nachbargrundstück des Beigeladenen komme es zu erheblichen Beeinträchtigungen des vermieteten Grundstücks der Klägerin. Die Mieterin der Klägerin habe festgestellt, dass schon im bestehenden Betrieb bei wärmeren Außentemperaturen Fenster und Tore geöffnet seien, sodass es zu erheblichen Lärmbelästigungen und zu weiteren Immissionen, insbesondere Feinstaub- und sonstigen Abgasbelastungen, komme. Trotz wiederholter Aufforderung, die Tore geschlossen zu halten, werde dieses Fehlverhalten fortgesetzt. Es sei nicht ersichtlich, dass sich das Verhalten der Mitarbeiter des Bauherrn im Erweiterungsbau nunmehr anders darstellen solle. Im Genehmigungsbescheid seien keine ausreichenden Vorkehrungen gegen weitere Immissionen wie Feinstaub- und Abgasbelastungen getroffen worden.
14
Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 3. Juli 2019, mit ergänzenden Ausführungen am 17. September 2019, zur Begründung der Klage ausführen, das Baugrundstück liege nicht im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans, der Bereich werde von der Beklagten als faktisches Gewerbegebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 BauNVO eingestuft.
15
Die Mieterin der Klägerin sei erheblichen Lärmbelastungen ausgesetzt. Tagsüber komme es zu Lärmspitzen, die selbst bei geschlossenen Fenstern die Produktivität am Bildschirmarbeitsplatz behinderten. Hauptursache der Lärmentwicklung sei laut der Mieterin das Offenstehen der Fenster und Tore des Reparaturbetriebes während der Kfz-Hauptuntersuchungen, insbesondere bei warmen Außentemperaturen. Hierdurch seien die Mieter auch erhöhten Abgas- und Feinstaubbelastungen ausgesetzt. Die getroffenen Vorkehrungen über eine gesonderte Abluftanlage seien wirkungslos, wenn Fenster und Tore offen stünden und Abgase sowie Feinstaub ungehindert entweichen könnten.
16
Die Erweiterung des Autoreparaturbetriebes sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, § 34 Abs. 2 BauGB. Die Genehmigung enthalte zwar in den einschlägigen Auflagen Vorgaben zum Schließen von Fenstern und Toren bei lärmintensiven Arbeiten, diese seien jedoch nicht ausreichend, da aufgrund von Mängeln der erstellten Lärmprognoseberechnung nicht festgestellt werden könne, ob die in der Genehmigung vorgegebenen Beurteilungspegel tatsächlich eingehalten werden könnten. Zudem sei der Baugenehmigung, insbesondere der Auflage 6, nicht zu entnehmen, wann und in welchem Umfang nachbarschützende Maßnahmen zu ergreifen seien, sie sei daher unbestimmt.
17
Die Lärmprognose erfasse nicht alle relevanten Tätigkeiten und Lärmquellen der streitgegenständlichen Anlage. Nicht ausreichend sei, dass der Sachverständige als Immissionsquellen lediglich die Abgasuntersuchungen (Anteil an den insgesamt geprüften Fahrzeugen laut Prognose 25%) sowie Zu- und Abfahrten von Pkws zu den Prüfhallen in seine Berechnung einfließen lasse. Zwingend hätten sämtliche relevanten, von der Anlage ausgehenden Lärmimmissionen berücksichtigt werden müssen, wie zum Beispiel, dass die Fahrzeuge im Prüfstand (auf Hochtouren) laufen.
18
Ebenfalls hätte einbezogen werden müssen, dass die Straßenverkehrszulassungsverordnung seit 2012 für alle ab 2012 neu zugelassenen Fahrzeuge im Rahmen der Hauptuntersuchung die Durchführung einer Probefahrt vorschreibe. Da laut Prognose maximal 30 Hauptuntersuchungen pro Tag vorgesehen seien und für den geplanten Prüfstand bis zu 20 weitere Hauptuntersuchungen pro Tag anfielen, würden sich allein hierdurch die Fahrzeugbewegungen verdoppeln. Die Zahl der angesetzten Hauptuntersuchungen sei zudem zu niedrig angesetzt, da im Erweiterungsbau täglich „ca. 20“ Pkws oder Transporter untersucht würden, d. h. die Zahl 20 nicht die Obergrenze darstelle. Die Prognoseberechnung hätte auf die Belastungen durch die Probefahrten eingehen müssen.
19
Unberücksichtigt sei auch in der Lärmprognoseberechnung, dass zu einer Hauptuntersuchung die Überprüfung der Fahrzeughupe gehöre. Dies führe 50 mal täglich zu einer entsprechenden Lärmbelästigung. Die entsprechenden Geräusche seien nicht nur bei der Überprüfung der Einhaltung der Spitzenpegel, sondern auch bei der Berechnung des Mittelungspegels relevant. Eine Hupe stelle ein Warnsignal dar, und damit ein impulshaltiges Geräusch im Sinne von Nr. A.2.5.3 des Anhangs zur TA Lärm. Regelmäßig dürfte das Geräusch einer Hupe auch tonhaltig im Sinne von Nr. A.2.5.2 des Anhangs zur TA Lärm sein. Die Pegelberechnung in der Immissionsprognose hätte im Hinblick auf das stark gehäufte Auftreten der Hupsignale durch entsprechende Zuschläge ergänzt werden müssen (A.2.5.3 bzw. 2 Anhang TA Lärm). Diese Zuschläge ließen eine Überschreitung der maßgeblichen Emissionswerte erwarten. Das Gutachten sei daher nicht aussagekräftig.
20
Die getroffene Wahl der Immissionsorte entsprechend der vom Gutachter erstellten Lärmkarte sei fehlerhaft. Die ausgewählten Immissionsorte befänden sich nordwestlich des Baugrundstückes, nordöstlich sei es jedoch entsprechend der Lärmkarte wesentlich lauter. Die Immissionspegel lägen dort in einem erhöhten Bereich von 60-65 dB(A). Im Grenzbereich zu dem Grundstück der Klägerin seien noch Werte von 60 dB(A) prognostiziert. Der Gutachter hätte in nordöstlicher Richtung gelegene Immissionsorte auswählen und untersuchen müssen.
