Titel:
Irreführende E-Mail-Angabe im Impressum
Normenketten:
UWG § 5 a Abs. 1, § 5 b Abs. 4
DDG § 5 Abs. 1 Nr. 2
Leitsatz:
Es stellt eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG dar, wenn in Telemedien im Impressum als einzige E-Mail-Adresse eine solche angegeben wird, die nicht zur Kontaktaufnahme geeignet ist, weil auf Anfragen lediglich eine automatisierte Antwort versendet wird. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Irreführung
Fundstellen:
WRP 2025, 678
K & R 2025, 518
LSK 2025, 3851
GRUR-RS 2025, 3851
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Telemedien im Impressum als dort einzige E-Mail-Adresse eine solche anzugeben, die nicht zur Kontaktaufnahme geeignet ist,
insbesondere wenn Anfrage an diese E-Mail-Adresse automatisch mit Angaben beantwortet werden wie „Hi there, We are no longer accepting Support request at this email adress. Please visit our Support Portal for access to great self-help resources, diagnostic-based guides, and a detailed ticket submission form.“, wenn dies geschieht wie in Anlage KR 2.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 374,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.04.2024 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist in Ziffer 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 EUR und in Ziffer 2 und 3 gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und beim Bundesamt der Justiz in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gem. § 8 b UWG eingetragen. Die Beklagte stellt Dienste im Bereich Internet-Performance und Cyber-Sicherheit bereit. Die Beklagte betreibt die Internetseite … über die sie Dienste Verbrauchern und gewerblichen Kunden anbietet. Im Impressum der Webseite ist unter … zur Kontaktaufnahme ausschließlich die Email-Adresse … genannt. Wird an diese Email-Adresse eine Nachricht gesandt, erhält der Sender folgende automatisierte und standardisierte Antwort, wie am 2.2.2024 geschehen:
2
Die Impressum-Seite enthält im oberen rechten Eck ein Feld „Support“, mittels dessen Dropdownfunktion weitere, direkte Kontaktmöglichkeiten zur Beklagten angeboten wird. Diese zusätzlichen Hilfe- und Kontaktmöglichkeiten sind auch in einem sog. „Community Support“ sowie in einem Hilfe-Center zusammengefasst. Eine deutsche Telefonnummer für unmittelbaren Kontakt ist im Impressum ebenfalls genannt.
3
Mit Schreiben ihres Prozessvertreters vom 7.2.2024 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 19.2.2024 auf. Eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben.
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Die Klägerseite behauptet, aus der Antwort-Email gehe eindeutig hervor, dass die Email-Anfrage von der Beklagten nicht bearbeitet werde. Der Nutzer werde vielmehr mittels eines Links auf ein Support-Portal der Beklagten verwiesen.
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Die Klägerseite ist der Ansicht, dass die Beklagte keine geeignete Email-Adresse in ihrem Impressum zur Verfügung stelle und deshalb eine wesentliche Information ISv § 5 a Abs. 1 i.V.m. § 5 b Abs. 4 UWG vorenthalte. Die Pflicht, eine Adresse für die elektronische Post anzugeben, ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Die von der Beklagten angegebene Email-Adresse sei nicht zur Kontaktaufnahme geeignet. Das Betreiben eines Email-Postfachs, das lediglich mit einer standardisierten Antwort reagiere, verstoße gegen § 5 TMG/5 DDG. Die Kommunikation per Email sei nicht aus der Zeit gefallen. Die von der Beklagten für eine Kontaktaufnahme über das Support Portal zu durchlaufenden Verfahrensschritte würden keine schnelle Bearbeitung von Anfragen erlauben. Als zu erstattende Abmahnkosten dürfe die Klägerin eine Kostenpauschale aus Basis der Gesamtausgaben der Klägerin aus dem Jahr 2022 berechnen. 60 % der Gesamtausgaben der Klägerin würden auf Abmahnungen entfallen. Unter Berücksichtigung der Anzahl der Abmahnungen und der Einnahmen aus Abmahnpauschalen sei jedenfalls eine Kostenpauschale von 350 € gerechtfertigt; tatsächlich würden die Kosten der einzelnen Abmahnung sich auf 1.925,40 EUR netto belaufen.
