Inhalt

OLG München, Endurteil v. 24.07.2025 – 6 U 6754/20
Titel:

Abmahnungsberechtigter, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Freistellungsanspruch, Kostenentscheidung, Marktverhaltensregelung, Maßgeblicher Zeitpunkt, Erstattungsanspruch, Prozeßbevollmächtigter, Abmahnungsschreiben, Gegenstandswert, Streitgegenständliche Forderung, Kosten des Berufungsverfahrens, Abmahnungskosten, Unterlassungsanspruch, Vorprozessuale Anwaltskosten, Dienstleistungen, Berufungsrechtszug, Gesamtwürdigung, Anzeigenwerbung, Existenzgefährdung

Schlagworte:
Stadtportal, Staatsferne der Presse, Wettbewerbswidrigkeit, Unterlassungsanspruch, Abmahnkosten, Anzeigenschaltung, Substitutionseffekt
Vorinstanzen:
LG München I, Endurteil vom 17.11.2020 – 33 O 16274/19
BGH Karlsruhe, Urteil vom 13.07.2023 – I ZR 152/21
OLG München, Endurteil vom 30.09.2021 – 6 U 6754/20
LG München I, Endurteil vom 17.11.2020 – 33 O 16274/19
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 28787

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.11.2020, Az. 33 O 16274/19, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen in Ziffer I des Tenors aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass dort die Wörter „zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder“ entfallen, und in Ziffer II dahingehend abgeändert, dass die Klage insoweit abgewiesen wird.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens und des beim Bundesgerichtshof unter dem Az. I ZR 152/21 geführten Revisionsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil des Landgerichts und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich Ziffer I des landgerichtlichen Urteils in der Fassung gemäß Ziffer I des vorliegenden Urteils (Unterlassung) durch Sicherheitsleistung in Höhe 250.000 Euro und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die Klägerinnen sind … und überregionale Zeitungsverlage (Klägerinnen zu 1, 3, 5 und 6) bzw. die für deren Online-Auftritte verantwortlichen Unternehmen (Klägerinnen zu 2 und 4). Die Beklagte, deren Gesellschafter die … und die … sind, betreibt und verantwortet den Internetauftritt … Dabei handelt es sich um das im Jahr 2004 in Betrieb genommene „offizielle Stadtportal“ für die … Das Portal umfasste im August 2019 circa 173.000 Seiten und ist mit bis zu 2,9 Millionen Besuchern und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach Angaben der Beklagten das mit Abstand meistbesuchte Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Es enthielt unter anderem die Rubriken „Rathaus“, „Branchenbuch“, „Veranstaltungen“, „Kino“, „Freizeit“, „Sehenswertes“, „Restaurants“ und „Shopping“.
2
Die Klägerinnen halten das Stadtportal wegen Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse für wettbewerbswidrig und mahnten die Beklagte nach vorangegangenen Gesprächen mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2019 wegen des Betriebs des Portals erfolglos ab.
3
Auf die in der Folge erhobene Klage der Klägerinnen hat das Landgericht mit Endurteil vom 17.11.2020 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, das Telemedienangebot … zu verbreiten/verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Aufzeichnung des Angebots zwischen dem 16.08. bis 19.08.2019 auf dem USB-Stick Anlage K 1 wiedergegeben. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen außergerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 4.994,31 Euro zu zahlen.
4
Der Senat hat mit Urteil vom 30.09.2021 die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen und lediglich im Unterlassungstenor eine Anpassung vorgenommen (Streichung der Tathandlung „zu verbreiten/verbreiten zu lassen“) sowie die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnkosten nur Zug um Zug gegen Vorlage einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 UStG ausgesprochen.
5
Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.07.2023, Az. I ZR 152/21 (u.a. veröffentlicht in GRUR-RS 2023, 17969; im Folgenden: Revisionsurteil oder RU) das Senatsurteil vom 30.09.2021 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
6
Die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ausführungen des BGH im Revisionsurteil erhalten (vgl. dazu die Schriftsätze ab Bl. 694 ff. d.A.).
7
Die Beklagte hält hierbei an ihrer Auffassung fest, dass ein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse nicht vorliege und die Klage daher auf ihre Berufung hin abzuweisen sei. Das Stadtportal … sei bereits per se nicht geeignet, aufgrund seiner Inhalte und seiner Darbietungsform als Substitut für die … Lokalpresse zu wirken. Vielmehr gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die kommunale Publikation bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirke. Das Stadtportal … ändere wegen der Konkurrenz mit der Fülle der vom Staat unabhängigen Zeitungen und Zeitschriften am Bild der freien Presse substantiell nichts. Dies gelte auch und erst recht für die vom Senat als besonders problematisch angesehenen Inhalte in den Rubriken „Restaurants“ („Gastro Guides“) und „Shopping“ („Shopping Guides“). Diese vermochten schon aufgrund ihrer geringen Wahrnehmung innerhalb des Stadtportals muenchen.de – nur 0,6 bzw. 0,16 der Zugriffe auf das Stadtportal entfielen 2019 auf diese Inhalte – und wegen der unüberschaubaren Fülle digitaler Angebote in den Bereichen Restaurantführer und Einkaufstipps durch sowohl überregionale als auch lokale Anbieter das Bild der freien Presse nicht substantiell zu ändern.
8
In Bezug auf die Anzeigenwerbung auf … sei nach dem Revisionsurteil ausschließlich aufgrund ihres Umfangs zu bestimmen, ob diese nicht mehr als Annextätigkeit zu der Veranstaltung des Stadtportals angesehen werden könne. Selbst bei Verneinung einer Randnutzung wegen des Umfangs der Anzeigenwerbung (bezogen auf das gesamte Stadtportal) würde dies nicht zwangsläufig zu einem Verstoß gegen das Staatsfernegebot der Presse führen. Insofern stelle der BGH ausdrücklich fest, dass eine über eine Randnutzung hinausgehende Anzeigenschaltung zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse „jedenfalls beitragen“ „kann“. Damit habe der BGH keineswegs die Aussage getroffen, dass allein eine Anzeigenschaltung, die über eine Randnutzung hinausgeht, zu einem Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne führen müsse. Vielmehr handele es sich hier lediglich um einen von mehreren Aspekten.
9
Die Beklagte beantragt,
Das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.11.2020 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
10
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass im Unterlassungstenor die Worte „zu verbreiten/verbreiten zu lassen“ entfallen, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass Ziffer II. des landgerichtlichen Urteils entsprechend folgendem Antrag verteidigt wird:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen zu 1) – 4) und 6) € 4.994,31 zu zahlen,
hilfsweise, die Klägerinnen zu 1) – 4) und 6) von der Honorarforderung freizustellen.
11
Der in der Neufassung des Klageantrags 2 zu sehenden teilweisen Klagerücknahme gegen die Klägerin zu 5 hat die Beklagte in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 24.07.2025 zugestimmt.
12
Die Klägerinnen haben im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergänzend zu aus ihrer Sicht unzulässigen redaktionellen Beiträgen auf muenchen.de in der angegriffenen Form (Stand August 2019) vorgetragen. Sie sind nach wie vor der Auffassung, aufgrund der redaktionellen Beiträge sei ein Substitutionseffekt zu befürchten und liege daher eine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse vor.
13
Überdies sei das Portal von kommerzieller Werbung „durchtränkt“. Im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung sei bereits dieser überbordenden kommerziellen Fremdwerbung auf … ein derartiges Gewicht beizumessen, dass allein schon dies eine Zulässigkeit der Verbreitung von muenchen.de ausschließe. Wie der Bundesgerichtshof in der nach dem Revisionsurteil weiter ergangenen Entscheidung „Jobbörse“ (GRUR 2024, 1739) entschieden habe, mache allein schon die – sogar unentgeltliche – Verbreitung kommerzieller Fremdwerbung in staatlichen Medien, die nicht mehr als zulässige Randnutzung einzustufen ist, ein kommunales Online-Portal wegen Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse unzulässig, selbst wenn das Portal keine redaktionellen Inhalte aufweise. Folgerichtig müsse das Verbot des Portals auch für den Fall gelten, dass die überbordende kommerzielle Werbung in ein Portal mit redaktionellen Inhalten eingebettet sei. Die „Ummantelung“ massiver kommerzieller Fremdwerbung in einem kommunalen Online-Portal mit journalistischer Text- und Bildberichterstattung führe nicht dazu, dass die ausufernde Fremdwerbung überlagert und damit zulässig würde.
14
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 29.07.2021 und vom 24.07.2025 Bezug genommen.
B.
15
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung wendet (dazu I). In Bezug auf die Abmahnkosten ist die Klage dagegen unbegründet und hat die Berufung demnach Erfolg (dazu II).
16
I. Der mit der zulässigen Klage (vgl. RU Rn. 9) geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht den Klägerinnen aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zu.
17
1. Die Bereitstellung des Stadtportals muenchen.de stellt eine geschäftliche Handlung dar (RU Rn. 13 ff.).
18
2. Die Klägerinnen sind anspruchsberechtigt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG a.F./n.F. Sie sind Mitbewerberinnen der Beklagten (vgl. RU Rn. 18 ff.) Die Beklagte hat ferner den Vortrag der Klägerinnen im Schriftsatz vom 14.03.2024 (dort S. 2, Bl. 695 d.A.), wonach diese die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben, nicht bestritten. Überdies dürfte es sich dabei um eine allgemeinkundige und damit offenkundige Tatsache im Sinne von § 291 ZPO handeln. Somit ist auch die zusätzliche Voraussetzung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. erfüllt (vgl. RU Rn. 12, 62).
19
3. Bei dem Gebot der Staatsferne der Presse, auf das sich die Klägerinnen berufen, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (RU Rn. 25).
20
4. Die von den Klägerinnen beanstandete konkrete Verletzungsform des Stadtportals …, wie auf dem USB-Stick Anlage K 1 dokumentiert, verstößt gegen diese Marktverhaltensregelung.