21
Die Baugenehmigung sei zu unbestimmt, da Bestandteil dieser die Betriebsbeschreibung vom 12. April 2018 sowie die am 19. März 2019 vorgenommene Ergänzung sei, die nicht ausreichende Angaben enthielten. Insbesondere die Angabe „Bei lauter Nutzung werden Tore geschlossen gehalten. Max. Anzahl an Abgasuntersuchungen 5 Fahrzeuge p. Tag“ sei nicht ausreichend. Die Beklagte habe auf dieser Basis keine belastbare Einschätzung hinsichtlich der Lärmbelastung treffen können. Bereits nach der Betriebsbeschreibung bleibe offen, wann der Antragsteller die Tore schließe bzw. öffne.
22
Zudem ergebe sich ein Widerspruch zwischen der Betriebsbeschreibung und der Auflage 6 im Genehmigungsbescheid, wonach „bei lärmintensiven Arbeiten“ Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten seien. Ein Antrag mit diesem Inhalt existiere jedoch nicht, da die Tore entsprechend der Betriebsbeschreibung „bei lauter Nutzung“ geschlossen wurden.
23
Die Formulierung „bei lärmintensiven Arbeiten“ isoliert betrachtet sei auch zu unbestimmt, da beispielsweise eine „Überprüfung der Bremsen“ als eine lärmintensive Tätigkeit in der Ausgangsgenehmigung des Beigeladenen von der Beklagten benannt sei, diese Tätigkeit jedoch in der Auflistung der lärmintensiven Tätigkeiten in der Auflage 6 fehle. Es bleibe offen, welche Tätigkeiten genau zu den lärmintensiven Tätigkeiten gehörten und welche nicht.
24
Die Auflage 6 sei nicht geeignet sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung vorlägen, Art. 36 BayVwVfG. Die Beklagte selbst gehe davon aus, dass auch künftig die Tore während des Betriebes offen sein könnten. Es bedürfe anderer geeigneter Maßnahmen bzw. Handlungsoptionen wie beispielsweise die automatische Torsteuerung beim Starten einer Untersuchung, vgl. Auflagenvorbehalt 9 in der Genehmigung der Beklagten.
25
Die Defizite der Schallimmissionsprognose erschütterten insgesamt die Überzeugungskraft des Gutachtens, da zentrale und naheliegende Aspekte nicht berücksichtigt seien. Eine hinreichend verlässliche Prognose über die Einhaltung der Anforderungen der TA Lärm könne auf dieser Grundlage nicht erfolgen.
26
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Juli 2019 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen.
27
Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 15. August 2019 und beantragte
Klageabweisung.
28
Zur Begründung wurde ausgeführt, nach der Nutzungsaufnahme des Karosseriebetriebes am 7. Januar 2014 sei es zu Beschwerden von Mitarbeitern der Firma … gekommen, aufgrund geöffneter Tore im Bremsenprüfstand hätte es Lärm- und Abgasbelästigungen gegeben. Die Bauordnungsbehörde habe am 20. August 2015 den Verantwortlichen schriftlich aufgefordert, Fenster, Türen und Tore gemäß Ziffer 4 der Auflagen bei lärmintensiven Arbeiten geschlossen zu halten. Der Bremsenprüfstand besitze ein Tor auf der Ostseite. Nördlich davon befinde sich das Gebäude mit den Büros der Klägerin. Gegenstand des Bescheides vom 29. März 2019 sei lediglich die genehmigte Erweiterung, nicht der bereits bestehende Prüfstand. Genehmigt sei ein Betrieb, der bei lauten Tätigkeiten mit geschlossenen Toren geführt werden müsse, eine auflagenwidrige Nutzung könne im Rahmen der Anfechtungsklage nicht unterstellt werden, hier könne allenfalls ein bauaufsichtliches Einschreiten beantragt werden.
29
Die Lärmschutzauflagen in dem streitgegenständlichen Bescheid seien ein verlässliches Mittel zur Begrenzung von Lärmimmissionen (BayVGH, B.v. 23.01.2018 - 15 CS 17.2575; VGH BW, U.v. 9.11.1997 - 8 S 3206/96 - juris). Aus Sicht der Fachstelle Immissionsschutz bei der Bauordnungsbehörde seien alle Lärmimmissionen, die zum resultierenden Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionsorten schalltechnisch wesentlich beitragen, in der Schallimmissionsprognose enthalten.
30
Der Vorwurf der Klägerin, in der Schallimmissionsprognose sei nicht berücksichtigt worden, dass die Fahrzeuge auch im Prüfstand (auf Hochtouren) laufen würden, sei aus Sicht der Fachstelle Immissionsschutz nicht zutreffend. In der Prognose sei die Geräuschentwicklung in der neuen und der bestehenden Halle im erhöhten Drehzahlbereich im Rahmen der Abgasuntersuchungen mit einer Dauer von jeweils drei Minuten je Abgasuntersuchung berücksichtigt worden. Die Klägerin übersehe, dass in der Schallimmissionsprognose der Ansatz berücksichtigt sei, dass sowohl beide Tore des neuen Erweiterungsanbaus mit Bremsenprüfstand als auch das Tor in Ostrichtung der bestehenden Halle während des gesamten Betriebes offenstünden. Lediglich das Tor auf der Westseite der bestehenden Halle bleibe geschlossen. Die daraus resultierenden Berechnungsergebnisse für die Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionsorten seien damit deutlich höher als bei der Einhaltung der Auflage 6, wonach bei lärmintensiven Arbeiten Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten seien. Selbst eine längere Dauer der Kfz-Untersuchungen im hohen Drehzahlbereich sei deshalb bei Beachtung der Auflage 6 schallimmissionsschutztechnisch nicht relevant.
31
Die Tatsache, dass die Zahl 20 der Pkws oder Transporter pro Tag keine Obergrenze darstelle, sei aus schalltechnischer Sicht ebenfalls nicht relevant. Eine Erhöhung der Zahl der Fahrzeuge um fünf weitere Pkws - was aus Sicht der Beklagten noch im Rahmen der Betriebsbeschreibung läge - führe zu einer Steigerung der Schallleistungspegel der Linienschallquellen (Zu- und Abfahrt) um 0,97 dB(A). In der Summenbetrachtung des resultierenden Beurteilungspegels am jeweiligen Immissionsort bedeute dies eine Erhöhung des Beurteilungspegels am kritischsten maßgeblichen Immissionsort IO 1 von 0,4 dB(A). Der festgesetzte Immissionsrichtwertanteil tags wäre immer noch eingehalten.
