Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 21.04.2020 – AN 16 K 18.02481
Titel:

Rückforderung einer Verpflichtungsprämie und überzahlter Dienstbezüge

Normenketten:
BBesG § 12 Abs. 2, § 43b Abs. 4
BGB § 242, § 818 Abs. 3
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 1, § 161 Abs. 1
VwVfG § 28 Abs. 1
Leitsätze:
1. Gegenüber der Rückforderung einer Verpflichtungsprämie ist aufgrund der abschließenden Sonderregelung des § 43b Abs. 4 BBesG der Entreicherungseinwand unbeachtlich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verliert ein Zeitsoldat seine Rechtsstellung durch Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, so haftet er verschärft für die Rückzahlung der ab Rechtskraft des Strafurteils überzahlten Dienstbezüge. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus Gründen der Billigkeit ist in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Soldat auf Zeit, Freiheitsstrafe, Verlust der Rechtsstellung, Verpflichtungsprämie, Dienstbezüge, Überzahlung, Rückforderung, verschäfte Haftung, Billigkeitsentscheidung, Mitverschulden, Treu und Glauben
Fundstelle:
BeckRS 2020, 10430

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung überzahlter Dienstbezüge und einer Verpflichtungsprämie durch die Beklagte.
2
Der Kläger trat … 2014 als Soldat auf Zeit der Bundeswehr im untersten Mannschaftsdienstgrad in den Dienst der Beklagten ein. Die Beklagte setzte die Dienstzeit des Klägers aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 17. Oktober 2013 auf 8 Jahren, endend zum 31. Dezember 2021, fest. Er wurde mit Wirkung vom … 2016 zum Stabsunteroffizier befördert und bezog zuletzt ein Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 6 M, Stufe 2.
3
Mit Bescheid vom 23. Juli 2014 gewährte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr dem Kläger auf Grundlage von § 43b Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) eine Verpflichtungsprämie in Höhe von insgesamt 8.000,00 EUR. Es wies den Kläger darauf hin, dass die Gewährung der Prämie unter der Bedingung stehe, dass insgesamt eine Dienstzeit von 8 Jahren festgesetzt werde. Unter Verweis auf den gesetzlichen Vorbehalt des § 43b Abs. 4 BBesG führte es weiter aus, dass die Prämie anteilig zurückzuzahlen sei, wenn das Wehrdienstverhältnis vor Ablauf des für den Anspruch auf die Prämie maßgebenden Zeitraums aus einem der in § 43 b Abs. 4 Nr. 1 BBesG genannten Gründe ende.
4
Das Amtsgericht … verurteilte den Kläger mit Urteil vom 16. März 2017 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Beihilfe zum bewaffneten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten. Das Urteil ist seit 24. Oktober 2017 rechtskräftig.
5
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er aufgrund dieser strafrechtlichen Verurteilung seine Rechtsstellung als Soldat auf Zeit gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 Soldatengesetz (SG) i.V.m. § 48 Nr. 2, § 56 Abs. 1 - 3 SG verloren und sein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit mit Ablauf des 24. Oktober 2017 geendet habe. Damit verbunden sei gemäß § 56 Abs. 3 SG der Verlust des Anspruchs auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme einer Beschädigtenversorgung. Das Merkblatt sowie Hinweise zur Nachversicherung seien als Anlagen zu beachten.
6
Mit Leistungsbescheid vom 27. März 2018 forderte die Beklagte vom Kläger überzahlte Bezüge in Höhe von 9.147,79 EUR zurück.