6
Die Klägerseite beantragt zuletzt:
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Telemedien im Impressum als dort einzige E-Mail-Adresse eine solche anzugeben, die nicht zur Kontaktaufnahme geeignet ist, insbesondere wenn Anfrage an diese E-Mail-Adresse automatisch mit Angaben beantwortet werden wie „Hi there, We are no longer accepting Support request at this email adress. Please visit our Support Portal for access to great self-help resources, diagnostic-based guides, and a detailed ticket submission form.“, wenn dies geschieht wie in Anlage KR 2.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 374,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7
Die Beklagtenseite beantragt
9
Die Beklagtenseite behauptet, dass sie keine wesentliche Information i.S.v. §§ 5 a, 5 b Abs. 4 UWG vorenthalte und es sich bei der Email-Adresse … um eine aktive Email-Adresse handle, die einen Kontakt zwischen Nutzer und Beklagter herstelle. Darüber hinaus gäbe es auf der Impressumseite mehrere Telefonnummern und andere Kontaktmöglichkeiten, über die Nutzer schnell, unmittelbar und effizient zu ihren Anliegen mit der Beklagten kommunizieren könnten. Die von der Beklagten angegebenen Kommunikationsmittel würden die Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie erfüllen. Die Nutzer der Webseite … seien in aller Regel Softwareentwickler, IT-Spezialisten und Mitarbeiter von Unternehmen. Der Nutzer erhalte damit die in der streitgegenständlichen Email enthaltenen Informationen nicht erst mit dieser, sondern könne sie bereits direkt auf der Impressum-Seite finden. Aufgrund der Schwärzungen könne die Beklagte die streitgegenständliche Email keinem Vorgang zuordnen und nicht feststellen, ob überhaupt eine Antwort auf die Anfrage erforderlich gewesen sei. Es habe sich nicht um eine Nutzeranfrage gehandelt. Entscheidend sei, dass sich die Rolle der Email-Kommunikation seit Verabschiedung der E-Commerce RL im Jahr 2000 stark verändert habe. Heutzutage stünden andere effektive und schnelle Mittel zur Kommunikation zur Verfügung, wie z.B. Chats oder Support Portale. Diese würden von Internet-Nutzern immer mehr präferiert. Die Kategorisierung der unterschiedlichen Kommunikationsmöglichkeiten sei im Nutzerinteresse angezeigt. Dies würden auch andere große Dienstanbieter so handhaben.
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Die Beklagte argumentiert, sie habe im Impressum keine wesentliche Information vorenthalten. Die Email-Adresse habe keine geschäftliche Relevanz. Der Verbraucher benötigte diese Information nicht, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Die Kunden der Beklagten würden erwarten, dass vorrangig andere Kommunikationsmöglichkeiten bestehen. § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG sei unionsrechtskonform über den Wortlaut hinaus zeitgemäß und dynamisch auszulegen. Die Email-Adresse sei kein zeitgemäßes Kommunikationsmittel mehr. Die Nutzer hätten ein geringes Interesse an einem Kommunikationsablauf ausschließlich per Email. Für die Beklagte wäre das zwangsmäßige Bereitstellen einer derartigen Kommunikation eine unzumutbare Belastung aufgrund der hohen Kosten, die über eine derart ineffiziente Kommunikationsart entstehen würden.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 5 a, 5 b Abs. 4 8 Abs. 1 S. 1 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG.
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Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus §§ 8 b, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
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Das Verhalten der Beklagten, die automatisierte Antwort-Email auf Anfragen an die Email-Adresse … zu senden, stellt eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5 a UWG dar und ist unlauter.