32
Hinsichtlich des Ansatzes der Klägerin, die Probefahrten auf dem Betriebsgrundstück im Rahmen der Hauptuntersuchungen seien nicht berücksichtigt worden, sei anzuführen, die tatsächlichen schalltechnischen Auswirkungen einer Verdoppelung der Bewegungshäufigkeit auf dem Betriebsgrundstück bedeuteten einen um 3 dB(A) höheren Schallleistungspegel der jeweiligen Linienschallquelle bzw. einen um 3 dB(A) höheren Teilbeurteilungspegel dieser Schallquellen. Diese Erhöhung ergebe mit geöffneten Toren rechnerisch an dem kritischsten Immissionsort IO 1 einen Anstieg des Summen-Beurteilungspegels aller Geräusche um 2,3 dB(A). Hierbei seien alle Geräusche der neuen und der bestehenden Anlagen berücksichtigt. Der Beurteilungspegel tags betrage in diesem Fall 59 dB(A), sodass der festgesetzte Immissionsrichtwertanteil für tags immer noch eingehalten sei.
33
Aus Sicht der Fachstelle Immissionsschutz sei das Hupen-Geräusch schalltechnisch gesehen im Rahmen des Spitzenpegelkriteriums der TA Lärm relevant, der in der Prognose mit 108 dB(A) angegeben sei und an allen Immissionsorten um mindestens 12 dB(A) unterschritten werde. Da der Schallleistungspegel einer Hupe gemäß den Messwerten aus der Fachliteratur in der vergleichbaren Größenordnung liege, sei diese Schallquelle zwar nicht textlich erläutert, dennoch in der Berechnung berücksichtigt worden und führe zu keiner Überschreitung der festgesetzten Immissionsrichtwerte.
34
Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung der Klägerin, die Beurteilungspegel lägen nordöstlich des Betriebsgrundstückes des streitgegenständlichen Anbaus in einem erhöhten Bereich von 60-65 dB(A). Es werde erneut darauf hingewiesen, dass die Prognose einen Betrieb mit geöffneten Toren des Erweiterungsbaus mit Bremsenprüfstand sowie einem geöffneten Tor auf der Ostseite der bestehenden Anlage berücksichtige.
35
Es bestehe kein Widerspruch zwischen der Betriebsbeschreibung und der Auflage 6, die inhaltlich festsetze, dass während lärmintensiver Arbeiten Fenster und Tore geschlossen zu halten seien. Auch in der Betriebsbeschreibung sei vorgesehen, dass die Tore bei lauten Arbeiten zu schließen seien. Die Auflage 6 beruhe auf den Angaben der Antragsunterlagen, dies entspreche dem Zusatz „antragsgemäß“.
36
Die Formulierung der Auflage 6 („Bei lärmintensiven Arbeiten (z.B. während der Abgasuntersuchungen etc.) sind Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten.“) sei ausreichend bestimmt. Gemäß den Bauantragsunterlagen solle der Anbau für TÜV-Abnahmen inklusive Bremsen- und Abgasuntersuchungen genutzt werden; andere Nutzungen seien nicht vorgesehen und damit kein Antragsgegenstand.
37
Da die Abgasuntersuchungen den schallimmissionstechnisch relevantesten Fall darstellten, erfolge in der Auflage insoweit die Konkretisierung.
38
Die bei einer Abgasuntersuchung entstehenden Abgase würden entsprechend der angefochtenen Genehmigung antragsgemäß durch eine entsprechende Abgasvorrichtung nach außen geleitet, unabhängig davon, ob das Tor offen oder geschlossen stehe. Bei Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Grenzwerte direkt am Arbeitsplatz des Bremsenprüfstandes stellten die Abgase keine unzumutbare Belästigung in einer Entfernung von mindestens 14 m dar. In der Folge sei das Bauvorhaben im Rahmen der beantragten Bau- und Betriebsweise und unter Beachtung der gestellten Auflagen zulässig und die Baugenehmigung rechtmäßig.
39
Ergänzend wurde mit Schriftsatz der Beklagten vom 13. November 2019 vorgetragen, es bestünden keine Zweifel, dass die immissionsschutzrechtlichen Auflagen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung aus fachlicher Sicht den gebotenen Schutz der Klägerin vor unzumutbarem Lärm sicherstellten. Gerichtlich sei bestätigt, dass der verwendete Begriff „lärmintensive Arbeiten“ ausreichend bestimmbar und bestimmt sei (u.a. BayVGH, B. v. 15.2.2017 - 9 ZB 15.2092; VG Würzburg, B.v. 12.12.2016 - W 4 S 16.1201; VG Regensburg, B.v. 17.10.2016 - RN 12 S 16.1494; VG München, B.v. 19.02.2018 - M 16 SN 17.5512 - alle juris).
40
Entsprechend dem Auflagenvorbehalt in der Nr. 9 der Genehmigung könne die Bauaufsichtsbehörde der Beklagten bei Verstößen des Beigeladenen gegen die Auflage 6 zum „Schließen der Fenster und Tore bei lärmintensiven Arbeiten“ mit einer nachträglichen Auflage reagieren. Die Eignung der Auflage 6 werde durch den Auflagenvorbehalt in der Nr. 9 nicht abgesprochen, vielmehr werde für die Zukunft der Lärmschutz für die Nachbarschaft hierdurch gewährleistet.
41
Eine Überprüfung der Hupe dürfe im Rahmen der Hauptuntersuchung nach der Betriebsbeschreibung vom 12. April 2018 mit den handschriftlichen Eintragungen des Beigeladenen vom 19. März 2019 nur innerhalb des Bremsenprüfstandes stattfinden. Die Immissionsprognose der Handwerkskammer biete eine verlässliche Grundlage für die Annahme, dass an den beiden Immissionsorten am Gebäude der Klägerin keine Beurteilungspegel entstünden, die den Wert von 59 dB(A) überschritten. Lärmintensive Arbeiten seien am neuen Bremsenprüfstand bei geschlossenen Toren durchzuführen. Der Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer liege demgegenüber die Annahme zugrunde, dass im bestehenden Bremsenprüfstand während der gesamten Betriebszeit das östliche Tor und beide Tore des neuen Bremsprüfstandes geöffnet seien. Wenn unter Berücksichtigung der maßgeblichen Lärmquelle „Abgasprüfung“ sogar bei geöffneten Toren der Immissionsrichtwert um ca. 2 dB(A) unterschritten werde, sei zu erwarten, dass bei geschlossenen Toren der Wert erst recht eingehalten werde und zwar auch bei Berücksichtigung zusätzlicher Schallereignisse wie Hupen oder Bremsenprüfung.