7
Zur Begründung verwies sie auf das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts … vom 16. März 2017, aufgrund dessen der Kläger seine Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verloren und folglich sein Anspruch auf Dienstbezüge gemäß § 56 Abs. 3 SG mit Ablauf des 24. Oktober 2017 geendet habe. Da der Kläger zum 1. Oktober 2017, 1. November 2017 und 1. Dezember 2017 jeweils Monatsbezüge in voller Höhe erhalten habe, ihm jedoch für die Zeit vom 25. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017 keine Dienstbezüge mehr zustanden, bestehe gemäß beiliegender Abrechnung vom 27. März 2018 eine Überzahlung in Höhe von brutto 4.981,09 EUR. Weiter sei die dem Kläger mit Bescheid vom 23. Juli 2014 gewährte Verpflichtungsprämie gemäß § 43b Abs. 4 BBesG gemäß beiliegender Berechnung vom 27. März 2018 in Höhe von 4.166,70 EUR zurückzuzahlen, da für den Zeitraum vom 1. November 2017 bis 31. Dezember 2021 ein Anspruch auf diese entfallen sei. Insgesamt ergebe sich mithin eine Überzahlung in Höhe von 9.147,79 EUR. Zu viel gezahlte Dienstbezüge würden gemäß § 12 Abs. 2 BBesG nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurückgefordert. Der Kläger könne sich dabei nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen, da er den Mangel des rechtlichen Grundes mit Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts … kannte oder dieser jedenfalls gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG so offensichtlich gewesen sei, dass er ihn hätte erkennen müssen. Billigkeitsgründe, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen würden, seien nicht zu erkennen. Aus Billigkeitsgründen werde dem Kläger jedoch eingeräumt, den Rückforderungsbetrag ohne Vorlage weiterer Nachweise in 33 monatlichen Raten in Höhe von jeweils 275,00 EUR sowie einer abschließenden Rate von 72,79 EUR zu tilgen.
8
Mit Schreiben vom 9. April 2018 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Leistungsbescheid der Beklagten vom 27. März 2018, den er mit Schreiben vom 29. Mai 2018 wie folgt begründete: Eine Rückforderung geleisteter Bezüge scheide aus, da letztere in Kenntnis der fehlenden Leistungsberechtigung des Klägers erfolgt seien. Insoweit gelte auch der Vertrauensgrundsatz zugunsten des Klägers, der keine Kenntnis davon hatte, dass mit der Rechtskraft des Urteils seine Leistungsberechtigung entfällt. Ein entsprechender Hinweis auf diese Rechtsfolge sei ebenfalls nicht erfolgt. Deshalb werde der Entreicherungseinwand erhoben.
9
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 27. März 2018 zurück.
10
Zur Begründung führte sie in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Widerspruch des Klägers zulässig, jedoch unbegründet sei. Die gemäß § 12 Abs. 2 BBesG durchgeführte Rückforderung überzahlter Dienstbezüge sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Anspruch des Klägers auf Dienstbezüge habe gemäß § 3 Abs. 2 BBesG mit Ablauf des 24. Oktober 2017 geendet, da an diesem Tag das Urteil des Amtsgerichts … rechtskräftig wurde, durch welches der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden sei, und folglich seine Rechtsstellung als Zeitsoldat gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 SG i.V.m. § 48 Satz 1 Nr. 2 SG verloren habe. Er habe allerdings für den Zeitraum vom 25. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017 weiter Dienstbezüge erhalten, da die Eingabe des Dienstzeitendes in das Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Mithin seien Dienstbezüge in Höhe von 4.981,09 EUR (brutto) zurückzufordern. Auch die gemäß § 43b Abs. 4 BBesG durchgeführte Rückforderung eines Teilbetrags der Verpflichtungsprämie sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger habe sich für 8 Jahre als Zeitsoldat verpflichtet und demgemäß eine Verpflichtungsprämie in Höhe von insgesamt 8.000,00 EUR erhalten, die dem Kläger in zwei Teilbeträgen von jeweils 4.000,00 EUR mit den Dienstbezügen für den Monat September 2014 und September 2015 ausgezahlt worden sei. Die Prämie sei allerdings unter dem gesetzlichen Vorbehalt gemäß § 43b Abs. 4 BBesG gewährt worden, dass die vorgesehene Dienstzeitverpflichtung erfüllt wird. Wenn das Wehrdienstverhältnis vor Ablauf derselben ende, sei die Prämie anteilig zurückzuzahlen, wobei sich die Rückzahlung nach § 43b Abs. 4 Sätze 2 bis 4 BBesG berechne. Hierüber sei der Kläger im Bewilligungsbescheid vom 23. Juli 2014 auch frühzeitig belehrt worden. Da der Kläger seine Rechtsstellung als Zeitsoldat nach drei Jahren und 10 Monaten verloren habe, stehe ihm lediglich eine Verpflichtungsprämie in Höhe von 3.833,30 EUR zu, folglich sei ein Betrag von 4.166,70 EUR brutto zurückzufordern. Die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge regele sich nach §§ 812 ff. BGB. Der vom Kläger erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB sei vorliegend ausgeschlossen. Nach § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB sei eine verschärfte Haftung zu bejahen, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund erfolgt, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde und dieser Rechtsgrund dann auch tatsächlich wegfällt. Dies bejahe das Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Gewährung von Dienstbezügen, die monatlich im Voraus geleistet werden und unter dem gesetzlichen Vorbehalt stehen, dass das Dienstverhältnis den gesamten Monat fortbestehe. Dem Kläger standen