Titel:
Teilnahme am Bewerbungsverfahren für den gehobenen Polizeidienst der Bundespolizei, hier: Ausschluss wegen gesundheitlicher Gründe
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
BPolBG § 2, § 9
BBG § 9 S. 1
Leitsätze:
1. Der Dienstherr legt die körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest, wobei ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zusteht, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der jeweiligen Dienstposten zu orientieren hat (ebenso BVerwG BeckRS 2013, 58696). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Frage, ob der einzelne Bewerber den laufbahnbezogen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt, ist dem Dienstherrn hingegen kein Beurteilungsspielraum eröffnet; darüber entscheiden letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte ohne an tatsächliche oder rechtliche Bewertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 50795). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers für das angestrebte Amt muss nicht nur zum Beurteilungszeitpunkt, sondern auch im Hinblick auf die künftige Amtstätigkeit vorliegen (Prognoseentscheidung), dabei kann von der gesundheitlichen Nichteignung eines Bewerbers ausgegangen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (stRspr BVerwG BeckRS 2013, 58696). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist rechtsfehlerfrei, davon auszugehen, dass einem Bewerber wegen einer Farbsinnwahrnehmungsstörung die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes bei der Bundespolizei fehlt. (Rn. 22 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Teilnahme am Einstellungsverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst, PDV 300, Fehlende körperliche Eignung wg. Farbsehschwäche, Bewerbungsverfahrensanspruch, Einstellungsverfahren, Dämmerungssehschwäche, gehobener Polizeivollzugsdienst, Bundespolizei, Ausweispapiere, Fälschungsmerkmale, gesundheitliche Eignung, fehlende körperliche Eignung wegen Farbsehschwäche
Fundstelle:
BeckRS 2020, 15737
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Teilnahme am Bewerbungsverfahren um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei.
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Der Kläger hat am 25.03.2018 eine Bewerbung um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizei eingereicht. Im Zusammenhang mit der Bewerbung wurden auch ärztliche Befundberichte übermittelt. In seinen Bewerbungsunterlagen gab der Kläger unter Nr. 4 - Angaben zur Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit - an, Brillenträger zu sein. Im vorgelegten Befundbericht wurde unter Nr. 5 („Lichtsinn“) ein Kontrast von 1:23,5 mit Blendung und unter Nr. 6 („Farbensinn“) eine Fehleranzahl von 10 bei der Farbsinnprüfung nach Velhagen attestiert. Mit Schreiben vom 14.06.2018 wurde dem Kläger seitens der Bundespolizeiakademie mitgeteilt, dass eine Teilnahme am Testverfahren der Bundespolizei aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20.06.2018 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Bundespolizeiakademie Widerspruch ein. Gleichzeitig wurde eine einstweilige Zulassung des Klägers zum Einstellungs- und Bewerbungsverfahren begehrt. Mit Schreiben vom 27.06.2018 teilte die Beklagte mit, dass sich die Ablehnung der Bewerbung des Klägers aus gesundheitlichen Gründen auf die Angaben im augenärztlichen Befundbericht vom 02.05.2018 (…) stütze. Maßgeblich sei jedoch nicht lediglich die beim Kläger bestehende Farbsinnschwäche. Vielmehr liege auch eine herabgesetzte Dämmerungssehschärfe vor, die mit dem Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei unvereinbar sei. Der Farbensinn sei für die Ausbildung und spätere Tätigkeit als Bundespolizeivollzugsbeamter unverzichtbar, zum Beispiel zur Prüfung von Fälschungsmerkmalen in Ausweispapieren, weil Merkmale zur Fälschungssicherung häufig in grünen Farbtönen angebracht seien. Weiterhin müssten zum Beispiel grün gekleidete Personen in einem Waldgebiet sicher und rechtzeitig von ihrer Umgebung abgegrenzt und erkannt werden können. Wenn der Polizeivollzugsbeamte eine Aussage tätigen müsse, solle er in der Lage sein, die Kleidung eines