Inhalt

LG Traunstein, Endurteil v. 28.02.2025 – 9 O 116/24
Titel:

Widersprüchliche Anträge führen zur Unzulässigkeit der Klagebegehren

Normenketten:
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256
DSGVO Art. 17, Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Feststellungsklage ist auch dann unzulässig, wenn sie ein für andere Klageanträge vorgreifliches Rechtsverhältnis betrifft, solange kein konkreter Sachverhalt vorgetragen ist, aus dem sich ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ergibt. Dies gilt insbesondere für Nebenfeststellungsklagen zur Datenverarbeitung auf Drittangeboten ohne Benennung konkreter Dienste oder Einwilligungssituationen. (Rn. 30 – 33 und 42 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antrag auf Feststellung, dass eine Datenverarbeitung durch ein vom Beklagten an Dritte zur Verfügung gestelltes Tool unrechtmäßig sei, ist unzulässig, wenn nicht dargelegt wird, auf welchen Drittseiten konkret ein Datentransfer erfolgt ist und ob eine wirksame Einwilligung vorlag. Eine abstrakte Feststellung über hypothetische Verarbeitungsvorgänge genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. (Rn. 45 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Unterlassungsantrag wegen angeblich unzulässiger Datenverarbeitung auf Drittangeboten ist unzulässig, wenn gleichzeitig ein Antrag gestellt wird, der die fortdauernde Speicherung der erhobenen Daten verlangt. Widersprüchliche Anträge führen zur Unzulässigkeit beider Klagebegehren. (Rn. 58 – 59 und 87 – 88) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Grundsatz der sekundären Darlegungslast entbindet die primär darlegungsbelastete Klagepartei nicht von der Pflicht, konkreten Tatsachenvortrag zum Klagebegehren zu leisten, wenn dieser ihr zumutbar ist. Ein pauschaler Klagevortrag zu etwaigen Datenschutzverstößen ist nicht geeignet, eine sekundäre Darlegungslast zu begründen. (Rn. 68 – 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Internationale Zuständigkeit, Feststellungsinteresse, Unzulässigkeit der Klage, Substanziierungspflicht, Sekundäre Darlegungslast, Datenverarbeitung, Persönlichkeitsrecht
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 16572

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss

Tatbestand

1
Die Klagepartei nutzt seit dem ... ausschließlich zu privaten Zwecken das Netzwerk ... unter dem Benutzernamen ... . Die Beklagte ist Betreiberin jenes Netzwerks.
2
Das Geschäftsmodell der Beklagten besteht in der Verarbeitung und Vermarktung der durch die Nutzerprofile erlangten personenbezogenen Daten, etwa durch den Verkauf von auf das Nutzungsverhalten abgestimmter Werbung. Die Klagepartei bekommt bei Nutzung des Netzwerks Werbung angezeigt, die auf ihren Interessen basiert, welche die Algorithmen der Meta Ltd. aus den Aktivitäten der Klagepartei in ... sowie den sozialen Kontakten, die sie in ... pflegt, extrahieren können. Die Klageseite hat die Möglichkeit, den Account gegen Bezahlung in Geld zu nutzen, zu keinem Zeitpunkt gewählt.
3
Unter dem Unterpunkt „Einstellungen für Werbung“ vermag der Inhaber eines ...-Profils unter dem Unterpunkt „Informationen von Werbepartnern zu deinen Aktivitäten“ zu erklären, ob er der Beklagten gestatten möge Informationen von Dritt-Webseiten / -Apps (im Folgenden Drittangeboten) verwenden möge, um Werbung „relevanter“ zu machen, d. h. zu personalisieren. Die Standardeinstelllung sieht vor, dass jenes Einverständnis nicht erteilt wird.
4
Unter den weiteren Einstellungen „Meta Cookies auf anderen Apps und Webseiten“ vermag der Inhaber eines ... -Profils die Information
 „Andere Unternehmen nutzen unsere Cookies und ähnliche Technologien wie den „Gefällt mir“-Button oder das Meta Pixel in ihren Apps bzw. auf ihren Websites. Diese Cookies helfen uns dabei, Werbeanzeigen für dich zu personalisieren. Hierbei handelt es sich um optio nale Cookies. “
 einsehen. Sie können der Nutzung jener Cookies und ähnlicher Technologien im Wege des Opt-In zustimmen.
5
Die Beklagte stellt Dritten, die Webseiten und/oder Apps für Mobiltelefone betreiben/bereitsstellen eine Reihe von Softwarewerkzeugen und dem Oberbegriff „Meta Business Tools“ bereit. Diese dienen dazu, Daten zu dem Nutzungsverhalten der jeweiligen Nutzer der Webseite / App zu erfassen. Das Maß der erfassten Daten ist je nach einzelnem Werkzeug der Meta Business Tools ggf. unterschiedlich. Auch hängt das Maß der erhobenen Daten von der konkreten Art der Einbindung jener Werkzeuge in die Webseite / App ab. Grundsätzlich ist es jedoch möglich das Wechseln von einer Unterseite zur nächsten, die Eingabe etwaiger Daten durch den Benutzer (z. B. Personalien und Adresse bei einer Bestellung), Abschlüssen von Warenbestellungen, Klicks einzelner Buttons, in einen Warenkorb gelegte Produkte und ähnliches zu erfassen. Über diese Erfassung lässt in der Gesamtschau der Daten, insbesondere auch über Browser-Fingerprinting und IP-Adresse webseitenübergreifend auf ein Persönlichkeitsprofil erstellen, auch wenn die Person kein Profil bei der Beklagten haben sollte oder obige Zustimmungen nicht erzielt haben sollte.
