Inhalt

OLG München, Endurteil v. 31.07.2025 – 6 U 2797/23 e
Titel:

Unterscheidung im Patentanspruch zwischen zwei "Zuständen"

Normenketten:
EPÜ Art. 69
PatG § 14
Leitsatz:
Unterscheidet der Patentanspruch zwischen zwei Zuständen a) und b) (hier: Entriegelungs- und Verriegelungszustand), knüpft er aber das Vorliegen des Zustands b) (hier: des Verriegelungszustands) an ein weiteres Merkmal (hier: nicht zerstörungsfrei lösbar), kann nicht jeder Zustand, der nicht als Zustand a) (hier: Entriegelungszustand) anzusehen ist, automatisch als Zustand b) (hier: Verriegelungszustand) angesehen werden, sondern liegt ein solcher nur bei Vorliegen des weiteren Merkmals (hier: nicht zerstörungsfrei lösbar) vor.
Schlagworte:
Patentverletzung, Nichtigkeitsklage, Sicherungseinrichtung, Verriegelungszustand, Kopplungsvorrichtung, Sicherungshebel, Berufungsverfahren
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 30.03.2023 – 7 O 25949/13
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 22224

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.03.2023 (Az. 7 O 25949/13) abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten über die Verletzung des europäischen Patents 1 832 315 B1 (Anlage K 2, kurz: Klagepatent), das eine Sicherungseinrichtung und eine Kletteranlage betrifft.
2
Die Klägerin und die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreiben Sicherungsschutzeinrichtungen, die in Seilgärten Verwendung finden, in Deutschland.
3
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des Klagepatents und nimmt die Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht wegen unmittelbarer Verletzung dieses Patents in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 14.02.2007 angemeldet und nimmt die Priorität der DE 102006010898 vom 09.03.2006 in Anspruch. Der Hinweis auf die Patentanmeldung wurde am 12.09.2007 und der Hinweis auf die Patenterteilung am 21.01.2009 bekannt gemacht.
4
Auf die erste Nichtigkeitsklage der Beklagten, mit der sie das Klagepatent nur teilweise angegriffen hat, ist Anspruch 1 des Klagepatents antragsgemäß teilweise für nichtig erklärt worden (Urteil des Bundespatentgerichts vom 22.09.2015, Az. 1 Ni 30/14, Anlage AR 12). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist verworfen worden (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2016 – X ZR 33/16). Auf die zweite Nichtigkeitsklage der Beklagten ist das Klagepatent für nichtig erklärt worden, soweit es über den hier als verletzt geltend gemachten Patentanspruch hinaus geht (Urteil des Bundespatentgerichts vom 16.07.2019, Az. 4 Ni 3/17, Anlage K 9, BeckRS 2019, 31507).
5
Die hiergegen gerichtete Berufung ist zurückgewiesen worden (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.12.2021, Az. X ZR 1/20, Anlage AR 24, GRUR-RS 2021, 45293; kurz: Nichtigkeitsberufungsurteil).
6
Der Anspruch 1 des Klagepatents in der hier als verletzt geltend gemachten Fassung lautet wie folgt: 
1. Seilgartensicherungseinrichtung zum Schutz von Personen vor Absturz,
- mit zwei Anschlagelementen (2, 3), die jeweils an einem ortsfesten Sicherungselement (4) lösbar anbringbar sind und die jeweils über ein Verbindungselement (5, 6) mit der zu sichernden Person verbindbar sind,
- wobei jedes Anschlagelement (2, 3) eine Riegeleinrichtung (13) aufweist, die zwischen einem Entriegelungszustand, in dem das jeweilige Anschlagelement (2, 3) am jeweiligen Sicherungselement (4) anbringbar oder davon lösbar ist, und einen Verriegelungszustand verstellbar ist, in dem das jeweilige am jeweiligen Sicherungselement (4) angebrachte Anschlagelement (2, 3) nicht vom jeweiligen Sicherungselement (4) zerstörungsfrei lösbar ist,
- wobei eine Kopplungseinrichtung (14) vorgesehen ist, die mit den Riegeleinrichtungen (13) der beiden Anschlagelemente (2, 3) gekoppelt ist, derart, dass sie im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung (13) des einen Anschlagelements (2, 3) die Riegeleinrichtung (13) des anderen Anschlagelements (2, 3) in deren Verriegelungszustand blockiert,
- wobei zumindest eine der Riegeleinrichtungen (13) einen Sicherungshebel (18) aufweist, der zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands der jeweiligen Riegeleinrichtung (13) manuell zwischen zwei Positionen verstellbar ist.