ab 25. Oktober 2017 gerade keine Dienstbezüge mehr zu, wobei es irrelevant sei, ob sich der Kläger dieser Tatsache bewusst war. Dasselbe gelte für die Verpflichtungsprämie. Sonstige Gründe, die die Rückforderung als treuwidrig im Sinne von § 242 BGB erscheinen lassen, seien nicht ersichtlich. Es sei schließlich auch nicht geboten, aus Billigkeitsgründen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG bzw. § 43b Abs. 4 Satz 5 BBesG ganz oder teilweise von der Rückforderung abzusehen. Die im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehende Billigkeitsentscheidung bezwecke, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, die den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt. Insbesondere wenn der Beamte entreichert sei, sich aber auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen kann, müsse sich eine überwiegende behördliche Verantwortung für eine Überzahlung in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Der Kläger habe jedoch bereits keinerlei substantiierten Nachweis für seine Entreicherung erbracht. Zudem liege auch kein überwiegendes Verschulden der Behörde vor, da die Entlassung des Klägers erst nach Auszahlung der Dienstbezüge für Oktober bis Dezember 2017 in das personalbearbeitende System eingegeben worden sei. Die Verpflichtungsprämie sei bereits in den Monaten September 2014 sowie September 2015 geleistet worden. Damit habe man sich darauf beschränken dürfen, dem Kläger Ratenzahlungen einzuräumen. Nach Vorlage einer Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse könnten die Modalitäten der Ratenzahlung allerdings angepasst werden.
11
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger Klage und beantragt,
Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes - Außenstelle München -. Az.: …, vom 27. März 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2018 der Beklagten, Az.: …, wird aufgehoben.
12
Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2019 beantragt die Beklagte die kostenpflichtige Abweisung der Klage und verwies zur Klageerwiderung auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2018.
13
Mit Schriftsatz vom 2. April 2019 begründet der Klägerbevollmächtigte die Klage in rechtlicher Hinsicht wie folgt: Der Kläger berufe sich weiterhin auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB. Er sei zu keinem Zeitpunkt über die Rechtsfolgen seiner Verurteilung auf sein Arbeitsverhältnis belehrt worden, ihm könne auch keine Kenntnis des Gesetzes unterstellt werden. Weder § 819 Abs. 1 BGB noch § 820 BGB würden greifen. Insbesondere würden Dienstbezüge nicht unter dem generellen Vorbehalt einer Rückforderung geleistet. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (4 S 2082/15) fordere, dass sich der Vorbehalt dem Besoldungsempfänger nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen müsse. Offensichtlichkeit liege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (2 C 15.10) nur vor, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt habe, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat. Der Kläger sei als juristischer Laie allerdings davon ausgegangen, dass man ihm die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitteile. Auch aus § 48 Satz 1 Nr. 2 SG ergebe sich kein Vorbehalt i.S.v. § 820 BGB. Gegen einen unter § 820 BGB fallenden Vorbehalt spreche auch, dass sich die Beklagte kaum darauf berufen kann, dass bereits bei Eingehen des Dienstverhältnisses absehbar gewesen sei, dass der Kläger straffällig werde. Hinsichtlich der teilweisen Rückforderung der Verpflichtungsprämie werde die Anwendbarkeit von § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG, der sich seinem Wortlaut nach nur auf zu viel gezahlte Bezüge beziehe, und mithin von § 820 BGB bezweifelt. Mangels Anwendbarkeit der Vorschriften zur ungerechtfertigten Bereicherung würden Vertrauensgesichtspunkte gelten. Der Kläger habe die Leistungen gutgläubig verbraucht. Hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG bzw. § 43b Abs. 4 Satz 5 BBesG sei zu beachten, dass der Kläger mittlerweile an einer wahnhaften Störung sowie paranoider Schizophrenie leide. Es sei nicht auszuschließen, dass sich diese krankhafte Störung bereits während der Verpflichtungszeit ausgebildet habe. Der Kläger sei schon damals verhaltensauffällig gewesen, wie eine ihm gegenüber verhängte Disziplinarbuße vom 23. Juli 2014 belege. Er sei zudem aktuell beschäftigungslos, verfüge über kein Einkommen und sei einem Pfleger unterstellt, wie der Einweisungsbeschluss des Landgerichts … vom 24. Februar 2019 belege. Vor diesem Hintergrund könne eine Kenntnis des Klägers über die Überzahlung nicht angenommen werden, da der Kläger mental nicht zurechnungsfähig gewesen sein dürfte. Ein Kontoauszug des Klägers vom 28. Februar 2019 belege schließlich auch, dass der Kläger tatsächlich entreichert sei. Eine Entreicherung sei jedoch für die Billigkeitsentscheidung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erforderlich. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung sei das Verschulden der Beklagten an der Überzahlung darin zu sehen, dass diese trotz des rechtskräftigen Urteils vom 24. Oktober 2017 weiterhin Bezüge leistete. Die verspätete Eintragung des Dienstzeitendes des Klägers ins Besoldungssystem sei der Beklagten zurechenbar. Im Übrigen werde auf den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren Bezug genommen.