21
a) Das Gebot der Staatsferne der Presse lässt eine Öffentlichkeits- und Informationsarbeit von Hoheitsträgern nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu. Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung des streitgegenständlichen Stadtportals unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 der Bayerischen Verfassung (BV) gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm. Diese gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln (vgl. RU Rn. 27; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 26 bis 28 – dortmund.de, m.w.N.).
22
Dazu zählen Angelegenheiten, die als Aufgaben der kommunalen öffentlichen Verwaltung anzusehen sind. Die Zuständigkeit der Gemeinde ist aber nicht auf Verwaltungshandeln im bürokratisch-technischen Sinne reduziert. Ein Bezugspunkt für ihre Zuständigkeit kann vielmehr auch bei Angelegenheiten gegeben sein, mit denen sich die Gemeinde aufgrund eigener Betroffenheit im Vorfeld künftiger eigener Aufgabenwahrnehmung befassen darf. Allein ein lokaler oder gemeinschaftsstiftender Bezug macht dagegen eine Angelegenheit noch nicht zu einer solchen der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. RU Rn. 28; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 29 – dortmund.de).
23
b) Die Kompetenz zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt Kommunen nicht jegliche pressemäßige Äußerung, die irgendeinen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweist (RU Rn. 29; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 31 – dortmund.de, m.w.N.).
24
aa) Die innere Grenze wird durch den erforderlichen Bezug zur Gemeinde und ihren Aufgaben gesetzt. Kommunale Öffentlichkeitsarbeit ist begrenzt durch das Erfordernis eines spezifischen Orts- und Aufgabenbezugs; die Gemeinde erlangt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommunalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat (RU Rn. 30; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 32 – dortmund.de, m.w.N.).
25
bb) Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (RU Rn. 31; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 33 f. – dortmund.de, m.w.N.).
26
Die Institutsgarantie der Presse ist dabei unabhängig davon einschlägig, dass die Klägerinnen nicht ein Druckerzeugnis der Beklagten, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstanden (vgl. RU Rn. 32 bis 34; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 36, 37, 21 – dortmund.de; jew. m.w.N.). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Klägerinnen mit Blick auf ihre (reinen) Online-Angebote in den Schutzbereich der Pressefreiheit fallen oder ob sich der Streitgegenstand auf den digitalen Markt beschränkt (vgl. RU Rn. 35, 36; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 21 – dortmund.de).
27
cc) Bei dem Verhältnis der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der institutionellen Garantie der Presse geht es um einen Konflikt zwischen staatlicher Kompetenz einerseits und grundrechtlicher Freiheit andererseits. Die beiden Verfassungsnormen müssen daher mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. Im Ergebnis muss dabei die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG größtmögliche Wirksamkeit erhalten, während die Gemeinde lediglich in der Lage sein muss, gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln (vgl. RU Rn. 37; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 38 – dortmund.de; m.w.N.).
28
dd) Eine Einflussnahme des Staates auf den Meinungsmarkt könnte mit dem Institut der freien Presse überhaupt nur vereinbar sein, wenn sie wegen der Konkurrenz mit der Fülle der vom Staat unabhängigen Zeitungen und Zeitschriften am Bild der freien Presse substantiell nichts änderte. Ob und inwieweit dies bei kommunalen Online-Publikationen – im Unterschied zum Markt der klassischen lokalen (Print-)Presse – aufgrund der Informationsfülle im Internet der Fall ist, bedarf der Feststellung im Einzelfall (vgl. RU Rn. 38, 67; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 39 – dortmund.de).
29
c) Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. RU Rn. 39; BGH, GRUR 2019, 189 Rn. 35 – Crailsheimer Stadtblatt II; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 40 – dortmund.de).
30
aa) Bezogen auf den Inhalt einer gemeindlichen Publikation gehören zu einem zulässigen Informationshandeln bzw. einer zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Kommunen die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen, die kommunale Wirtschaftsförderung, die Information über die aktuelle Tätigkeit und künftige Vorhaben der Kommunalverwaltung, sowie grundsätzlich auch das Stadtmarketing und die Tourismusförderung (vgl. RU Rn. 40).
31
bb) Einzelne die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter der kommunalen Publikation geeignet ist, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Anhaltspunkte für eine Gefährdung bestehen zum Beispiel, wenn die Gemeinde als Teil des Staates auf den lokalen Kommunikationsprozess bestimmend Einfluss nimmt. Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher sind die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt. Keinesfalls darf die kommunale Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung – jedenfalls subjektiv – entbehrlich macht. Je deutlicher – in Quantität und Qualität – eine kommunale Publikation Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten (vgl. RU Rn. 41; BGH, GRUR 2019, 189 Rn. 40 – Crailsheimer Stadtblatt II; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 52 – dortmund.de).
32
Hierbei kommt es im Rahmen von § 3a UWG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf eine konkrete Gefährdung der Presse an. Allerdings kann es ein Indiz gegen einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse darstellen, wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass die kommunale Publikation bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt (vgl. RU Rn. 68).
33
cc) Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen insoweit regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Daher kann für die Gesamtbetrachtung bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne der Presse verletzenden Beiträge besonderes Gewicht haben und das Gesamtangebot prägen. Dafür können Verlinkungen auf diese Beiträge sprechen – zum Beispiel von der Startseite des Informationsangebots – oder der Umstand, dass sie zu den meistgelesenen Beiträgen zählen (vgl. RU Rn. 42, 68; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 54 – dortmund.de).
34
dd) Neben den inhaltlichen Kriterien ist in die Gesamtwürdigung insbesondere miteinzubeziehen, wie die Informationen den angesprochenen Nutzerinnen und Nutzern präsentiert werden. Dabei sind die optische Gestaltung, redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse – wie Glossen, Kommentare oder Interviews – und die Frequenz des Vertriebs zu berücksichtigen. Allein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente und eine regelmäßige Erscheinungsweise führen zwar nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Die Grenze wird aber überschritten, wenn das Angebot nicht mehr als staatliche Publikation erkennbar ist. Bei Online-Informationsangeboten ist insofern zu berücksichtigen, dass insbesondere Verlinkungen keine pressetypische, sondern eine internettypische Gestaltung darstellen. Es ist der Gemeinde weder verwehrt, bei kommunalen Publikationen im Internet auf internettypische Gestaltungen zurückzugreifen, noch ist es ihr grundsätzlich versagt, Überschriften, Unterüberschriften und Bilder zu verwenden (vgl. RU Rn. 43; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 53, 65 – dortmund.de).
35
ee) Erfolgt die Verteilung der Publikation oder die Bereitstellung des Online-Angebots kostenlos, erhöht sich die Gefahr einer Substitution privater Presse. Das gilt vor allem angesichts der zunehmenden Zahl von – zumindest teilweise – kostenpflichtigen Online-Nachrichtenportalen, weil damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Verbraucher eher zu dem kostenfreien Internetangebot einer Kommune greifen, als das kostenpflichtige Online-Angebot der Lokalzeitung in Anspruch zu nehmen (vgl. RU Rn. 44, m.w.N.; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 53 – dortmund.de).
36
ff) Eine Anzeigenschaltung ist ebenfalls in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Sie ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein. Geht sie über einen solchen Randnutzen hinaus, kann dies zu einer Verletzung der Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse jedenfalls beitragen (vgl. RU Rn. 45; BGH, GRUR 2022, 1336 Rn. 53 – dortmund.de, m.w.N.).
37
Eine die Grenzen der zulässigen Randnutzung überschreitende Werbung in einem kommunalen Amtsblatt oder Online-Portal birgt die Gefahr existenzieller Schäden für die Presse, wenn private Unternehmen nicht mehr in der Tageszeitung oder deren Online-Ausgabe, sondern bei der Kommune inserieren. Dieser wirtschaftliche Aspekt wird von der Pressefreiheit ebenfalls umfasst, die sich auf den Anzeigenteil eines Presseerzeugnisses erstreckt, weil er für die Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen der Presse als wesentlicher Voraussetzung ihrer Unabhängigkeit von Bedeutung ist (vgl. RU Rn. 64; BGH, GRUR 2024, 1739 Rn. 31 – Jobbörse).
38
Für die Bestimmung einer zulässigen Randnutzung in einem kommunalen Online-Portal ist auf den Umfang der Anzeigenschaltung abzustellen. Die Randnutzung bezeichnet eine Annextätigkeit. Dieser „Annex“ muss ein solcher bleiben; die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe darf nicht umgekehrt zum Annex der erwerbswirtschaftlichen Betätigung werden. Die Randnutzung muss deshalb eine untergeordnete, quantitativ nachgeordnete Tätigkeit in innerem Zusammenhang mit der Hauptnutzung darstellen (RU Rn. 65, m.w.N.).
39
Dabei kann der Umstand, dass die über eine bloße Randnutzung hinausgehende kommerzielle Anzeigenschaltung in einem kommunalen Online-Portal im Einzelfall geeignet ist, dem klagenden Presseunternehmen und anderen Verlegern von Zeitungen oder sonstigen Medien in einer bestimmten Region in erheblichem Umfang Anzeigenkunden und damit die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen, auch für sich genommen ausreichend sein, um eine Gefährdung des Instituts der freien Presse und damit einen Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu begründen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die klagende Partei mit ihrer Klage den redaktionellen Teil einer Publikation nicht als die Presse substituierend beanstandet (etwa, weil sie diesen nur als „schmückendes Beiwerk“ ansieht), sondern einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse von vornherein ausschließlich auf den Anzeigenteil einer Publikation stützt (vgl. BGH, GRUR 2024, 1739 Rn. 31 – Jobbörse; sowie Vorinstanz OLG Oldenburg, Urt. v. 22.9.2023 – 6 U 124/22, GRUR-RS 2023, 53071 Rn. 43). Nichts anderes kann indes gelten, wenn die klagende Partei den redaktionellen Teil einer Publikation zwar ebenfalls beanstandet, die Gesamtbetrachtung jedoch ergibt, dass dieser Teil für sich genommen nicht ausreichend ist, um eine Gefährdung der freien Presse anzunehmen.