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1. Das Betreiben der Webseite der Beklagte stellt eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, Unternehmens- und Marktbezug liegt vor. Die Beklagte richtet sich ausweislich des Impressums unter der URL … an den deutschen Markt.
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2. Es liegt ein Verstoß gegen § 5 a Abs. 1 UWG vor, da dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer eine wesentliche Information vorenthalten wird.
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a) Unstreitig versendet die Beklagte auf Anfragen an die im Impressum angegebene Email-Adresse … standardmäßig die automatisierte Antwort: „Hi there, We are no longer accepting Support request at this email adress. Please visit our Support Portal for access to great self-help resources, diagnostic-based guides, and a detailed ticket submission form.“.
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b) § 5 b Abs. 4 UWG definiert als wesentlich i.S.v. § 5 a Abs. 1 UWG auch solche Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.
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c) § 5 b Abs. 4 UWG verweist damit vorliegend auf § 5 DDG.
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aa) Da das DDG laut Gesetzesbegründung in §§ 1-6 sowie 23 der Umsetzung der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) dient, handelt es sich bei dem hier in Frage stehenden § 5 DDG um eine Rechtsvorschrift zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing i.S.V. 3 5 b Abs. 5 UWG (Büscher in: UWG, 3. Aufl. § 5 b, Rn. 119).
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bb) Das DDG ist zum 14.5.2024, mithin nach Klageerhebung, in Kraft getreten. Der Sachverhalt, der sich unstreitig seit Klageerhebung nicht geändert hat, ist anhand des im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltenden Rechts zu beurteilen, eine Übergangsfrist für § 5 DDG ist nicht vorgesehen. Insoweit kommt es auf § 5 TMG, der laut Gesetzesbegründung in § 5 DDG mit redaktioneller Überarbeitung weitergeführt wird, nicht an.
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d) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG ist der Diensteanbieter verpflichtet, für geschäftsmäßige digitale Dienste in leicht erkennbarer und unmittelbar erreichbarer Art und Weise ständig zur Verfügung zu halten Angaben, „die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse für die elektronische Post“.
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aa) Die Beklagte ist ein Dienstanbieter i.S.v. § 1 Abs. 4 Nr. 5, da sie aufgrund ihres Geschäftsmodells im Bereich der Internet-Performance und Cyber-Sicherheit digitale Dienste anbietet.
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bb) Der Gesetzeswortlaut stellt ausdrücklich auf die Adresse für die elektronische Post, mithin ein Email-Adresse ab. Auch wenn sich, wie die Beklagtenseite zu Recht vorträgt, seit Erlass der Richtlinie 2000/31/EG im Jahr 2000 das Kommunikationsverhalten im Internet nicht unerheblich geändert hat, kommt es vorliegend entscheidend darauf an, dass der Gesetzgeber – in Kenntnis dieser Änderungen der Gepflogenheiten – im Jahr 2024 bewusst die Anforderung an die Angabe einer Email-Adresse in den Pflichtangabenkatalog aufgenommen und auf sie nicht verzichtet hat. Auch wenn die Regelung in § 5 DDG auf eine entsprechende Regelung in § 5 TMG zurückgeht, hat sich der Gesetzgeber doch inhaltlich mit dem Sinn und Zweck dieser Norm auseinandergesetzt im Rahmen der Überführung in das neue Gesetz. Auf S. 66 der Gesetzesbegründung heißt es nämlich: „Die Regelungen des bisherigen § 5 TMG werden weitergeführt, jedoch redaktionell überarbeitet und an das DDG (s. hierzu detaillierte Begründung zu § 1 Abs. 4 Nummer 1) angepasst.“ Das Kodifizierungsvorhaben im Rahmen des DDG geht demnach über eine blinde, ungeprüfte Übernahme älterer Regelungen unverändert in ein neues Gesetz hinaus. Der Gesetzgeber erklärt vielmehr, dass er die Regelungen redaktionell überarbeitet und an das DDG angepasst hat. Dies macht deutlich, dass die Regelungen des DDG dem Willen des Gesetzgebers zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Gesetzes entsprechen.