14
Mit Schriftsatz vom 15. April 2019 weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger bislang keine Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse in Vorlage gebracht hat.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

16
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2018 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17
1. Die Rückforderungsentscheidung der Beklagten erweist sich als formell rechtmäßig.
18
Die Beklagte hat den Kläger zwar vor Erlass ihres Bescheides vom 27. März 2018 nicht angehört, obwohl § 28 Abs. 1 VwVfG verlangt, dass einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dieser Anhörungsmangel ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG unbeachtlich geworden, weil die erforderliche Anhörung des Klägers jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden ist. Dort hatte der Kläger umfassend Gelegenheit zur Äußerung über entscheidungserhebliche Tatsachen.
2. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger auch in materieller Hinsicht zu Recht eine Rückzahlung in Höhe von insgesamt 9.147,79 EUR geltend gemacht, die sich aus einer anteilig zu erstattenden Verpflichtungsprämie in Höhe von 4.166,70 EUR und überzahlten Dienstbezügen in Höhe von 4.981,09 EUR zusammensetzt.
19
a) Der Anspruch der Beklagten auf anteilige Rückzahlung der Verpflichtungsprämie in Höhe von 4.166,70 EUR ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen:
20
Rechtsgrundlage für die anteilige Rückforderung der dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2014 bewilligten Verpflichtungsprämie von 8.000,00 EUR bildet § 43b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BBesG, der als speziellere Vorschrift § 12 Abs. 2 BBesG vorgeht. Hiernach ist die Verpflichtungsprämie unter anderem zurückzuzahlen, wenn das Dienstverhältnis vor Ablauf der für den Anspruch auf die Verpflichtungsprämie nach § 43b Abs. 2 BBesG maßgebenden Verpflichtungsdauer nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 SG beendet wird. Die Höhe der Rückforderung bestimmt sich nach § 43b Abs. 4 Satz 2 BBesG, wonach dem Soldaten auf Zeit der Betrag zu belassen ist, der für jeden angefangenen Kalendermonat der anspruchsbegründenden Verpflichtungsdauer vor Eintritt eines in Satz 1 genannten Tatbestandes bereits geleistet worden ist. Das Dienstverhältnis des Klägers als Soldat auf Zeit endete mit Ablauf des 24. Oktober 2017 kraft Gesetzes aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts … vom 16. März 2017 und dem damit einhergehenden Verlust der Rechtsstellung eines Soldaten auf Zeit (§ 54 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 48 Satz 1 Nr. 2 SG), mithin vor dem 31. Dezember 2021, mit dessen Ablauf die Verpflichtungszeit des Klägers regulär hätte enden sollen. Der Höhe nach ergibt sich aus § 43b Abs. 4 Satz 2 BBesG daher ein Anspruch der Beklagten auf Rückforderung einer anteiligen Verpflichtungsprämie von 4.166,70 EUR für den Zeitraum vom 1. November 2017 bis 31. Dezember 2021, wobei die Berechnung der Beklagten vom 27. März 2018 weder vom Kläger beanstandet wurde noch sonstigen rechtlichen Bedenken begegnet. Weiter erweist sich der vom Kläger erhobene Entreicherungseinwand bereits von Gesetzes wegen als unbeachtlich, weil § 43b Abs. 4 BBesG eine § 12 Abs. 2 BBesG vorgehende, abschließende Sonderregelung zur Rückforderung von Verpflichtungsprämien darstellt, die einen derartigen Einwand nicht vorsieht. Ein Rückgriff auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherungen (hier § 818 Abs. 3 BGB) ist demnach nicht zulässig. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, schutzwürdig auf den Verbleib der erhaltenen Verpflichtungsprämie vertraut zu haben, ist dieser Einwand allenfalls im Rahmen der auf Rechtsfolgenseite gemäß § 43b Abs. 4 Satz 5 BBesG durch die Behörde zu treffenden Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen, die im Ergebnis allerdings ebenfalls nicht zu beanstanden ist (vgl. hierzu 2. c)).
