Inhalt

LG München I, Beschluss v. 10.12.2025 – 7 O 12401/24-ZM
Titel:

Zwangsvollstreckung, Auskunftspflicht, Zwangsgeld, Zwangshaft, Patentrecht, Verhältnismäßigkeit, Rechtsschutzbedürfnis

Schlagworte:
Zwangsvollstreckung, Auskunftspflicht, Zwangsgeld, Zwangshaft, Patentrecht, Verhältnismäßigkeit, Rechtsschutzbedürfnis
Vorinstanzen:
LG München I, Hinweisbeschluss vom 13.11.2025 – 7 O 12401/24-ZM II
LG München I, Endurteil vom 03.04.2025 – 7 O 12401/24
Rechtsmittelinstanz:
OLG München vom -- – 6 U 1589/25e
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 34471

Tenor

1. Gegen den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin - *** - wird zur Erzwingung der Auskunft aus den Ziffern I. 2. b), 2. c), I. 3. a), I. 3. b) und I. 3 d) des Urteils der Kammer vom 17. April 2025, Az. wie oben, eine Zwangshaft mit einer Dauer von einem Monat verhängt.
2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Zwangsmittelverfahrens.
3. Der Streitwert des Zwangsmittelverfahrens wird auf EUR 100.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
1
1. Die Vollstreckungsschuldnerin wurde mit der im Tenor genannten Entscheidung verurteilt, folgende Auskunft zu erteilen und Rechnungslegung vorzunehmen:
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziff. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 21. Juni 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c. der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden; wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, höchst hilfsweise Zollpapiere) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziff. I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 21. Juli 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und preisen einschließlich der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und preisen einschließlich der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei
die Aufstellung mit den Daten der Auskunft (I.2.) und Rechnungslegung (I.3.) zusätzlich in einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form zu übermitteln ist; und
es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
2
Die Vollstreckungsgläubigerin leistete am 20. Mai 2025 die im Urteil festgesetzte Vollstreckungssicherheit durch Hinterlegung beim Amtsgericht München und forderte die Vollstreckungsschuldnerin mit Schreiben vom 3. Juni 2025 unter Fristsetzung bis zum 24. Juni 2025 zur Erteilung der Auskünfte auf.
3
Diese Auskunft verweigerte die Vollstreckungsschuldnerin hinsichtlich der Ziffern I. 2. b), I. 2 c), I. 3 a) und I. 3. d) unter Verweis darauf, dass die Erfüllung der Auskunftspflicht im dargestellten Umfang „kartellrechtlich bedenklich“ sei. Hinsichtlich Ziffer I. 3. b) gab die Vollstreckungsschuldnerin an, erfolglose Angebote seien nicht separat erfasst worden, so dass ihr die Auskunft insoweit nicht möglich sei.
4
Mit Schriftsatz vom 25. August 2025 beantragte die Vollstreckungsgläubigerin die Verhängung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft.
5
2. Mit Beschluss vom 17. September 2025 verhängte die Kammer gegen die Vollstreckungsschuldnerin zur Erzwingung der Auskünfte ein Zwangsgeld von 15.000,00 EUR, ersatzweise Zwangshaft, welche an dem Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin zu vollstrecken wäre.
6
3. Die Vollstreckungsschuldnerin legte gegen diesen Beschluss am 10. Oktober 2025 sofortige Beschwerde ein. Die Kammer half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 11. November 2025 nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vor. Dort ist bislang nicht über die sofortige Beschwerde entschieden worden.
7
4. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2025 beantragte die Vollstreckungsgläubigerin die Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds, im Falle der Nichtbeitreibung Zwangshaft, da die Schuldnerpartei ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung weiterhin nicht nachkomme. Die Vollstreckungsschuldnerin beantragte mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2025 die Zurückweisung des weiteren Zwangsmittelantrags. Sie ist der Ansicht, dem zweiten Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Ein erneuter Zwangsmittelantrag wegen Nichtvornahme derselben Auskunft sei nur zulässig, wenn das bereits festgesetzte Zwangsmittel gegen den Schuldner ergebnislos vollstreckt worden sei, ohne dass dieser vollständig Rechnung gelegt habe. Insbesondere dürfe die Gläubigerin Zwangsmittelbeschlüsse gegen die Schuldnerin nicht „sammeln“.