42
Nach überschlägiger Beurteilung durch die Fachstelle Immissionsschutz bei der Bauordnungsbehörde reduziere sich der Teilbeurteilungspegel der Schallabstrahlung über das Außenbauteil Tor um 19 dB(A) und falle damit in der Summenbetrachtung der Teilbeurteilungspegel nicht ins Gewicht. Dies resultiere daraus, dass nach der Auflage 7 Außenbauteile des neu zu errichtenden Anbaus mit dem Bremsenprüfstand die im Abschnitt 3.6 der Schallimmissionsprognose angegebenen bewerteten Schalldämmmaße aufweisen müssten. Hiernach seien Tore und Türen mit einem bewerteten Bau-Schalldämmmaß von mindestens 19 dB(A) auszuführen. Dies bedeute nicht, dass der Beurteilungspegel bei dem Betrieb mit geschlossenen Toren gegenüber der vorliegenden Prognose um 19 dB(A) reduziert sei, da dieser von anderen Schallquellen, wie Zu- bzw. Ausfahrt mitbestimmt werde. Durch die Reduktion des Schallleistungspegels der relevanten Flächenquellen (Abstrahlung über die Tore) um 19 dB(A) werde jedoch der resultierende Beurteilungspegel am maßgeblichen Immissionsort deutlich gemindert.
43
Der Innenraumpegel in dem neuen Anbau erhöhe sich durch eine täglich ca. 20malige kurze Betätigung der Hupe schätzungsweise um ca. 3 dB(A). Die, einschließlich der Berücksichtigung der Hupe, resultierende Schallabstrahlung durch die Außenbauteile der neuen Anlage könne ohne Verwendung des Simulationsmodells nicht berechnet werden, da in der Prognose die Außenflächen beider Anlagen (neue und bestehende) zusammen als einheitliche Fläche zu betrachten seien. Zur Einhaltung der in der Prognose angesetzten Halleninnenpegel werde auf die Auflage verwiesen, wonach gegebenenfalls ausreichende und geeignete Absorptionsmaßnahmen zur lokalen Pegelminderung zu ergreifen seien, um die Einhaltung des maximal zulässigen Innenpegels zu gewährleisten und damit eine Erhöhung des Schallleistungspegels der abstrahlenden Außenbauteile auszuschließen.
44
Aus der Lärmkarte zur Schallimmissionsprognose (Anlage 2) sei erkennbar, dass die Lärmbelastung auf der Südostfassade der Klägerin hauptsächlich durch die Emissionen bestimmt sei, welche auf den Betrieb der bestehenden und neuen Anlagen bei auf der Ostseite offenen Toren zurückzuführen sei; unter Beachtung der Auflage 6 werde der Einfluss der Schallquellen deutlich verringert. Dies verdeutliche die Lärmkarte, die nicht den Lärmimmissionen entspreche, die unter der Einhaltung der Auflage 6 zu erwarten seien.
45
Die bisherigen Prozessbevollmächtigten teilten am 13. Januar 2020 mit, dass in Kürze ein Parteiwechsel auf Klägerseite stattfinden werde.
46
Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2020 wurde seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass die (neue) Klägerin gemäß der Eintragungbekanntmachung des Amtsgerichts … vom 17. Januar 2020 als Eigentümerin des streitgegenständlichen Verfahrens betroffenen Grundstücks eingetragen worden ist. Gemäß§ 173 Satz 1 VwGO i.V. m. § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO werde erklärt, dass die vorliegende Verwaltungsstreitsache in der derzeitigen Lage des Verfahrens von der (neuen) Klägerin übernommen werde.
47
Am 31. August 2020 teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass der bisherige Sach- und Rechtsvortrag der vormaligen Klägerin, …, zu eigen gemacht werde und an dem Antrag auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 29. März 2019 festgehalten werde.
48
Ergänzend wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass hinsichtlich der Unbestimmtheit der Auflage Nr. 6 der Baugenehmigung auf den bisherigen Vortrag verwiesen werde.
49
Die von der Beklagten zitierten Gerichtsentscheidungen überzeugten nicht, da sie sich zum einen nicht mit Baugenehmigungen betreffend Pkw-Reparaturwerkstätten beschäftigten und zum anderen die Bestimmtheit einer Auflage, die sich mit lärmintensiven Tätigkeiten beschäftige, nicht relevant gewesen sei. Eine hinreichende Bestimmtheit sei nur dann gegeben, wenn der Entscheidungsgehalt einer Nebenbestimmung für den Adressaten des Verwaltungsaktes und einen potentiellen Drittbetroffenen aus sich heraus nach Art und Umfang erkennbar und verständlich sei; zumindest durch Auslegung müsse der Inhalt einer Auflage bestimmbar sein (st. Rspr. des BVerwG, NVwZ 1990, 855, 856).
50
Bei einer Abgasuntersuchung und einem Bremsenprüfstand handele es sich um zwei der immissionsträchtigsten Arbeiten im Rahmen eines Kfz-Reparaturbetriebs. Selbst wenn der Anbau tatsächlich wie beantragt nur für einen TÜV-Prüfstand genutzt werden solle, erschöpfe sich die TÜV-Abnahme nicht in diesen beiden Maßnahmen, ein Kfz werde auch auf Verkehrstauglichkeit und Funktionsfähigkeit geprüft, wobei bei laufenden Motor ein Licht- und Huptest durchgeführt werde; auch eine Begutachtung des Motorraums finde statt. Der Prüfer komme nicht umhin, beispielsweise die Motorhaube zuzuschlagen.
51
Die Auflage Nr. 6 sei ungeeignet, die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben sicherzustellen. Nach Art. 37 Abs. 1 Var. 2 BayVwVfG dürfe eine Nebenbestimmung nur angeordnet werden, wenn mit ihr sichergestellt werde, dass die gesetzlichen Vorschriften für den Erlass eines Verwaltungsaktes erfüllt seien. Dies setze voraus, dass eine Auflage auch tatsächlich geeignet sei, die für den Erlass eines Verwaltungsakts bestehenden Hindernisse zu überwinden. Wenn - wie vorliegend - ein Bauherr in der Vergangenheit nachweislich durch eigenes Verhalten wiederholt gezeigt habe, dass er sich nicht an eine spätere Auflage halten werde, fehle es an der hinreichenden Eignung der Auflage. Die Beklagte könne aufgrund von objektiven und ihr bekannten Tatsachen nicht davon ausgehen, dass der Beigeladene die Auflage einhalten werde.
