Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 03.06.2020 – AN 17 K 20.30062
Titel:

Abschiebung nach Kuba - Homosexuell

Normenketten:
AsylG § 3 Abs. 1, § 3d, § 4 Abs. 1 S. 1, § 83b
AufenthG § 60 Abs. 5
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, Nr. 7, § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1
Leitsatz:
Gesellschaftlich zu befürchtende Diskriminierung genügt für eine Verfolgungsgefahr im asylrechtlichen Sinne in der Regel nicht, sie erreicht jedenfalls im nicht religiös geprägten Kuba keine asylrechtlich relevante Schwelle. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kuba, Homosexualität, HIV-Infektion, Verheiratung, Abschiebungsandrohung, politische Verfolgung, Krankenhaus, Aufenthaltsverbot, Asylbewerber, Asylanerkennung, Abschiebung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 16683

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1
Der 1972 geborene Kläger ist kubanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 10. Mai 2019 mit einem von D. erteiltem Schengenvisum, beantragt am 2. April 2019 und gültig für max. 90 Tage ab dem 2. Mai 2019, auf dem Luftweg über Sp. in die Bundesrepublik D. ein.
2
Er stellte am 17. Juli 2019 in Berlin beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten ein Asylgesuch und am 24. Juli 2019 einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Der Kläger ist im Besitz eines von Mai 2015 bis Mai 2021 gültigen kubanischen Reisepasses. Er hatte bereits in den Jahren 2013 bis 2018 jeweils Besuchsvisa für D. erhalten. Sein Reisepass weist kubanische Stempel aus den Jahren 2015 bis 2019 aus.
3
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt vom 28. August 2019 gab der Kläger an, dass er zuvor zuletzt im Januar 2018 in D. gewesen sei. Grund seiner bisherigen Einreisen sei der Besuch eines Freundes in B. gewesen. Er habe in K. ein Studium als Krankenpfleger und Elektrotechniker und einen Kurs in Fußpflege absolviert. Er habe als Elektrotechniker in einem Krankenhaus in … gearbeitet. Weil er homosexuell sei, sei ihm die Tätigkeit als Krankenpfleger verweigert worden. Seine Chefin im Krankenhaus habe ihm einen Job als Elektriker angeboten, da die Krankenpflegerplätze schon besetzt gewesen seien. In den anderen Krankenhäusern sei er vertröstet worden.
4
Wegen seiner Homosexualität habe er in K. in den letzten drei Jahren Verfolgung erfahren. Er sei verhaftet worden und öfter zur Polizeistation gebracht und von der Polizei öfter geschlagen worden. Er habe eine Narbe von einem Vorfall am 13. März 2018. Dieses Datum werde er nie vergessen. Da habe man ihm im Krankhaus aufgrund der erhaltenen Schläge auf die Finger den halben Fingernagel entfernen müssen, was sehr schmerzhaft gewesen sei.
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Sein Privatleben sei überwacht worden. Auf den Nachhauseweg vom Krankenhaus habe die Polizei ihn aufgehalten, ihn auf seine Homosexualität angesprochen und ihn drei bis vier Tage auf der Polizeistation festgehalten. Dies sei am 11. Februar 2019 gewesen, aber öfter geschehen auf seinem Weg von der Arbeit nach Hause, zuletzt am 4. April 2019. Man habe ihm gedroht, ihn festzunehmen, wenn er den Weg weiter nehme. Am 4. April 2019 sei er verhaftet worden und ungefähr vier Tage festgehalten worden ohne Wasch- und Essmöglichkeit. Er werde überwacht, weil er homosexuell sei. Auch seine Familie leide darunter, seine Mutter habe Angst um ihn. Am 4. April sei ihm gesagt worden, dass er sofort verhaftet werde, wenn man ihn nochmals dort antreffe. Die Polizisten habe es nicht interessiert, dass Homosexualität in K. nicht strafbar sei. Er habe sich fast jedes Jahr an höherer Stelle beschwert, aber es sei nichts geschehen. Am 4. April 2019 sei ihm auch mit einer Anklage gedroht werden. Hierzu sei es aber noch nicht gekommen.
