2.
Begriffe
2.1
Landwirtschaft
1Landwirtschaft im Sinne des Baugesetzbuches (BauGB) ist gemäß § 201 BauGB insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. 2Landwirtschaft ist demnach die unmittelbare, planmäßige und eigenverantwortliche Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse. 3Der Begriff der Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB bleibt im Übrigen unberührt, wenn Flächen im Rahmen freiwilliger Maßnahmen zeitweise aus landwirtschaftlicher Nutzung genommen oder extensiviert werden. 4Können diese Flächen später ohne größeren Aufwand wieder intensiver bewirtschaftet werden, so werden sie als landwirtschaftlich genutzte Fläche gewertet. 5Die Einnahmen aus der Bewirtschaftung oder Pflege derartiger Flächen werden bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit Einkünften aus herkömmlicher landwirtschaftlicher Tätigkeit gleichgestellt. 6Landwirtschaft ist auch die Pensionstierhaltung, das heißt die Unterbringung und Fütterung fremder Tiere gegen Entgelt auf der Basis einer überwiegend eigenen Futtergrundlage. 7Nicht als Landwirtschaft, sondern als gewerbliche Betätigungen anzusehen sind zum Beispiel der Betrieb einer Reitschule und die Überlassung eigener Pferde an Dritte im Wege von Reitbeteiligungen oder Reittherapie. 8Als Sonderformen ohne unmittelbare Bodenertragsnutzung gehören auch die berufsmäßige Imkerei (Haltung und Zucht von Bienen) und die berufsmäßige Binnenfischerei einschließlich Teichwirtschaft zur Landwirtschaft. 9Teichwirtschaft in künstlichen Behältern kann nur dann als Binnenfischerei anerkannt werden, wenn sie über Zulauf und Ablauf in ein natürliches Gewässer eingebunden und auf dieses angewiesen ist. 10Das Merkmal der Berufsmäßigkeit dient der Abgrenzung zur Liebhaberei, setzt aber eine hauptberufliche Betätigung nicht voraus.
2.2
Forstwirtschaft
1Forstwirtschaft ist die planmäßige Bewirtschaftung von Wald mit Anbau, Pflege und Einschlag zum Zweck der Holzgewinnung. 2Erforderlich ist die unmittelbare Bodenertragsnutzung. 3Auch daran anschließende Nachfolgenutzungen (Herstellung von Scheitholz oder Hackschnitzeln) können daher der forstwirtschaftlichen Urproduktion zugeordnet werden, jedenfalls soweit es sich bei dem verarbeiteten Holz um Holz handelt, das aus Wald stammt, der zum jeweiligen forstwirtschaftlichen Betrieb gehört. 4Je mehr sich die Produktions- und Veredelungsstufen von den durch die Bodennutzung erworbenen Produkten entfernen, desto eher fehlt die notwendige prägende Wirkung. 5Typische Arbeitsvorgänge des holzbe- und -verarbeitenden Gewerbes (Sägewerk, Schreinerei) sind von der Privilegierung nicht umfasst.
2.3
Gartenbau
1Gartenbauliche Erzeugung im Sinne § 201 BauGB ist der erwerbsmäßige, das heißt zur Erzielung regelmäßiger, nicht nur gelegentlicher Gewinne betriebene Anbau beziehungsweise die Erzeugung pflanzlicher Produkte (zum Beispiel Gemüseanbau, Samenbau, Zierpflanzenbau, Staudengärtnerei, Baumschulen, Pilzkulturen). 2Handelsgärtnereien sowie Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus bleiben ausgenommen. 3Ebenso wenig reicht die bloße Eigenversorgung aus: Hier handelt es sich um Hausgärten oder Dauerkleingärten. 4Bei der gartenbaulichen Erzeugung ist das Merkmal der unmittelbaren Bodenertragsnutzung nicht wesentlich. 5Es ist somit unerheblich, ob der Anbau unmittelbar im Mutterboden oder in Behältnissen erfolgt. 6Die Unterscheidung zwischen Gartenbaubetrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und solchen nach Nr. 2 BauGB hängt davon ab, ob das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. 7Ist das nicht der Fall, fällt das Vorhaben unter Nr. 2, die eine entsprechende Rückbauverpflichtung nach sich zieht (§ 35 Abs. 5 BauGB).