52
Dem könne nicht entgegengehalten werden, gegebenenfalls bauaufsichtlich mit Verwaltungszwang die Einhaltung der Auflage durchzusetzen. Dies setze die Kenntnis der Beklagten durch entsprechende Information der Klägerin von der Nichteinhaltung der Auflage voraus. Vor dem geschilderten Zweck der Baugenehmigung könne es der Klägerin nicht zugemutet werden, jeweils im Einzelfall auf die Einhaltung der Auflage hinzuwirken.
53
Gleiches gelte hinsichtlich des Auflagenvorbehalts Nr. 9. Der Klägerin sei unzumutbar, die bis zu einem gegebenenfalls künftigen Einbau einer automatischen Torsteuerungsanlage auftretenden Lärmimmissionen hinzunehmen.
54
Da auch der Beklagten nicht klar sei, auf welche Tatsachenbasis der Immissionsgutachter … seine Immissionsprognose vom 3. Mai 2018 stütze, werde beantragt, Herrn … …, Handwerkskammer für Mittelfranken, in …, zum Beweis über folgende im Zusammenhang mit der Lärmimmissionsprognose vom 3. Mai 2018 stellende Fragestellungen zu laden:
„1. Wurden im Immissionsgutachten eine etwaige Zunahme der Bewegungshäufigkeit sowie etwaige Hupgeräusche auf dem Grundstück der Beigeladenen berücksichtigt? Wenn ja, wie wurden die entsprechenden Geräusche immissionsschutzrechtlich bewertet und in die Berechnung eingestellt?
2. Wurde im Rahmen des Gutachtens berücksichtigt, dass vorliegend damit zu rechnen ist, dass infolge der Erweiterung der Pkw-Werkstatt mehrere Schallquellen bestehen, aus denen gleichzeitig Geräuschspitzen austreten? Wurde vor diesem Hintergrund eine Berechnung nach A.2.3.5 der Anlage zur TA Lärm durchgeführt?
3. Welche lärmemitierenden Tätigkeiten sollten nach Auffassung des Gutachters in der geplanten Halle stattfinden und inwieweit wurden diese in die Prognose eingestellt?“
55
Weder im Bauantrag noch in der Baugenehmigung erfolge eine abschließende Aufzählung an Tätigkeiten, die der Beigeladene in der Erweiterungshalle durchführen wolle, aus diesem Grund könne auch nicht mit der hinreichenden Bestimmtheit festgestellt werden, ob die lärmemitierenden Arbeiten in der Halle tatsächlich vollständig in der Lärmimmissionsprognose berücksichtigt worden seien. Die einer Lärmimmissionsprognose zugrundeliegenden Eingabedaten seien stets kritisch zu hinterfragen (VG Ansbach, B.v. 13.12.2018 - AN 3 S 17.2430 - Rn. 33 ff.; BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - Rn. 20 - beide juris). Aus der Betriebsbeschreibung des Vorhabens müsse sich hinreichend deutlich entnehmen lassen, welche Tätigkeiten innerhalb der Anlage durchgeführt würden, um verlässlich beurteilen zu können, mit welchen Immissionen zu rechnen sei. Diese Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit erfülle die Baugenehmigung nicht. Dies ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass im Bauantrag die Rede davon sei, im gegenständlichen Erweiterungsbau ca. 20 Fahrzeuge pro Tag zu untersuchen. Bei lediglich 5 Fahrzeugen solle aber eine Abgasuntersuchung erfolgen. Wie die genaue Untersuchung der übrigen 15 Fahrzeuge pro Tag aussehe, wie lange sie dauern werde und mit welchen Tätigkeiten, bleibe unklar. Auch aus der Betriebsbeschreibung ergäben sich diese Informationen nicht, da hier lediglich von einem Bremsenprüfstand die Rede sei.
56
Aufgrund dessen könne nicht abschließend bewertet werden, ob eine Überschreitung der maßgeblichen Lärmimmissionswerte zu erwarten sei oder nicht. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 13. November 2019 angestellte Prognose basiere nicht auf einer gesicherten Tatsachenbasis, sondern auf Vermutungen.
57
Das Vorbringen der Beklagten zur Auswahl der maßgeblichen Immissionsorte überzeuge nicht. Maßgebliche Immissionsorte seien gemäß Ziffer 2.3 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm i.V. m. Nr. A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm diejenigen Orte im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Anlage, an denen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten sei. Es komme auf eine Prognose künftiger Lärmeinwirkungen auf eine nachbarliche Anlage an. Im Rahmen dieser Prognose könne nicht unterstellt werden, der Beigeladene würde die Tore an der Ostseite der Anlage bei laufendem Betrieb geschlossen halten. Es lägen ausreichend Anhaltspunkte vor, die eine solche Annahme als unrealistisch erscheinen ließen. Gemäß Ziffer 2.3 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm müsse es auf eine realistische Betrachtung ankommen. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte sei daher insbesondere nördlich der Osttore der Anlage des Beigeladenen zu erwarten.
58
Anhand der vorliegenden Lärmkarte könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein im Nordosten der Anlage des Beigeladenen liegender Ort (östlich von IO 2) derjenige sei, an dem am ehesten mit einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu rechnen sei. Wenn ein Gutachter es unterlasse, an einem Ort im Einwirkungsbereich einer Anlage einen Immissionsort zu wählen, dann müsse nachweisbar sein, dass an diesem Ort der Immissionsrichtwert nicht überschritten sein könne. Die Beklagte habe bislang keine geeigneten Berechnungen angestellt, wonach bei unterstellter Einhaltung der Auflage Nr. 6 tatsächlich davon ausgegangen werden könne, dass die maximale Immissionsbelastung der Klägerin an den Immissionsorten IO 1 und IO 2 liegen werde. Die Lärmkarte zeige ein anderes Bild, sie sei bislang nicht durch eine geeignete anderweitige Darstellung widerlegt. Aufgrund dessen sei die Baugenehmigung rechtswidrig und verletze die Klägerin in drittschützenden Rechten.