6
Die erfassten Daten werden dann zur Beklagten ausgeleitet. Dort werden sie unter Umständen Werbezwecken als auch u. U. zu anderen Zwecken, wie beispielsweise Sicherheitsinteressen verarbeitet. Die Ausleitung jener Daten erfolgt unabhängig davon, ob der jeweilige Nutzer ein Profil bei irgendeinem Produkt der Beklagten hat. Zu den Business Tools zählen jedenfalls Meta Pixel, Conversions API, App-Events über ... und ... API. Die Werkzeuge Conversions API und App Events API laufen jeweils auf den Servern der Drittangebote und nicht über den Internetbrowser des Clients. Ob sie aktiv sind, kann von der Person, die am Client-Rechner im Internet Drittwebseiten ansurft oder Drittapps über ein Mobilgerät benutzt weder erkannt werden noch auf technischer Ebene, beispielsweise durch Werbeblocker bzw. Srcriptblocker, unterbunden werden.
7
Mit Schreiben vom ... (Anlage K3) forderte die Klagepartei außergerichtlich von der Beklagten,
1. Anzuerkennen, dass der zwischen Ihnen geschlossene Nutzungsvertrag betreffend ... nach rechtskonformer Auslegung eine Datenverarbeitung personenbezogener Daten die den Aktivitäten außerhalb des sozialen Netzwerks ... oder weitere Produkte der Meta Limited die über den Aufruf 3. Webseiten oder Apps entstünden ohne wirksame Einwilligung nicht zulasse und somit die Verarbeitung über Drittquellen durch die Meta Business Tools insbesondere Metapixel und App Events für ... -SDK, Conversions API und App Events API nicht zulässig war,
2.
sich zu verpflichten, bereits erhobene Daten nicht zu löschen und bis auf weiteres unverändert bei sich zu belassen und nicht an Dritte weiterzugeben und nicht weiter zu verwenden.
3.
sich zu verpflichten, jene vorerwähnten Daten auf Aufforderung teilweise zu löschen bzw. teilweise zu anonymisieren,
4.
anzuerkennen, dass die Beklagte auf Anfrage vollständige Auskunft über die personenbezogenen Daten der Klagepartei erteilen werde insbesondere auch zu Daten auftritt Websites und Drittanwendungen, soweit die Klagepartei nicht gleichzeitig in einem Netzwerk der Beklagten eingeloggt war
5.
Es zu unterlassen, ohne Einwilligung der Klagepartei weiter Daten auf Drittwebsites/Drittanwendungen zu erheben soweit keine sonstigen Rechtfertigungsgründe nach Art. 6 DSGVO vorläge
6.
Immaterielles Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € zu zahlen.
8
Insoweit wurde jeweils Frist bis zum ... gesetzt. Mit Schriftsatz vom ... (Anlage B11) erläuterte die Beklagte die Rolle von Meta ihre Sicht ihrer Rolle betreffend der streitgegenständlichen Datenverarbeitung und wies auf Self-Service-Tools, mit denen die Klageseite die ersuchten Daten finden könne.
9
Die Klageseite behauptet, die Klageseite habe noch keine einzige wirksame Einwilligung zur Erhebung von Daten auf Dritt-Webseiten / -Apps abgegeben (Klageschrift Sl. 24 = Bl. 24). Konkrete abgegebene Einwilligungserklärungen trägt die Klageseite hier nicht vor. Die Klageseite behauptet, sämtliche so zur Beklagten übertragenen Daten würden von der Beklagten auch nach Erstverarbeitung nicht gelöscht, sondern weiterverarbeitet (Bl. 282). Die Klageseite behauptet, dass jene Verarbeitung unabhängig davon erfolge, welche Einstellungen im Rahmen eines ...- Profils in den Punkten „Optionale Cookies erlauben“ und „Informationen zu Aktivitäten von Werbepartnern“ getroffen habe (191).
10
Die Klageseite behauptet, die Auskunft über das „Off-... -Activity“-Tool beauskunfte nur Daten, die bei Dritten erhoben würden, während der Anwender gleichzeitig bei einem Meta-Netzwerk eingeloggt gewesen sei (Klage S. 27/28 = Bl. 27/28). Auch würden Bewegungen auf Unterwebseiten, Klicks auf Buttons sowie durchgeführte Suchen / Käufe nicht angezeigt. Auch werde nicht mitgeteilt, an wen jene Informationen weitergegeben wurden (Bl. 27/28). Die Klageseite behauptet, die Einstellungen „Informationen von Werbepartnern zu deinen Aktivitäten“ sei nicht immer unter dem Punkt „Einstellungen für Werbung“ verfügbar.
11
Die Klageseite behauptet, die Beklagtenseite habe das Schreiben, vom ... (Anlage K3) vorprozessual erhalten.
12
Die Klageseite meint, ein Anspruch auf Unterlassung zukünftiger Datenerhebung ergebe sich aus Art. 17 DSGVO. Dies sei vom Bundesgerichtshof BGH ZR 489/19 entschieden (Bl. 334).
13
Die Klageseite meint, die Beklagte sei bereits bei Erhebung von Daten auf Webseiten / Apps Dritter Verantwortliche im Sinne der DSGVO, Art. 4 Nr. 7, Art. 26 III DSVO. Die Klagepartei meint, der Anspruch auf nicht weitere Verarbeitung der Daten beruhe auf Art. 18 I lit. b, II DSGVO.
14
Die Klageseite meint der Anspruch auf Schadensersatz ergebe sich bereits aus nationalem deutschen Verfassungsrecht, § 823 BGB i. V. m. Art. 1, 2 GG. Deswegen sei es auch gar nicht mehr nötig, überhaupt irgendeinen Schaden darzulegen. Die Klageseite meint, betreffend des Antrages auf Löschung bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Beklagte biete gerade nur eine Trennung jener Daten vom Benutzerprofil an. In jenem Fall erfolge allenfalls eine Pseudonymisierung.
15
Daher behielten jene Daten die Eigenschaft personenbezogener Daten der Klagepartei (Replik ... S. 89 = Bl. 189). Die Klageseite meint, etwaige Vereinbarungen zwischen der Beklagten und Dritten, die die Meta Business Tools einsetzen könnten allenfalls die Verantwortlichkeit in Innenverhältnis jener Beteiligten regeln. Im Außenverhältnis bleibe die Beklagte Verantwortliche im Sinn der DSGVO.
