Titel:
Festsetzung des Streitwerts, Streitwertfestsetzung, Streitwertangabe, Streitwertbemessung, Streitwertbeschwerde, Unterlassungsantrag, Kostenentscheidung, Kostentragungspflicht, unlauterer Wettbewerb, Schutzrechtsverletzung, Rechtsfähigkeit, Antragsgegner, Antragsschrift, Abänderung, Prozeßbevollmächtigter, Einstweiliger Rechtsschutz, Berufungssumme, Angaben des Antragstellers, Indizwirkung, Billiges Ermessen
Schlagwort:
Streitwertbemessung
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 24.01.2025 – 4 HK O 15420/24
Fundstellen:
MD 2025, 1015
GRUR-RS 2025, 26910
LSK 2025, 26910
Tenor
Auf die Streitwertbeschwerde der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung des Streitwerts in Ziffer 2. des Beschlusses des Landgerichts München I vom 24.01.2025 wird der Streitwert in Abänderung des genannten Beschlusses auf 30.000,00 EUR festgesetzt wird.
Gründe
01
Von einem Tatbestand wird in entsprechender Anwendung der Vorschriften § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
02
Die im eigenen Namen seitens der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung in erster Instanz durch das Landgericht hat Erfolg; der Streitwert ist entsprechend den Angaben des Antragstellers in der Antragsschrift auf 30.000,00 EUR festzusetzen.
03
Maßgeblich für die Bestimmung des Streitwerts in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die Vorschrift des § 51 Abs. 2 GKG. Danach ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen bzw. nach billigem Ermessen zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Antragstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Das wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt (vgl. BGH GRUR 2017, 212, Rn. 8 – Finanzsanierungen, mwN).
04
Nach allgemeiner Auffassung stellt die eigene Wertangabe eines Antragstellers zu Beginn des Verfahrens in der Regel ein gewichtiges Indiz für eine zutreffende Bewertung dar (ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München, vgl. Senat WRP 2008, 972 [976] Jackpot-Werbung; vgl. auch BGH GRUR 1986, 93 [94] – Berufungssumme; GRUR 1977, 748 [749] – Kaffeeverlosung II), weil in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden dürfen als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht bereits feststeht oder zumindest mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (vgl. BGH GRUR 2012, 1288, Rn. 4 – Vorausbezahlte Telefongespräche II, mwN). Lediglich wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass die Streitwertangabe das tatsächliche Interesse des Antragstellers offensichtlich nichtzutreffend widerspiegelt, kommt ihr keine Bedeutung zu (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 W 65/10, juris, dort Tz. 2).
05
Der Antragsteller ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Da dessen Zweck darin besteht, die Interessen seiner gewerblich oder selbstständig beruflich tätigen Mitglieder zu fördern, und die Zuwiderhandlung die Interessen seiner auf demselben Markt wie der Verletzer tätigen Mitglieder berühren muss, ist bei der Streitwertbemessung nicht das Allgemeininteresse maßgebend. Es sind aber auch nicht die Interessen der betroffenen Verbandsmitglieder zu addieren. Vielmehr ist das Interesse des Verbandes im Regelfall ebenso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (OLG Karlsruhe GRUR-RS 2024, 43048 Rn. 8; OLG Hamburg GRUR-RS 2020, 29442 Rn. 7 mit Verweis auf BGH GRUR 1998, 958 – Verbandsinteresse; OLG Celle WRP 2016, 738; OLG Köln Beschluss vom 6.8.2018 – 6 W 72/18, BeckRS 2018, 28795; OLG München WRP 2008, 972 (976); LG Bonn WRP 2005, 640 (642)).
06
Für Streitigkeiten, die im einstweiligen Rechtschutz geführt werden, ist zudem § 51 Abs. 4 GKG zu beachten.
07
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist eine Abänderung des vom Landgericht festgesetzten Streitwerts auf den vom Antragsteller genannten Betrag angezeigt. Der Antragsteller hat das Interesse seines auf UWG gestützten Unterlassungsantrags bereits in der Antragsschrift mit 30.000,00 EUR beziffert. Zwar hat die Antragsgegnerin dem entgegengehalten, sie sei ein sehr junges Start-up-Unternehmen und habe zu keinem Zeitpunkt mit den zwei angegriffenen Produkten einen Umsatz und demzufolge auch keinen Gewinn erzielt. Diese – auf die Vergangenheit bezogene Argumentation – mindert allein die vorgenannte Indizwirkung der Streitwertangabe des Antragstellers in der Antragsschrift jedoch bereits deswegen nicht, weil der Unterlassungsantrag auf die Zukunft gerichtet ist und damit zukünftige schutzrechtsverletzende Handlungen unterbunden werden sollen. Im Übrigen legt die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin nicht konkret dar, dass bei der Belastung mit den Prozesskosten ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährdet würde. Etwaige wirtschaftliche Schwierigkeiten reichen insofern nicht aus.
08
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin ihre Produkte im Internet und damit bundesweit angeboten hat, dass sich der Antragsteller gegen die Bewerbung zweier Produkte gewandt hat und zudem jeweils drei Werbeaussagen angegriffen hat. In Anbetracht dessen ist ein Streitwert von 30.000,00 EUR als angemessen zu erachten.
09
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).