59
Mit Gutachten vom 25. September 2020 nahm die Handwerkskammer für Mittelfranken in …, Dipl.-Ing. (FH) … …, zu den Fragen der Klägerin umfassend Stellung. In der abschließenden Bewertung kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass bei der Annahme der Immissionsansätze von einem worst-case Szenario ausgegangen worden sei. Die Anzahl von 50 Hauptuntersuchungen pro Tag werde nach Angaben des Beigeladenen nur an wenigen Tagen des Jahres erreicht. Die reduzierten Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten mit schutzwürdiger Nutzung an dem benachbarten Gebäude seien unter anderem mit der Öffnung der Tore nach Osten und des westlichen Tores der neuen Halle eingehalten. Bei geschlossenen Toren seien die Immissionsrichtwerte deutlich unterschreiten. Auf die Lärmkarte mit den Ergebnissen der Berechnung bei geschlossenen Toren werde verwiesen. Zusätzlich sei ein dritter Immissionsort (IO 3) festgesetzt worden, der die hinter der Prüfhalle liegenden Fenster des klägerischen Gebäudes einbeziehe. Weitere Immissionsorte mit schutzwürdigen Nutzungen seien nicht vorhanden, zumal hinter der etwas zurückversetzten Fassade des Gebäudes der Klägerin sich ausschließlich Flure und Treppenhäuser befänden. Der reduzierte Immissionsrichtwert von tags 59 dB(A) werde auch an dem Immissionsort 3 bei geöffneten und geschlossenen Toren unterschritten. Auf die weiteren Ausführungen in dem Gutachten wird verwiesen.
60
Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 ergänzend aus, mit der vorliegenden Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken sei der Nachweis erbracht worden, dass auch bei geöffneten Toren während des Betriebes die Immissionsrichtwertanteile eingehalten werden könnten. Es handele sich um eine zulässige worst-case Betrachtung, womit jedoch nicht die Notwendigkeit des Schließens der Türen bei (lauten) Arbeiten in Abrede gestellt werde. Bei dieser rechnerischen Betrachtung auf Grundlage der TA Lärm könne eine Nachbarschaftsverträglichkeit attestiert werden.
61
Der Umstand, dass in der Auflage 6 als Beispiel für lärmintensive Tätigkeiten nur die Abgasuntersuchungen genannt seien und nicht auch der Bremsenprüfstand, sei schlicht auf die Bezeichnung des Antragsgegenstandes durch den Beigeladenen zurückzuführen, nicht darauf, dass andere lärmintensive Arbeiten nicht Gegenstand der Genehmigung und der lärmfachlichen Überprüfung durch die Beklagte gewesen seien. Da die Abgasuntersuchungen den schallimmissionstechnisch relevantesten Fall darstellten, sei im Bescheid formuliert „(z. B. während der Abgasuntersuchungen etc.)“. Dessen ungeachtet seien alle im Rahmen der beantragten Tätigkeiten relevanten Lärmquellen in der Schallimmissionsprognose untersucht und in der Auflagenstellung berücksichtigt worden. Als Beispiel wurde das Geräusch des Zuschlagens der Motorhaube genannt, hierbei handele es sich um ein sehr kurzes Schallereignis, das in erster Linie im Rahmen des Spitzenpegelkriteriums zu beurteilen sei. Kurzzeitige Geräuschspitzen seien in der Schallimmissionsprognose im Freien und mit einem deutlich höheren Pegel untersucht worden, als dies beim Schließen der Motorhaube der Fall sei. Somit sei sichergestellt, dass unabhängig ob die Tore während des Betriebes offen oder geschlossen seien, das Spitzenpegelkriterium eingehalten werde. Auch für die Hupgeräusche gelte, dass diese schalltechnisch nur für das Spitzenpegelkriterium nach der TA Lärm von Relevanz seien. Eine Nachberechnung habe ergeben, dass Hupgeräusche die Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionsorten nur unmerklich beeinflussten.
62
Die Zunahme der Bewegungshäufigkeit sei in der Schallimmissionsprognose berücksichtigt worden. Mit der Annahme von 100 Pkw-Bewegungen pro Tag liege der Gutachter auf der sicheren Seite.
63
In der Betriebsbeschreibung seien alle Arbeiten und deren genauer Ablauf und Umfang klar definiert. Auf diesem eindeutig definierten Tätigkeitsumfang basiere auch die Schallimmissionsprognose, die alle schalltechnisch relevanten Lärmquellen berücksichtige.
64
Aus der Lärmkarte sei erkennbar, dass entlang der gesamten Südfassade des Anwesens der Klägerin die Immissionsrichtwertanteile eingehalten würden. Da die Lärmkarte neben den gewählten maßgeblichen Immissionsorten alle an der Fassade zu erwartenden Beurteilungspegel darstelle und somit die Einhaltung der Immissionsrichtwertanteile auf diese Art nachweise, könne auf eine ergänzende Darstellung weiterer Immissionsorte verzichtet werden. Dennoch habe der Gutachter einen möglichen weiteren Immissionsort - am Fenster hinter der Prüfhalle - ermittelt. Der reduzierte Immissionsrichtwert von 59 dB(A) werde auch dort unterschritten, bei geschlossenen wie bei offenen Toren.
65
In der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2020 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert und die bereits schriftlich gestellten Klageanträge wiederholt. Der Beigeladene stellte keinen Antrag. Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
66
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegenden Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

67
Die zulässige Klage ist unbegründet.
68
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
69
Klagegegenstand ist die gegenüber dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes“ auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung …
70
1. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
71
Die Klagebefugnis liegt vor. Insbesondere kann die Klägerin geltend machen, möglicherweise in ihren drittschützenden Rechten aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verletzt zu sein (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 BauNVO). Die ursprüngliche Klägerin hat ihr Einverständnis zu dem Klägerwechsel erklärt, die übrigen Beteiligten haben die Übernahme der Prozessführung durch die Klägerin nicht widersprochen.
72
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
73
Da für das streitgegenständliche Gebiet kein Bebauungsplan existiert, beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens des Beigeladenen nach § 34 Abs. 2 BauGB. Unstrittig zwischen den Beteiligten ist die maßgebende Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Gewerbegebiet einzustufen, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind die bisher genehmigte wie die durch die angefochtene Baugenehmigung erweiterte Nutzung dort allgemein zulässig.
74
Das beantragte Bauvorhaben „Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes“ der FlNr. … verstößt auch nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO.
75
Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid zum Schutz der Klägerin vor unzumutbarer Lärmbelästigung geeignete und ausreichende Auflagen zum Lärmschutz aufgenommen (2.1).
