Titel:
Voraussetzungen für Bewilligung von Baukindergeld
Normenketten:
GG Art. 3
VwGO § 113 Abs. 5
BayHO Art. 23, Art. 44
Leitsätze:
1. Entscheidend für die Förderung nach einer Richtlinie ist, wie die Behörde die Richtlinie in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis handhabt und in welchem Umfang sie deshalb an den Gleichheitssatz gebunden ist. Eine Richtlinie darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Baukindergeld Plus ist nach der maßgeblichen Förderpraxis nicht für Kinder zu gewähren, die erst nach dem Zeitpunkt der Beantragung des Baukindergelds des Bundes geboren werden. (Rn. 17 und 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, teilweise Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Baukindergeld, Plus, Baukindergeld-Plus-Richtlinien, BayBauKGPR, Nichtberücksichtigung eines vor Beantragung des Baukindergelds, aber nach Beantragung des Baukindergelds des Bundes geborenen Kindes, gängige Förderpraxis, Nichtberücksichtigung eines vor Beantragung des Baukindergelds aber nach Beantragung des Baukindergelds des Bundes geborenen Kindes
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 14.09.2020 – 6 ZB 20.1652
Fundstelle:
BeckRS 2020, 13722
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Zuwendung nach dem Förderprogramm „Baukindergeld Plus“ durch Berücksichtigung eines weiteren Kindes.
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Die Klägerin erwarb im Wege des Zweiterwerbs Eigenwohnraum als Einfamilienhaus in der H…straße 14 in H. zu eigenen Wohnzwecken. Für diese Wohnimmobilie wurde der Klägerin mit Schreiben der KfW vom 1. April 2019 die Auszahlung des Baukindergelds des Bundes bestätigt. Mit Formschreiben vom 11. Oktober 2019, bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt (im Folgenden: BayernLabo) eingegangen am 15. Oktober 2019, beantragte sie für das genannte Objekt die Bewilligung des Bayerischen Baukindergelds Plus, wobei unter dem Punkt „Angaben zu Kindern und weiteren Haushaltsangehörigen“ neben zwei weiteren Kindern als jüngstes Kind E.S. (geb. 20.7.2019) genannt war.
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Mit Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 2019, versandt mit Schreiben vom 18. Dezember 2019, bewilligte der Beklagte - vertreten durch die BayernLabo - der Klägerin ein Baukindergeld Plus von jährlich 600,00 EUR auf die Dauer von zehn Jahren.
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Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2020, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am 17. Januar 2020, ließ die Klägerin Klage gegen den Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 2019 erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass, wie auch der Meldebescheinigung vom 14. Oktober 2019 zu entnehmen sei, die Familie S. insgesamt drei Kinder habe. E.S. sei am 20. Juli 2019 geboren. Jedenfalls nach dem Sinn einer Wohnraumförderung für Familien sei die Förderung entsprechend auszudehnen. Die Annahme, dass die Baukindergeld - Plus - Richtlinien - wobei es hierauf allerdings mangels rechtlicher Durchgriffswirkung ohnehin nicht ankomme - darauf zurückgreifen bzw. voraussetzen würden, dass für jedes einzelne Kind das Baukindergeld des Bundes gewährt werden/sein müsse, sei bereits dem Grunde nach so nicht korrekt. Die Richtlinie spreche zwar von der Gewährung des Baukindergeldes des Bundes, dies allerdings nicht zwingend für jedes Kind. Man könne (und müsse) die Richtlinie vielmehr so interpretieren, dass lediglich das Baukindergeld des Bundes gezahlt werde, Selbiges aber nicht für jedes einzelne Kind der Fall sein müsse. Hierzu dürfe wiederum auf den in der Richtlinie selbst festgehaltenen Zweck der Zuwendung verwiesen werden. Dieser sei in unter Punkt 1 der besagten Richtlinie wie folgt definiert: „Zweck der Zuwendung sei es, die Bildung von Wohneigentum in Bayern für Familien mit Kindern und Alleinerziehende durch Verstärkung des Baukindergelds des Bundes zu unterstützen. Damit solle zusätzlicher Wohnraum geschaffen und zugleich die Eigentumsquote angehoben werden. Wohneigentum stärke die Identifikation mit dem Wohnort und die Verbundenheit mit dem Wohnumfeld. Auf diese Weise trage Wohneigentum auch zur Schaffung sozial stabiler Bewohnerstrukturen bei.“ Gegenstand der Zuwendung sei die Förderung des Schaffens von Eigenwohnraum zur Selbstnutzung durch Neubau in Form von Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen, den Erwerb von neuen oder bestehenden Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Soweit des Weiteren die Gewährung von Baukindergeld des Bundes erwähnt werde, könne dies eben nicht für jedes einzelne Kind gelten. Es gelte mithin, dass nach dem Sinn und Zweck einer Baukindergeldförderung nur das Vorhandensein von Kindern maßgeblich sein müsse. Die Regelungen gingen, wozu auch zurückgegriffen werden dürfe auf die gesellschaftspolitische Ausgangslage, zurück auf die Zielsetzung einer Förderung von Familien mit Kindern. Hiernach könne es wiederum keinen Einfluss haben, ob ein Kind hier vor oder nach einem Einzug und erst recht nicht innerhalb eines Stichtagzeitraumes geboren sei. Es gehe vorliegend um die Förderung von Familien mit Kindern.