Verdächtigen exakt zu beschreiben. Hierzu sei es überaus wichtig, zwischen unterschiedlichen Farbtönen unterscheiden zu können. Dem vorgelegten Befundbericht sei zu entnehmen, dass der Kläger bei der Testung mittels Velhagen-Farbtafeln zehn Lesefehler begangen habe. Bei einer Fehleranzahl von zwei oder mehr sei von einer Farbsinnstörung auszugehen. Das ausreichende Dämmerungssehen sei aufgrund der Verwendung im Außen- und (Wechsel-)Schichtdienst und insbesondere dem Gebrauch von Waffen ein unabdingbares Anforderungsmerkmal jedes Polizeivollzugsbeamten und somit auch jedes Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst. Es müsse sichergestellt sein, dass der Beamte auch bei ungünstigen Wetter- und Zeitumständen in ausreichender Weise sehen könne. Dem augenärztlichen Befundbericht sei zu entnehmen, dass die Dämmerungssehschärfe beim Kläger in nicht hinnehmbarer Weise herabgesetzt sei. Der Wert bei Blendung unter Nr. 5 („Lichtsinn“) übersteige den Maximalwert bei Weitem. Aus den vorgenannten Gründen komme auch eine einstweilige Zulassung zum Eignungsauswahlverfahren nicht in Betracht.
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Mit Schreiben vom 10.07.2018 legte der Kläger eine unterzeichnete Schweigepflichtentbindungserklärung sowie einen zusätzlichen augenärztlichen Befundbericht des MVZ … vom 06.07.2018 vor. Aus letzterem ergibt sich, dass der Kläger beim Farbsehtest zwölf Fehler begangen hat. Das Ergebnis lautet „farbuntüchtig“ und es wird die Diagnose „Farbsinnwahrnehmungsstörung“ gestellt.
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Mit Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 02.08.2018 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Aufgrund der vorgelegten augenärztlichen Befundberichte sei der Sozialmedizinische Dienst der Bundespolizei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zu einer Auswahluntersuchung nicht herangezogen werden könne, da bei ihm mindestens eine Merkmalnummer in Anlehnung an die Polizeidienstvorschrift (PDV) 300 (Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit) zu bejahen sei. Eine Gesundheitsprognose sei nicht erforderlich. Beim Kläger liege bereits derzeit eine Gesundheitsstörung vor, die die Polizeidienstuntauglichkeit nach sich ziehe. Der Kläger verfüge weder über das für den Polizeivollzugsdienst erforderliche Farbunterscheidungsvermögen, noch sei das aufgrund der Verwendung im Außen- und (Wechsel-)Schichtdienst erforderliche Dämmerungssehen beim Kläger vorhanden. Daher sei der Ablehnungsbescheid rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Mit am 30.08.2018 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenem Schriftsatz legte der Kläger einen Eilantrag ein, mit dem er die weitere Teilnahme am Bewerbungsverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung erstrebte. Der Antrag wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 06.11.2018 - Az. B 5 E 18.911 - abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.01.2019 - Az. 6 CE 18.2481 - zurückgewiesen.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.09.2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 13.06.2018 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2018 zu verpflichten, den Kläger am Testverfahren betreffend die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei teilnehmen zu lassen sowie
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die Beiziehung des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte habe die Farbsehschwäche wie auch die Dämmerungssehschwäche des Klägers in ihren Auswirkungen vollständig falsch bewertet. Offensichtlich sei hinsichtlich der Farbsinnstörung stringent auf die PDV 300 Anlage 1 Nr. 5.3.1 abgestellt worden, ohne die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich der Bedeutung der PDV 300 zu beachten und auch in Verkennung des fehlenden Beurteilungsspielraums. Hinsichtlich der Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern stehe dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum zu. Nicht verkannt werde, dass für die Dienstfähigkeit von Polizeivollzugsbeamten besondere Voraussetzungen bestünden, die den beruflichen