2.4
Betrieb
Der Begriff des Betriebs ist ein entscheidendes Merkmal für die Privilegierung baulicher Anlagen im Außenbereich.
2.4.1
Definition
1Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist eine organisatorische Einheit, die von der Zusammenfassung der Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeitskraft nach einem langfristigen Plan gekennzeichnet ist. 2Nicht jede landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder gartenbauliche Betätigung begründet folglich einen „Betrieb“. 3Die Bejahung der Betriebseigenschaft erfordert eine nachhaltige, ernsthafte und betriebswirtschaftlich sinnvolle landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder gartenbauliche Tätigkeit durch einen sachkundigen Leiter. 4Die erforderliche Sachkunde kann sich sowohl aus einer entsprechenden fachlichen Ausbildung ergeben als auch darauf gründen, dass das notwendige Erfahrungswissen durch bisherige nachhaltige Mitarbeit im eigenen Familienbetrieb oder in einem entsprechenden anderen Betrieb erlangt wurde. 5Es muss sich um ein mit einem Mindestmaß an Umfang betriebenes, nachvollziehbar auf Dauer angelegtes und wirtschaftlich lebensfähiges Unternehmen handeln, das geeignet ist, dem Inhaber eine nachhaltige Sicherung seiner Existenz zu gewährleisten. 6Die Mindestanforderungen an den Umfang im Hinblick auf Betriebsgröße und Betriebsintensität lassen sich nicht verallgemeinern, sondern sind im Einzelfall anhand der allgemeinen Anschauung der jeweiligen Fachkreise, unter Berücksichtigung etwaiger regionaler Besonderheiten, zu bestimmen. 7Ein nur geringer Umfang der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung stellt die Zugehörigkeit zur Land- oder Forstwirtschaft nicht infrage; er ist allerdings entscheidend für die Grenzziehung zwischen bloßer Liebhaberei und einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb. 8Der Gewinnerzielungsabsicht kommt eine zwar gewichtige, aber doch nur indizielle Bedeutung für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit eines Betriebes zu. 9Eine land- oder forstwirtschaftliche Betätigung, die bei objektiver Betrachtung auf Dauer keinen oder nur einen sehr geringen Gewinn abwirft, ist in aller Regel Freizeitbeschäftigung und Liebhaberei, begründet aber keinen Betrieb. 10Die erforderliche Ernsthaftigkeit, Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit der Betriebsführung sowie die Gewinnerzielungsabsicht können bei Personen, die bisher schon oder früher einmal langjährig in der Landwirtschaft tätig waren, eher angenommen werden als bei Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen. 11Ein fachlich ungeeigneter Betriebsleiter lässt darauf schließen, dass eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung nicht gewährleistet ist. 12Ähnliches gilt, wenn ein bereits seit langem bestehender landwirtschaftlicher Betrieb umgestellt, erweitert oder anderweitig verändert werden soll. 13Hier wird eine Privilegierung des Vorhabens eher bejaht werden können – und im Falle der Erweiterung meist sogar unproblematisch sein –, als bei der Neuaufnahme oder Übernahme eines landwirtschaftlichen Betriebes durch Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen. 14Eine Neuaufnahme eines landwirtschaftlichen Betriebes liegt auch dann vor, wenn dafür landwirtschaftliche Flächen von einem weiter bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb abgetrennt werden. 15In den genannten Fällen ist besonders zu prüfen, ob die landwirtschaftliche Betätigung nicht nur vorgeschoben wird, um im Außenbereich bauen zu können. 16Für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebsführung ist auch Pachtland auf Grund von Pachtverträgen oder gleichgerichteten Rechtsverhältnissen einzubeziehen, die dem Betrieb verlässlich und langfristig – bei Neugründung von Nebenerwerbsbetrieben mindestens 12 Jahre – zur Verfügung stehen. 17Eine landwirtschaftliche Bodennutzung allein auf der Grundlage von Pachtland erfüllt bei Neugründungen aber regelmäßig nicht die Betriebseigenschaft (BVerwG vom 3. Februar 1989, BauR 1989, 182). 18Anders liegt es jedoch, wenn sachkundige Landwirte ganze landwirtschaftliche Betriebe gegebenenfalls auch einschließlich der Hofstelle langfristig pachten und selbst bewirtschaften. 19§ 35 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 201 BauGB steht der Entwicklung neuer landwirtschaftlich ausgerichteter Betriebsformen nicht entgegen. 20Dies gilt beispielsweise für die Erzeugung von Energiepflanzen oder Maßnahmen der Landschaftspflege auf betriebszugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen für Dritte. 21Dies gilt sinngemäß auch für die Bewirtschaftung von Waldflächen.