8
5. Mit Hinweisbeschluss vom 13. November 2025 erläuterte die Kammer, dass die Besonderheiten des Patentrechts es erforderlich machten, dass nach dem Verhängen eines ersten Zwangsgeldes zumindest eine Zwangshaft auch bereits dann verhängt werden können müsse, wenn das erste Zwangsgeld noch nicht vollstreckt sei. Dies ergebe sich aus einer Betrachtung der Interessen beider Parteien und dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
9
Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2025 beantragt die Vollstreckungsgläubigerin, gegen den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin „wegen Nichterteilung der Auskunft und Rechnungslegung entsprechend dem Urteil des Landgerichts München I vom 17. April 2025 (Az. 7 O 12401/24) (Ziff. I.2 und Ziff. I.3 des Tenors) Zwangshaft anzuordnen“. Als Geschäftsführer wurde *** benannt.
10
Die Vollstreckungsschuldnerin tritt der von der Kammer im Hinweisbeschluss geäußerten Auffassung sowie dem Antrag der Vollstreckungsgläubigerin entgegen. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis für die Verhängung der Zwangshaft, da vor Zahlung oder Vollstreckung des Zwangsgeldes nicht evaluiert werden könne, ob jenes die ihm zugedachte Beugewirkung erfülle; dies gelte gleichermaßen für die Verhängung eines weiteren Zwangsgeldes wie für die Verhängung von Zwangshaft. Besonderheiten des Patentrechts, die eine Abweichung hiervon rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die sofortige Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss gemäß § 570 Abs. 1 ZPO aufschiebende Wirkung habe. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde konterkariert, wenn man aus der Beschwerdeeinlegung auf eine Verweigerungshaltung des Schuldners schlösse; dies würde zudem dem Gebot effektiven Rechtschutzes zuwiderlaufen. Das Interesse der Vollstreckungsgläubigerin, den patentverletzenden Zustand zu beenden, stünde dem nicht entgegen, da die mit dem Zwangsmittel begehrte Auskunft in die Vergangenheit gerichtet sei. Auch bei Zugrundelegung des grundsätzlichen Ansatzes der Kammer lägen die Voraussetzungen für die Verhängung von Zwangshaft aber nicht vor, weil die Vollstreckungsgläubigerin nicht alles in ihrer Macht Stehende getan habe, um das Zwangsgeld zu vollstrecken, umgekehrt die Vollstreckungsschuldnerin die Vollstreckung des Zwangsgelds nicht in vorwerfbarer Weise hinausgezögert habe. Die Verhängung der Zwangshaft sei überdies unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Parteien unverhältnismäßig. Der Benennung des Geschäftsführers *** als Person, an der die Zwangshaft zu vollstrecken ist, trat die Vollstreckungsgläubigerin nicht entgegen.
II.
11
Die Kammer hält auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Vollstreckungsschuldnerin an ihrer im Hinweisbeschluss geäußerten Auffassung fest, dass die Besonderheiten des Patentrechts es erforderlich machen, dass nach dem Verhängen eines ersten Zwangsgeldes ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zwangshaft auch dann gegeben sein kann, wenn das erste Zwangsgeld noch nicht vollstreckt ist (dazu 1.). Dies ist aber nur möglich, wenn der Vollstreckungsschuldner seine Pflichten besonders grob verletzt hat; diese Voraussetzung liegt im vorliegenden Fall vor (dazu 2.). Die Kammer übt ihr Ermessen dahingehend aus, die Dauer der Zwangshaft auf einen Monat zu begrenzen (dazu 3.).
12
1.a. Aufgrund der Besonderheiten des Patentrechts kann ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Zwangshaft auch dann vorliegen, wenn das erste Zwangsgeld noch nicht vollstreckt ist.
13
Die Vollstreckungsschuldnerin beruft sich in ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 2025 für ihre Auffassung, dass der Vollstreckungsgläubigerin das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Verhängung von Zwangshaft fehle, auf umfangreich zitierte Rechtsprechung. Den dort zitierten Entscheidungen ist jedoch gemein, dass sie (mit einer Ausnahme) nichtpatentrechtliche Sachverhalte betreffen. Das gilt namentlich auch für die Entscheidung des BGH (I ZB 109/17, NJW 2019, 231), nach deren Tenor ein „schutzwürdiges Interesse an einer wiederholten Zwangsmittelfestsetzung […] nur gegeben [ist], wenn das zuvor angeordnete Zwangsgeld entweder gezahlt oder vollstreckt ist“, wobei in dem Fall ein zweites Zwangsgeld (und nicht Zwangshaft) beantragt worden war. In dem einzigen patentrechtlichen Fall verneinte das OLG München das Rechtsschutzbedürfnis in der Sonderkonstellation einer – erkennbar nicht erfolgversprechenden – Vollstreckung des Zwangsgelds in der Volksrepublik China.