16
Die Klageseite beantragt zuletzt,
1. Es wird festgestellt, dass der Nutzungsvertrag der Parteien zur Nutzung des Netzwerks ”...” unter dem Benutzernamen  ... die Verarbeitung von folgenden personenbezogenen Daten in folgendem Umfang seit dem ... nicht gestattet:
a) auf Dritt-Webseiten und -Apps entstehende personenbezogene Daten der Klagepartei, ob direkt oder in gehashter Form übertragen, d. h.
- E-Mail der Klagepartei
-Telefonnummer der Klagepartei
- Vorname der Klagepartei
- Nachname der Klagepartei
- Geburtsdatum der Klagepartei 
- Geschlecht der Klagepartei
- Ort der Klagepartei
- Externe IDs anderer Werbetreibender (von der Meta Ltd. „external_ID” genannt)
- IP-Adresse des Clients
- User-Agent des Clients (d. h. gesammelte Browserinformationen)
- interne Klick-ID der Meta Ltd.
- interne Browser-ID der Meta Ltd.
- Abonnement-ID
- Lead-ID
 anon_id
sowie folgende personenbezogene Daten der Klagepartei
b) auf Webseiten
- die URLs der Webseiten samt ihrer Unterseiten
- der Zeitpunkt des Besuchs
- der „Referrer“ (die Webseite, über die der Benutzer zur aktuellen Webseite gekommen ist),
- die von der Klagepartei auf der Webseite angeklickten Buttons sowie
- weitere von der Meta „Events“ genannte Daten, die die Interaktionen der Klagepartei auf der jeweiligen Webseite dokumentieren
c) in mobilen Dritt-Apps
- der Name der App sowie
- der Zeitpunkt des Besuchs
- die von der Klagepartei in der App angeklickten Buttons sowie
- die von der Meta „Events“ genannte Daten, die die Interaktionen der Klagepartei in der jeweiligen App dokumentieren.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
auf Drittseiten und -Apps außerhalb der Netzwerke der Beklagten personenbezogene Daten gem. des Antrags zu 1. zu verarbeiten.
3. Die Beklagte wird verurteilt,
die weitere Verarbeitung i. S. d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO sämtlicher unter dem Antrag zu 1 a., b. und c. aufgeführten, seit dem ... bereits von der Beklagten verarbeiteten und gespeicherten personenbezogenen Daten
bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
insbesondere diese nicht an Dritte weiterzugeben, bis die Klagepartei die Beklagte zur Löschung auffordert, spätestens jedoch sechs Monate nach rechtskräftigem Abschuss des Verfahrens.
4. Die Beklagte wird verpflichtet, sämtliche gem. dem Antrag zu 1 a. seit dem ... bereits gespeicherten personenbezogenen Daten der Klagepartei auf ihre Aufforderung hin, spätestens jedoch sechs Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, vollständig zu löschen und der Klagepartei die Löschung zu bestätigen sowie sämtliche gem. dem Antrag zu 1 b. sowie c. seit dem 10.10.2019 bereits gespeicherten personenbezogenen Daten vollständig zu anonymisieren.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei immateriellen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 5.000,00 Euro beträgt, nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2024, zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.295,43 Euro freizustellen.
17
Die Beklagtenseite behauptet, wenn ein Nutzer der Plattform ... unter „Einstellungen für Werbung“unter dem Unterpunkt „Informationen von Werbepartnern zu deinen Aktivitäten“ nicht aktiv in Form des Opt-In gestatte Informationen von Dritt-Webseiten / -Apps (im Folgenden Drittangeboten) zu verwenden, würden jene Informationen, die über die Meta Business Tools von Drittwebseiten und -Apps nicht zur Personalisierung von Werbung verwendet. Sie würden allenfalls eingeschränkt zu Sicherheits- und Integritätszwecken verwendet, jedoch vom ... getrennt. Mangels aktiver Einwilligung der Klagepartei (Duplik ... Rn. 70ff. = Bl. 439) habe sie keine Datenverarbeitung zu Werbezwecken vorgenommen.
18
Unter den weiteren Einstellungen „Meta Cookies auf anderen Apps und Webseiten“ vermag der Inhaber eines ...-Profils die Information
„Andere Unternehmen nutzen unsere Cookies und ähnliche Technologien wie den „Gefällt mir“-Button oder das Meta Pixel in ihren Apps bzw. auf ihren Websites. Diese Cookies helfen uns dabei, Werbeanzeigen für dich zu personalisieren. Hierbei handelt es sich um optionale Cookies.“
einsehen.
19
Sie können der Nutzung jener Cookies und ähnlicher Technologien im Wege des Opt-In zustimmen. Die Beklagte behauptet, die Klagepartei habe jene Zustimmung erteilt (Duplik Rn. 78/80 = Bl. 446ff.).
20
Die Beklagte meint, Klageantrag 1 sei unzulässig. Denn es fehle an einem ausreichenden Feststellungsinteresse. Insoweit gelte der Vorrang der Leistungsklage. Dies zeige insbesondere Klageantrag 2. Dort wäre das Gericht die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung durch die Beklagte prüfen. Insoweit fehle es an einem Feststellungsinteresse. Weiterhin sei Klageantrag 1 unbestimmt.
21
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst deren jeweilige Anlagen Bezug genommen, soweit es sich nicht um eine der zahlreich eingereichten Gerichtsentscheidungen handelt.
22
Die Kammer hat am ... mündlich zur Sache verhandelt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
23
Das Landgericht Traunstein ist für die streitgegenständlichen Klageanträge international (Art. 6 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVVO) sachlich (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG) und örtlich (Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO) zuständig.
24
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 6 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 EuGVVO. Ein ausschließlicher Gerichtsstand gemäß Art. 24 EuGVVO ist nicht ersichtlich. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO kann die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher – hier der Kläger – seinen Wohnsitz – hier: in der Bundesrepublik Deutschland – hat.
25
2. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich ferner aus Art. 79 Abs. 2 DS-GVO, deren zeitlicher, sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich eröffnet ist.