40
d) Gemessen an den unter a) bis c) aufgezeigten Grundsätzen liegt vorliegend ein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse vor. Dabei werden unter aa) die auf muenchen.de in der angegriffenen Form veröffentlichten Beiträge nach Art und Inhalt auf ihre Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde untersucht. Sodann werden unter bb) die gefundenen Ergebnisse unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds sowie der kommerziellen Anzeigenschaltung der erforderlichen Gesamtwürdigung unterzogen.
41
aa) Bei der zunächst erforderlichen Untersuchung der veröffentlichten Beiträge nach Art und Inhalt auf ihre Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde ist im Rahmen einer Einzelbetrachtung zu klären, welche Beiträge – für sich betrachtet – „unzulässig“ sind (vgl. BGH, GRUR-RS 2022, 19691 Rn. 41 – dortmund.de).
42
Es obliegt dabei den Klägerinnen, substanziierten Vortrag zu einzelnen (aus ihrer Sicht) unzulässigen (redaktionellen) Beiträgen zu halten. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Senats, unabhängig vom Vortrag der Klägerinnen den gesamten Inhalt des Telemedienangebots der Beklagten (dokumentiert auf dem USB-Stick Anlage K 1) auf Umstände durchzusehen, die in die wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen sein könnten, auch wenn die Klägerinnen mit ihrem Hauptantrag den Internetauftritt der Beklagten insgesamt in Bezug genommen und angegriffen haben (vgl. BGH, GRUR-RS 2022, 19691 Rn. 57, 58 – dortmund.de).
43
Unter Berücksichtigung dessen ist vorliegend in Bezug auf die Inhalte in den einzelnen Rubriken von muenchen.de in der angegriffenen Form Folgendes festzustellen:
(1) Rubrik „Rathaus“
44
Wie der Senat im ersten Berufungsurteil ausgeführt hat – und woran festzuhalten ist –, ist im Hinblick auf die Rubrik „Rathaus“ der Artikel „Tipps zum Konzert im …“ von … (vgl. Anlage K 33) zu beanstanden.
45
Darüber hinaus haben die Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren im Schriftsatz vom 14.3.2024 (Bl. 694/750 d.A) weiteren Sachvortrag zu unzulässigen redaktionellen Beiträgen (unter anderem) in der Rubrik „Rathaus“ gehalten und dabei die weiteren Anlagen K 182 bis K 204 vorgelegt.
46
Dieser Vortrag ist im (wiedereröffneten) Berufungsrechtszug zu berücksichtigen, da der Vortrag im Kern unstreitig ist. Zwar hat die Beklagte ausgeführt, die Anlagen K 182 bis 204 seien nicht der Rubrik „Rathaus“ entnommen, was sich aus der „Link-Kette“ ergebe, die jeweils oben links abgedruckt sei. Dass die betreffenden Beiträge grundsätzlich (unter der Unterrubrik „Nachrichten München“, wie von den Klägerinnen vorgetragen) auf m...de abrufbar waren, hat die Beklagte indes nicht bestritten.
47
Eine Sichtung der Anlagen K 182 bis K 204 ergibt allerdings, dass ein erheblicher Teil der darin enthaltenen Beiträge nicht als unzulässig einzustufen ist, weil deren Inhalt vom Aufgabenbereich der Stadt München gedeckt ist.
48
So sind etwa die Artikel über Einsätze der städtischen Feuerwehr (Anlagen K 193, K 202) nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für die Artikel „Tödlicher Trambahnunfall in …“ und „Wie kommt das Auto in den U-Bahn-Abgang?“ (Anlagen K 185 und K 199), da diese einen Bezug zu dem von der … Verkehrsgesellschaft mbH (…) – einem Unternehmen in kommunaler Trägerschaft der Stadt … – betriebenen öffentlichen Nahverkehr in … aufweisen. Auch den Beitrag „… live“ (Anlage K 194) erachtet der Senat als zulässig, da dieser in erster Linie Hinweise enthält, die unter Sicherheitsaspekten relevant sind. Die sachlich und kurz gehaltenen Informationen über die Fahrgeschäfte und Zelte auf dem O. (Anlagen K 200, K 201) sind ebenfalls jedenfalls unter dem Aspekt des Stadtmarketings als zulässig anzusehen. Gleiches gilt für den Bericht über eine Studie zur Work-Life-Balance in … (Anlage K 195), jedenfalls in dieser knappen Form. Auch Hinweise auf Zeugenaufrufe der Polizei zu örtlichen Verbrechen (Anlagen K 188, K 204) sind unter dem Aspekt, dass es sich bei der Stadt München um die zuständige Sicherheitsbehörde handelt, nicht zu beanstanden.
49
Unzulässig ist hingegen insbesondere die pressemäßige Berichterstattung über den … (Anlagen K 183, K 184, K 189 und K 191). Hinsichtlich der weiteren von den Klägerinnen im Schriftsatz vom 14.03.2025 auf S. 5 (Bl. 698 d.A.) aus der Unterrubrik „Nachrichten …“ aufgelisteten Beiträge kann zugunsten der Klägerinnen unterstellt werden, dass diese ebenfalls nicht vom kommunalen Aufgabenbereich gedeckt sind.
(2) Rubrik „Veranstaltungen“
50
Wie der Senat bereits im aufgehobenen Berufungsurteil ausgeführt hat und woran er ebenfalls festhält, ist in Bezug auf die Rubrik „Veranstaltungen“ (vgl. Anlage K 41) generell das Veröffentlichen eines Veranstaltungsprogramms zu beanstanden, soweit dieses auf nicht-kommunale Veranstaltungen verweist. Dies gilt vor allem dann, wenn auf einzelne Veranstaltungen mit Text und Bild (wie beispielsweise auf das … Konzert) hingewiesen wird (vgl. Anlage K 40). Zudem ist eine redaktionelle Berichterstattung wie über den Saisonauftakt des … (vgl. Anlage K 43) nicht zulässig.
51
Die im wiedereröffneten Berufungsverfahren von den Klägerinnen vorgelegten weiteren Anlagen K 218 bis K 221, K 223 und K 224 deuten darauf hin, dass sich in der Rubrik „Veranstaltungen“ noch in größerem Umfang weitere entsprechende unzulässige redaktionelle Artikel ohne erkennbaren kommunalen Aufgabenbezug finden. Die Artikel selbst wurden von den Klägerinnen allerdings nicht im Einzelnen vorgelegt, außer der Spielbericht über den … (Anlage K 225), bei dem es sich um eine unzulässige pressemäßige Berichterstattung handelt.
52
Als zulässig erachtet der Senat hingegen den Beitrag „…“ (Anlage K 222). Als einer der Austragungsorte ist es der Stadt … unter dem Aspekt des Stadtmarketings bzw. der Tourismusförderung nicht verwehrt, in dieser Form auf die in München stattfindenden Spiele hinzuwiesen.
(3) Rubrik „Kino“
53
In der Rubrik „Kino“ ist, wie der Senat bereits im ersten Berufungsurteil ausgeführt hat, generell das Veröffentlichen eines Kinoprogramms durch die Gemeinde, soweit dieses nicht nur das Programm kommunaler Kinos beinhaltet, zu beanstanden.
54
Die sich aus den Anlagen K 45, K 46 sowie K 227 bis K 229 sind im Einzelnen hingegen nicht unter dem Aspekt einer redaktionellen Berichterstattung zu beanstanden, da es sich hierbei, wie sich jeweils aus dem Hinweis „präsentiert von: … “ ergibt, um Anzeigenwerbung handelt (vgl. dazu unten).
55
Die Informationen über … Open Air Kinos (Anlage K 231) erachtet der Senat unter dem Gesichtspunkt des Stadtmarketings für zulässig.
(4) Rubriken „Freizeit“ und „Sehenswertes“
56
Der Senat hält auch nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren daran fest, dass die redaktionellen Inhalte in den Rubriken „Freizeit“ und „Sehenswertes“ nicht zu beanstanden sind, da diese – auch in der konkreten Form – von der gemeindlichen Aufgabe des Stadtmarketings bzw. der Tourismusförderung gedeckt sind. Ebenso hält der Senat daran fest, dass hierbei auch die Präsentation von Sehenswürdigkeiten bzw. Freizeitmöglichkeiten im … Umland im gegebenen Umfang zulässig ist.
(5) Rubrik „Restaurants“
57
Der Senat hält weiterhin an seinen Feststellungen und seiner Beurteilung im aufgehobenen Berufungsurteil fest, wonach in der Rubrik „Restaurants“ die „Gastro Guides“ (vgl. Anlage K 55) als unzulässig zu beanstanden sind. Zu diesen gelangt man, wenn man auf der Hauptseite der Rubrik „Restaurants“ etwa in der Mitte der Seite auf den blau umrandeten Balken „Weitere Gastro-Ratgeber“ klickt (vgl. Anlage K 56). Über die Unterseite „Gastro Guides“ gelangt man sodann zu den einzelnen weiteren Unterseiten, welche die Klägerseite beispielhaft als Anlagen K 57 bis K 64 und K 66 vorgelegt hat. Darin werden jeweils mit Bildern und Texten bestimmte Restaurants und Gaststätten näher vorgestellt. Diese redaktionell aufgemachten Inhalte sind unzulässig, da es nicht zum Aufgabenbereich einer Gemeinde gehört, über bestimmte Restaurants in einer solchen Art und Weise zu „berichten“.