7
Die Klägerin greift Sicherungseinrichtungen (kurz: angegriffene Ausführungsform) an, die die Beklagten zu 1) in Deutschland unter der Bezeichnung CLiCiT, CLiCiT MOUNTAIN, CLiCiT PRO 21, CLiCiT PRO 60 oder CLiCiT ADVENTURE anbietet und vertreibt. Die angegriffene Ausführungsform besteht aus zwei Anschlagelementen, die jeweils über einen Riegel verfügen, die über einen Bowdenzug mit einem Bauteil im jeweils anderen Anschlagelement verbunden sind, das geeignet ist, den Riegel des Anschlagelements zu blockieren. Ein Anschlagelement der angegriffenen Ausführungsform mit unterschiedlichen Positionen des U-förmigen Riegels ist wie folgt ausgestaltet:
(Bild gemäß Klägerschriftsatz vom 14.06.2022, Seite 13, Bl. 286 d. Akte des Landgerichts)
(Bild gemäß Klägerschriftsatz vom 14.06.2022, Seite 11, Bl. 284 d. Akte des Landgerichts)
8
Das Anschlagelement der angegriffen Ausführungsform ist wie folgt aufgebaut:
9
Die Klägerin hat vorgetragen,
die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Denn die angegriffene Ausführungsform sei geeignet, in Seilgärten verwendet zu werden, und verfüge über einen Sicherungshebel zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands der Riegeleinrichtung. Auch sei die Riegeleinrichtung des zweiten Anschlagelements der angegriffenen Ausführungsform im Verriegelungszustand blockiert, wenn sich die Riegeleinrichtung des ersten Anschlagelements im Entriegelungszustand befinde.
10
Die Klägerin hat beantragt,
I. Die Beklagten werden unter Androhung der im Klageantrag aufgeführten Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, Seilgartensicherungseinrichtungen zum Schutz von Personen vor Absturz
- mit zwei Anschlagelementen, die jeweils an einem ortsfesten Sicherungselement lösbar anbringbar sind und die jeweils über ein Verbindungselement mit der zu sichernden Person verbindbar sind,
- wobei jedes Anschlagelement eine Riegeleinrichtung aufweist, die zwischen einem Entriegelungszustand, in dem das jeweilige Anschlagelement am jeweiligen Sicherungselement anbringbar oder davon lösbar ist, und einem Verriegelungszustand verstellbar ist, in dem das jeweilige am jeweiligen Sicherungselement angebrachte Anschlagelement nicht vom jeweiligen Sicherungselement zerstörungsfrei lösbar ist,
- und mit einer Kopplungseinrichtung, die mit den Riegeleinrichtungen der beiden Anschlagelemente gekoppelt ist, derart, dass sie im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung des einen Anschlagelements die Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements in deren Verriegelungszustand blockiert,
- wobei die Riegeleinrichtungen jeweils einen Sicherungshebel aufweisen, der zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands der jeweiligen Riegeleinrichtung manuell zwischen zwei Positionen verstellbar ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen, wie zum Beispiel die Sicherungseinrichtungen CLICiT gemäß Anlage K 5, CLICiT MOUNTAIN gemäß Anlage K 12, CLICiT PRO 21 gemäß Anlage K 17, CLICiT PRO 60 gemäß Anlage K 18 oder CLICiT ADVENTURE gemäß Anlage K 20.