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cc) Da das DDG aus dem Jahr 2024 stammt, verbietet sich eine dynamische oder zeitgemäße Auslegung des Gesetzestextes, wie es die Beklagtenseite vertritt. Seit Inkrafttreten des Gesetzes ist nicht einmal ein Jahr vergangen; dass zwischenzeitlich die Rezeption der Email in der elektronischen Kommunikation an Stellwert verloren hätte oder sich auch nur geändert hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Verabschiedung des DDG im Jahr 2024 verbietet es überdies auf den Zeitpunkt der Verabschiedung der E-Commerce-Richtlinie im Jahr 2000 abzustellen. Auch wenn sich, wie es die Beklagtenseite behauptet, die Stellung der Email seither geändert haben solle, so hat sich der deutsche Gesetzgeber dieser Auffassung jedenfalls nicht angeschlossen, sondern in § 5 DDG ausdrücklich an der Email festgehalten.
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dd) Dies entspricht i.Ü. auch dem unveränderten Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 c) RL 2000/31/EG. Ferner ist es nicht Sinn und Zweck dieser Richtlinie, ein zugunsten von Verbrauchern bestehendes Schutzniveau abzusenken, wie sich aus Erwägungsgrund 11 ergibt. Dieser tragende Gedanke der E-Commerce-Richtlinie gilt über die Zeit hinweg fort, so dass der Verzicht auf die Pflichtangabe der Email-Adresse im Impressum, der unweigerlich zu einem Absinken des Schutzniveaus des. Verbrauchers, der damit eine ihm bekannte und etablierte Kommunikationsart – wenn auch zugunsten neuartiger Kommunikationswege, wie es die Beklagte ausführlich dartut – verlieren würde, mit Sinn und Zweck der Regelung nicht vereinbar ist.
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ee) Aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts von § 5 DDG, der explizit auf die Email-Adresse abstellt, ist ein Rückgriff auf einen weitergehenden, sich fortentwickelnden Sinn und Zweck der E-Commerce-Richtlinie nicht möglich. Die unionsrechtliche Auslegung, die an sich immer geboten ist, findet ihre Grenze nämlich im ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes. Dies folgt aus Art. 20 Abs. 2 GG (BVerfG v. 25.1.2011, NJW 2011, 836).
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ff) Es ist damit stets eine Email-Adresse anzugeben (Ott in: BeckOK Informations- und Medienrecht, DDG, § 5, Rn. 36; EuGH, NJW 2008, 3553 Rn. 17; Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 5 b, Rn. 5.26a). Das Vorhalten anderer Möglichkeiten, Kontakt mit dem Dienstanbieter aufzunehmen, ist nicht ausreichend (LG München I v. 4.6.2019 – 33 O 6588/17 Rn. 59; KG Berlin v. 7.5.2013 – 5 U 32/12). Denn nur die Email-Adresse eröffnet dem Frager die Möglichkeit, ohne Einschränkung durch vorgegebenen Zeichenbeschränkung oder Zwangskategorisierung seines Anliegens in einer vorgegebenen Maske bzw. Auswahlkriterium einschließlich der Möglichkeit der Übersendung von Anlagen mit dem Diensteanbieter in Kontakt zu treten (LG München I v. 4.6.2019 – 33 O 6588/17, Rn. 59).
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gg) Eine Unterscheidung, welchem Personenkreis der Diensteanbieter seine Dienste anbietet, nimmt weder Art. 5 Abs. 1 RL 2000/31 EG noch § 5 Abs. 1 DDG vor. Die Pflichtangaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG haben vielmehr absoluten Charakter.
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e) Eine Email-Adresse i.S.v. § 5 Nr. 2 DDG verwendet die Beklagte nicht.
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aa) § 5 DDG ist anwendbar, da es sich bei der Beklagten, die Dienste im Bereich Internet-Performance und Cyber-Sicherheit zur Verfügung stellt, unbestritten um einen Diensteanbieter handelt, der geschäftsmäßig gegen Entgelt digitale Dienste anbietet.