2.4.2
Voll- und Nebenerwerbsbetriebe
2.4.2.1
Vollerwerbsbetriebe
1Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau im oben genannten Sinn können sowohl im Haupterwerb als auch im Nebenerwerb betrieben werden. 2Im Folgenden wird der in der Rechtsprechung geprägte Begriff „Vollerwerbsbetrieb“ auch für den in der landwirtschaftlichen Betriebslehre gebräuchlichen Begriff „Haupterwerbsbetrieb“ verwendet. 3Vollerwerbsbetriebe erfordern nach der Rechtsprechung einen hauptberuflich tätigen Betriebsleiter. 4Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn
- –
der Betrieb mindestens einen objektiven Arbeitszeitbedarf von 0,75 Arbeitskrafteinheiten (AK) aufweist, wobei der deutlich untergeordnete AK-Bedarf einer mitgezogenen Betätigung des konkreten Betriebs zu berücksichtigen ist,
- –
der Betriebsleiter seine Arbeitskraft überwiegend in den Betrieb einbringt und
- –
der Betriebsleiter mindestens 50 % des Gesamteinkommens aus dem Betrieb erwirtschaftet.
5Darüber hinaus kann bei größeren Betrieben gegebenenfalls auch anhand des objektiven Arbeitszeitbedarfs auf das Vorliegen eines Vollerwerbsbetriebs geschlossen werden. 6Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus den bayerischen Agrarberichten, zum Beispiel in der Fassung von 2020, der auf einen Arbeitszeitbedarf von mindestens 1,5 AK abstellt.
2.4.2.2
Nebenerwerbsbetriebe
1Bei Nebenerwerbsbetrieben müssen ebenfalls alle Elemente des Betriebsbegriffes vorhanden sein. 2Die obigen Ausführungen zum Betriebsbegriff gelten daher mit nachstehenden Maßgaben auch für Nebenerwerbsbetriebe. 3Die Landwirtschaft soll auch im Nebenerwerb einen spürbaren wirtschaftlichen Nutzen für den Inhaber bringen. 4Auch bei Nebenerwerbsbetrieben können die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit des Unternehmens, wenn diese schon lange im Familienbesitz bewirtschaftet werden, eher angenommen werden, als bei der Neubegründung durch Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen, die einen bestehenden Nebenerwerbsbetrieb erworben haben oder nach Flächenerwerb im Außenbereich erst neu aufbauen wollen. 5Insbesondere in den Fällen, in denen frühere Vollerwerbsbetriebe im Zuge des Strukturwandels zwar im Familienbesitz geblieben sind, aber nunmehr im Nebenerwerb bewirtschaftet werden, sowie bei seit langem bestehenden und stabilen Nebenerwerbsbetrieben, können an Stelle der Gewinnerzielung auch andere Umstände die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebsführung begründen. 6Insbesondere der Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen, der Betriebsform und der Betriebsorganisation, dem aufgewendeten Kapital und auch dem Bestand an Tieren und Maschinen, ferner der Anzahl der Arbeitnehmer, kommt hierbei indizielle Bedeutung zu. 7Als Faustregel gilt: Je kleiner die landwirtschaftliche Nutzfläche ist, je geringer der Kapitaleinsatz und – damit zusammenhängend – je geringer die Zahl der Tiere und Maschinen ist, umso stärkere Bedeutung kommt dem Indiz der Gewinnerzielung zu. 8Umgekehrt hat das Indiz der Gewinnerzielung umso geringere Bedeutung, je größer die landwirtschaftliche Nutzfläche, je höher der Kapitaleinsatz und damit die Anzahl der Tiere und landwirtschaftlichen Maschinen ist (BVerwG vom 11. April 1986, BauR 1986, 419; BVerwG vom 9. Dezember 1993, BRS 56 Nr. 71). 9Bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit eines Unternehmens ist zu beachten, dass die Gewinnerzielung auf die land- oder forstwirtschaftliche Betätigung zurückzuführen sein muss. 10In Grenzfällen, bei denen die Betriebseigenschaft des Nebenerwerbs nicht von vorneherein und zweifelsfrei feststeht, soll zugunsten des Bauwerbers auch berücksichtigt werden, dass durch die bisherige dauerhafte und nachhaltige Bewirtschaftung von Flächen durch die Nebenerwerbslandwirte ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft sowie für Naturschutz und Landschaftspflege geleistet wurde und auch weiterhin zu erwarten ist. 11Damit kann auch der durch die Landwirtschaft als solcher erbrachte, nicht finanziell ausgeglichene Beitrag zur Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft mit seiner besonderen Bedeutung für das Gemeinwohl mitberücksichtigt werden. 12Soll ein landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb durch Personen aus landwirtschaftsfremden Berufen neu aufgebaut werden, so ist eine besonders sorgfältige Prüfung der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit geboten. 13In diesen Fällen ist bei Bauanträgen für Wohnhäuser besonders zu prüfen, ob der Wunsch, im Außenbereich zu wohnen, im Vordergrund steht. 14Hier ist die Gewinnerzielungsabsicht ein entscheidendes Indiz für die Anerkennung der erforderlichen Nachhaltigkeit. 15Dabei ist zu bedenken, dass bei der Neubegründung regelmäßig noch keine verlässlichen Betriebsdaten vorliegen. 16Daher sind die Fähigkeiten des Betriebsleiters bei der Gewinnberechnung realistisch einzuschätzen. 17Der Gewinn muss insbesondere in diesen Fällen ausreichen, um ein angemessenes Entgelt für die eingesetzte Arbeit und das investierte Kapital zu erzielen. 18Fehlen wesentliche Elemente eines Betriebes, insbesondere die dem Wesen der Landwirtschaft entsprechende Dauerhaftigkeit als ein Unternehmen mit mehr als einer Generation Lebensdauer, so handelt es sich lediglich um aus Liebhaberei betriebene landwirtschaftliche Aktivitäten. 19Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Forstwirtschaft und den Gartenbau. 20Bei entsprechender Organisation, Gewinnerzielungsabsicht, Wirtschaftlichkeit, Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit kann auch bei kleinen Flächen ein forstwirtschaftlicher beziehungsweise gartenbaulicher Nebenerwerbsbetrieb im Sinne des BauGB gegeben sein. 21Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sind, neben den Einkünften aus der Forstwirtschaft, auch Einkünfte aus Leistungen für die Erhaltung der Kulturlandschaft sowie für den Naturschutz und die Landschaftspflege (zum Beispiel Betreuung von Grünflächen und Biotopen, Unterhaltung von Uferflächen) zu berücksichtigen. 22Zur Beurteilung der Betriebseigenschaft können land- und forstwirtschaftliche Betriebsteile als Einheit bewertet werden. 23Auch anerkannte Forstbetriebsgemeinschaften kommen für den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Betracht. 24Sie erfüllen dann die Voraussetzungen eines forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn sie für ihre Mitglieder Anbau, Pflege und Abschlag von Holz übernommen haben, insbesondere in Form von längerfristigen Waldpflegeverträgen. 25In diesen Fällen erledigen sie Aufgaben, die der unmittelbaren Bodenertragsnutzung zuzuordnen sind. 26Nicht ausreichend ist, wenn die Forstbetriebsgemeinschaften ausschließlich Lagerung und Vertrieb des eingeschlagenen Holzes besorgen, da Lagerung und Vertrieb für sich allein keine unmittelbare Bodenertragsnutzung darstellen. 27Bei kleinen Fischzuchtanlagen ist in der Regel von einer berufsmäßigen Binnenfischerei im Nebenerwerb auszugehen, wenn über 250 kg Fisch pro Jahr produziert werden, die Fischzucht seit mehreren Jahren besteht und – gegebenenfalls unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten – ein spürbarer wirtschaftlicher Nutzen für den Inhaber gegeben ist.