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Die Regierung von Unterfranken wendete sich für den Beklagten mit Schriftsatz vom 23. April 2020 gegen die Klage. Zur Begründung der Klageerwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Für die Klage sei der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Ausweislich der „Richtlinien für die Gewährung des Baukindergelds Plus zum Bau oder Erwerb von selbstgenutztem Wohnraum für Familien mit Kindern und Alleinerziehende in Bayern (Baukindergeld-Plus-Richtlinien - BayBauKGPR)“, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 14. September 2018, Az. 31-4740.4-2-2 (AllMBl. S. 905) führe die BayernLabo als Bewilligungsstelle nach Maßgabe der Richtlinien das Bewilligungsverfahren durch und erlasse den Zuwendungsbescheid (vgl. Ziffer 8 der BayBauKGPR). Im Vergleich mit dem bei der Ausreichung des Baukindergeldes des Bundes über die KfW praktizierten Verfahren liege mit den BayBauKGPR ein sich von diesem grundlegend unterscheidendes und eindeutig öffentlich-rechtlich ausgestaltetes Förderverfahren vor. Die in Klageverfahren zum Baukindergeld des Bundes unter Hinweis auf die konkrete Gestaltung des Förderverfahrens erfolgten Verweisungen an die ordentliche Gerichtsbarkeit (vgl. VG Oldenburg, Verweisungsbeschluss vom 18. Februar 2020 - 7 A 3078/19) würden deshalb vorliegend keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs begründen. Die Ausgestaltung der Fördervoraussetzungen in den Baukindergeld-Plus-Richtlinien im Einzelnen zeige, dass die Förderung des Freistaates Bayern als eine auf das Baukindergeld des Bundes aufbauende bzw. „aufgesattelte“ Zuwendung konzipiert sei. Maßgebliche Zuwendungsvoraussetzung sei die (vorgängige) Gewährung von Baukindergeld durch den Bund. In diesem Zusammenhang dürfe auf die Ziffern 2 („soweit dafür das Baukindergeld des Bundes gewährt wird“), 3.1 („Zuwendungsberechtigt ist, wer das Baukindergeld des Bundes erhält. Der Nachweis ist durch die Auszahlungsbestätigung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für das Baukindergeld des Bundes zu erbringen“) und 5 („Die Zuwendung erfolgt mittels eines Zuschusses in Höhe von 300 Euro für jedes Kind, für das Baukindergeld des Bundes gezahlt wird …“) der Richtlinien besonders hingewiesen werden. In Konsequenz der gewählten Konzeption träfen die Baukindergeld-Plus-Richtlinien für die mit der vorliegenden Klage problematisierte Gestaltung, nämlich späteres Hinzukommen eines weiteren Kindes im Haushalt des Zuwendungsempfängers nach vorliegender Bewilligung durch die KfW, keine (eigenständige) Regelung. Nach den im Merkblatt Baukindergeld der KfW (424 Zuschuss) zusammengefassten Förderbedingungen für das Baukindergeld des Bundes sei für die Höhe der Förderung die Anzahl der Kinder unter 18 Jahren ausschlaggebend, die bei Antragstellung im Haushalt lebten und für die zum Zeitpunkt der Antragstellung die Kindergeldberechtigung vorliege. Für Kinder, die nach Antragseingang geboren beziehungsweise in den Haushalt aufgenommen würden, könne kein Baukindergeld beantragt werden (vgl. o.g. Merkblatt, Teil 2 Antragsteller und Kind). Für die Gewährung des Baukindergeldes bestehe damit eine Stichtagsregelung: Die Fördervoraussetzungen müssten zum Zeitpunkt der Antragstellung erfüllt sein. Dies ergebe sich auch aus der Antwort der Bundesregierung (BT-Drucksache 19/5479) auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der FDP-Fraktion zum Baukindergeld (vgl. Antwort zu Fragen 16 bis 18). Zusammenfassend werde dort festgestellt, dass eine Änderung der Lebensumstände des Zuschussnehmers hinsichtlich berücksichtigungsfähiger Kinder die Auszahlung des Baukindergelds nicht beeinflusse. Im vorliegenden Fall sei das weitere Kind E.S. am 20. Juli 2019 geboren worden. Die Bewilligung der KfW datiere vom 1. April 2019. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunktes der Antragsstellung - diese könne zeitlich nur vor der Bewilligung liegen - habe das erst später geborene Kind E. bei der Höhe der Förderung Baukindergeld nicht berücksichtigt werden können. Dementsprechend scheide auch die mit der gegenständlichen Klage verfolgte Bewilligung eines höheren Baukindergeldes Plus aus.
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Nach Anhörung der Beteiligten verwies das Bayerische Verwaltungsgericht München den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. Februar 2020 (M 12 K 20.224) an das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg zur Entscheidung.
