Inhalt

Text gilt ab: 01.10.2021
Gesamtvorschrift gilt bis: 31.12.2026

3. Information der Öffentlichkeit in anderen Fällen

3.1 Futtermittel

3.1.1 Grundsatz

1Gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 178/2002 unterrichtet das Unternehmen die Verwender des Futtermittels, das die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfüllt, effektiv und genau über den Grund für die Rücknahme und ruft erforderlichenfalls bereits an diese gelieferte Produkte zurück, wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichen. 2Futtermittel gelten gemäß Art. 15 Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen ist, dass sie die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen können oder bewirken, dass die Lebensmittel, die aus den der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren hergestellt werden, als nicht sicher für den Verzehr durch den Menschen anzusehen sind. 3Bei der Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus ist ebenfalls auf die Gesundheit von Mensch oder Tier beziehungsweise auf die Sicherheit der Lebensmittel, die aus den der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren hergestellt werden, abzustellen. 4Als Verwender sind diejenigen Personen anzusehen, die das Futtermittel an Tiere verfüttern, also bei Nutztieren in der Regel die Landwirte, bei Heimtieren die jeweiligen Tierhalter.

3.1.2 Rücknahme und Rückruf

1Hat ein nicht sicheres Futtermittel die Verwender bereits erreicht, ist primär eine effektive und genaue Information über den Grund für die Rücknahme zu veranlassen, um die Verwender in die Lage zu versetzen, das Futtermittel zu vernichten (vergleiche Art. 20 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002). 2Sollte dies zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichend sein, zum Beispiel wenn die Vernichtung der Ware durch den Verwender selbst mit Risiken verbunden ist oder wenn damit zu rechnen ist, dass der Verwender die Ware nicht vernichtet und damit Risiken verbunden sind, so ist ein Rückruf, das heißt eine Aufforderung zur Rückgabe der Ware erforderlich.

3.1.3 Mittel der Information der Öffentlichkeit

3.1.3.1 Futtermittel für Nutztiere

1Futtermittel werden im Gegensatz zu Lebensmitteln in den weitaus meisten Fällen nicht an Endverbraucher, sondern an Geschäftskunden abgegeben (Landwirte, berufsmäßige Tierhalter etc.). 2Diese Personen sind über die gesetzlich vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit ermittelbar. 3Daher ist in der Regel sowohl für die Information über die Rücknahme, als auch den Rückruf eine direkte Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Verwendern möglich und ausreichend. 4Eine Information der Öffentlichkeit (Aushang, Pressemitteilung etc.) ist in diesen Fällen nicht erforderlich. 5Falls im konkreten Einzelfall eine direkte Information der Verwender nicht oder nicht in der erforderlichen Kürze der Zeit möglich ist, kann von Futtermittelunternehmern eine Information der Öffentlichkeit verlangt werden.

3.1.3.2 Futtermittel für Heimtiere

1Für den Fall, dass ein Futtermittel im Heimtierbereich vertrieben wurde, kann anders als bei Futtermitteln für Nutztiere nicht von einer Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme mit den Verwendern des Futtermittels ausgegangen werden, da eine Rückverfolgbarkeit bis zum Verbraucher in der Regel nicht besteht. 2In diesen Fällen hat eine Information der Verwender über die Rücknahme und erforderlichenfalls ein Rückruf mittels Aushang zu erfolgen. 3Die Erforderlichkeit einer Pressemitteilung des Futtermittelunternehmers ist im Einzelfall zu beurteilen. 4Auf die Möglichkeit eines behördlichen Hinweises auf eine Information der Öffentlichkeit oder eine Rücknahme- oder Rückrufaktion mittels behördlicher Pressemitteilung wird hingewiesen. 5Wenn von dem betreffenden Lebensmittel eine Gesundheitsgefahr für Menschen ausgeht (zum Beispiel Salmonellen auf getrockneten Schweineohren), so ist der Futtermittelunternehmer im Sinne einer genauen und effektiven Information zusätzlich zur Erstellung einer Pressemitteilung verpflichtet, auf die behördlicherseits hinzuweisen ist.

3.1.4 Zuständigkeit

Zuständige Behörde ist für ganz Bayern die Regierung von Oberbayern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 GesVSV).

3.2 Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel

1Für die Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Bedarfsgegenstände und kosmetische Mittel gelten die Ausführungen unter Nr. 2 entsprechend. 2Rechtsgrundlage für eine behördliche Information der Öffentlichkeit ist insoweit § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB. 3Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b beziehungsweise § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GesVSV.

3.3 Tabakerzeugnisse

1Für die Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende Tabakerzeugnisse gelten die Ausführungen unter Nr. 2. entsprechend. 2Rechtsgrundlage für die Information der Öffentlichkeit in Bezug auf Tabakerzeugnisse ist § 29 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 TabakerzG. 3Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c GesVSV.

3.4 Fälle des Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002

1 Art. 14 VO (EG) Nr. 178/2002 nennt zwei Kategorien von nicht sicheren Lebensmitteln. 2Zum einen solche, die gesundheitsschädlich sind (vergleiche zum Vorgehen Ausführungen zu Nr. 2), zum anderen solche, die für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind. 3Gemäß Art. 14 Abs. 5 VO (EG) Nr. 178/2002 ist bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist. 4Liegt ein Lebensmittel vor, das nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt wurde, ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

3.4.1 Pflichten des Lebensmittelunternehmers

1Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 hat der verantwortliche Lebensmittelunternehmer unverzüglich Verfahren einzuleiten, um das betreffende Lebensmittel vom Markt zu nehmen, sofern das Lebensmittel nicht mehr unter der unmittelbaren Kontrolle des ursprünglichen Lebensmittelunternehmers steht, und die zuständigen Behörden darüber zu unterrichten. 2Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen sind nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 178/2002 jedoch nur dann vorgesehen, „wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichen“. 3Da von Lebensmitteln, die nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt wurden, in Abgrenzung zu Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 grundsätzlich keine Gesundheitsgefahr ausgeht, ist diese Voraussetzung in der Regel nicht gegeben. 4Eine Beurteilung, ob eine öffentlichkeitswirksame Maßnahme dennoch geboten ist, hat in diesen Fällen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

3.4.2 Pflichten der Behörden

1Die Pflicht der Behörden zur Information der Öffentlichkeit nach Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 und nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB knüpft an den hinreichenden Verdacht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann, an. 2Ein solches liegt bei Fällen nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der VO (EG) Nr. 178/2002 jedoch nicht vor. 3Infrage kommt jedoch eine Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB. 4Da es sich hierbei nicht um eine Vorschrift zur Gefahrenabwehr im engeren Sinne handelt, ist eine Information der Öffentlichkeit jedoch an weitere Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft („nicht unerhebliche Menge“, „längerer Zeitraum“, Interessensabwägung nach § 40 Abs. 1 Satz 3 LFGB, Anhörung). 5Auch hier gilt der Grundsatz der Subsidiarität (§ 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB). 6Die Zuständigkeit folgt aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b beziehungsweise § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GesVSV.