Titel:
Im Merkblatt zum Datenschutz vorgesehene Möglichkeit der Datenübermittlung belegt keine tatsächlich erfolgte Datenübermittlung
Normenkette:
DSGVO Art. 82 Abs. 1
Leitsatz:
Die bloße Möglichkeit einer Übermittlung von Positivdaten an eine Wirtschaftsauskunftei, wie sie in Datenschutzhinweisen eines Vertragspartners formuliert ist, genügt nicht zum Nachweis der nicht weiter dargelegten Behauptung, dass die Daten auch tatsächlich übermittelt wurden, wenn der Vertragspartner die Übermittlung bestreitet. (Rn. 10 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Datenweitergabe, SCHUFA, Telekommunikationsunternehmen, Datenschutzkonferenz, Beweislast, Klageabweisung, Vorläufige Vollstreckbarkeit
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 1764
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerseite macht Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen eines angeblichen Datenschutzrechtsverstoßes in Folge einer unrechtmäßigen Übermittlung von persönlichen Daten an Auskunfteien, insbesondere an die S. H. AG sowie an die C. GmbH geltend.
2
Die Klägerseite schloss als Verbraucher am 23.01.2023 mit der Beklagten einen Telekommunikationsvertrag. Der Klägerseite wurde die Kundennummer ... zugewiesen.
3
Die Klägerseite behauptet, die Beklagte habe ohne die Einwilligung der Klägerseite sogenannte Positivdaten an die Auskunfteien S. H. AG und C. GmbH übermittelt, was einen datenschutzrechtlichen Verstoß i.S.d. Art. 82 DSGVO bedeute, der zu einem Schadensersatz der Klägerseite führe, da insbesondere auch keine Rechtfertigung nach § 6 DSGVO vorliege.
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 5.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2023 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Positivdaten der Klägerseite im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung, das heißt, personenbezogene Daten der Klägerseite, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beantragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrages darstellen, ohne dessen Einwilligung an Auskunfteien, insbesondere der S. H. AG und der C. GmbH, wie geschehen mit dem Vertragsabschluss vom 23.01.2023, zu übermitteln und/oder auf sonstige Weise Auskunfteien, insbesondere der S. H. AG und der C. GmbH zugänglich zu machen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerseite alle künftigen Schäden zu ersetzen, die der Klägerseite durch die unbefugte Übermittlung ihrer Positivdaten, wie geschehen mit dem Vertragsschluss vom 23.01.2023, entstanden sind und / oder noch entstehen werden.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an der Klägerseite vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.134,55 EUR nebst Zinsen hieraus seit dem 08.12.2023 zu bezahlen.
5
Die Beklagte beantragt,
6
Die Beklagte führt aus, sie habe nicht, wie von der Klagepartei behauptet, nach Abschluss des Mobilfunkvertrages mit der Klagepartei sogenannte Positivdaten an Wirtschaftsauskunfteien wie beispielsweise die S. H. AG („S.“) übermittelt. Sogenannte Einmeldungen von Positivdaten habe sie gerade nicht vorgenommen.
7
Der Vortrag der Klagepartei erfolge hier schlicht ins Blaue hinein. Eine S.-Auskunft, aus der die angebliche Einmeldung hervorgehen würde, lege die Klagepartei bezeichnenderweise nicht vor.
Entscheidungsgründe
8
Die zulässige Klage ist unbegründet.
9
Die Klage ist unbegründet, da das Gericht es zumindest als nicht erwiesen erachtet, dass die Beklagtenseite tatsächlich Daten an Auskunfteien weitergegeben hat. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass in diesem Fall tatsächlich keine Datenweitergabe erfolgt ist.
10
1) Letztlich behauptet der Kläger, dass entsprechende sogenannte Positivdaten insbesondere an die S. weitergegeben wurden, da in den Datenschutzhinweisen der Beklagten dies so vorgesehen sei. Der Kläger geht daher davon aus, dass die Beklagte auch im hiesigen Vertragsverhältnis entsprechend Daten weitergegeben habe.
11
2) Die Beklagte führt hierzu aus, dies sei nicht korrekt. Denn letztlich werde in den Datenschutzhinweisen nur die Möglichkeit offen gehalten, Daten entsprechend weiterzugeben, dies heiße aber nicht, dass dies auch immer und jedenfalls geschehen würde. In hiesigem Vertragsverhältnis mit dem Kläger seien aber gerade keine Daten weitergegeben worden.