76
Durch das Gutachten der Handwerkskammer für Mittelfranken vom 3. Mai 2018 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 25. September 2020 steht fest, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte an den das Gebäude der Klägerin abdeckenden Immissionsorten 1, 2 und 3 beim genehmigten Betrieb eingehalten werden (2.2). Die Lärmschutzauflagen in der Baugenehmigung sind hinreichend bestimmt (2.3).
77
2.1 Die Klägerin ist nach der Baugenehmigung und den darin enthaltenen Auflagen keinen schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG ausgesetzt.
78
In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Immissionen sind dann unzumutbar, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen, wobei sich die Erheblichkeitsgrenze nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung richtet, (BVerwG, U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 4 ff.; B.v. 27.12.2017 - 15 CS 17.2061 - juris). Soweit sich die Klägerin auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme wegen schädlicher Geräuschimmissionen beruft, ist als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für einen Nachbarn die 6. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm/TA Lärm) heranzuziehen, der als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu kommt. Dabei ist die Konkretisierung der gesetzlichen Maßstäbe jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschemissionen vorschreibt (BayVGH, B.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris Rn. 20; VG Würzburg, B.v. 12.12.2016 - W 4 S 16.1201 - juris).
79
Nach Ziffer 6.1 b) der TA Lärm sind in Gewerbegebieten tags 65 dB(A) zulässig. Durch den Abzug von 6 dB(A) hat die Beklagte sichergestellt, dass auch unter Berücksichtigung einer eventuell vorhandenen Vorbelastung der zulässige Immissionsrichtwert tags nicht überschritten wird, die als Immissionsrichtwert festgesetzten 59 dB(A) tags tragen deshalb dem Schutz der Klägerin hinreichend Rechnung. Da der genehmigte Betrieb keine Tätigkeit in der Nachtzeit von 22:00 bis 6:00 Uhr entfaltet, ist eine Beeinträchtigung der Klägerin während der Nachtzeit ausgeschlossen, aber auch insoweit genügt der festgesetzte Immissionsrichtwert von 44 dB(A) nachts dem Schutzbedürfnis der Klägerin, da hier wieder von den in Gewerbegebieten zulässigen 50 dB(A) nachts 6 dB(A) abgezogen wurden.
80
Auch die zulässigen Spitzenpegel nach Ziffer 6.1 der TA Lärm wurden zutreffend festgesetzt, das Gebäude der Klägerin … … als Immissionsort aufgenommen.
81
Die Beklagte hat dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme hinreichend Rechnung getragen, indem sie in der Baugenehmigung in der Auflage 2 auf die Angaben der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018 mit handschriftlichen Ergänzungen vom 19. März 2019 Bezug genommen und die Auflagen 5 - 9 zum Lärmschutz erlassen hat.
82
2.2 Entsprechend der Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken vom 25. September 2020, die in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2020 zum Gegenstand der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen und damit zum Gegenstand der Baugenehmigung vom 29. März 2019 gemacht wurde, werden die Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten entsprechend der TA Lärm eingehalten bzw. unterschritten, dies gilt sogar bei geöffneten Toren.
83
Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass das vorgelegte Gutachten vom 3. Mai 2018 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 25. September 2020 umfassend zur Entscheidungsfindung herangezogen werden können. Sie sind in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar und gehen von zutreffenden Eckpunkten aus. Das Gutachten lässt keine entscheidungserheblichen Parameter bei der Beurteilung der Lärmwerte außer Betracht. Unter Zugrundelegung einer höchsten Auslastung („worst-case Szenario“) des Bauvorhabens „Erweiterung des Bremsenprüfstandes“ von 100 Fahrzeugbewegungen pro Tag kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass an allen drei Immissionsorten der reduzierte Immissionsrichtwert von 59 dB(A) sowohl bei geöffneten als auch bei geschlossenen Toren unterschritten wird.
84
Die maßgeblichen drei Immissionsorte (IO 1, IO 2 und IO 3) wurden in der Lärmimmissionsprognose vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2020 entsprechend den Vorgaben der TA Lärm festgelegt, vgl. 2.3 TA Lärm i.V. m. Nr. A. 1.3 des Anhangs, wonach maßgeblicher Immissionsort der zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage darstellt, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist.
85
Durch die Aufnahme des Immissionsortes 3 entsprechend der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. September 2020 als Teil der Bauvorlagen und damit als Teil der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist der Einwand der Klägerin, in nordöstlicher Richtung fehle die Festsetzung eines weiteren Immissionsortes, obsolet geworden. In der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken vom 25. September 2020 wurde ein dritter Immissionsort, nordöstlich gelegen zu den beiden bisherigen Immissionsorten (IO 1 und IO 2), herangezogen und Berechnungen führen zu dem Ergebnis, dass der reduzierte Immissionsrichtwert von tags 59 dB(A) auch bei dem neuen Immissionsort 3 sowohl bei geöffneten als auch geschlossenen Toren unterschritten wird.
86
Entgegen dem Vortrag der Klägerin wurden in der Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2020 alle relevanten Lärmquellen aufgenommen. Insbesondere entsteht kein zusätzlicher Lärm durch das streitgegenständliche Bauvorhaben aufgrund von Anlieferungen durch Lastkraftwagen. Nach den Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2020 finden keinerlei Anlieferungen von Lastkraftwagen zu seinem Betrieb statt. Die Anlieferung von für den Betrieb erforderlichen Materialien von ca. ein bis zweimal pro Tag mit einem Pkw, wie beispielsweise einem Sprinter, kann hierbei unberücksichtigt bleiben.
87
Unerheblich ist der Vortrag der Klägerin dahingehend, dass das Schallgeräusch der Hupe nicht in der Schallimmissionsprognose berücksichtigt wurde. Aus der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken ergibt sich hierzu, dass es sich bei dem Schallgeräusch der Hupe um kurzzeitige Geräuschspitzen - Spitzenpegel - handelt, die innerhalb der Prüfhalle durch die abschirmende Wirkung keinerlei Einfluss auf die Einhaltung des Spitzenpegelkriteriums an den maßgeblichen Immissionsorten haben und durch die sehr kurze gesamte Einwirkzeit eine Berücksichtigung beim Halleninnenpegel im vorliegenden Fall vernachlässigt werden können. Bei der Berechnung mit einem Halleninnenpegel von Li = 81,7 dB (A) über die gesamte Arbeitszeit errechneten sich an den maßgeblichen Immissionsorten Beurteilungspegel, die nur um 0,2 dB(A) erhöht waren.