32
bb) Nach § 5 DDG sind Informationen, die leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein müssen, ständig verfügbar zu halten, dazu gehört nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG die Adresse für die elektronische Post. Die Angabe der Email-Adresse dient entsprechend Nr. 2 dem Ziel, eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation mit dem Diensteanbieter zu ermöglichen. Auch wenn eine standardisierte Antwort mittels vorformulierter Antwortschreiben auf Email-Anfragen nicht ausgeschlossen ist und die Art und Weise der Beantwortung im Ermessen des Diensteanbieters steht (OLG Koblenz, MMR 2015, 732), gebietet § 5 DDG, dass, zumindest abstrakt, eine Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter über die angegebene Email-Adresse möglich ist (Ott in: BeckOK Informations- und Medienrecht, 46. Aulf. DDG, § 5, Rn. 37). Erfolgt auf eine Emailanfrage generell eine automatisierte Antwort-Email, in der auf andere Kommunikationsformen verwiesen wird, fehlt es an einer Emailadresse, die dem Sinn und Zweck von § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG genügt (LG Berlin v. 28.8.2014 – 52 O 135/13).
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cc) Die Beklagte verwendet vorliegend eine Email-Adresse, über die standardmäßig die oben zitierte Antwort versandt wird. Sie enthält damit an vorderster Stelle die Aussage, dass kein Kontakt über diese Email-Adresse möglich ist. Sofort nach der Anrede heißt es, dass Support-Anfragen über diese Email-Adresse nicht mehr beantwortet werden „we are no longer accepting Suport requests at this email address“. Damit schließt die Beklagte jede Möglichkeit der Kommunikation über diese Email-Adresse bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Email aus. Dies deckt sich mit den ausführlichen Hinweisen zu anderen Kommunikationstools, die die Beklagte in der Email im Folgenden nennt. Der Frager wird dorthin umgelenkt.
34
Der Einleitungssatz wird im letzten Satz der Email noch einmal bestätigt, in dem der Fragende darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine automatische Antwort handelt und er, falls er weitere Hilfe benötigt, sich an das Support Portal wenden solle, „This is an automated response. If you need further assistance, please visit our Suppourt Portal.“
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Eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit der Beklagten ist damit über die genannte Email-Adresse nach deren eigenem Inhalt ausdrücklich nicht möglich. Der Frager kann die Antwort-Email nämlich nur dahingehend verstehen, dass er auf eine der anderen, in der Email genannten Kommunkationswege zurückgreifen soll. Der Wortlaut der Email lässt für ihn keinen anderen Schluss zu, als dass seine Anfrage nicht bearbeitet wird, da generell Anfragen über die genannte Email-Adresse nicht beantwortet werden. Diese Aussage rahmt die Antwort-Email quasi ein, damit beim Anfragen auch nicht der leiseste Verdacht, seine Anfrage sei irgendwie inhaltlich behandelt worden, entstehen kann.
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dd) Zudem verhindert die Beklagte durch die Verwendung der streitgegenständlichen Email-Adresse eine leichte Erkennbarkeit und unmittelbare Erreichbarkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 DDG. Die Angabe der Email-Adresse im Impressum suggeriert dem Frager nämlich eine scheinbare Erreichbarkeit und Kommunikationsmöglichkeit mit der Beklagten, die in Wahrheit – ausweislich des Textes der Antwort-Email – gar nicht besteht. Die Beklagte schafft damit letztlich ein weiteres Hindernis i.S. eines Umwegs, um mit ihr zu kommunizieren. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck der Pflichtangabenregelung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 DDG.