2.5
Mitgezogene Betätigungen
1Auch Vorhaben, die landwirtschafts-, forstwirtschafts-, oder gartenbaufremden Betätigungen dienen, können an der Privilegierung teilhaben, wenn sie von ihr „mitgezogen werden“. 2In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch ein Betriebsteil, der zwar in funktionalem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb steht, für sich betrachtet aber keine Landwirtschaft, also keine unmittelbare Bodenertragsnutzung darstellt, an der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebes teilnehmen, von ihr „mitgezogen“ werden kann. 3Für die Teilnahme an der Privilegierung ist regelmäßig entscheidend, dass die betreffende Betätigung – äußerlich erkennbar – dem land-, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb räumlich-funktional zu- und untergeordnet ist und ihm zu seiner Erhaltung und Existenzsicherung eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen soll. 4Gegenüber dem vorhandenen Betrieb muss es sich um eine bodenrechtliche Nebensache handeln. 5Dies ist umso weniger der Fall – aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen –, als zwischen dem Betrieb und der hinzugenommenen Betätigung ein betrieblicher Zusammenhang nur entfernt besteht (BVerwG vom 19. April 1985, BauR 1985, 545). 6Als Entscheidungskriterium kann insofern beispielsweise der überwiegende Vertrieb eigen erzeugter Produkte dienen, vergleiche Nr. 3.4.2 Satz 6. 7Welcher Art landwirtschaftsfremde Betätigungen sein können und welchen Umfang sie annehmen dürfen, lässt sich generell kaum festlegen. 8Zu fordern ist jedenfalls, dass das (sich wandelnde) sichtbare Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebes gewahrt bleibt. 9Es kommt hierbei auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an; typische Vorhaben werden exemplarisch unter Nr. 3.4 dargestellt. 10Die Frage des „Mitgezogenseins“ stellt sich nur, wenn überhaupt ein Betrieb im Sinne von Nr. 2.4 vorliegt, der die nicht-privilegierte Betätigung „mitziehen“ kann. 11Dies kann im Einzelfall zu verneinen sein, wenn – auf einen längeren Zeitraum bezogen – der landwirtschaftliche Teil nicht mehr als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von Nr. 2.4.2.2 zu qualifizieren wäre. 12Wenn sonstige Betätigungen einen Betrieb – äußerlich – prägen, ist keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB möglich. 13In diesem Zusammenhang ist der Auffassung entgegenzutreten, für die Frage der Prägung beziehungsweise der Unter- und Zuordnung komme es auf einen Vergleich der (künftigen) Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Teil des Betriebs auf der einen Seite mit dem mitgezogenen Teil auf der anderen Seite an. 14Dies ist nicht der Fall: Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 19. April 1985, BauR 1985, 545, ausdrücklich klargestellt und seitdem in ständiger Rechtsprechung bestätigt hat, ist auch für die Rechtsqualität der „mitgezogenen Nutzungen“ von einem bodenrechtlichen Ansatz auszugehen. 15Das bedeutet, dass es insoweit regelmäßig auf das äußere Erscheinungsbild des Betriebs insgesamt ankommt, nicht hingegen auf das Verhältnis der aus der Landwirtschaft erzielten beziehungsweise erzielbaren Einkünften zu denjenigen aus den nicht landwirtschaftlichen Betriebszweigen (so ausdrücklich auch Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 30). 16Letzteres kann allenfalls in Grenzfällen – zum Beispiel, wenn sich das Betriebskonzept einschneidend in Richtung einer eindeutigen Priorisierung der (bisher) mitgezogenen Betätigung verändert – indizielles Kriterium für die Frage sein, ob überhaupt (noch) ein Betrieb vorliegt (so wiederum ausdrücklich Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 30 und auch bereits BVerwG vom 19. April 1985, BauR 1985, 545, das im konkreten Fall die Betriebseigenschaft wegen der untergeordneten Bedeutung der mitgezogenen Betätigung bejaht hat).