Hilfsweise:
Die Beklagten werden unter Androhung der aufgeführten Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, Seilgartensicherungseinrichtungen zum Schutz von Personen vor Absturz
- mit zwei Anschlagelementen, die jeweils an einem ortsfesten Sicherungselement lösbar anbringbar sind und die jeweils über ein Verbindungselement mit der zu sichernden Person verbindbar sind,
- wobei jedes Anschlagelement eine Riegeleinrichtung aufweist, die zwischen einem Entriegelungszustand, in dem das jeweilige Anschlagelement am jeweiligen Sicherungselement anbringbar oder davon lösbar ist, und einem Verriegelungszustand verstellbar ist, in dem das jeweilige am jeweiligen Sicherungselement angebrachte Anschlagelement nicht vom jeweiligen Sicherungselement zerstörungsfrei lösbar ist,
- und mit einer Kopplungseinrichtung, die mit den Riegeleinrichtungen der beiden Anschlagelemente gekoppelt ist, derart, dass sie im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung des einen Anschlagelements die Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements in deren Verriegelungszustand blockiert,
- wobei die Riegeleinrichtungen jeweils einen Sicherungshebel aufweisen, der zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands der jeweiligen Riegeleinrichtung manuell zwischen zwei Positionen verstellbar ist, soweit die Riegeleinrichtungen einen als Riegel ausgebildeten Entriegelungshebel aufweisen, der zur Realisierung des Entriegelungszustands und des Verriegelungszustands der jeweiligen Riegeleinrichtung zwischen zwei Positionen verstellbar ist,
(Verletzung des Anspruchs 5, Spiegelstriche 1, 2, 3 des EP 1 832 315) insbesondere soweit der Sicherungshebel mit dem Entriegelungshebel derart gekoppelt ist, dass der Sicherungshebel in seiner ersten Position den Entriegelungshebel in dessen erster Position sperrt und in seiner zweiten Position ein Verstellen des Entriegelungshebels von dessen ersten Position in dessen zweite Position zulässt,
(Verletzung des Anspruchs 5, Spiegelstriche 1, 2, 3, 5 des EP 1 832 315)
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen, wie zum Beispiel die Sicherungseinrichtungen CLiCiT gemäß Anlage K 5, CLiCiT MOUNTAIN gemäß Anlage K 12, CLiCiT PRO 21 gemäß Anlage K 17, CLiCiT PRO 60 gemäß Anlage K 18 oder CLiCiT ADVENTURE gemäß Anlage K 20.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer I. seit 12.09.2007, insbesondere unter Angabe
a) der Anzahl der angebotenen und in Verkehr gebrachten Sicherungseinrichtungen;
b) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der Anzahl der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten Sicherungseinrichtungen;
c) der einzelnen Lieferungen, jeweils unter Angabe aller Identifikationsmerkmale, wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer, Herstellerangaben sowie des damit erzielten Gewinns, unter Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren;
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, – zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
wobei die Angaben zu dem erzielten Gewinn und die Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren nach vorstehender lit. c) für die Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer I nur für die Zeit ab 27.02.2009 zu erbringen sind.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin eine nach den Umständen angemessene Entschädigung für Handlungen gemäß vorstehender Ziffer I vom 13.10.2007 bis 21.02.2009 zu bezahlen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Faszinatour Touristik Training E. GmbH seit 22.02.2009 bis einschließlich 21.11.2013 durch Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer I entstanden ist und der Klägerin ab 22.11.2013 entstanden ist oder künftig entsteht.
11
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
Die Beklagten haben vorgetragen,
die angegriffene Ausführungsform verletze Anspruch 1 des Klagepatents nicht, da die Riegeleinrichtung des zweiten Anschlagelements der angegriffenen Ausführungsform nicht im Verriegelungszustand blockiert sei, wenn sich die Riegeleinrichtung des ersten Anschlagelements im Entriegelungszustand befinde.