26
3. Das Landgericht Traunstein ist örtlich zuständig. Das folgt ebenfalls zum einen aus Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO, zum anderen aus Art. 79 Abs. 2 Satz 2 DS-GVO.
27
4. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 Abs. 1 GVG, da der Zuständigkeitsstreitwert über 5.000,00 € liegt. (s. u.).
II. 
28
Klageantrag 1 ist unzulässig und hilfsweise unbegründet.
29
1. Er ist unzulässig.
30
a) Der Klageseite fehlt das Feststellungsinteresse, § 256 I ZPO.
31
Denn sie hat kein Rechtsschutzinteresse. Sie begehrt vereinfacht negative Feststellung, dass der Vertrag zwischen den Parteien die Beklagte nicht berechtige, Daten auf Dritt-Webseiten und -Apps zu erheben und zu verarbeiten.
32
Klageantrag 1 ist als selbstständige negative Feststellungsklage neben weiteren Klageantragen und damit als Nebenfeststellungsklage ausgestaltet. Ein solcher Antrag ist als selbstständiger Feststellungsantrag im Rahmen objektiver Klagenhäufung zu behandeln, § 260 ZPO. Ein derartiger Klageantrag muss auch dann, wenn er ein für übrige Klageanträge vorgreifliches Rechtsverhältnis betrifft, stets die Voraussetzungen des § 256 ZPO erfüllen, Stein/Roth, ZPO, 23. Auflage, § 256 ZPO Rn. 8.
33
Die beantragte Feststellung ist auf den Vertrag zwischen den Parteien beschränkt. Klageantrag 1 ist mangels klägerischen Rechtsschutzinteresses unzulässig. Denn eine verlässliche Feststellung betreffend der Frage der Rechtmäßigkeit der von der Klagepartei beanstandeten Datenverarbeitung ist nur unter Einbeziehung der konkreten Drittangebote und etwaiger dort abgegebener Einverständniserklärungen möglich.
34
aa) Denn für die Erhebung von Daten über die Meta Business Tools sind sowohl der Betreiber des entsprechenden Drittangebotes (sei es Internetseite sei es eine App für mobile Geräte) als auch die Beklagte gemeinsame Verantwortliche, Art. 4 Nr. 7, Art. 26 DSGVO, vgl. EuGH Urteil vom 29.07.2019 – C-40/17 beispielhaft Rn 78 (wenn auch noch zur RL 95/46).
35
(1) Für die Vorschriften der DSGVO gilt nach Einschätzung des Gerichts diesbezüglich im Ergebnis das gleiche. Die DSGVO hat die RL 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31) aufgehoben und ersetzt. Die maßgeblichen Bestimmungen dieser Verordnung stimmen inhaltlich im Wesentlichen mit denen jener Richtlinie überein. Die zur Richtlinie ergangene Rechtsprechung des EuGH ist grundsätzlich auch für die Verordnung einschlägig (Urteil vom 17. Juni 2021, M.I.C.M., C-597/19, ECLI:EU:C:2021:492, Rn. 107; EuGH, Urteil 07.03.2024 – C-604/22 Rn. 33).
36
(2) Denn wie auch beim ... Like-Button stellt die Beklagte die entsprechenden Business Tools zum Zweck der Ausleitung der Daten zur Verfügung und bietet auch in detaillierter Form Ratschläge und Unterstützung an, wie jene Werkzeuge implementiert werden können, um im besonders optimaler Weise Daten erfassen und ausleiten zu können.
37
bb) Die Mitverantwortung des Drittanbieters geht möglicherweise weiter, als dies in der FashionID Entscheidung angedeutet ist. Denn die Datenerfassung und -ausleitung dient für den Drittanbieter zur Schaltung späterer Werbung und Messung des Erfolges jener Werbung. Dieses Ziel und die damit verbundene weitere Datenverarbeitung endet gerade nicht mit der Ausleitung der Daten vom Drittanbieter zur Beklagten. Dies ist vorliegend freilich im hiesigen Verfahren mangels Beteiligung eines Drittanbieters nicht von entscheidender Relevanz.
38
cc) Über etwaige zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen der Beklagten und entsprechenden Betreibern von Drittangeboten (Art. 26 DSGVO) vermag die Beklagte gegenüber Internetnutzern die Verantwortung nach der DSGVO nicht ausschließlich auf die Betreiber der Drittangebote zu verlagern. Das etwaige rechtliche Innenverhältnis zwischen Drittanbieter und der Beklagten ist für die Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach DSGVO nicht relevant.
39
Der Kläger kann seine aus der DSGVO hergeleiteten Rechte gegenüber jedem der gemeinsam Verantwortlichen geltend machen, Art. 26 DSGVO. Also auch gegenüber der Beklagten.
40
dd) Demzufolge muss die Beklagte für jegliche Erfassung und Ausleitung der Daten von einem Drittangebot an ihre Server und auch für die 1. Erfassung und Speicherung und eventuelle weitere Verarbeitung betreffend des jeweiligen Verarbeitungszwecks einen Rechtfertigungsgrund im Sinne des Art. 6 DSGVO bzw. Art. 9 Abs. 2 DSGVO vorweisen können.
41
Ob für eine Ersterfassung und Ausleitung Rechtsgrundlagen jenseits einer Einwilligung denkbar sind, erscheint fraglich, ist vorliegend jedoch nicht entscheidend relevant.
42
ee) Der hier gegenständliche Klageantrag 1 blendet jedoch derartige Aspekte vollständig aus. Bei Ausblendung eines konkreten bestehenden Einverständnisdialoges oder auch dessen Abwesenheit auf dem jeweiligen Drittangebot, verbleibt im Fall der Feststellung über den Klageantrag 1 völlig unsicher, ob nicht eine anderweitige Einverständniserklärung bzw. ein anderweitiger Erlaubnistatbestand bereits vorlag.
43
An einer derartigen abstrakten, für sich genommen rechtlich nicht aussagekräftigen, Feststellung vermag der rechtsuchende Bürger kein berechtigtes Feststellungsinteresse zu haben.
