Inhalt

VJuSchG
Text gilt ab: 01.02.2018

Abschnitt 5 
Verordnungsermächtigung

26. Verordnungsermächtigung

1Die Bundesregierung wird durch § 26 ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über den Sitz und das Verfahren der BPjM und die Führung der Liste zu regeln. 2Eine entsprechende Rechtsverordnung (Verordnung zur Durchführung des Jugendschutzgesetzes, DVO-JuSchG) trat am 13. September 2003 in Kraft.

27. Strafvorschriften

27.1 Verstöße gegen Vertriebs- und Werbeverbote

1 § 27 Abs. 1 erfasst Verstöße gegen Vertriebs- und Werbeverbote, die für indizierte Medien gelten, während § 27 Abs. 2 für Verstöße gegen Bestimmungen für entwicklungsbeeinträchtigende Medien gilt. 2Täter nach § 27 Abs. 2 können nur Gewerbetreibende oder Veranstalter sein. 3Verstöße, die an sich Ordnungswidrigkeiten wären, werden durch die Merkmale der schweren Entwicklungsgefährdung Minderjähriger, der Gewinnsucht oder der beharrlichen Wiederholung zu Straftaten.

27.2 Elternprivileg

Das „Elternprivileg“ gilt nur eingeschränkt: auch personensorgeberechtigte Personen können sich gemäß § 27 Abs. 4 Satz 2 strafbar machen, wenn sie durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen indizierter Medien ihre Erziehungspflicht gröblich verletzen.

27.3 Strafverfolgung

27.3.1 

Die Strafverfolgung veranlassen die örtlichen Staatsanwaltschaften; daneben wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft München die Zentralstelle des Freistaates Bayern zur Bekämpfung gewaltverherrlichender, pornografischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften eingerichtet.

27.3.2 

1Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird grundsätzlich nur das Strafgesetz angewendet (§ 21 des Ordnungswidrigkeitengesetzes – OWiG). 2Ergeben sich während des Bußgeldverfahrens konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat, so ist der Vorgang an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Entscheidung abzugeben, § 41 Abs. 1 OWiG. 3Verneint die Staatsanwaltschaft den Verdacht einer Straftat (bindende Wirkung für die Verwaltungsbehörde!), so gibt sie die Sache zur weiteren Verfolgung der Ordnungswidrigkeit gemäß § 41 Abs. 2 OWiG an sie zurück. 4In diesen Fällen kann ein jugendschutzrelevanter Sachverhalt sowohl den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit als auch einen Straftatbestand erfüllen. 5Wird zum Beispiel ein indiziertes Trägermedium (DVD) auf einem Flohmarkt angeboten, liegt ein Verstoß gegen § 15 vor. 6Zuständig für die Ahndung dieses Verstoßes ist die Staatsanwaltschaft, da es sich bei § 27 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 um eine Strafvorschrift handelt. 7Gleichzeitig liegt aber auch ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 vor, der grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit nach § 28 zu ahnden ist, da ein Trägermedium einem Minderjährigen zugänglich gemacht wurde, obwohl es kein Kennzeichen hat.

27.3.3 

Dies ist auch der Fall, wenn eine Ordnungswidrigkeit nach § 27 Abs. 2 zur Straftat wird, weil der Veranstalter oder Gewerbetreibende eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch wenigstens leichtfertig ein Kind oder eine jugendliche Person in der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet (Nr. 1) oder eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung aus Gewinnsucht begeht oder beharrlich wiederholt.

27.3.4 

1Hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt und gibt sie die Sache zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde zurück, ist der Weg für die Fortsetzung des Bußgeldverfahrens grundsätzlich frei. 2Stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren jedoch auch hinsichtlich der Ordnungswidrigkeit ein, ist eine Ahndung durch die Verwaltungsbehörde ausgeschlossen (vgl. §§ 43, 47 OWiG). 3Im Fall des Anbietens eines indizierten Mediums auf dem Flohmarkt kann deshalb nach der Abgabe an die Verwaltungsbehörde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden.

28. Bußgeldvorschriften

28.1 Elternprivileg

1 § 28 Abs. 4 Satz 2 enthält ein eingeschränktes „Elternprivileg“ hinsichtlich nicht gekennzeichneter oder mit „keine Jugendfreigabe“ gekennzeichneter Bildträger. 2Dieses Privileg gilt auch für Personen, die im Einverständnis mit den Personensorgeberechtigten handeln.