12
3) Das Gericht erachtet es nicht als erwiesen an, dass Daten hier weitergegeben wurden und dass der Kläger somit einen Schadensersatzanspruch nach § 82 DSGVO gegen die Beklagte hat.
13
Denn einerseits fällt auf, dass der Kläger tatsächlich, wie auch die Beklagtenseite moniert, keine S.-Auskunft, aus der sich eine etwaige Einmeldung ergeben könnte, vorlegt.
14
Das Argument, die S. habe ja nach eigener Auskunft ab Oktober 2023 begonnen, Daten, die sie durch Telekommunikationsunternehmen erhalten habe, zu löschen, weshalb hier eine Auskunft keinen Sinn (mehr) mache, überzeugt letztlich nicht. Denn einerseits hätte der Kläger eine solche Auskunft ja bereits vorgerichtlich einholen können; zu einem Zeitpunkt als die Löschung noch gar nicht begonnen hatte. Außerdem ist nicht gesagt, dass bei der Erholung der Auskunft nicht trotzdem noch entsprechende Informationen gespeichert sind, dass nämlich Telekommunikationsunternehmen wie die Beklagte in der Vergangenheit Daten an die S. weitergegeben haben, auch wenn diese nun (nach außen hin) gelöscht werden.
15
4) Letztlich hält das Gericht aber auch die Auskunft der Beklagtenseite für naheliegend und glaubhaft, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses keine Daten an die S. oder andere Auskunfteien weitergegeben wurden, da auf der Internetseite der S., welche die Klägerseite selber zitiert und von der sie auch einen „Screenshot“ gemacht hat (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 20.11.2024), nämlich auf der Internetseite https://www..../daten-loeschung-telekommunikationskonten/ ganz unten unter Nr. 7 steht: „Anlässlich des im Herbst 2021 gefassten Beschlusses der Datenschutzkonferenz wurden keine neuen Vertragsdaten zu Kundenkonten von Telekommunikationsunternehmen mehr an die S... übermittelt und durch diese verarbeitet“ (Abruf vom 11.02.2025).
16
Daraus folgt, dass hier aller Wahrscheinlichkeit nach trotz der entsprechenden Datenschutzhinweise der Beklagten tatsächlich keine Daten weitergeben wurden, da aufgrund des Beschlusses der Datenschutzkonferenz dies ab Ende 2021 laut S... nicht mehr erfolgte, also auch nicht zu dem Zeitpunkt, als der hiesige Vertrag zwischen den Parteien am 23.01.2023 geschlossen wurde.
17
Die Angaben der Beklagten bzgl. der Nichtweitergabe von Daten deckt sich also mit der oben aufgeführten Information durch die S..., so dass das Gericht es für glaubhaft hält, dass die Beklagte zumindest ab dem Jahr 2023, dem hiesigen Vertragsbeginn, keine Daten mehr ohne Weiteres weitergegeben hat.
18
5) Im Übrigen ist der Beklagten auch Recht zu geben, dass allein der bloße Hinweis im Merkblatt zum Datenschutz darauf, dass eine Datenübermittlung möglich ist, nicht gleichzeitig bedeutet, dass dies auch tatsächlich stets erfolgt ist, zumal sich die Ausführungen im Merkblatt größtenteils darin erschöpfen, den entsprechenden Wortlaut der DSGVO zu zitieren.
19
6) Eine Aussetzung nach § 148 ZPO analog war im übrigen nicht angezeigt, da die aufgeworfenen Rechtsfragen, die eine Aussetzung nach § 148 ZPO vielleicht als sinnvoll erscheinen ließen hier gar nicht entscheidungsrelevant sind, da das Gericht – wie ausgeführt – bereits nicht davon überzeugt ist, dass eine Datenweitergabe an Auskunfteien erfolgt ist.
20
Im Ergebnis hält das Gericht die konkrete Auskunft der Beklagten, Daten aus dem hiesigen Vertragsverhältnis der Parteien nicht weitergeben zu haben, für glaubhaft bzw. ein Nachweis für die Datenweitergabe ist zumindest nicht durch die insoweit beweisbelastete Klägerseite erfolgt, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.
21
Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten folgt aus § 91 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.