44
Das Gericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es es für erforderlich hält, dass die Klageseite zu konkretem Datenverkehr konkreten Vortrag leistet. Die Klageseite hat sich bewusst dagegen entschieden. Klageantrag 1 ist auch aus diesem Grund unzulässig.
45
b) Klageantrag 1 ist weiterhin deswegen unzulässig, weil er zu unbestimmt ist, § 253 Nr. 2 ZPO.
46
Denn ohne die Benennung konkreter besuchter Drittangebote (Webseiten oder Apps) zu konkreten Zeitpunkten, lässt sich eine verlässliche rechtliche Bewertung etwaiger Datenverarbeitung nicht treffen. Für abstrakte Rechtsgutachten ist auch im Rahmen von Feststellungsanträgen kein Raum.
47
c) Klageantrag 1 ist auch unzulässig, weil gegen das Gebot des Vorrangs der Leistungsklage verstoßen wird. Eine Feststellungsklage kann nur dann zulässig erhoben werden, wenn es keinen einfacheren und billigeren Weg gibt, das Klageziel zu erreichen, (BGH, Urteil v. 01.07.1974 – ZR 68/73. Rn. 8; BGH, Urteil V. 22.06.1977 – ZR 5/76, Rn. 12). Vorliegend vermag die Klagepartei vorrangig Leistungslage in Form von Unterlassung (siehe Klageantrag 2) und beispielsweise Löschungsansprüche (siehe Teile des Klageantrags 3) oder Schadensersatz (siehe Klageantrag 5) zu stellen, vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017 – ZR 467/15.
48
2. Klageantrag 1 ist wäre darüber hinaus auch jedenfalls betreffend des Zeitraums beginnend vom ... bis zum Zugang der Klageschrift bei der Beklagten unbegründet, soweit man davon ausginge, dass die Einstellungen im Profil der Klagepartei so waren, wie von der Beklagten vorgetragen.
49
Denn die Klagepartei hatte sich seit der Anlage ihres Profils bis zum Zugang der Klageschrift unter „Meta Cookies auf anderen Apps und Webseiten “ mit der Verwendung jener Erhebungsmethoden einverstanden erklärt.
50
Jene Erklärung genügen den Anforderungen des Art. 7 DSGVO i. V. m. Erwägungsgrund 32 der DSGVO.
51
a) Die Anforderungen des Art. 7 DSGVO sind eingehalten. Die Beklagte macht die Erbringung der vertraglichen Leistungen und die Fortsetzung des Vertrages nicht von der Abgabe jener Einverständniserklärungen abhängig.
52
b) Der Profilinhaber (hier die Klagepartei) vermag auch jederzeit ihre Einwilligung zu widerrufen. Dies kann sich in gleicher Weise zu tun wie die Abgabe der Einwilligung selbst. Auf die Erläuterungen der Beklagtenseite im Rahmen der Duplik vom ..., beginnend Rn. 68 bis Rn. 79 wird Bezug genommen. Aus Rn. 73, dort Abbildungen 4 und 5 ist ersichtlich, dass Einverständniserklärung und deren Widerruf einfach durch einen einfachen Mausklick auf die jeweils anderweitige, gleichzeitig sicht- und lesbare Alternative erfolgten kann. Viel einfacher vermag man dies kaum noch zu gestalten. Die Anforderungen des Art. 7 DSGVO sind demzufolge erfüllt∙
53
c) Weiterhin sind auch die Anforderungen des Art. 7 DSGVO erfüllt. Die Formulierungen erfolgen in einfacher Sprache. Es wird nur ein Verarbeitungszweck mit jenem Einverständnisdialog abgearbeitet. Es werden mitunter auch kleine Beispiele zur Erklärung dargeboten (Duplik Rn. 74 Abbildung 6).
54
Die von der Beklagtenseite darstellten Inhalte im Zusammenhang mit jener Einverständniserklärung (siehe Duplik ... vom Rn. 68/75) erscheint verständlich. Auch der Umfang und der Zweck der Datenverarbeitung ist nachvollziehbar dargelegt.
55
Im Zeitraum vom ... bis zum Zugang der Klageschrift bei der Beklagten war Klageantrag 1 hilfsweise auch gesichert unbegründet, selbst wenn man etwaige abgegebene Einverständniserklärungen auf den Drittangeboten außer Acht ließe.
III.
56
Klageantrag 2 ist unzulässig. Es fehlt am Rechtsschutzinteresse. Hilfsweise wäre er auch unbegründet.
57
Soweit die Klageseite Löschung begehrt kommt es betreffend eines etwaigen Löschungsanspruch auf den Zeitpunkt der Prüfung des Löschungsanspruchs an, nicht auf den Zeitpunkt der Erhebung etwaiger Daten (LG München Urteil vom 29.05.2024 – 14 O 1419/23. Worms, in: BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink/v. Ungern-Sternberg, 47. Edition, Stand: 01.08.2023, Art. 17 DS-GVO Rn. 43; so OLG Schleswig, Urteil vom 03.06.2022 – 17 U 5/22 unter Verweis auf Auernhammer, DSGVO/BDSG, Art. 17 DSGVO, Rn. 32). Auf die Frage, ob zwischenzeiltich ein Einverständnis seitens der Klagepartei erklärt wurde, kommt es hier nicht entscheidend an.
58
1. Klageantrag 2 ist unzulässg.
59
a) Er widerspricht dem Inhalt des Klageantrags 3. Denn Antrag 2. begehrt Unterlassung von Datenverarbeitung auf Drittangeboten. Dies beinhaltet auch die bereits angefallenen Daten von solchen Drittangeboten. Gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO stellt bereits das bloße Speichern Verarbeitung dar. Klageantrag 2 würde die Beklagte verpflichten, die Daten zu löschen. Im Widerspruch hierzu begehrt Klageantrag 3 wiederum die weitere Aufbewahrung der Daten bis auf Zuruf der Beklagtenseite, spätestens bis zu 6 Monaten nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung des hiesigen Verfahrens. Bereits aus diesen Gründen ist Klageantrag 2 unzulässig.