28.2 Zuständigkeit

1Die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 28 liegt bei den Kreisverwaltungsbehörden, Art. 55 Abs. 3 AGSG. 2Die Kreisverwaltungsbehörden können bestimmen, welchem Amt bzw. welcher Abteilung der Vollzug des § 28 zugeteilt wird (Jugendamt, Ordnungsamt etc.).

28.3 Bußgeldadressat

1Die Bußgeldvorschriften betreffen vornehmlich Gewerbetreibende und Veranstalter bzw. Anbieter. 2Maßgebend ist vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. 3§ 28 Abs. 4 erfasst dagegen Verstöße anderer Personen, dazu zählen auch personensorgeberechtigte und erziehungsbeauftragte Personen. 4Gemäß § 10 OWiG ist hier jedoch nur vorsätzliches Handeln relevant.

28.4 Jugendschutzkontrollen

1Jugendschutzkontrollen sind unumgänglich, um die Einhaltung des JuSchG sicherzustellen. 2Für das Handeln der zuständigen Verwaltungsbehörde gilt das Opportunitätsprinzip. 3Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wie sie tätig wird, ob ein Verfahren eingeleitet oder auch wieder eingestellt wird und welche Sanktionen (zum Beispiel Verwarnung, Verwarnungsgeld, Bußgeld) verhängt werden.

28.5 Zusammenarbeit mit der Polizei

28.5.1 

1Jugendschutzkontrollen können somit von der zuständigen Verwaltungsbehörde alleine oder von der Polizei oder von beiden gemeinsam durchgeführt werden. 2In der Praxis hat sich die Durchführung von gemeinsamen Kontrollen durch die zuständige Verwaltungsbehörde und die Polizei bewährt. 3Dies ergibt sich auch aus Art. 56 Abs. 1 AGSG, der ein vertrauensvolles Zusammenwirken von Polizei und Jugendamt vorsieht. 4Polizeiliches Handeln und pädagogische Interventionen seitens des Jugendamtes sollen sich ergänzen. 5Die zuständige Ordnungsbehörde hat insofern ein Weisungsrecht gegenüber der Polizei (gemäß Art. 9 POG bzw. § 46 Abs. 1 und 2 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1, § 161 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung – StPO).

28.5.2 

1Die Kreisverwaltungsbehörde kann bei Jugendschutzkontrollen allein tätig werden. 2Dabei hat sie eingeschränkte Kontrollbefugnisse nach Art. 7 Abs. 2 LStVG bzw. § 46 Abs. 2 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1 StPO, wie z.B. Identitätsfeststellung von Zeugen und Betroffenen (Ausweiskontrolle), Ladung und Vernehmung von Zeugen, Sicherstellung und Beschlagnahme von Beweisgegenständen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zwangsweise durchsetzbar sind (vgl. Seitz/Bauer, in: Göhler, OWiG, 17. Auflage 2017, Vor § 59 Rn. 91 und 145, 146; KK-Lampe, OWiG, 4. Auflage 2014, § 46 Rn. 12 f.).

28.5.3 

Die Polizei kann jedoch auch im ersten Zugriff von sich aus tätig werden, insbesondere, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann (Art. 3 PAG bzw. § 53 OWiG).

28.6 Testkäufe

28.6.1 

1Testkäufe können unter bestimmten Voraussetzungen dazu beitragen, den Vollzug des Jugendschutzgesetzes zu optimieren. 2Für die Einhaltung der Abgabebestimmungen ist es förderlich, wenn Gewerbetreibende mit versteckten Testkäufen rechnen müssen. 3Es wird empfohlen, Testkäufe mit jugendlichen Angehörigen des öffentlichen Dienstes (d.h. jugendlichen Anwärtern und Auszubildenden des Verwaltungsdienstes im staatlichen und kommunalen Bereich) unter engstmöglicher räumlicher Aufsicht des zuständigen erwachsenen Mitarbeiters der Vollzugsbehörde durchzuführen. 4Vorrangig sind dabei Jugendliche heranzuziehen, die im Rahmen ihrer Ausbildung mit jugendschutzrechtlichen Fragen in Berührung kommen.