6
Die Zelle der Polizeistation vom 11. Februar 2019 sei katastrophal gewesen, ein kleiner Betonbunker ohne Fenster und ohne Bett, dreckig und halbdunkel. In den vier Tagen sei er drei Mal von vier bis fünf Polizisten verhört worden. Er sei gefragt worden, was er dort mache. Man habe ihm nicht geglaubt, dass er von der Arbeit heimgehe. Man habe ihm auf den Mund geschlagen. Er habe eine Strafe von 60 Pesos zahlen müssen, aber keine Meldeauflage erfüllen müssen. Vor drei Jahren habe er einmal eine Meldeauflage für drei Monate erhalten. Am 4. April 2019 sei er in eine andere Zelle, ebenfalls im Keller der Polizeistation, gekommen. Zwischen den Verhaftungen im Februar und April 2019 sei nichts passiert, es habe aber Probleme z.B. mit einem Ausweis gegeben.
7
Nach der Verhaftung im April und der Ausreise habe er noch ca. sechs bis sieben Mal gearbeitet und zum Teil einen anderen Rückweg genommen, weil die Polizei wieder öfter dort gewesen sei. Ca. einen Monat vor der Ausreise habe er beschlossen, K. zu verlassen. Den Flug habe sein Freund in Berlin gebucht. Bei der Ausstellung des Reisepasses habe er keine Schwierigkeiten gehabt.
8
Mit seiner Mutter in K. telefoniere er von Zeit zu Zeit. Sie habe ihm gesagt, dass der Sektorchef ungefähr zwei Mal gekommen und nach ihm gefragt habe.
9
Er wisse seit kurzem, dass er HIVpositiv sei. Hierzu legte der Kläger in der Folge eine ärztliche Bescheinigung eines Internisten vom 2. Oktober 2019 vor mit der Diagnose HIV-Infektion Stadium 3, der erforderlichen medikamentösen Behandlung und dem Hinweis, dass eine Kontrolle von mind. zwei Mal im Quartal erforderlich sei. Die antiretrovirale Therapie müsse dauerhaft und ohne Unterbrechung erfolgen.
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Mit Schreiben vom 29. August 2019 wendete sich der Freund und Unterzeichner der Verpflichtungserklärungen für die Visa, Herr … …, beim Bundesamt und gab an, dass er den Kläger 2012 in … kennengelernt habe und ihn ab da einmal jährlich für mehrere Wochen nach D. eingeladen habe. Der Kläger habe aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation mehrfach den Wunsch geäußert, in D. bleiben zu können. Er habe in K. in einem staatlichen Krankenhaus als Krankenpfleger gearbeitet und mit der zusätzlichen Unterstützung durch ihn gut auskommen können. Der Asylantrag sei für ihn überraschend, weil der Kläger seines Wissens niemals einer repressiven Situation ausgesetzt gewesen sei, weder politische noch sexuelle Diskriminierung erlebt habe.
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Mit Bescheid vom 13. Januar 2020, dem Kläger zugestellt am 21. Januar 2020, erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4), drohte dem Kläger die Abschiebung - in erster Linie - nach K. an, wenn er die Bundesrepublik D. nicht innerhalb von 30 Tagen ab Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens verlasse (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).
12
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. Januar 2020 erhob der Kläger Klage und beantragte,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Januar 2020 zu verpflichten, den Asylantrag dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen,
hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzusprechen,
hilfsweise festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG vorliegt.
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Zur Begründung wurde auf das „Attest vom 1. Oktober 2019“ verwiesen. Die notwendigen Medikamente würden aus den USA bezogen. Aufgrund des verschärften Embargos aus den USA träten erhebliche Engpässe auf.
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Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2020 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Mit Schriftsatz vom 2. bzw. 3. Juni 2020 zeigten sowohl die Kläger- als auch die Beklagtenseite unter Vorlage einer Eheurkunde an, dass der Kläger am … 2020 in … einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet habe.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzuweisen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 13. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18
Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Auch im Übrigen stößt der angegriffene Bescheid auf keine rechtlichen Bedenken.
19
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Ergänzende Regelungen ergeben sich aus § 3a AsylG für die Verfolgungshandlungen, aus § 3b AsylG für die Verfolgungsgründe, aus § 3c AsylG zu den Akteuren, von denen Verfolgung ausgehen kann, aus § 3d AsylG zu den Akteuren, die Schutz bieten können, und nach § 3e AsylG zu einem möglichen internen Schutz.
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Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist, gilt dabei einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr („real risk“). Erforderlich ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene bei einer Rückkehr verfolgt werden wird. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - NVwZ 2011, 1463; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936). Dabei ist die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie in Form einer widerlegbaren Vermutung zu beachten, wenn der Asylbewerber bereits erfolgte Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgungscharakter geltend macht und sich seine Furcht hinsichtlich einer Rückkehr in sein Heimatland aus einer Wiederholung bzw. Fortsetzung der erlittenen Verfolgung ergibt.