60
b) Die Klagepartei hat unter den weiteren Einstellungen „Meta Cookies auf anderen Apps und Webseiten“ vermag der Inhaber eines ... die Information
„Andere Unternehmen nutzen unsere Cookies und ähnliche Technologien wie den „Gefällt mir“-Button oder das Meta Pixel in ihren Apps bzw. auf ihren Websites. Diese Cookies helfen uns dabei, Werbeanzeigen für dich zu personalisieren. Hierbei handelt es sich um optionale Cookies.“
sich mit der Verwendung der derartiger Technologien aktiv einverstanden erklärt. Diese Einstellung ist als Opt-In ausgestaltet. Die Klageseite hat auch nach rechtlicher Beratung durch die Klagekanzlei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung jene Einstellungen aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht verändert.
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Die konnte ihr Rechtsschutzziel wesentlich einfacher durch früheren Widerruf der Einverständniserklärungen erreichen.
62
Dass sie dies zu leisten imstande war, hat Klageerhebung bewiesen.
63
c) Das Rechtsschutzbedürfnis besteht auch nicht deshalb, weil die Beklagte die Daten auf Drittangeboten bereits ohne abgegebene Einverständniserklärung verarbeiten würde.
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Denn jener Vortrag der Klageseite, dass die fragliche Datenerhebung auch ohne Einverständnis erfolge, hat sich bei stichprobenweiser Überprüfung als jedenfalls objektiv unwahr erwiesen:
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Denn soweit die Klageseite vorträgt, der entsprechenden Cookie _fbp würden beim Ansurfen der Webpage bereits vor Abarbeitung des Einverständnisdialoges aktiv werden hat sich dies bei einer stichprobenweisen Überprüfung in einem Parallelverfahren am gleichen Sitzungstag mit gleichen Sitzungsvertretern beider Parteien im Termin unmittelbar vorher als jedenfalls aktuell objektiv unwahr erwiesen.
66
Es wurde die entsprechende URL ... im Browser im Sitzungssaal am PC eingegeben. Das sind sprechende Ergebnis wurde am Sitzungssaalmonitor projiziert. Es wurde unter Verwendung der Taste F 12 im Internetbrowser ... eine Konsole aufgerufen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Sitzung vom ... und der dort als Anlage beigefügten Screenshots Bezug genommen. Diese belegte aus Betrachtersicht den rechten Teil des Bildschirms. Dort wurde der Reiter „Anwendung“ aufgerufen. Sodann wurde in der linken Spalte im Baumdiagramm der Bereich Cookies aufgerufen. Dort war erkennbar der entsprechende Cookie_fbp nicht sichtbar. Erst nach Erklärung des Einverständnisses im Rahmen des Einverständnisdialoges konnte man anschließend den betreffenden Cookie auch in der Konsole erkennen. Der klägerische Vortrag diesbezüglich ist bestenfalls irreführend.
67
Die Klageseite hat den Beweis dafür, dass dies zutrifft nicht geführt.
68
Eines konkreten Vortrages zu wirklich konkretem Internetverkehr der Klagepartei hat sich die Klagepartei vorsätzlich trotz gerichtlichen Hinweises enthalten. Eine allgemeine Ausforschung dazu, ob Webseiten teilweise sich anderweitig verhalten/verhalten haben ist im Zivilprozess nicht zu führen.
69
Im Rahmen obiger Stichprobe wurde betreffend ... festgestellt, dass eine Liste der jeweiligen Unternehmen aufgeführt war, die im Falle des Einverständnisses Daten erheben. Auf einer jener Webseite, war auch die in der Konsole eines Browsers nicht sichtbare Conversions API der Beklagten ausdrücklich aufgeführt (siehe Protokoll – Screenshot 1 – „... Conversion Tracking“). Die Behauptung der Klageseite, der Einsatz der Conversions API sei nicht transparent, wurde für den konkreten Versuch betreffend der konkreten Webseite widerlegt. Zwar ist der Klageseite zuzugestehen, dass sie für den Fall, dass eine Webseite die Conversions API der Beklagten einsetzt, ohne dies transparent zu erklären nicht nachweisen kann. Insoweit bestünde Beweisnot auf Klageseite. Durch Gewährung eines Anspruchs auf Auskunft im Wege der sekundären Darlegungslast, würde diese Beweisnot im Falle eines – rechtswidrigen – unkooperativen Verhaltens der Beklagten nicht geändert. Dann im Falle einer Negativauskunft wäre das Gegenteil kaum beweisbar.
70
Die Klageseite wendet ein, sie habe nicht Protokoll geführt, wo sie sich wann digital aufgehalten habe. Sie könne auch nicht wissen, wo die Business Tools der Beklagten aktiv waren. Jenes Vorbringen vermag nicht durchzudringen.
„Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH 8.3.2021 – ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Tz 28 mwN).“, Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 35. Auflage, § 284 ZPO Rn. 34a.
71
Dies zugrunde gelegt, obliegt es der Beklagten nicht, etwaigen Internetverkehr der Klageseite im Wege der sekundären Darlegungslast vorzutragen.
72
aa) Denn zum einen belegt die Klageseite selbst durch Vorlage, Anlage K12, dass sie dazu in der Lage ist, Webseiten zu identifizieren, auf denen Module der fraglichen Business Tools, wie der Meta Pixel aktiv sind.
73
bb) Zum Anderen wäre es der Klageseite vor konkreter Klageerhebung problemlos möglich gewesen, binnen weniger Minuten eine der fraglichen Webseiten anzusurfen und anschließend dazu vorzutragen. Dann hätte man auch einen konkreten Datenverkehr, über die man Auskunft begehren könnte und betreffend dessen dann auch tatsächlich eine Beweisaufnahme möglich wäre.
74
cc) Da es ohne Schwierigkeiten möglich ist, entsprechend konkreten Datenverkehr vor Klageerhebung zu generieren und sodann schriftsätzlich vorzutragen, wofür sicherlich weit weniger Seiten erforderlich wären, als die konkret im Rechtsstreit eingereichten Schriftsätze, ist auch kein Raum dafür, der Beklagtenseite im Wege der sekundären Darlegungslast aufzugeben, den Klagevortrag schlüssig zu machen.