Anforderungen im Polizeidienst geschuldet seien. Am rechtlichen Prognosemaßstab, der unabhängig von der jeweiligen Fachrichtung für alle Beamten derselbe sei, ändere dies jedoch nichts. Entsprechend der derzeitigen Regelung der Farbsinnstörung in der PDV 300 in Anlage 1 Nr. 5.3.1. werde jeder Bewerber vom Zugang zum Beamtenverhältnis ausgeschlossen, wenn er gesundheitlich vom Regelzustand abweiche, unabhängig davon, ob die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell oder auf absehbare Zeit beeinträchtigt sei. Dies allein zeige, dass die PDV 300 in der hiesigen Form nicht stringent anzuwenden sei. Denn dies würde bei geringsten, weder den Alltag des Betroffenen noch eine Tätigkeit bei der Polizei störenden Beeinträchtigungen des Farbsinns zu einem Ausschluss vom Beruf des Bundespolizisten führen. Die PDV sei eine bloße Verwaltungsvorschrift. Sie könne nicht den gesetzlichen Anspruch, der grundgesetzlich geschützt sei, auf Zugang zu dem Berufsfeld aus nichtberechtigten Gründen verweigern. In der hier verstandenen und angewandten Form stelle die PDV 300, wonach jegliche Beeinträchtigung des Empfindens des Farbsinns ein Ausschlusskriterium sei, eine gesetzeswidrige und verfassungswidrige Verwaltungsvorschrift dar. Die PDV 300 könne somit die Ablehnung der Teilnahmeberechtigung des Klägers nicht rechtfertigen. Die PDV 300 differenziere nicht zwischen der Qualität der Auswirkung einer Farbsehstörung bzw. Farbsinnstörung.
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In der Rechtsprechung sei zwischenzeitlich geklärt, dass eine individuelle Prüfung vorzunehmen sei. Diese sei vorliegend unterblieben. Auch im Rahmen des Widerspruchsbescheids sei dies nicht geschehen. Hierbei falle auf, dass die mit Schreiben vom 10.07.2018 übermittelte, jüngste augenärztliche Untersuchung seitens der Widerspruchsbehörde noch nicht einmal zur Kenntnis genommen worden sei. Aus dem ursprünglichen Bescheid könne nicht ansatzweise entnommen werden, worauf die Ablehnung letztlich beruhe. Jedenfalls sei die Dienstfähigkeit des Klägers bislang nicht geklärt worden. Die Ausführungen der Beklagten zur Prüfung von Ausweispapieren und der zu geringen Dämmerungssehschärfe des Klägers seien medizinisch nicht begründet und unzutreffend. Aus entsprechenden ärztlichen Untersuchungen werde sich vielmehr ergeben, dass die Farbsinnstörung und die Dämmerungssehschwäche des Klägers dessen gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst nicht beeinträchtigen würden.
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Auch der zugrunde gelegte Test stelle als Vorsorgetest lediglich fest, ob eine Farbsehschwäche oder Farbblindheit vorliege. Es sei jedoch nur beschränkt möglich, anhand des durchgeführten Tests die genaue Ausprägung der jeweiligen Farbsinnstörung zu ermitteln und die damit einhergehenden Einschränkungen im Alltag zu bewerten. Dies sei nur mittels einer augenärztlichen Untersuchung möglich. Es sei somit unerheblich, ob bei einem ersten Test zehn oder zwölf Tafeln nicht erkannt worden seien. Im Übrigen sei der Sehtest entgegen den Richtlinien ohne Inanspruchnahme der Sehhilfe durchgeführt worden. Vorliegend gehe es nicht darum, ob der Polizeiarzt zu beurteilen habe, ob eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit hinreichend beeinträchtige, um von einer Dienstunfähigkeit zu sprechen. Dies sei durch den Polizeiarzt gerade nicht geschehen. Dieser habe lediglich in Anwendung der PDV 300 festgestellt, dass anhand des Tafelwerts der nicht erkannten Tafeln eine Farbsinnstörung vorliege. Die Qualität und das Ausmaß der Farbsinnstörung sowie die damit einhergehenden Beeinträchtigungen im Alltag und im Dienst seien von ihm jedoch nicht ermittelt worden, da die PDV 300 bei Vorliegen einer Farbsinnstörung allgemein von der Dienstunfähigkeit ausgehe. Die Gleichstellung jeglicher Farbwahrnehmungsstörung mit dem Ergebnis der Polizeidienstuntauglichkeit sei verfassungswidrig. Auch sei nicht nachgewiesen, dass sich die Farbsinn-/Wahrnehmungsstörung des Klägers im konkreten Fall im Hinblick auf die Dokumentenprüfung und im Rahmen des Trainings an der Schusswaffe negativ auswirken könne.