28.6.2 

1Wird ein Testkauf mit Jugendlichen unter oben genannten Voraussetzungen unter der Aufsicht der zuständigen Vollzugsbehörde durchgeführt und der jugendlichen Testperson der entgegen den Vorschriften des JuSchG erworbene Gegenstand unmittelbar wieder abgenommen, liegt keine Herbeiführung oder Förderung eines Verhaltens eines Kindes oder einer jugendlichen Person im Sinn des § 28 Abs. 4 vor, das durch die in § 28 Abs. 1 Nr. 10, 12 und 15 sowie § 12 Abs. 3 enthaltenen Verbote verhindert werden soll. 2Bei der Durchführung von Testkäufen ist darauf zu achten, dass die Testkäufer den Betreffenden nicht erst durch nachhaltige Einwirkung zur Tatbegehung drängen, da dies ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens wäre.

28.7 Beweissicherung

1Beobachtungen anlässlich einer Jugendschutzkontrolle sollten unverzüglich schriftlich skizziert und dann als Aktenvermerk festgehalten werden (insb. Anzahl der Jugendlichen, erkennbar minderjährig (evtl. Foto), Verhalten der Jugendlichen, Dauer der Beobachtung, Veranstalter persönlich anwesend oder nur Personal). 2Zu dokumentieren ist, welche alkoholischen Getränke durch welche Personen Minderjährigen zugänglich gemacht worden sind. 3Minderjährige können vor Ort als Zeugen vernommen werden, jedoch ist auch eine spätere Ladung als Zeuge in die Diensträume der Verwaltungsbehörde empfehlenswert, da sie meist zu umfassenderen Ergebnissen führt. 4Es besteht für den Zeugen eine Pflicht zum Erscheinen und zur Aussage (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG). 5Jugendliche sind selbst zu laden, Kinder über deren Erziehungsberechtigte. 6Da die Erziehungsberechtigten ein Recht auf Anwesenheit während der Zeugenvernehmung haben, erhalten sie unabhängig von der Ladung eine Mitteilung des Termins.

28.8 Vorgehen bei (vermuteten) Straftaten

In klaren Fällen sollte gleich Anzeige gemäß § 158 StPO bei der zuständigen Staatsanwaltschaft erstattet werden.

28.9 Anhörung des Betroffenen

1In der Anhörung kann sich der Betroffene zum Tatvorwurf äußern. 2Sie kann an Ort und Stelle erfolgen oder durch schriftlichen Anhörungsbogen. 3Eine Ladung zur mündlichen Vernehmung bietet den Vorteil, komplexere Sachverhalte klären zu können sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu thematisieren, die bei einem zu erwartenden Bußgeld von mehr als 250 Euro notwendig ist, sowie gegebenenfalls eine Abstimmung über die Zahlungsmodalitäten zu treffen. 4Dies führt oft zum Verzicht auf Einsprüche. 5Der Betroffene ist aufgrund der Ladung zum Erscheinen verpflichtet (§ 163a Abs. 3 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG). 6Jedoch besteht für ihn keine Pflicht, sich zur Sache zu äußern (§ 161a Abs. 1 Satz 1 StPO). 7Hierüber ist er zu belehren (§ 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 163a Abs. 3 Satz 2, § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). 8Sein gewählter Anwalt hat ein Anwesenheitsrecht und ist daher vom Anhörungstermin zu unterrichten.

28.10 Adressat des Bußgeldbescheides

1Adressat des Bußgeldbescheides ist zum einen diejenige Person, die die Zuwiderhandlung unmittelbar begangen hat (zum Beispiel Kellner oder Kellnerin, Verkäufer oder Verkäuferin, Ordnungsdienstkraft). 2Daneben kann auch der Beauftragte eines Gewerbetreibenden oder Veranstalters (zum Beispiel Filialleiter, Ordnungsdienstleiter), der die Aufsicht führt, gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 OWiG bußgeldrechtlich verantwortlich sein, wenn ein Mitarbeiter angewiesen wird, Jugendschutzbestimmungen zu missachten (§ 14 OWiG) oder wenn der Gewerbetreibende oder Veranstalter mit der Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch Mitarbeiter rechnet, aber pflichtwidrig nicht einschreitet (§ 8 OWiG). 3Der Unternehmer selbst kann als Beteiligter (§ 14 bzw. § 8 OWiG) oder als Aufsichtspflichtiger (§ 130 OWiG) belangt werden. 4Als Aufsichtspflichtiger muss er seinen Betrieb durch klare Zuständigkeiten und Betriebsabläufe so organisieren, dass Ordnungswidrigkeiten verhindert oder erschwert werden bzw. sein Aufsichtspersonal sorgfältig aussuchen, belehren und (stichprobenartig) überwachen. 5Schließlich können gesetzliche Vertreter von juristischen Personen über § 9 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 8, 14 oder 130 OWiG bußgeldrechtlich verantwortlich sein, nicht jedoch die juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft selbst. 6Letztere können aber (zusätzlich) gemäß § 30 OWiG für die Ordnungswidrigkeiten ihrer gesetzlichen Vertreter oder leitenden Personen (nicht aber sonstiger Mitarbeiter) haftbar gemacht werden. 7Dazu ist eine Anordnung der Verfahrensbeteiligung des Unternehmens nach § 88 OWiG notwendig.