(6) Rubrik „Shopping“
58
Das zur Rubrik „Restaurants“ Ausgeführte gilt entsprechend für die Rubrik „Shopping“. Wie bereits im ersten Berufungsurteil ausgeführt wurde, besteht auch die Rubrik „Shopping“ im Wesentlichen aus sogenannten „Shopping Guides“. Zu dieser Seite (vgl. Anlage K 71) gelangt man, indem man auf der Hauptseite der Rubrik „Shopping“ (vgl. Anlage K 69) etwa in der Mitte der Seite auf den blau umrandeten Balken „Weitere Shopping-Ratgeber“ klickt. Von dort aus gelangt man weiter auf die jeweiligen Inhalte, wie beispielsweise den als Anlage K 74 vorgelegten Bericht „Eine Frage des Muts? Quereinsteiger als Ladenbesitzer. Teil 2“. Auch insofern handelt es sich nicht um eine gemeindliche Aufgabe, den Bürgern oder Besuchern der Stadt mit in presseähnlicher Form aufgemachten Beiträgen Einkaufstipps zu erteilen bzw. über bestimmte Ladengeschäfte in dieser Art und Weise zu „berichten“.
(7) Rubrik „Verkehr“
59
Der Senat hält daran fest – wogegen sich die Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch nicht wenden –, dass die Rubrik „Verkehr“ (vgl. Anlage K 77) nicht zu beanstanden ist, soweit dort beispielsweise Informationen zum „Öffentlichen Nahverkehr“ und „Fahrplaninfos zum ÖPNV“ bereitgehalten werden. Ebenso unterfällt es dem kommunalen Aufgabenbereich, wenn unter der Überschrift „Verkehrsnachrichten aus München“ etwa über Beeinträchtigungen wegen Baustellen im S-Bahn- oder Trambahn-Verkehr berichtet wird. Gleiches gilt für die auf der Unterseite „Infos für Autofahrer in …“ enthaltenen Artikel „Führerschein“, „Straßenverkehrs-Behörde“, „Parkhäuser“ oder „Die App HandyParken in M.“.
60
Auf der genannten Unterseite befinden sich allerdings auch Verlinkungen zu dem als Anlage K 80 vorgelegten Beitrag betreffend „Autoroutenplaner“ sowie ein ähnlicher Beitrag zum Thema „Benzinpreis-Vergleich“. Insoweit ist ein Bezug zu einer kommunalen Aufgabe nicht erkennbar, so dass diese Beiträge im Rahmen der Einzelbetrachtung als unzulässig anzusehen sind.
61
Ob der vom Senat im ersten Berufungsurteil beanstandete Beitrag „Fernbusse …“ (vgl. Anlage K 81) vom Aufgabenbereich der Tourismusförderung gedeckt ist, wie die Beklagte im wiedereröffneten Berufungsrechtszug geltend macht, kann dahinstehen, da dieser einzelne Beitrag im Rahmen der Gesamtabwägung (s. hierzu unter bb)) nicht entscheidend ins Gewicht fällt.
(8) Rubrik „Wirtschaft“
62
Soweit der Senat im ersten Berufungsurteil ausgeführt hat, dass die redaktionellen Inhalte in der Rubrik „Wirtschaft“ (vgl. Anlage K 82) – namentlich die dort abrufbaren „Wirtschaftsmeldungen 2019“ (vgl. Anlage K 83), die knappe und faktenartige Berichterstattung über „DAX-Unternehmen in M.“, sowie der von der Klägerseite beanstandete Beitrag „…Erfolgsfaktoren für Startups“ – nicht zu beanstanden sind, wenden sich die Klägerinnen dagegen im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu Recht nicht.
63
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sind auch die von ihnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergänzend genannten Beiträge „Umweltwirtschaft“ (Anlage K 346), „Kultur- und Kreativwirtschaft“ (Anlage K 347), „Medizintechnik“ (Anlage K 348), „Automotive“ (Anlage K 349), „Biotechnologie und Pharma“ (Anlage K 350), „Luft- und Raumfahrttechnik“ (Anlage K 351), „Dienstleistung“ (Anlage K 352), „Tourismus“ (Anlage K 353), „Einzelhandel“ (Anlage K 354), „Handwerk“ (Anlage K 355) und „Verarbeitendes Gewerbe“ (Anlage K 356) nicht als unzulässig anzusehen. Die Anlagen K 347 und K 348 zeigen hierbei bereits nicht die beanstandeten Berichterstattungen als solche, sondern nur Verlinkungen zu diesen. Ungeachtet dessen sind die sich aus den übrigen vorgenannten Anlagen ergebenden sachlich gehaltenen Informationen von der Aufgabe der Wirtschaftsförderung gedeckt bzw. weisen einen hinreichenden Aufgabenbezug zum Wirtschaftsreferat der Stadt München auf. Dies gilt erst recht, soweit in dem Beitrag „Umweltwirtschaft“ (Anlage K 346) über eine im Auftrag der … erstellte Studie berichtet wird.
(9) Rubrik „Jobs“
64
Im Hinblick auf die Rubrik „Jobs“ hält der Senat daran fest, dass die einleitenden redaktionellen Texte, wie aus den Anlagen K 88 und K 89 ersichtlich, nicht als unzulässig angesehen werden können. Würden im Anschluss an diese Beiträge allein die eigenen Stellenangebote der Stadt München folgen, wären die kurz gehaltenen Texte, die lediglich der Ausschmückung dienen, bereits bei der Einzelbetrachtung nicht als pressemäßig zu beanstanden.
65
Entsprechendes gilt für den kurzen Text „Trainee in …“ (Anlage K 359), zumal dieser auf ein Trainee-Programm bei der … bzw. den … hinweist und damit in jedem Fall vom Aufgabenbereich der Stadt M. umfasst ist.
(10) Rubrik „Leben“
66
Der Senat hält weiterhin daran fest, dass sich in der Rubrik „Leben“ nur vereinzelt Beiträge feststellen lassen, in denen allgemeine Lebensberatung für die Leserinnen und Leser betrieben wird, hinsichtlich welcher kein hinreichender kommunaler Aufgabenbezug besteht.
67
So weisen die Informationen in der Unterrubrik „Todesfall und Bestattung“ (vgl. Anlage K 100) einen Bezug auf zum städtischen Bestattungswesen, die Informationen in der Unterrubrik „Pflege in …“ (vgl. Anlage K 99) zu Aufgaben des Sozialreferats der … und die Informationen in der Unterrubrik „Heiraten und Hochzeit“ (vgl. Anlage K 97) zu Aufgaben des Standesamts (Eheschließung anmelden, Personalausweis beantragen etc.).
68
Gleiches gilt für die Unterrubrik „Wohnen“ (vgl. Anlage K 101) bzw. die dort weiter verlinkten Unterseiten „Immobilien, Wohnen“ (vgl. Anlage K 103) und „Bauen – Alles ums Thema Häuslebau in der Stadt und der Region“, wo Informationen mit Amtsbezug des Baureferats, des Bauzentrums München (Referat für Klima- und Umweltschutz) und des Referats für Stadtplanung und Bauordnung bzw. Informationen der Stadtwerke München (vgl. die Beiträge unter der Überschrift „Netzanschluss: Bauen mit den SWM“) bereitgehalten werden. Auch die von der Klägerseite weiter konkret beanstandete Unterseite „Umzug …“ (vgl. Anlage K 102) enthält bei näherer Betrachtung ganz überwiegend Informationen, die einen Bezug zur Verwaltungstätigkeit der … aufweisen (Halteverbot beantragen, Kinder an der Schule anmelden, Wohnsitz ummelden etc.).
69
Wie der Senat bereits im ersten Berufungsurteil ausgeführt hat, ist ein Bezug zu den Aufgaben der Stadt … hingegen nicht erkennbar, soweit über die offensichtlich privatwirtschaftlich organisierte Messe „Die 66“ für Senioren in redaktioneller Form berichtet wird, wobei es sich hierbei an sich um einen Inhalt der Rubrik „Veranstaltungen“ handelt, auf den in der Rubrik „Leben“ lediglich verlinkt wird (vgl. die Verlinkung am linken Rand der Unterseite „Pflege in …“, Anlage K 99, sowie nunmehr Anlage K 375).
70
Zu den weiteren von den Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 14.03.2024 (vgl. dort S. 37, Bl. 730 d.A.) vorgelegten Anlagen K 364 bis K 383 ist Folgendes auszuführen:
71
Die Anlagen K 364 („Sport“), K 365 („Jugend“), K 376 („Immobilien, Wohnung“), K 380 („Senioren“), K 382 („Bildung in …“) und K 383 („Gesundheit“) sind für sich genommen jeweils wenig aussagekräftig, da diese nur Screenshots von Übersichtsseiten enthalten, die auf verschiedene Beiträge verlinken. Ohne Darlegung des Inhalts der verlinkten Beiträge selbst ist eine Überprüfung, inwieweit diese nicht vom Aufgabenbereich der Stadt … gedeckt und damit als unzulässig anzusehen sind, nicht möglich.
72
Der Artikel „Die beliebtesten Babynamen in …“ (Anlage K 366) stammt nicht unmittelbar aus der Rubrik „Leben“, sondern ist unter der Unterrubrik „Nachrichten …“ (vgl. dazu oben zur Rubrik „Rathaus“) erschienen. Insoweit handelt es sich um einen (weiteren) vom Aufgabenbereich der Stadt … nicht gedeckten und inhaltlich pressemäßigen Artikel, der im Rahmen der Einzelbetrachtung als unzulässig zu werten ist.
73
Der Beitrag „Kindercafés in …“ (Anlage K 367) ist Teil der „Gastro Guides“ und in dieser Form unzulässig. Auf die Ausführungen zur Rubrik „Restaurants“ wird insoweit Bezug genommen.
74
Mit den als Anlagen K 368 bis K 370, K 374 und K 378 bis K 380 vorgelegten Beiträgen „Umzug M.“, „Wohnen“, „Todesfall und Bestattung“, „Pflege in …“, „Geburt“ und „Heiraten in …“ hat sich der Senat bereits im ersten Berufungsurteil befasst und diese Beiträge als zulässig erachtet, woran – wie oben bereits ausgeführt – festzuhalten ist.