13
Mit Urteil vom 30.03.2023 – auf dessen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird – hat das Landgericht München I die Klage im Hauptantrag zugesprochen und wie folgt entschieden:
1. Die Beklagten werden unter Androhung der aufgeführten Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, Seilgartensicherungseinrichtungen zum Schutz von Personen vor Absturz
- mit zwei Anschlagelementen, die jeweils an einem ortsfesten Sicherungselement lösbar anbringbar sind und die jeweils über ein Verbindungselement mit der zu sichernden Person verbindbar sind,
- wobei jedes Anschlagelement eine Riegeleinrichtung aufweist, die zwischen einem Entriegelungszustand, in dem das jeweilige Anschlagelement am jeweiligen Sicherungselement anbringbar oder davon lösbar ist, und einem Verriegelungszustand verstellbar ist, in dem das jeweilige am jeweiligen Sicherungselement angebrachte Anschlagelement nicht vom jeweiligen Sicherungselement zerstörungsfrei lösbar ist,
- und mit einer Kopplungseinrichtung, die mit den Riegeleinrichtungen der beiden Anschlagelemente gekoppelt ist, derart, dass sie im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung des einen Anschlagelements die Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements in deren Verriegelungszustand blockiert,
- wobei die Riegeleinrichtungen jeweils einen Sicherungshebel aufweisen, der zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustand der jeweiligen Riegeleinrichtung manuell zwischen zwei Positionen verstellbar ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen, wie zum Beispiel die Sicherungseinrichtungen CLiCiT gemäß Anlage K 5, CLiCiT MOUNTAIN gemäß Anlage K 12, CLiCiT PRO 21 gemäß Anlage K 17, CLiCiT PRO 60 gemäß Anlage K 18 oder CLiCiT ADVENTURE gemäß Anlage K 20. [die Anlage K 5, K 12, K 17, K 18 und K 20 werden am Ende des Urteils eingeblendet]
2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 seit 12.09.2007, insbesondere unter Angabe
a) der Anzahl der angebotenen und in Verkehr gebrachten Sicherungseinrichtungen;
b) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, jeweils unter Angabe der Anzahl der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten Sicherungseinrichtungen;
c) der einzelnen Lieferungen, jeweils unter Angabe aller Identifikationsmerkmale, wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufende Produktnummer, Herstellerangaben sowie des damit erzielten Gewinns, unter Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren;
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, – zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
wobei die Angaben zu dem erzielten Gewinn und die Aufschlüsselung der einzelnen Kostenfaktoren nach vorstehender lit. c) für die Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 nur für die Zeit ab 27.02.2009 zu erbringen sind.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin eine nach den Umständen angemessene Entschädigung für Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 vom 13.10.2007 bis 21.02.2009 zu bezahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Faszinatour Touristik Training E. GmbH seit 22.02.2009 bis einschließlich 21.11.2013 durch Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 entstanden ist und der Klägerin ab 22.11.2013 entstanden ist oder künftig entsteht.
14
Die Beklagten haben gegen dieses Endurteil Berufung eingelegt.
15
Zur Begründung ihrer Berufung wiederholen und vertiefen die Beklagten ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Sie machen geltend, die angegriffene Ausführungsform weise keine patentgemäße Kopplungsvorrichtung auf. Denn bei ihr führe ein Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung eines Anschlagelements nicht zur Blockade des Verriegelungszustands der Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements. Vielmehr könnten sich in der angegriffenen Ausführungsform beide Elemente zugleich mit geschlossenen Seilaufnahmetrommeln im Entriegelungszustand befinden.
16
Auch verfüge die angegriffene Ausführungsform nicht über einen patentgemäßen
17
Sicherungshebel. Die Handauslöser der angegriffenen Ausführungsform fungierten nicht als Sicherungshebel, sondern als Entriegler der Riegeleinrichtung. Anders als durch das Klagepatent gelehrt, sicherten die Handauslöser nicht den Verriegelungszustand.
18
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgericht München I vom 30.03.2023 zu Aktenzeichen 7 O 25949/13 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
19
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie verfolgt den erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag nicht weiter.
20
Die Klägerin verteidigt das Ersturteil.
21
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2025 sowie auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen.
22
II. Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß § 519 Abs. 1, Abs. 2, § 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg, die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht nicht sämtliche Merkmale des Klagepatents, was sämtliche Klageanträge voraussetzen.
A.