14
Wie die Vollstreckungsschuldnerin zu Recht ausführt, erfolgt die Vollstreckung des Urteils auf Auskunft und Rechnungslegung auch im Patentrecht nach § 888 ZPO. Dementsprechend hat die Kammer bereits in ihrem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass das Gericht sein Ermessen bei der Wahl der Zwangsmittel grundsätzlich so ausübt, dass zunächst ein Zwangsgeld verhängt wird (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; siehe Gruber, in: MüKoZPO, 7. Aufl., § 888 Rn. 29). Denn grundsätzlich ist – auch im Patentrecht – davon auszugehen, dass dies dem Vollstreckungsschuldner (nochmal) deutlich vor Augen führt, dass er zur Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung verurteilt wurde, und dass er dementsprechend seiner Pflicht nachkommt.
15
Den Besonderheiten des Patentrechts ist jedoch insoweit Rechnung zu tragen, als dem Vollstreckungsgläubiger nicht unter allen Umständen zugemutet werden kann, die Vollstreckung des Zwangsgelds abzuwarten, bevor er den Antrag auf Zwangshaft stellen kann. Wie die Kammer bereits in ihrem Hinweisbeschluss aufgezeigt hat, ist der maximale Zwangsgeldbetrag in Höhe von 25.000 Euro so niedrig, dass er gegenüber international tätigen Unternehmen, die wegen einer Patentverletzung verurteilt wurden, nicht stets die beabsichtigte Beugewirkung hat. Das erkennt auch der Gesetzgeber an, indem er dem Zwangsgeld die Option der Zwangshaft zur Seite stellt. Die Frage ist nur, unter welchen Voraussetzungen der Vollstreckungsgläubiger von einem Zwangsmittel auf das andere wechseln kann, bevor das zuerst verhängte Zwangsgeld vollstreckt ist. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Schuldner – worauf die Vollstreckungsschuldnerin wiederholt hinweist – durch die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss dessen Vollstreckung deutlich hinauszögern kann, weil die sofortige Beschwerde aufschiebende Wirkung hat (§ 570 Abs. 1 ZPO). Zum anderen spielt es eine entscheidende Rolle, aus welchen Gründen die Vollstreckungsschuldnerin trotz der Verhängung des Zwangsgelds die Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Urteil schuldig bleibt.
16
b. Entgegen der Auffassung der Vollstreckungsschuldnerin widerspricht es nicht der Wertung von § 570 Abs. 1 ZPO, wenn das gesamte Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin – inklusive jenem, das auf die Verhängung des Zwangsgelds folgt – zur Annahme des Rechtschutzbedürfnisses für einen Antrag auf Zwangshaft führen kann.
17
Das Zwangsvollstreckungsverfahren dient nicht der Überprüfung der materiellen Richtigkeit der Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung. Die Vollstreckungsschuldnerin kann folglich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss keine Anerkennung ihrer „kartellrechtlichen Bedenken“ gegen die Auskunftserteilung und Rechnungslegung erreichen (siehe Zöller/Seibel, ZPO, 36. Aufl., § 888 Rn. 11). Dies stellt aber den einzigen Beschwerdepunkt der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Zwangsgeldbeschluss dar. Die Vollstreckungsschuldnerin verzögert folglich die Vollstreckung des Zwangsgelds aus Gründen, die sie nur mit der Berufung (und mit dem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil) verfolgen kann. Die Pflicht zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung kann durch das Beschwerdeverfahren nicht beseitigt werden. In einem solchen Fall steht die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die sofortige Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss aufschiebende Wirkung hat, der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Vollstreckungsgläubigerin für den Antrag auf Zwangshaft nicht entgegen. Das Verhalten der Vollstreckungsschuldnerin ist in einem solchen Fall Ausweis dessen, dass sie grundsätzlich nicht bereit ist, ihrer Pflicht aus dem Urteil nachzukommen. Dann ist es der Vollstreckungsgläubigerin aber nicht zuzumuten, bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu warten, bevor sie das Zwangsgeld (mit ersatzweise verhängter Zwangshaft) vollstrecken kann.