75
Der Beitrag „Allerheiligen 2019 in …“ (Anlage K 371) ist wegen des engen Bezugs zu städtischen Friedhöfen ebenfalls nicht zu beanstanden.
76
Die Beiträge „Kirchen und Klöster in … und Umland“ (Anlage K 372) und „Herbst in …“ (Anlage K 373) entstammen den Rubriken „Sehenswertes“ bzw. „Freizeit“ und sind von der Aufgabe der Tourismusförderung bzw. des Stadtmarketings gedeckt.
77
Bei der angeführten Anlage K 377 („Babywelt“) handelt es sich um einen – unzulässigen – Beitrag in der Rubrik „Veranstaltungen“ (vgl. die dortigen Ausführungen).
78
Unter welchem Gesichtspunkt die Bereitstellung der Informationen auf der Unterseite „Notdienste und Hilfe“ (Anlage K 381) durch die Stadt … zu beanstanden sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht.
79
Zusammenfassend bleibt zur Rubrik „Leben“ somit festzuhalten, dass sich in dieser Rubrik selbst keine unzulässigen pressemäßigen bzw. vom Aufgabenbereich der Stadt M. nicht erfassten Inhalte feststellen lassen.
80
bb) Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung führen zwar die unter aa) herausgearbeiteten unzulässigen redaktionellen Beiträge ohne gemeindlichen Aufgabenbezug für sich genommen nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse (dazu (1)). Ebenso begründet die Gesamtwürdigung der Inhalte unter zusätzlicher Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds des Portals noch keinen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (dazu (2)). Eine Gefährdung des Instituts der freien Presse ist vorliegend jedoch aufgrund der über eine bloße Randnutzung weit hinausgehenden Anzeigenschaltung auf m...de gegeben (dazu (4)).
81
(1) Die unter aa) herausgearbeiteten bei der Einzelbetrachtung unzulässigen Inhalte reichen für sich genommen unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus, um einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse annehmen zu können. Eine ernsthafte Gefährdung der freien Presse aufgrund eines Substitutionseffekts lassen diese Inhalte nicht befürchten.
82
In der Rubrik „Rathaus“ bzw. der Unterrubrik „Nachrichten M.“ lassen sich, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, nach den klägerischen Darlegungen lediglich etwa 15 unzulässige redaktionelle Beiträge feststellen. Dass diese Artikel für das Portal in der angegriffenen Form prägend wären, ist nicht ersichtlich. Zur Überzeugung des Senats ist aufgrund der eher vereinzelt feststellbaren (zum Teil unterstellt) unzulässigen Artikel wie „Tipps zum Konzert im …“ „Turm der … zur … geschlossen“, „Was heute in … wichtig ist“, „Die Blade Night am 12.8. entfällt“, „Sternschnuppen am … Himmel“, „Grafittikünstler …“, „UEFA EURO 2020: Erste Tickets sind zugeteilt“, „Leukämie: Victoria braucht dringend einen Spender“, „Barack Obama kommt nach …“ und „Die beliebtesten Babynamen in Bayern“ ein Substitutionseffekt auch nicht zu befürchten. So sind die lokalen Nachrichten nicht umfassend, so dass der an Lokalnachrichten interessierte Leser wegen der genannten Artikel nicht auf eine (Online-)Zeitung mit Lokalteil verzichten wird. Ebenfalls wird der sportinteressierte Leser durch die in der Unterrubrik „Nachrichten …“ enthaltenen mehreren unzulässigen Berichte über den FC Bayern nicht umfassend über Fußball allgemein oder sonstige Sportarten informiert, so dass auch im Hinblick darauf allenfalls ein sehr geringer, zu vernachlässigender Teil der Zeitungsleser wegen der Berichterstattung auf m...de vom Erwerb einer (Online-)Zeitung mit Sportteil absehen wird.
83
Entsprechendes gilt hinsichtlich des unzulässigen Artikels über den … in der Rubrik „Veranstaltungen“. Soweit diese Rubrik überdies als unzulässig anzusehen ist, weil das Vorhalten eines Veranstaltungskalenders – vor allem wenn darin einzelne Veranstaltungen mit Text und Bild beworben werden, wie auf muenchen.de in der angegriffenen Form geschehen – zu beanstanden ist, weil es sich hierbei nicht um eine gemeindliche Aufgabe handelt, kann im Rahmen der Gesamtwürdigung ein ernsthaft drohender Substitutionseffekt ebenfalls nicht angenommen werden. Zwar enthalten auch Presseerzeugnisse derartige Veranstaltungsankündigungen. Diese stellen jedoch keine Inhalte dar, deretwegen Zeitungen gekauft bzw. Online-Angebote von Zeitungsverlagen abonniert werden. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die in diesem Bereich bestehende Informationsfülle im Internet. Es ist allgemein bekannt, dass im Internet auch anderweitig kostenlose Veranstaltungsprogramme, insbesondere auch für M. und Umgebung, abrufbar sind, bei welchen zudem die Veranstaltungen mit Texten und Bildern, bei welchen es sich zumeist um vom Veranstalter zur Verfügung gestellte Pressemitteilungen handelt, dargestellt werden. Die Inhalte der Rubrik „Veranstaltungen“ sind daher nicht geeignet, am Bild der freien Presse (in der Stadt und Region M.) substantiell etwas zu ändern.
84
Entsprechendes gilt für die Rubrik „Kino“. In dieser ist – wie oben dargelegt – ohnehin allein das Bereithalten eines Kinoprogramms als solches als nicht zum Aufgabenbereich der Stadt … gehörend zu beanstanden, während es sich bei den Filmvorankündigungen bzw. -rezensionen mit Wort und Bild nicht um redaktionelle Beiträge von m...de, sondern um bezahlte Fremdwerbung handelt (vgl. dazu unten). Insoweit stellt sich bereits die Frage, inwieweit Presseunternehmen wie die Klägerinnen in ihren Zeitungen und Online-Angeboten überhaupt Kinoprogramme veröffentlichen. Doch selbst wenn man dies unterstellt, stellt dies keinen Grund dar, weswegen diese Presseprodukte erworben werden, zumal auch insoweit die betreffenden Informationen ohnehin jedenfalls über die Webseiten der jeweiligen Kinobetreiber frei abrufbar sind und durch Suchmaschinen leicht aufgefunden werden können.
85
Auch im Hinblick auf die Rubriken „Restaurants“ und „Shopping“, die insgesamt oder jedenfalls in sehr großem Umfang aus unzulässigen Inhalten in Form der sogenannten „Gastro Guides“ und „Shopping Guides“ bestehen, lässt sich eine substantielle Gefährdung der freien Presse im Gebiet in und um München nicht feststellen.
86
Die Klägerinnen haben keine Umstände dargetan und solche sind auch nicht ersichtlich, wonach diese Rubriken als prägend für das Gesamtangebot muenchen.de angesehen werden könnten. So ist nicht erkennbar, dass diese Rubriken – etwa auf der Startseite des Portals – gegenüber den sonstigen Rubriken und Inhalten besonders hervorgehoben werden und beispielsweise von dort direkt zu den „Gastro Guides“ und/oder „Shopping Guides“ verlinkt wird. Vielmehr sind die Klägerinnen dem Vortrag der Beklagten, es benötige mehrere Klicks, um zu diesen zu gelangen, nur damit entgegengetreten, dass dies eine internettypische Gegebenheit sei.
87
Ebenso haben die Klägerinnen nicht – jedenfalls nicht hinreichend substantiiert – vorgetragen, dass es sich bei den betreffenden Inhalten um die meistgelesenen von muenchen.de handelt. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen tragen dafür grundsätzlich sie als Anspruchstellerinnen die Darlegungs- und Beweislast. Der Umstand, dass ihnen die Zugriffszahlen auf die einzelnen Rubriken nicht bekannt sind, führt allenfalls zu einer sekundären Darlegungslast der Beklagten. Dieser ist die Beklagte indes nachgekommen, indem sie vorgetragen hat, auf die betreffenden Rubriken seien im Jahr 2019 nur 0,6% bzw. 1,6% aller Zugriffe entfallen. Dem sind die Klägerinnen nur durch ein – nicht ausreichendes – einfaches Bestreiten entgegengetreten.
88
Auch sonstige Umstände, weshalb die Rubriken „Restaurants“ und „Shopping“ bzw. die darin enthaltenen „Gastro Guides“ und „Shopping Guides“ prägend für das Portal in der angegriffenen Form sein sollten, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
89
Darüber hinaus lassen die „Gastro Guides“ und „Shopping Guides“ auch deshalb einen Substitutionseffekt nicht ernsthaft befürchten, weil es sich bei Restaurantkritiken bzw. -empfehlungen und Berichten über bestimmte Ladengeschäfte (soweit letztere in Zeitungen überhaupt typisch sind) nicht um Inhalte handelt, deretwegen Zeitungen oder Online-Angebote von Presseverlagen typischerweise erworben werden. Hinzu kommt, dass die in den „Gastro Guides“ und „Shopping Guides“ enthaltenen Artikel zwar in dieser oder ähnlicher Form grundsätzlich auch in einem Presseerzeugnis erscheinen könnten. Typisch für die Presseberichterstattung über Restaurants ist aber, dass sich der Redakteur darin entweder kritisch (ggf. auch negativ) mit einem bestimmten Restaurant auseinandersetzt oder bei einer positiven Berichterstattung ein einzelnes Restaurant als eine Art „Geheimtipp“ empfohlen wird. Zeitungsartikel über Ladengeschäfte erfolgen in der Regel nur bei einem konkreten Anlass oder einer „dahinterstehenden Geschichte“. Von dieser Art der Berichterstattung unterscheiden sich die Rubriken „Restaurants“ und „Shopping“ insgesamt betrachtet aber grundlegend. So erkennt der Leser bzw. Nutzer, dass hier eine Vielzahl von Restaurants und Einkaufsgeschäften ausnahmslos und ohne besonderen Anlass positiv dargestellt werden, es sich also nicht um eine individuelle (ggf. auch kritische) Berichterstattung über einzelne Restaurants oder Ladengeschäfte handelt, sondern – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – um eine Art „Verzeichnismedium“, in dem Restaurants und Geschäfte möglichst umfassend in einer werblichen Anpreisung aufgelistet werden. Auch aufgrund dieser grundlegenden Unterschiede kann nicht davon ausgegangen werden, dass muenchen.de insoweit ein Äquivalent zu einer (Online-)Zeitung oder Zeitschrift darstellt.