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In der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2020 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt vom 17. Dezember 2019 zu verpflichten, der Klägerin ein Baukindergeld Plus von jährlich 900,00 EUR (also jährlich zusätzlich 300,00 EUR) auf die Dauer von 10 Jahren zu bewilligen.
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Der Beklagtenvertreter beantragte,
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
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Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig.
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Die Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 2019 rechtmäßig ist und die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten höheren Förderung in Höhe von jährlich 900,00 EUR, also jährlich zusätzlich 300,00 EUR hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Freistaates Bayern. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Anspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30).
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Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.7.2009 - 4 ZB 07.1132 - juris Rn. 13).
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Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach nicht daran anzusetzen, wie die maßgeblichen Förderrichtlinien und andere Unterlagen auszulegen wären, sondern daran, welche Förderpraxis des Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag (BayVGH, U.v.11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - BVerwGE 58, 45; BayVGH, U.v.11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris).
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Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der Fördermittel und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit, wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen von § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - NVwZ-RR 2019, 219; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - ZNER 2012, 436).
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Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Baukindergeld Plus auch für ihr jüngstes Kind, da nach der maßgeblichen Förderpraxis auf Basis der Richtlinien Kinder, die erst nach dem Zeitpunkt der Beantragung des Baukindergelds des Bundes geboren werden, bei der Höhe der Förderung nicht berücksichtigt werden.
18
Die Verwaltungspraxis steht auch mit den einschlägigen Förderrichtlinien im Einklang. So wird in Nr. 2 2. Spiegelstrich BayBauKGPR ausdrücklich ausgeführt, dass das Schaffen von Eigenwohnraum zur Selbstnutzung durch den Erwerb von neuen oder bestehenden Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen gefördert wird, soweit dafür das Baukindergeld des Bundes gewährt wird. Nach Nr. 3.1 Satz 1 BayBauKGPR ist zuwendungsberechtigt, wer das Baukindergeld des Bundes erhält. Unter Nr. 5 BayBauKGPR ist ausdrücklich vermerkt, dass die Zuwendung mittels eines Zuschusses in Höhe von 300,00 Euro pro Jahr für jedes Kind erfolgt, für das Baukindergeld des Bundes gezahlt wird. Nach dem Merkblatt Baukindergeld der KfW (424 Zuschuss) Teil 2 Antragsteller und Kind ist ausschlaggebend für die Höhe der Förderung die Anzahl der Kinder unter 18 Jahren, die bei Antragstellung im Haushalt leben. Für Kinder, die nach Antragseingang geboren werden beziehungsweise in den Haushalt aufgenommen werden, kann hiernach kein Baukindergeld beantragt werden.
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Die Klägerin hat nach alledem keinen Anspruch auf die begehrte Gewährung des Baukindergeldes Plus auch für das jüngste Kind, weil dieses nach dem - nach der an den Förderrichtlinien ausgerichteten Zuwendungspraxis - maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung des Baukindergelds des Bundes für das Förderobjekt geboren wurde. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis. Es ist diesbezüglich weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Beklagten in vergleichbaren Fällen trotz des klaren Wortlauts der BayBauKGPR eine Förderung gewährt wurde. Auch aus dem Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung ist nichts Entsprechendes zu entnehmen.
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Vorliegend liegt des Weiteren keine atypische Fallgestaltung aufgrund Besonderheiten des Einzelfalles vor. Ausgangspunkt ist - wie ausgeführt - die ständige Förderpraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 41 ff.).
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Die Nichtgewährung einer höheren Zuwendung für die Klägerin ist schließlich auch sonst keine unzulässige Ungleichbehandlung, da keine Willkür vorliegt, sondern sachgerechte, vertretbare Gründe gegeben sind.
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Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v.11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn 32). Dies bedeutet, dass der Kreis der von einer Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt sein muss. Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 - 2 BVG 1/51 - juris) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
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Ausgehend hiervon stellt sich die Ungleichbehandlung eines nach der Beantragung des Baukindergelds des Bundes aber vor der Beantragung des Baukindergelds Plus geborenen Kindes gegenüber einem vor der Beantragung des Baukindergelds Plus geborenen Kind in Bezug auf die Höhe des Zuschusses nicht als willkürlich dar. Ausgehend von Nr. 1 Sätze 1 und 2 BayBauKGPR ist Zweck der Förderung, die Bildung von Wohneigentum in Bayern für Familien mit Kindern und Alleinerziehende durch Verstärkung des Baukindergelds des Bundes zu unterstützen, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und die Eigentumsquote anzuheben. Bereits aus der Bezeichnung der begehrten Förderung mit Baukindergeld „Plus“ wird ausgedrückt, dass dieses nur eine zusätzliche Unterstützung zum Baukindergeld des Bundes darstellt. Die Gewährung des Baukindergelds Plus für Kinder, die nach der Beantragung des Baukindergelds des Bundes geboren werden, liefe auf eine allgemeine Förderung der Beschaffung von Wohneigentum hinaus, läge außerhalb der Zweckbestimmung der Subvention und würde Bezugsfälle schaffen (vgl. hierzu VG Augsburg, U.v. 17.12.2012 - Au 3 K 12.1382 - juris Rn. 39).
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Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.