21
Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich der Vorgänge im Herkunftsland für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller und darf das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen. Es hat sich vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zu begnügen (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33/71 - NJW 1978, 2463). Andererseits muss der Asylbewerber von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm in der Regel nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. BVerwG B.v. 21.7.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171).
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Dies zu Grunde gelegt und unter Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr nach K. eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG unterfallende Gefährdung droht.
23
a) Von einer Vorverfolgung im o.g. Sinne konnte der Kläger das Gericht nicht überzeugen.
24
Zwar hat das Gericht keinen Zweifel an der Homosexualität des Klägers, jedoch konnte er keine ihm daraus erlittene Verfolgung glaubhaft machen. Schon beim Bundesamt schilderte der Kläger die Zusammenstöße mit der Polizei und seine Verhaftungen, was den Ablauf und den gegen ihn gerichteten Vorwurf betrifft, nur sehr vage und ungenau, was gegen ein tatsächliches Erleben spricht. So nannte er als Dauer der Festnahme im Februar und April 2019 nur den vagen Zeitraum von drei bis vier Tagen und als der Grund Festnahmen, dass er homosexuell sei. Da Homosexualität in K. nicht strafbar ist, ist wenig wahrscheinlich, dass man ihm dies direkt zum Vorwurf gemacht und deshalb festgenommen hat. In der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2020 setzte der Kläger sich zu seinen Aussagen beim Bundesamt zudem deutlich in Widerspruch. Den Vorgang, bei dem sein Finger verletzt worden sei, datierte er nunmehr auf den „4. April 2018“ bzw. „ein bisschen vor der Ausreise nach D.“. Dies ist schon in sich widersprüchlich, da er erst im Mai 2019 nach Europa gereist ist. Eine bloß aufgrund von Aufregung erfolgte fehlerhafte Datumsnennung scheidet auch aus. Beim Bundesamt hatte der Kläger nämlich angegeben, dass sein Finger bei einer - damals nicht näher dargelegten - Aktion am 13. März 2018 verletzt worden sei und er dieses Datum nie werde vergessen können. Auf den 4. April 2019 datierte er damals hingegen die polizeiliche Festnahme. Die Verwechslung und das Vergessen von zentralen Daten und Vorgängen stellen ein ganz erhebliches Indiz dafür dar, dass es sich nicht um reale Erlebnisse handelt. Da der Kläger bereits am 2. April 2019 sein Besuchsvisum für D. beantragt hat, war auch schon der Zusammenhang der Ausreise mit einem Vorfall am 4. April 2019 unglaubhaft. Dafür, dass der Kläger keine Verfolgung in K. erlitten hat, sprechen letztlich auch die Tatsache seiner unbehelligten Ausreise im Mai 2019 und seine regelmäßigen Aufenthalte in D. mit problemloser Rückkehr nach K. sowie die schriftliche Aussage von Herrn … dem Bundesamt gegenüber.
25
Dass der Kläger homosexuell ist, begründet als solches auch nach den zum Verfahren beigezogenen Erkenntnisquellen keine erhebliche und konkrete Gefahr, bei einer Rückkehr Opfer von staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Homosexualität steht in K. nicht unter Strafe. Die Zeiten von Umerziehungslagern gehören in K. der Vergangenheit an. Gesellschaftlich zu befürchtende Diskriminierung genügt für eine Verfolgungsgefahr im asylrechtlichen Sinne in der Regel nicht, sie erreicht jedenfalls im nicht religiös geprägten K. keine asylrechtlich relevante Schwelle (vgl. VG Ansbach, U.v. 9.1.2019 - AN 17 K 18.31340 - juris).
26
b) Auch die Asylantragstellung in der Bundesrepublik D. zieht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung unverfolgt und legal aus K. eingereister kubanischer Staatsangehöriger nach sich (BVerwG, B.v. 7.12.1999 - 9 B 474.99; BayVGH, U.v. 29.7.2002 - 7 B 01.31054; B.v. 5.6.2008 - 15 ZB 07.30102; VG Ansbach, U.v. 24.9.2015 - AN 3 K 14.30542; alle juris).