88
Unbeachtlich ist der Einwand der Klägerin, seit dem 1. Juli 2012 sei innerhalb der TÜV-Abnahme eine Probefahrt vorzunehmen und diese zusätzlichen Fahrzeugbewegungen seien in der Lärmimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken nicht berücksichtigt worden. Entsprechend den Ausführungen des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2020 findet keine zusätzliche Probefahrt im Rahmen der TÜV-Abnahme statt. Vielmehr prüft der Prüfer beim Hineinfahren des jeweiligen Kraftfahrzeugs in die Bremsenprüfhalle, ob die Lenkvorrichtung fachgemäß funktioniert. Insoweit sind daher die Fahrzeugbewegungen in dem worst-case Szenario der Schallimmissionsprognose umfassend berücksichtigt worden.
89
Die weiteren Fahrzeugbewegungen der Mitarbeiter des Beigeladenen konnten zu Recht in der Lärmimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken außer Betracht bleiben, da der Beigeladene lediglich über 3 - 5 Mitarbeiter verfügt, die ihr Fahrzeug im hinteren Bereich der Karosseriewerkstatt parken. Durch das streitgegenständliche Bauvorhaben „Erweiterung des Bremsenprüfstandes“ erhöht sich die Anzahl der Mitarbeiter nicht (vgl. Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018).
90
2.3 Entgegen den Ausführungen der Klägerin ist die Baugenehmigung in der Auflage Nr. 6 bestimmt genug und steht nicht im Widerspruch zu der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen.
91
In dem beantragten Nutzungsumfang des Erweiterungsbaus des Bremsenprüfstandes, wie er sich aus der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen ergibt, ist die Einhaltung der Auflage nach Art. 37 BayVwVfG ausreichend bestimmt.
92
Die Baugenehmigung als Verwaltungsakt muss hinreichend bestimmt sein und das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung in objektiv-rechtlicher Hinsicht dann, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten - gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung - eindeutig zu erkennen und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist (BayVGH, B.v. 18.05.2018 - 9 CS 18.10 - Beck RS 2018,10045). Dem Gegenstand der Baugenehmigung bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag, auf den in der Baugenehmigung verwiesen wird. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (BayVGH, B.v. 05.07.2017 - 9 CS 17.603 - juris; BVerwG, B.v. 20.05.2014 - 4 B 21.14 - juris).
93
Hiervon ausgehend ist die Auflage Nr. 6 in dem Baugenehmigungsbescheid der Beklagten nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt, da zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang durch die Zulassung des Vorhabens schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen zu erwarten sind.
94
Entsprechend der Auflage Nr. 6 des Baugenehmigungsbescheides vom 29. März 2019 sind bei lärmintensiven Arbeiten (z. B. während der Abgasuntersuchungen etc.) Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten. Es ist nicht erforderlich, weitere Beispiele an lärmintensiven Arbeiten zu benennen. Die Formulierung „lärmintensive Arbeiten“ in Nebenbestimmungen zu einem Genehmigungsbescheid ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2017 - 9 ZB 15.2092 - juris).
95
Unschädlich ist die Formulierung in der Auflage Nr. 6, dass „antragsgemäß“ Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus geschlossen zu halten sind, während der Beigeladene in seinem Antrag lediglich die Schließung der Tore beantragte. Weichen Darstellungen und Angaben in den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen vom Inhalt des Genehmigungsbescheides ab, geht der Inhalt des Baugenehmigungsbescheides vor (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 2018, Art. 68 Rn. 466; VG Ansbach, B.v. 24.5.2012 - AN 9 S 12.00292 - juris).
96
Die Einhaltung der Auflage Nr. 6 ist zudem für einen Bremsenprüfstand mit TÜV-Abnahme geradezu betriebstypisch und durchführbar. Der Einwand der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BayVGH vom 26. März 1984 (14 B 81 A. 817) geht fehl. Hiernach bleiben mögliche Schutzmaßnahmen oder Beschränkungen aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise im Planungsrecht außer Betracht, wenn diese bei einem Betrieb ungewöhnlich oder betriebsfremd wären und daher auf Dauer ein Bedürfnis nach ihrer Beseitigung auslösen würde oder deren Einhaltung sonst von der Bauaufsichtsbehörde mit zumutbarem Aufwand nicht zuverlässig überwacht werden könnte. Anhaltspunkte dafür, dass es in einem Bremsenprüfstand betriebsfremd bzw. ungewöhnlich wäre, Fenster und Tore bei lärmintensiven Arbeiten (vgl. Auflage 6 des Bescheides vom 29. März 2019) geschlossen zu halten, liegen gerade nicht vor und wurden seitens der Klägerin auch nicht konkret vorgetragen.
97
Soweit die Klägerin vorträgt, die Auflage Nr. 6 des Baugenehmigungsbescheides werde durch die Mitarbeiter des Beigeladenen nicht eingehalten, wird ein auflagenverletzendes Verhalten unterstellt.
98
Zwar mag es in der Vergangenheit bereits zu Beschwerden der Mieterin der Klägerin gekommen sein, dass vor allem bei wärmeren Temperaturen die Tore des bisherigen Bremsenprüfstandes geöffnet gewesen seien. In dem Fall wäre die Beklagte verantwortlich, hier gegebenenfalls bauaufsichtlich tätig zu werden. Im Übrigen ist auf die Schallimmissionsprognose vom 3. Mai 2018 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 25. September 2020 zu überweisen, wonach selbst bei geöffneten Toren die reduzierten Immissionsrichtwerte an allen drei Immissionsorten eingehalten werden.
99
3. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Luftverschmutzungen durch Abgase und Feinstaub nicht berücksichtigt worden seien, wird auf die Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018 verwiesen, wonach die bei der TÜV Abnahme entstehenden Motorenabgase über eine Absaugvorrichtung ins Freie geleitet werden. In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Beigeladene, dass bei den modernen Fahrzeugen ein Motorhochlaufen nicht mehr notwendig sei, da dies auch elektronisch erfolgen könne. Bei Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Grenzwerte am Arbeitsplatz des Bremsenprüfstandes stellen zudem die Abgase in einer Entfernung von mindestens 14 m zum klägerischen Gebäude keine unzumutbaren Beeinträchtigungen dar.
100
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
101
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen selbst trägt, §§ 154 Abs. 3,162 Abs. 3 VwGO.