23
Die durch den deutschen Teil des Klagepatents unter Schutz gestellte technische Lehre ist gem. Art. 69 EPÜ, § 14 PatG aus den Merkmalen der hier maßgeblichen Ansprüche im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit unter Heranziehung der Beschreibung sowie der Zeichnungen zu ermitteln. Die hierbei vorzunehmende Auslegung des Patentanspruchs ist eine Rechtsfrage, die durch den Tatrichter unter Berücksichtigung des Verständnisses des Durchschnittsfachmanns auf dem betreffenden Gebiet zu erfolgen hat.
24
I. Maßgeblicher Durchschnittsfachmann ist im Streitfall ein Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulabschluss, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Absturzsicherungen durch Seile und Gurte verfügt.
25
II. Das Klagepatent betrifft eine Sicherungseinrichtung zum Schutz von Personen vor Absturz (Absatz [0001] des Klagepatents).
26
III. Nach dem Klagepatent waren Absturzsicherungen bekannt, die Anschlagelemente, wie etwa Karabinerhaken, umfassen, die über ein Verbindungselement, wie etwa ein Seil, mit einem Brust- oder Hüftgurt verbunden sind, den die zu sichernde Person trägt (Absatz [0005] des Klagepatents). Schwierigkeiten könnten sich ergeben, wenn das Anschlagelement von einem Sicherungselement auf ein anderes umgesetzt werden müsse, etwa weil sich die zu sichernde Person fortbewegen wolle. Während des Umsetzvorgangs sei die betreffende Person kurzzeitig nicht gesichert (Absatz [0006] des Klagepatents). Zur Verringerung des Risikos könne mit einer Sicherungseinrichtung gearbeitet werden, die zwei Anschlagelemente aufweise, die über separate Verbindungselemente mit der Person verbunden seien. Würden die Anschlagelemente nacheinander umgesetzt, sei eine permanente Absturzsicherung gewährleistet (Absatz [0006] des Klagepatents).
27
IV. Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass sich gerade im Freizeitbereich gezeigt habe, dass manche Personen damit überfordert seien, die beiden Anschlagelemente nacheinander umzusetzen, oder sie aus Übermut nicht ordnungsgemäß nutzten. Daher komme es trotz des Einsatzes solcher Sicherungen immer wieder zu schweren Unfällen (Absatz [0007] des Klagepatents).
28
V. Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, eine Sicherungseinrichtung zum Schutz von Personen vor Absturz weiter zu verbessern (Absatz [0008] des Klagepatents).
29
VI. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent die Vorrichtung gemäß seinem unabhängigen, hier als verletzt geltend gemachten Anspruch 1 vor. Dessen Merkmale lassen sich wie folgt gliedern (vgl. Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 15):
M 1 Seilgartensicherungseinrichtung zum Schutz von Personen vor Absturz,
M 2 mit zwei Anschlagelementen (2, 3), die jeweils
M 2.1 an einem ortsfesten Sicherungselement (4) lösbar anbringbar sind und M 2.2 über ein Verbindungselement (5, 6) mit der zu sichernden Person verbindbar sind.
M 3 Jedes Anschlagelement (2, 3) weist eine Riegeleinrichtung (13) auf, die verstellbar ist zwischen
M 3.1 einem Entriegelungszustand, in dem das jeweilige Anschlagelement (2, 3) am jeweiligen Sicherungselement (4) anbringbar oder davon lösbar ist, und M 3.2 einem Verriegelungszustand, in dem das jeweilige am jeweiligen Sicherungselement (4) angebrachte Anschlagelement (2, 3) nicht vom jeweiligen Sicherungselement (4) zerstörungsfrei lösbar ist.
M 4 Es ist eine Kopplungsvorrichtung (14) vorgesehen, die mit den Riegeleinrichtungen (13) der beiden Anschlagelemente (2, 3) gekoppelt ist, derart, dass sie im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung des einen Anschlagelements die Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements in deren Verriegelungszustand blockiert.
M 5 Zumindest eine der Riegeleinrichtungen (13) weist einen Sicherungshebel (18) auf, der zum Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands der jeweiligen Riegeleinrichtung (13) manuell zwischen zwei Positionen verstellbar ist.
B.