75
Klageantrag 2 ist daher unzulässig.
76
2. Klageantrag 2 ist hilfsweise auch unbegründet. Die Klagepartei hat mangels substanziiertem Klagevorbringen weder aus Art. 17, 18 DSGVO noch aus §§ 823, 1004 BGB den begehrten Unterlassungsanspruch.
77
a) Selbst wenn es einen Unterlassungsanspruch aus Art. 17, 18 DSGVO gäbe, wäre der Klagetrag 2 dennoch mangels Substanziierung unbegründet. Mangels Klagevortrag zu konkretem Datenverkehr kann im hiesigen Verfahren nicht festgestellt werden, ob beim jeweiligen Drittangebot ein wirksames Einverständnis über Cookie-Banner oder ähnlichem eingeholt wird. Im Falle eines wirksamen Einverständnisses läge jedoch voraussichtlich nicht einmal ein Löschungsanspruch gem. Art. 17 DSVO vor, Art. 17 lit. d) und lit. b) DSGVO.
78
Eine pauschale gerichtliche Anordnung ohne Berücksichtigung jener Möglichkeit der Einverständniserklärung nähme rechtsfehlerhaft in Kauf, dass die Unterlassung betreffend einer Datenverarbeitung angeordnet würde, für die eine Rechtfertigung gem. Art. 6 lit. a) DSGVO vorliegt. Eine vollstreckungsfähige Differenzierung ist aufgrund des ungenügenden Klagevortrages nicht möglich.
79
Klageantrag 2 ist daher betreffend Art. 17, 18 DSGVO jedenfalls unbegründet.
80
b) Die gleichen Erwägungen greifen auch betreffend der §§ 823, 1004 BGB.
81
Diesbezüglich liegt ebenfalls keine Substanziierung vor.
IV.
82
Klageantrag 3 ist unzulässig.
83
1. Denn er ist nicht vollstreckungsfähig. Denn mangels Vortrages konkreten Datenverkehrs ist nicht substanziiert dargelegt, welche Daten der Antrag betreffen soll. Die Frage der Bestimmung der Daten würde unzulässiger Weise ins Vollstreckungsverfahren verlagert BGH, Urteil vom 10.1.2019, Az, 1 ZR 267/15, GRUR 2019, 813 Rn. 23:
„Nach § 253 11 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeut lich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Bekl, sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Voll streckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Bekl. verboten ist. […1 Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen.“
BGH Urt. 11.10.1990, ZR 35/89:
„Für den Beklagten würde es eine nicht erträgliche Unsicherheit bedeuten, wenn er zur Unterlassung von Handlungen verurteilt würde, die nicht konkret umschrieben sind, um deren sie kennzeichnende Begriffe die Parteien streiten oder die – wie es im Streitfall in Betracht zu ziehen ist – einer be stimmt bezeichneten Rechtsverletzung nur ähneln, und wenn demgemäß erst das Vollstreckungsgericht entscheiden müsste, wie weit das Unterlassungsge – bot reicht.
BGH, Urteil vom 2.12.2015, Az, ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn, 8:
„Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe kommt nur in Betracht, wenn einerseits für den Kl. eine weitere Konkretisierung nicht möglich oder zumut bar ist, andererseits für die Parteien kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. “
84
Dies zugrunde gelegt, sind die betroffenen Daten bereits im Klageantrag 3 nicht näher bezeichnet. Die dem fraglichen Antrag unterliegenden Daten sind, soweit die Klagepartei diese nicht selbst zu sichern vermag, unbekannt. Konkreter Internetverkehr wurde von Klageseite bewusst nicht vorgetragen.
85
Die dem Antrag unterliegenden Daten könnten sich im weiteren zeitlichen Verlauf ändern. Denn eine unterschiedslose Verwendung jeglicher personenbezogener Daten, die von einer Plattform für ein soziales Netzwerk zu Werbezwecken gespeichert werden, unabhängig vom Sensibilitätsgrad jener Daten würde einen nicht verhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Nutzer gemäß der DSGVO darstellen, EuGH Urteil vom 04.10.2024 C-446/21 Rn. 64.
86
Vorliegend würde das Erkenntnisverfahren zum Anspruchsumfang de facto weitgehend in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Die Beklagte könnte sich gegen jenen Klageantrag 3 nicht effektiv verteidigen. Denn faktisch könnte jede Person, die ein Profil bei der Beklagten anlegt, mit jenem Antrag gegen die Beklagte klagen. Der Rest wäre in einem jeweiligen Vollstreckungsverfahren mit umfangreicher Beweisaufnahme zu klären. Dies geht in so erheblichem Maße über das hinaus, was ein Vollstreckungsfahren leisten kann, dass der Antrag bereits unzulässig ist.
87
2. Klageantrag 3 ist zudem unzulässig, da er im Widerspruch zu Klageantrag 2 steht. Denn in letzterem Antrag begehrt die Klagepartei, dass die Beklagte Daten auf Drittseiten und -Apps außerhalb der Netzwerke der Beklagten gem. Klageantrag 1 nicht verarbeite dürfe. Dies beinhaltet auch die bereits erhobenen Daten.
88
Gem. Art. 4 Nr. 2 DSGVO definiert sich Verarbeitung als
„jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung; “
89
Die bloße Speicherung stellt bereits Verarbeitung dar. Gäbe das Gericht Klageantrag 2 statt, müsste die Beklagte die vorhandenen Daten Löschen, um sie nicht weiter zu speichern. Hiermit würde die Beklagte jedoch gegen Klageantrag 3 verstoßen, falls auch auf diesen gerichtlich erkannt würde.
V.
90
Klageantrag 4 ist unzulässig.
91
Klageantrag 4 ist unbestimmt und daher unzulässig.
