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LG München I, Endurteil v. 30.06.2025 – 4 HK O 11665/24
Titel:

Verwendung eines Logos mit Assoziationen zu einer von der Bundesregierung verwendeten Marke

Normenketten:
UWG § 5, § 8 Abs. 3 Nr. 3
UKIaG § 4 a
Leitsatz:
Ein Unternehmen, dass auf seiner Internet-Plattform Unterstützung bei der Beantragung oder Höherstufung von Pflegeleistungen anbietet und dabei durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold in einem Längsbalken und der Aussage „Deutschland innovativ“, den Eindruck erweckt, dass es sich dabei um die Internetseite einer staatlichen Institution handelt, kann wegen Hervorrufen einer Irreführungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klagebefugnis, Irreführende Werbung, Wettbewerbsverstoß, Impressumsverstoß, Abmahnkosten, Unterlassungsanspruch, Erfolgsquote
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 23752

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen
a) ...
bb) auf der Internetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold in einem Längsbalken und der Aussage „Deutschland innovativ“, den Eindruck zu erwecken, dass es sich dabei um die Internetseite einer staatlichen Institution handelt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 abgebildet;
und/oder
b) auf der Intemetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ zu werben bzw. werben zu lassen mit „95 %-Erfolgsquote Die Erfolgsquote einer positiven Bewilligung liegt bei 95 %. Tendenz steigend. Die Weiterempfehlungsrate liegt aktuell bei 92 %“, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet:
und/oder
c) auf der Internetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ die Adresse für die elektronische Post nicht leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten bzw. halten zu lassen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 260,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2024 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.
5. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000,–, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger, Dachverband der Deutschen Verbraucherzentralen, wendet sich dagegen, dass die Beklagte auf ihrer Website den Eindruck erweckt, sie sei eine staatliche Institution. Darüber hinaus wendet er sich gegen seiner Auffassung nach irreführende Angaben auf der Website der Beklagten und dagegen, dass auf der Website keine Adresse für die eltronische Erreichbarkeit der Beklagten angeführt ist.
2
Der Kläger ist ein Verband, der vom Bundesamt für Justiz in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 a UKIaG eingetragen ist.
3
Die Beklagte betreibt die Website www.digitaler-pflegeantrag.de. Sie wirbt dort wie im Klageantrag wiedergegeben.
4
Der Kläger hält das für irreführend.
5
Er trägt vor, durch die Durchbrechung des Logos „digitaler Pflegeantrag“ mit den Farben der Bundesflagge schwarz-rot-gold wie in der Anlage K 7 abgebildet, werde der Eindruck erweckt, dass es sich bei der Beklagten, welche Kunden bei der Abwicklung von Pflegeanträgen unterstütze, um eine staatliche Institution handele.
6
Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Bundesregierung folgende Wortmarke, wie in Anlage K 5 wiedergegeben, verwendet:
7
Auch das Logo gemäß Anlage K 3, das bei der Google-Suche erscheine, erwecke diesen irreführenden Eindruck.
8
Darüber erwecke die Beklagte mit der Aussage über die 95 %-ige Erfolgsquote, die mit Klageantrag 1 cc) angegriffen werde, den Eindruck, die Nutzung des Portals der Beklagten führe zu einer höheren Wahrscheinlichkeit der positiven Bewilligung. Tatsächlich hänge der Erfolg des Antrags jedoch keineswegs von der Nutzung des Portals der Beklagten ab.
9
Der Kläger stellt folgende Anträge:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen
a)
aa) beim Ergebnis der Google-Suche durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold in der Kennzeichnung „DP“ den Eindruck zu erwecken, dass man auf eine Seite einer staatlichen Institution gelangen wird, wenn dies geschieht wie in Anlage K 3 abgebildet;
und/oder
bb) auf der Internetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold in einem Längsbalken und der Aussage „Deutschland innovativ“, den Eindruck zu erwecken, dass es sich dabei um die Internetseite einer staatlichen Institution handelt, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 abgebildet;
und/oder