21
b) Weiter steht der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Dienstbezüge in Höhe von 4.981,09 EUR zur Seite:
22
Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist das ohne Rechtsgrund Erlangte herauszugeben. Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten - wie vorliegend im Falle erlangten Buchgeldes - nicht möglich, so ist der Wert zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Der Kläger erhielt für die Zeit vom 25. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017 Dienstbezüge ohne Rechtsgrund, da sein Anspruch auf Besoldung aus § 3 Abs. 1 BBesG aufgrund des Verlustes seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit mit Ablauf des 24. Oktober 2017 gemäß § 56 Abs. 3 SG und § 3 Abs. 2 BBesG geendet hat. Die Beklagte bestimmte die Höhe der überzahlten Bezüge auf 4.981,09 EUR, wobei der Kläger keine substantiierten Einwände gegen die Abrechnung der Beklagten vom 27. März 2018, die einen Bestandteil der angefochtenen Entscheidung bildet, erhoben hat. Die Berechnung lässt auch im Übrigen keine Fehlerhaftigkeit erkennen.
23
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen. Hiernach ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Dass der Kläger das Erlangte verbraucht hat, ohne sich eigene Aufwendungen erspart zu haben, wurde jedoch nicht ansatzweise substantiiert vorgebracht. Der pauschale Verweis auf einen Kontoauszug des Klägers vom 28. Februar 2019 erweist sich insoweit als ungenügend.
24
Im Übrigen kann sich der Kläger auch deshalb nicht auf Entreicherung berufen, weil er jedenfalls gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.V.m. § 820 Abs. 1 Satz 2, § 818 Abs. 4 BGB verschärft haftet. Nach § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen zwar nicht alle Dienst- und Versorgungsbezüge, bei denen auf Dauer Änderungen der tatsächlichen Voraussetzungen zu erwarten sind, einem gesetzesimmanenten Rückforderungsvorbehalt im Sinne einer verschärften Haftung. Höchstrichterlich geklärt ist jedoch, dass den Ruhensregelungen im Versorgungsrecht, der Kürzung von Bezügen nach § 8 BBesG, und dem den Verlust der Besoldung bei unerlaubtem Fernbleiben vom Dienst regelnden § 9 BBesG ein Rückforderungsvorbehalt immanent ist, der bereicherungsrechtlich eine verschärfte, den Einwand der Entreicherung ausschließende Haftung begründet (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2016 - 2 C 9/15 - juris Rn. 22 mit weiteren Nachweisen zu den §§ 53 ff. BeamtVG; U.v. 5.5.1997 - 2 C 26/95 - juris Rn. 21 zu § 8 BBesG sowie U.v. 27.1.1994 - 2 C 19/92 - juris Rn. 18 f. zu § 9 BBesG). Eine verschärfte Haftung nach den §§ 820 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 4 BGB ist schließlich auf Abschlagszahlungen angewendet worden, weil es sich bei diesen ihrer Natur nach um Zahlungen handelt, die erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig festgesetzt werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.02.1995 - 2 C 16/84 - juris Rn. 22). Vorliegend verhält es sich nach Auffassung der Kammer ähnlich wie in der Konstellation, in denen ein Soldat ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fernbleibt und somit der Verlust der Dienstbezüge nach § 9 BBesG festzustellen ist. Der Anspruch auf Dienstbezüge steht insoweit unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Feststellung ihres Verlustes wegen ungenehmigten schuldhaften Fernbleibens vom Dienst (BVerwG, U.v. 27.1.1994 a.a.O. Rn. 19). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Dienstbezüge für Soldaten gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BBesG im Voraus gezahlt werden. Nach Ergehen des erstinstanzlichen Strafurteils des Amtsgerichts … vom 16. März 2017, mit dem der Kläger wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Beihilfe zum bewaffneten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt worden ist, musste sowohl vom Kläger als auch der Beklagten der Wegfall des Rechtsgrundes, hier der Verlust der Rechtsstellung des Klägers als Soldat auf Zeit gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 2 SG i.V.m. § 48 Satz 1 Nr. 2 SG mit Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung des Klägers als möglich angesehen werden mit der Folge, dass wegen der monatlichen Vorauszahlungen Bezüge überzahlt werden könnten. Insoweit ist im Ergebnis der Ansicht der Beklagten zuzustimmen, dass die Dienstbezüge des Klägers unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt gestanden haben, dass der Anspruch auf Dienstbezüge für den gesamten Zahlungszeitraum bestehen bleibt.