27
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass Personen, die im Ausland einen Asylantrag stellen, von der kubanischen Regierung als Regimekritiker eingestuft werden und in diesem Fall bei ihrer Rückkehr nach K. von willkürlichen staatlichen Repressalien bedroht sind (Schweizerische Flüchtlingshilfe „K.: Rückkehr, 16. Februar 2009“). Für den Kläger besteht hierfür aber nach Auffassung des Gerichts keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, da er in der Bundesrepublik D. nicht politisch tätig ist und er auch in seiner Heimat nicht politisch aktiv war. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass den kubanischen Behörden die Asylantragstellung des Klägers bekannt geworden ist.
28
Ebenso wenig ergibt sich ein politisches Rückkehrhindernis wegen seiner Verheiratung mit einem deutschen Staatsangehörigen oder wegen der Länge seines Aufenthaltes in D.. Einer Ausreise- und Rückkehrgenehmigung bedarf es nach den vom Gericht beigezogenen Erkenntnisquellen für K.ner nicht. Eine Rückkehr ist innerhalb von 24 Monaten rechtlich und tatsächlich möglich. Der Verlust der Rückkehrberechtigung nach Ablauf dieser Frist, stellt gegebenenfalls ebenfalls keine Verfolgung dar, da der Verlust der Rückkehrberechtigung generell an den Ablauf der Rückkehrfrist und nicht an die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Merkmale anknüpft (VG Ansbach, U.v. 9.1.2019 - AN 17 K 18.31340; U.v. 14.9.2015 - AN 3 K 14. 30542 - jeweils juris). Die Rückkehrfrist ist für den Kläger im Übrigen auch noch nicht abgelaufen.
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2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zu.
30
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG).
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Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder glaubhaft vorgetragen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.
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3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK - ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach § 60 Abs. 7 AufenthG ist eine Abschiebung unzulässig, wenn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers bei einer Rückkehr nach K. bestünde. Eine solche ergibt sich für den Kläger auch im Hinblick auf seine HIV-Infektion nicht. Krankheitsanzeigen hat der Kläger momentan nicht, er gab in der mündlichen Verhandlung vielmehr an, sich im Moment gut zu fühlen. Er ist zur Verhinderung des Krankheitsausbruchs zwar auf Medikamente und regelmäßige ärztliche Kontrolle angewiesen, die nötigen Medikamente sind in K. aber prinzipiell zu erhalten. Zu dieser Einschätzung gelangt das Gericht aufgrund der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen zum Gesundheitswesen in K.. Nach den Auskünften der Botschaft der Bundesrepublik D. in Havanna an das Bundesamt vom 16. Oktober 2015 und an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 28. Mai 2018 ist eine Behandlung von Aids und einer HIV-Infektion in K. möglich und sind entsprechende Medikamente in K. grundsätzlich erhältlich. Die Behandlung erfolgt für kubanische Staatsangehörige dabei kostenlos und wird staatlicherseits getragen. Die Tatsache, dass Versorgungsengpässe im Einzelfall in einem sozialistischen System nicht ausgeschlossen werden können, führt nicht zu einem Abschiebungshindernis für den Kläger, da eine konkrete und erhebliche Gefahr derzeit für ihn nicht absehbar und wahrscheinlich ist. Das pauschale Bestreiten der Verfügbarkeit des notwendigen Medikaments durch den Kläger widerlegt diese Einschätzung nicht.
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Ebenso wenig ergibt sich ein Abschiebungshindernis aus der gegenwärtigen Pandemie-Lage durch das Corona-Virus. Eine eine Rückkehr unzumutbar machende Situation in K. hat der Kläger weder vorgetragen, noch ist eine solche dem Gericht bekannt. Jedenfalls stünde § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG einer Berücksichtigung im vorliegenden Verfahren entgegen.
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4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor. Der Kläger ist trotz Eheschließung bislang nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, der der Abschiebungsandrohung entgegenstünde (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AusylG).
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5. Gleiches gilt für die Befristung des in Ziffer 6 des Bescheids festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbots gem. §§ 11 Abs. 1, Abs. 2, 75 Nr. 12 AufenthG. Die Befristung steht dabei im Ermessen der Behörde, vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, womit das Gericht die Festsetzung in zeitlicher Hinsicht nur auf - im vorliegenden nicht vorgetragene - Ermessensfehler hin überprüft (§ 114 Satz 1 VwGO).
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6. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen, wobei Gerichtskosten gemäß § 83b AsylG nicht erhoben werden.