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Die Beklagte beantragt,
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Der Kläger verfüge nicht über die für den Polizeivollzugsdienst erforderliche gesundheitliche Eignung, sodass die Ablehnung seiner Bewerbung rechtmäßig gewesen sei. Ein unbedingter Anspruch auf Teilnahme am Einstellungsauswahlverfahren, welcher allein auf Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) gestützt werden könne, scheide von vornherein offensichtlich aus. Denn diese Vorschrift gewähre lediglich den Bewerbungsverfahrensanspruch. Geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 9 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) für den Polizeivollzugsdienst sei nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen sei. Fehle es schon an dieser Eignung bzw. bestünden an ihr berechtigte Zweifel, sei für eine Einstellung von vornherein kein Raum. Der Kläger sei gesundheitlich nicht für den Polizeivollzugsdienst geeignet. Eine Einstellung sei damit von vornherein ausgeschlossen. Der zukünftige Dienstherr könne nicht verpflichtet werden, Bewerberinnen und Bewerber, die offensichtlich nicht im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG geeignet seien, zum Einstellungsauswahlverfahren zulassen. Vielmehr müsse der Dienstherr die Möglichkeit haben, das Einstellungsauswahlverfahren so kostengünstig und ökonomisch wie möglich zu gestalten. Für die hier maßgebliche Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit sei die PDV 300 einschlägig. Nach Ziffer 1.1 der PDV 300 (Stand 2012, mit Einführungserlass BMI - Z 20 - 666210/6 vom 29.08.2012 in Kraft gesetzt) gelte diese Vorschrift „für die ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit von Bewerbern für den Polizeivollzugsdienst und die ärztliche Beurteilung einer etwaigen weiteren Verwendung von polizeidienstunfähigen Polizeibeamten“. Der Kläger erfülle zwei Merkmalnummern der Anlage 1.1 der PDV („Beurteilungsmaßstäbe und die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale“), nämlich Nr. 5.3.1 - „Farbsinnstörung“ - und Nr. 5.2.4 - „herabgesetzte Dämmersehschärfe“. Dem aktuellen Befundbericht vom 06.07.2018 sei die eindeutige Diagnose „Farbsinnwahrnehmungsstörung“ zu entnehmen. Der Kläger habe im Rahmen der Testung seines Farbsinns zwölf Tafeln nicht lesen können bzw. bei zwölf Tafeln Fehler gemacht. Eine Farbsinnstörung sei bereits bei zwei Fehlern anzunehmen, so dass im Fall des Klägers eindeutig eine Störung vorliege. Aufgrund dieses medizinischen Befundes sei durch konkrete medizinische Tatsachen erwiesen, dass der Kläger nicht für den Polizeivollzugsdienst tauglich sei. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die auch nicht durch das das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2013 - Az. 2 C 12.11 - in Frage gestellt werde, stehe dem Dienstherrn bei der Ermittlung der Anforderungen für eine Laufbahn ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Diese Vorgaben würden den Maßstab bilden, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit des Bewerbers zu messen sei. Ein Polizeivollzugsbeamter müsse jederzeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspreche. Ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukomme, möge unter Umständen ein privater Arzt, zumal ein Facharzt, besser beurteilen können. Ob und wann aber eine Störung mit Krankheitswert die Dienstfähigkeit beeinträchtige, sei eine Frage deren Entscheidung mit Vorrang dem Amts- oder Polizeiarzt zustehe. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte komme den Einschätzungen des mit den besonderen Anforderungen des öffentlichen Dienstes bzw. Polizeivollzugsdienstes vertrauten Amtsarztes bzw. Polizeiarztes grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als privaten Bescheinigungen. Daher könne die Behauptung des Klägers, dass seine Farbsinnstörung und die Herabsetzung seiner Dämmerungssehschärfe in einer Form ausgestaltet seien, die die Teilnahme am Polizeivollzugsdienst jederzeit mit der entsprechenden gesundheitlichen Eignung gewährleisten würden, nicht gefolgt werden.