90
Ferner ist zu beachten, dass dem Internetnutzer über Suchmaschinen, aber auch über Karten-Apps wie beispielsweise „G...“, auf die Schnelle eine Fülle an Informationen über in … und Umgebung vorhandene Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Daneben fallen die von der Beklagten vorgehaltenen Informationen nicht zusätzlich spürbar ins Gewicht, sofern man – was zweifelhaft erscheint – überhaupt davon ausgehen möchte, dass Zeitungen, Zeitschriften oder Online-Angebote der freien Presse zu dem Zweck erworben werden, sich nach Restaurants oder Einkaufsmöglichkeiten in einer Stadt oder Region zu erkundigen.
91
Soweit in der Rubrik „Verkehr“ vereinzelte unzulässige – da nicht im Zusammenhang mit den Aufgaben der Stadt M. stehende – Inhalte festgestellt werden können, namentlich die Beiträge „Autoroutenplaner“, „Benzinpreis-Vergleich“ und (zugunsten der Klägerinnen unterstellt) „Fernbusse M.“, scheidet eine Gefährdung des Instituts der freien Presse aufgrund dieser Beiträge bereits deshalb aus, weil nicht ersichtlich ist, dass es sich hierbei um typische Inhalte von (Online-)Zeitungen handelt, deretwegen solche erworben werden. Ungeachtet dessen sind die genannten Beiträge in der Rubrik „Verkehr“ von völlig untergeordneter Bedeutung und prägen dieses nicht.
92
Schließlich lassen sich auch dann, wenn man die unzulässigen Inhalte in den Rubriken „Rathaus“ (Unterrubrik „Nachrichten …“), „Veranstaltungen“, „Kino“, „Restaurants“, „Shopping“ und „Verkehr“ insgesamt in den Blick nimmt, ein Leserverlust für die freie Presse und ein damit einhergehender Substitutionseffekt nicht ernsthaft befürchten, da die genannten Rubriken bzw. die in diesen enthaltenen unzulässigen Inhalte auch in ihrer Gesamtschau kein „Informationspaket“ bereitstellen, das mit demjenigen einer Zeitung oder den Online-Angeboten der Klägerinnen vergleichbar wäre und deshalb für die Leserschaft ein Äquivalent für derartige Presseprodukte darstellen würde. Insbesondere sind die auf die einzelnen Rubriken verteilten unzulässigen Inhalte auch in ihrer Gesamtschau nicht prägend für das Portal in der angegriffenen Form.
93
(2) Auch das in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehende äußere Erscheinungsbild des Portals in der angegriffenen Form bzw. die Art der Präsentation der unter aa) als unzulässig herausgearbeiteten Beiträge führt nicht dazu, dass letztere für sich genommen ausreichen, um eine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse annehmen zu können.
94
So hält der Senat zum einen an seiner Auffassung im ersten Berufungsurteil fest, dass insbesondere aufgrund des Domainnamens „muenchen.de“ und des Hinweises „Das offizielle Stadtportal“ in der Kopfzeile auf jeder Seite des Portals für den Nutzer hinreichend deutlich wird, dass es sich nicht um ein privates Pressemedium handelt, so dass das Portal nicht (schon) unter dem Gesichtspunkt als unzulässig anzusehen ist, dass dieses nicht mehr als staatliche bzw. städtische Publikation erkennbar wäre.
95
Zum anderen hat das Revisionsgericht im Ergebnis die Auffassung des Senats bestätigt, dass die optische Gestaltung und Aufmachung des Portals im vorliegenden Fall weder eindeutig gegen noch für dessen Zulässigkeit sprechen, sondern als „neutrale“ Kriterien in die Gesamtabwägung einzustellen sind. Wie oben dargelegt, ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer Gemeinde weder verwehrt, bei kommunalen Publikationen im Internet auf internettypische Gestaltungen zurückzugreifen, noch ist es ihr grundsätzlich versagt, Überschriften, Unterüberschriften und Bilder zu verwenden. Durch diese Art der äußeren Darstellung, wie sie auch das streitgegenständliche Portal aufweist, wird nicht der Eindruck einer „pressemäßigen“ Gestaltung erweckt. Andererseits grenzt sich das Portal dadurch auch nicht von den Nachrichtenportalen wie denjenigen der Klägerinnen, die ebenfalls auf ähnliche – internettypische – Gestaltungsformen zurückgreifen, ab.
96
(3) In Anbetracht der Ausführungen unter (1) und (2) vermag schließlich auch der Umstand, dass es sich bei muenchen.de um ein kostenloses Internetangebot handelt, nichts daran zu ändern, dass sich eine substantielle Gefährdung der Staatsfreiheit der Presse aufgrund eines Substitutionseffekts vorliegend nicht feststellen lässt.
97
(4) Die Gesamtbetrachtung führt im Streitfall indes unter dem Aspekt der kommerziellen Anzeigenwerbung auf m...de in der angegriffenen Form zu einer ernsthaften Gefährdung des Instituts der freien Presse. Das Portal wird in erheblichem Umfang für kommerzielle Zwecke, insbesondere eine Anzeigenschaltung, genutzt (dazu (a)). Diese Nutzung geht über eine bloße zulässige Randnutzung (weit) hinaus (dazu (b)) und ist zudem geeignet, den Verlegern von Zeitungen oder sonstigen Pressemedien im fraglichen Gebiet, wie insbesondere auch den Klägerinnen, in erheblichem Umfang Kunden für Anzeigen und damit auch die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen (dazu (c)).
98
(a) Auf … in der angegriffenen Form findet sich in erheblichem Umfang kommerzielle Anzeigenwerbung. Unter Berücksichtigung der Ausführungen im aufgehobenen Senatsurteil vom 30.09.2021 und des ergänzenden (unbestrittenen) Vortrags der Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren lassen sich dazu folgende Feststellungen treffen:
99
Unter der Rubrik „Branchenbuch“ können sortiert nach einzelnen Branchen (z.B. „Apotheke“, „Rechtsanwälte“, „Maler“, „Reisebüros“, „Friseur“ u.v.m.) Auflistungen von Dienstleistern und Unternehmen aus … und dem … Umland aufgerufen werden (vgl. Anlage K 36). Zuoberst werden dabei verschiedene Unternehmen bzw. Dienstleister auf weißem Hintergrund und mit einem bunten Bild oder Logo am linken Rand aufgelistet (vgl. Anlage K 38). Sodann folgt eine hellblau hinterlegte Auflistung weiterer Unternehmen bzw. Dienstleister. Bei diesen beiden Gruppen handelt es sich offenbar um bezahlte Einträge in dem Branchenverzeichnis. Danach folgen sogenannte „Grundeinträge“, die Unternehmen bzw. Dienstleister auflisten, die für die Eintragung im Branchenbuch kein Entgelt entrichtet haben. Auch die Unterseiten des Branchenbuchs zu den einzelnen Unternehmen bzw. Dienstleistern bestehen komplett aus Werbung (vgl. beispielhaft Anlage K 39).
100
Weiter wird unter der Rubrik „Kino“ kommerzielle Anzeigenwerbung betrieben. Klickt man auf der Hauptseite der Rubrik „Kino“ auf das prominent angezeigte Foto mit der Bildinschrift „Once Upon a Time… in Hollywood“ (vgl. Anlage K 45), gelangt man zu der als Anlage K 46 vorlegten Unterseite, die am rechten oberen Rand den Hinweis „präsentiert von: …“ enthält, woraus zu schließen ist, dass es sich insoweit um fremde Anzeigenwerbung von … handelt. Dass unter der Rubrik „Kino“ in entsprechender Weise in weiterem, erheblichem Umfang Fremdwerbung betrieben wird, ergibt sich zudem aus den von den Klägerinnen im wiedereröffneten Berufungsverfahren vorgelegten Anlagen K 227 bis K 229. Weiter ist aus der Anlage K 215 ersichtlich, dass auf der Übersichtsseite in der Rubrik „Kino“ Anzeigenwerbung betrieben wird. So handelt es sich bei dem prominent platzierten Bild mit der Inschrift „Kino am …“ um eine Werbeanzeige bzw. die Verlinkung zu einer solchen (vgl. den Hinweis „Kooperation“ am oberen rechten Rand des Bildes). Darüber hinaus sind etwa in der Mitte der Seite am rechten Rand Werbeanzeigen von „…“ und „…“ erkennbar.