28.11 Verantwortlichkeit für ordnungswidriges Handeln

1Die Hauptverpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen liegt zunächst grundsätzlich bei den Veranstaltern und Gewerbetreibenden. 2Aber auch sonstige Personen mit einem bestimmten Verantwortungsbereich, wie gesetzliche Vertreter von juristischen Personen, angestellte Betriebsleiter, sonstige ausdrücklich Beauftragte wie Schank- und Verkaufspersonal, Spielhallenaufsicht, Sicherheits- und Ordnungskräfte, sind für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen verantwortlich und können mit Bußgeldern belegt werden. 3Personensorgeberechtigte und erziehungsbeauftragte Personen sind im Rahmen der für das Alter der betreffenden Kinder und Jugendlichen maßgeblichen Aufsichtspflicht verantwortlich. 4Insoweit können auch sie – wie auch weitere andere Personen über 18 Jahren – bei vorsätzlichem Handeln im Rahmen des § 28 Abs. 4 mit einem Bußgeld belegt werden.

28.12 Bußgeldrahmen

Das Höchstmaß der Geldbuße beträgt gemäß § 28 Abs. 5 JuSchG, § 17 Abs. 2 OWiG bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 1 bis 3 50.000 Euro, bei fahrlässigen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 1 bis 3 25.000 Euro und bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen nach § 28 Abs. 4 50.000 Euro.

28.13 Regelsätze der Geldbuße

1Die Hinweise zur Festsetzung von Bußgeldern (Anlage 4) gelten für vorsätzliches Handeln von Veranstaltern und Gewerbetreibenden im Sinn des § 28 Abs. 1, Anbietern im Sinn des § 28 Abs. 2, sonstigen Personen nach § 28 Abs. 3 sowie von gesetzlichen Vertretern juristischer Personen (§ 9 Abs. 1 OWiG) wie zum Beispiel Geschäftsführer einer GmbH. 2Den Regelsätzen wurde eine mittlere Qualität des Verstoßes zugrunde gelegt. 3Sie beruhen also auf einer durchschnittlichen Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und einem durchschnittlichen Vorwurf, der den Täter trifft (§ 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG), sowie auf durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG). 4Für fahrlässiges Handeln sind bei Ordnungswidrigkeiten nach § 28 Abs. 1 bis 3 in der Regel zwei Drittel des Regel- bzw. des entsprechenden Rahmensatzes festzusetzen. 5Es kann ein angemessener Abschlag von bis zu 50 % vorgenommen werden. 6Fahrlässig handelt, wer nicht alle Tatbestandsmerkmale kennt (§ 11 Abs. 1 OWiG), zum Beispiel das Alter eines Kindes oder Jugendlichen falsch einschätzt oder deren verbotenen Aufenthalt nicht bemerkt.

28.14 Abweichen vom Regelsatz

28.14.1 

1Vom Regelsatz des Bußgeldkatalogs ist abzuweichen, wenn kein durchschnittlicher Fall (vgl. Nr. 28.13 Satz 3) vorliegt. 2Es sind angemessene Ermäßigungen oder Erhöhungen vom Regelsatz vorzunehmen.

28.14.2 

Mildernder Umstand ist ein Verbotsirrtum (§ 11 Abs. 2 OWiG), das heißt Unkenntnis oder falsche Auslegung der Jugendschutzvorschriften, jedoch nur soweit er nicht auf Gleichgültigkeit oder Leichtfertigkeit beruht.