30
Folgende Merkmale bedürfen im Streitfall der näheren Erläuterung:
31
I. Gelehrt wird eine Seilgartensicherung (Merkmal M 1). Die Vorrichtung muss demnach für die Sicherung von Personen, die sich in einem Seilgarten bewegen, gegen Absturz geeignet sein. Was unter einem Seilgarten zu verstehen ist, definiert das Klagepatent in den Absätzen 3 und 4. Eine Sicherungseinrichtung umfasst nach Merkmalsgruppe M 2 zwei Anschlagelemente, wie etwa Karabinerhaken (Abs. 5) oder bevorzugt Laufwagen (Abs. 18, 19, Figuren 1a-1f, 3-5), die jeweils an einem Sicherungselement, wie etwa Seilen, Ketten, Schienen, Rohre oder Ösen (Abs. 5 und Abs. 17), lösbar angebracht und über ein Verbindungselement, wie etwa ein Seil, ein Kabel, eine Kette oder ein Band (Abs. 20), mit der zu sichernden Person verbunden werden können. Nach Merkmal M 3 weist das Anschlagelement eine Riegeleinrichtung auf, die zwischen einem Entriegelungszustand und einem Verriegelungszustand verstellbar ist (Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 17-21).
32
II. Einen patentgemäßen Entriegelungszustand (Merkmal 3.1) nimmt die Riegeleinrichtung ein, wenn das Anschlagelement an dem Sicherungselement angebracht oder von diesem gelöst werden kann (Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 22).
33
III. Gemäß Merkmal M 3.2 muss zudem die Riegeleinrichtung eines jeden Anschlagelements einen Verriegelungszustand einnehmen können. In diesem Zustand kann das Anschlagelement nach der Lehre des Klagepatents nicht zerstörungsfrei vom Sicherungselement gelöst werden (vgl. Abs. 22). Soll das Anschlagelement zerstörungsfrei vom Sicherungselement gelöst werden, muss die Riegeleinrichtung zuvor entriegelt werden (Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 23). Wie diese Entriegelung zu erfolgen hat, schreibt das Klagepatent zwar nicht vor; sie kann indes patentgemäß nicht allein im Lösen des Anschlagelements vom Sicherungselement liegen, da genau dies im Verriegelungszustand verhindert werden soll.
34
IV. Gemäß Merkmal 4 umfasst die Einrichtung eine Kopplungsvorrichtung, die mit den Riegeleinrichtungen beider Anschlagelemente in der Weise gekoppelt ist, dass im Entriegelungszustand der Riegeleinrichtung des einen Anschlagelements die Riegeleinrichtung des anderen Anschlagelements in deren Verriegelungszustand blockiert ist. Die Riegeleinrichtung ist im Verriegelungszustand blockiert, wenn sie nicht in den Entriegelungszustand überführt werden kann. Solange die Riegeleinrichtung im Verriegelungszustand blockiert ist, ist es damit nicht möglich, das betreffende Anschlagelement vom Sicherungselement zu lösen (Abs. 10, vgl. auch das Ausführungsbeispiel in Abs. 40, Figur 1c). Die Kopplungsvorrichtung gewährleistet, dass der Nutzer, der sich bestimmungsgemäß mit zwei Anschlagelementen gesichert hat, nicht beide Anschlagelemente zugleich vom Sicherungselement lösen kann, sondern immer durch die Verbindung mindestens eines Anschlagelements mit dem Sicherungselement gesichert bleibt. Wie diese Blockierung der Riegeleinrichtung im Verriegelungszustand bewirkt wird, legt der Patentanspruch nicht fest (Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 24-27).
35
V. Nach Merkmal 5 weist schließlich mindestens eine der Riegeleinrichtungen einen Sicherungshebel auf, der zwischen zwei Positionen verstellt werden kann. In der einen Position des Sicherungshebels ist das Riegelelement im Verriegelungszustand gesichert, in der anderen ist es entsichert. Ist der Verriegelungszustand gesichert, kann das Anschlagelement erst entriegelt werden, wenn zunächst der Sicherungshebel betätigt wird, um die Riegeleinrichtung zu entsichern. Erst im Anschluss daran kann die Riegeleinrichtung entriegelt werden. Ein solcher Sicherungshebel stellt eine gesonderte, zusätzliche Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes oder vorschnelles Entfernen des Anschlagelements vom Sicherungselement dar: Ist die Riegeleinrichtung im Verriegelungszustand gesichert und blockiert, setzt die Möglichkeit der Entriegelung sowohl die Aufhebung der Blockierung des Verriegelungszustands als auch die Entsicherung der Riegeleinrichtung voraus.