101
Ebenso werden die Rubriken „Freizeit“ und „Sehenswertes“ für kommerzielle Anzeigenwerbung genutzt. Zum einen ist dies in den Stadtteilberichten, wie beispielsweise über S. (vgl. Anlage K 50), der Fall. Klickt man auf die Links unter den Überschriften „Shopping-Guide“ und „Essen und Trinken“ (vgl. Anlage K 52), gelangt man letztlich zu kommerziellen Werbeseiten. Gleiches gilt bei einem Klick auf die unter der Überschrift „Service in S.“ aufgeführten Links zu „Rechtsanwälte …“, „Immobilien …“, „Friseure …“ etc. (vgl. Anlage K 51). Wie sich aus den Anlagen K 134 bis K 173 ergibt, wird in zahlreichen weiteren „Stadtteilberichten“ in gleicher oder ähnlicher Weise Werbung betrieben. Zum anderen wird die Rubrik „Sehenswertes“ auch im Übrigen für kommerzielle Werbung genutzt, wie insbesondere für den „C. Park“ und die „S. Tour …“. Wie aus der Anlage K 53 ersichtlich, werden die entsprechenden Werbeseiten auf der Hauptseite der Rubrik „Sehenswertes“ jeweils mittels eines Fotos mit einer Bildunterschrift verlinkt. Über die Links gelangt man zu den Unterseiten zu „C. Park“ und „S. Tour …“ (vgl. die weiteren Ausdrucke in der Anlage K 53). Zudem ist bezüglich Fremdwerbung in der Rubrik „Freizeit“ auf die Anlage K 214 zu verweisen. Dort werden etwa in der Mitte der Seite unter der Überschrift „Freizeit-Kategorien“ mehrere Werbeanzeigen (bzw. Verlinkungen zu solchen) eingeblendet. Gleiches gilt für die Anlage K 216, welche eine Übersichtsseite in der Rubrik „Sehenswertes“ zeigt. Auch dort finden sich zahlreiche mit „ANZEIGE“ bzw. „KOOPERATION“ gekennzeichnete kommerzielle Inhalte bzw. Verlinkungen zu solchen.
102
In der zuletzt genannten Art und Weise werden ferner in der Rubrik Veranstaltungen zahlreiche Werbeanzeigen präsentiert (vgl. Anlage K 226, dort am rechten Bildrand Anzeige der „TAXI-Zentrale …“, unter der Überschrift „Veranstaltungstipps“ die Werbung für die „Blade Night“ sowie den „C. Park“ und unter der Überschrift „Beliebte Veranstaltungsorte“ ebenfalls vier mit „ANZEIGE“ bzw. „KOOPERATION“ gekennzeichnete Inhalte bzw. Verlinkungen).
103
Unter der Rubrik „Restaurants“ wird ebenfalls kommerzielle Anzeigenwerbung betrieben. Klickt man auf der Hauptseite der Rubrik (vgl. Anlage K 56) auf das groß und prominent angezeigte Bild mit der Inschrift „Die schönsten Cafés in der Innenstadt“, gelangt man zu der als Anlage K 65 vorgelegten Unterseite. Wie sich aus dem Wort „ANZEIGE“ am rechten oberen Rand des Fotos einer Cappuccino-Tasse ergibt, handelt es sich bei der darunter folgenden Präsentation verschiedener Cafés insgesamt um bezahlte Werbung.
104
Ebenso wird unter der Rubrik „Shopping“ kommerzielle Anzeigenwerbung betrieben. Dies zeigt sich beispielhaft an dem als Anlage K 70, rechts oben klein mit „Anzeige“ gekennzeichneten Inhalt „10 besondere Fahrradläden in …“, auf welche sowohl unter der Hauptseite der Rubrik „Shopping“ (Anlage K 69) als auch auf der Unterseite „Shopping Guides“ (Anlage K 71) verlinkt wird. Entsprechendes gilt für die Verlinkung auf den als Anlage K 73 vorgelegten, mit „Kunde von m...de“ gekennzeichneten Beitrag zum Modehaus „Konen“ auf der Unterseite Anlage K 72, zu welcher man über einen Klick auf das Bild mit der Inschrift „Damenmode“ unter der Überschrift „Shopping-Finder“ auf der Hauptseite der Rubrik „Shopping“ gelangt.
105
Überdies wird auch unter der Rubrik „Verkehr“ kommerzielle Fremdwerbung betrieben. Hier ist insbesondere die Unterseite „Radlkarte Stadt und Landkreis …“ zu nennen, welche auf der Hauptseite der Rubrik „Verkehr“ unter der Überschrift „Verkehrsnachrichten aus M...“ verlinkt ist.
106
Die Rubrik „Jobs“ (vgl. Anlage K 84) wird (neben eigenen Stellenangeboten der Landeshauptstadt …) für fremde Stellenanzeigen gegen Entgelt genutzt. Bereits die Überschrift auf der Hauptseite der Rubrik „Jobs und Stellenangebote in …“ (vgl. Anlage K 84) spricht dafür, dass der Schwerpunkt der Rubrik nicht auf dem Offerieren eigener Stellenangebote der Stadt … bzw. ihrer Regiebetriebe liegt, sondern diese ganz allgemein Stellenangebote in … offerieren soll. Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt, dass fremde Stellenanzeigen nicht nur „am Rande“ der eigenen Stellenanzeigen erscheinen, sondern mittels eines eigenen Jobsuche-Tools von … (mit technischer Unterstützung von StepStone), über das die auf muenchen.de unmittelbar geschalteten entgeltlichen Stellenanzeigen (vgl. Anlage K 86) veröffentlicht werden. Dabei ist das Jobsuche-Tool prominent über bzw. vor den eigenen Stellenangeboten der Stadt … und ihrer Regiebetriebe platziert, wie aus der Anlage K 85 ersichtlich. Die kommerzielle Nutzung zeigt sich auch innerhalb der Unterseiten „Praktikum in …“ (Anlage K 88) und „Teilzeitjobs in …“ (Anlage K 89). Dort wird nach kurzen einleitenden Texten mit Bild zunächst auf die eigenen Stellenangebote verlinkt und sodann – passgenau zur Überschrift – eine Trefferliste mit allgemeinen Stellenangeboten aus dem oben erwähnten Jobsuche-Tool angezeigt. Schließlich wird unter der Rubrik „Jobs“ Anzeigenwerbung für den „DB Erlebnistag“ betrieben (vgl. Anlagen K 92 und K 93).
107
Weiter findet sich in der Rubrik „Leben“ kommerzielle Anzeigenwerbung. So erweisen sich die auf den ersten Blick vermeintlich redaktionellen Beiträge in Form einer allgemeinen Lebensberatung bei näherer Betrachtung vielfach als Verlinkungen zu kommerziellen Anzeigenseiten. Dies gilt etwa für die Verlinkungen auf der Unterseite „Heiraten und Hochzeit“ zu den Seiten „Brautmode“ und „Trauringe“ (vgl. Anlagen K 107 und K 108) oder die Verlinkung auf der Unterseite „Todesfall und Bestattung“ (vgl. Anlage K 105 am linken Rand) zu einer kommerziellen Werbeseite für verschiedene Bestattungsunternehmen sowie die Verlinkung „Trauerkarten drucken“ (vgl. Anlage K 105). Zudem wird etwa in der Unterrubrik „Heiraten und Hochzeit“ unter der Überschrift „Vor der Hochzeit“ zunächst zu originär amtlichen Themen (Eheschließung anmelden etc.) verlinkt und folgt sodann ein Link „Tanzkurs machen“, welcher zu einer Werbeanzeige der „Tanzschule …“ führt (vgl. Anlage K 111). Eine entsprechende Verlinkung findet sich beispielsweise auch auf der Seite „Umzug …“ (vgl. Anlage K 102), indem dort zwischen bzw. vor den Links zu amtlichen Themen (Halteverbot beantragen, Sperrmüll entsorgen etc.) über den Link „Umzugsunternehmen beauftragen“ zu einer Branchenbuchseite geleitet wird, auf welcher kommerziell und anzeigenmäßig verschiedene Umzugsunternehmen präsentiert werden. Darüber hinaus wird über die jeweils prominent und über die ganze Seitenbreite platzierten Werbebalken wie beispielsweise „Alles rund ums Baby“ (vgl. Anlage K 108), „Pflege zu Hause“ (vgl. Anlage 109), „Trauerhilfe …“ (vgl. Anlage K 110) und „Hochzeit im …“ (vgl. Anlage K 112) jeweils auf ganzseitige Werbeseiten oder direkt zu den Internetauftritten der jeweiligen Unternehmen verlinkt. Weiter ist auf die zahlreichen von den Klägerinnen durch Vorlage der Anlagen K 384 bis K 437 veranschaulichten Verknüpfungen mit dem „Branchenbuch“ über die Rubrik „Leben“ zu verweisen.
108
(b) Die vorstehend unter (a) dargestellte Nutzung des Portals als Werbeplattform für Unternehmen geht in ihrem Umfang über eine bloße zulässige Randnutzung weit hinaus.
109
So wurde mit dem „Branchenbuch“ eine eigene Rubrik geschaffen, die ausschließlich für eine kommerzielle Nutzung bestimmt ist. Auch die Rubrik „Jobs“ dient in ihrem Schwerpunkt nicht der Präsentation von Stellenanzeigen der Stadt … oder mit ihr in Verbindung stehender kommunaler Unternehmen, sondern der allgemeinen Schaltung von Stellenanzeigen durch private Arbeitgeber. Darüber hinaus finden sich, wie vorstehend unter (a) im Einzelnen dargestellt, in zahlreichen weiteren Rubriken in erheblichem Umfang Werbeanzeigen, über welche zum Teil wiederum auf die entsprechenden Branchenbucheinträge verlinkt wird.
110
In der Gesamtschau teilt der Senat dabei die Ansicht der Klägerinnen, dass das gesamte Portal in der streitgegenständlichen Ausgestaltung von kommerzieller Fremdwerbung „durchtränkt“ ist und sich dem Leser bzw. Nutzer der Eindruck eines „Werbeportals“ aufdrängt, dessen übrige (nicht-kommerzielle) Inhalte eher als Beiwerk zu der Nutzung für kommerzielle Zwecke erscheinen, als umgekehrt. Die Anzeigenschaltung kann mithin nicht mehr nur als „Annex“ zu der hoheitlichen Tätigkeit angesehen werden, sondern das Portal wird insgesamt durch Werbung (sowie die Stellenanzeigen) geprägt.
111
(c) Diese somit über eine zulässige Randnutzung (weit) hinausgehende Anzeigenschaltung auf m...de in der angegriffenen Version ist geeignet, den Klägerinnen und anderen Verlegern von Zeitungen oder sonstigen Medien in der Stadt und Region … in erheblichem Umfang Kunden für Werbe- und Stellenanzeigen und damit auch die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen.