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Dies unterscheidet den Streitfall auch maßgeblich von der der Entscheidung des OLG München, Urt. v. 27.1.2022 – 29 U 3556/19, (GRUR-RS 2022, 10067) zugrundeliegenden Konstellation, in der gerade überhaupt keine E-Mail-Adresse angegeben worden war. Jedenfalls wenn – wie hier – eine E-Mail-Adresse eingerichtet und veröffentlicht wurde, ist diese auch tatsächlich als Kommunikationsmittel nutzbar zu machen.
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ee) Das Gericht verkennt nicht, dass die konkret gestellte Anfrage von Klägerseite nicht vorgelegt wurde, wie es die Beklagtenseite zu Recht vorträgt. Auf Anlage KR2 ist die Anfrage geschwärzt.
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Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte den Inhalt der standardisierten Antwort-Email nicht bestreitet. Ausweislich des Textes der Antwort-Email kommt es zudem auf den konkreten Inhalt der Anfrage nicht an. Im letzten Absatz der Antwort-Email verweist die Beklagte nämlich darauf, dass es sich um eine automatische Antwort, eine „automated response“, handelt, eine irgendwie geartete Prüfung des Inhalts der Anfrage also gerade nicht stattgefunden hat und auch generell nicht stattfindet. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die oben wiedergegebene, standardisierte Antwortemail auf jegliche Art von Anfrage an die Emailadresse … ergeht.
40
ff) Die von der Beklagten im Impressum angegebene Email-Adresse stellt damit keine Adresse für die elektronische Post, die den Anforderungen von § 5 Abs. 1 DDG entspricht, dar.
41
Die Beklage hält damit dem Nutzer wesentliche Informationen vor, § 5 b Abs. 4 UWG.
42
3. Diese wesentliche Information der Email-Adresse benötigt der Markteilnehmer, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, § 5 a Abs. 1 Nr. 1 UWG.
43
a) § 5 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UWG stellt zusätzliche Tatbestandsmerkmale dar, die selbständig zu prüfen sind (BGH v. 7.4.2022 – I ZR 143/19 – Knuspermüsli li). Im Regelfall wird angenommen, dass eine vorenthaltene wesentliche Information für eine geschäftliche Entscheidung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG benötigt wird. Dafür, dass das Vorenthalten dieser Information nicht zu einer anderen geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, trifft den Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast (BGH v. 7.4.2022 – I ZR 143/19 – Knuspermüsli).
44
b) Geschäftliche Relevanz i.S.v. § 5 a Abs. 1 Nr. 1 UWG ist immer dann gegeben, wenn im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände der betreffenden geschäftlichen Handlung das Vorenthalten der in Rede stehenden Information geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (EuGH WRP 2017, 31 Rn. 58 – Canal Digital Danmark; BGH WRP 2016, 1221 Rn. 55 – LGA tested; BGH WRP 2017, 1081 Rn. 31 – Komplettküchen).
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c) Dem Vorenthalten einer Email-Adresse i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG kommt derartige geschäftliche Relevanz zu. Die Kontaktaufnahme per elektronischer Post sowohl im vorvertraglichen Stadium wie auch im Stadium der Vertragserfüllung ist für den Durchschnittsverbraucher und Marktteilnehmer gerade nicht völlig belanglos, erlaubt sie ihm doch schnell, ohne an die Vorgaben des Diensteanbieters gebunden zu sein, sein Vertragsanliegen diesem unmittelbar zu schildern und rechtliche Wirkungen auszulösen. Mittels der Email-Adresse kann der Kunde seine Rechte gegenüber der Beklagten schnell verfolgen und durchsetzen (OLG Stuttgart v. 28.6.2024 – 3 U 187/22). Sie ist damit ein wichtiges Mittel für den Nutzer und Kunden zur Rechtsdurchsetzung gegenüber dem Diensteanbieter und insoweit wichtig, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.
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Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Beklagtenseite ist der Berechnung der Klägerseite nicht entgegengetreten, die dem Vergleich mit der Kostenberechnung nach RVG unter Zugrundelegung des festgelegten Streitwerts, standhält. Die angesetzte Kostenpauschale erachtet das Gericht für angemessen.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 ZPO.