b) auf der Internetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ zu werben bzw, werben zu lassen mit „95 %-Erfolgsquote Die Erfolgsquote einer positiven Bewilligung liegt bei 95 %. Tendenz steigend. Die Weiterempfehlungrate liegt aktuell bei 92%", wenn dies geschieht wie nachstehend abgebildet:
und/oder
c) auf der Internetseite https://digitaler-pflegeantrag.de/ die Adresse für die elektronische Post nicht leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten bzw. halten zu lassen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
10
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
11
Er bestreitet den vorgetragenen Sachverhalt nicht, hält jedoch die rechtlichen Schlussfolgerungen, die der Kläger aus dem Sachverhalt ableitet, für falsch.
12
Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher könne erkennen, dass es sich bei der Beklagten nicht um eine staatliche Stelle handle.
13
Was Ziffer 1. b) angehe, so sei die Kenntnis, dass die Pflegekassen nur bei dem objektiven Vorliegen der Voraussetzungen entsprechende Leistungen gewähren, bei dem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher vorauszusetzen.
14
Sofern der Kläger beanstande, dass die Beklagte auf ihrer Website keine E-Mail-Adresse vorhalte, handele es sich um keinen spürbaren Verstoß gegen §§ 3, 3 a UWG.
15
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2025 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16
Die Klage ist bis auf Klageantrag 1. a) aa) begründet, da dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungsansprüche und der Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Abmahnkosten zustehen.
17
Im Einzelnen gilt Folgendes:
18
1. Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKIaG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
19
2. Die Beklagte verstößt dadurch, dass sie das Logo gemäß Anlage K 7 und Anlage K 4 auf ihrem Internetauftritt verwendet, gegen § 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG, da sie den irreführenden Eindruck erweckt, es handele es sich bei ihr um eine staatliche Institution.
20
Die Beklagte bietet auf ihrer Plattform Unterstützung bei der Beantragung oder Höherstufung von Pflegeleistungen an. Wendet sich ein durchschnittlicher Verbraucher zu diesem Zweck an die Intemetseite der Beklagten und sieht das Logo, das in der Anlage K 4 wiedergegeben ist, so wird an das Logo erinnert, das die Bundesregierung selbst verwendet, das in der Anlage K 5 wiedergegeben und von der Bundesregierung als Bild-Wortmarke verwendet wird.
21
Er wird daher, insbesondere auch, wenn er dann noch die Worte „Deutschland innovativ“ liest meinen, die Beklagte sei eine staatliche Institution, die von der Bundesregierung ermächtigt worden ist, das Logo gemäß Anlage K 5 in abgewandelter Form zu benutzen.
22
Da dies nicht zutrifft, ist die Verwendung des vom Kläger angegriffenen Logos irreführend.
23
3. In der Verwendung des Logos, das in der Anlage K 3 wiedergegeben ist, sieht die Kammer dagegen keinen Verstoß gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts.
24
Allein durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold, die sich auch auf vielen anderen nicht staatlichen Websites befinden, wird nicht der Eindruck erweckt, die Beklagte sei eine staatliche Institution. Die angesprochenen Verbraucher haben sich vielmehr daran gewöhnt, dass private Firmen, die Dienstleistungen in Deutschland bewerben, diese Farben benutzen.
25
4. Dagegen ist die mit Klageantrag 1. b) angegriffene Werbeaussage irreführend. Wer im Internet unter der Überschrift „Warum Digitaler Pflegeantrag nutzen“ Hilfe bei der Beantragung von Pflegestufen anbietet und mit einer 95 %-igen Erfolgsquote wirbt, erweckt den irreführenden Eindruck, diese Erfolgsquote hänge davon ab, ob man seine Website verwendet oder nicht. Dies ist jedoch unstreitig unzutreffend mit der Folge, dass dem Kläger diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 5 UWG zusteht.
26
5. Was den von der Beklagten eingeräumten Impressumsverstoß angeht, handelt es sich hierbei auch nicht um einen Bagatellverstoß, sondern um einen Verstoß gegen eine Norm, die auf einer EU-Richtlinie beruht. Es ist auch nicht erkennbar, warum die Beklagte keine E-Mail-Adresse bereithält, über die die Verbraucher Kontakt mit der Beklagten aufnehmen können.
27
6. Da die Abmahnung des Klägers weitgehend berechtigt war, hat der Kläger aus § 13 Abs. 3 UWG auch einen Anspruch auf Ersatz der der Höhe nach nicht angegriffenen Abmahnkostenpauschale.
28
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.