112
Diese Eignung ergibt sich nicht nur daraus, dass die Beklagte auf m...de in der angegriffenen Form Unternehmen und Dienstleistern in sehr großem Umfang Werbemöglichkeiten zur Verfügung stellt. Ein Wechsel bisheriger oder potentieller Anzeigenkunden der Klägerinnen und anderer Presseverlage zu muenchen.de in deutlich spürbarer Zahl ist insbesondere auch aufgrund der Art und Weise, wie auf dem Portal Werbung betrieben werden kann, zu befürchten. So zielt die Rubrik „Branchenbuch“ erkennbar darauf ab, ein möglichst vollständiges Branchenverzeichnis zur Verfügung zu stellen. Gewerbetreibende und Freiberufler werden daher geneigt sein, sich in dieses Verzeichnis einzutragen bzw. eintragen zu lassen, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden, wobei eine Vielzahl von ihnen anstelle des kostenlosen Grundeintrags aufgrund der deutlich attraktiveren Darstellungsform einen kostenpflichtigen Eintrag wählen wird. Diese Unternehmen und sonstigen Werbekunden bietet wiederum eine weitere Anzeigenschaltung auf muenchen.de, die auf die bezahlte Branchenbuchseite verlinkt, weitere Vorteile bzw. Synergieeffekte, zumal die Anzeigenwerbung im Rahmen des Portals gezielt nach Themen (zum Beispiel in der Rubrik „Leben“) oder mit passendem Ortsbezug (wie beispielsweise in den „Stadtteilberichten“) platziert wird, womit die Beklagte selbst wirbt (vgl. etwa Anlage K 21).
113
Für zahlreiche Anzeigenkunden kann sich Werbung auf m...de daher als attraktiver darstellen als eine klassische Anzeigenschaltung in Zeitungen oder Zeitschriften (oder auch in den Online-Angeboten von Presseverlagen). Da die meisten Unternehmen oder Freiberufler zudem regelmäßig nur ein begrenztes Budget für (Anzeigen-)Werbung zur Verfügung haben oder vorsehen, ist daher ein dauerhafter und umfangreicher Verlust an Anzeigenkunden für freie Presseunternehmen in M. und der Region um … zu befürchten, der zu einer Existenzgefährdung für letztere führen kann.
114
Hinzu kommt ein weiterer drohender Verlust von Kunden für Stellenanzeigen, da auf … unter der Rubrik „Jobs“ allgemeine Stellenanzeigen geschaltet werden können.
115
Nicht erforderlich ist es in diesem Zusammenhang, dass das Portal zum maßgeblichen Verletzungszeitpunkt bereits zu einem Verlust von Anzeigenkunden für die Klägerinnen geführt hat bzw. die Klägerinnen dies konkret darlegen, da es im Rahmen von § 3a UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf eine konkrete Gefährdung der Presse (bzw. auf eine bereits verwirklichte Gefahr) ankommt, sondern nur die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der institutionell geschützten Presse erforderlich ist (vgl. Vorinstanz zu BGH „Jobbörse“: OLG Oldenburg Urt. v. 22.9.2023 – 6 U 124/22, GRUR-RS 2023, 53071 Rn. 40). Zwar kann es ein Indiz gegen einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse darstellen, wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die kommunale Publikation die freie Presse substantiell gefährdet sein könnte (vgl. RU Rn. 69). Dass im Hinblick auf die Anzeigenschaltung auf muenchen.de in der angegriffenen Form keine Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung der freien Presse durch das Abwerben von Anzeigenkunden vorhanden sind, ist nach den vorstehenden Ausführungen aber nicht anzunehmen, sondern das Gegenteil ist der Fall.
116
II. Im Hinblick auf die die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten hat die Klägerin zu 5 die Klage im Termin vom 24.07.2025 mit Zustimmung der Beklagten – und damit wirksam – zurückgenommen. Soweit danach noch über den Anspruch zu befinden ist, hat die Berufung Erfolg, da den Klägerinnen zu 1 bis 4 und 6 der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 4.994,31 Euro bzw. der hilfsweise geltend gemachte Freistellungsanspruch in dieser Höhe nicht zusteht.
117
1. Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen kann nach dem zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abmahnung geltenden § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a.F. nur verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Abmahnende im Innenverhältnis zur Zahlung der geltend gemachten Kosten verpflichtet ist; fiktive Kosten sind nicht erstattungsfähig (vgl. RU Rn. 71; BGH, GRUR 2019, 203 Rn. 55 – Versandapotheke; BGH, GRUR 2019, 763 Rn. 11).
118
2. Auch im wiedereröffneten Berufungsverfahren haben die darlegungs- und beweisbelasteten Klägerinnen zu 1 bis 4 und 6 den Beweis, dass die Forderung im Innenverhältnis entstanden ist, nicht geführt.
119
a) Die Klägerinnen haben im Schriftsatz vom 14.03.2024 (Bl. 697 d.A.) auf die als Anlage K 179 vorgelegte(n) Rechnung(en) verwiesen. Die bloße Vorlage einer Rechnung reicht indes grundsätzlich nicht aus, um das Entstehen der darin in Rechnung gestellten Forderung nachzuweisen. Vor allem aber kommt den Rechnungen keine Aussagekraft hinsichtlich der hier im Streit stehenden Frage zu, ob die vorprozessualen Anwaltskosten zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits deswegen entstanden gewesen sind, weil die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen schon vor der Abmahnung (Anlage K 4) für die Klägerinnen außergerichtlich tätig geworden waren.
120
In der Berufungsbegründung (S. 43) hat die Beklagte dazu vorgetragen, bereits Mitte September 2019 hätten die Klägerinnen die als Anlage K 3 vorgelegte Ausarbeitung zu m...de, die sodann Gegenstand der Abmahnung vom 29.10.2019 gewesen sei, der Beklagten zur Prüfung und Stellungnahme übersandt. Einen Monat später habe sodann noch ein Gespräch mit Vertretern der Klägerinnen und der Beklagten stattgefunden, in dem die Beklagte zum Ausdruck gebracht habe, dass eine außergerichtliche Unterwerfung nicht in Frage komme, was die Klägerinnen veranlasst habe, das Abmahnschreiben am 29.10.2019 abzusenden.
121
Diesen Vortrag haben die Klägerinnen nicht bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Im Schriftsatz vom 14.03.2024 (Bl. 697 d.A.) haben die Klägerinnen ergänzend lediglich vorgetragen, soweit die Beklagte auf Gespräche rekurriere, die vor der Abmahnung stattgefunden haben, sei darauf zu verweisen, dass das Ergebnis der erfolglosen Gespräche für die Klägerinnen zu 1 bis 4 und 6 darin bestanden habe, nunmehr zusammen mit der Klägerin zu 5 den Auftrag zur Abmahnung zu erteilen.
122
b) Zwar hat die Beklagte den vorgenannten klägerischen Vortrag ebenfalls nicht bestritten. Der Vortrag ist aber bereits nicht geeignet, das Entstehen der streitgegenständlichen Forderung im Innenverhältnis zu begründen. Denn bei der Beauftragung des Klägervertreters zur Ausarbeitung gemäß Anlage K 3 und dem Führen der Gespräche mit der Gegenseite im Oktober 2019 einerseits, sowie der (weiteren) Beauftragung zur Abmahnung vom 29.10.2019 andererseits, handelt es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG.
123
aa) Lediglich eine Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird. Ob eine Ergänzung des ursprünglichen Auftrags vorliegt oder ein neuer Auftrag erteilt wurde, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (vgl. BGH, GRUR 2019, 1044 Rn. 25 – Der Novembermann; BGH, GRUR-RR 2010, 494 Rn. 22 = GRUR 2011, 272 Ls. – Unrichtige Presseberichterstattung; BGH, NJW 2011, 3167 Rn. 14).
124
bb) Vorliegend ist aufgrund der gesamten Umstände des Falles nur von einer Ergänzung des ursprünglichen Auftrags auszugehen. Auch wenn nach dem unbestrittenen klägerischen Vortrag der Auftrag zur Abmahnung formal erst nach den vorangegangenen Gesprächen mit der Gegenseite erteilt wurde, diente die ursprünglich beauftragte detaillierte Ausarbeitung gemäß Anlage K 3 ersichtlich nicht nur der Vorbereitung von (Vergleichs-)Gesprächen mit der Gegenseite, sondern es war bereits zum Zeitpunkt des ursprünglichen Auftrags naheliegend und absehbar, dass die Erfolglosigkeit der Gespräche in weitere rechtliche Schritte (wie etwa eine Abmahnung), für welche die Ausarbeitung als Grundlage dienen würde, münden würde. Unter diesen Umständen kann nicht von einem neuen, eigenständigen Auftrag ausgegangen werden, zumal der formelle Ausspruch der Abmahnung gegenüber den bis zu diesem Zeitpunkt bereits angefallenen Tätigkeiten des Klägervertreters nur einen verhältnismäßig geringen weiteren Aufwand verursachte.
125
Als ein weiteres Indiz gegen die Erteilung eines neuen Auftrags wertet der Senat zudem, dass die Klägerinnen im Schriftsatz vom 14.03.2024 vorgetragen haben, die jeweiligen Teilforderungen in den Rechnungen gemäß Anlage K 179 seien „noch nicht fällig gestellt“ worden. Sofern die Klägerinnen und ihr Prozessbevollmächtigter von einem neuen Auftrag und damit vom Entstehen einer zusätzlichen Gebührenforderung aus einem Gegenstandswert von 500.000 Euro ausgehen sollten, ist nicht nachvollziehbar – und die Klägerseite trägt hierfür auch keine Gründe vor –, weshalb der Klägervertreter die Rechnungsbeträge über einen Zeitraum von mehreren Jahren faktisch nicht von den Klägerinnen zu 1 bis 4 und 6 eingefordert hat.
C.
126
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
127
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.
128
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter B. zeigen, lediglich die Anwendung der zwischenzeitlich gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Einzelfall.