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Für den Farbsinntest sei es irrelevant, ob die Testperson diesen mit oder ohne Sehhilfe absolviert habe. Ferner sei der Farbsinntest, der im augenärztlichen Befundbericht vom 06.07.2018 dokumentiert sei, mit Sehhilfe durchgeführt worden. Dabei sei ein noch schlechteres Farbunterscheidungsvermögen nachgewiesen worden. Qualität und Auswirkungen der Farbsinnstörung besäßen für die Beklagte eine nachgeordnete Rolle, da der potentielle Dienstherr keinerlei Risiko eingehen könne. Im Bereich des Schießtrainings könne eine Farbsinnstörung lebensgefährlich sein. Beim Training an der Schusswaffe werde mit roten und grünen Fahnen gearbeitet, so dass es bei Nichterkennen zu ungewollten Schussabgaben kommen könne. Im Übrigen sei aufgrund des Testergebnisses davon auszugehen, dass das Ausmaß der Störung beim Kläger groß sei. Die Ablehnung sei zudem auch aufgrund eines nachweislich nicht ausreichenden Dämmerungssehvermögens erfolgt. Dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers sei vollumfänglich Rechnung getragen worden.
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Mit Schriftsatz vom 16.12.2019 hat die Beklagte, mit Schriftsatz vom 19.12.2019 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Ergänzend wird für die weiteren Einzelheiten gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Das Gericht konnte aufgrund der Einverständniserklärungen der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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2. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zum Einstellungsauswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Die Beklagte hat die begehrte Einstellung aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung des Klägers zu Recht abgelehnt.
18
a) Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei richtet sich gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und dessen Ausgestaltung durch § 2 des Bundespolizeibeamtengesetzes (BPolBG) in Verbindung mit § 9 BBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Geeignet in diesem Sinn ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerfG, B.v. 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140/151). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, B.v. 10.12.2008 - 2 BvR 2571/07 - juris Rn. 11). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden (BVerwG, U.v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244, Rn. 10).
19
Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Dabei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der jeweiligen Dienstposten zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, U.v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - juris Rn. 12).
20
Bei der Beantwortung der Frage, ob der einzelne Bewerber den laufbahnbezogen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt, ist dem Dienstherrn hingegen kein Beurteilungsspielraum eröffnet. Darüber haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Bewertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U.v. 30.10.2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18 f.; BayVGH, B.v. 18.8.2016 - 6 ZB 15.1933 - juris Rn. 8; B.v. 12.12.2016 - 6 CE 16.2250 - juris Rn. 14).
21
Die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers für das angestrebte Amt muss nicht nur zum Beurteilungszeitpunkt, sondern auch im Hinblick auf die künftige Amtstätigkeit vorliegen. Zu treffen ist deshalb eine Prognoseentscheidung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der angestrebten Laufbahn dauerhaft genügen wird. Hierfür ist eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis erforderlich. Von der gesundheitlichen Nichteignung eines Bewerbers kann ausgegangen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (BVerwG, U.v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 ff.).