25
Wenngleich sich folgende Erwägungen nicht mehr als entscheidungserheblich erweisen, sei dennoch darauf hingewiesen, dass der Kläger vorliegend wohl auch gemäß § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG einer verschärften Haftung unterliegt, weil der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Mangel des rechtlichen Grundes offensichtlich, wenn der Empfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (BVerwG, U.v. 28.2.1985 - 2 C 31/82 - DÖD 1985, 199). Eine solche grob fahrlässige Unkenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes ist vorliegend bereits deshalb anzunehmen, weil berufsrechtliche Folgen bei der Verhängung einer Freiheitsstrafe insbesondere in nicht bewährungsfähiger Strafhöhe stets bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Damit war der Verlust der Rechtsstellung des Klägers als Zeitsoldat ersichtlich eindeutig bereits Gegenstand des über zwei Instanzen geführten Strafverfahrens, in dem der Kläger im Übrigen auch anwaltlich vertreten war. Schließlich vermochte der Klägerbevollmächtigte auch keine Anhaltspunkte für eine die grobe Fahrlässigkeit ausschließende seelische Störung des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überzahlung zu begründen. Der bloße Verweis des Klägerbevollmächtigten, sein Mandat habe bereits während des Strafverfahrens an Schizophrenie gelitten, genügt hierfür ebenso wenig wie ein im vorbereitenden Verfahren in Vorlage gebrachter Einweisungsbeschluss des Landgerichts … vom 24. Februar 2019, der weder die Geschäftsfähigkeit des Klägers zum Gegenstand hat noch den maßgeblichen Zeitraum Oktober bis Dezember 2017 betrifft, oder der Umstand, dass gegen den Kläger im Jahr 2014 eine Disziplinarbuße verhängt worden ist.
26
c) Schließlich erweist sich auch die auf Rechtsfolgenseite von der Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung nach § 43b Abs. 4 Satz 5 BBesG bzw. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG als ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
27
Hiernach kann mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle aus Billigkeit ganz oder zum Teil von der Rückforderung abgesehen werden. Diese Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Soldaten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2012 - 2 C 15.10 - juris Rn. 18). Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Soldaten abzustellen. Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt.
28
Nach diesen Grundsätzen ist die Billigkeitsentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Es ist insbesondere kein Verschulden der Beklagten an der Überzahlung der Dienstbezüge des Klägers erkennbar, das eine Ermessensfehlerhaftigkeit des Rückforderungsbegehrens der Beklagten begründen könnte. Ausweislich der übermittelten Verfahrensakten hat die Besoldungsstelle der Beklagten erst im Dezember 2017 Kenntnis über die rechtskräftige Verurteilung des Klägers erlangt; daraufhin wurde die Zahlung von Dienstbezügen an den Kläger umgehend eingestellt. Auch der Kläger brachte nicht vor, dass er seinen Dienstherrn früher über seine rechtskräftige Verurteilung in Kenntnis gesetzt hätte. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den Interessen des Klägers, der zu keinem Zeitpunkt eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat, hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass sie ihm Ratenzahlung gewährt hat. Soweit der Kläger anführt, nach seinen derzeitigen Einkommensverhältnissen nicht im Stande zu sein, Ratenzahlungen in der bewilligten Höhe zu leisten, lässt dieser Einwand die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung unberührt. Der Kläger ist vielmehr darauf zu verweisen, dies gegenüber der Beklagten im Vollstreckungsverfahren geltend zu machen. Die Beklagte hat auch wiederholt, zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung, auf die Möglichkeit der Anpassung der Modalitäten der Rückzahlung verwiesen.
29
3. Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten trifft die Kammer keine Entscheidung, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft des Urteils nicht vollstreckt.