18
Entgegen der Auffassung der Vollstreckungsschuldnerin ist das Rechtsschutzbedürfnis der Vollstreckungsgläubigerin nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vollstreckungsschuldnerin (nach eigener Aussage) den Unterlassungsausspruch des Urteils der Kammer befolgt und damit zukünftige Patentverletzungen ausgeschlossen seien. Das gilt schon deshalb, weil der Auskunftsanspruch nicht nur der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs, sondern auch der Identifizierung von Abnehmern der patentverletzenden Produkte dient. Damit kann die Vollstreckungsgläubigerin auf Basis der Auskünfte gegebenenfalls gegen Dritte vorgehen, um etwaige weitere Patentverletzungen zu unterbinden.
19
2. Die Kammer hält an ihrer im Hinweisbeschluss geäußerten Auffassung fest, dass das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf Zwangshaft vor Vollstreckung des zunächst verhängten Zwangsgelds nur in Betracht kommt, wenn der Vollstreckungsschuldner seine Pflichten besonders grob verletzt hat. Das ist in der Regel nur dann der Fall, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Auskunftspflicht entweder gar nicht oder nur so rudimentär nachgekommen ist, dass (im Kern) eine vollständige Verweigerungshaltung vorliegt. Diese Voraussetzung liegt hier vor.
20
Die Vollstreckungsschuldnerin hat insbesondere keinerlei Auskünfte gegeben bzw. Rechnung gelegt zu Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren (Ziffer I. 2. b)), zu der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden (Ziffer I. 2. c)), zu den einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer (Ziffer I. 3. a)) sowie zu den nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und zum erzielte Gewinn (Ziffer I. 3. d)). Dies stellt den Kern der zu erteilenden Auskünfte bzw. der zu legenden Rechnung dar.
21
Die Vollstreckungsschuldnerin beruft sich für die Nichtbefolgung ihrer Pflicht zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung auf „kartellrechtliche Bedenken“, die erkennbar ungeeignet sind, die Pflicht in Wegfall zu bringen. Wie im Nichtabhilfebeschluss der Kammer näher ausgeführt wurde, stellt es den Regelfall dar, dass die Parteien eines Patentverletzungsprozesses Wettbewerber im jeweiligen Markt sind. Die Tatsache, dass es sich vorliegend um einen engen Markt handelt, begründet keine derart besonderen Umstände, dass eine Unverhältnismäßigkeit des Auskunftsanspruch nach § 140b Abs. 4 PatG vorläge.
22
3. Die Kammer übt ihr Ermessen dahingehend aus, die Dauer der Zwangshaft auf einen Monat zu begrenzen.
23
Die Dauer der Zwangshaft war vom Gericht nach billigem Ermessen festzusetzen. Das Mindestmaß beträgt nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EGStGB einen Tag und das Höchstmaß beträgt nach §§ 888 Abs. 1 Satz 3, 802j Abs. 1 ZPO sechs Monate. Obwohl die Festsetzung einer Dauer nicht erforderlich ist, sieht die Kammer eine Beschränkung auf einen Monat als erforderlich an (für den Fall, dass der Pflicht zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung wider Erwarten binnen dieser Frist nicht Folge geleistet wurde, wäre auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin eine Erneuerung der Haft möglich, siehe Uhl, in: MüKoZPO, 7. Aufl., § 802j Rn. 4). Bei dieser Entscheidung war insbesondere von Bedeutung, dass es sich – soweit ersichtlich – um kein familiengeführtes Unternehmen handelt. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass die weiteren Beschäftigten in der Geschäftsleitung ein besonderes persönliches Interesse haben, die Auskünfte nach einer Inhaftierung des Geschäftsführers zu geben. Die Begrenzung der Dauer soll deshalb insbesondere dem Geschäftsführer selbst die Gelegenheit geben, dass er unter dem Eindruck der Haft die erforderlichen Maßnahmen trifft, um die Auskunftserteilung zu veranlassen.
III.
24
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 ZPO.
25
Der Streitwert bemisst sich nach dem Interesse der Vollstreckungsgläubigerin an der Vornahme der geschuldeten Handlung, folglich nach dem im Hauptsacheverfahren angenommenen Wert (siehe Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 45. Aufl., § 3 Rn. 188 mit Nachweisen).