36
Der Sicherungshebel muss danach Einfluss auf den Zustand der Riegeleinrichtung haben, an der er sich befindet. Der Sicherungshebel ist manuell verstellbar. Es genügt, wenn der Hebel per Hand entweder in die Sicherungs- oder in die Entsicherungsposition versetzt werden kann, während die gegenläufige Bewegung automatisch, etwa aufgrund einer Federbelastung, erfolgt (Nichtigkeitsberufungsurteil, Rn. 28-31).
37
Der Fachmann versteht dieses Merkmal mithin dahingehend, dass sich durch das patentgemäße Sichern und Entsichern durch die Betätigung des Sicherungshebels am Verriegelungszustand der jeweiligen Riegeleinrichtung nichts ändern darf. Das patentgemäße Entsichern ermöglicht stattdessen erst eine sich daran anschließende Veränderung des Verriegelungszustands und erlaubt erst danach ein Entriegeln – sofern dieses nicht durch die zusätzliche Absicherung über die Koppelungsvorrichtung gemäß Merkmal 4 verhindert wird.
38
Folglich wird nach der Lehre des Klagepatents ein zerstörungsfreies Lösen des Anschlagelements vom jeweiligen Sicherungselement allein durch das Entsichern des Verriegelungselements nicht ermöglicht; hinzukommen muss eine Entriegelung (die zudem nur in einem Zustand möglich ist, in dem der Verriegelungszustand nicht durch die Kopplungsvorrichtung blockiert ist). Gestützt wird dieses Verständnis auch durch die Absätze (26) und (38), aufgrund derer verdeutlicht wird, dass ein patentgemäßer Sicherungshebel die Entsicherung vor einer sich daran anschließenden Entriegelung zu ermöglichen hat.
39
VI. Das Klagepatent lehrt mithin eine Sicherungseinrichtung, die einem ungewollten oder unbedachten Lösen der Anschlagelemente vom Sicherungselement (vgl. Abs. 7 der Beschreibung) insbesondere damit entgegenwirken soll, dass (1) ein Lösen des Anschlagelements vom Sicherungselement überhaupt erst nach einer Entriegelung und keinesfalls im Verriegelungszustand möglich sein soll und dass der Verriegelungszustand nur dann aufgehoben werden kann, wenn zuvor (2) eine Entsicherung zumindest einer der Riegeleinrichtungen erfolgt ist und (3) durch die Kopplungsvorrichtung keine Blockade des Verriegelungszustands herbeigeführt wurde.
C.
40
Angegriffenen Ausführungsform verwirklicht nicht alle Merkmale Bei Zugrundelegung dieser Auslegung macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch. Jedenfalls weist die angegriffene Ausführungsform keinen patentgemäßen Sicherungshebel gemäß Merkmal 5 auf.