92
1. Der Klagevortrag ist unsustanziiert. Es wurde kein einziges Bit an von der Klageseite generierten Datenverkehrs vorgetragen. Dies wäre der Klageseite problemlos möglich gewesen.
93
2. Klageantrag 4 ist demzufolge nicht vollstreckungsfähig. Die Frage der Bestimmung der Daten würde unzulässigerweise ins Vollstreckungsverfahren verlagert. Die betreffenden Ausführungen zu Klageantrag 3 gelten hier sinnngemäß.
94
Klageantrag 4 ist daher unzulässig
VI.
95
Klageantrag 5 ist jedenfalls unbegründet. Der Klagepartei steht aus keinem Rechtsgrund ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz / Geldentschädigung zu.
96
1. Ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO ist nicht hinreichend substanziiert dargelegt. Ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO besteht dann, wenn durch einen Verstoß gegen die DSGVO bei der Klagepartei ein Schaden kausal hervorgerufen wurde, EuGH, C-300/21. Die Ersatzfähigkeit des Schadens hängt nicht davon ab, dass eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden dürfte.Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klagepartei das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO nicht substanziiert dargelegt.
97
Die Klagepartei hat trotz gerichtlicher Hinweise keinerlei konkreter klägerischer Datenverkehr auf Drittangeboten (Drittwebseiten bzw. -apps) vorgetragen. Daher lässt sich auch nicht überprüfen, ob etwaiger Datenverkehr überhaupt der Überwachung durch die Meta Business Tools unterlag. Demzufolge lässt sich auch nicht prüfen, ob es hierfür – ausgehend vom Drittangebot eine Rechtsgrundlage, insbesondere eine wirksame Einverständniserklärung im Sinne der Art. 6 lit. a) DSGVO vorlag oder ob Daten gem. Art. 9 DSGVO betroffen waren und dort die Anforderungen des Art. 9 DSGVO erfüllt wurden. Die Klage ist diesbezüglich gänzlich unsubstanziiert geblieben. Infolgedessen lässt sich auf dieser Grundlage nicht klären, ob ein Verstoß gegen die DSGVO konkret vorlag, ob ein Schaden entstanden ist und ob jener Schaden durch den Verstoß kausal verursacht wurde.
98
Ein Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO kann aufgrund des gegenständlichen Klagevortrags nicht erkannt werden.
99
2. Es besteht auch kein Anspruch gem. § 823 BGB i. V. m. Art. 1, 2 GG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Denn eine Verletzung jenes allgemeinen Persönlichkeitsrechts legt der Klagevortrag nicht substanziiert dar.
100
a) Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stellt ein besonderes Rechtsinstitut dar, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Er ist vom Schmerzensgeld im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter zu unterscheiden, BGH, Urteil vom 12. März 2024 – ZR 1370/20 – juris.
101
b) Die Klageseite führt dazu aus, jener Anspruch auf Geldentschädigung sei nicht mit einem Anspruch auf Schmerzensgeld gleichzusetzen. Er sei nicht nur dann auszusprechen, wenn dem Geschädigten spürbares Leid widerfahren sei.
102
Faktisch meint die Klageseite, der Anspruch sei immer dann zu erkennen, wenn es die Klageseite auch nur verlangt.
103
Das verfängt von Rechts wegen nicht. Die Klageseite vermag jenen Anspruch auch nicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.03.2024 – ZR 1370/20 zu begründen. Jener Entscheidung lag – grundlegend anders als im hiesigen Klagevortrag – ein substanziierter, konkreter Sachverhalt zugrunde. Die dortige Beklagte hatte im Treppenhaus zu zwei von der dortigen Klagepartei genutzten Wohnungen verdeckte Überwachungskameras montieren lassen. Gegenstand war ein konkreter Zeitraum (von mehr als vier Wochen) zu dem auch konkrete Aufzeichnungen erstellt wurden. Es war dort geklärt, dass der Personenverkehr zu jenen Wohnungen aufgezeichnet wurde. Bei geöffneter Tür erfassten die Kameras auch teilweise das Wohnungsinnere, BGH, Urteil vom 12. März 2024 – ZR 1370/20 Rn. 25 – juris. Im Unterschied hierzu, blieb der Vortrag der Klageseite zu ihren Bewegungen im Internet auf allgemeiner Ebene. Es blieb ungeklärt, ob sich die Klägerin tatsächlich von der Beklagten überwacht im Internet bewegte. Ob es vorliegend überhaupt zu einer derartigen Datenerhebung kam, blieb dadurch, dass die Klageseite nicht konkreten Internetverkehr vortrug, ungeklärt. Dies unterscheidet den hiesigen Sachverhalt von jenem bei BGH, Urteil vom 12. März 2024 – ZR 1370/20. Dort war unstreitig, dass eine Videoüberwachung über mehr als 4 Wochen – teilweise mit Blick in die Privatwohnungen erfolgt war.
104
c) Weiter wären auch im Rahmen eines Anspruchs auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB i. V. m. Art. 1, 2 GG) etwaige Rechtfertigungsgründe, beispielsweise Art. 6 DSGVO zu prüfen, so auch BGH, Urteil vom 12. März 2024 – ZR 1370/20 z. B. Rn.33.
105
Gäbe es konkret vorgetragenen Internetverkehr, der der Überwachung durch die Meta Business Tools unterlag, so obläge es der Beklagtenseite – entsprechende Erlaubnistatbestände – auch betreffend von etwaigen Einverständniserklärungen auf Drittangeboten (s. o.) – darzulegen und ggf. zu beweisen. Der allgemein gehaltene Vortrag der Klageseite ist jedoch nicht erwiderungsfähig. Der Klagevortrag ist unsubstanziiert. Es fehlt an einer substanziiert dargelegten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klagepartei. Damit hat die Klagepartei die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht dargelegt.
106
Klageantrag 5 ist mangels substanziierten Vortrags unbegründet.
VII. 
107
Mangels zu erkennender Hauptansprüche besteht auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Klageantrag 6 war daher als unbegründet abzuweisen.
VIII.
108
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
IX.
109
Der Streitwert beträgt 20.000 €.