22
b) Gemessen daran ist die Beklagte rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Kläger wegen einer Farbsinnwahrnehmungsstörung die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes bei der Bundespolizei fehlt.
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Die Frage, ob aus der Dämmerungssehschwäche des Klägers die Polizeidienstuntauglichkeit folgt, kann dabei offen bleiben, weil jedenfalls die beim Kläger vorliegende Farbsinnstörung dazu führt, dass er den gesundheitlichen Anforderungen des gehobenen Dienstes bei der Bundespolizei nicht entspricht.
24
aa) Nach dem augenärztlichen Befundbericht vom 02.05.2018 wurde beim Kläger eine Farbsinnprüfung nach der Velhagen-Methode durchgeführt. Der Kläger hat bei dieser Prüfung zehn Fehler begangen. Bei der Prüfung des Lichtsinns ergab sich hinsichtlich der Umfelddichte ein Kontrast mit Blendung von 1:23,5. Weiterhin finden sich im Befundbericht die Diagnosen Myopie (=Kurzsichtigkeit) und Astigmatismus (=Hornhautverkrümmung).
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Bereits mit „Formblatt“ vom 04.06.2018 erklärte der Medizinaldirektor … der Beklagten, dass der Kläger zu einer polizeiärztlichen Auswahluntersuchung nicht herangezogen werden könne. Die Entscheidung erging in Anlehnung an die PDV 300, Merkmalnummer 5.3.1.
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Dem seitens des Klägers weiterhin vorgelegten augenärztlichen Befundbericht des MVZ … vom 06.07.2018 ist zu entnehmen, dass beim Kläger eine weitere Farbsinnprüfung durchgeführt wurde, die eine Fehleranzahl von zwölf ergab. Als Ergebnis der Untersuchung wurde „farbuntüchtig“ angegeben, allerdings wurde das Testverfahren nicht benannt. Die durchgeführte Untersuchung des Lichtsinns ergab hinsichtlich der Umfelddichte einen Kontrast mit Blendung von 1:2. Im Befundbericht finden sich die Diagnosen Myopie, Astigmatismus und Farbsinnwahrnehmungsstörung.
27
Nach der Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 26.07.2018 ist beim Kläger neben einer Kurzsichtigkeit eine Farbfehlsichtigkeit dokumentiert. Der Kläger habe in den Farbtafeln nach Velhagen zehn Fehler gesehen. Dies entspreche im Allgemeinen einer Farbsinnstörung. Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung im Eignungs- und Auswahlverfahren werde neben dem Velhagen-Test auch ein Ishihara-Test durchgeführt. Hier wären zehn Fehler auch Grund, den Bewerber nicht zum Polizeidienst zuzulassen. Um dies abzukürzen, sei der Bewerber nicht zum Einstellungsauswahlverfahren zugelassen worden. Im Rahmen der polizeilichen Tätigkeit sei eine Farbsichtigkeit unerlässlich, da bei der Prüfung von Dokumenten - wie Visa oder Personaldokumenten - eine Inaugenscheinnahme erforderlich sei und durch eine Farbsinnstörung Fälschungen ggf. nicht erkannt werden könnten.
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bb) An der Rechtmäßigkeit dieser polizeiärztlichen Einstufung des Klägers als polizeidienstuntauglich ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken. Der gerichtlichen Entscheidung ist die PDV 300 zugrunde zu legen (1), deren Anforderung eines guten Farbunterscheidungsvermögens der Kläger nicht erfüllt (2), was seitens der Beklagten auf einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage festgestellt wurde (3).