28.14.3 

1Schärfende Umstände sind zum Beispiel: besonders geringes Alter von Kindern oder Jugendlichen, lange Dauer des unerlaubten Aufenthalts, große Menge alkoholischer Getränke, Rauschzustand durch unzulässige Alkoholabgabe, mehrfache Verwirklichung eines Tatbestands nach § 28 Abs. 1 bis 3 (gleichartige Tateinheit, § 19 Abs. 1 OWiG), zum Beispiel verbotener Aufenthalt mehrerer Kinder oder Jugendlicher oder Verwirklichung mehrerer Tatbestände nach § 28 Abs. 1 bis 3 (ungleichartige Tateinheit, § 19 Abs. 1 OWiG); zum Beispiel verbotener Aufenthalt und Alkoholabgabe. 2Hierbei wird die Geldbuße der Ordnungswidrigkeit entnommen, für die nach dem Bußgeldkatalog der höhere Bußgeldrahmen gilt, das festzusetzende Bußgeld erhöht sich dann angemessen, etwa bis um die Hälfte des Satzes der mit der geringeren Geldbuße zu ahndenden Ordnungswidrigkeit.

28.14.4 

1Für angestellte Betriebsleiter, zum Beispiel den Leiter einer Gaststätte, Spielhalle etc. (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG) ist ein Abschlag von 25 % vorzunehmen. 2Für sonstige ausdrücklich Beauftragte zur Einhaltung von Jugendschutzvorschriften (zum Beispiel Kellner oder Kellnerin, Ordner oder Ordnerin, Spielhallenaufsicht, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG) ist ein Abschlag von 50 % vorzunehmen.

28.14.5 

1Für einen Wiederholungsfall innerhalb eines Jahres sollte gelten: erste Wiederholung bis zu 50 % Aufschlag, zweite Wiederholung bis zu 100 % Aufschlag und dritte Wiederholung bis zu 200 % Aufschlag. 2Bei beharrlicher Wiederholung ist zu prüfen, ob eine Straftat gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 vorliegt. 3Die Tilgungsfristen nach § 153 GewO sind zu beachten. 4Bei Tatmehrheit aufgrund von verschiedenen Ordnungswidrigkeiten (§ 20 OWiG) ist die Geldbuße jeweils gesondert festzusetzen. 5Eine Erhöhung einer Geldbuße ist unzulässig (zum Beispiel mehrfache Gestattung des Aufenthalts in einer Diskothek an verschiedenen Tagen).

28.15 Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils

1Mit der Höhe des Bußgeldes soll der mit der Begehung der Ordnungswidrigkeit verbundene oder zu erwartende wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden. 2Die Abschöpfung eines aus der Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteils kann mit einem Regelsatz nicht erfasst werden (§ 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). 3Dazu sind stets eine konkrete Berechnung und eine Einzelzumessung der Geldbuße erforderlich.

28.16 Andere Ordnungswidrigkeiten

1Werden bei einer Jugendschutzkontrolle weitere Ordnungswidrigkeiten festgestellt zum Beispiel nach GastG, Landesbauordnung oder VStättV, so sind zwar die Geldbußen gesondert festzusetzen (§ 20 OWiG). 2Es ist aber zu prüfen, ob eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinn vorliegt und daher alle Zuwiderhandlungen in einem Bußgeldbescheid zu ahnden sind.

28.17 Gewerbezentralregister

1In das Gewerbezentralregister sind gemäß § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewO alle rechtskräftigen Bußgeldentscheidungen einzutragen, die bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung oder bei der Tätigkeit in einem Gewerbe oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung von einem Vertreter oder Beauftragten im Sinn des § 9 OWiG oder einer Person, die in einer Rechtsvorschrift ausdrücklich als Verantwortlicher bezeichnet ist, begangen worden sind, wenn die Geldbuße mehr als 200 Euro beträgt. 2Verstößt ein Gewerbetreibender wiederholt gegen das Jugendschutzgesetz und erhält nachweislich mehrere Einträge in das Gewerbezentralregister, ist es möglicherweise sinnvoll, über einen Konzessionsentzug gemeinsam mit anderen Ordnungsbehörden (wenn zum Beispiel auch Verstöße in anderen Gesetzesbereichen, zum Beispiel im LStVG, VStättV, GastG, GSG etc. vorliegen) nachzudenken. 3Dies ist dann anzuregen, wenn der betroffene Gewerbetreibende uneinsichtig ist und nicht zu erwarten ist, dass er künftig seiner Verantwortung gerecht werden wird.

29. Inkrafttreten, Außerkrafttreten

29.1 Inkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.

29.2 Außerkrafttreten

Die Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz in der Fassung vom 1. September 2016 (Az. II5/6524.03-1/42) treten mit Ablauf des 31. Januar 2018 außer Kraft.