41
Die von der Klägerin als Sicherungshebel identifizierten Handauslöser C5/ C5‘ der angegriffenen Ausführungsform
(Fotos aus Berufungsbegründung, Seite 8, Bl. 15 d. Akte des OLG)
dienen nicht dem Sichern und Entsichern des Verriegelungszustands im Sinne Klagepatents. Denn nach dem Betätigen des Handauslösers ist die Riegeleinrichtung nicht in einem entsicherten Verriegelungszustand. Vielmehr ist dann die Riegeleinrichtung nicht nur entsichert, sondern der Verriegelungszustand im patentgemäßen Sinn ist aufgehoben, weil das Anschlagelement zerstörungsfrei vom Sicherungselement lösbar ist, indem es ohne weiteres vom Sicherungselement abgezogen werden kann. Die Handauslöser der angegriffenen Ausführungsform entriegeln die Riegelvorrichtung also unmittelbar und vollständig. Deshalb benötigt die angegriffene Ausführungsform nur zwei Schritte, um ein Anschlagelement von dem Sicherungselement zu lösen, nämlich das Betätigen des Handauslösers
und das Anheben des Karabiners
(Berufungsbegründung, Seite 15, Bl. 22 d. Akte des OLG)
42
Demgegenüber stellt der patentgemäße Sicherungshebel eine gesonderte, zusätzliche Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes oder vorschnelles Entfernen des Anschlagelements vom Sicherungselement dar. Ist der Verriegelungszustand patentgemäß gesichert, kann das Anschlagelement erst entriegelt werden, wenn zunächst der Sicherungshebel betätigt wird, um die Riegeleinrichtung zu entsichern. Erst im Anschluss daran kann die Riegeleinrichtung entriegelt werden. Somit sind nach der Lehre des Klagepatents zum Lösen des Anschlagelements vom Sicherungselement drei Schritte erforderlich: das Entsichern des Verriegelungszustands durch Betätigen des Sicherungshebels, das Entriegelung der Riegelvorrichtung und das Abnehmen des Anschlagelements.
43
Mit ihren hiergegen zuletzt angeführten Argumenten dringt die Klägerin nicht durch. Sie meint, das Anschlagelement sei dann im Sinne des patentgemäßen Verriegelungszustands nicht zerstörungsfrei vom Sicherungselement lösbar, wenn es nicht entriegelt werde, das Anschlagelement also nicht in den Entriegelungszustand verstellt werde. Um vom Verriegelungsin den Entriegelungszustand zu gelangen, verlange Anspruch 1 aber ein Verstellen der Riegeleinrichtung.
44
Damit trifft die Klägerin nicht den Kern der Argumentation. Denn bei dieser steht nicht im Mittelpunkt, wie der Wechsel vom Verriegelungsin den Entriegelungszustand erfolgt. Zentral ist vielmehr, dass die Riegeleinrichtung der angegriffenen Ausführungsform nach dem Betätigen des Handauslösers ohne weiteres vom Sicherungselement abgezogen werden kann, der Nutzer also nicht nach der Lehre des Klagepatents gegen Absturz gesichert ist. Denn in der von der Klägerin so bezeichneten Schließstellung, in der der Riegel nach oben verschwenkt ist
(Bild aus Schriftsatz der Klägerin vom 24.06.2025, Seite 7, Bl. 168 d. Akte des OLG)
kann er ohne weiteres in die Offenstellung verstellt und von dem durch den roten Kreis symbolisierten Sicherungselement gelöst werden, wenn der Handauslöser gedrückt ist. Das entspricht aber nicht der patentgemäßen Lehre und führt daher aus der Verwirklichung von Merkmal 5 des Patentanspruchs. Dass bei diesem Lösen vom Sicherungselement der Riegel von der Schließin die Offenstellung verstellt wird, spricht nicht dafür, dass es sich bei der Schließstellung mit betätigtem Handauslöser um einen patengemäßen Verriegelungszustand handelt.
45
Dass der soeben bildlich dargestellte Entsicherungszustand der angegriffenen Ausführungsform nicht als Entriegelungszustand im Sinne des Klagepatents angesehen werden kann (weil in diesem Zustand entgegen Merkmal M 3.1 das Anschlagelement nicht am Sicherungselement anbringbar ist), ändert daran nichts, denn nach dem Klagepatent ist nicht jeder Zustand der Riegeleinrichtung, die nicht als Entriegelungszustand angesehen werden kann, automatisch als Verriegelungszustand zu verstehen, sondern liegt ein solcher nur vor, wenn ein zerstörungsfreies Lösen des Anschlagelements vom Sicherungselement nicht lösbar ist – was wie ausgeführt bei der angegriffenen Ausführungsform nach Betätigung des (vermeintlichen) Sicherungshebels nicht der Fall ist.
46
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nummer 10 Satz 1, § 711 Satz 1, Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.
47
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 auf Satz 2 Satz 1 Nummer 1 ZPO) hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.