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(1) Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, von einem Polizeibeamten ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen. Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit, insbesondere muss der Polizeivollzugsbeamte jederzeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 3.5.2005 - 2 C 4.04 - juris). Die gesundheitlichen Anforderungen im Einzelnen hat der Dienstherr für die Bundespolizei in der PDV 300 festgelegt. In dieser Verwaltungsvorschrift sind die auf Grund besonderer Sachkunde gewonnenen, auf die spezifischen Anforderungen des Polizeidienstes zugeschnittenen ärztlichen Erfahrungswerte zusammengefasst.
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Die PDV 300 stellt eine den Begriff der Polizeidiensttauglichkeit (= gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst) konkretisierende Verwaltungsvorschrift dar, mit der die gleichmäßige Anwendung der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen gewährleistet werden sollte. Durch Erlass und Anwendung der PDV 300 hatte der Dienstherr das ihm in Bezug auf die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen eingeräumte Ermessen gebunden bzw. den diesbezüglich bestehenden Beurteilungsspielraum ausgefüllt, um sicherzustellen, dass die gesundheitliche Eignung der Bewerber nach einheitlichen Maßstäben beurteilt wird. In der Rechtsprechung war dementsprechend anerkannt, dass sich hieraus eine Bindungswirkung für die Gerichte ergab (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 6.10.2012 - OVG 4 M 19.12). Durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurde hiervon insoweit abgerückt, als dass gerichtlich voll überprüfbar ist, ob der einzelne Bewerber den jeweiligen Anforderungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt, insbesondere hinsichtlich der prognostischen Bewertung künftiger Entwicklungen bei Bewerbern, die zwar aktuell, aber möglicherweise nicht dauerhaft den gesundheitlichen Anforderungen entsprechen. Unverändert bleibt jedoch, dass der Dienstherr weiterhin einen weiten - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren - Einschätzungsspielraum bei der Bestimmung der körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn hat und diese die Grundlage bilden sollen, auf der dann in einem zweiten Schritt - ohne weiteren Beurteilungsspielraum und gerichtlich voll überprüfbar - festzustellen ist, ob diese Voraussetzungen beim jeweiligen Bewerber vorliegen (BVerwG, U.v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244, Rn. 12, 27).
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(2) Nach der PDV 300 ist ein Bewerber als „polizeidienstuntauglich“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 zur PDV 300 unter einer Merkmalnummer aufgeführt sind (Nrn. 2.3.1, 2.3.3 PDV 300). Die in der Anlage 1 zur PDV 300 aufgeführten Merkmalnummern benennen Fehler, die eine Polizeidienstfähigkeit ausschließen. Diese Fehler lassen dem Polizeiarzt teils einen Beurteilungsspielraum (z.B. Fehler 1.2.1 „allgemeine Schwächlichkeit“), teils geben sie - wie in der hier maßgeblichen Fehlernummer 5.3.1 - jedoch auch konkrete Werte vor. Unter der Merkmalnummer 5.3.1 der Anlage 1 zur PDV 300 heißt es, dass die Farbsinnstörung Protanomalie mit einem Anomalquotienten unter 0,7 und die Deuteranomalie mit einem Anomalquotienten über 2,0, sowie die Deuteranopie und die Protanopie die „Einstellung“ ausschließen. Die laufende Nr. 5.3 führt zur Funktion des Farbensehens aus, dass der Polizeivollzugsdienst ein gutes Farbunterscheidungsvermögen erfordere. Der Farbsinn sei bei Tageslicht oder einer auf das Tafelsystem abgestimmten Beleuchtung an Hand von Ishihara-Tafeln und eines weiteren Systems zu prüfen. Würden mehr als zwei Tafeln nicht gelesen oder bei mehr als drei Tafeln Lesefehler gemacht, sei eine Farbsinnstörung anzunehmen. In Zweifelsfällen sei eine augenärztliche Untersuchung zu veranlassen. Der begutachtende Augenarzt soll feststellen, welche Farbsinnstörung vorliegt. Bei Vorliegen einer Protanomalie oder Deuteranomalie ist der Anomalquotient und zusätzlich zum Befundergebnis die Testmethode und der Grenzwert anzugeben. Dass der Kläger diese körperliche Anforderung nicht erfüllt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Im Übrigen ist bereits dem ersten augenärztlichen Befundbericht vom 02.05.2018 zu entnehmen, dass der Kläger beim Velhagen-Farbsinntest zehn Fehler begangen hat. Auch der weitere augenärztliche Befundbericht vom 06.07.2018 benennt unter „Diagnosen“ u.a. eine Farbsinnwahrnehmungsstörung. Dafür, dass die Testung - wie von Klägerseite vorgetragen - fehlerhaft (ohne Sehhilfe) durchgeführt worden sei, bestehen bereits keine Anhaltspunkte. Zudem wurden beim Kläger zweimalig Farbsehtests mit jeweils erheblicher Fehleranzahl durchgeführt. Im Rahmen seiner Stellungnahme vom 26.07.2018 führt der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hinsichtlich der körperlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes zudem konkretisierend aus, dass im Rahmen der polizeilichen Tätigkeit eine Farbsichtigkeit unerlässlich sei, da beim Prüfen von Dokumenten - wie Visa oder Personaldokumenten - u.a. eine Inaugenscheinnahme unerlässlich sei und insoweit durch eine Farbsinnstörung ggf. Fälschungen nicht erkannt werden könnten. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens führt die Beklagte zudem aus, dass eine Farbsinnstörung im Bereich des Schießtrainings lebensgefährliche Folgen haben könne, da insoweit mit roten und grünen Farben gearbeitet werde. Diese Erwägungen sind in gebotener Weise am typischen Aufgabenbereich des gehobenen Polizeidienstes orientiert und erscheinen ohne weiteres sachgerecht. Auch kommt der Stellungnahme des Medizinaldirektors des Sozialmedizinischen Dienstes des Bundespolizeipräsidiums aufgrund der Kenntnis der gesundheitlichen Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst sowie der Distanz zum Bewerber wie zum Dienstherrn eine besondere Sachkunde zu (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2014 - 3 ZB 13.1074 - juris Rn. 18).
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(3) Mit den beiden vorliegenden augenärztlichen Befundberichten hat die Beklagte die Einschätzung der fehlenden Polizeidiensttauglichkeit des Klägers infolge einer Farbsinnstörung auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis getroffen. Dass die Beklagte ein gutes Farbunterscheidungsvermögen als körperliche Anforderung für den Polizeivollzugsdienst festlegt, ist hinsichtlich des ihr insoweit noch immer zustehenden weiten Einschätzungsspielraums nicht zu beanstanden. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Farbsinnstörung des Klägers in einer Weise ausgestaltet sei, die ihn im Rahmen der Dienstausübung nicht beeinträchtigen würde. Wie bereits oben dargestellt, muss der Polizeibeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2014 - 2 B 97.13 - NVwZ 2015, 439 = juris Rn. 10). Polizeidienstuntauglich ist ein Bewerber damit, wenn er nur über eine verminderte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit oder eine verminderte seelische Belastbarkeit verfügt, aufgrund derer er nur eingeschränkt einsetzbar ist. Dies trifft vorliegend auf den Kläger zu, da er infolge seiner Farbsinnwahrnehmungsstörung die von Beklagtenseite angeführten Aufgaben, die die Stellung eines Polizeivollzugsbeamten mit sich bringen kann, nicht ausführen kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gleichwohl zur Ausführung dieser Tätigkeiten in Lage wäre, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Im Übrigen spricht die jeweils erhebliche Fehleranzahl bei den durchgeführten Farbsinntestungen gegen das Vorliegen einer lediglich geringfügigen oder kleinräumigen Farbwahrnehmungsstörung. Dass der Kläger infolge seiner Sehschwäche keinen Einschränkungen im Alltag unterworfen ist, erweist sich dabei als unerheblich.
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3. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung von Vollstreckungsschutz bedurfte es aufgrund der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht.